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Freitag, 15. November 2002

Aktuelle Tickermeldungen

«The Sun» zu Schröder: «Ist dies der aufgeblasenste Mann Europas?»

London (dpa) - Unter der Schlagzeile «Ist dies der aufgeblasenste
Mann in Europa?» hat die größte britische Zeitung «The Sun» am
Freitag Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angegriffen.
«Deutschland mag im Griff der Rezession sein, doch sein politischer
Führer scheint sich nur um sein Image zu sorgen», kritisierte das
Blatt aus dem Konzern von Rupert Murdoch. Der «neue Kaiser» in seinem
Berliner Elfenbeinturm habe jeden Kontakt zu den Sorgen der «hart
arbeitenden deutschen Bevölkerung» verloren.

Alle Wirtschaftsinstitute rieten ihm dringend zu harten Reformen,
doch Schröder ziehe den Leuten nur noch mehr Geld aus der Tasche.
«Als Schröder 1998 an die Macht kam, war Deutschland die
Wirtschaftslokomotive des Kontinents. Unter dem vorherigen Kanzler
Helmut Kohl genoss Deutschland 16 Jahre Wachstum, Stabilität und
Prestige. All das scheint unter Schröder umgekehrt worden zu sein.»

Auch die linksliberale Zeitung «The Guardian», die Schröders Irak-
Politik mehrmals gelobt hat, ging am Freitag mit seiner Wirtschafts-
und Arbeitsmarktpolitik hart ins Gericht: «Deutschland sieht mehr und
mehr wie Großbritannien vor 20 Jahren aus.» Die «Financial Times»
(London) hatte bereits am Donnerstag festgestellt: «Deutschland steht
unter Schock.» Ein Ausweg aus der Krise sei zur Zeit nicht zu
erkennen.

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CDU droht wegen vermuteter Wahllüge mit Untersuchungsausschuss

Berlin (dpa) - Die Union erwägt die Beantragung eines
Untersuchungsausschusses, um zu klären, ob SPD und Grüne bereits vor
der Bundestagswahl über das Ausmaß der Misere bei den Steuern und im
Renten- und Gesundheitssystem informiert war. Das sagte der auch im
CDU-Präsidium vertretene hessische Ministerpräsident Roland Koch
(CDU) der «Leipziger Volkszeitung» (Freitag). Koch bezog sich dabei
auf Aussagen des früheren Grünen-Haushaltsexperten Oswald Metzger,
der erklärt hatte, das «desaströse Finanzloch im Bundeshaushalt» sei
von der Bundesregierung im Vorfeld der Wahl bewusst verschwiegen
worden.

Ein derart «ungeheuerlicher Vorwurf», wie Metzger ihn geäußert
habe, müsse sofort aufgeklärt werden. «Wenn die Bundesregierung
nicht unverzüglich alle Fakten auf den Tisch legt und rückhaltlose
Aufklärung zum Beispiel zur Entwicklung der Steuereinnahmen vorlegt,
dann schreit die Angelegenheit geradezu nach einem
Untersuchungsausschuss», sagte Koch. Es verstärke sich der Eindruck,
dass Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel
(SPD) die Öffentlichkeit über Wochen und Monate hinweg «nach Strich
und Faden belogen» hätten.

Die Steuerausfälle belaufen sich laut neuester Schätzung in den
Jahren 2002 und 2003 auf etwa 37 Milliarden Euro. Wegen der Löcher in
der Rentenkasse und bei den Krankenkassen will die rot-grüne
Koalition heute (Freitag) im Bundestag ein Sparpaket
durchsetzen. Darüber hinaus will das Kabinett am kommenden Mittwoch
einen Nachtragshaushalt für 2002 verabschieden.

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Der Bund und Hessen streiten um knapp 280 Millionen Euro Schulgeld
Von Wolfgang Harms, dpa

Wiesbaden (dpa) - Es geht um 278,4 Millionen Euro - so viel Geld
wollte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) in den
nächsten fünf Jahren hessischen Schulen geben, die Ganztagsangebote
entwickeln. Doch mit ihrer Ankündigung, einen «beachtlichen Teil» der
Millionen für Schulbibliotheken zu verwenden, hat die Wiesbadener
Kultusministerin Karin Wolff (CDU) in Berlin Irritationen ausgelöst.
«Wenn man das einseitig auf Schulbibliotheken ausrichtet, muss man
sich überlegen, ob wir die Mittel zur Verfügung stellen», sagt
Bulmahns Sprecher Peter Ziegler. Die Landtagsopposition befürchtet
deshalb, dass Hessen nun leer ausgehen könnte.

