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Es scheint so, als ob die Iraker mehr menschlichen Nachschub ins Land kriegen, als die ganze gottverdammte drecks US-Armee je aufzubieten in der Lage wäre :laugh:

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RÜCKKEHR DER EXIL-IRAKER

Für vier Dinar in den Krieg

Von Matthias Gebauer, Amman

Seit der Krieg im Irak tobt, kehren aus dem Nachbarland Jordanien Tausende Exil-Iraker in ihre Heimat zurück. Viele von ihnen wollen sich den verhassten Amerikanern mit dem Gewehr entgegen stellen. Dafür geben sie ihre Existenz in Jordanien auf und riskieren ihr Leben.


Matthias Gebauer / SPIEGEL ONLINE

Auf in den Krieg: Jordanische Exil-Iraker


Amman - Vor dem Tod hat al-Khaladi keine Angst. "Ich kann sterben", sagt der Seemann mit dem von der Sonne gegerbten Gesicht und der schwarzen Wollmütze. "Jeder Iraker kann das und muss das auch." Seit Tagen hat der 35-jährige Iraker aus dem seit Tagen umkämpften Hafenort Umm Kasr Gott in seinen Gebeten angebettelt. Nun wolle er mit dem Gewehr gegen die Amerikaner in den Krieg ziehen. "Endlich ist der Moment gekommen, endlich geht es los", sagt der Mann, ballt die linke Faust in der Luft und zieht kräftig an seiner Zigarette.
Al-Khaldi ist an diesem Vormittag in der jordanischen Hauptstadt Amman nicht allein mit seinem Wunsch. Er und 50 andere Exil-Iraker haben sich an einem verstaubten Busbahnhof der Stadt versammelt. Nun warten sie auf ihren Transport. Alle von ihnen haben nur ein Ziel: Zurück in den Irak, wo seit mehreren Tagen der Krieg gegen den Diktator Saddam Hussein tobt. Vier jordanische Dinar kostet die Fahrt mit dem klapprigen MAN-Bus, umgerechnet etwa sechs Euro. Vier Stunden später wollen die Exil-Iraker an der Grenze nahe al-Ruweisched sein. Von da aus fahren sie weiter, die meisten erst mal in Richtung Nasarija. Dort würden sie die irakische Armee unterstützen, sagen sie.

Hinter der Grenze an die Waffen

Der Schiit Sabher ist 30 Jahre alt und kommt aus der Nähe der südirakischen Stadt Basra. Seit zwei Jahren lebt er schon in Jordanien. Nun aber hält er es nicht mehr aus. Er will für den Dschihad, den "Heiligen Krieg", zurück in sein Heimatland. "Die Prediger und Gelehrten haben uns aufgerufen, dass wir gegen die Amerikaner kämpfen sollen", erzählt er und sitzt dabei ganz ruhig im abgewetzten Bussessel. "An der Grenze", so hofft er, "werden wir von anderen Irakern abgeholt und dann schnell mit Waffen versorgt.

Wie die meisten gibt auch er sich kämpferisch. Das sei die Pflicht eines jeden Irakers in diesen Tagen. "Wir Iraker können mit Waffen besser umgehen als mit Büchern, das werden die USA noch merken."


Matthias Gebauer / SPIEGEL ONLINE

Irakischer Seemann al-Khaladi: "Ich kann sterben"


Mit Männern wie Sabher und al-Khaladi machen die Busunternehmer in Amman gegenwärtig ein gutes Geschäft. Jeden Tag gehen mehrere Busse in Richtung Grenze. Daneben machten sie viele Exil-Iraker mit Sammeltaxis oder über Syrien auf den Weg in ihre Heimat. Die jordanische Regierung zählte allein in den letzten Tagen mehr als 6000 Iraker, die über den Landweg in ihr Land zurückkehrten. Fast scherzhaft sagte der Premierminister Ali Abul Ragheb, dass zurzeit mehr Menschen Jordanien verließen, als irakische Flüchtlinge in den Wüstenstaat kämen.

Büros für die Kämpfer

Nahe dem Busbahnhof finden sich in Amman gleich mehrer Büros, die Reisen ins Kriegsgebiet organisieren. Sie chartern die Busse und werben mit Zetteln an den Fenstern um Kunden. In Wirklichkeit seien viel mehr Menschen in den Irak zurückgekehrt, berichtet einer der Busunternehmer. So viele Iraker seien in ihr Land gegangen, dass man in Amman kaum noch welche von ihnen finden könne, sagt er. "Sie wollen und müssen alle gegen die feigen Besetzer aus den USA kämpfen und werden dabei erfolgreich sein." Auch er werde gehen, wenn keine Kunden mehr in die Heimat wollten.

