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Aus "taktischen" Gründen wird kaum ein Geschäftsführer eine Insolvenz anmelden.

Auszug aus Wikipedia:

Insolvenzverschleppung

Als Insolvenzverschleppung (früher Konkursverschleppung) wird die verspätete Stellung eines Insolvenz­antrages verstanden. Wann ein Insolvenzantrag zu stellen ist, bestimmen einzelne Rechtsvorschriften. Die Insolvenzverschleppung ist international sehr unterschiedlich geregelt; in Deutschland ist sie strafbar.
Inhaltsverzeichnis

1 Deutschland
1.1 Zivilrechtliches Haftungsrisiko
1.2 Strafrecht
2 Österreich
3 Schweiz
4 Weitere
5 Einzelnachweise

Deutschland

Die Insolvenzordnung begründet in § 15a Abs. 1 InsO eine Antragspflicht für bestimmte juristische Personen bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung). Die Insolvenzgründe selbst sind in § 17 und § 19 InsO legaldefiniert. Die Insolvenzverschleppung hat eine strafrechtliche und eine haftungsrechtliche (Zivilrecht) Dimension. Dies bedeutet, dass neben der Strafbarkeit das verantwortliche Organ der Gesellschaft (z. B. der Geschäftsführer einer GmbH) damit rechnen muss, für Zahlungen der Gesellschaft, die nach Eintritt der Insolvenzreife erfolgt sind, persönlich in die Haftung genommen zu werden. Regelungen hierzu finden sich z. B. in § 64 GmbHG, § 130a HGB, §§ 92, 93 AktG.
Zivilrechtliches Haftungsrisiko

Das zivilrechtliche Haftungsrisiko ist erheblich und in der Regel deutlich gravierender für das Organ als die strafrechtlichen Konsequenzen. Die zivilrechtliche Haftung ist sehr komplex und im Detail kompliziert. Sie wird durch die höchstrichterliche Rechtsprechung[1] stetig fortentwickelt; noch heute gibt es viele Unklarheiten und Streitpunkte. So hat der BGH mit Urteil vom 18. November 2014 (Az. II ZR 231/13), Urteil vom 23. Juni 2015 (Az. II ZR 366/13) sowie Urteil vom 8. Dezember 2015 (Az. II ZR 68/14) Fragen zum Haftungsumfang bei bestehender Globalzession maßgeblich fortentwickelt. Mit Urteil vom 15. März 2016 (Az. II ZR 119/14) hat der BGH entschieden, dass die Haftung auch für den Direktor einer Limited (Ltd.) nach englischem Recht gilt. Den betroffenen Geschäftsleitern ist in der Regel gar nicht bewusst, wie außerordentlich hoch ihr persönliches Haftungsrisiko ist.
Strafrecht

Ist der Schuldner eine juristische Person, ist die Insolvenzverschleppung in Deutschland eine Straftat, geregelt in § 15a Abs. 4 InsO. Das Strafmaß beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Auch die Fahrlässigkeit ist strafbar (§ 15a Abs. 5 InsO, hierzu: BGH, Beschl. v. 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13). Daher machen sich auch redliche Unternehmer häufig strafbar. Zu der Strafbarkeitsnorm insgesamt gibt es sehr viele Missverständnisse[2]. Diese einheitliche Regelung gibt es erst seit Inkrafttreten des MoMiGs am 1. November 2008. Davor war die Straftat in verschiedenen Gesetzen geregelt: §§ 64 und 84 GmbHG a.F. für Gesellschaften mit beschränkter Haftung; § 92 Abs. 2 AktG a.F. für Aktiengesellschaften. Handelt es sich bei den Gesellschaften um offene Handelsgesellschaften (oHG) oder Kommanditgesellschaften (KG), so galten die §§ 130b, 177a HGB a. F.

Die Insolvenzverschleppung hat in der strafrechtlichen Praxis eine erhebliche Bedeutung. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für das Jahr 2012 eine Anzahl von 6.808 Fällen aus bei derzeit vergleichsweise wenig Insolvenzverfahren insgesamt. Die Insolvenzgerichte leiten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen jede Insolvenzakte an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter, die prüft, ob ein Anfangsverdacht besteht. Die Akte enthält in der Regel eine vorläufige Beurteilung des Falles durch einen Insolvenzverwalter, die schnell zu einem Ermittlungsverfahren führt.

Personen, die sich sehr stark in die Geschäftsführung einmischen oder sich nach außen hin als Geschäftsführer gerieren, können sich als sogenannte faktische Geschäftsführer ebenfalls wegen Insolvenzverschleppung strafbar machen und in die Haftung genommen werden (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2014, Az. - 4 StR 323/14 zur Strafbarkeit).

Die Insolvenzverschleppung ist Teil des Insolvenzstrafrechts. Mit ihr oft einhergehende Delikte sind der Bankrott (§ 283 StGB), die Verletzung von Buchführungspflichten (§ 283b StGB), das Vorenthalten von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und die Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB).

Ist die Insolvenzverschleppung eine sittenwidrige Sicherheitenbestellung, ist sie nach § 138 BGB nichtig.[3]

Die Insolvenzverschleppung bei gesetzlichen Krankenkassen ist weiterhin separat in § 307a SGB V geregelt.
 
aus der Diskussion: IPO/ROUNDUP: Senvion-Eigentümer nehmen bei Börsengang weniger ein als erhofft
Autor (Datum des Eintrages): Eselstreiber  (03.05.19 17:54:57)
Beitrag: 478 von 936 (ID:60482030)
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