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    Frankreich - das System ENA - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 08.04.13 18:05:49 von
    neuester Beitrag 08.04.13 18:51:12 von
    Beiträge: 2
    ID: 1.180.729
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      schrieb am 08.04.13 18:05:49
      Beitrag Nr. 1 ()
      http://www.sueddeutsche.de/politik/pariser-elite-wie-eine-ho…

      Wie eine Hochschul-Clique Frankreich regiert

      06.04.2013

      Bankchefs, Vorstandsmitglieder und Politiker: Ein einziger Jahrgang der Pariser Elite-Hochschule "Ena" besetzt unzählige der wichtigsten Ämter Frankreichs. "Hollandes Schattenarmee" trägt zum Gefühl vieler Franzosen bei, in Paris schiebe sich eine abgehobene Clique Macht und Posten zu..."

      "...Drei Präsidenten, sieben Premiers und unzählige Minister gingen aus der Ena hervor. Mit den Jahren wuchs jedoch die Kritik, die Enarchen teilten den Staat unter sich auf. Zudem bilde die Eliteschule eher Technokraten der Macht als Wirtschaftsführer oder Staatsmänner aus..."

      ---
      War in F doch schon immer so, dass die Clique der ENA-Absolventen das gesamte Land regiert.

      Und in den Unternehmen in F, die zum grossen Teil staatlich sind, sieht es auch nicht besser aus. Dort werden auch nur Leute neu eingestellt, die aus seit Jahrzehnten etablierten Netzwerken zwischen einzelnen Professoren bzw speziellen Hochschulen, den sogenannten ecoles, hervorgehen. Bewerber von gewöhnlichen Universitäten werden da gar nicht erst berücksichtigt.

      Da braucht man sich dann auch nicht wundern, dass in F und in vielen franz. Unternehmen vieles eben nicht so gut und effektiv funktioniert wie in D.

      :eek:
      1 Antwort
      Avatar
      schrieb am 08.04.13 18:51:12
      Beitrag Nr. 2 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 44.387.017 von Blue Max am 08.04.13 18:05:49http://www.zeit.de/campus/2006/42/ENA_Elite_Frankreich

      Das Bollwerk der Beamtenrepublik

      27.10.2006

      Die Ausbildung an der Eliteschule ENA wird für viele politische Missstände in Frankreich verantwortlich gemacht. Seit ihrem Umzug nach Straßburg arbeitet sie an ihrer Modernisierung

      Was haben der französische Staatspräsident Jacques Chirac, Premier Dominique de Villepin und die potenzielle sozialistische Spitzenkandidatin Ségolène Royal gemeinsam? Was verbindet den Chef des Versicherungskonzerns Axa, Henri de Castries, den ehemaligen Präsidenten des Unternehmerverbandes, Ernest-Antoine Seillière, und den Anführer der linken Attac-Bewegung, Jacques Nikonoff? Worin gleichen sich sieben der letzten zehn Premiers, acht von 32 Ministern der gegenwärtigen Regierung und 40 Chefs der 400 größten französischen Unternehmen? Richtig: Sie alle haben die gleiche Schule besucht, die Ecole Nationale d’Administration, kurz: ENA.

      Jahrelang waren die Franzosen überaus stolz darauf , der einzige Staat Europas zu sein, der seine eigene Elite in Verwaltung, Wirtschaft und Politik hervorbringt. Doch das hat sich gründlich geändert. Inzwischen gibt es kaum eine andere Institution, die so erbarmungslos für alle Missstände im Land verantwortlich gemacht wird. Linke Spitzenpolitiker fordern regelmäßig die Abschaffung der Eliteschule, konservative Regierungskreise kritisieren das Bollwerk der Beamtenrepublik als Schule des Konformismus, und im Volksmund steht das Kürzel ENA nur noch für »Ecole Nationale d’Archaïsmes«.

      Mit gleich drei Volksaufständen in jüngster Zeit – der Ablehnung der EU-Verfassung 2005, den Banlieue-Krawallen und den Massenprotesten gegen Arbeitsmarktreformen – haben die Franzosen gezeigt, wie tief sie ihrer traditionellen Führungskaste misstrauen. Obwohl die ENA nur eine von mehreren Dutzend grandes écoles ist, die nationale Spitzenkräfte ausbildet, fällt solcher Unmut allein auf sie zurück. Denn sie ist die elitärste aller Eliteschulen und verkörpert ein fundamentales französisches Manko: Während es in anderen Ländern mehrere Eliten gibt, hat Frankreich eigentlich nur eine.

