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Und nun der Rundschlag zum Thema Krieg:


29. Kapitel
Geld, Krieg und Kapitalvernichtung

„Wenn der Friede die Frucht der Gerechtig-
keit ist, dann ist der Konflikt, die kriegeri-
sche Auseinandersetzung, die Frucht der
Ungerechtigkeit.“
Adolf Paster*
* Präsident der Hifa-Austria, "Die Zukunft beginnt jetzt“, "Der Dritte Weg“ 7/1992


Das Problem der wachsenden Asylantenströme macht seit langem Schlagzeilen.

Zukünftig werden immer mehr Menschen versuchen, vor Armut, Hunger und Bürgerkriegen in die reichen Industrienationen zu flüchten. In den Fluchtursachen findet man die Fehlstrukturen unseres Geldsystems auf vielfältige Weise bestätigt, direkt und indirekt:
- Die schulden- und zinsbedingten Diskrepanzzunahmen zwischen Arm und Reich in aller Welt sind Zündstoff für soziale Spannungen. Diese wiederum führen zu politischen Spannungen und sind der Auslöser für Gewalt, bis hin zu Aufständen und Bürgerkriegen.
- Die Inflationen in den ärmeren Ländern ruinieren nicht nur die Währungen, sondern auch die Volkswirtschaften. Armut und Hunger sind die Folgen, die zu Flüchtlingsströmen führen und zum Chaos.
- Der geldbedingte Zwang zum Wachstum und zur Kapitalbindung treibt die Industrienationen in die Überrüstung und zu Waffenexporten in die übrige Welt. Damit nimmt nicht nur die Verarmung in den bereits armen Ländern zu, sondern auch das Waffenpotential zur Unterdrückung der Bevölkerung.

Da jedoch alles das nicht ausreicht, die wachsenden Geldkapitalmassen renditeträchtig zu binden, sind außerdem immer wieder Kapitalvernichtungen erforderlich. Kriege sind dazu noch geeigneter als Wirtschaftsrezessionen, nicht nur aufgrund des großen Waffenverschleißes, sondern auch wegen der Zerstörungen in zivilen Bereichen und des erforderlichen Wiederaufbaus. Mit Rüstung und Krieg kann man also in einer besonders wirksamen Weise das Absinken der Zinsen unter jene Marke verhindern, die zum Geldstreik führt und damit zum deflationären Wirtschaftszu-
sammenbruch.




Möglichkeiten neuer zusätzlicher Kapitalinvestitionen und sorgt für gründlichen Verbrauch und Verschleiß der angesammelten Vorräte an Waren und Kapitalien, wesentlich rascher und durchgreifender, als es in den gewöhnlichen Depressionsperioden auch bei stärkster künstlicher Nachhilfe möglich ist. So ist . . . der Krieg das beste Mittel, um die endgültige Katastrophe des ganzen kapitalistischen Wirtschaftssystems immer wieder hinauszuschieben.“
Ernst Winkler, „Theorie der natürlichen Wirtschaftordnung“, 1952


„Ich glaube, daß wir in unserem Geldsystem eine Art karzinombildendes Element haben, was unsere Wirtschaft fortwährend krank macht ... Meiner Meinung nach kann dieses Geldsystem nur dadurch funktionieren, daß es immer wieder zusammenbricht und dann immer wieder von vorn begonnen wird. Diese Zusammenbrüche nennt man dann Kriege oder Wirtschaftskatastrophen oder Inflationen, je nachdem, aber das bedeutet eigentlich nur, daß dieses System
in sich selbst kein Regulativ hat, was zu einer vernünftigen Eindämmung führen würde . . .“

Michael Ende, Autor, Interview mit Helmar v. Hanstein, 1992


„Wenn wir einst erkennen werden, was es auf sich hat mit dem Hindernis, das die Produzenten nicht zu den Verbrauchern kommen läßt und umgekehrt, dann werden wir nicht nur die Hauptursache der Unzufriedenheit in der Welt, der bestehenden Feindseligkeit und Mißgunst unter den Nationen, sondern gleichzeitig den einzig richtigen
Weg zum Weltfrieden entdeckt haben.“
Vincent C. Vickers, Großindustrieller, von 1910 bis 1912 Gouverneur der Bank von England, aus „Wirtschaft als Drangsal“


„Es kann keinen Frieden auf Erden geben, ehe wir nicht die Forderung unserer Zeit erfüllen und den großen ewigen Fluch unserer Rasse beenden und jedem Arbeiter den vollen Verdienst seiner Arbeit verschaffen.“
Abraham Lincoln, ehemaliger Präsident der USA" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">„Rüstung bedeutet ökonomisch den Abzug zinsdrückenden …





Hat der Zins tatsächlich mit Krieg zu tun?

