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    Wikipedia und Internet nur Schrott? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 17.11.06 12:33:27 von
    neuester Beitrag 27.11.06 05:21:35 von
    Beiträge: 12
    ID: 1.095.146
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      schrieb am 17.11.06 12:33:27
      Beitrag Nr. 1 ()
      INTERNET
      "Eine grausame Welt"

      Der Digitalvisionär Jaron Lanier über seine Zweifel an Wikipedia, den gefährlichen Glauben an die Weisheit der Massen und die mächtige Religion der Computerfreaks.

      SPIEGEL: Herr Lanier, war die Welt vor dem Internet eine bessere?

      Lanier beim SPIEGEL-Gespräch: "Bizarre Zwischenideen"
      Andy Freeberg

      Lanier beim SPIEGEL-Gespräch: "Bizarre Zwischenideen"
      Lanier: Das Internet hat sich als ein recht erfolgreiches Experiment erwiesen. Aber es hat durchaus auch schlechte Ergebnisse hervorgebracht - und davor verschließen viele die Augen.

      SPIEGEL: Was wird denn da übersehen?

      Lanier: Das Internet hat wunderbare Ideen von Demokratie, Offenheit, von gleichem Recht und gleicher Verantwortung für alle hervorgebracht. Doch auf diese großartigen Ideen werden nun immer neue gestülpt. Viele davon mögen richtig gut sein, aber andere sind nicht so toll und einige schlicht schlecht.

      SPIEGEL: Welche zum Beispiel?

      Lanier: Die schlimmste ist der Glaube an die sogenannte Weisheit der Massen, die im Internet ihre Vollendung finde.

      SPIEGEL: Eines scheint doch unumstritten: Wenn eine sehr große Zahl von Menschen im Internet eine Schätzung zu irgendetwas abgibt, dann kommt sie im Mittel dem korrekten Ergebnis verblüffend nahe.

      Lanier: Ja, das funktioniert in Märkten und bei demokratischen Wahlen. Aber derzeit wird die Vorstellung immer populärer, das Kollektiv könne nicht nur Zahlenwerte wie einen Marktpreis ermitteln, sondern verfüge als eine - gern Schwarmgeist genannte - höhere Intelligenz über eigene Ideen, ja sogar über eine überlegene Meinung. Eine solche Denkweise hat in der Geschichte schon mehrfach zu sozialen und politischen Verheerungen geführt. Mir bereitet die Vision Sorgen, nur das große Ganze, das Kollektiv sei real und wichtig - nicht aber der einzelne Mensch. Das war der Fehler in allen totalitären Ideologien, vom Nazi-Regime über Pol Pot bis zu den Islamisten.

      SPIEGEL: Wo genau im Internet wollen Sie diese Denkweise denn ausgemacht haben?

      Lanier: Nehmen Sie Wikipedia ...

      SPIEGEL: ... das beliebte, kostenlose Online-Lexikon, dessen Einträge von über 200.000 freiwilligen Autoren verfasst werden. Das stört Sie?

      Lanier: Ein Beispiel: Über mich stand dort, ich sei ein Filmemacher, was schlichtweg unwahr ist. Ich habe das viele Male korrigiert - und immer wurde es wieder geändert, zurück zur falschen Version.

      SPIEGEL: Inzwischen ist der Eintrag über Sie doch richtig ...

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      Lanier: ... aber erst nachdem ich mich - als nicht ganz unbekannter Autor - darüber öffentlich aufgeregt hatte. Das mag Ihnen unbedeutend erscheinen. Aber was, wenn da etwas Schwerwiegendes über jemanden behauptet wird, und er kann sich nicht so ohne weiteres Gehör verschaffen? Schnell wird der Einzelne Opfer des Mobs; die Gefahr von Wiki-Lynchjustiz halte ich für sehr real. In der Wikipedia-Welt bestimmen jene die Wahrheit, die am stärksten besessen sind. Dahinter steckt der Narzissmus all dieser kleinen Jungs, die der Welt ihren Stempel aufdrücken wollen, ihre Initialen an die Mauer sprayen, aber gleichzeitig zu feige sind, ihr Gesicht zu zeigen.

