Fenster schließen  |  Fenster drucken

[posting]59885548[/posting]Ich bin nicht investiert, versuche das Thema aber einmal einzuordnen bzw. zu verstehen. Ich bitte um Nachsicht, wenn andere das hier schon vor mir getan haben, aber ich bin nur sporadischer Leser dieses Threads.

Das Problem bei L&S ist also offenbar die Neufassung des § 8b Abs. 7 KStG in der ab 2017 geltenden Fassung. Die Änderungen der Vorschrift stellen sich wie folgt dar:

alte Fassung
(7) 1 Die Absätze 1 bis 6 sind nicht auf Anteile anzuwenden, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1a des Kreditwesengesetzes in Verbindung mit den Artikeln 102 bis 106 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1) oder unmittelbar nach den Artikeln 102 bis 106 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 dem Handelsbuch zuzurechnen sind. 2 Gleiches gilt für Anteile, die von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben werden. 3 Satz 2 gilt auch für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR-Abkommens.


neue Fassung
(7) 1 Die Absätze 1 bis 6 sind nicht auf Anteile anzuwenden, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind. 2 Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.


Das Problem bei L&S ist ganz offenbar, dass die Freistellung von Veräußerungsgewinnen aus Aktien (§ 8b Abs. 2 KStG) nach der o.g. Neufassung des § 8b Abs. 7 KStG plötzlich anwendbar ist und nicht mehr die Ausnahme des § 8b Abs. 7 KStG greift, wonach nämlich Gewinne/Verluste aus Aktien bei den dort genannten Unternehmen im Rahmen des Handelsbestands unbeschränkt steuerpflichtig/abzugsfähig sind. Die Freistellung von Veräußerungsgewinnen aus Aktien (§ 8b Abs. 2 KStG) bedeutet nämlich auch, dass Verluste aus Aktienpositionen steuerlich nicht abzugsfähig sind (§ 8b Abs. 3 KStG).

Für ein Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, wie es L&S verfolgt, ist die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 7 KStG meines Erachtens von existentieller Bedeutung: L&S wird als Hedge gegen die Emission von Aktienzertifikaten (und auch Wikifoliozertifikaten) entsprechend hohe Aktienbestände halten. In den Büchern führt dies regelmäßig zu Gewinnen/Verlusten aus den Zertifikaten und (bis auf die Marge korrespondierenden) Gewinnen/Verlusten aus Aktien. Für die Steuerneutralität dieses Geschäfts ist es unabdingbare Voraussetzung dass alle Gewinne/ Verluste aus den Hedgebeständen (Aktien) auch steuerpflichtig/abzugsfähig sind. Andernfalls entsteht ein Mismatch zwischen den steuerpflichtigen Zertifikatsgewinnen und den steuerlich nicht abzugsfähigen Aktienverlusten. Gerade in Jahren mit stark fallenden Aktienkursen (2018 !) ist das fatal. Genau das scheint jetzt eingetreten zu sein bzw. wird befürchtet.

Was mich wundert ist allerdings, dass dieses Thema erst mit der Änderung von 2017 aufgetreten sein soll. Das kann also nur daran liegen, dass (i) L&S sich nicht als KI bzw. Finanzdienstleistungsunternehmen qualifiziert (sondern als Finanzunternehmen, welche mit Ausnahme der Konzernklausel ab 2017 nicht mehr unter § 8b (7) KStG fallen) oder aber (ii) L&S zwar KI oder Finanzdienstleistungsunternehmen ist, aber die Hedgebestände nicht dem "Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs" zuzuordnen sind. Beide Ansätze würden mich wundern, denn eigentlich müßte L&S zumindest Finanzdienstleistungsunternehmen i.S. des KWG sein und ausserdem sollten die oben beschriebenen Hedgebestände argumentativ durchaus Handelsbestand darstellen (das mag die FinVerw allerdings durchaus anders sehen). Allerdings mußten Aktien bei qualifizierten Unternehmen auch schon früher (s.o) dem "Handelsbuch" zuzurechnen sein. Allerdings kam es nach der Altfassung auf die KWG-(aufsichtsrechtliche) Qualifikation an, während es nun auf § 340e Absatz 3 HGB ankommt, also die handelsrechtliche Einordnung. Hier könnte in der Tat das Problem liegen. Falls ja wäre L&S von dieser Gesetzesänderung vermutlich unbeabsichtigt aber leider sehr hart betroffen. Das Unternehmen könnte aus meiner Sicht damit bei unverändertem Geschäftsmodell in seiner Gesamtheit weitgehend zu einer Steuerwette mutieren.
 
aus der Diskussion: Lang & Schwarz, LS1LUS ehemals WKN 645932 - LS-X
Autor (Datum des Eintrages): Shortguy  (15.02.19 17:38:15)
Beitrag: 9,297 von 33,414 (ID:59885800)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE