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SPD bietet Gysi neue Heimat und umwirbt die beiden PDS-Abgeordneten
Durch den Übertritt würde den Sozialisten das Schicksal einer "Minimal-Opposition" erspart
Von Martin Lutz
Berlin - Einen Tag nach dem PDS-Wahldesaster wird Gregor Gysi eine neue Heimat in der SPD angeboten. "Man muss jetzt überlegen, die PDS schrittweise in die SPD zu überführen. Ein vernünftiges Zeichen wäre, wenn Gysi und die zwei PDS-Bundestagsabgeordneten in die SPD eintreten würden", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Opel gestern der WELT. Durch den Übertritt würde den Sozialisten das Schicksal einer "Minimal-Opposition" erspart.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) lockt Gysi & Co. "Es gibt in der PDS nicht wenige, die eigentlich sozialdemokratisch ticken", sagt Platzeck. Die SPD sollte "jetzt die Türen aufmachen" für die Wähler und die Mitglieder der PDS. "Wir freuen uns über jeden, der zu uns kommt, wenn er das ideologische Gepäck hinter sich lässt," sagt SPD-Fraktionsvize Gernot Erler.

Gysi schließt langfristig nichts aus, strebt aber aktuell keine neue Parteikarriere an. "Ich bin seit 1967 in ein und derselben Partei. Entweder bleibe ich in ihr glücklich und zufrieden oder die Partei nimmt eine Entwicklung, dass es gar nicht mehr geht", sagte Gysi kurz vor der Wahl. Mit ähnlichen Positionen wie Oskar Lafontaine und erst recht mit seinen eigenen wäre er in der SPD "immer in der absoluten Minderheit". Bei den Linkssozialisten befände er sich hingegen in allen wichtigen Fragen in der Mehrheitsposition.

Gysi wird von seiner Kooperationsofferte an die SPD eingeholt. Gemeinsam mit PDS-Vordenker André Brie hatte er den früheren SPD-Chef Oskar Lafontaine kontaktiert, um gemeinsam einen "linken Aufbruch" vorzubereiten. Die SPD-Linke lehnte dankend ab. Am Wahlabend hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) im NDR-Fernsehen zwar erklärt, zur Not müsse Schröder bei der Kanzlerwahl auf die Stimmen der beiden PDS-Frauen Petra Pau und Gesine Lötzsch zurückgreifen. Doch dies hat sich nicht nur erledigt, weil der Bundeskanzler jede Art von Tolerierung ablehnt. Rot-Grün verfügt gegenüber Union und FDP über eine Mehrheit von elf Mandaten.

Am Rande der Krisensitzung in der Berliner PDS-Parteizentrale wurde gestern die Befürchtung laut, dass Mitglieder zur SPD überlaufen, weil sie in der Schrumpfpartei Ost keine Zukunft mehr sehen. PDS-Bundesge-schäftsführer Dietmar Bartsch beschwört zwar den Anspruch einer "bundesweiten sozialistischen Partei". In Wirklichkeit bedeuten die beiden in Berlin gewonnenen Direktmandate den Abstieg aus der Bundesliga. Deshalb muss sich die PDS in den rot-roten Landesregierungen stärker profilieren oder den Koalitionsbruch wagen. So bezeichnete Sahra Wagenknecht, die Wortführerin der Kommunistischen Plattform, die Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern als Fehler. Solange die SPD nicht zu einer sozialeren Politik bereit sei, "ist der Platz für die PDS in der Opposition".
 
aus der Diskussion: SPD - PDS? Eine aufschlussreiche Tatsache:
Autor (Datum des Eintrages): konns  (23.09.02 22:28:44)
Beitrag: 26 von 27 (ID:7436492)
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