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Post von Goldman Sachs: ;)



Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

vielen Dank für die Einladung zur öffentlichen Anhörung zum Finanzplatz Deutschland am 4. Juni 2003 in Berlin. Hiermit senden wir Ihnen unsere schriftliche Stellungnahme zu den Anträgen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP zum Finanzplatz Deutschland (Drucksachen 15/930, 15/748, 16/369). Wir tun dies aus der Sicht einer internationalen Bank mit einer starken Bindung zu Deutschland und zum Standort Frankfurt.




Für Goldman Sachs stellt die Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer zentralen Stellung im europäischen Binnenmarkt mit mehr als 82 Millionen Konsumenten als zweitstärkste Exportnation der Welt den neben China weltweit wichtigsten Wachstumsmarkt für Finanzdienstleistungen außerhalb der USA dar. Dies begründet unseren eigenen strategischen Fokus auf Deutschland, reflektiert aber auch die Chancen und Zukunftsperspektiven für den hiesigen Finanzsektor insgesamt.

Wie von allen Fraktionen betont wird, sollte die Debatte über den Finanzplatz Deutschland im volkswirtschaftlichen Kontext geführt werden. Der Finanzsektor ist stärker von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig als andere Sektoren der deutschen Volkswirtschaft. Zudem kommt dem Finanzsektor eine wesentliche Rolle bei der Gesundung der heimischen Wirtschaft zu. Deshalb gilt gerade für die Attraktivität Deutschlands als Finanzplatz, dass Märkte und Standorte keine Erbhöfe sind.

Im Zuge der Globalisierung formiert sich der Finanzsektor ständig neu. Ein Finanzplatz muss seine Position stetig dynamisch fortentwickeln; Infrastruktur, Rahmenbedingungen und Regelwerke müssen auch im Wettbewerb mit anderen Finanzplätzen auf ihre Konkurrenzfähigkeit überprüft werden, um einfallsreiche, innovative und qualifizierte Menschen anzuziehen.


Die strukturellen Schwächen werden offensichtlicher

Der deutsche Finanzsektor wie die deutsche Wirtschaft insgesamt leiden seit längerem unter strukturellen Schwächen, die mit der weltweiten Korrektur an den Aktienmärkten wieder offensichtlicher geworden sind. Im Zentrum der strukturellen Schwächen stehen der demographische Wandel, der Arbeitsmarkt, die Sozialversicherungssysteme, das Steuersystem sowie die Tendenz zur Überregulierung und Bürokratisierung unternehmerischer Prozesse. Alle diese Themenkomplexe sind umfassend in den volkswirtschaftlichen Analysen der OECD, der Bundesbank und der Wirtschaftsforschungsinstitute beschrieben.

Die Bundesbank hat in ihrem im März diesen Jahres veröffentlichten Papier "Wege aus der Krise" darauf hingewiesen, dass sich die deutsche Wirtschaft in einer Vertrauens- und Wachstumskrise befindet: "Das Vertrauen lässt sich nur zurückgewinnen, wenn die Wirtschaftspolitik verlässliche, d.h. für den Planungshorizont der Unternehmen und privaten Haushalte bestandsfeste Rahmenbedingungen setzt." (Deutsche Bundesbank, Wege aus der Krise - Wirtschaftspolitische Denkanstöße für Deutschland, März 2003, S. 5). Dies gilt in besonderem Maße für den Finanzsektor.


Kapitalströme schaffen sich ihre eigenen Bahnen

Die Globalisierung hat zum Zusammenbruch nationaler Schutzräume geführt. Da, wo Gesetzgeber versuchen, diese zu erhalten, anstatt konsequent auf supranationale (im Falle Deutschlands insbesondere europäische) Regelungen zu setzen, schaffen sich Kapitalströme ihre eigenen Bahnen. Die Gestaltung des allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmens und der Finanzmarktordnung liegt in der Verantwortung der Politik, damit Frankfurt der wichtigste kontinentaleuropäische Finanzplatz bleibt, und nicht hinter Paris, Zürich und Luxemburg zurückfällt.

Deshalb ist es zu begrüßen, dass alle Fraktionen des Deutschen Bundestages in ihren Anträgen an der Kontinuität der früheren Finanzmarktförderungsgesetze festhalten und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes in den Vordergrund ihrer Anträge stellen.

These 1: Die Globalisierung der Finanzmärkte hat dazu geführt, dass Kapital weltweit nach Anlagemöglichkeiten sucht und Finanzdienstleistungen über nationale Grenzen hinweg angeboten werden können. Ziel nationaler Gesetzgebung kann es daher nur sein, die Wertschöpfungskette soweit als möglich im Land zu halten. Notwendige Maßnahmen zum Investorenschutz müssen europaweit abgestimmt sein.

Die Finanzdienstleistungsbranche ist die am weitesten globalisierte Industrie überhaupt, da die Dienstleistungsproduktion nicht an einen bestimmten Standort gebunden ist. Daher werden regulatorische und steuerliche Rahmenbedingungen in einem noch stärkeren Umfang als in anderen Sektoren zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor eines Finanzplatzes.

Wird dieser Zusammenhang nicht ausreichend berücksichtigt, führen fehlende oder relativ schlechtere Rahmenbedingungen zu einer Verlagerung von Angebot und Nachfrage und damit der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ins Ausland.


Deutschland darf nicht nur "Vertriebsstandort" bleiben

Plakativ gesprochen steht für den Gesetzgeber zur Disposition, ob Deutschland bloßer "Vertriebsstandort" oder auch "Entwicklungs- und Produktionsstätte" von neuen, innovativen Finanzdienstleistungen mit hochqualifizierten Dienstleistungsarbeitsplätzen bleibt beziehungsweise in neuen Marktsegmenten wird. Hier sind zunächst die oben genannten allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen entscheidend.

Unterstützung durch Gesetzgeber und regulierende Behörden ist aber auch nötig, um Finanzinnovationen in Frankfurt anzusiedeln. Angesichts der relativ kurzen Innovationszyklen auf dem internationalen Kapitalmarkt sind rechtliche Rahmenbedingungen erforderlich, die schnelle Entscheidungen ermöglichen und Rechtssicherheit bieten.


