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Heiß wie ein Vulkan:
Claudia Roth





47 Jahre brauchte Claudia Roth, bis sie auf dem Umweg über den Parteivorstand der Grünen in der Illustrierten Bunte angelangt war, in orangefarbenem Strick-Top und quietschvioletter Hose, vor sich die Kameralinse des Bunte-Fotografen Laurence Chaperon und hinter sich ein malerisches italienisches Bergdorf: "Hier tanke ich Kraft für den Wahlkampf", erzählte Frau Roth der Bunte-Reporterin Tanja May, von der sie sich auch zum Käsekauf begleiten ließ ("Grünen-Chefin Claudia Roth kauft Käse, Brot, Oliven in ihrem Ferienort - mit dem Besitzer ist sie längst per Du"), wobei sie ein ekstatisches Begrüßungsgepatsche ins Werk setzte, denn Frau Roth liebt Land und Leute, wenn es sich nicht gerade um aufsässige Serben handelt, und mit der öffentlich getankten Kraft startet sie nun durch in die Welt der Szenepeople, Charityladies und Grimalditöchter rund um sich herum in Dr. Hubert Burdas grausigem Schmodderblatt, das vernünftige Menschen allenfalls mit der Kneifzange aufblättern. Nach Claudia Roths vielbeachtetem Auftritt mit Rotkohlschopf und Donnergarderobe bei den Bayreuther Festspielen ist das nur konsequent. Hier gehört sie hin, die Chefin der Grünen, exakt, in die Bunte, mitten zwischen Gloria von Thurn und Taxis, Lilly Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, Brad Pitt, Michael Schumacher, Kate Moss ("das Bäuchlein ist ein Teil ihrer Schönheit geworden"), Eva Herman ("Jetzt ist sie wieder verliebt. In einen acht Jahre jüngeren Mann"), Donatella Versace ("genießt die Sonne auf ihrer Jacht vor Saint-Tropez mit vier Muskelmännern"), Lara Joy Körner ("trägt Motorradjacke zum zarten Tüllrock"), Utta Danella ("Im Gasthaus bestellt sie für ihren Hund nur das Beste, z.B. Tafelspitz") und Halle Berrys zweitem Mann ("Er ist sexsüchtig") sowie Anne-Sophie Mutter und André Previn ("Wann es gefunkt hat, ist unbekannt").

Diese Nachbarschaft hat Claudia Roth gesucht und gefunden. Wo die Society ihre Unterhosen lüftet, baumeln jetzt auch Frau Roths rotgrüne Liebestöter an der Wäscheleine, zur allgemeinen Ansicht. "Warum sind Sie seit Jahren Single?"
wollte die schamlose, auf Schmalz und Schweinereien erpichte Bunte-Tante wissen, aber statt ihr eine zu kleben oder wenigstens Utta Danellas dummen Hund auf sie zu hetzen, schüttete Frau Roth ihr Herz aus: "Das frage ich mich auch, es ist halt so. Ehrlich gesagt wüßte ich gar nicht, wie ich eine Beziehung momentan hinkriegen sollte. Daß ich allein lebe, ist der Preis, den mein Job fordert - ich finde das auch gar nicht schlimm. Es gibt Menschen, die leben eine glückliche Beziehung, leiden aber darunter, daß ihr Leben so langweilig ist. Andere besitzen ein schönes Häuschen und sehnen sich nach Abenteuern."
Bunte-Tante: "Wonach sehnen Sie sich?"
Claudia Roth: "Eine Beziehung, wie ich sie mir vorstelle, muß mindestens so heiß sein wie ein Vulkan."

Es wäre ja auch eine echte Überraschung gewesen, wenn eine Beziehung, wie Claudia Roth sie sich vorstellt, bloß so heiß sein müßte wie ein Würstchen im Schlafrock. Nein, eine Beziehung, wie Claudia Roth sie sich vorstellt, muß mindestens so heiß sein wie ein Vulkan. Jetzt wissen wir`s also. Wie wir seit dem Bunte-Interview auch wissen, welchen Friseursalon Claudia Roth besucht ("Ich gehe seit 20 Jahren zum Salon Ursula in Memmingen. Dort entstand auch der lila Schopf. Das war ganz schön mutig"), wieviele Schals sie besitzt ("Mindestens 50. Das ist ein Tick von mir"), ob sie eitel ist ("Nicht ganz uneitel. Ich bin eher gespalten, was mein Aussehen angeht") und ob sie ißt, was ihr schmeckt ("Ich esse, was mir schmeckt. Punkt!").
Es war doch eine schöne Zeit, als die Bundesrepublik noch von alten Herren regiert wurde, von deren Gespaltenheit und Schals und Eßgewohnheiten und vulkanischer Liebessehnsucht man rein gar nichts wußte, weil sie dergleichen nicht in Doofi-Zeitschriften ausplärrten. Wahrscheinlich war auch Konrad Adenauer eher gespalten, was sein Aussehen anging, aber wenn er Probleme damit hatte, dann behielt er sie für sich, so wie auch Helmut Schmidt, Franz Joseph Strauß und Herbert Wehner niemals verrieten, wie sie ihre Beziehungen hinkriegten oder wo sie sich die Haare machen ließen. Daß wir im 21. Jahrhundert auch mit solchen Informationen aus Politikerinnenmund bepestet werden, ist das bleibende Verdienst von Tanja May, Dr. Hubert Burda und Claudia Roth, die es sicherlich noch weit bringen wird, als Elder Stateswoman im bebenden Liebesvulkan der Heinrich-Böll-Stiftung von Saint-Tropez.
"Und dafür hatte sich Heinrich Böll 1983 in Mutlangen nackt ans Raketensilo gekettet?" fragt nun die nachgeborene, politisch mäßig interessierte Generation, der man erwidern muß: Jawohl. Genau dafür.


Gerhard Henschel titanic

 
aus der Diskussion: Angelika Beer wird neue Vorsitzende der Grünen
Autor (Datum des Eintrages): Heidi_Klum  (08.12.02 11:20:09)
Beitrag: 4 von 11 (ID:8041997)
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