In der Kundenzeitschrift „Sparkasse“ erschien im Dezember 1988 ein hochinteressanter Nachdruck, entnommen aus einem Vorläufer der gleichen Zeitschrift aus dem Jahr 1891. Dieser vor 100 Jahren geschriebene Artikel befaßte sich mit der Zinsentwicklung, schwerpunktmäßig mit jener des 19. Jahrhunderts. Dabei wurde vor allem der damals zu registrierende Trend sinkender Zinsen
beklagt und erklärt:


„Die Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird
vorzüglich darin gefunden, daß die besonders rentablen Capitalanlagen großen Maßstabes heute erschöpft sind und nur Unternehmungen von geringer Ergiebigkeit übrig bleiben.“

Um den damals bei drei Prozent liegenden Zinssatz vor weiterem Fall zu bewahren, müßten, so hieß es weiter:
„... die neuen Länder, beispielsweise Afrika, sehr
rasch durch europäische Capitalien erschlossen
werden, damit einem solchen Sinken begegnet
werde."
Doch da auch das zu einer Umkehr des Zinstrends nicht ausreichen würde, schließt der 1891 erschienene Artikel mit folgenden Sätzen:
„So spricht denn alles dafür, daß wir noch einem
weiteren Sinken des Zinsfußes entgegensehen. Nur
ein allgemeiner europäischer Krieg könnte dieser
Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure
Capitalzerstörung, welche er bedeutet.“

Dieser Schluß scheint ungeheuerlich. Aber er hat sich - wie wir wissen - seit 1891 zweimal erfüllt: Zwei „allgemeine europäische Kriege“, die man sogar weltweit ausdehnen konnte, haben dem Sinken des Zinsfußes Halt geboten“.



Haben die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs ausreichend lange vorgehalten?

Etwa ein bis zwei Jahrzehnte waren die Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg in den zerstörten Ländern mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Wer Bilder oder Filme über die Trümmerstädte sieht, kann sich kaum vorstellen, daß diese Arbeit überhaupt zu schaffen war. Angesichts dieser Aufbauinvestition war das Kapital entsprechend knapp und mit real fünf bis sechs Prozent in der BRD aus-
reichend hoch verzinst. An Rüstungs- oder gar Kriegsgeschäfte dachte kaum jemand in dieser Zeit. Im Gegenteil: Viele Unternehmer hatten nach Kriegsende geschworen, niemals mehr in die Rüstungsproduktion einzusteigen.

Als Folge dieses allgemeinen Desinteresses dauerte der erste indisch-pakistanische Krieg Ende der 40er Jahre nur acht Tage. Beide Seiten hatten ihre Munition verschossen, die Panzer waren kaputt, und niemand in der Welt
war anscheinend bereit, ausreichend für Nachschub zu sorgen: Man (und das Kapital) hatte mit der Behebung der Zerstörungen des großen Krieges noch genug zu tun.
Mit dem Auslaufen des Wiederaufbaus, den ersten Sättigungserscheinungen auf den Konsummärkten und einer wachsenden Geldvermögensbildung kam der Zins jedoch langsam unter Druck. Schon in den 60er Jahren fiel der Realzins am Kapitalmarkt in der BRD im Durchschnitt auf vier Prozent zurück.

Wenngleich Adenauer über die Köpfe des Parlaments hinweg
1956 wieder eine Bundeswehr entstehen ließ, kam das Gros der benötigten Ausrüstung noch weitgehend aus fremden Produktionen. In Deutschland setzte man immer noch auf friedliche Methoden zur Garantie der Kapitalrentabilität. Doch hinter den Kulissen entstand auch bei uns wieder eine Rüstungsindustrie, die sogar nach und nach das Ausland mit ihren Qualitätsprodukten beglückte. In den 70er und 80er Jahren gewann die BRD immer mehr Anschluß an die Siegermächte, die bereits in den 50er Jahren ihre Rüstungsindustrie wieder auf Hochtouren brachten.