      SPIEGEL: Durch das Engagement Tausender, die Sie mit Graffiti-Schmierern vergleichen, ist immerhin ein aktuelles Lexikon entstanden, dessen englischsprachiger Teil zwölfmal größer ist als die Encyclopædia Britannica. Überdies kann man nachvollziehen, wie die Inhalte zustande kommen: Das lässt sich auf den Diskus-sionsseiten genau nachlesen.

      Lanier: Ach, es ist doch lächerlich zu glauben, so könnten substanzreiche Dialoge entstehen. Die Leute verraten ja nicht einmal ihren richtigen Namen. Die verstecken sich hinter falschen, erfundenen Identitäten. Wer unsichtbar ist, ist unangreifbar. Die Wahrheit hingegen bekommen Sie nur mit Verantwortlichkeit.

      SPIEGEL: Der Wikipedia-Mitbegründer Larry Sanger denkt inzwischen ebenfalls, dass auf das Wiki-Prinzip allein kein Verlass sei, und will eine neuartige Enzyklopädie gründen - eine letztlich von Profis kontrollierte. Wird nun alles gut?

      Lanier: Nicht unbedingt. Leider durchlaufen digitale Strukturen, im Gegensatz zur menschlichen Kultur, keine Evolution. Sie werden gleichsam eingeschlossen.

      SPIEGEL: Eingeschlossen? Was meinen Sie damit?

      Lanier: Nehmen Sie die Geschichte von Midi. Das ist ein technischer Standard, wie der Computer Musik beschreibt. Den hat vor 25 Jahren mein Freund Dave Smith entwickelt, als Wochenendprojekt, gedacht dafür, zwei Synthesizer miteinander zu verbinden. Aber wie es so geht, wurde es der universale Standard für musikalische Klänge. Der steckt auch in Ihren Handys und lässt sie klingeln. Praktisch jeder Musiker findet Midi unangemessen, es gab endlose Kongresse, die es überarbeiten wollten. Aber das geht nun nicht mehr.

      SPIEGEL: Ist das so schlimm?

      Lanier: Unbedingt! Midi ist einer der Gründe dafür, dass sich unsere Musik heute so mechanisch anhört: Club-Music, HipHop und so weiter - das ist genau das, was Midi gut kann. Viele meiner Kollegen in der Computerwelt wollen die antievolutionären Eigenschaften digitaler Techniken nicht wahrhaben. Sie erliegen dem Trugschluss, Computersysteme entwickelten sich und Software würde besser und besser.

      SPIEGEL: Und ebenso, meinen Sie, sei die Wikipedia-Idee eine Falle?

      Lanier: Genau deswegen schlage ich ja jetzt Krach. Diese Dinge fangen klein an und werden dann größer und größer. Mir graut vor der Vorstellung, in 15 oder 20 Jahren könnte Erziehung auf dem Wikipedia-Prinzip beruhen: Man ermittelt den Durchschnitt von Meinungen.

      SPIEGEL: Übertreiben Sie jetzt nicht?

      Lanier: Keineswegs. Nehmen Sie meine Arbeit als Berater. Früher wurde ich gebeten, mir über ein bestimmtes Problem Gedanken zu machen. Seit neuestem gibt es jedoch die seltsame Sitte, nicht einen, sondern einen ganzen Pulk von Experten zu beauftragen. Und die schreiben dann nach dem Wiki-Prinzip zusammen ein Gutachten, das von allen zur gleichen Zeit redigiert wird. Am Ende kommen bizarre Zwischenideen heraus, die kaum einen Wert haben. Eine schreckliche Art der Gedankengleichmacherei.