Praktisch handhabbare Richtlinien sind gefragt

Die Aufsicht muss daher praktisch handhabbare Richtlinien erstellen; ihre Beurteilung von Produktinnovationen muss verlässlich und transparent sein. Klare Kommunikation zwischen den Beteiligten (Behörden, Wirtschaftsprüfer und Finanzinstitute) hilft, Sicherheit und Transparenz im Umgang mit neuen Finanzprodukten zu schaffen.

Aufgrund der hohen Bedeutung von EU-Richtlinien für den europäischen Kapitalmarkt ist deren unverzügliche und vor allem marktöffnende Umsetzung in das deutsche Recht von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland in Europa. So können auch "First-Mover-Advantages" entstehen. Andernfalls droht eine weitere Abwanderung von Geschäft und Kapital.


Das Beispiel der Hedgefonds

Zudem behindert der bestehende rechtliche Rahmen einschließlich des deutschen Steuerrechts die Ansiedlung neuer Marktsegmente. Als Beispiel mag die bisherige Regulierung von Hedge Fonds in Deutschland dienen.





Hedge Fonds sind global anerkannte Marktteilnehmer, die seit über 50 Jahren an den Finanzmärkten agieren. Wegen der für Hedge Fonds geltenden prohibitiven Einschränkungen in Deutschland werden diese für deutsche Anleger vor allem aus der Schweiz und Großbritannien angeboten. Nach unseren Schätzungen sind gegenwärtig fast zehn Milliarden Euro deutscher Anleger in ausländische Hedge Fonds Produkte investiert. Dabei bleiben Risiken und Chancen der Anlage selbstverständlich weiterhin beim deutschen Investor.


Das Wachstum geht an Deutschland vorbei

Mit anderen Worten, die Schutzvorschriften haben nicht dazu geführt, dass deutsche Anleger diese Anlageform nicht genutzt haben; lediglich die Wertschöpfung ist ins Ausland verlagert worden. Demzufolge ist der Finanzplatz Deutschland nicht am hohen Wachstum der Hedge Fonds beteiligt.

Zur Verdeutlichung: Das weltweite Hedge Fonds Eigenkapital-Bestandsvolumen hat sich seit 1995 mehr als verdreifacht und betrug Ende 2002 mehr als 600 Milliarden US Dollar. Während in Großbritannien rund 400 Hedge Fonds (70 Prozent aller europäischen Hedge Fonds) angesiedelt sind, sind es in Deutschland nur insgesamt drei Fonds. Frankreich mit 39 Fonds und die Schweiz mit 36 Fonds folgen Großbritannien in der Rangfolge.


Das BaFin könnte Vertrauen schaffen

Um den deutschen Finanzmarkt für Hedge Fonds attraktiv zu machen, müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen einschließlich der steuerlichen Behandlung das Auflegen von Hedge Fonds und das Investieren in Hedge Fonds unterstützen. Dabei würde eine Regulierung durch die BaFin mit einem einfachen und schnellen Zulassungsverfahren wahrscheinlich das Vertrauen der Investoren und Hedge Fonds Manager stärken, was zunehmende Investitionen in diese Vermögensklasse am Finanzplatz Deutschland zur Folge haben könnte.


Die Nachteile gegenüber dem Finanzplatz London

Um mit etablierten Hedge Fonds Standorten bezüglich der Anziehung von Hedge Fonds Managern und Investoren konkurrieren zu können, ist es wichtig, dass die Gesetzgebung in Deutschland im Einklang mit globalen Praktiken steht und inländischen Hedge Fonds und Investoren keine unnötigen Restriktionen auferlegt werden. Der Verlust von Entwicklung und Produktion von Finanzdienstleistungen an London, insbesondere Emission, Handel und Analyse von Wertpapieren, Währungen und Derivaten über die letzten Jahre, ist kaum aufzuholen.

So wurde zum Beispiel durch die Einführung des Euro die Notwendigkeit, spezifisch deutsche Finanzdienstleistungen zu entwickeln, verringert, da nun in "Euroland" Finanzprodukte skalierbarer sind und dementsprechend kostengünstiger entwickelt werden können. Einfacher und kostengünstiger ist dies in London, wo die Steuern niedriger, die Regulierungen liberaler und das (in Finanzdienstleistungen geschulte) Humankapital reichlicher vorhanden sind. Steuersätze und Regulierungsdichte müssten also deutlich unter Londoner Niveaus gesenkt werden, um Nachteile hinsichtlich Infrastruktur, Sprache und Finanzmarktkultur auszugleichen.


Neue Rahmenbedinungen sind gefordert

Der Finanzplatz Frankfurt steht in direkter Konkurrenz mit anderen kontinentaleuropäischen Finanzplätzen wie Paris, Luxemburg oder Zürich, die sich zum Teil Marktnischen zumeist durch Steuer- und Regulierungsvorteile geschaffen haben. Dabei ist die relative Zahl der Beschäftigten im Finanzgewerbe auf diesen Plätzen vergleichbar mit der in Deutschland; Luxemburg liegt hier bekanntlich weit über dem Durchschnitt. So werden zum Beispiel internationale Anleihen deutscher Emittenten insbesondere aufgrund der Steuervorteile für Investoren und Emittenten fast ausschließlich über Luxemburg oder andere europäische Finanzplätze durchgeführt.

Im Unterschied zu diesen kontinentaleuropäischen Standorten ist Deutschland aber der wichtigste europäische Marktplatz für den Vertrieb von Finanzdienstleistungen. Ziel der Politik sollte es daher sein, dieses auf der Nachfrageseite generierte Marktpotential durch Schaffung kapitalmarktfreundlicher Rahmenbedingungen für die Anbieter und Nachfrager dieser Finanzdienstleistungen auch für gesamtwirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung besser zu nutzen.

Der Erfolg der Deutsche Börse AG belegt, dass Innovationen und die konsequente Umsetzung zukunftsorientierter Strategien die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland erheblich steigern können.

These 2: Eine glaubwürdige und effektive Kapitalmarktaufsicht, hohe Markttransparenz und glaubwürdiger Anlegerschutz sind Voraussetzungen für die Überwindung der Vertrauenskrise am Kapitalmarkt.

