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Jetzt gibt es doch gleich noch einmal etwas über eine ganz besondere Straße. Eigentlich wollte ich diese beiden Kapitel in meiner Schublade lassen, aber da es anscheinend Interesse an solchen Geschichten gibt, folgt hier die (doppelte) Zugabe:



Nach dem Besuch im Puff war ich von meinem Liebeskummer tatsächlich geheilt. Ich fühlte mich abgehärtet. Aber stattdessen wurmte mich jetzt, daß ich schlecht bedient worden war. Eigentlich kam ich mir immer noch wie ein Depp vor, nur aus einem anderen Grund.

Eines Spätnachmittags wurde ich im Fitness-Studio auf dem Weg zur Klimmzugstange, auch „Affenschaukel“ genannt, aufgehalten. Rolf rief mich. Rolf war ein Rocker Mitte dreißig, der auf dem Bau malochte, und jedesmal nach Feierabend noch Gewichte stemmte, um sich für das nächste Wochenend-Besäufnis fitzumachen.
Er hörte sich ziemlich gequält an. Wie meistens beschäftigte er sich mit Bankdrücken und versuchte seine Maximalkraft zu steigern. Rolf war nicht nur im Job und beim Trinken einer von den ganz Harten.
„Hilf mir mal!“, krächzte er.
Er versuchte gerade ein viel zu schweres Gewicht zu stemmen und die Hantel verreckte ihm auf halber Höhe. Seine Arme und seine Wangen zitterten. Seine Augen schienen aus den den Höhlen treten zu wollen. Er versuchte abzufälschem, indem er die Hüften hochhob, bis sie höher als das Gewicht waren.
„Ey!“, knurrte er.
Komisch, diese Gesichtsfarbe hatte ich bei ihm noch nie gesehen. Es lag vielleicht daran, daß wir erst Montag hatten, und er die ersten zwei oder drei Tage der Woche gewöhnlich darauf verwandte, sich vom letzten Gelage zu entgiften, ehe er spätestens donnerstags und freitags ernsthaft daran ging, sich fit für die nächste Sauferei zu machen.
„Aaaaah!“, brüllte er.
„Jaja“, sagte ich.
Dann stellte ich mich hinter ihn und griff nach der Hantel.
„Aaaaah!“, brüllte er wieder.
„Halt die Klappe“, sagte ich.
Dieses Gehabe fiel mir zunehmend mehr auf die Nerven. Kein Wunder, daß hier nur so wenige Frauen trainierten. Wenn die vor der Tür standen und dort solche Tarzan-Schreie hörten, kehrten die doch garantiert auf dem Absatz um.
Ich half ihm nur so viel, wie unbedingt nötig.
„Nicht mehr als nötig helfen!“, hechelte er.
Ich merkte, wie der Ärger in mir aufstieg. Hielt der mich für blöd? Merktze er garnicht, daß ich mich schon jetzt bremste?
Er pustete wie eine Frau im Kreißsaal, die zum erstenmal Mutter wird und Drillinge kriegt.
Endlich bewegte sich die Hantel in Richtung Ablage.
„Jetzt noch drei Negative!“, krächzte er.
Rolf machte grundsätzlich bei jedem Übungssatz am Ende noch drei oder vier „Negativ“-Wiederholungen, um die Muskeln auch wirklich ganz und gar zu erschöpfen.
Ich half ihm, das Gewicht zu heben. Der größte Aufwand lag bei mir. Von ihm kam nicht mehr viel. Dann versuchte er die Hantel möglichst langsam sacken zu lassen. Ich fragte mich nur, wohin er sie sacken lassen wollte und mußte die Stange festhalten, damit er sie auch nur einigermaßen gerade hielt.
„Noch zwei“, stieß er hervor.
Ich haßte „Negativ“-Wiederholungen. Wenn ich ein Gewicht nicht mehr allein heben konnte, legte ich es weg oder verringerte es.
Noch zweimal half ich ihm, die Hantel hochzuheben, damit er sie möglichst langsam runtersacken lassen konnte.
„Noch einmal!“, keuchte er.
Und dann half ich ihm noch einmal, während ich bereits auf die Uhr sah.
Schließlich legte er die Hantel ab und setzte sich hin.
„Warum ziehst du denn so einen Flunsch?“, fragte er.
„Schlechtes Wetter“, sagte ich.
„Ja“, sagte er, „da sieht man nicht soviewl kurze Röcke wie sonst.“
„Jau.“
„Stefan hat erzählt, du warst im Puff? Und es war nicht gut?“
„Ja, ich war da und es hat mir nicht gefallen.“
Ich guckte mich um, denn ich hatte kein Interesse daran, daß sich meine Erlebnisse noch weiter rumsprachen.
„Was für eine hast du dir denn ausgesucht? Wie sah dir aus?“
„Eigentlich sah die ganz gut aus“, sagte ich. „Die guckte irgendwie scharf aus der Wäsche und trug hohe weiße Stiefel. Sowas habe ich bis dahin noch nie in echt gesehen!“
Er winkte ab.
„Such dir nächstesmal lieber eine aus, die nett guckt. Das andere sind alles Deibels. Wenn die so hohe Stiefel tragen, haben die meistens auch noch mehr zu verbergen. Ich bin auch mal an einem Schaufenster gewesen, wo eine in hohen Stiefeln auf Kunden wartete. Die saß auf einem Barhocker und hatte die Füße ins Fensterbrett gestellt. Sie hatte eine echt schlanke Taille, sah super aus! Ich machte alles klar, und als ich durch die Tür gehe und sie mir entgegenkommt, sehe ich, daß die Oberschenkel wie ein Elefant hat. Ich dachte, naja, wenn sie die ollen Stiefel anbehält, kann ich drüber wegsehen, und vielleicht ist sie ja dafür umso netter. Aber dann sprang sie mittendrin von mir runter und wollte nochmal soviel Geld wie vereinbart. Ich mußte tatsächlich nochmal zu meiner Hose gehen und in die Tasche greifen. Und danach war es immer noch keine gut Nummer. Weißte, ich habe darüber nachgedacht, und jetzt glaube ich, die hatte nur so eine schlanke Taille, weil die sich hat Fett absaugen lassen. Und die brauchte die Extra-Kohle, um das auch für ihre fetten Beine zu bezahlen, damit endlich alles zusammenpaßt!“
„Kann sein...“
„Ja, jetzt mal ehrlich- was meinste, hab ich Recht?“
„Ich mache jetzt Klimmzüge“, sagte ich.


