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Der Bröckers gefällt mir- ich habe eine Bekannte, die ihn persönlich kennt und sehr wertschätzt- ihr Urteil würde ich ungern anzweifeln!





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»Wer heute eine vernünftige faschistische Diktatur schaffen wollte, würde dafür wohl das amerikanische Modell wählen«, wird Noam Chomsky , einer der letzten Weisen des alten antibushistischen Amerikas, zu wiederholen nicht müde. Wie das »amerikanische Modell« aussieht, führt Bush II uns derzeit vor: »freie Wahlen«, an denen zwei Drittel der Bevölkerung nicht einmal teilnehmen, Wahlfinanzierungs- und Auszählungsmethoden wie in der letzten Bananenrepublik, Gleichschaltung des öffentlichen Unbewusstseins und der Medien durch einen unerhörten Terrorakt, Ausrufung des Ausnahmezustands und der Mobilmachung, umgehende Benennung des Feinds, der unheimlichen Bedrohung, die von ihm ausgeht, und der Maßnahmen, die dagegen ergriffen werden.

Was dann geschah, hat Mark Twain, ein anderer Weiser der alten amerikanischen Kultur - und Frontberichterstatter des us-amerikanischen Kubakriegs unter Teddy "The Rough Rider" Roosevelt -, schon 1916 beschrieben:

»Als nächstes wird der Staatsmann billige Lügen erfinden, die die Schuld der angegriffenen Nation zuschieben, und jeder Mensch wird glücklich sein über diese Täuschungen, die das Gewissen beruhigen. Er wird sie eingehend studieren und sich weigern, Argumente der anderen Seite zu prüfen. So wird er sich Schritt für Schritt selbst davon überzeugen, dass der Krieg gerecht ist und Gott dafür danken, dass er nach diesem Prozess grotesker Selbsttäuschung besser schlafen kann." (`Der geheimnisvolle Fremde,` 1916)

Wenn die Footballstars vor dem Superbowl-Match Sätze aus der Verfassung vorlesen, wird das sie und ihr Millionenpublikum auch besser schlafen lassen, obwohl die »Gänseblümchenpflücker « der Air-Force-Geschwader derweil weiter Zivilisten in Afghanistan schlachten. Währenddessen ist es für Medien und Kongress nicht einmal mehr eine Frage, warum am 11. September alle Air-Force Geschwader am Boden blieben und eine entführte Maschine in aller Seelenruhe aufs Pentagon zusteuern ließen. Während also die Aufklärung des Kriminalfalls vom 11.9. - die Ermittlung der wahren Vorgänge, Täter und Hintermänner - im Nebel des Kriegs verschwindet, wird auch die konkrete Personalisierung des Bösen in Gestalt von Osama Bin Laden zunehmend unwichtig und weicht einer abstrakten Weltverschwörung durch eine »Achse des Bösen« und den »Terror« überhaupt. Wer wird, nach dem Schock vom 11. September, nicht glauben, dass ein Krieg gegen diesen Terror gerecht ist? Die groteske Selbsttäuschung besteht unterdessen darin, dass der jetzt in Afghanistan und demnächst gegen die »Achse des Bösen« geführte Krieg wirklich gegen den Terror gerichtet ist. Bisher wurde jedenfalls keiner der Täter des 11. September gefangen, dafür aber Tausende unschuldige Zivilisten ums Leben gebracht.

Waren das noch Zeiten, damals im Dezember 2000, als Dabbeljus politische Vision - »Wenn dies eine Diktatur wäre, wäre es ein ganzes Stück leichter, zumindest solange ich der Diktator bin« - für Erheiterung im Publikum sorgte. Angesichts des Schocks vom 11.9. stimmen ihm die meisten jetzt sogar zu, wenn der die »homeland security« dem Militär unterstellt. Und 91 Prozent der Befragten unterstützen bei www.vote.com die größte Aufrüstung der Waffenarsenale seit dem Zweiten Weltkrieg - und die gigantischste Neuverschuldung seit den fatalen »Reagonomics«, die Amerika vom größten Gläubiger der Welt zum größten Schuldner machten.

Jetzt kann der in der Clinton-Ära gerade wieder auf Konsolidierungskurs gebrachte Großpleitier USA dank des neuen Megafeinds »Terror« dem ohnehin desaströsen Weltschuldenkarussell ungestraft weiter Billionenlasten aufdrücken und die Rezession mit »war business« auf Pump überspielen. Dass die bushistische Ökonomie - Steuersenkungen hier, Aufrüstung da - nicht aufgehen kann, versteht zwar jedes Kind, der Psychoschock des WTC-Crashs sitzt aber so tief, dass selbst die Anwendung der Grundrechenarten die komplexe Lage nur weiter verwirrt und man sich lieber in grotesker Selbsttäuschung an den Leithammel hält. Dass Bush II über Nacht vom kaum ernst genommenen Halbintelligenzler zum weisen Führer der zivilisierten Welt aufstieg - auch dies verdankt sich allein der Nachhaltigkeit der Katastrophe.