      SPIEGEL: Wenn dabei immer Unsinn herauskommt, wird sich dieses Prinzip kaum durchsetzen.

      ZUR PERSON
      Jaron Lanier, 46, gilt als wichtiger Vordenker der digitalen Zukunft. Der Computerwissenschaftler hat den Begriff "Virtual Reality" geprägt und erste Anwendungen dafür in der Chirurgie und der Autoindustrie entwickelt. Heute lebt Lanier als Autor, Berater und Komponist in Berkeley, Kalifornien. In dieser Woche wird er auf dem 2. Dresdner Zukunftsforum über die Auswirkungen der digitalen Technologien auf die Individualität sprechen, so etwa darüber, ob im Internet das Kollektiv weiser und wichtiger ist als der Einzelne. Für Lanier ist dies ein menschenverachtender Irrglaube, den er als "digitalen Maoismus" brandmarkt.
      Lanier: Leider setzen viele in der Elite der Computerwelt auf die Weisheit der Massen. Einer der einflussreichsten Wirtschaftsbosse im Silicon Valley zum Beispiel erzählte mir kürzlich, dass er aufgrund des Erfolgs der Wiki-Methode nun nach Algorithmen suche, mit deren Hilfe sich Musik finden lasse, die viele Menschen gut fänden. In zehn Jahren, so meint er, werde es möglich sein, im Internet Musik zu generieren, die den Leuten besser gefalle als alles, was sich ein einzelner Musiker ausdenken könne. Kinder brauchten dann gar keine Instrumente mehr zu lernen.

      SPIEGEL: Vielleicht können Computer ja wirklich manches besser? Vielleicht sind sie besser geeignet, Musik herzustellen?

      Lanier: Das kann nur sagen, wer glaubt, die Realität sei eigentlich nur ein gigantischer Computer und unsere Aufgabe sei es, seine Software zu verbessern. Diese Auffassung wird wirklich von manchen vertreten. Der Mensch selbst ist für sie in keinem Sinne wichtig.

      SPIEGEL: Halten Sie das für mehr als die Spinnerei von ein paar Computerfreaks?

      Lanier: Es ist im Grunde eine neue Religion. Diese Leute glauben an etwas Ewiges, Unsterbliches. Sie haben ihre Rituale, ihre drolligen Überzeugungen, ihre Heiligen. Solange dieses Menschenbild zu einer kleinen Subkultur gehört, mag sich das niedlich anhören. Aber es ist ernst. Computer haben mit jedem Jahr mehr Einfluss darauf, wie wir miteinander in Kontakt treten und wie wir unser Leben denken. Und mit den Computern werden auch die Ideen der Freaks immer mehr Teil des kulturellen Mainstreams. Und diese Ideen als Mehrheitskultur? Das wird eine grausame Welt!

      SPIEGEL: Das alles klingt sehr apokalyptisch. Sie sagen doch selbst, alles in allem sei das Internet ein erfolgreiches Experiment.

      Lanier: Zugegeben. Aber das System kann einen auch überwältigen. Nehmen Sie das Beispiel Google. Diese Suchmaschine erntet die Früchte des Kollektivs. Da wird eine Menge Geld verdient, obwohl das System gänzlich auf der Arbeit anderer Menschen aufbaut - und die kriegen gar nichts. Wenn Sie das in die Zukunft denken, dann sehen Sie: Der Einzelne wird zum bloßen Zuträger; die Macht hingegen liegt beim Ansammler, beim Aggregator. Wenn das kein Szenario für politische Vorteilsnahme ist ...

      SPIEGEL: Angenommen, Sie hätten die Möglichkeit dazu, was würden Sie am Internet verändern?

      Lanier: Ich würde eine Technik erfinden, wie man im Internet unmittelbar mit Inhalten Geld einnehmen kann. Das wäre für viele Menschen der Anreiz, anspruchsvolle Dinge im Internet zu veranstalten und zu veröffentlichen. Sofort gäbe es eine Fülle unterschiedlichster ernstzunehmender Stimmen - und dem Kollek-tivismus wäre die Grundlage entzogen.