Mit einem insgesamt vier Milliarden Euro schweren Programm will
der Bund vor allem Baumaßnahmen wie neue Küchen und Speisesäle,
zusätzliche Sporthallen und Unterrichtsräume fördern - notwendige
Investitionen, wenn die Schule nicht mehr zur Mittagszeit endet. Als
Voraussetzung für eine Finanzspritze verlangt Bulmahn von den Schulen
ein umfassendes pädagogisches Konzept für die Ganztagsbetreuung.
Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung reichen ihr nach Zieglers
Worten nicht. Angedacht seien etwa Kooperationen der Schulen mit
Sport- und Musikvereinen.

Ähnliche Vorstellungen hat bislang Bulmahns hessische Kollegin
geäußert. Wolff will den Schulnachmittag nicht mit Regelunterricht
füllen, sondern mit freiwilligen Zusatzangeboten. Großen Wert legt
sie dabei auf die Förderung des Lesens als Grundvoraussetzung des
Lernens. In ihren Augen ist daher eine gut ausgestattete Bibliothek -
über die nach Einschätzung des Kultusministeriums nur jede vierte der
rund 2200 hessischen Schulen verfügt - für eine Ganztagsschule kaum
weniger wichtig als ein Speisesaal. Der Landeselternbeirat und der
Koalitionspartner FDP unterstützen diese Ansicht.

Dass Bulmahn nun mit dem Entzug der Mittel droht, wertet Wolff als
«Parteiengeplänkel» und «hemdsärmelige Einmischung in den hessischen
Landtagswahlkampf». Seit über einem Jahr kämpfen Opposition und
Koalition erbittert darum, beim zentralen Thema «Ganztagsangebote»
die Oberhand zu gewinnen. SPD-Spitzenkandidat Gerhard Bökel
verspricht für die Zeit nach der Wahl Anfang Februar landesweit 500
solcher Schulen und 2000 neue Lehrer. CDU und FDP kündigen einen
schrittweisen und bedarfsgerechten Ausbau an.

Bulmahns Programm war von Anfang an Teil dieser Wahlschlacht:
Bökel begrüßte es als Unterstützung seiner Pläne - Ministerpräsident
Roland Koch (CDU) erklärte, dass Hessen das Geld gern nehme, sich
seine Schulpolitik aber nicht diktieren lasse. «Die Kulturhoheit der
Länder wird von uns nicht in Frage gestellt», hält Bulmahns Sprecher
Ziegler dagegen: «Aber in Deutschland muss Schluss sein mit der
bildungspolitischen Kleinstaaterei.» Die Ergebnisse der
internationalen Schulvergleichsstudie PISA verlangten eine «nationale
Kraftanstrengung».

Wolff gibt sich indes zuversichtlich, dass die Millionen nicht an
den hessischen Schulen vorbeigehen werden. Das von Bulmahn geforderte
pädagogische Konzept könne das Land jedenfalls vorlegen, sagt
Ministeriumssprecher Ralf Hörnig. Bis Ende des Jahres solle eine
Kommission die Richtlinien für den Ausbau der Ganztagsangebote
ausarbeiten. Schulbibliotheken zählt die Kommission dabei bislang zur
Mindestausstattung.

***

3,3 Prozent weniger Beschäftigte in der Industrie - Umsatz erholt

Wiesbaden (dpa) - In den deutschen Industrie-Unternehmen waren
Ende September 3,3 Prozent weniger Menschen beschäftigt als ein Jahr
zuvor. Die Zahl der Mitarbeiter sank nach Angaben des Statistischen
Bundesamtes vom Freitag um 210 000 auf 6,2 Millionen. Der
Industrieumsatz hat sich im September wieder etwas erholt. Er stieg
im Jahresvergleich um 2,1 Prozent auf 117,4 Milliarden Euro. In den
ersten neun Monaten zusammen gab es jedoch noch einen Rückgang um 2,4
Prozent auf 984,5 Milliarden Euro.

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CDU-Politiker Nooke: Gedenkstätten zur SED-Diktatur Sache des Bundes

Berlin (dpa) - Der Bund sollte nach Ansicht des neuen
kulturpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter
Nooke, verantwortlich für die Gedenkstätten zur Überwindung der SED-
Diktatur sein. «Das ist eine nationale Angelegenheit», meinte Nooke
am Freitag vor Journalisten in Berlin. Es gehe nicht an, dass sich
der Bund für die Stätten zur Erinnerung an die Nazi-Verbrechen
zuständig fühle und Erinnerungen an den Aufstand vom 17. Juni 1953
oder den Mauerbau den neuen Ländern überlassen würden.

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aus der Diskussion: Schröder isoliert Deutschland weiter
Autor (Datum des Eintrages): boerseaugsburg  (17.11.02 13:23:53)
Beitrag: 23 von 26 (ID:7868698)
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