Selbst der damalige US-Präsident und frühere Weltkriegsgeneral Eisenhower warnte mehrfach öffentlich vor dieser gefährlichen Verselbständigung des militärisch-industriellen Komplexes. Aber das Kapital hatte im wahrsten Wortsinn „Blut gerochen“, zuerst
im Koreakrieg und dann an vielen anderen Kriegsschauplätzen in der Welt, so daß es kein Halten mehr gab.
Obwohl man jeden potentiellen Gegner nur einmal töten kann, reichten die Waffenarsenale und Vernichtungskapazitäten in den 80er Jahren bereits aus, um jeden Menschen auf der Erde 15- bis 20mal umzubringen. Der Irrsinn dieses ständig wachsenden Overkills ist mit keiner Logik erklärbar. Niemals in der Menschheitsgeschichte hat es ein Tötungspotential in dieser Größenordnung ge-
geben. Allein ein U-Boot der Trident-Klasse hat eine Sprengkraft an Bord, die achtmal größer ist als die gesamte, die im letzten Krieg in aller Welt verschossen und als Bomben abgeworfen wurde. Und um diese kaum noch vorstellbare Zerstörungskraft abzuschießen, braucht solch ein U-Boot keine sechs Jahre, sondern nur noch sechs Minuten.


Doch dieser Wahnsinn hatte Methode. Er garantierte einmal Tausenden von Waffenschmieden und -händlern in aller Welt lukrative und staatlich abgesicherte Gewinne. Vor allem aber sorgte er dafür, daß die Zinsen in der Welt auf einer ausreichenden Höhe blieben, um den Streik des Kapitals zu vermeiden.

Die Kapitalrenditen blieben auf diese Weise zwar lange Zeit gesichert, nicht aber der Wohlstandsanstieg der Menschen. Denn mit den Waffen und Militäranlagen mußten sie Produkte schaffen, von denen sie keinerlei Nutzen hatten, ja diese Rüstungsgüter wurden sogar zu einer immer größeren konkreten Bedrohung für ihr Leben. Doch diese Produktionen brachten den arbeitenden Menschen nicht nur keinen Nutzen, sie wurden für diesen Milliarden-Wahnsinn auch noch durch immer höhere Steuern zur Kasse
gebeten.



Wird mit der Rüstung das Kapital nur bedient?

Mit der Rüstung wird nicht nur Kapital bedient, sondern auch gebunden, richtiger: vom Markt genommen. Würde man das in die Rüstung, die Raketensilos, die Kasernen usw. investierte Kapital im zivilen Sektor einsetzen, dann wäre das dort gegebene Angebot
deutlich größer. Ein größeres Angebot an Wohnungen, Konsum-
gütern usw. aber würde auf die Kapitalrendite einen entsprechenden Druck ausüben. Aufgrund dieses Drucks müßte - wenn das Kapital nicht streiken könnte - der Zins schließlich gegen null heruntergehen.

Da aber das Kapital streiken, das heißt sich vom Markt zurückziehen kann, sind die Staaten an ständiger Knappheit und ausreichend hohen Zinsen interessiert, notfalls sogar unter Duldung oder Förderung von Kriegen.
Statt das Geld zu zwingen, sich ggf. auch bei niedrigeren Zinsen der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, sorgen die Staaten auf diese irrsinnige Weise also für die streikvermeidende Knappheit.

Vergleichbar ist das mit der Praxis der EG-Agrarmarktpolitik. Auch hier sorgt man bei allzu guten Ernten durch künstliche Verknappung des Angebotes (sprich Vernichtung) für weiter hochbleibende Preise, um Streiks der Bauern aus dem Weg zu gehen.



Findet diese Kapitalverknappung und –vernichtung tatsächlich statt?