Ein grundlegendes Problem, mit dem die Marktteilnehmer und die Kapitalmarktaufsichtsbehörden heute konfrontiert sind, ist die Wiederherstellung des Vertrauens der Anleger in die Integrität der Kapitalmärkte. Unternehmensskandale, der Umgang mit Interessenkonflikten und der rasante Kursverfall an den Aktienmärkten haben das Vertrauen der Anleger erschüttert. Die Anträge der Fraktionen belegen, dass die Bereitschaft zur Fortentwicklung des Finanzmarktes besteht und die wesentlichen Handlungsfelder identifiziert sind. Aus unserer Sicht sind dies insbesondere die folgenden vier Bereiche:

- die Weiterentwicklung der Kapitalmarktaufsicht,
- die Verantwortlichkeit von Abschlussprüfern gegenüber den Kapitalmärkten,
- eine Verbesserung der Qualität der Informationen, die dem Markt zur Verfügung gestellt werden und die Corporate Governance


Kapitalmarktaufsicht: Die Gründe für die Ineffizienz

Eine effektive Kapitalmarktaufsicht muss über ausreichende Ressourcen und Erfahrung verfügen, um Anlegerschutz gewährleisten zu können. Dies gilt sowohl bei der Begleitung von Wertpapieremissionen als auch der Überwachung des Handels und des Kapitalmarktes generell. Die Gründung der BaFin war in diesem Zusammenhang ein bedeutender Schritt; eine weitere Zusammenführung am Finanzplatz Frankfurt befürworten wir.

Gleichwohl bleibt das Aufsichtswesen für den Kapitalmarkt in Deutschland fragmentiert; es sollte vereinfacht, konzentriert und hinsichtlich der Ressourcen aufgestockt werden, um eine effiziente Beaufsichtigung sicherzustellen. Das Auseinanderfallen der Kompetenzen der BaFin, der Deutschen Bundesbank, der zuständigen Landesbehörden und der Handelsüberwachungsstellen bei der Beaufsichtigung der Finanzinstitute einerseits sowie der Marktüberwachung andererseits sind unübersichtlich, ineffizient und im Ausland schwer vermittelbar.


Mehr Personal und Schwerpunktstaatsanwaltschaft

In personeller Hinsicht werden zusätzliche erfahrene Prüfer benötigt, die eine sorgfältige materielle Prüfung der Unterlagen, die von Emittenten im Zusammenhang mit Kapitalaufnahmen offen gelegt werden, vornehmen können. Nur so kann gewährleistet werden, dass potenziellen Anlegern vollständige und ausgewogene Informationen für ihre Anlageentscheidungen zur Verfügung stehen. Die Aufsichtsbehörden sollten aber auch über entsprechende Befugnisse und Ressourcen verfügen, um die regelmäßig von Unternehmen veröffentlichten Informationen zu prüfen, damit die Anleger zeitnah qualitativ hochwertige Informationen erhalten.

Ohne eine glaubwürdige und effektive Durchsetzung bis hin zur Strafverfolgung laufen Kapitalmarktvorschriften leer. Dies ist nur dann zu erreichen, wenn diejenigen, die ihren Pflichten nicht nachkommen, identifiziert und entsprechende Maßnahmen gegen sie eingeleitet werden. Wir befürworten daher eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft mit Sitz in Frankfurt am Main.


Abschlussprüfer müssen mehr Verantwortung tragen

In Deutschland sind Jahresabschlussprüfer in einem in anderen Ländern nicht bestehenden Maße vor Schadensersatzansprüchen von Aktionären geschützt. Namentlich in den USA und Großbritannien sind Abschlussprüfer unmittelbar den Aktionären gegenüber verantwortlich. In Deutschland beschränkt das HGB jedoch nicht nur die Verantwortung des Prüfers auf das geprüfte Unternehmen, sondern legt auch eine jedenfalls mit Bezug auf börsennotierte Unternehmen unverhältnismäßig niedrige Haftungsgrenze fest.

Die Wirtschaftsprüferkammern in den USA und Großbritannien treten am Kapitalmarkt aktiv in Erscheinung, um das Vertrauen in ihren Berufsstand und in die gleichbleibend hohe Qualität ihres Beitrags für den Kapitalmarkt zu fördern.

Wir halten es für erforderlich, die Wirtschaftsprüfer auch in Deutschland mehr in die Verantwortung zu nehmen, weil dies eine wichtige Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Qualität der von Unternehmen veröffentlichten Finanzinformationen bedeutet. Haftungsobergrenzen für Abschlussprüfer stehen diesem Ziel entgegen. Die durch den Wegfall von Haftungsgrenzen zusätzlich entstehenden Kosten der Wirtschaftsprüfung für die Unternehmen halten wir in Abwägung mit der hierdurch im Kapitalmarkt zusätzlich entstehenden Sicherheit für gerechtfertigt, zumal diese Kosten heute in Deutschland vergleichsweise niedrig sind.


Offenlegungsstandards: Der Unterschied ist erheblich

Die Verbesserung der Qualität sowie die Verfügbarkeit korrekter und klarer Informationen über börsennotierte Unternehmen muss in den Vordergrund gestellt werden. Dies gilt sowohl für regelmäßige Unternehmensbekanntmachungen (zum Beispiel Geschäftsberichte und Ad-hoc-Mitteilungen) als auch für Aktienanalysen. Gegenwärtig bestehen in der Praxis beträchtliche Unterschiede zwischen den Offenlegungsstandards von Unternehmen in Bezug auf Inhalte und Darstellung von Unternehmensberichten.

Die Einführung konkreter Offenlegungsvorschriften - so wie in der EU-Verordnung zur Transparenz für Geschäftsberichte und Zwischenberichte vorgesehen - wäre für die Aktionäre sehr förderlich. Auch die Einführung einer öffentlich zugänglichen Datenbank für Unternehmensinformationen wäre zu begrüßen. Anleger sollten besser in die Lage versetzt werden, die offen gelegten Informationen verschiedener Unternehmen zu vergleichen.


Integrität der Aktienanalysen erhöhen

Aktienanalysen und Berichte von Kreditbewertungsagenturen sind zwei weitere wichtige und unabhängige Informationsquellen. Aktienanalysen bieten eine eingehende Untersuchung und Bewertung von Unternehmen, die Unternehmensberichte nicht leisten können. Allerdings sind wir uns bewusst, dass das Vertrauen in Aktienanalysen auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Wir unterstützen deshalb nachdrücklich weitergehende Maßnahmen, um die Integrität von Aktienanalysen zu erhöhen, und befürworten eine internationale Zusammenarbeit zur Herstellung einer gemeinsamen europäischen Haltung.


