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Kurzer Bericht. Die Bilder sind erst in der nächsten Woche fertig.

Ja, wir haben bis auf den Cho-La (wegen starkem Schneefall) alles geschafft, den Everest, den Cho Oyu, den Lothse und den Makalu in voller Schönheit gesehen und sind selbst bis auf 5460m gekraxelt.

Nein, keiner hatte Durchfall. Unser Guide hat rührend auf uns aufgepasst und in den Lodgeküchen kontrolliert, was da so für uns gekocht wird. Wir haben uns aber auch streng an alle Regeln gehalten; kein Fleisch, nichts ungeschältes oder ungekochtes. Wasserentkeimer haben wir nur probiert und dann lieber Tee oder Mineralwasser getrunken. Desinfektion vor jedem Essen ist total übertrieben. Ich war trotzdem die Einzige, die völlig gesund blieb. Alle anderen hatten mehr oder weniger mit Erkältungen, Fieber und Zerrungen zu kämpfen.

Ja, es war richtig nicht gleich nach Lukla zu fliegen, sondern von Jiri aus zu laufen. Erstens brachte das doch Power für die Höhe und zweitens war das der viel interessantere und auch anstrengendere Teil des Weges. Die uns vom Flieger aus Lukla entgegenkommenden Bleichgesichter sahen zum Teil beim Aufstieg nach Namche (700m steil bergauf auf 3400m), der uns gar nichts ausmachte, da wir schon doppelt so lange Aufstiege hinter uns hatten, sehr elend aus. Nur von und nach Lukla zu laufen, hätte ich als sehr langweilig empfunden. Man sieht zu wenig vom Leben der Nepali, die vielen Touris nerven und die Strecken sind nur kurz, wegen der Höhe.

Der Trek ist nicht schwierig. Man braucht nur Ausdauer, eine gewisse Zähigkeit und ein bisschen Biss. (Unser Urlaub im letzten Jahr am Gran Paradiso hatte mir mehr abverlangt.) Auf Komfort jeder Art muss man verzichten können. Höhenkrankheit kann man verhindern, wenn man seinen eigenen Ehrgeiz zügelt. Man sollte natürlich gesund und trainiert sein, Spaß am Wandern haben und zur Not auch mal bis zu 12h laufen können. Es gibt fast keine ebenen, bequemen Wege. Es geht immer bergauf oder bergab (meistens sehr steil, steinig oder schlammig). Das beste Training wäre wohl Treppensteigen. :D

Ist die Höhe belastend? Für die meisten schon. Auch jüngere hingen total in den Seilen. Kopfschmerzen und Schlafprobleme waren an der Tagesordnung ab 3500m, obwohl wir wirklich sehr behutsam aufgestiegen sind. Dagegen hilft Aspirin etwas. Ich habe mich allerdings in der Höhe pudelwohl gefühlt und überhaupt nichts gemerkt, außer, dass ich bergauf eben ein bisschen langsamer gehen musste, wie alle anderen, bis auf die Nepali, auch. Das habe ich auch schon im letzten Sommer gemerkt. Der Gran Paradiso war mir sehr leicht gefallen. Alle schnauften bergauf, nur ich nicht. Wie das kommt, weiß ich auch nicht. Ich bekam dann die Kopfschmerzen, als wir wieder unten waren. An dem Tag, an dem wir auf dem Gokyo-Ri (5460m) waren mussten zwei junge Männer wegen der Gefahr der Höhenkrankheit umkehren. Wahrscheinlich nicht ausreichend akklimatisiert.

Bekommt man was mit, von den politischen Unruhen? Ja! Kontakte mit Maoisten sind durchaus möglich. Wir hatten Glück, anderen wurden tatsächlich Fotoapparat, Gletscherbrillen etc. abgenommen. Unser Guide ließ allerdings unsere Träger nicht wie vorgesehen wieder bis Jiri zurücklaufen, sondern sie flogen mit uns nach Kathmandu (KTM) zurück, auch wenn das für sie vermutlich viel Geld kostete. Es war ihm zu gefährlich, sie wieder dem Typen, der uns auf dem Hinweg verschont hatte und dem dummerweise einer von uns gesagt hatte, wir geben ihm unsere Sachen auf dem Rückweg, wieder in die Arme laufen zu lassen. Es ist also für die Nepali, die im Lande unterwegs sind wirklich ernst. Auf der Busfahrt von Kathmandu nach Jiri (10h für ca. 150 km) gab es drei Militärkontrollen. Durch Jiri patrouillierte abends eine Militäreinheit, in Namche war ab 18:00 und in Lukla ab 19:00 Ausgangssperre. Beide Orte wurden vom Militär kontrolliert. Der größte Teil der Bevölkerung mag weder die Maoisten noch das Militär. Ab und an wird der Flughafen in KTM einfach dicht gemacht. Während unserer Zeit löste der König die Regierung auf und übernahm die Amtsgeschäfte selbst.

