checkAd

    Deutschland - bürokratisch und starr - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 26.09.06 17:36:13 von
    neuester Beitrag 19.10.06 11:50:58 von
    Beiträge: 4
    ID: 1.084.244
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 372
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 26.09.06 17:36:13
      Beitrag Nr. 1 ()
      Auf hohem Niveau nachgelassen - so lässt sich die Entwicklung des Standortes D in den vergangenen zwölf Monaten zusammenfassen. Im aktuellen Ranking des Weltwirtschaftsforums ist Deutschland weiter nach hinten gerutscht. Doch es bleibt ein Trost: Auch anderen großen Namen erging es nicht besser.

      In puncto Wettbewerbsfähigkeit fiel Deutschland im internationalen Vergleich leicht zurück. Und das, obwohl der hiesige Unternehmenssektor mit seinem klaren Restrukturierungskurs an Leistungsfähigkeit gewonnen hat. Das ist das Ergebnis des "Global Competitiveness Report 2006-2007", einer gestern veröffentlichten Studie des World Economic Forums (WEF). In dem Wettbewerbsranking unter 125 untersuchten Staaten rutschte die Bundesrepublik von Rang sechs auf acht leicht zurück.

      Trotz dieser Verschlechterung steht der Standort Deutschland deutlich besser da als die anderen großen Länder der Euro-Zone. Frankreich liegt auf Platz 18, Spanien auf Rang 28 und Italien steht nur an 42. Stelle der Vergleichsstudie. Großer Gewinner ist die Schweiz: Die Eidgenossenschaft ist dem Report zufolge die wettbewerbsfähigste Nation. Im vergangenen Jahr hatte das Land noch auf Platz vier gelegen. Die USA, 2005 noch die Nummer 1, liegen nun auf Rang sechs. Das WEF hat für seinen Standort-Check mehr als 11 000 Führungskräfte - davon 51 in Deutschland - befragt sowie 90 Faktoren analysiert. Rund zwei Drittel dieser Faktoren wurden durch Interviews mit den jeweils heimischen Managern ermittelt, ein weiteres Drittel stammt aus statistischen Daten.

      Im Gegensatz zu dem im Jahresvergleich verschlechterten Gesamtergebnis haben die deutschen Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit laut WEF gesteigert. In dem Teilranking stehen die deutschen Firmen auf Rang zwei, nach Platz drei im Vorjahr. Sowohl im Bezug auf das nationale Geschäftsklima als auch auf die Frage, wie anspruchsvoll die Unternehmensführung und ihre Strategien sind, schneiden nur die US-Unternehmen besser ab als die deutschen.

      Für Burkhard Schwenker, Vorsitzender der Geschäftsführung von Roland Berger, hat diese unterschiedliche Entwicklung einen einfachen Grund: "Die deutschen Unternehmen agieren schneller als die Politik, nicht zuletzt, weil sie starkem Konkurrenzdruck unterliegen", argumentiert er. "Der Politik fehlt ein klares Bekenntnis zu mehr Wettbewerb." Steige der Wettbewerbsdruck auch auf politischer Ebene, sei dort ebenfalls mit schnelleren und mutigeren Entscheidungen zu rechnen.

      Das insgesamt leicht verschlechterte Abschneiden Deutschlands hat aus Sicht der befragten deutschen Führungskräfte eine klare Hauptursache: den stark regulierten hiesigen Arbeitsmarkt. Das WEF hat die Stärke des deutschen Arbeitsmarktes anhand von sieben Kriterien erfragt. Im Durchschnitt landet Deutschland auf Rang 79 der 125 untersuchten Staaten. Besonders schlecht beurteilen die Befragten die Bundesrepublik in puncto Kündigungschutz (120) sowie Flexibilisierung der Löhne (122). Diese Ergebnisse stimmen überein mit dem erst kürzlich veröffentlichten Weltbankbericht "Doing Business": Unter 175 Staaten war Deutschland in diesem Punkt in der Weltbankstudie weit abgeschlagen auf Rang 129 gelandet.

      "Obwohl Deutschland insgesamt eine guten Platz erzielt, entziehen die strukturellen Probleme und die Starrheit, die die deutsche Wirtschaft belasten, Wirtschaftswachstum", sagt Augusto Lopez-Claros, Chefvolkswirt und Autor des WEF-Reports. Die starren Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt hielten die Arbeitslosenquote hoch. Hinzu kämen bürokratische Hürden. So dauere es 30 Tage, bis in Deutschland eine Firma gegründet werden könne. Die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sei belastend. Dennoch hat Deutschland laut Lopez-Claros das Pozenzial, eine der wettbewerbsfähigstenVolkswirtschaften der Welt zu werden. Deutschland sei nicht nur stark institutionell untermauert, es habe Unternehmen mit einer bedeutenden Präsenz auf dem Weltmarkt.