Im Bus in Richtung Kriegsgebiet sitzen jedoch nicht nur kampfbereite Männer. Auch die 24-jährige Abir will zurück nach Bagdad. Dort bangt die Familie der 24-jährigen Ägypterin seit den ersten Bomben um ihr Leben. "Ich habe sie seit den ersten Angriffen nicht mehr gesprochen", sagt die Frau mit dem Schleier, "nun halte ich es nicht mehr aus". Als sie ihr Nachbar kurz auf Arabisch anweist, fügt Abir noch hinzu, dass sie zur Not auch mit allen möglichen Mitteln gegen die Amerikaner kämpfen will und wendet ihr Gesicht wieder ab. Kurz darauf erhalten die Männer im Bus eine kurze Anweisung, ballen ihre Fäuste in der Luft und rufen Kampfparolen.

Propaganda oder wahre Ziele?

Medienträchtige Sprüche und echte Emotion sind an diesem Morgen in Amman nur schwer auseinander zu halten. Auf Nachfrage bieten die Männer immer wieder schablonenartige Durchhalteparolen und antiamerikanischen Sprüche an. Oft aber wirken die Worte wie Hülsen. Eine für viele Iraker zutreffende Einstellung bringt der Schiit Sabher jedoch auf den Punkt. Momentan komme an erster Stelle der Irak, dann erst der Diktator Saddam Hussein. "Wir kämpfen für einen freien Irak ohne die USA", sagt er und die anderen Männer nicken.


Matthias Gebauer / SPIEGEL ONLINE

Exil-Iraker Ahmed, Mustafa: Nach Bagdad, der Familie helfen


Das Überleben des Saddam-Regimes ist nicht das Ziel der Freizeit-Kämpfer. Selbst wenn der Diktator durch die alliierten Truppen gestürzt wird, würde er weiter für einen unabhängigen Irak kämpfen, betont Sabher. "Wir werden die USA nie in unserem Land akzeptieren." Natürlich habe Saddam die Menschen im Land erniedrigt und alle Macht an sich gerissen, sagt der Mann aus Basra. Gleichzeitig jedoch sei der Diktator immer ein Garant für die Unabhängigkeit des Landes gewesen. "Man muss sich doch nur in Jordanien umsehen und erkennt, wie sehr sich die Regierung den USA beugt und ihnen jeden Wunsch erfüllt", schimpft er.

Andrang reißt nicht ab

Mit im Bus sitzen auch die beiden 16-jährigen Mustafa und Ahmed. Erst vor acht Tagen seien sie aus dem Irak vor den Bomben geflüchtet, berichten sie. "Wir wollen nicht mit Waffen kämpfen", sagt Ahmed, dem die Angst vor den kommenden Stunden aus dem Gesicht spricht. Er will lediglich seiner Familie in Bagdad beim Überleben helfen, sagt er. In Amman, mehrere hundert Kilometer entfernt von seinen Verwandten, habe er es einfach nicht mehr ausgehalten und sich nun zur Rückreise entschlossen. Auch sie fügen hastig hinzu, dass sie keine Angst hätten. Schließlich seien sie ja Iraker.

Ob die Exil-Iraker ihr Ziel erreichen, ist ungewiss. Schon der Weg nach Bagdad oder Nasarija ist mehr als gefährlich. Mehrere Fahrzeuge auf der Straße von der jordanisch-irakischen Grenze wurden bereits aus der Luft angegriffen. Aus diesem Grund wollen die jordanischen Busfahrer auch nur noch bis zur Grenze fahren. Bis vor wenigen Tagen fuhren die Busse nach Bagdad noch nach Fahrplan. Nun aber drehen sie an der Grenze um.




Die Exil-Iraker jedoch scheint die Gefahr bei der Rückkehr in die Kampfzone nicht zu schrecken. Als der erste Bus an diesem Morgen langsam vom Busbahnhof rollt, haben sich an der Station schon wieder mehrere Menschen eingefunden. Heute würden sicherlich noch weitere Busse in Richtung Irak aufbrechen, meint auch der irakische Busunternehmer. Bis er ebenfalls in den Irak zurückkehrt, kann es also noch ein bisschen dauern.

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@ coubert

In deinem abschließenden Schlachtruf, welchen Diktator meinste denn Bush oder den Saddam ?


AU,
 
aus der Diskussion: Die amerikanische Verschuldungsmaschine
Autor (Datum des Eintrages): Amerikas_Untergang  (28.03.03 13:49:55)
Beitrag: 3,051 von 4,262 (ID:9017671)
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