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Immobilienfonds schütten weniger aus

Der Wettlauf um die höchste Anfangsausschüttung geht zu Ende. Anleger werden sich daran gewöhnen müssen, dass seriöse Anbieter von geschlossenen Büro-Immobilienfonds eine Sieben vor dem Komma kaum mehr herzaubern können. Denn höhere Zins- und Tilgungsbelastungen knabbern am ausschüttungsfähigen Gewinn.

DÜSSELDORF. Eigentlich könnten Anbieter und Anleger geschlossener Immobilienfonds sich jetzt gemeinsam freuen. Die Bankenaufseher, die im Baseler Ausschuss gerade über der künftigen Bewertung von Kreditrisiken brüten, haben den Risikoaufschlag für Kredite mit langen Laufzeiten an Mittelständler gekippt.

Warum sollte das Anleger freuen, die in einen geschlossenen Immobilienfonds investieren wollen? Weil ihnen so die hohen, oft 7,5 % betragenden Ausschüttungen erhalten bleiben sollten. Die Theorie dazu kurz und knapp: Höhere Risikozuschläge für längere Kreditlaufzeiten steigern den Eigenkapitalbedarf der Banken zur Risikovorsorge. Eigenkapital ist aus Sicht der Banken teuer. Deshalb halten sie es möglichst knapp. Fondsanbieter müssen daher die Laufzeiten durch höhere Tilgungssätze verringern.

Doch die Theorie ist von der Praxis längst überholt. „Das Problem ist die zu geringe Tilgung“, stellte Jürgen Stinner, Vorstandschef der Westdeutsche Immobilienbank AG, kürzlich vor der „Tafelrunde“, einem alljährlichen Treff von Finanzdienstleistern, fest. Die Risikobereitschaft der Banken ist auch ohne die Begleitmusik aus Basel gesunken. Die Konsequenzen bekommen die Fondsinitatoren längst zu spüren: „Früher konnten wir tilgungsfreie Jahre vereinbaren. Diese Zeiten sind vorbei. Anfangstilgungen von deutlich unter einem Prozent sind perdu“, sagt Bruno Stollwerk, Vertriebschef des Kölner Fondsinitiators Wert-Konzept. Der aktuelle „Ertragsfonds Nr. 5“ tilgt mit 1,2 %. Claus Hermuth, Vorstandschef des Konkurrenten DCM Deinböck Capital-Mangement in München bestätigt dies. Sein Eindruck: „Vielfach wird Basel II als Argument für höhere Konditionen herangezogen.“ Auch die Zinsforderungen steigen nach seiner Einschätzung.

Seit es keine großen Steuervorteile mehr gibt, schauen Anleger zuerst auf die Anfangsausschüttung. Und die werden bei Fonds, über die sie als Kommanditisten in deutschen Büroimmobilien investieren, in Zukunft kaum noch 7,5 % erreichen. Denn es sind ohnehin nicht die Mieter, die den Fonds-Anlegern solch hohe Anfangsauschüttungen bescheren, sondern Tricks der Fonds-Initiatoren. Ein Bürogebäude, zum 14fachen der Jahresmiete eingekauft – ein durchaus realistischer Preis – wirft nämlich nur rund 7 % Mietrendite ab. Zu den typischen Tricks zählen:

Darlehen werden mit 10 % Disagio aufgenommen. Es werden also nur 90 % des Kreditbetrages ausgezahlt. Dadurch sinkt die Zinsbelastung.

Getilgt wird anfänglich gar nicht oder nur mit einem geringen Satz.

Wegen des niedrigeren Zinsniveaus in der Schweiz werden die Darlehen in Schweizer Franken aufgenommen, wodurch die Anleger auch noch ein Währungsrisiko eingehen.

Wie es aussieht, wenn sich nicht mehr tricksen lässt, zeigt eine vereinfachte Modellrechnung (s. Tabelle). Bei einem Tilgungssatz von 2 % rutscht die Ausschüttungen womöglich unter 5 %. Doch selbst dann ist bei einem Zinsniveau um 5 % die Darlehensschuld erst nach 25 Jahren beglichen. Um die Kreditlaufzeit auf 20 Jahre zu verkürzen, müssten 3 % getilgt werden. Auch die Vereinbarung von Disagien verlängert die Laufzeit. Nur werden die Fonds darauf nicht verzichten, denn das Disagio erhöht die Werbungskosten und bietet dadurch anfangs einen höheren Steuervorteil. Zumal die höheren Tilgungsraten später steuerlich eher nachteilig sind. Die zwangsläufig sinkende Zinslast bringt – unabhängig von der Ausschüttung – höhere steuerpflichtige Gewinne.

Weil sich eine fünf vor dem Komma bei den Ausschüttungen nicht gut verkaufen lässt, ist zu befürchten, dass manche Fonds-Anbieter an anderen Renditeschrauben drehen werden. Drei beliebte Muster:

Anleger bezahlen ihre ersten Ausschüttungen ganz oder teilweise selbst, weil ihre Anlagegelder dazu dienen, einen Liquiditätstopf zu füllen, aus dem dann die ersten Ausschüttungen vorgenommen werden.

Die Mieten von Bürogebäuden sind in der Regel indexiert. Die Mieten werden mit überhöhten erwarteten Inflationsraten von mehr als 2,5 % auf dem Papier nach oben getrieben.

Es wird weniger für Instandhaltung und Reparaturen zurückgelegt.

Damit Anleger auch nach der Zeichnung die Freude an einem Fonds behalten, sollten sie nicht allein auf die Ausschüttung schauen, sondern auch darauf, wie sie zustande kommt.

Von REINER REICHEL, Handelsblatt
 
aus der Diskussion: Wann platzt die Immobilienfonds-Blase?
Autor (Datum des Eintrages): BigLinus  (05.07.02 20:24:50)
Beitrag: 13 von 48 (ID:6812956)
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