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Nach etwa zwei Stunden Zugfahrt verließ ich den Bahnhof durch den Hinterausgang und suchte nach einer Sichtschutzmauer.
Immer wieder liefen komische Männer an mir vorbei, die unsicher wirkten und sich bemüht unauffällig benahmen, wobei sie jeden Blickkontakt vermieden. Irgendwo mußte ein Nest sein. Als ich genau darauf achtete, stellte ich fest, daß die tatsächlich alle aus derselben Richtung kamen. Spaßeshalber versuchte ich schließlich ein paarmal, diese Heinis anzurempeln, aber sie gingen mir schon von weitem aus dem Weg und hielten stets mindestens zwei Meter Abstand, oder sie wechselten mit starr auf den Boden gehefteten Blick die Straßenseite.
Anscheinend wurde man schwach und feige, wenn man regelmäßig in den Puff ging. Aber darum machte ich mir in meinem Fall keine Sorgen, denn ich wollte kein regelmäßiger Kunde dieser Branche werden. Ich wollte nur mal ein bischen Großstadt erleben und meinen Horizont etwas erweitern. Ich war in einem Kleinkaff großgeworden und hatte bisher einfach zuwenig von der Welt gesehen, und wahrscheinlich dachte ich darum, unsere Dorfschönheit wäre das das einzige wirklich interessante Mädchen auf der ganzen Welt...
Vielleicht brauchte ich auch einfach mal ein bischen Ablenkung, um wieder auf andere Gedanken zu kommen.

Hinter der Sichtschutzmauer lag eine Gasse, deren Straßenseiten absolut gegensätzlich waren. Auf einer Straßenseite war nur die völlig fensterlose Rückseite eines vielstöckigen Appartmenthauses, aber auf der anderen gab es eine Häuserzeile mit Schaufenstern, in denen Frauen aller Rassen ihre Dienste anboten.

Ich schloß auf den ersten Blick, dieser Job Frauen rasch alt machte, denn es gab nur zwei Altersklassen. Entweder sahen die Frauen sehr jung oder sehr alt aus, aber dazwischen war nichts.
Einige der jungen Frauen sahen zunächst unheimlich hübsch aus. Im Vorbeigehen stellte ich aber bei manchen „Schönheiten“ fest, daß sie doch bei weitem älter und weniger hübsch waren, als es zunächst schien, denn sie hatten sich praktisch komplett neue Gesichter gemalt und wirkten aus der Nähe betrachtet fast wie Geishas.
Diejenigen, die blond gefärbte Phönfrisuren trugen, waren auch nicht mein Fall. Seit ich als kleiner Junge mal in einer Zeitschrift Fotos von Perücken tragenden Transen gesehen hatte, verursachte alles, was mich auch nur entfernt daran erinnerte, bei mir Schweißausbrüche statt Erektionen. Mir gefielen nur Frauen, deren Haar lang und glatt war. Ob sie ihr Haar offen oder als Pferdeschwanz trugen, war mir egal. Wenn sie sich Zöpfe machten oder das Stirnhaar hinter dem Kopf zusammenbanden, fand ich das auch ganz hübsch. Ponies fand ich total schrecklich, obwohl vielleicht eine von hunderttausend Frauen damit sehr gut aussah. Es machte mich tierisch an, wenn Frauen sich das Haar aus dem Gesicht strichen, oder wenn es im Wind flatterte. Bei Frauen mit Pferdeschwänzen machte es mich ganz wuschig, wenn sie sich schnell bewegten und der Pferdeschwanz hin- und herflog, oder wenn ich natürliche Strähnchen und einen schönen Haaransatz sah.

An jenem Abend gab es nur zwei Frauen, die mir gefielen. Beide waren etwas kleiner als ich. Das war von den Proportionen her die ideale Größe. Größere Frauen wirkten noch mit Körbchengrößen „platt“, die eine geringfügig kleinere Frau vollbusig erscheinen ließ.
Frauen, die wie Laufsteg-Models aussahen, mochte ich nicht. Meistens hatten sie keine Taille, aber Storchbeine und riesige Füße. Ich sah mich als Cowboy-Typ und Cowboys haben mit Giraffen nicht viel am Hut.