      Vor allem die exportorientierten Unternehmen gelten als wichtige Säule der hiesigen Wirtschaft. 2005 legte der deutsche Außenhandelssektor um mehr sieben Prozent im Jahresvergleich zu. Die deutschen Neuinvestitionen im Ausland stiegen laut Bundesbank im gleichen Zeitraum um 13 Prozent. Die gesamten deutschen Direktinvestitionen im Ausland betrugen im Vorjahr 36,7 Mrd. Euro.

      Diese Zahlen zeigen aus Sicht von Roland Berger-Chef Schwenker vor allem eines: "Die politische Diskussion darüber, ob und wie ein Land sich vor der Globalisierung schützen kann, ist absurd." Dass die Unternehmen in der WEF-Studie besser bewertet wurden als der gesamte Standort, überrascht Schwenker "kein bisschen". Während die Unternehmen ihren Restrukturierungskurs nicht nur klar verfolgt, sondern, vor allem in den vergangenen Monaten, auch öffentlich angekündigt hätten, sei politisch im ersten Jahr der großen Koalition unterm Strich weniger geschehen als erhofft. "Probleme offen ansprechen und risikobereit angehen, schafft Glaubwürdigkeit - das haben die Unternehmen hier zu Lande der Politik oft voraus", sagt Schwenker.

      Bleibt es dabei, ein Land mit wettbewerbsfähigen Unternehmen und zugleich massiven Strukturproblemen? Bis 2025 wird sich daran nichts ändern, erwarten rund 800 deutsche Spitzenmanager, die das Handelsblatt im Frühjahr exklusiv zu ihren Zukunftsvisionen befragt hat. Deutlich optimistischer blickt Schwenker in die deutsche Zukunft: Der Austausch zwischen Politik und Wirtschaft sei in den vergangenen Jahren intensiviert worden. "Wenn wir diesen Ansatz weiter verfolgen, werden wir insgesamt in Deutschland schnellere Fortschritte machen."

      Quelle: Handelsblatt.com
      Avatar
      schrieb am 26.09.06 17:44:27
      Beitrag Nr. 2 ()
      Wundert das Jemand ?

      Wenn man von Entbürokratisierung spricht und eine Gesundheitsreform macht die zu allererst ein bürokratisches Monster schafft, dann weiß man daß von solchen Politikern nichts zu erwarten ist.


      Das Wort Reform könnte man in Deutschland auch übersetzen mit Steuererhöhung und/oder neuer Bürokratieunfug.
      Avatar
      schrieb am 26.09.06 18:07:10
      Beitrag Nr. 3 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 24.213.244 von farniente am 26.09.06 17:44:27Fast richtig z.B. Gesundheitsreform heißt wochenlang labbern, Urlaub machen, einfach die Beitragssätze erhöhen und dem Wahlvieh erklären das wären geistige Glanztaten einer Elite :mad::cry:
      Avatar
      schrieb am 19.10.06 11:50:58
      Beitrag Nr. 4 ()
      "Deutschland hat die Bürokratie, die es verdient"

      Verwaltungs-Wissenschaftler Werner Jann: Grund ist Angst vor Unsicherheit

      Der Potsdamer Verwaltungs-Wissenschaftler Werner Jann erklärt die Bürokratie mit dem Wunsch der Deutschen nach Einzelfallgerechtigkeit: "Deutschland hat die Bürokratie, die es verdient, und die es haben will."

      ZDF: Sind unsere Regelungen und Vorschriften zu kompliziert?

      Werner Jann: Ja. Das hat auch damit zu tun, dass wir in Deutschland einen sehr ausgeprägten Rechtsstaat haben. Aber ich halte die Vorstellung, man könne ganz viele Regelungen vereinfachen oder gar ganz abschaffen, und man würde das überhaupt nicht merken, weil im Bezug auf den Rechtsstaat und seine Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger alles ganz genau so bleibt wie vorher, für einigermaßen naiv.

      ZDF: Wann wird Bürokratie zum Problem?

      Jann: Vor allem dann, wenn verschiedene Bürokratien zusammenarbeiten müssen. Wenn es darum geht, einen neuen Betrieb zu gründen, sind unter Umständen das Bau-, das Umwelt-, das Wasser-, das Arbeits- und das Sozialrecht berührt. Jeder einzelne Bereich wird im Prinzip als notwendig akzeptiert - das sagen auch die Unternehmer. Vor allem aber die Interaktion führt zu Problemen.

      Es ist momentan so, dass es keine billigere Art und Weise gibt, sich öffentlichen Beifall zu verschaffen, als die Bürokratie zu beschimpfen. Leider ist das eine Versuchung, der die meisten Politiker - und auch Journalisten - erliegen. Das heißt, sie trauen sich nicht, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen: Wenn ihr Bürokratieabbau wollt, müsst ihr zum Beispiel auf Einzelfallgerechtigkeiten verzichten. Oder auf Regeln verzichten, die euch lieb und teuer geworden sind.

      ZDF: Warum hat Deutschland dann so viel Bürokratie?