Wer zum erstenmal von diesen Zusammenhängen hört, wird da von nichts glauben wollen. Auch mir ging das lange so, bis die Indizien und Beweise zu überzeugend wurden. Dabei braucht man sich nicht auf die Sparkassenzeitung aus dem vergangenen Jahrhundert zu stützen. Auch in der wissenschaftlichen Literatur taucht der Vorgang der Kapitalvernichtung unter dem Begriff
„Reinigungskrise zur Beseitigung von Überinvestitionen“ auf.
Gemeint ist der Zustand, bei dem der Investitionsumfang so groß geworden ist, daß er den Zins unter jene Grenze drückt, bei der es
zu Geldzurückhaltungen und damit deflationären Rezessionen
kommt. Auch ohne Krieg und ohne Rüstung werden in solchen
Rezessionen durch Unternehmens- und Privatbankrotte, durch
Verschleudern oder Verderben von „Überproduktionen“ bereits
Kapitalmassen vernichtet. Mit dieser „Reinigung“ - sprich Kapitalvernichtung - wird dann eine ausreichende Knappheit erzeugt, die über höhere Zinsen das Kapital wieder aktiv werden läßt. Durch ständige Ausweitung marktferner Investitionen - von der Raumfahrt bis zur Rüstung - kann man die Notwendigkeit solcher „Reinigungskrisen“ zwar eine Zeitlang hinausschieben, aber kaum auf Dauer. Irgendwann wird eine „große Reinigung“
unausweichlich. Und dazu ist ein Krieg nicht nur durch den
erhöhten Waffenverbrauch und die angerichteten Schäden un-
übertreffbar wirkungsvoll. Auch durch die Vernichtung der
Geldvermögen, die meist mit dem anschließenden Staatsbank-
rott verbunden ist, verschwinden riesige Kapitalpolster aus der Welt. Die Gewinner solcher großen „Reinigungen“ sind diejenigen, die rechtzeitig in Sachvermögen umgestiegen sind, mög-
lichst außerhalb der Kriegsgebiete. Noch besser ist natürlich die Anlage in das unzerstörbare Bodenkapital. Den so „Überlebenden“ der Kapitalvernichtung wird jedenfalls ein ganz enormer Reichtumsanstieg beschert.


John Maynard Keynes, als Zeuge über alle Zweifel erhaben, hat die Zusammenhänge in etwas komplizierterer Sprache beschrieben: „Jedesmal, wenn wir das heutige Gleichgewicht durch vermehrte Investitionen sichern, verschärfen wir die Schwierigkeit der Sicherung des Gleichgewichtes von morgen.“

Und als Notausgänge aus diesem Dilemma nennt er „das Bauen
von Pyramiden und Kathedralen, Erdbeben, selbst Kriege“,
denn, so schreibt er weiter, „zwei Pyramiden, zwei Steinhaufen für Tote sind doppelt so gut wie einer, aber nicht zwei Eisenbahnen von London nach York“. (Zitiert nach Ernst Winkler aus „Theorie der natürlichen Wirtschaftsordnung“.)

Diese etwas schwer verständliche Darlegung bestätigt, daß
ständig vermehrte Investitionen im zivilen Bereich das zinshochhaltende „Gleichgewicht“ gefährden, dagegen aber sinnlose Bauten, Erdbeben und Kriege dieses „Gleichgewicht“ auf Dauer sichern.

Wem diese Bestätigung nicht genügt, der sollte die „Pyramiden“ unserer Tage Revue passieren lassen: vom „Schnellen Brüter“ bis zum Hochtemperaturreaktor, von der halbfertig gebauten WAA in Wackersdorf bis zu dem „Raketenfriedhof“, der im Orbit
kreist. - Von den Milliardengräbern der x-mal verschrotteten und erneuerten Rüstung nicht zu reden. Und alle diese Projekte haben nicht nur bei ihrer Entstehung Milliarden neutralisiert. Sie benötigen oft nicht minder große Summen für ihre ordnungsmäßige Betreuung und Beseitigung. Und das letztlich immer nur auf Kosten
der arbeitenden Menschen und allein zugunsten des eingesetzten Kapitals.



Wie war das beim ersten Golfkrieg?

