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Banken spielen Babcock das Lied vom Tod



Der Anlagenbauer Babcock Borsig steht wohl vor dem endgültigen Aus. Die Commerzbank hat als erste Bank ihr Schweigen gebrochen. Das Kreditinstitut hält den Energietechnik-Konzern nicht für sanierbar. Zuletzt hatte es auch von anderer Seite Anzeichen dafür gegeben, dass die Zeit von Babcock Borsig abgelaufen ist. Der Konzern wartet auf die offizielle Bestätigung für das Ende. Die Börse reagiert bereits jetzt mit Abverkäufen. Frank Lansky


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Die Commerzbank geht in die Offensive: Sie hält den Konzern für nicht sanierungsfähig. Zu Reuters sagte Kreditvorstand Wolfgang Hartmannn, die Bank habe daher das Rettungskonzept für den Anlagebauer abgelehnt. Auch die BHF-Bank, HypoVereinsbank und die Dresdner Bank hätten den Plan nicht mittragen wollen. Die Deutsche Bank und die WestLB unterstützten hingegen den Sanierungsplan. Diese Äußerungen verheißen nichts Gutes: Ein Banker wird wohl nur dann an die Öffentlichkeit gehen, wenn die Entscheidung über das Ende gefallen ist.

Schuldzuweisungen

Das ist allerdings wohl ein wenig subjektiv eingefärbt. Aus Frankfurter Bankenkreisen erfuhr sharper.de, die Dresdner sei entgegen den Aussagen aus der Commerzbank zuletzt sehr wohl grundsätzlich bereit gewesen, sich bei Babcock zu engagieren. Allerdings hätte hierzu der Sanierungsplan verändert werden müssen. In Bankenkreisen hieß es weiter, die Commerzbank und die HypoVereinsbank hätten sich dagegen überhaupt nicht bewegen wollen.

Das Engagement der Dresdner Bank sei im übrigen recht gering, hieß es in den Kreisen weiter. Es handele sich auch nur um Avale, nicht um echte Kredite. Bei einem Aval übernimmt die Bank die Haftung in Form einer Bürgschaft oder einer Garantie gegenüber Dritten. Die Dresdner Bank selbst trifft keine offiziellen Aussagen über die Höhe ihres Engagements.

Unterdessen herrscht im Unternehmen Unklarheit, ob es nun weiter geht, oder nicht. Allzu gut hatte es auch vor den Aussagen aus der Commerzbank nicht mehr ausgesehen.

Totengesänge

Der stellvertretende Babcock-Aufsichtsratschef Heinz-Georg Westfeld sagte Reuters: "Nach dem gescheiterten Finanzierungskonzept ist der Insolvenzantrag wohl nicht mehr zurückziehbar“. Zudem sagte die externe Arbeitnehmervertreterin im Babcock-Aufsichtsrat Hannelore Elze am Montag im "Deutschlandfunk", sie gehe davon aus, dass Babcock in die Insolvenz gehe. Die beiden Banken Commerzbank und BHF-Bank seien nicht bereit, ihren Beitrag zur Rettung des Unternehmens zu leisten.

Auch Reuters meldet unter Berufung auf Bankenkreise, die Rettung sei an der Commerzbank gescheitert. Zuvor hatte die "Rheinische Post" unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise aus der Umgebung des Konzerns und der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalens berichtet, die Commerzbank weigere sich, das Sanierungskonzept der Landesregierung unter Beteiligung der Anteilseigner WestLB und TUI mitzutragen. Zuvor hatte schon die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" von einem Scheitern der Verhandlungen geschrieben.

Ein letztes Aufbäumen

Schon in der vergangenen Woche hatten sich die Hinweise darauf verdichtet, dass bei den Frankfurter Kreditinstituten eine Insolvenz für die bessere Lösung gehalten wird. Immer wieder wurde auf das Beispiel Philipp Holzmann verwiesen: Auch hier wurde auf politischen Druck hin neues Geld nachgeschossen. Am Ende stand doch das endgültige Aus.

Nur kurz hatte es zuletzt wieder gut ausgesehen: Das "Handelsblatt" schreibt, WestLB und Deutsche Bank hätten dem Rettungskonzept zugestimmt, die Dresdner Bank sei im Prinzip einverstanden. Allerdings zögerten die Commerzbank und die Hypo-Vereinsbank. Bund und Land hätten am Wochenende ihre Zusagen für Bürgschaften auf 420 Millionen Euro erhöht. Die Gesellschafter Tui, WestLB und One Equity Partners hätten zugestimmt, das Eigenkapital um 200 Millionen Euro zu erhöhen.




Das gegenseitige Fingerzeigen und die Schuldzuweisungen haben begonnen: Offensichtlich ist vor allem die Commerzbank der Totengräber des Konzerns. Die Mitarbeiter und Aktionären müssen sich auf das Schlimmste einstellen. Immer wenn es neue Nachrichten gibt, die Hoffnungen nähren, dass der Insolvenz-Antrag doch noch zurück gezogen wird, wird die Aktie klettern. Das kennen die Anleger schon von Holzmann, Mühl oder Sachsenring. Letztlich werden die Aktionäre den Titel gnadenlos nach unten schicken.
 
aus der Diskussion: Landesregierung korrigiert Angaben zu Babcock-Insolvenz
Autor (Datum des Eintrages): YoyoStock  (08.07.02 11:38:51)
Beitrag: 20 von 87 (ID:6823554)
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