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    Wie Politiker die Steuerpflicht umgehen .... (es gibt viel zu tun) - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 09.09.05 13:16:46 von
    neuester Beitrag 10.09.05 09:50:45 von
    Beiträge: 3
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      schrieb am 09.09.05 13:16:46
      Beitrag Nr. 1 ()
      Wie Politiker die Steuerpflicht umgehen
      Von Hans Herbert von Arnim

      07. September 2005 Politiker und Parteien genießen zahlreiche Privilegien. Das schwächt ihre Bereitschaft zum Abbau von Sondervorteilen, denn sie wären davon ja selbst an erster Stelle betroffen. Genau um solchen Abbau geht es aber bei fast allen Reformen, auch bei der Steuerreform. Hier müssen die vielen Steuervergünstigungen beseitigt und die Tarife gesenkt werden.

      Da sind zunächst die Parlamentsabgeordneten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte zwar die Steuerfreiheit ihrer Bezüge schon 1975 für verfassungswidrig. Doch versteuert wird nur die Entschädigung (für Bundestags- und deutsche Europa-Abgeordnete 7009 Euro monatlich). Ansonsten wird die Steuerpflicht umgangen:

      So ist die ganze Aufwandspauschale steuerfrei, die zum Beispiel Bundestagsabgeordnete in Höhe von 3589 Euro, Europa-Abgeordnete in Höhe von 3785 Euro monatlich erhalten. Das verschafft vielen Abgeordneten, deren Aufwendungen für ihr Mandat niedriger sind, ein steuerfreies Zusatzeinkommen, zumal die Aufwendungen vielfach ohnehin gesondert erstattet werden. Der Umfang dieses Privilegs kommt immer wieder in Unterhaltsprozessen an den Tag, wenn die Gerichte auf Antrag etwa eines unterhaltsberechtigten früheren Ehegatten des Abgeordneten große Teile der Pauschale zum unterhaltspflichtigen Einkommen rechnen.

      „Sachlich noch zu rechtfertigen”

      In einem anderen, prominenten Fall bescheinigte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg dem früheren Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Werner Münch, daß ihm, als er noch Europa-Abgeordneter war, sogar „die Tagegelder vollständig und die Aufwandsentschädigung fast vollständig zur Verfügung gestanden” und sein Einkommen erhöht hätten. Dem Gericht drängte sich deshalb „die Frage auf, ob die Steuerfreiheit der Abgeordnetenentschädigung in ihrer bisherigen Form sachlich noch zu rechtfertigen ist”. Das zu entscheiden war aber nicht Sache des Gerichts.

      Abgeordnete dürfen auch Spenden von Sympathisanten, Unternehmen oder Verbänden in unbegrenzter Höhe entgegennehmen. Die Zahlungen unterliegen, selbst wenn der Abgeordnete sie für seinen Lebensunterhalt verwendet, nicht der Einkommensteuer, sondern nur der meist sehr viel niedrigeren Schenkungsteuer. Solche Zuwendungen werden also vom Steuerzahler mitfinanziert, obwohl sie oft im Dunstkreis der Korruption stehen.

      Schließlich brauchen Abgeordnete, anders als normale Bürger, keine eigenen Beiträge zu ihrer sehr großzügigen Altersversorgung zu entrichten (Vollversorgung bereits nach einem halben Arbeitsleben vom 55. Lebensjahr an). Darin liegt, wirtschaftlich gesehen, ein Zusatzeinkommen, das die Entschädigung um rund 40 Prozent aufstockt, das aber eben steuerfrei ist. Dagegen müssen Normalverbraucher ihre Beiträge zur Altersversorgung oft zum großen Teil aus versteuertem Einkommen bezahlen.

      Der Beitrag ist zu hoch

      Auch politische Parteien sind privilegiert. Wer ihnen Spenden zukommen läßt, kann sie steuerlich absetzen, ein verheirateter Spender bis zu 6600 Euro im Jahr. Der Betrag ist viel zu hoch. Das Bundesverfassungsgericht läßt die Steuerbegünstigung aus Gründen der Chancengleichheit nur bis zu einem Betrag zu, den auch ein durchschnittlicher Einkommensbezieher noch ausschöpfen kann. Eine vom Bundespräsidenten eingesetzte Sachverständigenkommission konkretisierte diese Obergrenze bei einem Drittel des jetzigen Betrages.

