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Nepper, Schlepper, Optionsscheinkäuferfänger

Die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Angebotes und seiner Annahme mal ganz beiseite gelassen, können einem schon die Konditionen des Optionsscheines den Angstschweiß auf die Stirn treiben – aber natürlich nur, wenn man sich diesen zulegen möchte.

Hier die sympathischen Regelungen zum Laufzeitende des Optionsscheines:

„Der Optionsschein kann bis zum Ablauf des 30. November 2020 an jedem Bankarbeitstag mit Ausnahme bestimmter Zeiträume, die in § 3 Absatz 2 der Optionsbedingungen näher dargestellt sind, ausgeübt werden.“ (Seite 28)

„Nach Ablauf des 30. November 2020 können vorbehaltlich einer Verlängerung aus dem Optionsschein keine Rechte mehr geltend gemacht werden, siehe § 3 der Optionsbedingungen.“ (Seite 29)

§3 „(4) Für Optionsscheine können nach Ablauf der Laufzeit Rechte auf Übertragung von Biofrontera-Aktien oder andere Rechte nicht mehr geltend gemacht werden. Dasselbe gilt, wenn der Optionsschein innerhalb des Ausübungszeitraums nicht ausgeübt wird. Der Optionsschein wird dann mit Endfälligkeit wertlos ausgebucht. (Seite 76)

Und nochmal, weil es so schön ist: „Werden die Optionsscheine nicht innerhalb der Ausübungsfrist ausgeübt, verfallen sie, was zu einem Totalverlust für den Investor führt.“ (Seite 97)

Im Klartext: wenn man, warum auch immer, vergißt oder nicht in der Lage dazu ist, den Optionsschein mit einem schriftlichen Procedere einzulösen, schaut man in die Röhre. Man hat einen Euro bekommen, die Aktien behält Balaton, sorry, meine natürlich Balaton Biotech.

Kann nicht passieren? Wer noch nie etwas wichtiges vergessen hat, werfe die erste Aktie. Vielleicht hat man ja auch einen Unfall und liegt lange im Krankenhaus im Koma. Vielleicht fällt einem ein Ziegelstein auf den Kopf und man segnet das Zeitliche. Schade für die Erben, daß es ein paar Monate dauert, bis sie die Verfügungsgewalt über das Depot haben – denn der Optionsschein ist dann leider, leider schon wertlos ausgebucht.

Aber für den Fall der Fälle gibt es schon einen Abnehmer: "Zur Sicherung des Anspruchs der Optionsscheininhaber auf physische Lieferung des Basiswerts wird die Emittentin die angebotenen Biofrontera-Aktien treuhänderisch auf die Prisma Equity AG übertragen. Die Prisma Equity AG als Treuhänderin wird diese Biofrontera-Aktien insolvenzsicher gesondert von ihrem restlichen Vermögen halten und während der Laufzeit der Optionsscheine nur im Zuge von Ausübungen von Optionsscheinen an die Optionsstelle zur Lieferung an die Optionsscheininhaber übertragen. Eine Rückübertragung an die Emittentin ist ausgeschlossen sofern diese nicht ein Erlöschen einer entsprechenden Anzahl von Optionsscheinen nachweisen kann. Die Prisma Equity AG ist ein mit der Emittentin über deren gemeinsames Mutterunternehmen Deutsche Balaton AG verbundenes Unternehmen.“ (Seite 116/117)

Aber die Einlösung des Optionsscheines ist doch wenigstens einfach, oder? Naja, geht so, siehe hier:

„§ 6 Ausübung der Optionsrechte
(1) Zur wirksamen Ausübung des Optionsrechtes
a) muss der Optionsscheininhaber eine unwiderrufliche schriftliche Erklärung gemäß dem als Anlage diesem Optionsschein beigefügten Muster der
Ausübungserklärung (die „Ausübungserklärung“) gegenüber seiner Depotbank (die „Depotbank“) abgeben, die u. a. folgende Angaben erhält:
(i) Name und Anschrift der ausübenden Person;
(ii) die Zahl der Optionsscheine, für die das Optionsrecht ausgeübt werden soll;
(iii) die Bezeichnung des Wertpapierdepots des Optionsscheininhabers, in das die Biofrontera-Aktien geliefert werden sollen.
b) hat die Depotbank des Optionsscheininhabers an die Optionsstelle (siehe § 7) den Kaufpreis (siehe § 1) entsprechend der Anzahl der ausgeübten Optionsscheine in Euro zu zahlen und
c) sind die Optionsscheine auf das Konto der Optionsstelle bei der Clearstream zu liefern.
(2) Das Formular für die Ausübungserklärung wird bei der Optionsstelle zur kostenlosen Abholung bereitgehalten. Das Formular für die Ausübungserklärung wird außerdem bei der Emittentin zur kostenlosen Abholung bereitgehalten. Es steht auch unter der Internetseite der Emittentin zum Download bereit."