Beide waren schlank und hatten auch keine zu breiten Schultern. Die ältere wirkte etwas streng, aber vielleicht kam mir das nur so vor, weil sie ihr Haar straff zurückgebunden hatte, und dann wirkt das Gesicht eben etwas strenger. Ich hatte mir mal selbst die Haare lang wachsen lassen wollen, nur um dann einen Pferdeschwanz zu tragen und dann diesen Effekt zu erzielen.
Vielleicht war sie auch sauer, weil ich sie fast übersehen hatte... Warum setzte sie sich auch mit ihren schwarzen Lederklamotten in so eine dunkle Ecke. Die anderen Frauen saßen in hell erleuchteten Räumen auf Barhockern direkt vor den Fenstern, oder lehnten sich heraus, während sie sich mit einem dicken Kissen unter den Ellenbogen auf das Fensterbrett stützten.
„Komm her!“, fauchte sie. „Ja, du!“
Ich drehte mich um.
Seltsam, der Raum hinter diesem Fenster war klein, dunkel tapeziert und schwach erleuchtet. An den Wänden hingen irgendwelche abstrakten Zeichnungen, dich ich garnicht richtig sehen konnte.
„Komm her, du!“, knurrte sie erneut.
Ich blieb stehen.
„Komm du doch“, sagte ich.
Die schien wirklich mächtig sauer darüber zu sein, daß ich sie fast übersehen hatte. Als sie von ihrem Hocker aufstand und zum Fenster kam, sah ich, daß ihr ebenso knapper wie enger Lederdreß zwischen den Beinen mächtig kneifen mußte. Vielleicht kamen ihre unglaublich gereizte Stimmung und das tierische Gefauche auch daher.
Ich sah mir das mal näher an.
„Wenn du eine Nummer haben willst, mußt du woanders hingehen, daß ist dir doch klar, oder?“, erkundigte sie sich.
Ich nickte.
„Wenn ich eine Nummer ziehen will, gehe ich zum Arbeitsamt. Aber hier will ich sofort drankommen und nicht erst andere vorlassen.“
„Du bist ein kleiner Komiker, wie?“
„Alle Komiker haben mal klein angefangen“, sagte ich.
Der Boden ihres Zimmers war mindestens dreißig Zentimeter höher als die Straße. Falls ich da reinging und wir plötzlich auf gleicher Ebene waren, würde sie nicht mehr auf mich herabblicken können. Aber wenn sie mich überreden wollte, mußte sie schon ein bischen netter werden.
„Gefalle ich dir?“, fragte sie.

Als sie ich in Position stellte, ließen die enorm hohen Absätze und der enge Lederfummel sie attraktiv erscheinen. Aber ich war nicht blöd.
„Ob ich dir gefalle!“, schnauzte sie.
„Weiß ich noch nicht“, sagte ich. „So siehst du ja ganz ordentlich aus, aber du bist auch ganz enorm eingeschnürt. Wer weiß, ob du mir noch gefällst, wenn der Reißverschluß aufgeht...“
„Darüber mach dir mal keine Sorgen!“, schimpfte sie. „Denn du wirst mich sowieso nie ganz nackt sehen!“
Ich hörte ein komisches Klopfen. Anscheinend hatte sie ein Pferd, denn das, womit sie an ihrem Oberschenkel die ulkigen Geräusche verursachte, war eindeutig eine Reitpeitsche.
„Ist ja schön und gut, daß du dich so aufgezäumt hast“, sagte ich, „aber wenn wir bumsen sollen, mußt du den Krempel doch wohl ablegen, oder?“
Sie stemmte die Hände in die Hüften.
„Sagmal, bist du vom Dorf oder tust du nur so blöd?“, fragte sie.
„Ich bin wirklich vom Dorf“, sagte ich.
„Ich lasse mich nicht bumsen“, sagte sie. „Ich mache Erziehung!“
Die Frau hatte wirklich ein Rad ab.
„Siehst du nicht das Schild da?“
Sie wies auf eine Tafel rechts unten. Dort stand in großen Lettern: STUDIO.

Ich zuckte mit den Schultern.
„Das habe ich garnicht gesehen“, sagte ich, und starrte wieder auf ihr Dekollte, „weil ich nur auf deine T... geguckt habe!“
Einen Moment lang verlor ihr Gesicht verlor die Strenge. Sie guckte reichlich verdattert. Dann hörte sie ein Fenster weiter ein lautes Lachen. Wir guckten rüber. Die Frau nebenan, die aus dem Fenster gelehnt die Straße beobachtete, hatte anscheinend gelauscht und schüttelte sich vor Lachen.
Die Domina gewann ihre Fassung zurück.
„Klappe!“, rief sie rüber.

„Ach, tu doch nicht immer so, als wenn du was besseres bist!“, rief ihre Nachbarin zurück. Sie lächelte. Ich sah ihr ins Gesicht und fällte meine Entscheidung. Als sich unsere Blicke trafen,fragte sie sofort: „Willst du mal reinkommen?“
„Ja“, sagte ich.
„Okay“, sagte sie. „Gleich neben dir ist der Eingang.“
Ich ging einen Schritt zur Seite. Sofort hörte ich ein lautes Summen und die elektrisch gesicherte Tür ließ sich öffnen.
Dann kam sie mir entgegen. Ich sah jetzt, daß sie auch hohe Stiefel trug, aber ihre waren aus weißem Leder.
„Wir müssen die Treppe hoch“, sagte sie.
Ich ließ die Tür ins Schloß fallen.
Sie drehte sich um.
Außer hübschen Wangen hatte sie auch hübsche Bäckchen. Als sie die Treppe hochstöckelte, dachte ich keinen Moment daran, abtrünnig zu werden.

(Fortsetzung folgt! Und nächstesmal geht es dann wirklich zur Sache!)
 
aus der Diskussion: Meine Frauen und meine Aktien
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (24.08.02 18:30:18)
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