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Kaum hatte Sabine mir endlich ihre Telefonnummer und ihren Vornamen diktiert, verabschiedete sie sich auch schon.
Ich sah, wie sie sich auf ihr Rad schwang. Sie bewegte sich sehr anmutig, und das sogar, obwohl sie viel zuviel an hatte.
„Was für ein Sternzeichen bist du?“, fragte ich hektisch.
„Waage“, sagte sie.
„Um Himmels Willen!“, rief ich. "Geh lieber zu Fuß und laß mich dich nach Hause bringen!"
Dann sah ich zu den Sternen hoch. Wenn ich ihr nicht in die Augen sah, konnte sie mir auch nicht ansehen, daß ich gleich log.
Sie rutschte wieder vom Sattel herunter, wirkte etwas verwirrt und blickte dann ebenfalls kurz forschend nach oben.

„Ich habe heute im Horoskop gelesen, daß Waage-Frauen diese Woche im Straßenverkehr besonders aufpassen müssen“, sagte ich hastig.
„Dann kann mir hier ja garnichts passieren“, meinte sie. „Denn das hier ist schließlich eine verkehrsberuhigte Zone, also praktisch das Gegenteil von Straßenverkehr.“
Ich winkte ab.
„Die Astrologen, die die Horoskope für Tageszeitschriften schreiben, sind doch zum großen Teil Scharlatane und Pfuscher! So genau darf man sich nicht darauf verlassen, wenn die etwas deuten. Aber man soll Gefahren nicht unterschätzen.“
Sie nickte.
„Dafür habe ich einen Talisman“, sagte sie dann.
Fasziniert starrte ich auf das Pentagramm, das sie eben aus ihrem T-Shirt gezogen hatte.
„Cool“, murmelte ich.
Erneut setzte sie ihren kleinen Hintern mit absolut bewundernswerter Zielsicherheit auf den beneidenswerten Fahrradsattel.
„Warte! Ich muß dir was gestehen!“, rief ich.

Diesmal blieb sie sitzen.
„Und was? Bist du ein Bulle, der uns überwachen soll?“
„Ich? Ein Bulle?“
„Das wäre wenigstens eine Entschuldigung für deinen Haarschnitt.“
„Nein, aber ich habe dich trotzdem angelogen. Ich glaube garnicht an Astrologie. Nicht wirklich.“
„Das solltest du aber“, sagte sie. „Es gibt Leute, die in Sachen Bären und Bullen ihre Entscheidungen nach der Astrologie treffen und meistens richtig liegen.“
Fieberhaft überlegte ich, was sie mit „Bären und Bullen“ meinte. Die „Bullen“ waren Polizisten, aber die „Bären“, was waren das für welche? Richter?
„Kannst du das mal präzisieren?“, fragte ich kritisch blickend.
„In den USA gibt es Börsen-Profis, die beim Handel mit Zertifikaten aus den Sternen lesen, ob es als nächstes auf- oder abwärts geht.“

„Echt wahr?“
„Bei Vollmond geht es meistens bergab. Bei Vollmond gibt es auch die meisten Börsencrashs“, sagte sie. „Das ist statistisch belegt! Und daran kann man auch sehen, daß Astrologie eben doch eine präzise Wissenschaft ist.“
„Wow“, sagte ich.
„Und du willst Löwe sein?“, fragte sie skeptisch.
„Ja.“
„Löwen sind dominant!“
„Ich bin doch voll dominant“, sagte ich.
„Dann solltest du noch ein Bier mehr trinken“, riet sie. „Denn noch bist du wohl nicht voll genug, um dominant zu sein!“

Kichernd radelte sie von dannen.
Ich fühlte mich wieder als Soldat.
Ich sah eine Flagge wehen, der ich folgen wollte.
Denn ihr langes Haar flatterte im Wind.


:laugh: ;)



P.S. Es ist schon okay, daß "w-o" sich durch Werbung finanziert. Aber meine Telefonrechnungen sind leider in letzter Zeit recht hoch gewesen, und dann machen einen irgenwann schon Kleinigkeiten nervös...
:rolleyes:
 
aus der Diskussion: Meine Frauen und meine Aktien
Autor (Datum des Eintrages): Wolfsbane  (09.09.02 23:08:27)
Beitrag: 95 von 758 (ID:7321186)
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