Doch keine Frage: Der Mann ist sympathisch. Dass er sich verspricht und manchmal dummes Zeug redet, dass er sich vorm Militär gedrückt, lieber einen getrunken und gekokst hat, dass er als Geschäftsmann eher ein Loser war - all das verschafft dem Präsidenten als Mann des Volkes Sympathiepunkte. Dass ihn die multiple Herausforderung von Fernsehen, Football, Bier und Brezel bisweilen überfordert - auch das bringt ihn den Herzen der Wähler näher, als es sein spröder Vater war. Das Allzumenschliche rettet ihn nicht nur vor Enrongate - sein Vorgänger, der vergleichsweise unsympathische Clinton, wurde wegen vergleichsweiser Lappalien skandalmäßig da ganz anders gejagt -, es macht Bush II auch zum idealen Präsentator der beinharten geopolitischen Machtpolitik,zu der kluge CIA-Köpfe wie Brzezsinki ("Die einzige Weltmacht") und Huntington ("Kampf der Kulturen") - eingedenk ihrer machttheoretischen Vorbilder von Machiavelli bis Carl Schmitt - das Drehbuch geschrieben haben. Der Plot vom 11.9., wer immer für dessen Durchführung verantwortlich war, hat diesem hemdsärmligen Söhnchen von nebenan eine Souveränität beschert, wie sie kein Imperator der Geschichte je für sich in Anspruch nehmen konnte.

Aber der Antibushismus verschanzt sich nicht in einem Kleinbonum, sondern ruft zum Kampf gegen die »Römer« auf, auch wenn der ohne mirakulösen Zaubertrank so gut wie aussichtslos ist. Kaiser Bush wie auch sein Falke Wolfowitz haben mehrfach deutlich gemacht, dass es »either with us or with the terrorists«, nur entweder /oder, geht. Wenn es aber gemeinsam gegen den Terror gehen soll, muss die globale Gemeinschaft ihrem Weltsheriff klar machen, dass er mit »Dead or Alive«-Texasmethoden nicht weit kommt.

Es muss unabhängige internationale Gerichte geben, die seine Polizeiarbeit überwachen. Terrorhäfen wie Saudi-Arabien und Israel können nicht ausgespart bleiben, nur weil der Sheriff dort Geschäfte macht. Die Heroin- und Kokainproduktion zur Finanzierung von Hilfssheriffs kann künftig ebensowenig

geduldet werden wie Koranschulen und Terrorlager zu ihrer Ausbildung. Die notorische Öl-Sucht, die die USA zu einem rasenden, gewalttätigen Junkie gemacht hat, kann geheilt werden. Kurz: Die globale Pax Americana hat - anstelle einer bushistischen New World Order - nur dann eine dauerhafte Chance, wenn sie nicht mit Gewalt und in Konkurrenz zum Rest der Welt, sondern in Kooperation mit ihr entsteht.

Die amerikanischen Werte, die den Deutschen einst den Faschismus austrieben, scheinen als kulturelle und ethische Plattform dazu bestens geeignet. Ebenso wie die ökonomischen und geldwirtschaftlichen Prinzipien, die von 1945 - 1965 der westlichen Welt tatsächlich so etwas wie »Wohlstand für alle« brachten. Die Bodenlosigkeit des Casino-Kapitalismus der »Junk Bonds« und »Derivate« indessen, dem die Loslösung des Dollars vom Goldstandard in den 70er Jahren Tür und Tor geöffnet hat und der uns aktuell die Gigapleite des Megazockers Enron sowie des aufgeblasenen Telekomriesen WorldCom beschert - dieses Sinnbild der kriminellen, korrupten und asozialen Qualität bushistischer Ökonomie kann niemals ein Modell für die globale Wirtschaft werden.

Gegen diese Art von Raubrittertum, da sind sich auch die zaghaftesten Antibushisten einig, hilft nur die »Methode Obelix«: »Wir beginnen mit den Frischlingen, leiten über zu den römischen Patrouillen und kommen schließlich zu den Wildschweinen.«

Mathias Broeckers
Mai 2002





http://www.broeckers.com/lob_des_antibushismus.htm
 
aus der Diskussion: Demokratie ist eine schöne Sache, und dass die Menschen ihre Meinung sagen dürfen
Autor (Datum des Eintrages): sittin bull inv  (19.02.03 13:15:47)
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