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Immer mehr US-Unternehmen finden Fehler in ihren Bilanzen



New York, 14. Mai (Bloomberg) - Mit Rekordtempo wächst die Zahl der US-Unternehmen, die ihre Finanzausweise korrigieren müssen, weil sie Fehler in ihrer Bilanzierung gefunden haben. Laut einer Studie der Stern School of Business der Universität New York haben sich diese Korrekturen zwischen 1997 und 2001 fast verdreifacht auf 878. Für die Anleger summieren sich die Bilanzfehler seit 1997 auf 200 Mrd. Dollar an Kursverlusten.

Auch die Vorjahreszahl von 158 Fällen dürfte in diesem Jahr übertroffen werden. Seit Januar haben ausser Enron Corp. auch Kroger Co., die größte Lebensmittelkette in den USA, das Möbelhaus Restoration Hardware Inc. und Homestore.com Inc, die größte online- Immobiliengesellschaft des Landes, ihre Finanzausweise korrigiert. Investoren und Aufsichtsbehörden führen die Zunahme auf den Börsenboom Ende der neunziger Jahre zurück. Damals standen die Unternehmen unter starkem Druck, Gewinne zu präsentieren, während die Bilanzierungsvorschriften lasch waren.

Auch Andersen und die SEC haben die Fehler in den Finanzausweisen unter die Lupe genommen. Sie fanden zwischen 1997 und 2000 insgesamt 720 Korrekturen. Nach dem Zusammenbruch von Enron Corp. im letzten Jahr drängen die staatlichen Behörden die Unternehmen, Bilanzunsauberheiten zu beseitigen. "Die Öffentlichkeit reagiert sehr sensibel auf die Risiken aus unsauberer oder unkorrekter Bilanzierung," berichtet Stephen Cutler, Direktor bei der SEC. "Jeden Tag taucht wieder ein Unternehmen auf, dass Fehler in seinem Zahlenwerk eingesteht oder andeutet. Das erschüttert das Vertrauen der Anleger in die Zuverlässigkeit der Finanzausweise."

In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben laut der Studie der Stern School bereits 62 Unternehmen ihre Finanzausweise revidiert. "2002 könnte ein Rekordjahr bei den Bilanzkorrekturen geben," schätzt Jack Ehnes, Vorstandsvorsitzender des Pensionsfonds der kalifornischen Lehrer.

"Korrekturen der Finanzausweise sind mit Flugzeugabstürzen zu vergleichen," erklärte Chrstopher Allen, Sprecher der Stern School. "Ihre Auswirkungen sind schlimm, aber in Relation zu der Gesamtzahl der Flüge passieren sie recht selten."

Die SEC-Studie fand heraus, dass die Anleger erhebliche Kursverluste erleiden, wenn die Unternehmen Fehler in der Bilanzierung zugeben. Bei Enron, das im November gleich zweimal die Bilanzzahlen korrigierte, war der Marktwert innerhalb von drei Wochen um 97 Prozent abgesackt.

MicroStrategy Inc. büßte innerhalb von drei Tagen 11,9 Mrd. Dollar an Marktwert ein, nachdem die Gesellschaft eingestand, Software-Umsätze im Jahr 2000 unkorrekt verbucht zu haben. Der Aktienkurs von Restoration Harware purzelte am 21. März um 8,3 Prozent, nachdem die SEC eine Korrektur des Gewinnausweises für zwei Geschäftsjahre verlangt hatte.

Homestore.com brachen innerhalb eines Monats 81 Prozent ein. Das Unternehmen erklärte am 21. Dezember, dass es seine Bilanzierung überprüfen würde und Korrekturen notwendig seien. Über ein Dutzend Aktionäre haben unter der Führung des kalifornischen Lehrerpensionsfonds das Unternehmen und drei Top- Manager verklagt, es hätte die Anleger in die Irre geführt.

Die SEC forderte im letzten Monat Xerox Corp. auf, einen Fehler in der Bilanzierung zu bereinigen und verhängte eine Strafe von 10 Mio. Dollar. Der weltgrößte Hersteller von Kopiergeräten hatte 3 Mrd. Dollar an Leasingeinnahmen für Geräte für einen Vier- Jahres-Zeitraum zu früh verbucht. Die Börsenaufseher untersuchen auch, ob KPMG LLP, die seit 30 Jahren die Bücher von Xerox prüfen, ihnen ein Testat hätte geben dürfen.

Bei der Lebensmittelkette Kroger haben Finanzmanipulationen früherer Manager den Gewinn der Tochtergesellschaft Ralphs Grocery Co. im Jahr 2000 um 24,6 Prozent geschönt. "Eine kleine Gruppe von Mitarbeitern hat bewusst Zahlen mehrfach eingegeben, um Vorgänge zu verschleiern," berichtete Rodney McMullen, Executive Vice President bei Kroger.

Die Schuld für die Bilanzierungsfehler trifft die Wirtschaftsprüfer, Analysten und Investmentbanker gleichermaßen. "Ende der neunziger Jahre ging es den Leuten zu gut, weder die Anleger noch die SEC schauten sich die Finanzausweise gut genug an," konstatiert Anthony Rosenthal, Fondsmanager bei TimeSquare Capital Management in New York. Einige Bilanzexperten warnen jedoch, nicht alle Korrekturen gleich als Betrug oder Verschleierung einzustufen. Das Bilanzierungswirrwarr und komplizierte Transaktionen könnten auch zu solchen Fehlern führen.

Ein weiterer Anstieg bei den Korrekturen wird nicht ausgeschlossen. Die SEC untersucht derzeit 49 Fälle, im Vorjahr waren es nur 18. In einigen Fällen prüft sie, ob Global Crossing Ltd., Qwest Communications International Inc. und andere Telekomkonzerne ihre Einnahmen aufgebläht haben, in dem sie Tauschgeschäfte bei Übertragungskapazitäten als Einnahmen verbuchten.

Die Anzahl der Fälle könnte aber auch steigen, weil die Unternehmen stärker unter Druck stehen, alle Zahlen auf den Tisch zu legen. "Die Unternehmen wissen, dass strengere Maßstäbe angelegt werden," erklärt William Rutherford, der 100 Mio. Dollar bei Rutherford Investment Management LLC verwaltet. "Es würde mich nicht überraschen, wenn noch einige Unternehmen die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen würden, um reinen Tisch zu machen."
 
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Autor (Datum des Eintrages): THECANADIEN  (15.05.02 21:46:42)
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