Rating-Überwachung: Keine nationalen Alleingänge

Zudem ist die Zusammenarbeit mit den international anerkannten Kreditbewertungsagenturen für eine einheitliche und transparente Kreditbewertung für deutsche Emittenten sehr wichtig. Dabei finden insbesondere die Ratings der durch die amerikanischen Aufsichtsbehörden anerkannten National Recognized Statistical Rating Organizations (Standard & Poor`s, Moody`s Investor Service, Fitch Inc. und Dominion Bond Rating Services) breite internationale Anwendung.

Eine effiziente Überwachung der Grundlagen für Rating-Entscheidungen ist nach unserer Ansicht dabei ein wesentliches Element im Interesse des Anlegerschutzes. Die durch die jüngsten Finanzskandale ausgelösten Untersuchungen der amerikanischen Aufsichtsbehörden erhöhen dabei den externen Druck auf die Rating-Agenturen, die wichtige Maßnahmen zur Stärkung der Marktnähe, Verlässlichkeit und Transparenz der Rating-Entscheidungen angekündigt haben und umsetzen.

Eine darüber hinausgehende nationale Regulierung oder ein nationales System, die nicht zum Ziel einer Globalisierung und Harmonisierung unabhängiger Analysen beitragen, halten wir für kapitalmarktpolitisch wenig sinnvoll; sie würden nicht die Akzeptanz der eigentlichen Adressaten von Ratings, nämlich internationaler Kapitalmarktanleger, erzielen.
Im Bereich Corporate Governance sind in der Bundesrepublik erhebliche Fortschritte zu verzeichnen. Der gewählte Ansatz der Selbstregulierung ist richtig. Der Deutsche Corporate Governance Kodex unter Berücksichtigung der am 21. Mai dieses Jahres beschlossenen Änderungen entspricht weitgehend dem von der EU-Kommission am gleichen Tag vorgelegten Aktionsplan zum Gesellschaftsrecht und zur Corporate Governance. Damit wurden in Deutschland die Voraussetzungen für in den Kernpunkten auf europäischer Ebene vereinheitlichte Regelungen geschaffen.


Manager-Bezüge: Mehr Transparenz schafft Vertrauen

Transparenz bei den Bezügen von Vorständen und Aufsichtsräten und im Hinblick auf Interessenkonflikte sowie die Verantwortlichkeit für Informationen, die Unternehmen an die Kapitalmärkte weitergeben, sind notwendige Voraussetzung für eine Erhöhung der Glaubwürdigkeit bei den Anlegern.

Vor allem auf den Gebieten Managerbezüge (Geld- und Sachleistungen) und Interessenkonflikte ist eine größere Transparenz gegenüber dem Markt erforderlich. In einer freien Marktwirtschaft kann der Gesetzgeber nicht Obergrenzen für Bezüge von Vorständen und Aufsichtsräten festlegen; allerdings ist eine detaillierte und inhaltlich klare Offenlegung der Gesamtbezüge der einzelnen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder - so wie dies beispielsweise in den USA und Großbritannien üblich ist - sinnvoll.

Zudem sollten potenzielle Interessenkonflikte - beispielsweise Kredite, die ein Unternehmen Vorständen oder Aufsichtsräten gewährt und Verträge zu nicht marktüblichen Bedingungen - ausgeschlossen beziehnungsweise vollständig offengelegt werden.

Daneben erscheint es uns als weitere vertrauensbildende Maßnahme erforderlich, eine persönliche Haftung von Organmitgliedern für Falschinformation des Kapitalmarktes einzuführen. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte diese allerdings auf klar definierte Sachverhalte beschränkt sein und grundsätzlich nur Angaben in Jahresabschlüssen und anderen Pflichtmitteilungen erfassen, sofern nicht sonstige, insbesondere mündliche, Äußerungen gezielt zur Irreführung des Kapitalmarktes eingesetzt wurden.


Runter mit der Zahl der Aufsichtsräte

Zudem ist die Effizienz des Zusammenspiels von Aufsichtsrat und Vorstand einer Aktiengesellschaft zu prüfen. So sind zum Beispiel die aktienrechtlichen Bestimmungen sowie die Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes kritisch zu hinterfragen, die eine Höchstzahl von bis zu 21 Aufsichtsratsmitgliedern vorsehen. Der Zuwachs an Aufgaben und Verantwortung, den der Aufsichtsrat nicht zuletzt aufgrund gesetzlicher Änderungen erfahren hat, spricht nicht für, sondern gegen die Beibehaltung der vorgenannten Regeln. Wir halten es deshalb für sinnvoll, eine Herabsetzung der Zahl der Aufsichtsratmitglieder in Erwägung zu ziehen (zum Beispiel Halbierung, wie in der Debatte um das KonTraG von vielen Marktteilnehmern gefordert).

Weiterhin sollte überprüft werden, inwieweit Interessenkonflikte aus Doppelfunktionen von Aufsichtsratsmitgliedern die Funktionsfähigkeit eines Aufsichtsrates materiell einschränken. Solche Doppelfunktionen können zum Beispiel Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder eines Konkurrenten, betriebsfremde Gewerkschaftsvertreter sowie Vertreter der Hausbanken innehaben.

These 3: Die Globalisierung der Kapitalmärkte eröffnet die Chance einer Anpassung der Finanzierungsstruktur des privaten und des öffentlichen Sektors in Deutschland. Wirtschaftliche Dynamik sowie ein modernes rechtliches und steuerliches Umfeld sind erforderlich, um Kapital anzuziehen. Die Diversifizierung der Kapitalquellen führt zu einer Vertiefung und Verbreiterung des Kapitalmarktes und damit zu einer nachhaltigen Stärkung des Finanzplatzes Deutschland.

Der deutsche private wie der öffentliche Sektor stehen im globalen Wettbewerb um Kapital. Die Kapitalstruktur deutscher Unternehmen (Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital) weist eine im internationalen Vergleich sehr niedrige Eigenkapitalquote auf. Fremdkapitalanteile von über 80 Prozent und in der Spitze von teilweise mehr als 90 Prozent sind dabei nicht selten; sie sind damit wesentlich höher als bei Unternehmen in vergleichbaren Branchen im europäischen Ausland oder in den USA.


