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Prüfer versprechen mehr Transparenz

Wirtschaftsprüfer in der Kritik - Haben die Kontrolleure den Zustand des Unternehmens richtig bewertet?

Hamburg cdo - Was haben Unternehmen wie Balsam, Telekom, Flowtex, Holzmann, HypoVereinsbank und mg technologies gemeinsam? In jedem dieser Fälle sind die Wirtschaftsprüfer umstritten. Haben die Kontrolleure den Zustand des Unternehmens richtig bewertet? Die Experten werden mit Schieflagen, möglichen Risiken im Immobiliengeschäft oder drohenden Pleiten von Unternehmen in Verbindung gebracht, deren Bilanzen sie testiert hatten. Das Image ist "angekratzt", beklagen Kenner. Im gleichen Atemzug wird der Ruf nach einer "Kontrolle der Kontrolleure" laut. Jetzt endlich reagiert Branche und verspricht mehr Transparenz.

Es wurde Zeit. "Alle sechs Monate kommt das Thema wieder hoch", schimpft der Würzburger Professor Hansrudi Lenz. "Immer häufiger müssen sich die Prüfer rechtfertigen." Immerhin, so betont Lenz, konnten den Prüfern keine Fehler nachgewiesen werden. Ein fader Beigeschmack bleibt dennoch. Die Öffentlichkeit fragt sich, ob die Prüfer, zuweilen als "zahme Wachhunde" (Financial Times Deutschland) tituliert, ihren Auftrag gründlich genug erfüllen.

In der Tat klafft zwischen Erwartungshaltung und Wirklichkeit eine große Lücke, so Harald Kessler vom Institut für Wirtschaftsprüfung an der Uni Saarbrücken. "Die Öffentlichkeit denkt, dass mit einem Testat die Wirtschaftlichkeit des Unternehmen garantiert ist. Es geht bei der Prüfung aber vor allem darum, ob die Bilanz den Vorschriften der Rechnungslegung entspricht", erklärt Kessler, der für den renommierten Bilanzprofessor Karlheinz Küting arbeitet, die negative Wahrnehmung.

Die Branche hat das Problem erkannt. Harald Wiedmann, Sprecher des Vorstandes von KPMG, spricht von einer "Erwartungslücke" und empfiehlt Offenheit und Transparenz. Christian Dyckerhoff, Vorstandssprecher der BDO Deutsche Warentreuhand, selbstkritisch: "Die Branche muss die Öffentlichkeit besser über ihre Arbeit und die Qualitätssicherheitssysteme informieren und erklären, warum sie was testiert hat."

Zumindest ein erster Schritt ist getan: Seit Jahresanfang müssen sich Wirtschaftsprüfer laut Gesetz einer Kontrolle durch einen Mitbewerber unterziehen, dem so genannten Peer Review. In diesem Rahmen wird das System der Prüfung, die Abwicklung und die interne Qualitätssicherung kontrolliert. Zudem gründete die Wirtschaftsprüferkammer eine unabhängige Kommission für Qualitätskontrolle. Für die Berufsvertretung sind dies "große Schritte in Richtung Qualität und Transparenz".
BDO will die Peer Review, nach einem Probelauf, im nächsten Jahr offiziell starten. KPMG hatte sich nach dem Holzmann-Skandal bereits im Jahr 2000 einem freiwilligen Check durch das Haus Ernst & Young unterzogen. Ergebnis: Alles in Ordnung.

Für Kritiker Lenz ist die gesetzliche Neuregelung unzureichend: Er fordert eine übergeordnete, möglicherweise staatliche Institution, die die Prüfer kontrolliert. Als Vorbild sieht er Großbritannien und die USA, wo diese Art von Schiedsrichtern schon arbeitet. Sie schlichten im Streitfall, korrigieren Jahresabschlüsse, können ermitteln und Sanktionen verhängen. "Solche Gremien könnten gerade im Fall mg helfen", so Lenz, "wenn verschiedene Gutachten existieren, die der Kleinanleger nicht mehr versteht."

Mit der Forderung nach mehr Transparenz hat Lenz die Zunft an seiner Seite: KPMG-Chef Wiedmann bezeichnet zwar die gesetzlichen Regelungen bei der Testierung als ausreichend, begrüßt aber zugleich die internationalen Rechnungslegungsstandards, weil sie deutlich höhere Anforderungen an den Informationsgehalt des Jahresabschluss stellen. Zudem befürwortet er eine Einrichtung wie das britische Panel Review, das bei Hinweisen Jahresabschlüsse untersucht und öffentlich kritisiert.

Trotz aller guten Vorsätze: An der aktuellen Diskussion über die mg technologies will sich Wiedmann als Betroffener jedoch nicht beteiligen und sagt lediglich: "Unsere Prüfer haben einwandfreie Arbeit geleistet."

BDO-Chef Dyckerhoff sieht die Branche mit der Novelle zwar auf dem richtigen Weg, regt aber an, dass sich "Prüfgesellschaften in Intervallen bei einem Unternehmen abwechseln, um mehr Transparenz zu schaffen". Und beklagt zugleich die Oligopol-Situation der Branche, in der mit KPMG und PricewaterhouseCoopers zwei Unternehmen rund 80 Prozent aller Dax-30-Firmen betreuen und in der sich das gesamte Geschäft überwiegend auf sechs Spieler verteilt.
 
aus der Diskussion: DER KPMG SKANDAL + + + FAKTENSAMMLUNG + + +
Autor (Datum des Eintrages): THECANADIEN  (29.04.02 20:18:49)
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