      Jann: Das hängt damit zusammen, wie wir denken und was uns wichtig ist. Deutschland hat im Großen und Ganzen die Bürokratie, die es verdient, und die es haben will. Das hat damit zu tun, dass wir eine große Angst vor Unsicherheit haben. In internationalen Vergleichen hat sich gezeigt, dass Nationen ganz unterschiedlich mit Unsicherheiten umgehen können. Wir sind in Deutschland leider eine der Nationen in Europa, die am meisten Angst davor hat, nicht genau zu wissen, was passieren wird.

      Ist diese Investition umweltverträglich? Was wird mal in Zukunft mit der Rente? Wie breit darf diese Ausfahrt sein? Was darf der Fallmanager im Job-Center? Alles das muss bei uns ganz genau geregelt werden. Das gilt für die Verwaltung, aber auch für die Antragsteller und führt dazu, dass wir diese Unsicherheiten möglichst wegorganisieren wollen. Und deshalb haben wir die Regelgenauigkeit und die Bürokratie, die wir haben. Man kann nicht alles kontrollieren wollen, und gleichzeitig auf möglichst viele Regeln und Bürokratie verzichten. Unbürokratisches, flexibles Verhalten und absolute Einzelfallgerechtigkeit schließen einander aus.

      ZDF: Gibt es auch strukturelle Gründe für die Bürokratie in Deutschland?

      Jann: In unseren Ministerien und Verwaltungen herrscht eine juristische Ausbildung vor. Das hat sicherlich einige Vorteile. Aber das führt auch dazu, dass ganz genau geschaut wird: Ist das rechtlich auch in Ordnung? Muss das alles nicht ein bisschen genauer geregelt werden? Ist absolute Gleichbehandlung garantiert? Haben wir auch sämtliche Einzelfälle berücksichtigt? Längerfristige und ökonomische Auswirkungen werden daher oft nicht hinreichend berücksichtigt.

      Wir haben zudem europa- und weltweit eines der dichtesten Systeme der gerichtlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen. Das ist eine Errungenschaft. Bei uns kann man jede Entscheidung, die eine Verwaltung trifft, vor Verwaltungsgerichten anfechten. Das führt aber auch dazu, dass die Verwaltungen ein großes Interesse haben, ihre Entscheidungen gerichtsfest zu machen. Sie haben kein Interesse daran, dass sie alle Nase lang vor Gericht gezogen werden und Prozesse verlieren.

      ZDF: Warum gibt es so wenig Interesse daran, Bürokratie abzubauen?

      Jann: Interesse gibt es, aber Bürokratieabbau ist so ähnlich wie der Abbau von Subventionen. Alle sind der Meinung, es gebe viel zu viele Subventionen und wir sollten sie unbedingt abbauen. Aber wehe, es wird mal Ernst gemacht, zum Beispiel mit der Eigenheimzulage, der Steinkohlensubventionierung oder dem Nachtzuschlag.

      Ähnlich ist es mit dem Bürokratieabbau. Wir sehen immer ganz viele Regelungen, die uns nicht betreffen, und die wir für überflüssig halten, aber wenn es dann darum geht, Regelungen abzuschaffen, die uns selbst betreffen, sagen wir: Diese Regelung ist aber ganz sinnvoll, die sollten wir auf jeden Fall behalten.

      ZDF: Nennen Sie Beispiele.

      Jann: Die Bundesregierung hat ein Gesetz zum Schutz des olympischen Logos verabschiedet. Das ist nicht deshalb geschehen, weil die Beamten im Ministerium gerade nichts besseres zu tun haben und denken: Ach, da könnten wir mal ein neues Gesetz machen. Das hat das Internationale Olympische Komitee verlangt, um seine Vermarktungsrechte besser zu schützen.

      Und dies gilt für praktisch alle Regelungen: Dahinter stehen vollkommen legitime gesellschaftliche Interessen, die aber natürlich nicht von allen geteilt werden. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, die Honorarordnung für Architekten zu vereinfachen. Da waren die Architekten dagegen. Bei der Vereinfachung der Apothekerverordnung waren es die Apotheker und so weiter.

      Ministerialbürokratie und Politik wehren sich nicht oft genug gegen Lobbyinteressen. Wenn wir sehr komplizierte und detaillierte Gesetze haben, ist das nicht eine Frage von irgendwelchen Beamten. Dahinter stehen Anliegen und Gruppen, die ein Interesse an dieser Regelung haben.

      ZDF: Wie kann man besser Bürokratie abbauen?

      Jann: Man kann es besser machen und abschätzen, welche direkten Folgen Gesetze für Unternehmen haben. So wird es in den Niederlanden und in skandinavischen Ländern schon gemacht. Die Abschätzung der Folgen fließt als ein Element in den Gesetzgebungsprozess ein.

      Wenn sie wollen, passt auf den Bürokratieabbau das Bild des Gärtners und nicht das des Architekten. Es geht nicht darum, ein Haus toll zu renovieren oder ganz neu zu bauen. Sondern es geht darum, wie der Gärtner im Garten, immer wieder die besonders üppigen Pflanzen zurechtzuschneiden und Wildwuchs zu beseitigen. Bürokratieabbau ist deshalb auch ein Ewigkeitsthema.

      http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,2341554,00.html


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Deutschland - bürokratisch und starr