      SPIEGEL: Herr Lanier, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.



      DER SPIEGEL 46/2006 - 13. November 2006
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,448818,00.html
      © DER SPIEGEL 46/2006


      SPIEGEL-DOSSIERS:
      Internet: Du bist das Netz (23.09.2006)
      http://www.spiegel.de/dossiers/netzwelt/0,1518,426739,00.htm…
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 12:57:17
      Beitrag Nr. 2 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.482.557 von obus am 17.11.06 12:33:27Zitat:

      Lanier: Zugegeben. Aber das System kann einen auch überwältigen. Nehmen Sie das Beispiel Google. Diese Suchmaschine erntet die Früchte des Kollektivs. Da wird eine Menge Geld verdient,

      obwohl das System gänzlich auf der Arbeit anderer Menschen aufbaut - und die kriegen gar nichts. Wenn Sie das in die Zukunft denken, dann sehen Sie: Der Einzelne wird zum bloßen Zuträger; die Macht hingegen liegt beim Ansammler, beim Aggregator. Wenn das kein Szenario für politische Vorteilsnahme ist ...

      SPIEGEL: Angenommen, Sie hätten die Möglichkeit dazu, was würden Sie am Internet verändern?

      Lanier: Ich würde eine Technik erfinden, wie man im Internet unmittelbar mit Inhalten Geld einnehmen kann. Das wäre für viele Menschen der Anreiz, anspruchsvolle Dinge im Internet zu veranstalten und zu veröffentlichen. Sofort gäbe es eine Fülle unterschiedlichster ernstzunehmender Stimmen - und dem Kollek-tivismus wäre die Grundlage entzogen.
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 13:18:04
      Beitrag Nr. 3 ()
      Zitat:

      Lanier: "Keineswegs. Nehmen Sie meine Arbeit als Berater. Früher wurde ich gebeten, mir über ein bestimmtes Problem Gedanken zu machen. Seit neuestem gibt es jedoch die seltsame Sitte, nicht einen, sondern einen ganzen Pulk von Experten zu beauftragen. Und die schreiben dann nach dem Wiki-Prinzip zusammen ein Gutachten, das von allen zur gleichen Zeit redigiert wird. Am Ende kommen bizarre Zwischenideen heraus, die kaum einen Wert haben. Eine schreckliche Art der Gedankengleichmacherei."


      Glaubt der Herr Lanier, wenn nur ein Berater tätig ist dann sei ein Gutachten immer perfekt? Mehrere Berater die zusammenarbeitem können nicht nur "bizarre Zwischenideen" haben, sondern können durch Zusammenarbeit auch zu einem wesentlich besseren Gutachten kommen.
      Ein einzelner Berater oder Experte kann sich wie jeder Mensch irren.
      Als eines von tausenden Beispielen kann man Gutachten von Straftätern nennen. Hier kommt es immer wieder vor, dass ein einzelner Experte zu einer Fehleinschätzung kommt. Ein Gutachten von mehreren Experten kann hier die Gefahr einer Fehleinschätzung reduzieren.
      Darüber sollte Herr Lanier auch mal nachdenken.
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 13:34:52
      Beitrag Nr. 4 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.483.482 von smoke2000 am 17.11.06 13:18:04Ein Gutachten von mehreren Experten kann hier die Gefahr einer Fehleinschätzung reduzieren

      Abgesehen davon, daß jede denkbare Konstellation an irgendwas schuld sein "kann", trifft genau diese Aussage des Pudels Kern. Nimm drei Experten für pränatale Diagnostik und laß sie ein Urteil fällen, ob eine zu begutachtende Frau schwanger ist oder nicht. Fällt das Urteil nicht eindeutig aus, sondern 2:1, dann ist die daraus gebildete Expertenmeinung falscher als die von mindestens einem beteiligten Experten. Die obige oft anzutreffende Meinung, der Durchschnitt wird's schon richten, ist also offensichtlich falsch.