Das sollten sich vor allem spätere Käufer der Optionsscheine möglichst zügig herunter laden. Denn für den Fall, daß die Emittentin pleite gehen sollte, darf man sich das Exemplar persönlich bei der Optionsstelle abholen. Wäre ja auch zuviel verlangt, daß es bei denen ebenfalls zum Download bereitstehen könnte.

Hm, aber ist das nicht alles normal? Ist halt ein Optionsschein, oder? Nö, ist nicht normal. Normal bei einem Call-Optionsschein ist, daß man das Wertpapier, ohne darum bitten zu müssen, am Ende der Laufzeit eingebucht bekommt: http://www.handelsblatt.com/archiv/nicht-alle-optionsscheine…

Zitate daraus: „Das Problem taucht allerdings immer seltener auf: Papiere ohne automatische Ausübung werden kaum noch aufgelegt. So gibt die SG [Société Générale] etwas seit August 1999 nur noch Automatik-Scheine heraus. Lediglich die Citibank emittiert nur Scheine ohne diesen Service.“ Und selbst die Citibank ist kulant (sagt sie): „Olav Blasberg vom Branchenführer Citibank findet daran nichts besonderes: "Für uns gehört diese Kulanz zum Kundenservice. Kein Emittent kann es sich heute leisten, werthaltige Scheine einfach verfallen zu lassen."

Keiner außer einem offensichtlich. Der Artikel ist übrigens aus dem Jahr 2000!

Und weiter geht’s: „Die zur Erfüllung der Ansprüche unter den Optionsscheinen erforderlichen Biofrontera-Aktien werden von der Prisma Equity AG treuhänderisch gehalten.“ (Seite 95)

Ein schon etwas älteres Schaudiagramm (in wieweit es aktuell ist, ist nicht zu ersehen) zeigt die Verflechtung der Prisma Equity AG im Balaton-Konglomerat:
https://www.northdata.de/Prisma+Equity+AG,+Heidelberg/Amtsge…

Da stellt sich schon die Frage, warum man nicht einen unabhängigen Treuhänder genommen hat.

Weiter im Text auf Seite 95 heißt es: „Sämtliche Ausschüttungen, sonstigen Zahlungen und anderen Leistungen, die die Biofrontera AG an ihre Aktionäre vornimmt, wird die Emittentin bzw. die Treuhänderin über die Zahlstelle an die Optionsscheininhaber weiterleiten. Die Ansprüche der Optionsscheininhaber sind ranggleich mit allen unbesicherten, nicht nachrangigen Ansprüchen gegen die Emittentin.“

Man vertraut also der Balaton Biotech seine Aktien zu treuen Händen an. Dann werden sie bei der Prisma Equity sicher geparkt. Bei eventuellen Ausschüttungen seitens Biofrontera muß man dann allerdings hoffen, daß Balaton Biotech noch solvent ist. Ansonsten hat man nur unbesicherte Ansprüche gegen Balaton Biotech - gleichrangig zu jedem x-beliebigen Lieferanten, obwohl man ihnen seine Aktien überlassen hat!

Und auf Seite 117 ist zu lesen: „Options- und Zahlstelle ist derzeit die Quirin Privatbank AG, Kurfürstendamm 119, 10711 Berlin. Die Emittentin kann während der Laufzeit eine andere Options- und Zahlstelle bestimmen. Diese muss jedoch ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder einer vergleichbaren Aufsichtsbehörde in der Europäischen Union beaufsichtigtes Kreditinstitut sein.“

Interessant, daß man sich hier nicht auf Deutschland beschränkt. Da ist zu hoffen, daß das Institut dann nicht gerade auf Zypern oder Malta sitzt.