Die Schwäche der Finanzierungskultur in Deutschland

Diese Unterschiede sind Ergebnis einer spezifischen, langjährigen deutschen Finanzierungskultur, die vornehmlich auf Bankkreditfinanzierung basierte. Dies wurde nicht zuletzt dadurch gefördert, dass - relativ gesehen - Fremdmittel in Deutschland durch Banken zu billig angeboten wurden und deshalb die Eigenkapitalbildung nicht im Vordergrund stand. Diese Nutzung von Fremdkapital kann zwar für Unternehmen rendite erhöhend wirken; in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche steigt allerdings das Insolvenzrisiko erheblich.

Finanzmittel werden im globalen Wettbewerb dort angelegt, wo sie bei geringstmöglichem Risiko den höchsten Ertrag erzielen. Eine konsequente Steigerung der operativen Ertragskraft deutscher Unternehmen ist folglich Voraussetzung einer erhöhten Attraktivität für externe Eigenkapitalinvestitionen. Daneben ist die Steigerung unternehmerischer Innenfinanzierung erforderlich, die nur bei steuerlicher Neutralität von Fremd- und Eigenkapital stattfinden kann.

Die aktuelle Vertrauenskrise erschwert den Zugang zu Eigenkapital. Zu ihrer Überwindung halten wir insbesondere die in These 2 genannten Maßnahmen für erforderlich.


Stärkere Beteiligung der Mitarbeiter am Eigenkapital

Die notwendige Attraktivität für Eigenkapitalgeber kann auch durch eine mehr erfolgsorientierte Unternehmensführung verbessert werden: Stärkere Beteiligung des Top-Managements sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Eigenkapital des Unternehmens; Knüpfung signifikanter Anteile der Vergütung an das Erreichen operativer Performance-Ziele; Performance-abhängige und adäquate Vergütung von Aufsichtsräten und Beiräten, welche die Formulierung der Performance-Ziele vornehmen und deren Erreichen nachhalten.


Unternehmensübernahmen erleichtern

Auch die europäischen Übernahmevorschriften sollten darauf abzielen, einen Rahmen für Unternehmensübernahmen zu schaffen, der das Entscheidungsrecht der Aktionäre anerkennt. Wir unterstützen die EU-Übernahme-Richtlinie als wichtige Maßnahme zur Förderung des europäischen Binnenmarktes, weil sie größere Transparenz und Rechtssicherheit in den Übernahme-Prozess bringt.

Die Schaffung eines fairen und einheitlichen rechtlichen Rahmens in ganz Europa erleichtert einen ordnungsgemäß ablaufenden grenzüberschreitenden Umstrukturierungsprozess und stellt sicher, dass die Aktionäre als Eigentümer entscheiden, ob sie für ein Unternehmen einen angemessenen Wert erhalten. Dabei sind wir allerdings der Auffassung, dass die Richtlinie in ihrer jetzigen Form keine radikale Veränderung des Umfangs der M&A-Aktivitäten in Europa bewirken würde.


Eigenkapital: Die Rolle von Private Equity Fonds

Zudem können auch Private Equity Fonds eine noch wichtigere Rolle für den Standort Deutschland und den deutschen Kapitalmarkt spielen: Der Anteil von M&A-Transaktionen, den Private Equity Fonds am deutschen M&A-Markt insgesamt ausmachen, ist über die letzten vier Jahre kontinuierlich auf zuletzt knapp 30 Prozent per anno gestiegen.





In Deutschland wurden so im Jahr 2001 4,4 Milliarden Euro Eigenkapital durch Private Equity Fonds bereitgestellt und damit Investitionen im Wert von über 13 Milliarden Euro getätigt. Private Equity Fonds spielen auch eine wichtige Rolle bei zukünftigen Eigenkapitalemissionen, da ihre Beteiligungen typischerweise nach einigen Jahren an der Börse platziert werden sollen.

Diesen Investoren kommt im Übrigen auch eine wichtige Rolle bei der Sicherung von Arbeitsplätzen zu. Die Private Equity Firmen beschäftigen selbst hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die eigentliche Bedeutung für die Beschäftigung wird jedoch an zwei Beispielen deutlich: Siemens hat für ein Portfolio von Tochterunternehmen einen Investor gewonnen, der allein aufgrund dieser Transaktion jetzt über 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittelbar beschäftigt.

Eine der letzten großen Transaktionen im deutschen Markt, der Erwerb von Kabel Deutschland durch Private Equity Investoren, führte zu einer Investition von knapp zwei Milliarden Euro in ein Unternehmen, das in Deutschland etwa 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Vor diesem Hintergrund ist die anhaltende Ungewissheit hinsichtlich der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Private Equity Fonds, deren Investoren, deren Manager sowie deren Investments schädlich für den Finanzplatz Deutschland. Im Vergleich zu anderen Finanzplätzen nachteilige Steuerregelungen werden zur Abwanderung sowohl des Know-hows als auch des Kapitals der Private Equity Fonds ins Ausland führen.


Die Chancen des Mittelstandes am Kapitalmarkt

Aufgrund des hohen Fremdkapitalanteils insbesondere unserer mittelständischen Wirtschaft wird Basel II dazu führen, dass deutsche Unternehmen im Allgemeinen und der Mittelstand im Besonderen sich weniger stark auf Bankkreditfinanzierung verlassen können. Sie müssen vielmehr den Zugang zum Kapitalmarkt zu risikoadäquaten, marktgerechten Finanzierungskosten auf der Basis einer angemessenen Eigenkapitalquote suchen. Im Sinne wirtschaftlicher Nachhaltigkeit ist dies sinnvoll.

Der US-amerikanische Kapitalmarkt hat gezeigt, dass eine Finanzierung auch des Mittelstandes am Kapitalmarkt keineswegs unrealistisch ist. In den USA sind auf dem Markt für Fremdkapitalfinanzierung deutlich mehr Unternehmen aktiv als in Deutschland, obwohl ihre durchschnittliche Bonität (Kredit-Rating) niedriger ist. Durch eine stärkere Kapitalmarktfinanzierung wird die Abhängigkeit mittelständischer Unternehmen von Bankdarlehen reduziert. Der Kapitalmarkt führt per definitionem zu einer besseren Verteilung des Risikos auf viele Marktteilnehmer und zu einem angemessenen Marktpreis.