      Man könnte es auch drastischer formulieren: Millionen Fliegen fressen Scheiße, Millionen Individuen können nicht irren. Oder vielleicht doch?
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 13:54:28
      Beitrag Nr. 5 ()
      Zitat: Das Internet hat wunderbare Ideen von Demokratie, Offenheit, von gleichem Recht und gleicher Verantwortung für alle hervorgebracht.
      =:laugh::laugh::laugh::laugh::laugh::laugh::laugh::laugh:

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      schrieb am 17.11.06 14:09:40
      Beitrag Nr. 6 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.483.770 von antonazubi am 17.11.06 13:34:52Würden die Fliegen die Scheisse nicht fressen, hätten wir wohl alle ein scheiss Problem ;)

      Ab er mal im Ernst. Genau deswegen habe ich ja "kann" geschrieben. Um bei deinem Beispiel zu bleiben, sollte die Expertenmeinung von dem Experten kommen der in dem Fall falsch liegt, so kommen wir zwangsläufig zum selben Resultat, und dieses wäre dann falsch.

      Und falsch ist nun mal falsch ;)
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 14:18:42
      Beitrag Nr. 7 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.484.359 von smoke2000 am 17.11.06 14:09:40Ja, aber richtig ist auch, daß ein durchschnittlich falsches zwar falscher als ein richtiges aber eben auch nicht richtiger als ein falsches Ergebnis ist, denn es ist richtiger als falsch und falscher als richtig.
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 14:21:11
      Beitrag Nr. 8 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.484.521 von antonazubi am 17.11.06 14:18:42Richtig!
      Avatar
      schrieb am 17.11.06 15:47:31
      Beitrag Nr. 9 ()
      vielleicht ist der herr lanier einfach etwas anderes als er gern sein möchte, wenn die massen das so schreiben. Die Führung in Pjöngjang hält sich auch für was anderes wie der rest der welt:-)
      Avatar
      schrieb am 18.11.06 10:23:54
      Beitrag Nr. 10 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.482.557 von obus am 17.11.06 12:33:27Der Digitalvisionär Jaron Lanier....
      Welche Qualifikation gibts denn dafür? Wenn überhaupt?:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 20.11.06 15:11:24
      Beitrag Nr. 11 ()
      Web 2.0

      „Nach IBM und Microsoft haben wir jetzt die Google-Ära“

      Von Holger Schmidt

      Wortschöpfer, Internetpionier, Verleger: Tim O'Reilly
      20. November 2006
      „Web 2.0 - das ist der Beginn der wahren Internet-Ära“, sagt Tim O'Reilly. Er, der Erfinder des Begriffs Web 2.0, versteht darunter aber weit mehr als selbstgedrehte Videos auf Youtube. Web 2.0 sei ein grundlegender Wandel in der Internetindustrie. „Unternehmen, die im Web 2.0 Erfolg haben, arbeiten alle nach den gleichen Prinzipien: Sie nutzen das Internet als Plattform, sie setzen die kollektive Intelligenz der Internetnutzer ein, und sie haben Zugriff auf einzigartige, schwer nachzubildende Datenquellen“, sagt O'Reilly.

      Web 2.0 stelle die dritte Stufe in der Geschichte der Computerindustrie dar. „Auf die IBM-Ära mit den Großrechnern folgte die Microsoft-Ära mit den Personalcomputern, und nun sind wir in der Internet-Ära angekommen, die man besser Google-Ära nennen sollte“, sagt O'Reilly im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Ära von Microsoft als Softwarekonzern sei beendet, da Internet-Plattformen immer besser als einzelne Anwendungen seien, mit denen Microsoft groß geworden sei.

