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[posting]60055982[/posting]
Zitat von RelaxWalt: Mit Logik hat die Aktie nichts zu tun.
Es kommt vielleicht mal eine Hammernachricht und wir steigen, um kurz danach wieder vom Sägezahn gefressen zu werden. Kaufen und Verkaufen ist hier reine Glückssache. Hab hier nur ca. 3% meines Geldes investiert. Wenn’s klappt ok. Wenn nicht, geht die Welt auch nicht unter.
Tagesstrategie wie CJ ist auch nicht verkehrt, großes Geld kann man damit aber vermutlich nicht machen. Ich warte jetzt erst mal ein paar Tage , um evtl. nochmal etwas zu verbilligen.


Du musst die spezielle Logik von Brennstoffzellenaktien bedenken. Die traditionell sehr hohen Bewertungen in fast der gesamten Branche sind ja von der Idee getrieben, dass die PEM-Brennstoffzelle (und der zugehörige Wasserstoff) eines Tages ihren großen kommerziellen Durchbuch haben und quasi in fast allen jetzt noch mehrheitlich von Verbrennungsmotoren besetzten Bereichen eine relevante Marktposition einnehmen wird in der Zukunft.

Und diese Hoffnung / Erwartung speist sich vor allem aus relevanten Ankündigungen von Unternehmen und Politik.

Mit der Hoffnung auf den schnellen Durchbruch in China hat Ballard in 2017 eine Marktkapitalisierung von rund einer Milliarde Dollar zwischenzeitlich erreicht und das bei viel weniger ausstehenden Aktien und weit weniger Cash als heute.

Ähnliche Anstiege gab es damals z.B. auch bei Hydrogenics oder sogar FuelCell Energy, obwohl die letzteren mit PEM-Brennstoffzellen gar nichts zu tun haben und auch mit Wasserstoff nur sehr wenig.

Bei NEL hoffen z.B. alle auf den Durchbruch von Nikola Motor und deren Brennstoffzellen-LKW. Ohne diese Erwartung würde der Aktienkurs nur einen Bruchteil des heutigen Preises betragen.

Ganz ähnlich bei PowerCell - winziger Laden mit sehr geringen Umsätzen und im Prinzip alles nur Pilotprojekte. Aber Kooperationen mit großen Namen und viel PR-Getröte haben den Kurs in gewaltige Höhen getrieben.

Plug Power ist in 2014 mal bis auf 10 Dollar gestiegen nachdem sie einen großen Deal mit Wal-Mart bekannt gegeben hatten. Dieser Deal hat sich im Nachhinein als so schlecht verhandelt erwiesen, dass das Unternehmen beinahe in die Pleite gerutscht wäre und sich nur mit einer Riesenladung Aktienoptionen bessere Refinanzierungsbedingungen von Wal-Mart erkaufen konnte.

Grundsätzlich gilt für alle Hochrisikoaktien, deren Bewertung nicht auf fundamentalen Daten beruht:

Je besser das Börsenklima, desto risikobereiter die Anleger. Das ändert sich jedoch sehr schnell, wenn es mal länger in die andere Richtung geht - nach den Turbulenzen im letzten Quartal 2018 war Ballard Power z.B. bis auf knapp 2 Dollar abgeschmiert, nur um dann wieder 70% zuzulegen in der Spitze - und das ohne jede relevante News, nur aufgrund der allgemeinen Markterholung.

Und so wird das auch bleiben, besonders die nordamerikanischen Aktien sind da sehr empfindlich. Die Aktie eignet sich daher sehr gut zum Swingtrading nach dem Motto "Buy low, sell high" und eben auch manchmal zum Daytrading (wie gestern) oder Arbitrage-Trading (wie fast jeden Montag).

Als Halteposition ist sie derzeit dagegen immer noch ungeeignet, da sich der Aktienkurs ohne begleitende fundamentale Entwicklung nicht nachhaltig nach oben bewegen kann. Diesbezüglich können wir nächstes Jahr dann noch einmal nachsehen, aber auch 2020 würde ich keine Wunder von Ballard erwarten. Das JV in China fängt dann gerade erst an und die Probleme des Landes in Sachen Wasserstoff-Infrastruktur werden in 12 Monaten nicht zu beheben sein. Auch in anderen Ländern passiert ja nach wie vor nur wenig, egal ob Busse, LKWs oder Züge.

Die Diskrepanz zwischen der Aufmerksamkeit in den Medien sowie den vollmundigen Ankündigungen von Politik und manchen Unternehmen und der tatsächlichen Umsetzung in der Realität könnte größer nicht sein. Ich habe die Branche seit vielen Jahren verfolgt und einige elementare Erkenntnisse gewonnen in dieser Zeit:

1) Alles dauert immer viel länger als angekündigt oder erwartet.

2) Vieles. was angekündigt wird, passiert nie.

3) Was umgesetzt wird, endet oft im Disaster.

4) Den Entscheidern bei den kleinen, börsennotierten Unternehmen gehen oft elementare betriebswirtschaftliche Kenntnisse ab. Anstatt ein funktionierendes Business Model zu entwickeln, verstricken sie sich viel zu oft in unrentable Unternehmungen und Projekte oder gar Akquisitionen.

5) Den meisten Anlegern fehlt der notwendige Hintergrund um die Zusammenhänge zu durchschauen und Promotion von wirtschaftlicher Nachhaltigkeit zu unterscheiden. Oft werden die Aktien von Privatinvestoren aufgrund von einseitigen Empfehlungen in großen Börsenmedien gekauft, gerne aus einer Begeisterung für neue und womöglich sogar umweltfreundliche Technologien heraus. Damit einher geht oft ein fehlender kaufmännischer Hintergrund beim Privatinvestor - viele Käufer von Aktien im Bereich der erneuerbaren Energien sind Ingenieure / Techniker / Lehrer / Ärzte etc.
Sie sind im Berufsleben oft erfolgreich (sonst könnten sie sich die Aktieninvestition auch nicht leisten) oder verdienen aufgrund ihrer Stellung einfach gut. Dafür fehlt jedoch beinahe jede Kenntnis in Bezug auf betriebswirtschaftliche Zusammenhänge oder dem Verständnis von Geschäftsmodellen.
 
aus der Diskussion: Ballard, Sofa
Autor (Datum des Eintrages): Circle_Jerk  (08.03.19 23:24:15)
Beitrag: 31,645 von 56,224 (ID:60056741)
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