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Raumfahrtexpertin:
Technik und Wärmeschutz veraltet

Stuttgart - Die Katastrophe der US-Raumfähre Columbia hätte nach Ansicht einer Expertin mit modernem Wärmeschutz des Shuttles womöglich verhindert werden können. "Die Technologie des Space-Shuttles wurde 1974 eingefroren. Auch die Fähre selbst ist über 20 Jahre alt. Ein modernes Fahrzeug wäre auf jeden Fall sicherer gewesen", sagte Prof. Monika Auweter-Kurtz vom Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart in einem dpa-Gespräch. Der Hitzeschutz dieser Raumfähre bestehe aus Keramikkacheln aus Glasschaum. "Auf diesem Gebiet sind wir inzwischen, gerade bei uns in Deutschland, sehr viel weiter. Heute verwenden wir Kohlenstofffasern, die oxidationsgeschützt sind", sagte die Expertin, die auch für die NASA und die japanische Raumfahrtbehörde NASDA arbeitet.

In den Raumfähren komme zwar Hochtechnologie zum Einsatz. Aber die Rechneranlage der Columbia sei veraltet. Sie liege Generationen hinter den heutigen Heimcomputern zurück. Da es die Rechner aus den siebziger und achtziger Jahren nicht mehr gibt, habe die NASA bereits im Internet nach Ersatzteilen suchen müssen, berichtete die Professorin für Raumtransporttechnologie. "Wir alle fahren heute keine Autos mehr, die auf der Technologie von vor 30 Jahren beruhen", sagte Monika Auweter-Kurtz. Dennoch würde das Shuttle genau kontrolliert. "Mit solch einem Unglück musste man nicht rechnen."

Beim Eintritt in die Erdatmosphäre seien die aerodynamischen Kräfte und damit die Wärmelast extrem hoch. "Es könnte sein, dass sich der Hitzeschutz verabschiedet hat", mutmaßte die Expertin, die an ihrem Institut mit der größten deutschen Anlage zum Simulieren von Hitze arbeitet. Auf die Nase der Columbia und die Flügelvorderkanten hätten in diesem Moment Temperaturen von 1300 Grad Celsius gewirkt. Da sehr viel Energie freigesetzt werde, könnten auch Flügel abgebrochen sein. Einen Flugfehler schloss die Stuttgarterin aus, denn die Raumfähre werde zu diesem Zeitpunkt automatisch gesteuert. "Ein Mensch ist dazu in dieser Phase nicht in der Lage."

Auweter-Kurtz vermutet, dass die sieben Astronauten nahezu sofort tot waren. "Wenn die Fähre auseinander bricht, ist der Druckabfall derart rapide, dass es vermutlich sehr schlagartig ging." Die Besatzung des Shuttles sitze in dieser Flugphase angeschnallt auf ihren Sitzen.

Die Stuttgarter Wissenschaftlerin bezeichnete die Katastrophe als "großen Rückschlag" für die bemannte Raumfahrt. Sie sei aber mit dem Unglück der Raumfähre Challenger nicht vergleichbar. "Das tragische Unglück damals wurde von fehlerhaften Dichtungen verursacht. Außerdem passierte es in der Antriebsphase. Die Columbia jedoch war zum Unglückszeitpunkt völlig antriebslos", erklärte die Professorin.

Die Katastrophe bedeute sicher nicht das Ende der bemannten Raumfahrt. "Raumfahrt ist immer gefährlich. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Jede Technik birgt Risiken", konstatierte Auweter-Kurtz. Die Amerikaner würden aber kein Shuttle aufsteigen lassen, bevor die Ursachen des Unglücks nicht aufgeklärt sind. Außer den Trümmerresten der Raumfähre sei dafür der Transfer der Daten wichtig, die von der Columbia ins Raumfahrtzentrum übertragen wurden.

Internet: www.irs.uni-stuttgart.de/AK/

dpa/lsw
02.02.2003 - aktualisiert: 02.02.2003, 10:50 Uhr



Prof. Dr.-Ing. habil. Monika Auweter-Kurtz


Abt. Raumtransporttechnologie

Institut für Raumfahrtsysteme

Pfaffenwaldring 31

70550 Stuttgart
Email: auweter@irs.uni-stuttgart.de
Tel. 0711 685 2378
Fax 0711 685 3596
 
aus der Diskussion: Sabotage an der Columbia vor dem START ??
Autor (Datum des Eintrages): bodin  (04.02.03 05:28:08)
Beitrag: 31 von 68 (ID:8503142)
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