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    Forenbetreiber haften für den kompletten Inhalt ihrer Foren - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 16.05.07 10:46:24 von
    neuester Beitrag 16.05.07 18:03:56 von
    Beiträge: 2
    ID: 1.127.447
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      schrieb am 16.05.07 10:46:24
      Beitrag Nr. 1 ()
      Fröhliche Abmahner
      Das Hamburger Landgericht weitet die Verantwortung der Betreiber von Online-Foren auf atemberaubende Weise aus: Sie haften für jede Meinungsäußerung, auch wenn sie gar nichts von ihr wissen.
      Von Burkhard Strassmann
      Heulen und Zähneknirschen in Blogs und Internet-Foren nach einem Hamburger Richterspruch: Forenbetreiber haften für den kompletten Inhalt ihrer Foren, selbst wenn sie ihn nicht kennen oder sich pauschal distanziert haben. Das befand die 24. Zivilkammer des Hamburger Landgerichts in einem Urteil vom 27.4.2007, dessen Entscheidungsgründe jetzt schriftlich vorliegen. Schon beginnen die ersten Beitragschreiber, noch in ironischer Absicht, rechtlich fragwürdige Passagen in ihren Beiträgen durchzustreichen. Droht damit der Tod der Foren und Blogs, wie schon zu lesen ist?
      Der Streitfall: Am 27.02.06 erhielt der Betreiber des Internet-Forums supernature-forum.de Martin Geuß eine Abmahnung. In einem Beitrag war eine Firma für Luftrettung angegriffen worden, unter anderem mit Sätzen wie "... im Internet hab ich grad gelesen das die Firma auch schon wegen einigen dingen verklagt wurde (betrug etc.) ...". Das hielt die klagende Firma für „rechtsverletzende Äußerungen“. Geuß seinerseits reagierte mit einer Gegenabmahnung, worauf die Luftretter erklärten, ihre Ansprüche nicht weiter verfolgen zu wollen.
      Doch das reichte Geuß nicht, und er tat, was viele Internet-User jetzt als bösen taktischen Fehler einschätzen: Er erhob eine „negative Feststellungsklage“. Ziel: Rechtssicherheit schaffen in der Frage, wie weit die Haftung von Forenbetreibern geht. Er wollte von den Richtern bestätigt haben, dass er nicht für die Fremdbeiträge haftbar ist, wenn er von ihnen keine Kenntnis hat. Über eine Spendensammlung in seinem Forum kamen rund 18.000 Euro an Prozesskostenhilfe zusammen.
      Leider dumm gelaufen: Das Hamburger Gericht tat keineswegs, wie erhofft, sondern weitete die Haftung des Forenbetreibers sogar noch auf atemberaubende Weise aus. Es befand, der Forenbetreiber "muss sich die Verbreitung dieser Äußerung zurechnen lassen, denn sie ist über ein von ihm unterhaltenes Internetforum verbreitet worden." Im Klartext: Der Forum-Betreiber haftet vollständig für die Postings in seinem Board, gleichgültig, ob er die Beiträge kennt oder nicht. "Der Kläger ist hinsichtlich der Verbreitung dieser Äußerung Störer (...), denn Störer ist jede Person, von der eine Störung von Rechten des Betroffenen ausgeht. Für die Störereigenschaft reicht (...) das bloße Verbreiten einer unzulässigen Äußerung aus; dass der Verbreiter selbst hinter den rechtswidrigen Inhalten steht oder sie gar verfasst hat, ist danach nicht erforderlich." Die von x-beliebigen Usern gepostete Meinung ist laut Gericht eine „eigene Information“, die der Betreiber „zum Abruf bereithält“.
      Aus dem Schneider ist der Forenbetreiber nur, wenn er sich in jedem Einzelfall - und nicht wie üblich pauschal - „konkret und ausdrücklich distanziert“. Sodass „hinreichend deutlich wird, dass es sich dabei um eine solche Äußerung handelt, deren Verbreitung - trotz ihrer Aufnahme in den Internetauftritt - der Inhaber der Domain gerade nicht wünscht“. Dies folge § 54 aus dem Rundfunkstaatsvertrag, der für alle Anbieter journalistisch-redaktionell gestalteter Angebote gelte, und dazu gehörten, man höre und staune, auch Internetforen.
      Die Hamburger Sicht der Dinge zusammengefasst: Wer im Internet die Möglichkeit zur Meinungsäußerung bietet, verantwortet jeden einzelnen Beitrag. Es sei denn, er distanzierte sich konkret in jedem Einzelfall. Dass dies in vielen Fällen, namentlich bei größeren Blogs und Foren, praktisch undurchführbar ist, liegt auf der Hand. Warum jetzt auch der Forenbetreiber Geuß im Internet heftig kritisiert wird, hängt mit dem Gerichtsort zusammen. Er hätte sich gemäß dem im Internetrecht geltenden Prinzip des „fliegenden Gerichtsstands“ ein „internetfreundlicheres“ Gericht aussuchen können, etwa Berlin. Stattdessen wählte er ausgerechnet das LG Hamburg. Das genießt in Forenkreisen einen miserablen Ruf: Hier werden die schärfsten Urteile der Republik gegen Forenbetreiber gefällt. Unter anderem hat der Onlinedienst heise.de Bekanntschaft mit der dortigen Rechtsauffassung gemacht. Im “Heise-Urteil“ vom Dezember 2005 wurde der Heise-Verlag verurteilt, auch ohne Kenntnis für Beiträge in seinen Foren zu haften. Das Urteil steht, wie viele Juristen meinen, im klaren Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH.
      Ob Martin Geuß gegen sein Urteil vorgehen wird, ist allerdings keineswegs sicher. Laut Auskunft seines Rechtsanwaltbüros ist die Frage nicht entschieden. Es gebe wenigstens einen guten Grund, auf die Berufung zu verzichten. Ungeschickterweise hat Geuß, wie er selbst zugibt, just auf das vom Gericht monierte Posting geantwortet. Er musste es mithin kennen und hätte es löschen müssen. Schlechte Karten vor dem Kadi.
      Droht also im Web 2.0 der Weltuntergang? „Es ist nur ein Landgerichtsurteil“, beruhigt Wikimedia-Pressesprecher Arne Klempert, der über einschlägige Gerichtserfahrungen verfügt. Von Weltuntergangsstimmung hält er nichts. „Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Sache geht sicher in die nächste Instanz. So wird es keinen Bestand haben, wenigstens nicht mit dieser Begründung.“

