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Hier ein hochinteressanter ausführlicher Artikel! Alle, die nur beleidigen und schimpfen können oder in ihrer Märchenwelt weiter träumen wollen bitte ignorieren!

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Rauchen mindert Sozialprodukt um mindestens 100 Milliarden Mark

1999 wurde in mehreren angesehenen Zeitungen und Zeitschriften die Frage diskutiert, ob Raucher Krankenkassen bzw. Sozialversicherung belasten oder entlasten. Anlass für den Disput waren vor allem die Prozesse von Rauchern, Krankenkassen und Bundesstaaten gegen die Tabakindustrie in den USA und neuerdings auch in Deutschland. Ich möchte hier versuchen, zum einen das Für und Wider in dieser Frage kritisch zu beleuchten und zum anderen die Aufmerksamkeit auf die viel gravierenderen Auswirkungen des Rauchens auf das Sozialprodukt zu lenken.

Raucher sterben früher als Nichtraucher. Ersparen sie den Krankenkassen dadurch Kosten? Wie wirkt sich die geringere Anzahl Lebensjahre auf die anderen Säulen der Sozialversicherung: die Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung aus? Welche Untersuchungen über die ökonomischen Auswirkungen des Rauchens gibt es? Wie breit sind sie angelegt? Welche Faktoren schließen sie ein?

Nach einer niederländischen Studie (Barendregt u.a.) verursacht ein Raucher, solange er lebt, für das Gesundheitssystem höhere Kosten als ein Nichtraucher. Dies gilt für alle Altersgruppen bis etwa zum 70sten Lebensjahr. Erstmals in der Altersgruppe der 70- bis 75-Jährigen bei den Männern und der 75- bis 79-Jährigen bei den Frauen liegen die Gesamtkosten der Nichtraucher über denen der Raucher. Grund: Raucher früher sterben und entlasten dadurch das Gesundheitssystem.

Nahezu alle Studien zu diesem Themenbereich berücksichtigen ausschließlich die beim Raucher anfallenden - direkt zurechenbaren - Gesundheitskosten. Die indirekten Kosten, also die Kosten, die entstehen, wenn der Tabakrauch auf Menschen und Sachen einwirkt, finden keinen Niederschlag in der Schadensberechnung.

Welche indirekten Kosten entstehen neben den direkten durch das Rauchen? Eine umfassende Antwort darauf zu geben ist leider unmöglich. Es mangelt an entsprechenden Daten. Zur Zeit kann es nur darum gehen, argumentativ abzuwägen, welche Faktoren belastend und welche entlastend wirken.

Zunächst muss man sich daran erinnern, dass die Krankenversicherung eine zwar wichtige, jedoch nicht die einzige Säule der Sozialversicherung darstellt. Die Auswirkungen des Rauchens treffen auch alle anderen Säulen - allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. So liegt zum Beispiel der Anteil der Raucher an den Arbeitslosen über dem der Nichtraucher, was wohl mit dem schlechteren Gesundheitszustand der Raucher zu tun haben könnte. Rau-cher sind auch stärker als Nichtraucher an Unfällen beteiligt, für die die gesetzliche Unfallversicherung aufzukommen hat. Ob das mit dem Charakter oder mit der Ablenkung durch die Handhabung der Zigarette oder mit anderen Einflussfaktoren zu tun hat, sei hier dahingestellt.

Raucher sterben zwar früher als Nichtraucher, so dass Rentenleistungen entfallen. Sie werden aber auch früher zu Invaliden, so dass sie keine Versicherungsbeiträge mehr bezahlen. Gleichzeitig werden Versicherungsleistungen ab diesem Zeitpunkt fällig. Doch in welcher Höhe? Welche Krankheiten und in welchem Ausmaß werden durch das Rauchen hervorgerufen, gefördert, verstärkt? Welcher Prozentsatz ist hier anzusetzen? Was ist mit der Tatsache anzufangen, dass bestimmte Heilungsprozesse, z.B. bei Knochenbrüchen und Erkältungen, bei Rauchern viel länger dauern? Die von der Weltgesundheitsorganisation genannten 27 Krankheiten, die durch Rauchen entstehen oder gefördert werden können, umschreiben daher bei weitem noch nicht das ganze für die Gesundheit schädliche Potential des Tabakkonsums.

Wer raucht, schädigt nicht nur sich selbst, sondern auch seine Mitmenschen durch Passivrauchen. Mehr als die Hälfte aller Kinder wachsen in Haushalten auf, in denen mindestens ein Elternteil raucht. Asthma, Mittelohrentzündungen und andere Erkrankungen sind die Folge. Millionen nichtrauchende Arbeitnehmer nehmen tagtäglich Mengen von Tabakrauch auf, die akute oder chronische Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Diese Faktoren sind in keiner der bisherigen Studien (die meisten basieren nur auf wenigen durch Rauchen verursachten Krankheiten, die oben zitierte niederländische zum Beispiel nur auf fünf) berücksichtigt worden.

