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I.
Die Sozialdemokraten erlebten schon unter dem Sozialistengesetz 1878-1890 eine Zeit der Verfolgung – mit Haft, Ausweisungen und anderen Repressionen. Sie galten einer Partei, die die Ausbeutung der Arbeiter überwinden und demokratische Prinzipien durchsetzen wollte.

Schon nach dem Ersten Weltkrieg vereinzelt, in größerer Zahl in der Endphase der Republik, die von keiner Partei wie von der Sozialdemokratie verteidigt wurde, wurden Sozialdemokraten Opfer von Gewalttaten mit rechtsradikalem Hintergrund. Eine Verfolgung von vielen Tausenden von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzte 1933 nach der NS-Machtergreifung, verstärkt nach dem Reichstagsbrand und den Märzwahlen, ein.

In der Debatte über das Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933, dem die Sozialdemokratie als einzige Partei ihre Zustimmung verweigerte, rief der Parteivorsitzende Otto Wels aus: "Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten [... ] Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen. Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbergen eine hellere Zukunft."

In der Folgezeit wurden 1933 zahlreiche Sozialdemokraten von der Polizei, doch auch durch SA und SS, die in den meisten Ländern – in Preußen Mitte Februar – zur Hilfspolizei erklärt worden war, verhaftet, vielfach in SA-Kellern und auf Polizeipräsidien mißhandelt und in sogenannte "wilde Konzentrationslager" verschleppt, wo sie erneut Erniedrigungen und Mißhandlungen ausgesetzt waren. Manche Männer und Frauen überlebten diese Aktionen nicht, andere kamen wieder frei, nicht selten mit bleibenden physisch-psychischen Schäden. Die Verfolgung traf insbesondere
Symbolfiguren der SPD, Politiker der Reichs- und der Landesebene,
Sozialdemokraten, die sich vor 1933 kämpferisch mit dem Nazismus auseinandergesetzt und vor Hitler gewarnt hatten,
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf der lokalen Ebene, an denen fanatisierte Nazis sich ausgießen und an denen sie "Rache" üben wollten,
Sozialdemokraten jüdischer Herkunft, die den Nationalsozialisten doppelt verhaßt waren.
Ein Teil der Sozialdemokraten floh ins Ausland, um von hier aus den Kampf gegen den Nationalsozialismus weiterzuführen.

In den folgenden Jahren wurden schon 1933 zeitweise Verhaftete häufig erneut inhaftiert. Vor allem wurden Sozialdemokraten verfolgt, die Widerstandsgruppen angehörten und Widerstandsaktionen durchgeführt hatten. Sie wurden von Gerichten wegen Hochverrats verurteilt und nach Verbüßung der Strafe häufig in "Schutzhaft` genommen – ein zynischer Ausdruck der Nazis – und in Konzentrationslager gebracht, wo sie – oft über Jahre und ohne Rechtsgrundlage festgehalten wurden und der völligen Willkür der SS ausgesetzt waren. Manche kamen dabei um. Besonders gequält und mißhandelt wurden Menschen, die – wie Ernst Heilmann – Sozialdemokraten und Juden waren.

Trotz der Verfolgung haben Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten weiterhin versucht, untereinander Kontakt zu halten; kleinere Gruppen leisteten aktiven Widerstand, was sie in extremer Weise gefährdete; nicht wenige haben ihr Engagement mit dem Leben bezahlt.

Während des Krieges verschärfte das Regime die Repressionsmaßnahmen. Sozialdemokraten, deren Widerstand der Gestapo bekannt wurde, wurden mit Hörte und Konsequenz verfolgt und oft nach Verfahren vor Sondergerichten hingerichtet.

Bekannt sind vor allem Sozialdemokraten wie Julius Leber, Carlo Mierendorff und Wilhelm Leuschner, die zur Widerstandsbewegung des 20. Juli gehörten. Doch auch zahlreiche weniger prominente Sozialdemokraten waren erbitterte Gegner des Nationalsozialismus und wurden Opfer der Gestapo und des NS-Regimes. Auch sie sollten nicht vergessen werden. Das gleiche gilt für Sozialdemokraten, die wegen ihrer jüdischen Herkunft in den Vernichtungslagern ermordet wurden.

Nach dem 20. Juli verhaftete das Regime in der "Aktion Gitter" alle diejenigen, die ihm potentiell gefährlich werden konnten, darunter zahlreiche frühere sozialdemokratische Reichstags- und Landtagsabgeordnete sowie viele frühere Funktionäre der verschiedenen Ebenen. Auch sie wurden in die KZ verschleppt, ein Teil von ihnen kam hier um, einige noch auf den Todesmärschen Anfang 1945.




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II.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen Sozialdemokraten erneut, eine soziale Demokratie aufzubauen. In Ostdeutschland stießen sie dabei auf vielfältige Widerstände, vor allem aber auf den totalitären Anspruch der KPD, die sich auf die sowjetische Besatzungsmacht stützen konnte und noch einer Übergangszeit in der SBZ eine stalinistische Diktatur errichtete. So wurden Sozialdemokraten kurze Zeit nach Ende der Hitler-Barbarei erneut verfolgt, teilweise waren es die selben Menschen, die wiederum verhaftet und drangsaliert wurden.

Insbesondere diejenigen, die sich der mit Mitteln des Zwangs und der Täuschung herbeigeführten Vereinigung der SPD mit der KPD widersetzten, wurden verfolgt, in den Jahren danach diejenigen, die innerhalb der SED ihre sozialdemokratische Identität zu wahren und Kontakt mit den Sozialdemokraten in den Westzonen und in der Bundesrepublik zu halten suchten. Ungezählte Sozialdemokraten erlitten berufliche Nachteile, Tausende wurden verhaftet, in Gerichtsverfahren, die rechtsstaatlichen Prinzipien diametral widersprachen, verurteilt und jahrelang in Speziallagern, in Zuchthäusern – insbesondere in Bautzen – festgehalten und in den Archipel Gulag verschleppt. Wieviele Menschen dabei umkamen, laßt sich nicht mehr ermitteln. Auch sie standen mit Leib und Leben für die Ideen der Sozialdemokratie ein.

Tausende mußten zudem in der SED Parteiverfahren über sich ergehen lassen. Viele entzogen sich weiterer Verfolgung durch die Flucht in den Westen.

Erst im Herbst 1989 konnte sich die Sozialdemokratie in der DDR neu gründen. Im September 1990 vereinigten sich die Sozialdemokraten der Bundesrepublik und die der DDR in dem Willen, gemeinsam die Ideen der sozialen Demokratie in Deutschland und Europa zu verwirklichen.
 
aus der Diskussion: SPD + KPD = SED !!! SPD + GRÜNE = ???
Autor (Datum des Eintrages): mbspowersystems  (03.12.02 13:33:29)
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