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"Neue Dimension von Dreistigkeit"

Verglichen mit den bisherigen Bilanzskandalen am Neuen Markt spielt die Affäre des Telematik-Dienstleisters ComROAD in einer anderen Liga. Fast der gesamte Jahresumsatz 2001 erwies sich als Luftnummer. Jetzt laufen die Aktionärsschützer Sturm.

DPA

Skandal nimmt immer größere Ausmaße an: ComROAD-Gründer Bodo Schnabel

München - Nach ihrer Meinung wirken die Gebrüder Haffa und ihre Kollegen von Infomatec und Metabox gegen ComROAD-Gründer Bodo Schnabel wie Anfänger.

"Das ist eine neue Dimension von Dreistigkeit", sagte der Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (sdk), Markus Straub. "So etwas Krasses habe ich noch nie erlebt", sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) der Deutschen Presseagentur in München.
Nach einer Untersuchung durch Wirtschaftsprüfer musste ComROAD am Mittwoch die Angaben für den Umsatz des vergangenen Jahres um 98 Prozent auf 1,4 Millionen Euro senken. Ein angeblicher Geschäftspartner in Hongkong existiert offenbar gar nicht, wie eine Sonderuntersuchung der Buchprüfer Rödl & Partner ergab. Der neue ComROAD-Chef Hartmut Schwamm schließt eine Insolvenz des Unternehmens nicht aus.

Der ursprünglich auf 93,6 Millionen Euro bezifferte Umsatz des Jahres 2001 sei fast vollständig mit einer Firma in Hongkong verbucht worden, die offensichtlich nicht existierte, teilte der neue ComROAD-Vorstand mit. Vermutlich mit Hilfe von Scheinrechnungen wurden die Erlöse in die Bücher geschrieben. Die ComROAD-Aktie stürzte am Mittwoch um zeitweise mehr als 36 Prozent auf 0,46 Euro ab. Im Herbst 2000 hatte das Papier noch 65 Euro gekostet.

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ComROAD-Gründer und Ex-Vorstandschef Bodo Schnabel sitzt wegen des Vorwurfs des Kursbetruges seit Ende März in Untersuchungshaft. Kurz davor hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ihr Mandat wegen Unregelmäßigkeiten bei der Bilanzprüfung gekündigt. Die sdk forderte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch auf, die Ermittlungen auch auf die Frau Schnabels auszuweiten, die im Aufsichtsrat des Unternehmens saß. "Die hat natürlich gewusst, dass es diese Geschäfte nicht gibt", sagte Straub. Am Dienstag beschloss der Aufsichtsrat, dass sie aus einem wichtigen Grund abberufen wird. Das Ehepaar Schnabel hielt nach Angaben von ComROAD zuletzt rund 54 Prozent der Aktien. Nach Worten von Straub ist aber zu befürchten, dass das Paar die Aktien bereits verkauft und Millionen zur Seite geschafft hat.

Warum Schnabel sein Unternehmen mit 27 Mitarbeitern in eine derartige Krise stürzte, ist vielen ein Rätsel. Anders als der einstige EM.TV-Chef Thomas Haffa fiel Schnabel nicht durch einen schillernden Lebensstil auf. Er fuhr seinen normalen Dienstwagen und residierte nicht in einer Luxus-Villa. "Alles war ganz normal", sagt sein Nachfolger Hartmut Schwamm. Wie es nun mit ComROAD weitergehen soll, weiß er noch nicht. "Wir müssen ganz neu anfangen."

Als Erstes muss er herausfinden, ob ComROAD überhaupt Kunden hat. ( Metabox ich hör dir trapsen. :) )

Womöglich war nach Einschätzung der Aktionärsschützer nicht nur der Partner in Asien frei erfunden.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,191189,00.html
 
aus der Diskussion: MBX 692120 Abschied und Neubeginn - Der Info-Thread für Neueinsteiger
Autor (Datum des Eintrages): baracoa  (13.04.02 09:06:48)
Beitrag: 163 von 433 (ID:6108512)
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