Leghorn: Es gab in Europa stets mehrere finanzielle Zentren. Neben den Fuggern waren das die Medici in Italien und auch sehr lange schon die flämischen Kaufleute. Der dreissigjrähige Krieg hat die Fugger deutlich stärker getroffen als die flämischen Kaufleute. So daß das Comeback unmöglich wurde. Ferner profitierten die Flamen vom Zugang zum Meer, der den Fuggern in Augstburg fehlte. Vielleicht hätten die Fugger dies alles überstehen können und Augsburg wäre zum kontinentalen Finanz-Zentrum geworden, wenn sie ihr Portfolio nicht zu sehr auf einen Kunden (den Kaiser/die Habsburger) ausgerichtet hätten. Interessant ist noch folgendes: Die Frühphase der USA wurde von Niederländern, Engländern Deutschen und Skandinaviern geprägt, welche die amerikanische Mittel- und Oberschicht bildeten und ein Spiegelbild der Wirtschaft dieser Länder - nur eine Nummer größer - aufbauten. Die Iren waren vorallem die Unterschicht, die Kulis, die Slaven der USA. Südamerika dagegen wurde von jenen Spaniern besiedelt, die, wie Leghorn feststellt, bereits im 16 Jahrhundert trotz ihres frühen Kolonial-Reichtums keine eigenständige industrielle Basis auf die Beine stellen konnten. Seit die Fugger und die Habsburger ihren Zenit überschritten haben, sind 400-500 Jahre vergangen. Doch die bedeutenden Zentren Europas sind die Gleichen geblieben! Nord-Italien - nun wieder die Gegend um Mailand stärker, als Venedig. London - nach wie vor die Nr. 1 der Insel und Welt- Finanz-Metropole. Flandern-Holland: Noch immer profitieren deren Häfen davon, daß der Rhein der wichtigste Fluß Europas ist. Süd-Deutschland. Augsburg und Nürnberg waren im Mittelalter Handels- bzw. High-Tech-Metropolen. Die Fugger in Augsburg kennen wir ja schon. Aber was Nürnberg anbelangt sei an den ersten Globus, die Taschenuhr, wissenschaftliche Abhandlungen etc. erinnert. An die Stelle dieser beiden Städte ist nun München getreten, das nur einen Katzensprung so an die 50 Kilometer von Augsburg entfernt ist. Suttgart ist nun stärker als das ehedem wichtige Straßburg. Aber auch hier ging der Siger-Pokal nur in die Nachbarschaft und blieb sogar innerhalb "Groß-Schwabens". In Frankfurt kreuzten sich schon immer wichtige europäische Hndelswege. Köln Deutschlands wichtigste Stadt im Westen hat an Bedeutung verloren. Nimmt man aber den Großraum Köln, die Region Rhein-Ruhr von Bonn bis Duisburg und Dortmund, dann hat dieser Raum wieder jene wichtige Bedeutung die er immer hatte. Paris: Das Pariser Becken wurde all die Jahrhunderte für Frankreich immer wichtiger und ist jetzt neben London die einzige wirkliche Europa-Metropole die in der Welt-Liga mitspielt. In Frankreich könnte nach jahrhundertelanger Nord-Verlgerung die Mittelmeerküste künftig wieder interessanter werden, weil die Bevölkerung Afrikas so groß geworden ist! Mittel-Ostdeutschland sind kriegsbedingt zurückgefallen. Aber auch hier zeigt sich, daß Leipzig wieder jene Region ist, die als erste an alte Erfolge anknüpfen kann. Eine wichtige Sieger-Region ist diesmal Spanien, bzw. Katalonien, Madrid und noch einige Küsten-Regionen, mit denen Spanien nun nach 500 Jahren im Produktions-Zeitalter angekommen ist! Allerdings sind weite Teile der Industrie Spaniens nur Filalen ausländischer Konzerne. Eine große Verlierer-Region ist Böhmen/Tschechien und als Stadt Prag. Prag hatte die erste Universität Deutschlands und war stets eine der wichtigsten Städte des Deutschen Reiches. Seit Böhmen nicht mehr zum Deutschen/Österreichischen Staatsverbund gehört und die Deutschen vertrieben wurden, ist Prag nicht mehr eine der wichtigsten Städte eines der wichtigsten Länder, sondern nur noch Hauptstadt eines mittelgroßen europäischen Landes in der eine Sprache gesprochen wird, die nur 10 Millionen Menschen verstehen. Da Prag verkehrsmäßig und wirtschaftlich günstiger liegt als Belgrad, Sofia oder Minsk könnte sie wieder ein wenig nach oben aufsteigen, aber die einstige Bedeutung wird sie unter normalen Umständen auf absehbare Zeit nicht mehr erlangen. Schlesien/Ostsee-Raum: In Zeiten der Hanse war die relative Bevölkerung in diesem Gebiet wohl deutlich größer als heute, so daß die Ostsee eine größere Rolle spielte. Im Rahmen der EU könnten nun wieder jene polnischen Städte interessant werden, die es eigentlich schon "immer" waren. Der Donau-Raum wird auch künftig nicht die Stärke des Rhein-Gebietes erreichen. Im Gegenteil: Dieses Gebiet hat relativ an Bevölkerung verloren und östlich von Wien wird es nur noch nationale Metropolen geben, die sich entweder nach Westen in Richtung "Blauer Banane" oder künftig nach Osten -Istanbul-Athen- oder Moskau ausrichten. Dieser Raum ist seit fast 2000 Jahren balkanisiert, denn Bereits die Römer stritten sich darum, ob es Teil Ostroms oder Westroms ist! Fazit: In der ersten Liga europäischer Metropol-Regionen hat sich in 500 Jahren kaum eine nennenswerte Änderung ergeben. Katastrophen biblischen Ausmaßes aussen vor gelassen, wird sich im nächsten Jahrhundert nur wieder das bestätigen, was schon immer war. Auf technisch höherem Niveau, aber dennoch in realtiv gleicher Hirarchie. Die niedrige Geburtenrate in Europa wird zur Verstärkung bestehender Verhältnisse eine wichtigen Beitrag leisten, denn schwache Regionen werden ihre wenigen Kinder nicht festahlten können und ihren Nachwuchs an die starken Regionen, die Zuwanderer suchen, verlieren. Gebiete wie die Ukraine, die kein starkes Zentrum haben und über keine Wettbewerbsvorteile ausserhalb der Landwirtschafsflächen verfügen, könnten schon bald wieder so dünn besiedelt sein, wie im Mittelalter. mfg thefarmer |
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aus der Diskussion: | Märkte (4. Teil) - und die Zukunft der Weltwirtschaft |
Autor (Datum des Eintrages): | thefarmer (09.06.03 03:07:21) |
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