Ich würde nie mit einer von einem professionellen Anbieter willkürlich zusammengestellten Gruppe gehen. 1. sind die Gruppen zu groß; 2. sind Konflikte vorprogrammiert, denn bei einigen liegen schon mal die Nerven blank bei den Strapazen und den etwas ungewöhnlichen Bedingungen; 3. hat man kaum Kontakt zum Guide und schon gar nicht zu den Trägern; 4. ist der Zeitrahmen oft zu eng gesteckt; 5. nicht gruppensoziale Individualisten können einem total die Freude verderbe; 6. extrem unterschiedliche Fitness und Alter.

Nicht alle unserer Gruppe würden wieder nach Nepal fahren. Das sagen aber die meisten so kurz nach dem Trek. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Mal. Vielleicht die leichtere Annapurna-Runde oder noch 1000 m höher auf den Mera Peak (6.461m), z.B. Nur, wer kommt da mit?

Habe ich was vermisst in dieser Zeit? Nein, es war schön und anstrengend den ganzen Tag in der Natur zu sein und sich mit dem Einfachsten zu begnügen. Es gab kein Fernsehen (bis auf eine Ausnahme und in Kathmandu), kein Radio, nur nepal. Musik aus den kleinen Kassettendingern der zahlreichen mit uns oder uns entgegenkommenden Träger (mir hat diese Musik sehr gefallen), keine Zeitung, keine Autos, oft kein Strom und Wasser nur im Bach, fast kein Obst, in den Bergen gar keins mehr, kein rohes Gemüse, kein Fleisch (uns wurde geraten keins zu essen), kein warmes Badezimmer (duschen fast im Freien und auch nicht täglich), kein WC, nur ganz selten mal frische Wäsche und auch keinen Rückzugspunkt, um mal alleine zu sein, es sei denn man trödelte der Gruppe hinterher oder sauste vorneweg. Aber das alles habe ich überhaupt nicht vermisst angesichts der traumhaften Natur und der freundlichen Menschen. Ich habe nur ganz selten überhaupt an zu Hause gedacht und gesehnt danach habe ich mich auch nicht, auch nicht nach einem heißen Bad oder frischem Obst, so wie manche. Ich wäre auch noch länger da geblieben.

Trotzdem war das Erste was wir in KTM im Hotel, dass uns vor dem Trek sehr einfach und nach dem Trek wie eine Luxusherberge vorkam, taten, heiß duschen und jede Menge Riesenpapayas, Äpfel und Orangen essen.

Gibt es eine Altersgrenze für solche Unternehmungen? Wohl nicht, denn man sah jüngere und auch viele ältere Trekker.

Eine Nepalreise ist auch keine Luxusangelegenheit. Wir trafen eine Reihe Studenten (aus Italien, Australien, Tschechien), die auch deshalb nach Nepal fuhren, weil es doch erschwinglich ist. Im Land ist fast alles extrem günstig (eine Fleecejacke ca. 5 €), bis auf die Hochgebirgsregion. Da kostet eine Flasche Mineralwasser schon mal 1,50 €. In KTM dagegen 20 cent.

Keine Reise hat mich bisher so fasziniert, so nachdenklich gemacht und war so völlig anders als mein sonstiges Leben. Nach keiner Reise habe ich so lange gebraucht, mich wieder in meinem normalen Leben zurecht zu finden.

Von unserem liebenswerten, aufmerksamen, fast immer fröhlichen und sehr offenen Guide Pukar soll ich Euch alle grüßen und Euch nach Nepal einladen, denn der Tourismus ist eine extrem wichtige Einnahmequelle.

;)uirli

P.S. Wenn es interessiert, später mit den Bildern mehr.
 
aus der Diskussion: Zum Thron der Götter - Der Everest-Trek
Autor (Datum des Eintrages): Quirli  (23.10.02 16:37:51)
Beitrag: 97 von 132 (ID:7665741)
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