      Eine antiquierte Lehranstalt, die volksferne Führungskräfte produziert?

      Einer der schärfsten Feinde der ENA, der Pariser Parlamentarier und Außenpolitiker Pierre Lellouche, kritisiert denn auch zu Recht: »In den Boomjahren zwischen Kriegsende und Ölkrise war die Heranbildung einer nationalen Führungskaste noch sinnvoll. Doch in einem sich globalisierenden Frankreich ist das ein Anachronismus und gehört zu den größten Hindernissen der Modernisierung.«

      Fasst man die Hauptvorwürfe der Franzosen gegen die ENA zusammen, bleibt das Bild einer antiquierten Lehranstalt, die mit unerbittlichen Auswahlverfahren und autoritären Lehrmethoden volksferne Führungskräfte hervorbringt.

      In der Tat praktiziert die Schule einen harten Selektionsmechanismus, der mit gnadenlosen Vorbereitungskursen und Eingangstests beginnt und 27 Monate später in noch schärferen Abschlussprüfungen mündet. »Dazwischen ist so gut wie nichts«, höhnt der ehemalige Mitterrand-Berater und Bankier Jacques Attali. »Wer es schließlich unter die ersten 15 schafft, dessen Leben wird völlig anders verlaufen als das derjenigen, die auf Platz 16 oder dahinter landen.« Diplome gibt es nicht, nur Rangfolgen, und die Bestplatzierten können sich ein Amt in den drei französischen grands corps aussuchen: Staatsrat, Finanzinspektion und Rechnungshof. Der Rest verteilt sich auf weniger ruhmreiche Verwaltungsposten. Die Folge: Wer einmal in seiner Jugend gute Noten hatte, kann lebenslang an der Staatsspitze mitschwimmen.

      Ihre Bestnoten erwerben die Schüler mit Fleiß und Paukerei. Von »unglaublich sterilen Lehrmethoden, die alle Kreativität und Innovationskraft abtöten«, spricht die Pariser Journalistin Ghislaine Ottenheimer. Sie hat ihre ENA-Kritik 2004 in ihrem Buch Les intouchables (»Die Unberührbaren«) zusammengefasst: »Das klassische Verfahren ist, dass der Lehrer, der selber vor zwanzig Jahren an der ENA studierte, einen Berg von Dokumenten aushändigt und die Studenten danach bewertet, wie sie diese Informationen möglichst kurz und elegant zusammenfassen.«

      Als ein weiteres Manko gilt die Unerfahrenheit der ENA-Absolventen in Wirtschaftsfragen. »Die ›Enarchen‹ halten vier Rekorde«, schimpft der Unternehmer und konservative Pariser Parlamentsabgeordnete Jean-Michel Fourgous, »Bankpleiten (Crédit Lyonnais), Pleiten von Kleinaktionären (Vivendi), der Missbrauch von Aktienoptionen (Elf Aquitaine) und den Weltrekord an Unternehmensverschuldung (France Télécom).« Für ihn sind die Absolventen »wirtschaftlich inkompetent, demokratisch nicht legitimiert und politisch verantwortungslos«. Dass so viele ENA-Leute in die Wirtschaft gegangen sind, liegt vor allem an den Verstaatlichungen der Mitterrand-Jahre. Damals wechselte die Regierung komplette Managementabteilungen aus, sodass in den Firmenspitzen mehr Enarchen arbeiteten als richtige Unternehmer.

      Doch seit der massiven Reprivatisierungspolitik Ende der achtziger Jahre sind die Unternehmen sehr wählerisch geworden, wenn sie ehemalige Staatsdiener einstellen. Zugleich hat die junge Bildungselite häufig andere Träume als den von einer Beamtenkarriere. »Einst war es für Kinder der Oberschicht selbstverständlich, per ENA eine Staatslaufbahn einzuschlagen«, sagt der Bildungssoziologe Michel Bauer vom Forschungsverband CNRS. »Seitdem sich die Macht in die Wirtschaft verlagert hat, gehen die gleichen Kreise lieber an Business-Schulen oder machen einen MBA-Abschluss in den USA.« Der ENA bescheinigt Bauer eine »Rekrutierungskrise«, die sie nur überwinden kann, wenn sie sich auf ihre öffentlichen Kernaufgaben konzentriert.