Seit fast 50 Jahren hat es in Europa keinen Krieg mehr gegeben, und darauf sind die meisten Politiker sehr stolz. In Wirklichkeit ist es uns nur gelungen, die „ungeheure Capitalzerstörung“ durch Kriege, die zum Erhalt der Kapitalrendite früher nötig waren, durch eine ungeheure Naturzerstörung und Überrüstung bislang
überflüssig zu machen. Doch wenn sich anderswo in der Welt die Möglichkeit zur kriegerischen Kapitalzerstörung bot, war Europa immer dabei, als Lieferant der Todeswaffen ebenso wie hinterher beim kapitalverschlingenden Wiederaufbau. Diese „Stellvertreterkriege“ waren außerdem die beste Möglichkeit, die Waffen in der Praxis vorzuführen und weitere Kunden zu gewinnen.
Wenn man bedenkt, daß „die fünf ständigen Mitglieder des
Weltsicherheitsrates der UNO (Großbritannien, UdSSR, USA,
Frankreich, China), die den Weltfrieden sichern sollen, die größten Waffenlieferanten der Entwicklungsländer sind“ (terre des hommes, Dezember 1991), braucht man sich über nichts mehr zu wundern. Die ganze Skala aller „Nachkriegskriege“ durchzugehen, würde zu weit führen. Auch wäre es ein fruchtloses Unter-
fangen, für einen dieser „Stellvertreterkriege“ nachträglich einen Sinn zu konstruieren, sieht man von den Kapitalprofiten ab. Hier soll darum nur noch einmal an die beiden Golfkriege erinnert werden, die uns, trotz schnellebiger Zeit und täglich neuer Kriegs-
schauplätze, wohl noch gegenwärtig sind.

Der erste, acht Jahre dauernde Golfkrieg zwischen Irak und
Iran war das bisher größte „Nachkriegsgeschäft“ für die waffenliefernden Länder. Dabei lagen die sogenannten „christlichen Nationen“ immer an der Spitze. Vor allem verstanden sie es vorzüglich,
gleich beide kriegführenden Seiten zu beliefern. Und da es sich bei beiden Ländern aufgrund der reichen Bodenschätze in Form von Ö1 um zahlungskräftige Kunden handelte, war der Dauer dieses Krieges fast kein Ende gesetzt. Doch aufgrund der großen Zerstörungen in den Ländern und des allgemeinen Leistungsrückgangs kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem man auch dort wieder in die Hände spucken muß, wenn die Zahlungsfähigkeit erhalten
bleiben soll. Außerdem verspricht man sich bei einem bestimmten Ausmaß der Zerstörung vom Wiederaufbau noch größere Geschäfte.

So schrieb „Die Zeit“ am 18.10.1987, noch vor Beendi-
gung der Kämpfe:
„Eine größere Zahl deutscher und japanischer Finanzvertreter harrt in Teheran aus. Sie setzen auf die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Ende des Krieges . . . Wirtschaftsschäden von über 300 Milliarden habe der Krieg verursacht. Da winkt, so hoffen die Geschäftsleute, mancher dicke Investitionsauftrag.“

Doch nicht nur die Lieferungen ziviler Ausrüstungen zum Wiederaufbau helfen die Kapitalrendite sichern, sondern auch die dazu gewährten Kredite.



Und was brachte der zweite Golfkrieg?

Der Irak unter Saddam Hussein war jahrelang - vor und im ersten Golfkrieg - einer der Spitzenkunden für die westlichen und östlichen Waffenlieferanten. Daß es sich bei Hussein um einen der übelsten Diktatoren handelt, hat dabei keinen Politiker gestört.
Sie finanzierten seine Käufe sogar gerne im voraus mit gutverzinsten Krediten.
Auch das Nachbarland Kuwait, dem iranischen Fundamentalis-
mus wenig zugeneigt, half Hussein mit respektablen Krediten bei der Bändigung des Irans. So war es für den überschuldeten Hussein schließlich eine doppelte Versuchung, das kleine Kuwait einzukassieren. Einmal wurde er auf diese Weise einen lästigen Gläubiger los, gleichzeitig wurden ihm sprudelnde Ölquellen be-
schert, mit deren Hilfe er die hohen Schulden in den Industrienationen leichter bedienen oder sogar tilgen konnte.
Was danach kam, ist uns noch allen geläufig. Während sich die gutbetuchten, kampffähigen Söhne der Kuwaitis in Ägypten und an der Riviera vergnügten, wurde das besetzte Land von den USA und einigen Helfern mit einem ungeheuren Materialaufwand (bei nicht minder großer Behinderung der Berichterstattung) befreit und der Irak in die Knie gezwungen. Allerdings nicht so weit, daß
Saddam Hussein hätte abdanken müssen.
Die USA hat dieser Krieg so gut wie nichts gekostet, außer ein „paar Menschenleben“. Wie ein Söldnerheer kassierte die führende Weltmacht bei allen Bündnisstaaten ab. Natürlich auch bei den reichen Scheichs, deren von der Zeit längst überholte feudalistische Herrschaftssysteme noch einmal eine Überlebenschance erhielten.
In welcher Größenordnung in dieser Materialschlacht Kapital vernichtet wurde, geht aus einer Stellungnahme des Hilfswerkes „Misereor“ hervor. „Golfkrieg auf Kosten der Armen“, war der Bericht überschrieben, der bereits am 26. 1. 1992 durch die Presse ging. Die Vergleichszahlen von Kriegskosten und Entwicklungshilfe muten „fast unvorstellbar“ an, hieß es darin, und weiter: Mit
bis zu einer Milliarde Dollar seien in der ersten Woche allein auf seiten der multinationalen Truppe täglich mehr Mittel verbraucht worden, als Misereor „in den 32 Jahren seines Bestehens für die Entwicklungs- und Friedensarbeit in der gesamten Dritten Welt einsetzen konnte“.