Als ich zum zweitenmal in den Puff ging, dachte ich auch daran, was Rolf erlebt hatte. Außerdem wollte ich darauf bestehen, unbedingt oben zu liegen.

Diesmal war es eine Frau in einem weißen Bikini und Badelatschen, die mir als erste die drei Zauberwort sagte:
„Willst du reinkommen?“

In ihrem Zimmer zog ich mein Hemd schon aus, als sie noch die Tür abschloß. Sonst ging das womöglich von meiner Zeit ab. Als sie sich zu mir umwandte, griff ich in meine Gesäßtasche, um zu bezahlen.

„Warum so hektisch?“, fragte sie.
„Hektisch?“, fragte ich verwundert zurück.
„Lernen wir uns doch erstmal kennen“, sagte sie entspannt.
Sie streichelte meine Schultern und zog sich daran leicht hoch.
Reflexartig griff ich mir ihre Taille und zog sie zu mir heran.
Sie lächelte und drückte ihre Hüfte gegen mich.
Ich stellte fest, daß sie kaum geschminkt war und auch aus der Nähe sehr gut aussah.
Fast hätte ich sie geküßt.
„Fast hätte ich dich geküßt“, sagte ich.
Sie drehte ihr Gesicht weg.
„Das kann ja mal passieren“, sagte sie mit nachlassender Stimme und wirkte ein bischen enttäuscht.
Ich ließ ihre Taille los und klopfte ihr auf den Hintern.
„Du mußt jetzt bezahlen“, sagte sie ernst.

Nachdem sie das Geld verstaut hatte, blieb sie einfach stehen und sah mich an. Ich ging zu ihr und faßte ihr diesmal mit beiden Händen an die Kiste. Sie legte wieder die Hände auf meine Schultern. Ich zog das, was ich ín den Händen hatte, ein bischen hoch, und prompt sprang sie mich an und schlang ihre Beine um mich. Sowas kannte ich schon. Das war meine Absicht gewesen.
Ich trug meine „Beute“ zum Bett.
Diesmal kam ich oben zu liegen.
Diesmal war es besser.
Und dabei war sie eigentlich garnicht „mein Typ“.

Als ich mich wieder anzog, blieb sie auf dem Bett sitzen und sah mir zu. Sie wirkte etwas traurig und darum überlegte ich, ob es helfen würde, wenn ich ihr ein Kompliment machte.
„Du hast einen sehr schönen Busen“, sagte ich schließlich. „Ich hätte nicht geglaubt, daß du wirklich so üppig bist, ehe ich es sah.“
„Ich hatte schon mit 14 Jahren soviel Busen“, sagte sie. „Die anderen Mädchen haben alle über mich geschimpft und ich habe mich sehr geschämt. Ich fühlte mich wie eine Hure!“
Sie wurde rot.
Ich faßte es nicht. Sie wurde immer noch rot, wenn sie daran dachte, daß sie sich einst zu Unrecht als Hure vorgekommen war, obwohl es ihr anscheinend nichtzs ausmachte, inzwischen wirklich eine Hure zu sein.
„In unsere Klasse gab es auch ein Mädchen, das soviel Busen hatte“, sagte ich, „aber sie hatte auch ziemlich viel Bauch. Du aber hast fast die Figur einer Barbie-Puppe. Das ist unglaublich!“
„Jaja, mein Bauch“, seufzte sie.
Sie sah an sich herunter.
„Früher hatte ich einen schönen Bauch, aber jetzt habe ich diese Schwangerschaftsstreifen... Das ist nicht mehr so schön... Aber die gehen nicht mehr weg...“
Sie seufzte erneut.
Jetzt, da sie es erwähnte, sah ich die Streifen auch, aber ich sah darin keinen wirklichen Makel. Es machte sie nur noch weiblicher.
„Ich sehe keine Streifen“, sagte ich.
Ich faßte es nicht. Sie schämte sich kein bischen, im Schaufenster zu stehen und sich zu verkaufen, aber sie schämte sich, daß man sah, daß sie schwanger gewesen und ein Kind ausgetragen hatte.
„Aber die kann man doch garnicht übersehen“, protestierte sie. Dann sah sie erneut an sich herunter und seufzte.
Frauen...


Einige Zeit später wurde ich zur Bundeswehr eingezogen. Wenn meine Kameraden abends nach Dienstschluß beim Bier zusammensaßen, redeten manche Experten auch über Huren. Sie erzählten dann meistens, wie sie in gewissen Straßen gewesen waren und die Huren „veräppelt“ hätten. Das fanden die meisten Jungs dann ziemlich spaßig.
Ich konnte da nie mitreden.
Ich hatte diese Frauen nie „veräppelt“.
Wenn ich mit ihnen sprach, dann nur, um handelseinig zu werden.


(Noch mehr???)
 
aus der Diskussion: Meine Frauen und meine Aktien
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (26.08.02 22:52:06)
Beitrag: 42 von 758 (ID:7213889)
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