Empirische Studien zeigen allerdings, dass es einer großen Zahl deutscher Unternehmen heute nicht gelingt, eine operative Kapitalrendite zu erwirtschaften, die unter Berücksichtigung der normalen Schwankungen im Geschäftsverlauf ausreicht, um die Kapitalkosten zu überdecken. Insbesondere Unternehmen mit schwankender Renditecharakteristik sollten stärker mit Eigenkapital finanziert werden, um etwaige Verluste besser kompensieren zu können. Auch ertragsstarke Unternehmen können bei unvorhergesehenen signifikanten Verschlechterungen ihrer Absatzmärkte kurzfristig in Insolvenzgefahr geraten.


Das Risiko einer unflexiblen Kostenstruktur

In jedem Fall müssen Unternehmen in die Lage versetzt werden, kurzfristig und flexibel Kostenstrukturen anzupassen. Die mangelnde Flexibilität, Ressourcen bedarfsgerecht anpassen zu können, stellt in Deutschland ein erhebliches Kapitalstrukturrisiko dar. Viele Kosten, die in anderen Ländern als variabel erachten werden, sind hier de facto fix.

Folgende Ansatzpunkte, die in der derzeitigen Debatte um die "Agenda 2010" der Bundesregierung wieder zu finden sind, bieten einen Weg, um Voraussetzungen für flexiblere Kostenstrukturen zu schaffen, und könnten so zu einer Stärkung der Eigenkapitaldecke führen: Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, deutliche Senkung von Lohnnebenkosten, Steuern und Abgaben; Schaffung steuerlicher Anreize für flexible Lohn- und Gehaltskomponenten.

Das Beispiel Japan zeigt, dass der Erhalt einer unrentablen Unternehmenslandschaft durch expansive Finanz- und Geldpolitik unter Vermeidung notwendiger Reformen sowie politischer Druck zur Fremdmittelvergabe durch das Bankensystem eine langfristige Systemkrise herbeiführen kann.

Die Finanzierung des öffentlichen Sektors hat durch die Gründung der Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH einen wichtigen Impuls zu einem moderneren Schuldenmanagement bekommen. Einige Bundesländer haben damit begonnen, sich stärker auch am internationalen Kapitalmarkt zu finanzieren. Ein aktives Schuldenmanagement unter Einsatz moderner Finanzierungsinstrumente kann zu einer erheblichen Reduzierung der Finanzierungskosten der öffentlichen Hand beitragen. Hier sind insbesondere auch bei den Bundesländern zusätzliche personelle Ressourcen sinnvoll.

These 4: Die finanz- und steuerpolitischen Rahmenbedingung haben zur schwierigen Situation auch des Bankensektors beigetragen. Tiefgreifende Veränderungen sind notwendig. Hierzu gehört auch, den Bankensektor konsequent zu liberalisieren und das Drei-Säulenprinzip von privaten Geschäftsbanken, Genossenschafts- und Raiffeisenbanken und öffentlich-rechtlichen Banken zu öffnen. Die gegenwärtige Trennung führt in Deutschland nicht zu einer marktgerechten und volkswirtschaftlich effizienten Kapitalallokation.

Der deutsche Bankensektor hat im weltweiten wie auch im europäischen Vergleich bezogen auf die Einwohnerzahl eine zu hohe Anzahl von Banken mit einem zu dichtem Filialnetz. Diese häufig mit den Schlagworten "over-banked" und "over-branched" beschriebene Situation führt zu einer deutlich unterdurchschnittlichen Profitabilität und einer geringeren Innovationsfähigkeit. Dies liegt vor allem darin begründet, dass überregionale deutsche Wettbewerber zwar ein hohes Produktinnovationspotential innerhalb ihrer einzelnen Fachabteilungen vorweisen, es fehlt jedoch insbesondere im Retail-Bereich der deutschlandweit enge Bezug zur Kundenbasis.


Verteilung der Marktanteile lähmt Innovation

Marktanteile von deutlich unter zehn Prozent deutschlandweit (Top 5 Banken in Deutschland zusammen 19 Prozent Marktanteil versus 75 Prozent in Großbritannien) liefern keine ausreichende Basis, um hohe Innovationskosten zu rechtfertigen. Andererseits genießen regionale Marktteilnehmer oft Marktanteile von 50 Prozent und mehr in der jeweiligen Region, in der sie tätig sind. Das lokale Marktpotential rechtfertigt meist nicht entsprechend notwendige Innovationsausgaben für neue Produkte.

Da schließlich bisher nur sehr wenig Produkt- und Know-how-Transfer über die Sektorgrenzen des öffentlich-rechtlichen, genossenschaftlichen und privaten Bankgewerbes von Produzenten zu Distributoren stattgefunden hat, bleibt der Markt fragmentiert, einem hohen regionalen Risiko ausgesetzt, wenig profitabel und im internationalen Vergleich weniger innovativ. Dies ist weder im Interesse der Bankkunden noch der Banken selbst.


Zusammenschlüsse sind zu erleichtern

Im Sinne eines profitableren und innovativeren Finanzsystems, das in der Folge dann auch eine deutlich höhere Attraktivität für seine Kunden und für ausländisches Kapital hat, sollten Bankenzusammenschlüsse und -kooperationen auch über Sektorgrenzen ermöglicht und entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Auch wenn der öffentlich diskutierte Prozentsatz der notleidenden Kredite am gesamten deutschen Kreditvolumen gering erscheint, sind die potentiellen absoluten Zahlen und die daraus resultierenden möglichen Abschreibungen zulasten des aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals der Banken für manche Institute nach unserer Auffassung signifikant. Hohe Kreditvolumina auf den Bilanzen der Banken lähmen aufgrund ihrer Eigenkapitalbindung die Möglichkeit der Neuvergabe von Krediten. Nach Basel II werden diese Kredite ab 2007 mit relativ mehr Eigenkapital zu unterlegen sein, so dass bereits Befürchtungen eines "Credit Crunch", das heißt, eines Mangels an Kreditvolumina zur Neuvergabe, im Markt zu hören sind.


Verstärkte Verbriefung von Krediten schafft Luft

Diese Probleme lassen sich grundsätzlich auf die historisch gewachsene Finanzierungsstruktur der deutschen Wirtschaft zurückführen. Im internationalen Vergleich spielen immer noch Bankenkredite eine bei weitem dominierende Rolle gegenüber einer Finanzierung über den Kapitalmarkt. Neben der generellen Forderung, dass die Finanzierungsstruktur deutscher Unternehmen zukünftig stärker auf Kapitalmarktprodukten aufgebaut und weniger auf Bankkrediten basiert sein sollte, ergibt sich aus der aktuellen Situation des deutschen Bankensektors die Notwendigkeit, Kredite stärker als bisher verbriefen und damit dem Kapitalmarkt zugänglich machen zu können.