      Im Elsass logiert die Kaderschmiede in einem ehemaligen Knast

      Die vielen Schmähungen haben auch die Schule nicht unberührt gelassen. Vor zwei Jahren gab sie ihren Stammsitz an der Rue de l’Université im Pariser Regierungsviertel auf und zog ins vierhundert Kilometer entfernte Straßburg. Seitdem ist es um das Institut deutlich ruhiger geworden. Nicht nur die Schlachtrufe sind verstummt, man solle »die ENA niederbrennen« (L’Express). Auch die seit Jahren sinkenden Bewerberzahlen zeigen, dass der Drang der besser verdienenden Familien, ihre Kinder auf die patriotische Kaderschmiede zu schicken, nachlässt. Zudem ist die Zahl der Studienplätze um ein Drittel geschrumpft, weil die Regierung massiv Staatsdiener abbaut. Wird am Ende die Brutstätte des Etatismus und Kastendenkens zur Miniatur ihrer selbst, zu einer leeren Hülle, deren Sturm wie einst beim Bastille-Gefängnis nur noch symbolische Bedeutung hat?

      Es ist in der Tat ein historischer Straßburger Knast, eingebaut in das prachtvolle Gemäuer einer spätmittelalterlichen Klosteranlage, in dem der 56 Jahre alte ENA-Direktor Antoine Durrleman residiert. In seinem luftigen Büro am Flussufer der Ill macht der runde, gemütliche Mann allerdings kaum den Eindruck, Zuchtmeister einer antiquierten Kadettenanstalt zu sein, die bald vom Volkszorn weggefegt wird: »Wir leben schon immer mit der Spannung zwischen dem leidenschaftlichen Gleichheitsdenken der Franzosen und ihrem Wunsch nach einer leistungsfähigen Bildungselite.«

      Den republikanischen Traum, ohne Rücksicht auf Herkunft und Geld, allein durch erfolgreichen Schulbesuch aufzusteigen, verkörpert der Pastorensohn aus einer Pariser Vorstadt selbst. Mit Hilfe des ENA-Studiums gelangte Durrleman über Ministerial- und Verwaltungsämter 2002 an die Spitze der Eliteschule. Das war auch das Ideal des ENA-Gründers Charles de Gaulle: Nach der Niederlage 1940 und der Kollaboration im Zweiten Weltkrieg sollte Frankreich eine neue, demokratisch rekrutierte Führungsschicht bekommen, die nicht vom Filz und Nepotismus der alten Staatsaristokratie infiziert war.

      Letztlich erscheint die französische ENA-Schelte in milderem Licht, wenn man berücksichtigt, dass noch jede Generation ihre jeweilige Elite mit den dazugehörenden grandes écoles geschmäht hat. In den dreißiger Jahren schimpften die Franzosen über ihre verweichlichte »Republik der Professoren« und deren Ausbildungsstätte Ecole Normale Supérieure, in den Fünfzigern ging es gegen die autoritäre Republik der Ingenieure, deren Führungskräfte aus der Militär-Kaderschmiede Ecole Polytechnique stammten, und im Gefolge der Studentenbewegung geriet schließlich die »Republik der Administrateure« in Misskredit, deren Entscheidungsträger sich aus den Absolventen der ENA rekrutierten.

      Fast die Hälfte der Vollzeitstudenten sind inzwischen Ausländer

      Dabei entpuppt sich die ENA als Scheinriese: In den 61 Jahren ihres Bestehens hat sie gerade einmal 5600 Franzosen und 2600 Ausländer ausgebildet – ein Bruchteil dessen, was vergleichbare Verwaltungsschulen in Harvard, Oxford oder Cambridge hervorbringen. Und gerade einmal zwei Prozent der Absolventen machen politisch Karriere. Jahrgänge wie der von 1980, der den amtierenden Premier, die sozialistische Präsidentschaftskandidatin und einige andere politische VIPs hervorbrachte, sind einfach die Ausnahme.