Wie gesagt, man kann lange darüber diskutieren und abwägen, welche kostenmäßigen Belastungen und Entlastungen den Krankenkassen und den anderen Trägern der Sozialversicherung durch Rauchen entstehen. Eine deutsche Studie gibt es jedenfalls nicht und alle ausländischen Studien haben zum Teil erhebliche Schwächen.

Doch selbst wenn es zuträfe, dass Raucher das Gesundheitssystem entlasten: Was wäre die Schlussfolgerung? Etwa, dass man alles tun muss, um die Zahl der Raucher zu erhöhen?


Da Rauchen vorwiegend als ein gesundheitliches Problem angesehen wird, ging es bisher fast ausschließlich um seine Auswirkungen auf die Krankenversicherung bzw. die Sozialversicherung. Man stellte - mehr oder weniger fundiert - den Ausgaben die Einnahmen gegenüber. Eine solche Betrachtung ist jedoch aus volkswirtschaftlicher Sicht völlig unzureichend. Entscheidend sind nämlich nicht die Auswirkungen des Rauchens auf die Teilrechnung Sozialversicherung, sondern auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. Diese allein gibt Auskunft über die Leisungsfähigkeit einer Volkswirtschaft.

Das Sozialprodukt (genauer: Inlandsprodukt) stellt - kurz gesagt - den Gesamtwert der in einem Jahr produzierten Sachgüter und Dienstleistungen dar. 1997 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut Statistischem Jahrbuch 1998 3,64 Billionen Mark. Bei insgesamt 35.805.000 Erwerbstätigen bedeutet das, dass jeder Erwerbstätige mit durchschnittlich rund 100.000 Mark an der Erstellung des BIPs beteiligt war. Das BIP als Produktionsindikator und das Bruttosozialprodukt (BSP) als Einkommensindikator unterscheiden sich nur geringfügig. Letzteres betrug 1997 3,61 Billionen Mark und berücksichtigt die Einkommen, die an die übrige Welt geflossen, und die Einkommen, die von der übrigen Welt bezogen worden sind.

Kranke Menschen können kein Auto herstellen, keinen Passagier befördern und auch keinen Kunden beraten. Wenn Raucher im erwerbsfähigen Alter im Durchschnitt um 30 Prozent häufiger krank sind als Nichtraucher - so das Ergebnis einer Umfrage des Statistischen Bundesamtes zu den Rauchgewohnheiten im Mai 1992, erhoben im Rahmen des Mikrozensus -, dann wird auch das BIP entsprechend gemindert.

Beispiel: Zehn Mitarbeiter stellen 50 Güter her. Der Entlohnungswert ihrer Gesamtleistung (aus Sicht des Betriebes: Kosten) beträgt 2000 WE (Einheiten einer beliebigen Währung). Fallen zwei Mitarbeiter aus, können nur 40 Güter hergestellt werden. Der Gesamtwert der Erzeugnisse verringert sich auf 1600 WE. Gleichzeitig fallen für die kranken Mitarbeiter Lohnfortzahlungsentgelte in Höhe von 400 WE an, so dass die Gesamtkosten zwar wieder bei 2000 WE liegen - allerdings für nur 40 Güter statt der ursprünglichen 50. Waren die Mitarbeiter zuvor voll ausgelastet, ist auch keine Produktionssteigerung durch schnellere Arbeit möglich. Das Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Fall inflationär aufgebläht.

Auf die Situation in Deutschland übertragen bedeutet das: Bei 592 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen, die die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung für 1996 gemeldet haben, errechnen sich für die Raucher rund 386.000 Mannjahre Ausfallzeit, so dass festgestellt werden kann:


Versicherungsmathematische Berechnungen der Schweizer Rückversicherung, Zürich, bestätigen die in vielen medizinisch-epidemiologischen Studien gewonnene Erkenntnis, dass Raucher frühzeitiger sterben als Nichtraucher, genauer: um den Faktor 1,8. Peto, Lopez u.a. kommen in ihrer Studie "Mortality from smoking in developed countries" zu dem Ergebnis, dass Raucher, die im Alter von 35 bis 69 Jahren sterben, im Durchschnitt 21 Lebensjahre verlieren. Bei den 120.118 Bundesbürgern, die 1996 im Alter von 25 bis 65 Jahren starben, war die Todesursache bei 37.045 Krebs, 35.075 starben an Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems, insbesondere an Herzinfarkt. Selbst bei sehr zurückhaltender Schätzung muss von mindestens 30.000 Todesfällen ausgegangen werden, die im erwerbsfähigen Alter auf das Rauchen zurückzuführen sind. Dabei ist von einem Ausfall von mindestens 5 produktiven Jahren auszugehen, da die den frühzeitigen Tod herbeiführenden Raucherkrankheiten stärker verhaltensbedingt als altersbedingt sind und in den Untersuchungen häufig Ex-Raucher als Nichtraucher erfasst sind, so dass festgestellt werden kann:


Wer die jährlichen Zugänge an Renten wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit betrachtet und sie mit den medizinisch-epidemiologischen Erkenntnisses weltweiter Studien über das Rauchen verknüpft, kommt ebenso wie die Bundesregierung 1974 in der Bundestagsdrucksache 7/2070 zu der Schlussfolgerung, dass von den 283.000 Zugängen 1996 wohl mindestens 100.000 dem Rauchen zuzuordnen sind. Auch hier ist ebenso wie bei der Übersterblichkeit schon allein aufgrund der Ursachen der Rentengewährung unter Berücksichtigung der durch Rauchen verursachten und durch Rauchen geförderten sowie der durch Rauchen verzögerten Heilung der Krankheiten von einem Ausfall von mindestens 5 produktiven Jahres auszugehen, so dass festgestellt werden kann:


Was spricht außerdem noch dafür, dass durch Rauchen die Leistungsfähigkeit der deutsche Volkswirtschaft jährlich um mehr als 100 Milliarden Mark verringert wird?

Nach einer von der Nichtraucher-Initiative Deutschland in Auftrag gegebenen Umfrage der GfK Marktforschung vom September 1997 rauchen in Deutschland 39,2 Prozent der Bürger im Alter von 16 bis 69 Jahren (32,4 Prozent regelmäßig, 6,8 Prozent gelegentlich). Hinzu kommen 11,8 Prozent Ex-Raucher mit vorherigem regelmäßigem Tabakkonsum und 10,3 Prozent mit gelegentlichem Tabakkonsum. Raucher und Ex-Raucher bilden also zusammen eine Mehrheit von über 60 Prozent. Krankheitshäufigkeit, Frühinvalidität und Übersterblichkeit aufgrund früheren Rauchens werden in den Studien nur selten erfasst. Ex-Raucher fallen fast immer unter die Nichtraucher (wie zum Beispiel bei der oben zitierten Umfrage des Statistischen Bundesamtes zur Krankheitshäufigkeit von Rauchern und Nichtrauchern). Es ist in der Regel nicht so, dass man nach einem zwanzigjährigen Raucherleben mit der Aufgabe des Rauchens rasch den Gesundheitszustand eines lebenslangen Nichtrauchers hat. Häufig wird das Rauchen gerade deshalb aufgegeben, weil man seine irreparablen Wirkungen verspürt.

In Deutschland gibt es wie in den meisten Industriestaaten zu beinahe hundert Prozent nur Raucher, Ex-Raucher und Passivraucher. Die Zahl derjenigen, die als echte Nie-Aktiv- und Nie-Passivraucher eingestuft werden können, ist verschwindend gering. Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass die schädlichen Auswirkungen des Rauchens mit hoher Wahrscheinlichkeit noch viel größer sind, als es die Zahlen 1,3 für die Krankheitshäufigkeit und die Zahl 1,8 für die Übersterblichkeit ausdrüken.

Wenn Rauchen so schädlich für die Volkswirtschaft ist, dann ist es auch betriebswirtschaftlich ein größerer Kostenfaktor. Und in der Tat: Von den 52 Milliarden Mark, die die Arbeitgeber 1996 für Entgeltfortzahlungen aufbringen mussten, sind wohl mindestens 12 Milliarden Mark dem Tabakkonsum anzurechnen. Hinzu kommt, dass allein durch die Handhabung der Zigarette (etwa eine Minute pro Zigarette) oder durch die oft akzeptierte Zigarettenpause (fünf Minuten pro Zigarette) ein Arbeitsausfall entsteht, der einen zweistelligen Milliardenbetrag kostet. Kein Wunder also, dass bereits einige Betriebe zur Verminderung der direkten und indirekten (Passivrauchen) Kosten des Rauchens einen wirksamen Nichtraucherschutz herbeigeführt haben, z.B. IBM Deutschland (19.700 Mitarbeiter), Berliner Bankgesellschaft (6.000), Texas Instrument Deutschland (1.250), Bahlsens Keksfabrik (500), Glasgroßhandlung Theodor Schmid (50).

Die volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Kosten des Rauchens sollten für den Gesetzgeber Grund genug sein, alles zu tun, um den Tabakkonsum zu vermindern und insbesondere Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Zigarette zu erschweren, z.B. durch Abbau aller öffentlich bzw. unbeschränkt zugänglichen Zigarettenautomaten. Gleichzeitig ist von den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu fordern, die durch Passivrauchen bewirkte gesundheitliche Schädigung durch einen umfassenden Nichtraucherschutz zu begrenzen. Es sollte nicht allein der Rechtsprechung überlassen bleiben, aus allgemeinen Regelungen, z.B. dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit oder der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in [[section]] 618 BGB, spezifisches Recht zu setzen.

Ernst-Günther Krause

http://www.ni-d.de/NRI/37/nrinfo37-Rauchen.html
 
aus der Diskussion: Wer trinkt: Krankenkassenbeiträge +50% Wer raucht: +100% !!
Autor (Datum des Eintrages): mbspowersystems  (30.09.02 11:33:10)
Beitrag: 50 von 62 (ID:7484593)
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