      Doch die Schatzmeister der Parteien, die dem Gesetzgeber in Sachen Parteienfinanzierung regelmäßig die Feder führen, riskierten ganz bewußt den Verfassungsbruch und schrieben den dreifachen Betrag fest. Der Grund: Sie wollten die „Parteisteuern”, die ebenfalls die Steuervergünstigung genießen, nicht gefährden. Das sind Sonderbeiträge, die Abgeordnete und andere Politiker, zusätzlich zu ihren Mitgliedsbeiträgen, sozusagen als finanzielle Gegenleistung für die Verschaffung des Mandats, an ihre Partei entrichten. Sie machen etwa bei SPD-Bundestagsabgeordneten nämlich rund 6000 Euro im Jahr aus, bei Abgeordneten der Grünen und der PDS sind sie noch höher.

      Rechtliche Zulässigkeit zweifelhaft

      Da das Gesamtvolumen der Parteisteuern mit jährlich rund 35 Millionen Euro beträchtlich, ihre rechtliche Zulässigkeit aber höchst zweifelhaft ist, fürchteten die Schatzmeister um den Fortbestand dieser Einnahmequelle, falls die Abgeordneten die ihnen aufgezwungenen Abgaben nicht mehr voll steuerlich absetzen könnten.

      Daß selbst verfassungswidrige Steuerprivilegien von Abgeordneten und Parteien über Jahrzehnte fortbestehen, liegt daran, daß Verfassungsgerichte nur auf Antrag tätig werden. Einen Antrag könnten aber nur Politiker und Parteien selbst stellen, nicht auch ein steuerzahlender Bürger. Wir haben hier also die absurde Situation, daß die, die klagen könnten, nicht wollen, und die, die wollen, nicht können. (Die oben genannten Zivil- und Verwaltungsgerichte sind nicht befugt, die Privilegien abzuschaffen.)

      Politiker, die wirklich eine durchgreifende Reform wollen, müssen zuallererst ihre eigenen Privilegien abschaffen. Die steuerliche Begünstigung von Parteispenden sollte auf höchstens 2200 Euro (für Verheiratete) gesenkt und Spenden an Abgeordnete sollten untersagt werden. Volksvertreter sollten ihre Altersversorgung selbst aus ihrem Gehalt finanzieren. Mandatsbedingter Aufwand sollte im einzelnen nachgewiesen und nur dann steuerlich begünstigt werden. Wenn die Volksvertreter unter denselben Gesetzen leiden müßten wie die Bürger, hätte dies auch eine erzieherische Funktion. Sie würden am eigenen Leibe die Auswirkungen ihrer Beschlüsse spüren und vielleicht eher zu den nötigen Reformen bereit sein.


      Der Autor lehrt Öffentliches Recht an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer.
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      schrieb am 09.09.05 17:29:21
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ausnahmetatbestände - zumal solche dubiosen - die nur für Politiker gelten, brauchen wir nicht. Sie schaden auch der politischen Glaubwürdigkeit und setzen einen Anreiz für weitere Ausweitungen. Weg damit.
      Avatar
      schrieb am 10.09.05 09:50:45
      Beitrag Nr. 3 ()
      Bekanntlich ist Kirchhof mit seinem Einheitssteuersatz ins Fettnäpfchen getreten. Zu Recht, denn ein Einheitssteuersatz ist ungerecht, weil er nicht an der Leistungsfähigkeit orientiert ist. Zudem führt er vermutlich zu Steuerverlusten. Besser wäre es, das deutsche Steuerrecht noch stärker zu entbürokratisieren, will heißen, es von dem ganzen Firefanz zu befreien. Für jeden Dreck gibt es irgendeinen Ausnahmetatbestand oder eine Sonderregelung. Außerdem gibt es immer noch zu viele Bagatellsteuern, deren Sinn fragwürdig ist. Wenn sich die Politiker mit ihren dubiosen Steuervorteilen selbst in die Diskussions als regelungsbedürftig einbringen würden, wäre das auch ein erster Schritt zur Rückgewinnung ihrer Glaubwürdigkeit.


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