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Ich spende nicht. Und schon gar nicht zu Weihnachten. Wenn ich die standardisierten Bettelbriefe zu Weihnachten im Briefkasten habe bekomme ich immer das Kotzen. Wenn ich in die City fahre und die Bettler in den U- und S-Bahnen mich anbetteln, ignoriere ich sie angewidert, wie eine Vielzahl der anderen Passagiere auch. Es reicht schon, wenn es in den Bahnen nach Pisse stinkt und ich den Sitz kontrollieren muss, ob dieser nicht voll genässt ist. Natürlich gibt es immer wieder Mitbürger, die den Gutmenschen heraushängen lassen müssen und die Obdachlosen füttern. Und dann gibt es die Penner, die so dreist sind, mir ihren verdreckten Bettel-Kaffee-Becher direkt vor das Gesicht zu halten, um ein Almosen zu erpressen- und die dann unflätig werden, wenn sie abgewiesen werden. In Ihrem Buch nehmen Friedrich und Weik Bezug auf ein „Sozialexperiment“ in einer Einkaufsstraße. Sie haben Passanten angequatscht und sie gegrüßt und angelächelt- und wurden von der Mehrheit abgewiesen. Auch erschienen sie der Polizei verdächtig. Daraus schließen Friedrich und Weik die Kälte der Gesellschaft. Letztens hat mich an der Kasse bei Kaufland auch eine Opi hinter mir dumm angequatscht. Wollte nur eine witzige Bemerkung machen. Ich habe auch nicht gerade lächelt erwidert. Punkt eins: Wenn du auch heiterem Himmel angequatscht wirst, sogar mit einem Lächeln, will der andere meistens was von dir. Dir was verkaufen, dich anbetteln oder anpöbeln. Du gehst sofort in Abwehrreaktion. Zweitens- du bist mit etwas anderem beschäftigt oder in deinen Gedanken versunken. Im Fall des Opis war ich damit beschäftigt meinen Einkauf geordnet in den Wagen zu bekommen, weil die Kassiererin mit einem Affenzahn die Ware über den Scanner jagte und ich kaum hinterher kam- trotz der Bitte langsamer zu machen. Und das erzeugt Stress bei mir. Erst recht, wenn ich meinen Wochenendeinkauf erledige und die Sachen nach ihrem Gewicht sortieren muss (obwohl ich das schon beim Einkauf versuche). Soviel zu Sozialexperiment von Friedrich und Weik. Und ansonsten braucht mir niemand mit den Armen der Ärmsten kommen. Ende der Woche war Zahllauf, die Sozialleistungen wurden für den Januar angewiesen. Mal sehen wie viele Arme der Ärmsten zwischen Weihnachten und Neujahr beim Amt aufschlagen und sich für mittellos erklären. Gerade Hartz IV Empfänger, die seit Jahren im Leistungsbezug stehen, sehen Sozialleistungen als Einkommen, öfter mal als Gehalt bezeichnet an, was ihnen z-u-s-t-e-h-t. Damit Leistungen bewilligt werden können muss zumindest einmal im Jahr ein Antrag ausgefüllt werden. Einmal im Jahr! Der wird dann unvollständig oder verspätet eingereicht und wenn deshalb Unterlagen nachzureichen sind- wird nicht mitgewirkt und der Antrag kann nicht bearbeitet werden. Wenn das Geld dann alle ist, soll der Antrag sofort bearbeit werden- und das System ist selbstverständlich menschenverachtend. Wir sind ja in der besinnlichen Vorbereitung auf Weihnachten. Neben Besinnlichkeit sollte auch die Demut in den Vordergrund gerückt werden. Für mich ist Demut der Respekt den Mitmenschen gegenüber und die Einsicht, dass man nicht über den anderen steht. Dass die Elitennieten Demut verlernt haben und sich unantastbar wähnen, zeigen sie uns jeden Tag. Dass diese Einstellung durchaus mit dem Gang aufs Schafott enden kann zeigt die Geschichte sehr anschaulich. Das ich den „Armen der Ärmsten“ keinen Respekt entgegenbringen kann, liegt vermutlich daran, dass diese mir auch keinen Respekt entgegenbringen. Und jetzt bitte nicht diesen Quark entgegnen, sie müssten sich in einer grausamen Welt behaupten und seien deshalb verhärmt. Das kommt erst noch- und dann wird sich die jetzige Respektlosigkeit rächen.

Das gilt für uns alle.
 
aus der Diskussion: Bundeswertpapiere
Autor (Datum des Eintrages): spielkind0815  (22.12.19 06:10:39)
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