      Und Henning Krieg, Rechtsanwalt in der Kanzlei Bird & Bird und Spezialist für Internetrecht, findet: "Dann hätte die Welt schon 2002 untergehen müssen." Denn schon damals hatte das OLG Köln mit seiner umstrittenen "Steffi-Graf-Entscheidung" – es ging um gefakte Nacktfotos von Prominenten – einen Forenbetreiber für fremde Forenbeiträge verantwortlich gemacht, ohne dass dieser konkrete Kenntnis von den Beiträgen gehabt hätte. "Hätte sich die Linie des OLG Köln durchgesetzt, hätten die meisten Foren also schon seit Jahren dichtmachen können."
      Der unangenehmste Effekt des jüngsten Hamburger Urteils wird eine absehbare Magnetwirkung der Hansestadt auf die Szene der sogenannten „Abmahnungsanwälte“ haben, die darauf spezialisiert sind, im Internet nach potenziellen Rechteverletzern Ausschau zu halten. „Das Landgericht Hamburg bekommt viel Arbeit“, erwartet Jörg Heidrich, Justiziar der im Heise-Verlag erscheinenden Computerzeitschrift c’t. Er fordert endlich gesetzgeberische Maßnahmen - „damit der Betrieb von offenen Plattformen in Deutschland nicht weiter ein unkalkulierbares Risiko ist“.
      ZEIT online
      19/2007
      Avatar
      schrieb am 16.05.07 18:03:56
      Beitrag Nr. 2 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 29.339.321 von halihalo am 16.05.07 10:46:24wo ist das Problem?

      Vorschlag an WO: Ein Programm installieren das "automatisch"
      nach jedem Posting ein "Ausdrückliches Distanzierungsposting erzeugt" :laugh:


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