Die daraus resultierende Eigenkapitalentlastung der deutschen Finanzinstitute eröffnet Raum für die Neuvergabe von Krediten insbesondere an jene Teile der deutschen Wirtschaft, die kurzfristig noch keinen oder nur sehr erschwerten Zugang zum Kapitalmarkt haben. Zudem führt die Verbriefung auch zu einer marktgerechteren Bewertung der Kreditportfolios der deutschen Banken und damit zu einer höheren Transparenz und Attraktivität für ausländische Investoren. Dabei sind allerdings die Folgen möglicher Abschreibungen bei Kreditinstituten zu berücksichtigen, würden sie in Folge der Verbriefung ihre Kreditportfolios zu Marktwerten anstatt zu Buchwerten ausweisen.

Diese Situation ist für hoch entwickelte Industrienationen nicht neu. So haben bereits Länder wie die USA, Italien oder Frankreich Lösungen für ähnliche Problemstellungen gefunden. Nur durch entsprechende regulatorische Anreizstrukturen werden diese Probleme nachhaltig gelöst. Beispiele wie Japan zeigen, dass ohne entsprechende regulatorische Maßnahmen fundamentale Probleme zum dauerhaften Nachteil der Volkswirtschaft nicht bereinigt werden können.

In diesem Zusammenhang sind die Planungen der Bundesregierung hinsichtlich der steuerlichen Rahmenbedingungen für Asset Backed Securities Zweckgesellschaften sowie die "True Sales Initiative" der KfW und anderer Banken für sogenannte "performing loans" ein wichtiger erster Schritt zur Eröffnung eines neuen Marktsegments für die Verbriefung von Bankkrediten.

Beteiligungen: Rechtslage schreckt Investoren ab

Ein weiterer struktureller Nachteil des deutschen Bankensektors ergibt sich aus der Tatsache, dass Beteiligungen beziehungsweise die Absicht des Erwerbs einer Beteiligung an deutschen Finanzinstitutionen in Höhe von zehn Prozent oder mehr der BaFin anzuzeigen sind und von dieser untersagt werden können. Insbesondere die Anzeigepflicht der Erwerbsabsicht führt vor allem bei ausländischen Investoren zu großer Zurückhaltung. Zudem besteht Unsicherheit hinsichtlich der möglichen Untersagungsgründe. Angesichts der Konkurrenz um Investorenkapital sollte in diesem Bereich größere Rechtssicherheit geschaffen werden.

Ungeachtet der wohlverstandenen Schutzfunktion dieser Regelung sollte auch in Betracht gezogen werden, ob angesichts globalisierender Kapitalmärkte und entsprechender Finanzaufsicht eine solche Regelung generell noch erforderlich ist. Zu denken wäre zum Beispiel an die Schaffung eines Ausnahmetatbestandes, nach dem Investitionen in deutsche Finanzinstitutionen durch in- oder ausländische Kapitalgeber möglich wären, sofern diese selbst der Aufsicht einer international anerkannten Aufsichtsbehörde unterstehen. Ein solches Subsidiaritätsprinzip würde die Transparenz des deutschen Finanzsektors und damit seine Attraktivität und die Transaktionssicherheit für in- und ausländische Investoren erheblich verbessern.

These 5: Eine der zentralen Herausforderungen der öffentlichen Finanzen wie der Unternehmen und der Rentenversicherung, nämlich die Sicherung einer langfristig angemessenen Altersvorsorge, bietet zugleich ein erhebliches Potential für eine Vertiefung des deutschen Kapitalmarktes.

Der demographische Wandel macht die gegenwärtige Umlagenfinanzierung, im Englischen treffend "pay-as-you-go" genannt, als alleinige Grundlage zur Erfüllung von Renten- beziehungsweise Pensionsansprüchen hinfällig. Neben Fragen der Anpassung der Leistungen steht die Notwendigkeit einer zumindest teilweise kapitalgedeckten Finanzierung heute außer Zweifel.

Die öffentlichen Haushalte können die stark steigenden jährlichen Zuschüsse für die Rentenkassen nicht mehr verkraften und finanzieren. Letzte Schätzungen erwarten für Deutschland 2003 einen staatlichen Zuschuss in die Rentekasse von etwa 77 Milliarden Euro.

Zu den dringend benötigten Reformmaßnahmen zählen auch systemische Elemente, wie zum Beispiel: die Stärkung der kapitalgedeckten Elemente der Altersversorgung auf der Basis freiwilliger Systeme, die einheitliche steuerliche Behandlung (nachgelagerte Besteuerung) der unterschiedlichen Rentenarten sowie der Abbau administrativer und bürokratischer Hindernisse vor allem im Bereich der privaten Vorsorge (Riester-Rente).

Beitragsbezogene (zum Beispiel bis zehn Prozent des Gehalts per anno), nachgelagert besteuerte Altersvorsorgeverträge sollten genügend Möglichkeiten zur arbeitnehmerfinanzierten Altersvorsorge schaffen, unabhängig von der Wahl des jeweiligen Finanzproduktes (Investmentfonds, Lebensversicherung, Banksparplan etc.). Eine weitere Stärkung der betrieblichen Altersversorgung als effizienter und kostengünstiger Weg der Altersvorsorge schafft auch Freiräume zur Umstellung der Struktur der gesetzlichen Rentenversicherung.


Ungeahnte Dimensionen der Altersvorsorgevermögen

Um beispielsweise den Anteil der betrieblichen Altersversorgung am Alterseinkommen der Rentnerhaushalte von heute fünf Prozent auf immer noch international unterdurchschnittliche 15 Prozent zu steigern, müssten weitere Mittel in Höhe von circa 600 Milliarden Euro angesammelt werden. Altersvorsorgevermögen können bei diesen Gesamtvolumina eine volkwirtschaftliche bedeutende Quelle von langfristigem Eigenkapital für die deutsche Volkswirtschaft darstellen. Zum Vergleich: Die Marktkapitalisierung der Dax30-Unternehmen beträgt gegenwärtig circa 400 Milliarden Euro.

