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Weiß-blauer Filmriss
Mit H5B5 und RTV machen zwei weitere Medienfirmen Pleite
Von Michaela Geiger
München - In Szene-Kneipen der Münchner Film- und Medienbranche ist Tristesse eingekehrt: Kein Abend, an dem nicht neue Kündigungen bekannt werden und Hiobsbotschaften von überschuldeten Unternehmen die Runde machen. Die Kirch-Krise fängt gerade an, porentief Wirkung zu zeigen und verschärft die aktuelle Misere der deutschen Medienindustrie. Nach dem Aus vieler Dotcoms am Neuen Markt greift das große Sterben immer mehr auf die glamouröse Filmbranche über.

Am vergangenen Mittwoch stellte der Münchner Film- und Fernsehproduzent H5B5 Media AG Insolvenzantrag. An erster Stelle nannte das Unternehmen als Grund für die Pleite, dass eine Auftragsproduktion im Wert von 3,9 Millionen Euro gescheitert ist. Die Investoren des Hamburger Auftraggebers United Stardust hätten ihre Finanzierungszusage für das Projekt zurückgezogen. Neben der allgemein schwierigen Situation des Unternehmens seien die zu Beginn der Woche bekannt gewordenen Liquiditätsprobleme des Zeichentrickfilmproduzenten RTV Family Entertainment Mitauslöser für die Insolvenz, hieß es in einer Erklärung. Ins Stocken geraten sei dadurch eine gemeinsame Kinderfernsehproduktion.

Vorwürfe richtete der Vorstand von H5B5 auch an den früheren Vorstand und Großaktionär Jan Hermann. Dieser habe durch massive Aktienverkäufe Gespräche mit möglichen Investoren behindert. Das Medienunternehmen hatte im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen einen Verlust vor Zinsen und Steuern von 43 (Vorjahr plus 3,2) Millionen Euro ausgewiesen. Der Umsatz ging auf 15 (21) Millionen Euro zurück.

Der Kinderprogramm-Anbieter RTV hatte bereits am Montagabend nach Börsenschluss öffentlich seine drohende Zahlungsunfähigkeit erklärt. Diese ist durch ein Einschreiten der Muttergesellschaft Ravensburger AG vorerst abgewendet. Der Spiele-Hersteller Ravensburger hält 56 Prozent an RTV, will sich nach Meinung von Branchenkennern aber von dem Anteil an der defizitären Tochtergesellschaft trennen.

Die Banken hätten auf Grund einer Garantieerklärung des Hauptgesellschafters eine Überbrückungskreditlinie bereit gestellt, meldete RTV am Donnerstag. Dennoch erscheint mehr als fraglich, ob dadurch das Überleben des Medienunternehmens gesichert ist. Trotz Bankenhilfe sieht RTV selbst eine Finanzierungslücke von mindestens vier Millionen Euro bis zum Jahresende.

Die Zahlungsschwierigkeiten der beiden Medienunternehmen zeigen das enge Beziehungsnetz der Firmen untereinander und die Verknüpfung mit dem Kirch-Konzern: H5B5 verweist auf ausstehende Forderungen von RTV. Als Zulieferer des Kirch-Senders Pro Sieben produziert das Medienunternehmen die Dokumentarfilm-Serie "Welt der Wunder". Erst Mitte 2001 hatte H5B5 das "Forum der Technik" am Deutschen Museum in München übernommen, das jetzt unter vorläufiger Insolvenzverwaltung steht.

Gut 40 Medienunternehmen sind an der Börse notiert, rund die Hälfte davon sitzt an der Isar. "Die Zukunft der meisten Medienwerte am Neuen Markt ist eher düster", sagt Bernard Tubeileh, Analyst bei Merrill Lynch. Er traut mit International Media, Senator, Constantin, Highlight Communications und TV Loonland gerade einmal fünf der derzeit am Neuen Markt gelisteten Medienfirmen zu, noch eine wesentliche Rolle am Medienmarkt zu spielen. Über rote Zahlen machte von EM.TV über Kinowelt bis Constantin Film fast jedes schon von sich reden.
 
aus der Diskussion: RTV ist gerettet ***** Megachance!
Autor (Datum des Eintrages): Wonderdollar  (24.06.02 09:14:32)
Beitrag: 124 von 131 (ID:6709543)
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