      Dass die Übersiedlung nach Straßburg eine Strafaktion gewesen sei, davon will Direktor Durrleman nichts hören: »Wir sind mit Begeisterung umgezogen, weil wir uns in Paris restlos provinzialisiert hätten.« Er spricht von einem doppelten Veränderungsdruck: durch die Europäisierung der Politik und die Dezentralisierung des französischen Staatsaufbaus.

      Tatsächlich bescheinigt der deutsche Manager Joachim Bitterlich, einst außenpolitischer Berater Helmut Kohls und heute Direktor beim französischen Versorgungskonzern Eolia, der Schule bereits »erstaunliche Reformanstrengungen«. Als ehemaliger ENA-Absolvent, der auch im Verwaltungsrat der Eliteschule sitzt, lobt Bitterlich vor allem die Neuausrichtung auf europäische Führungsmethoden. Da die Schule keinen festen Lehrkörper hatte, beschäftigte sie Politiker und Beamte, die zu Pariser Zeiten noch aus den umliegenden Regierungs- und Verwaltungsstellen im FaubourgSaint-Germain auf einen Sprung herüberkommen konnten. In Straßburg musste insofern der Dozentenstamm verändert werden – und wurde dabei deutlich internationaler.

      Auch die reine Ausrichtung auf die französische Verwaltung wurde eingeschränkt. Früher war es üblich, dass die Schüler während ihrer zwölfmonatigen Praktika in die Präfekturen der Departements ausschwärmten. Nun gibt es verstärkt Arbeitsaufenthalte in europäischen Institutionen, Auslandsbotschaften und Unternehmen. Zudem wurde der Begriff »öffentliche Verwaltung« im Lehrplan durch »public management« ersetzt. Und weil die ENA neuerdings Bewerber aus sämtlichen EU-Staaten aufnimmt, wird die Schule, die schon seit ihren Anfängen Kurzstudiengänge für Nichtfranzosen bietet, unter den Vollzeitstudenten bald einen Ausländeranteil von fünfzig Prozent haben.

      Wer schnell in die Wirtschaft geht, muss 40 000 Euro zurückzahlen

      »Viele Nationen glauben, dass Staatsaufgaben nicht so wichtig seien, und bilden deshalb ihre Beamten nicht gut aus«, sagt Schuldirektor Durrleman, und dem pflichtet auch Joachim Bitterlich in Paris bei: »Wir haben in Deutschland nichts Vergleichbares. Uns fehlt eine Verwaltungselite, die über ihre Universitätsausbildung hinaus praktisches Rüstzeug mitbringt.« Deutschland leide unverändert unter dem Juristenmonopol im Staatsdienst, während Frankreichs neue Generation von Enarchen »große Praxisnähe, Flexibilität und Generalistentum« zeige. Doch auch in Zukunft soll die ENA keine Wirtschafts- oder Juristenschule, sondern eine Institution sein, auf der man lernt, ein Land zu führen. Durrleman möchte seine Eleven konsequent für ihre Kernaufgaben im public management ausbilden. Auch deshalb beharrt er auf einer vielkritisierten Sanktion: Wer vor Ablauf einer zehnjährigen Sperrfrist aus dem Staatsdienst ausscheidet, muss seine komplette Ausbildungsfinanzierung zurückzahlen – rund 40000 Euro.

      Dennoch gibt es seit Jahren immer mehr Aussteiger, die vom Staatsdienst in private Unternehmen wechseln. 1995 waren es noch 14 Prozent, heute ist es fast ein Viertel der Absolventen, die größtenteils in der Industrie und im Bankgeschäft arbeiten, aber auch in der Beratungsbranche, der Immobilienwirtschaft und im Kultursektor. Freilich steigen die Überläufer nicht mehr oben ein, sondern müssen sich verdient machen. Zum Teil werden sie von den Unternehmen eingekauft, weil die ehemaligen Beamten mit ihren Adressbüchern über hervorragende Kontakte im Staatsapparat verfügen. Vor allem aber wechseln die Staatsdiener aus eigenem Antrieb, weil Karrieren im Beamtenapparat längst nicht mehr so verlockend sind wie solche in Unternehmen. »Wer angesichts des Staatsabbaus und der schrumpfenden Spitzenposten mit 35 immer noch Beamter ist«, sagt Politikberater Jacques Attali, »der gilt als Verlierer.«


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