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SPD

Weder Waffen noch Geld für Irak-Feldzug

Die SPD bleibt eisenhart auf Friedenskurs. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering schloss neben einer personellen auch eine finanzielle Unterstützung eines möglichen Angriffs auf den Irak aus. Friedensforscher und Verfassungsschutz gaben den Sozialdemokraten Rückendeckung.


DPA

Der Kanzler meint es wirklich ernst, meint SPD-Generalsekretär Franz Müntefering


Berlin - Müntefering sagte in Berlin, das Nein der rot-grünen Bundesregierung zu einer Beteiligung an einer Irak-Intervention heiße "nicht nur, dass wir nicht mit Soldaten, sondern auch, dass wir nicht mit Geld dabei wären". Daran werde sich weder bei neuen Beweisen gegen den Irak noch bei einem Mandat der Vereinten Nationen etwas ändern.
"Das, was Gerhard Schröder sagt, das meint er auch so", sagte Müntefering. Es handele sich um ein "striktes Nein". Die Bundesregierung stehe aber in der Irak-Frage regelmäßig mit den USA in Kontakt.


Die Frage der Nutzung von US-Stützpunkten in Deutschland für eine solche militärische Aktion ließ er offen. Darüber müsse die Regierung entschieden.

Schröder bekräftigt ablehnende Haltung

Bundeskanzler Gerhard Schröder untermalte in einem vorab veröffentlichten "stern"-Interview Münteferings Positionsbeschreibung. Schröder schloss aus, dass er seine ablehnende Haltung zu einer deutschen Beteiligung an einem Krieg gegen Irak nach der Wahl ändern könnte. Unter seiner Führung werde sich Deutschland an einer militärischen Intervention in Irak nicht beteiligen. "Das gilt vor der Wahl, das wird auch nach der Wahl so bleiben", zitierte das Blatt den Kanzler.

"Keine deutsche Isolierung"


Auf die Frage, wie Massenvernichtungswaffen Iraks zu begegnen sei, wenn nicht mit Androhung militärischer Gewalt, antwortete Schröder: "Wir unterstützen die Politik der UN und ihres Generalsekretärs mit dem Ziel, die Inspektoren wieder ins Land zu lassen. Den Strategiewechsel, dieses Ziel mit der Eliminierung des Systems zu verbinden, habe nicht ich zu verantworten."



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Keine Männerfreundschaft: Gerhard Schröder und George W. Bush


Den Vorwurf einer deutschen Isolierung in Europa wies Schröder zurück. Es gebe zwar einige EU-Regierungen, die erklärt hätten, dass sie bei einem UN-Mandat an einem Irak-Krieg teilnehmen würden. Andere hätten das aber nicht getan. Von Isolierung könne also keine Rede sein.

Offen ließ der Kanzler die Frage, ob die USA bei einer Intervention in Irak ihre Luftwaffenstützpunkte in Deutschland nutzen könnten und Überflugrechte bekämen. "Diese Frage wird entschieden, wenn sie sich stellt", sagte er.


Auch keine Kriegsbeteiligung bei Uno-Mandat

Darüber hinausgehend bekräftigte SPD-Generalsekretär Müntefering, dass Deutschland auch dann eine Intervention in Irak nicht unterstützen werde, wenn es ein Mandat der Vereinten Nationen gebe. "Die Uno beschließt nicht, dass alle Völker der Welt da hinmarschieren." Jedes Land könne diese Frage selbst entscheiden. "Wir sollten auf keinen Fall beteiligt sein", sagte Müntefering.

Die Völkerversammlung könne einen Angriff zwar legitimieren, die Entscheidung für eine Beteiligung müsse aber jedes Land für sich fällen. Schließlich gebe es noch kein Konzept für die Zeit nach einem möglichen Krieg, sagte der SPD-Generalsekretär. "Vielleicht wissen einige, wie sie reinkommen, aber nicht wie sie wieder rauskommen."

Auf die Frage, ob Deutschland versuchen werde, ein Uno-Mandat aktiv zu verhindern, wies Müntefering darauf hin, dass Deutschland versuchen werde, in Europa für seine Haltung zu werben.


Kritik an Kujat

Müntefering und SPD-Verteidigungsminister Struck kritisierten den Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses, Harald Kujat, der dem Nein der Regierung zu einer Militär-Intervention gegen den Irak widersprochen hatte. "Je weiter oben in den Rängen Leute sind, umso vorsichtiger sollten sie sein", sagte Müntefering.

Kujat hatte am Montagabend gesagt, es sei militärisch immer sinnvoll, bei Ländern wie Irak eine Drohkulisse aufrecht zu erhalten und sich Eskalationsmöglichkeiten offen zu halten.

Der SPD-General äußerte sich besorgt, dass ein militärisches Eingreifen in Irak "einen Brand auslösen kann, der nicht mehr gestoppt werden kann".

Unterstützung von Friedensforschern


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Saddam Hussein wolle nur provozieren, nicht aber attackieren, urteilen deutsche Friedensforscher


Unterdessen haben deutsche Friedensforscher der Politik sieben "Empfehlungen" mit auf den Weg gegeben. Die Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK) unterstützt darin nachdrücklich die Position von Bundeskanzler Gerhard Schröder, sich nicht an einem Krieg gegen den Irak zu beteiligen. Der Kreis vertritt 300 deutsche Friedensforscher.

"Ein Angriff auf den Irak ist nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch politisch und ethisch untragbar, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Prof. Peter Schlotter (Frankfurt) von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK).


"Die in der Völkerrechtslehre vorherrschende Meinung schließt die Rechtsfigur präventiver Selbstverteidigung aus", begründen die Autoren ihre Meinung. "Es steht Staaten, die sich selbst im Besitz von Massenvernichtungswaffen befinden, schlecht zu Gesicht, anderen Staaten diese Waffen aus der Hand schlagen zu wollen - zumal dann, wenn sie an deren Aufrüstung mitgewirkt haben."

"Irak provoziert, aber gefährdet USA nicht"

Der Irak stellt aus Sicht der HSFK "für die USA nicht in erster Linie eine akute Sicherheitsgefahr dar", sondern "eine ordnungspolitische Provokation". Mit seiner Weigerung, die Waffeninspektoren wieder ins Land zu lassen, verstoße Diktator Saddam Hussein zwar gegen bestehende Verpflichtungen, "hieraus erwächst aber allein schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kein Recht zur militärischen Erzwingung". Die Beseitigung des "Restverdachtes" gegen den Irak stelle ein politisches Problem dar, das politisch gelöst werden müsse - aber nicht durch einen Angriffskrieg.

Auch Verfassungsschutz warnt vor Krieg

Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm hat indessen die Befürchtung geäußert, dass ein militärischer Konflikt im Irak weltweit die Arbeit der Terrorismus-Fahnder erschweren würde. "Ein Krieg würde weitere Erfolge in Frage stellen", sagte der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz am Montagabend im WDR.

Derzeit funktioniere die internationale Zusammenarbeit gegen die Drahtzieher und Hintermänner terroristischer Anschläge hervorragend. Die Terror-Organisation al-Qaida sei mittlerweile in ihren Grundfesten erschüttert. "Wir besitzen allerdings keine Hinweise darauf, dass Saddam Hussein Kontakte zur al-Qaida hatte", sagte Fromm.
 
aus der Diskussion: Endlich SPD zieht an der UNION vorbei !
Autor (Datum des Eintrages): M_B_S  (10.09.02 14:33:45)
Beitrag: 40 von 44 (ID:7325808)
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