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    Bernd Niquet: Der hedonistische Preisdeflator - 500 Beiträge pro Seite | Diskussion im Forum

    eröffnet am 28.06.00 11:30:10 von
    neuester Beitrag 29.06.00 15:58:07 von
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      schrieb am 28.06.00 11:30:10
      Beitrag Nr. 1 ()

      Bernd Niquet: Der hedonistische Preisdeflator

      - Wunder gibt es immer wieder -

      In den USA läuft gegenwärtig eine heftige Auseinandersetzung um ein sprachliches Monstrum, nämlich um den „hedonistischen Preisdeflator“. Der sittsame Leser dieser Kolumne wird sich jetzt natürlich sofort fragen: Verbirgt sich hier etwa irgendein Schweinkram dahinter?

      Auch auf die Gefahr hin, lieber sittsamer Leser, dass Sie nun vielleicht nicht mehr weiter lesen werden, muss ich Ihnen leider antworten: Doch, ein bisschen Schweinkram steckt schon dahinter, denn letztlich geht es hierbei um nichts anderes als um die Defloration unserer Preisvorstellungen.

      Doch der Reihe nach: Das „Bureau of Labor Statistics“, welches in den USA für die offiziellen Inflationszahlen verantwortlich ist, versucht mit seiner „hedonistischen Komponente“ auch im Preisdeflator die heutige Spaßgesellschaft widerzuspiegeln. Und zwar dadurch, dass nicht nur der einfache Preis von Gütern berücksichtigt wird, sondern zudem auch der Nutzen, den diese für den Hedonisten, also sprich für den Nachfrager, bringen.

      Soll heißen: Der Preis eines alten 286er Computer vor zehn Jahren wird in etwa so hoch gelegen haben wie derjenige eines modernen Computer mit Pentium-Chip heute. Doch da der Nutzwert des heutigen Computers wesentlich höher ist als der des 286er, muss dies dadurch berücksichtigt werden, indem der Preis des heutigen Computers in der offiziellen Preisstatistik dramatisch nach unten korrigiert wird.

      So weit, so logisch. Die Konsequenzen hieraus sind jedoch bizarr. Denn nun befinden wir uns in der paradoxen Situation, dass einerseits in diesem Segment die Preise zwar offiziell fallen, die Kaufkraft dadurch andererseits jedoch nicht zunimmt. Und da wundert sich der Konsument denn doch schon etwas, oder?

      Übertragen wir dies nun auch auf andere Bereiche, dann können wir durchaus sagen: Durch Integration hedonistischer Komponenten in die Preisindikatoren wird die Inflation im Vergleich zur effektiven Kaufkraft bewusst und manipulativ niedrig angesetzt.

      Das Resultat ist allerdings überzeugend: Eine Boom-Ökonomie ohne relevante Preissteigerungen. Vielleicht schaffen es die USA damit sogar, dass Wundermodell der Japaner aus den späten 80er Jahren zu kopieren. Denn auch hier gab es einen ungeheuren Boom bei vollkommener Preisstabilität.

      Ein näherer Blick auf den Warenkorb, welcher der Berechnung der Preissteigerungsrate zu Grunde liegt, ergab jedoch, dass dieser hauptsächlich aus dem staatlich festgesetzten Reispreis, aus Holzschuhen und aus Schwarz-Weiß-Fernsehern bestand. Doch was nicht nachgefragt wird, kann natürlich auch nicht steigen im Preis.

      Ökonomische Wunder sind also stets mit etwas Vorsicht zu genießen. Vor allem dann, wenn sich im eigenen Geldbeutel etwas ganz anders zeigt als das, was in der Zeitung steht. Es bleibt indes ein Trost. Doch den kennen nur die Schlagersänger: "Wunder gibt es immer wieder ..."

      Bernd Niquet, Mittwoch, 28. Juni 2000

      b.niquet@wallstreet-online.de

      Avatar
      schrieb am 28.06.00 14:09:46
      Beitrag Nr. 2 ()
      Oh schön, dann ist ja wohl auch unser Benzin gar nicht teurer geworden. Da ja nun die Autos immer weniger Sprit verbrauchen, ist auch der Nutzwert des eines Liters Benzins höher. Dann brauchen wir uns ja auch wegen des Ölpreises keine Gedanken über Inflationsgefahren machen.
      Avatar
      schrieb am 28.06.00 14:28:20
      Beitrag Nr. 3 ()
      Energie und Lebensmittel sind sowieso bereits herausgenommen aus der Kern-Inflationsrate. Aber ansonsten ist das sicherlich eine innovative Idee. Doch anscheinend war man hier schon noch innovativer.
      Avatar
      schrieb am 29.06.00 15:27:23
      Beitrag Nr. 4 ()
      Überraschend finde ich, daß Sie Ihre eigenen Einschätzungen so schnell wieder vergessen...oder: was hat der hedonistische price deflator mit der Qualität des Dollars zu tun, die Sie in Ihrem aktuellen Artikel zum Euro so herausstellen??
      Avatar
      schrieb am 29.06.00 15:58:07
      Beitrag Nr. 5 ()
      Warum soll nicht auch eine blankpolierte Statistik ein Faktor der Vermögensqualität sein?


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