Doch auch beim zweiten Golfkrieg war die große Materialvernichtung und -zerstörung nur die eine Seite der Profitmedaille, der anschließende Wiederaufbau wiederum die zweite. Dank der größten Leistung im Krieg haben sich die USA auch dabei den Löwenanteil gesichert. Aber auch die Helferstaaten meldeten rechtzeitig ihre Ansprüche an, wie der Auszug aus dem Berliner „Tagesspiegel“ vom 12.2.1991 zeigt (siehe nächste Seite).
„Bombenerfolge“ im doppelten Wortsinn sind also mit solchen
Kriegen für die Mitmacher verbunden. Und es ist gleichermaßen entlarvend wie bezeichnend, daß es bei dem Wiederaufbau-Geschacher sogar schon um Objekte ging, die noch gar nicht zerstört waren.
Geht man den Zusammenhängen weiter nach, kommt noch
mehr ans Tageslicht. So berichtet die schweizerische Zeitschrift „Der Zeit·Punkt“ von einem geheimgehaltenen Regierungsbericht, nach dem die britischen Steuerzahler „rund 500 Mio. Franken für Waffen bezahlen, mit denen der Irak die eigenen Truppen
des Inselreiches beschossen hat. Die Rechnung geht zurück auf eine Exportgarantie, die die britische Regierung Firmen gewährte, die in den Irak ausführten“, heißt es in dem Text. Und weiter: „Unter dem Strich müssen die Briten . . . zweimal bezahlen. Einmal für die irakischen Waffen und einmal für die eigenen, die irakischen zu zerstören. Der Kreislauf ähnelt in gewisser Hin-
sicht demjenigen, der vor allem die EG-Länder zwingt, Lebensmittel zu vernichten, deren Produktion subventioniert wurde.“


Bombenerfolge für britische Industrie erhofft
London kämpft bereits mit den USA um Aufträge für den Wiederaufbau Kuwaits Von unserem Korrespondenten
London,11. Februar Die Londoner Regierung fordert mit größerem Nachdruck die Beteiligung britischer Unternehmen an dem Wiederaufbau in Kuwait, wenn der Krieg gegen Irak einmal vorüber ist. Die Briten erwarten eine bevorzugte Behandlung bei der Vergabe der Aufträge, welche den eigenen militärischen Beitrag zur Befreiung des Landes in Rechnung stellt. Der Korrespondent der Financial Times berichtet aus Riad über das Treffen: „Peinlichkeit bei den Diskussionen war nicht zu erkennen, obwohl Kuwait erst noch befreit werden muß, und ein großer Teil der Infrastruktur, welche britische Unternehmen wiederaufbauen wollen, noch nicht zerstört ist. „ Jede erfolgreiche britische Bombe ist daher kommerziell und finanziell auch ein möglicher Erfolg für die britischen Firmen, die gerade in einer Zeit der Rezession dankbar für Aufträge sind. Das gleiche gilt prinzipiell genauso für die anderen Mitglieder der Allianz gegen Saddam Hussein, voran die USA.


Helmut Creutz, Das Geldsyndrom
 
aus der Diskussion: Sittin Bulls elitärer Diskussionsthread für Biospohisten
Autor (Datum des Eintrages): sittin bull inv  (16.03.03 19:27:19)
Beitrag: 46 von 103 (ID:8901551)
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