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Freitag, 30. August 2002
Was macht eigentlich...
... Osama bin Laden?

Tot oder lebendig - mit dieser
drastischen Losung blies US-Präsident
George W. Bush zur Jagd auf Osama
bin Laden. Der Optimismus war groß:
Es sei nur eine Frage der Zeit, wann der
"evil-doer", der Oberschurke, zur Strecke
gebracht werde.

Rechtsexperten beschäftigten sich
bereits mit den Herausforderungen
eines Prozesses auf amerikanischem
Boden gegen den mutmaßlichen
Drahtzieher der Anschläge in New York
und Washington.

Heute, ein Jahr später, sind die Töne
bei weitem gedämpfter. Den USA fehlen die sichtbaren Trophäen im
Anti-Terror-Kampf. Von bin Laden fehlt jede Spur, und insgesamt wurde lediglich
eine kleine Zahl von El-Kaida-Mitgliedern der höheren Ebene getötet oder
gefangen.

Mager fiel auch die Bilanz bei der Verfolgung führender Taliban aus. Erst vor
kurzem berichtete ein hoher afghanischer Regierungsbeamter, dass der frühere
Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar mit einigen Gefolgsleuten im Süden des
Landes umherziehe. Tora Bora, wo Hunderte von El-Kaida-Kämpfern aus Höhlen
und Tunneln entkamen, und Kandahar, wo Omar den USA durch die Lappen ging,
wurden zu Symbolen für amerikanische Pleiten.

Kritiker lasten der US-Regierung an, sich im Afghanistan-Feldzug zu stark auf
Stellvertreter-Truppen verlassen zu haben, um die Opfer unter den eigenen
Soldaten gering zu halten. Die einheimischen Verbündeten hätten nach der
Befreiung des Landes von den Taliban aber wenig Interesse daran gehabt, weiter
die Ober-Übeltäter zu jagen und stattdessen ihr Entkommen gesichert.

Die US-Regierung kontert mittlerweile damit, dass es im Anti-Terror-Kampf nicht
nur um eine Person - bin Laden - gehe, sondern um die globale Ausrottung des
Terrorismus, und hier habe man bereits Beachtliches aufzuweisen. Der Name
des El-Kaida-Führers, einst dutzendfach in fast jeder Bush-Rede erwähnt, fällt in
Regierungskreisen kaum noch. Schon fast lakonisch heißt es immer wieder, man
wisse nicht, wo bin Laden sei und wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen.

Und die gibt es zuhauf. Das jüngste Gerücht: Unter den Gefangenen auf dem
US-Stützpunkt Guantánamo Bay sollen sich Leibwächter des Terroristenchefs
befinden, was darauf hindeute, dass der saudische Millionär selbst ums Leben
gekommen sei. Eine arabische Zeitung zitiert dagegen einen Journalisten "aus
der Umgebung" bin Ladens, dem zufolge sich der El-Kaida-Führer im
vergangenen Jahr bei einer US-Attacke Schrapnellwunden zugezogen habe, aber
inzwischen - nach einer Operation - wieder genesen sei.

Was natürlich nicht zwangsläufig heißt, dass er sich auch von seinem
Nierenleiden erholt hätte. Andere Gerüchte besagen nämlich, dass er ohne ein
eigens importiertes Dialyse-Gerät nicht mehr am Leben wäre - und vielleicht auch
nicht mehr sei. Videoaufzeichnungen wenige Monate nach dem 11. September
zeigen schließlich einen krank und verhärmt aussehenden bin Laden. Allerdings
soll er sich nach anderen Quellen wiederum gesund und munter in den Bergen
Pakistans tummeln oder in den Sudan entkommen sein.

Zu den angeführten Szenarios gehört auch, dass sich bin Laden, aussichtslos in
die Ecke gedrängt, von Gefolgsleuten habe töten lassen, um seinen Mythos am
Leben zu erhalten. "Vorausgesetzt, die Leiche taucht niemals auf, würde sich die
Welt fragen: Wo ist er? Wann schlägt er wieder zu?", meint Ivan Elend vom
Cato-Institut, einer Denkfabrik in den USA. "Das wäre die ultimative Terrorwaffe."
 
aus der Diskussion: SBII-Club 673....im osten geht die sonne auf,
Autor (Datum des Eintrages): watto  (06.09.02 12:17:37)
Beitrag: 9 von 17 (ID:7299446)
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