Die Finanzierung der leistungsbezogenen Pensionszusagen (Direktzusagen) deutscher Unternehmen mit Hilfe von Pensionsrückstellungen ist eine über Jahrzehnte etablierte Methode. Die Summe der in Deutschland über Pensionsrückstellungen finanzierten betrieblichen Pensionsversprechen belief sich Ende 2002 auf circa 220 Milliarden Euro. Davon sind etwa 25 Prozent (55 Milliarden Euro) durch Finanzanlagen gedeckt. Die verbleibenden circa 165 Milliarden Euro sind traditionell im Wege der Innenfinanzierung in den Unternehmen reinvestiert. Nach internationalen Bilanzstandards erhöht sich dieser Betrag der ungedeckten Pensionsverbindlichkeiten ("unfunded pension liabilities") auf circa 230 Milliarden Euro, da nach diesen Regeln nur Finanzanlagen, welche extern verwaltet werden, den Status von Pensionsgeldern erlangen können.


"Pension Trusts": Die Vorteile für den Konzern

Daher haben vor allem große und international tätige deutsche Konzerne "Pension Trusts" zum Zwecke der externen Finanzierung von Pensionsverbindlichkeiten aufgelegt; Beispiele sind DaimlerChrysler, Siemens, Volkswagen, Schering und die Deutsche Bank.

Ein "Pension Trust" erlaubt den Unternehmen, eine verbesserte Bilanzstruktur zu erzielen (Saldierung der Verbindlichkeiten mit dem Planvermögen) und den Einfluss kapitalmarktfremder Überlegungen auf die Anlage des Planvermögens auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die von den internationalen beziehungsweise amerikanischen Pension Accounting Standards vorgesehenen Glättungsmechanismen ermöglichen es, die durch kurzfristige Schwankungen des Deckungsgrades verursachte Volatilität der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz zu reduzieren. Dadurch ist sichergestellt, dass sämtliche Asset-Klassen berücksichtigt werden können, und die Portfoliostruktur des Planvermögens sich besser an den langfristigen Verbindlichkeitsströmen ausrichten lässt (Asset-Liability-Management).

Deshalb können Unternehmen mit externen kapitalgedeckten Pensionsplänen langfristig höhere Kapitalerträge und somit eine kostengünstigere Finanzierung ihrer betrieblichen Pensionsverbindlichkeiten erwarten.

Die größten Pensionsfonds der Welt sind Versorgungswerke von öffentlichen Angestellten, zum Beispiel Calpers (USA, 150 Milliarden Dollar), ABP (Niederlande, 145 Milliarden Euro). Sie zählen zu den größten institutionellen Investoren der Welt und spiegeln eine andere Vorsorgephilosophie dieser Länder (USA, Niederlande, Schweiz, Großbritannien, Irland usw.) wider.

Auch in diesen Ländern wird die Sozialversicherung, obwohl sie oft nur den Charakter einer Grundversorgung hat, über ein Umlageverfahren finanziert. Aber die Pensionsverbindlichkeiten der eigenen Angestellten und deren Kosten sind durch kapitalgedeckte Versorgungswerke nicht auf Folgegenerationen von Steuerzahlern verlagert.


Die Zukunft des Beamten-Pensionssystems

In Deutschland treffen wir auf eine andere Situation. Die Versorgungsverbindlichkeiten für die Beamten werden im wesentlichen aus den Steuereinnahmen im Wege eines Umlageverfahrens finanziert. Kapitalstöcke sind über die Jahrzehnte nicht aufgebaut worden. Durch die demographische Entwicklung und die spezifische Einstellungspolitik des öffentlichen Sektors in den 60er und den 70er Jahren werden die öffentlichen Haushalte durch die Pensionslasten zukünftig außerordentlich belastet. Die Länderhaushalte stehen hier besonders unter Druck, da große Gruppen wie zum Beispiel Lehrer, Polizisten und Verwaltungsbeamte über die Länderhaushalte finanziert werden.

Um die Altersvorsorge der heute aktiven Beamten periodengerecht vorzufinanzieren, müssten die laufenden Besoldungen um einen Aufwandbeitrag von circa 25 Prozent bis 30 Prozent per anno erhöht werden. Da der Gesamtverpflichtungsumfang der nicht ausfinanzierten Altersversorgungszusagen für die Beamten des Bundes, der Länder und der Kommunen etwas mehr als 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beträgt, ist es nicht vorstellbar, eine vollständige Kapitaldeckung aufzubauen.

Generationengerechte Finanzierung der Pensionslasten

Deshalb ist der Aufbau von teilkapitalgedeckten Vorsorgesystemen im öffentlichen Sektor der einzig gangbare Ansatz, die Finanzierung der Pensionslasten generationengerecht zu gestalten. Der öffentliche Sektor vollzöge zudem mit dem Einstieg in eine teilweise kapitalgedeckte Finanzierung seiner Pensionszusagen, was im Bereich der privaten und betrieblichen Altersvorsorge mit erheblichem Aufwand gefördert wird.

Mit den zu erwartenden weiteren Vermögenswerten unter Treuhänderschaft (bei einer angenommenen Kapitaldeckung von 50 Prozent der Pensionsverbindlichkeiten für die Beamten mehr als 250 Milliarden Euro) könnte die öffentliche Hand selbst als Nachfrager ein Innovator von Anlageprodukten werden.

Allerdings kommt es entscheidend darauf an, dass Pensionsfonds der öffentlichen Hand dem Zugriff des jeweiligen laufenden Haushalts entzogen sind und die Anlagerichtlinien den Regeln der Risikodiversifizierung moderner Portfoliotheorie entsprechen. Durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen in Deutschland zum Aufbau entsprechender Versorgungswerke und effizienter Investitionsrahmenbedingungen ergibt sich hier eine bedeutende Chance. Öffentliche Versorgungswerke könnten zur mittelfristigen Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie zur Sicherung der Pensionszusagen beitragen.

Der Finanzplatz Deutschland steht wie der Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt vor großen Herausforderungen. Der aus den Anträgen der Fraktionen ablesbare Grad an Übereinstimmung in dem Bestreben zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes ist ermutigend. Wie in der Gesamtwirtschaft erwarten die Marktteilnehmer eine zügige Umsetzung wachstums- und beschäftigungsfördernder Reformen.


manager-magazin.de, 10.06.2003
Redaktionelle Bearbeitung durch Lutz Reiche
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aus der Diskussion: Märkte (4. Teil) - und die Zukunft der Weltwirtschaft
Autor (Datum des Eintrages): konradi  (10.06.03 14:06:23)
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