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29. Jun, 2002
14:56:00 MEZ


Fonds: Stille kehrt ein

Die Branche klagt über Einbrüche im Geschäft. Der Lärm der Wachstumsmanager ist leise geworden - Die Zeit gehört den Value Managern



Nach dem Einbruch an den Aktienmärkten im Jahr 2000 und der dramatischen Berg-Tal-Bergfahrt im letzten Jahr geht die Fondsbranche in das dritte schwierige Jahr hintereinander. Vor allem ausländische Fondsgesellschaften klagen über massive Einbrüche im Fondsabsatz.
Volumen inländischer Fonds stabil

Das Volumen der inländischen Fonds bleibt relativ stabil - trotz der massiven Kursverluste. Seit Ende letzten Jahres stieg das Volumen bis Ende Mai sogar von EUR 87,4 Mrd. auf EUR 91,9 Mrd., was ein Wachstum von 5,1 Prozent bedeutet. Auffallend ist jedoch dass dieses Wachstum gleich im ersten Monat erzielt wurde. Seit Februar 2002 schwankt das Gesamtvolumen zwischen EUR 91,3 und EUR 92,6 Mrd. Inländische Fondsanbieter werden vor allem aufgrund der steuerlichen Vorteile inländischer Fonds begünstigt.

Konservativere Anleger

Der Trend ging in den ersten fünf Monaten eindeutig in Richtung Anleihen und Geldmarkt. Von den EUR 4,5 Mrd. Zuwachs flossen EUR 3,9 in Anleihenfonds sowie in Geldmarktfonds. Nur jeweils EUR 0,3 Mrd. wurden in Aktien- und gemischte Fonds investiert.

Aktienfondsmanager mit geringen Erwartungen

Eine verblüffende Erfahrung in einer Reihe von Gesprächen mit internationalen Fondsmanagern in den letzten Wochen war der Umstand, daß vor allem auch Aktienfondsmanager sehr vorsichtig in ihren Aussagen werden. Ein Londoner Europa-Fondsmanagermeinte etwa: "7 Prozent Ertrag bei 2 Prozent Inflation ist nicht schlecht, oder?" Vergessen sind die Zeiten der 500 % Gewinne pro Jahr in japanischen Small Caps. Sicherlich auch ein Zeichen dafür, daß die Märkte nahe dem Tiefpunkt sein müssen.

Value Manager überzeugen

Nachdem der Lärm der Wachstums Fondsmanager endgültig im Hintergrund verklungen ist, rufen sich diejenigen Anleger und Berater, die auch heute noch einem Fondsmanager ihre Aufmerksamkeit widmen können, die Argumente der Value Fondsmanager wieder in Erinnerung.

Nordea und Vontobel

Die Value Fondsmanager von Nordea (Europa und Nordamerika) sowie Vontobel (USA) können sich bei ihren Präsentationen auf die gleichen Argumente und Investmentphilosophien stützen, die sie auch bereits vor Jahren vertreten hatten. Diese Manager verwenden erstaunlich einfache Konzepte, die jedoch in der Praxis gar nicht so leicht umzusetzen sind. Viele ihrer Investmentgrundsätze sind gleich - mit feinen Unterschieden.

Tom Stubbe Olsen, Fondsmanager des Nordea European Value Funds und Edwin Walczak, Fondsmanager des Vontobel US Value Equity Fund gehören zu den erfolgreichsten Value Managern. Anthony Bolton von Fidelity (Fidelity European Growth Fund) wird ohnehin von Anlegern und sogar von der Konkurrenz verehrt.

Olsen und Walczak sind davon überzeugt, daß man gute Unternehmen suchen muß, deren Geschäft man verstehen und nachvollziehen kann. Diese Unternehmen müssen dann isoliert von der Börsenentwicklung bewertet werden. Liegt der aktuelle Aktienkurs dann 50 Prozent unter der eigenen Bewertung, dann wird gekauft. Die Aktie wird bis zum Erreichen des Kurszieles

gehalten und dann verkauft. Wachstumsprognosen spielen für diese Fondsmanager weniger Rolle. Klassische Kandidaten für die Portfolios dieser Manager sind Unternehmen, die über eine hohen freien Cash Flow verfügen, die dominante Marktanteile in ihren Märkten besetzen und die ihr Geschäft kontrolliert ausbauen können. Eine gesunde Bilanz sowie hohe Eintrittsbarrieren für die Konkurrenten zählen zu weiteren wichtigen Aspekten, die berücksichtigt werden. Beide Manager konnten in den letzten Jahren positive Renditen erwirtschaften gegenüber den Märkten besser abschneiden. Das Aufstellen von Investmentrezepten ist einfach - kompliziert und aufwendig ist die Umsetzung.

15 Prozent p. a. über 5 Jahre

Value Manager sind zwar grundsätzlich konservativer, die Ertragsziel sind jedoch nicht gerade bescheiden. Tom Stubbe Olsen: "Mein Ziel ist die Verdoppelung des Kapitals in 5 Jahren bzw. 15 Prozent p. a. Kapitalzuwachs über 5 Jahre gesehen.

Sollten sich die Börsen in den nächsten Wochen überraschenderweise stark erholen, werden vermutlich vor allem Wachstumsaktien einen neuen Höhenflug erleben und die klassischen Value Fondsmanager in den Schatten stellen. Doch die Argumente der Value Manager sind so schlagend, um auch später wieder gehört zu werden. Wahrscheinlich ist der Value Investmentstil ohnehin der passende Investmentstil für den kontinentaleuropäischen Anleger.


http://derstandard.at/?id=995356
 
aus der Diskussion: DER IDEALE Value Fonds gesucht!
Autor (Datum des Eintrages): F 50  (29.06.02 16:43:36)
Beitrag: 14 von 14 (ID:6759971)
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