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11.06.2002



T E L E K O M

High Noon in den USA






Von Kai Lange

Die Gespräche zwischen AT&T Wireless und Cingular sind ein Alarmsignal für die Deutsche Telekom. Bleibt die US-Tochter Voicestream allein, droht sie an die Wand gedrückt zu werden.






Voicestream unter Druck: Gemeinsam hätten die GSM-Konkurrenten AT&T Wireless und Cingular mehr als 40 Millionen Kunden


Hamburg - Die Deutsche Telekom gerät in den USA immer stärker unter Zeitdruck. Die amerikanischen Mobilfunk-Konkurrenten AT&T Wireless und Cingular denken über eine Zusammenarbeit nach, wie der Strategie-Vizechef von AT&T Wireless, Lew Chakrin, bestätigte.

Sollten der zweitgrößte und der drittgrößte Anbieter auf dem US-Markt tatsächlich fusionieren, droht die Telekom-Tochter Voicestream - mit wachsender Kundenzahl ein großer Hoffnungsträger des Konzerns - ins Abseits zu geraten.

AT&T Wireless und Cingular haben jeweils rund 21 Millionen Kunden und setzen ebenso wie Voicestream - mit 7,5 Millionen Kunden kleinster Anbieter auf dem US-Markt - auf den europäischen GSM-Standard (Global Standard for Mobile Communications). Nach Ansicht von Marktbeobachtern ist Telekom-Chef Ron Sommer nun dringend gefordert, seinerseits wieder den Kontakt zu Cingular zu suchen.

Bereinigung des Marktes erwartet

Anderenfalls könnte Voicestream zwischen den beiden verbündeten Konkurrenten zerrieben werden, die dann nicht nur über die rund sechsfache Kundenzahl, sondern auch über mehr Geld für den Ausbau der GSM-Netze in den USA verfügen würden.




"Ron Sommer muss handeln"
Fondsmanager Klaus Martini blickt besorgt gen USA. Ohne Partner für Voicestream drohen die Wachstumsträume der Telekom zu platzen. ...mehr


Beobachter rechnen ohnehin mit einer Konsolidierungswelle auf dem US-Markt: Die unterschiedlichen Mobilfunk-Technologien, der harte Preiskampf und die hohen Kosten für den Ausbau der Netze legen Allianzen nahe, meinen Beobachter.

Marktführer Verizon Wireless (30 Millionen Kunden) setzt wie Sprint, die Nummer vier auf dem Markt, auf den Technologie-Standard CDMA (Code Division Multiple Access). Der Anbieter Nextel arbeitet mit einer eigenen Technologie ("iden"). Bei möglichen Allianzen von Verizon und Sprint (CDMA) sowie Cingular und AT&T (GMS) würden Nextel und Voicestream noch stärker an den Rand gedrängt und würden große Probleme bekommen, gegen die Platzhirsche zu bestehen.


Voicestream: Zum Erfolg verdammt

Dabei ist Voicestream der große Hoffnungsträger der Deutschen Telekom und zum Erfolg verdammt. 31 Milliarden Dollar hatte Telekom-Chef Ron Sommer für Voicestream auf den Tisch gelegt. Ein Verkauf von Voicestream komme für ihn nicht in Frage, hatte der Telekom-Chef vor zwei Wochen auf der Hauptversammlung in Köln betont.

Zwar dürften sowohl AT&T als auch Verizon starkes Interesse an dem Billiganbieter Voicestream haben, der im ersten Quartal dieses Jahres seine Kundenzahl um knapp zehn Prozent gesteigert hat. Doch bei einem Verkauf von Voicestream dürfte die Deutsche Telekom nur noch einen Bruchteil des damals gezahlten Kaufpreises erzielen. Wenn das teure Mobilfunk-Abenteuer irgendwann ein Erfolg werden soll, muss Voicestream weiter wachsen und in der Hand der Deutschen Telekom bleiben.

67 Milliarden Euro Schulden engen den Spielraum ein

Weitere Zukäufe von US-Unternehmen kommen bei dem Schuldenstand der Deutschen Telekom in Höhe von 67 Milliarden Euro kaum in Frage. Auch die arg gebeutelte T-Aktie lässt sich derzeit kaum als Akquisitionswährung einsetzen. Daher erscheinen strategische Allianzen als Königsweg.

Wenn Voicestream auf sich allein gestellt bleibt, hat das Unternehmen auf dem hart umkämpften US-Markt kaum eine Chance. Um neue Nutzer zu gewinnen, investieren US-Mobilfunker rund 350 Dollar pro Kunde – mehr als dreimal so viel wie in Europa.

Voicestream-Marktanteil immer noch sehr klein

Weiterhin bemühen sich jetzt auch die Marktführer Verizon und AT&T mit günstigeren Tarifen verstärkt um Privatkunden – und eben dieser Klientel verdankt Voicestream bislang sein Wachstum. Erst bei einem Marktanteil von rund 20 Prozent verdiene ein Mobilfunkanbieter richtig Geld, meint DWS-Fondsmanager Klaus Martini im Interview mit manager-magazin.de.

Davon ist Voicestream trotz der ehrgeizigen Wachstumspläne mit einem Marktanteil von deutlich unter zehn Prozent noch weit entfernt. Ron Sommer sei dringend gefordert, nach Partnern für seine teure Mobilfunktochter zu suchen.
 
aus der Diskussion: Das Telekom Elend geht weiter
Autor (Datum des Eintrages): luto9  (12.06.02 08:21:13)
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