      Erfolgreiche nutzen das Netz mit aller Konsequenz

      Der Internetpionier hat auch klare Vorstellungen, welche Unternehmen den Wettbewerb um das Web 2.0 gewinnen. „Die besten Chancen hat Google, weil sie die größte wirtschaftliche Dynamik haben. Amazon ist der große Unbekannte. Das Unternehmen ist wirtschaftlich nicht so stark, aber sie haben die klarste Vorstellung darüber, was es heißt, ein Plattform-Anbieter zu sein. Auch Microsoft darf man im Internet nicht auszählen. Sie haben verstanden, wo die Herausforderungen liegen. Aber sie haben das Problem, das IBM früher hatte: Sie müssen ihr Geschäftsmodell transformieren“, sagt O'Reilly.

      Das Geheimnis der erfolgreichen Unternehmen: Nur sie nutzen das Netz mit aller Konsequenz. Zum Beispiel sei die Suchtechnik von Google besser gewesen als alles andere, weil das Unternehmen die Bewertungen der Internetseiten den Nutzern überlassen habe. Auch Amazon habe sich als Internet-Buchhändler durchgesetzt, weil die vielen Millionen Buchbewertungen seiner Kunden die Datenbank des Unternehmens unvergleichlich gemacht habe.

      Andere können nicht mehr mithalten - Ebay etwa

      Andere große Internetunternehmen können aber nicht mehr mithalten: „Ebay ist ein wichtiger Anbieter, aber keine Quelle der Innovation. Sie haben viel Technikentwicklung ausgelagert. Ich glaube, Ebay wird innerhalb der nächsten drei Jahre aufgekauft - oder sie müssen sich mit einem anderen Unternehmen zusammenschließen“, erwartet O'Reilly. Auch die vielen jungen Web-2.0-Unternehmen wie Del.icio.us könnten die Platzhirsche nicht gefährden. „Der Markt bereinigt sich. Web 2.0 wird sich ganz klar auf die wenigen großen Internetunternehmen konzentrieren. Jetzt passiert genau das, was in der ersten Internetwelle passiert ist: Die großen Unternehmen erhöhen die Markteintrittsbarrieren für die kleinen Anbieter oder übernehmen sie. Das Geschäftsmodell vieler Web 2.0 Start-ups baut ja gerade darauf auf, von den großen Unternehmen aufgekauft zu werden“, sagt O'Reilly.

      Einige Anzeichen der Begeisterung über die neuen Online-Gemeinschaften erinnern ihn aber an eine neue Spekulationsblase. „Schon wieder fließt zuviel Geld der Investoren in einige Projekte. Und es gibt wieder Gründer, die hoffen, das nächste große Ding im Internet erfunden zu haben. Aber wir sind noch lange nicht wieder soweit wie im Jahr 2000“, gibt O'Reilly Entwarnung. Denn die Industrie habe aus dem damaligen Platzen der Spekulationsblase an den Börsen auch gelernt.

      Hauptumsatzquelle wird die Werbung

      „Obwohl viel Geld fehlgeleitet wurde, ist doch etwas sehr Substantielles entstanden in dieser Zeit. Das zeigt sich heute in einigen sehr erfolgreichen Geschäftsmodellen. Viele Menschen vergessen, daß Blasen ein natürlicher Teil technischer Entwicklungen sind. Auch in der PC-Industrie hat es Anfang der neunziger Jahre diese Entwicklung gegeben“, sagt O'Reilly. Auch in der besseren Technik liege ein weiterer Unterschied zur ersten großen Internetwelle 1999/2000: „Die Technik ist heute viel billiger. Unternehmen lassen sich heute für einige hunderttausend Dollar gründen und hochziehen. Daher ist es ein netter Ausstieg für die Investoren, wenn sie 20 oder 30 Millionen Dollar geboten bekommen“, sagt O'Reilly.