Und auch zum Mitverkaufsversprechen bei Paketverkauf von Balaton-Anteilen stehen interessante Details im Angebot:

㤠5 Mitverkaufsrechte der Optionsscheininhaber
(1) Sofern die Deutsche Balaton AG, Heidelberg, für ihren eigenen Bestand an Biofrontera-Aktien vor dem Ende der Laufzeit der Optionsscheine einen Paketverkauf (ein „Paketverkauf“ ist ein Verkauf von mindestens 2,5 Mio. Aktien der Biofrontera AG durch die Deutsche Balaton AG innerhalb von zwei Wochen) vornehmen möchte, wird die Deutsche Balaton AG den Optionsscheininhabern anbieten, zu dem gleichen Preis, zu dem die Deutsche Balaton AG ihre Aktien verkaufen kann, die auf den jeweiligen Optionsscheininhaber entfallende(n) Optionsaktie(n) mitzuverkaufen. Die Deutsche Balaton AG hat sich gegenüber der Optionsstelle entsprechend verpflichtet.“
(Seite 76)

Sollte Balaton da später keine Lust mehr darauf haben, sieht‘s schlecht aus mit direkten Beschwerden:

„Die Deutsche Balaton AG hat sich vertraglich gegenüber der Optionsstelle verpflichtet, ihren Verpflichtungen aus den Optionsbedingungen, insbesondere denen nach § 3 Abs. 2 Buchstabe a) und § 5 der Optionsbedingungen nachzukommen. Diese Verpflichtungen sind nicht von den Optionsscheininhabern durchsetzbar, aber von der Emittentin und der Optionsstelle.“

Aber man kann sich sicher darauf verlassen, daß Balaton Biotech oder Prisma Equity die Balaton vor Gericht bringen werden, falls es da Probleme gibt.

Aus gegebenem Anlaß noch ein Blick auf ein bei Balaton ja nun bereits erprobtes Mittel zur Aktionärsvergraulung (http://www.deutsche-balaton.de/news/freigabeverfahren-zur-ka…) – die Kapitalherabsetzung. Was würde passieren, wenn Balaton bei Biofrontera die nötige Mehrheit zusammen bekäme und gleiches täte – sagen wir mal im Verhältnis 1:1000?

„§8 Dividenden und Kapitalmaßnahmen bei der Biofrontera AG, Anpassungen
(4) Wenn die Biofrontera AG während der Laufzeit der Optionsscheine eine Kapitalherabsetzung ohne Kapitalrückzahlung oder eine Zusammenlegung von Aktien durchführt, ändert sich die Anzahl der bei Ausübung eines Optionsscheins zu liefernden Biofrontera-Aktien entsprechend, die Biofrontera-Aktien-Lieferung wird angepasst. Eine Anpassung des Kaufpreises findet deshalb nicht statt. Bruchteile von Aktien können nicht übertragen werden, stattdessen wird bei Ausübung der Optionsscheine ein Ausgleich in Geld entsprechend dem Xetra-Schlusskurs der Biofrontera-Aktie am Ausübungstag erfolgen.“
(Seite 121)

Im Klartext: Alle Altaktien, die zusammengelegt keine Neuaktie ergeben, werden ausgezahlt. Wohin ein Aktienpreis von z.B. 6.000,00/Stück die Aktie schicken würde, kann man sich vorstellen. Wäre dann eine schöne Zukaufgelegenheit für Balaton.

Aber das man das Geld für die überschüssigen Aktien bekommt, ist ja bestimmt sicher, oder? Keine Ahnung, aber die enstprechende Klausel enthält einen ganz kleines Detail, das stutzig macht, bzw. es fehlt ein kleines Detail. Bei den Nummern (1) bis (3) steht immer „wird die Optionsstelle“. Diese Wortgruppe fehlt in Nummer (4). So das die Frage ist, von wem man dann das Geld erhält. Von der dann hoffentlich noch nicht insolventen 50.000 €-AG Balaton Biotech?

Fazit: Da gibt es eine Menge Klauseln mit Beigeschmack - einiges davon natürlich nur im Ausnahmefall (z.B. Insolvenz oder Auflösung Balaton Biotech) relevant. Aber vieles auch einfach eine Zumutung. Den Vogel abgeschossen hat aber auf jeden Fall der Verlust der verliehenen Aktien, falls man nicht rechtzeitig den (nicht ganz unkomplizierten) Rückkauf einleitet. Allen, die unverdrossen weiterhin Appetit auf die Optionsscheine haben: "Wohl bekommm's!"
 
aus der Diskussion: Biofrontera - Heiße Turnaround-Spekulation
Autor (Datum des Eintrages): Origineller_Name  (29.05.18 00:43:39)
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