      Die Hauptumsatzquelle für Web-2.0-Unternehmen werde die Werbung sein. Die passenden Werbeformen müßten erst noch entwickelt werden. „Es wird eine neue Industrie entstehen, die Filme für Plattformen wie Youtube schaffen, in denen sich Werbung und Unterhaltung vermischen. Die Unternehmen werden unterhaltsame Filme mit ihren Produkten drehen, die auf Youtube viele Fans finden. Auf diese Weise kann Werbung ohne Streuverluste ausgeliefert werden. Videos lassen sich auch mit zusätzlichen Informationen anreichern“, erwartet O'Reilly.

      Blogs sind wichtig, aber nicht so wichtig

      Die Nutzung der kollektiven Intelligenz der Internetnutzer eröffne auch dem Marketing neue Möglichkeiten. „Social-Commerce-Seiten wie Threadless lassen ihre Nutzer über T-Shirt-Motive abstimmen. Und erst wenn ein Motiv genug Stimmen erhalten hat, wird das entsprechende T-Shirt produziert. Ich denke, diese Art der Just-in-Time-Produktion unter Beteiligung der Kunden wird in Zukunft auch in anderen Industrien stark zunehmen“, sagt O'Reilly. Die Bedeutung der Online-Tagebücher, sogenannter Blogs, für das Marketing hält er allerdings für überbewertet. „Blogs sind schon wichtig für das Marketing, aber nicht so wichtig, wie einige Leute glauben. Ich halte die Aussage des Cluetrain-Manifestes, Märkte sind Konversation, zwar für richtig. Aber es gibt einfach zu wenige Blogs, die eine große Leserschaft haben“, sagt O'Reilly.

      Web 2.0 wird sich seiner Meinung nach auch auf die traditionellen Medien auswirken. „Zeitungen müssen herausfinden, was sie nicht mehr tun müssen. Viele Themen sind mehrfach abgedeckt. Daher sollten sie sich auf das konzentrieren, was andere nicht können: investigative Geschichten und Kommentare. Daneben müssen sie aber auch eine Struktur für Blogs und Inhalte aller Art schaffen, die von den Nutzern erstellt werden.

      Die großen Zeitungsmarken werden es schaffen

      Zum Beispiel können Lokalzeitungen Internetseiten für ihre Sportvereine einrichten, damit die Nutzer dort Bilder hochladen und Spielberichte selber einstellen können. Oder Zeitungen können versuchen, Internetseiten für die Blogger einzurichten, um die Inhalte der Nutzer an sich zu binden. Auf diese Weise entstehen Community-Zeitungen. Dieser Weg ist zwar richtig, aber auch hart, da die Zeitungen auf hohen Kostenblöcken sitzen. Die müssen wohl abgebaut werden, bevor sich die Zeitungen neu erfinden können. IBM ist es damals nicht anders ergangen. Die großen Zeitungsmarken werden das aber schaffen. Denn sie haben auch neue Chancen, zum Beispiel das Werbeprogramm von Google. Das schaltet Werbung in Zeitungen genauso zielgerichtet wie im Internet. Das könnte ein neuer Erlösstrom für die Zeitungen sein“, erwartet O'Reilly.
      Text: F.A.Z., 20.11.2006, Nr. 270 / Seite 21
      Bildmaterial: F.A.Z.-Foto Christian Thiel

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      http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc…
      Avatar
      schrieb am 27.11.06 05:21:35
      Beitrag Nr. 12 ()
      :laugh:
      Lanier: Ich würde eine Technik erfinden, wie man im Internet unmittelbar mit Inhalten Geld einnehmen kann. Das wäre für viele Menschen der Anreiz, anspruchsvolle Dinge im Internet zu veranstalten und zu veröffentlichen. Sofort gäbe es eine Fülle unterschiedlichster ernstzunehmender Stimmen - und dem Kollek-tivismus wäre die Grundlage entzogen.

      Was hindert ihn daran, warum macht ers nicht?:keks:


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