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    INTERNET IN CHINA: Basisinfos für jeden Investor - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 12.08.00 23:40:38 von
    neuester Beitrag 13.08.00 11:39:06 von
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      schrieb am 12.08.00 23:40:38
      Beitrag Nr. 1 ()
      Ich habe unten einen Artikel aus der FAZ vom 12.8.2000 eingescannt und reinkopiert, der für jeden Investor in chinesiche Internet und Telekomtitel als Basisinfo sicher interessant ist (speziell SINA.COM, SINO-I.COM, PCCW, CASH, Legend Holdings, Chinadotcom, Unicom, ...). Der Artikel ist etwas länger, also gerade richtig fürs Wochenende ....


      Wenn der `Gebrauch` allmählich die `Substanz` verändert
      Chinas Marsch ins globale Netz / von Gudrun Wacker

      Das Surfen im Internet erfreut sich in der Volksrepublik China immer größerer Beliebtheit. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat sich die Zahl der chinesischen Internet-Nutzer auf 17 Millionen verdoppelt. Die chinesische Regierung, die sich als Förderer neuer Technologien sieht, muß jetzt allerdings fürchten, daß ihr durch den freien Zugang zu Informationen und den unkontrollierten Austausch über das Internet zuviel Kontrolle entgleitet und ihr Informationsmonopol untergraben wird. Das Parteiorgan `Volkszeitung` warnte dieser Tage erstmals ausdrücklich vor einer `ideologischen Infiltration` durch das Internet. Feindliche Kräfte im Ausland wollten China schaden; Das Parteiorgan rief dazu auf, dagegen ein Nachrichtensystem chinesischer Prägung zu setzen. (F.A.Z.)

      World Wide Web, E-Mail, Dotcoms und elektronischer Handel sind auch in der Volksrepublik China auf dem Vormarsch.Der Einstieg in das Zeitalter elektronischer Vernetzung erfolgte zwar relativ spät Anfang der neunziger Jahre, seit zwei Jahren aber breitet sich das Internet mit sehr großer Geschwindigkeit aus: Nach offiziellen Angaben wuchs die Anzahl der Internetbenutzer von etwas über eine Million Mitte 1998 auf fast siebzehn Millionen im Juli 2000. Die chinesische Führung hat diese Entwicklung befördert, denn sie weiß, daß das Land nicht auf neue Kommunikationstechnologien verzichten kann, will es nicht Gefahr laufen, den Anschluß an globale Entwicklungen zu verlieren.

      Mit dem Beginn des Reformprozesses in der chinesischen Wirtschaft, der von der Kommunistischen Partei im Dezember 1978 eingeleitet wurde, ging auch eine graduelle Öffnung des Landes nach außen einher: Moderne Technologien, westliche Wirtschaftstheorien und Managementmethoden wurden eingeführt und adaptiert. Die politische Entscheidung, die Volksrepublik China nach außen zu öffnen,ließ jedoch eine Frage erneut virulent werden, die sich schon dem kaiserlichen China im achtzehnten Jahrhundert gestellt hatte. Das Problem einer selektiven Übernahme von `positiven` Technologien und Ideen bei gleichzeitiger Abwehr von Einflüssen, die sich negativ auf die Stabilität der chinesischen Gesellschaft beziehungsweise des chinesischen Staates auswirken könnten, wurde traditionell mit der Formel `China als Substanz, der Westen für den Gebrauch` (Zhong ti Xi yong) beantwortet. In der Praxis erwies sich dieser Grundsatz als schwer durchhaltbar, denn mittel- bis langfristig entwickelt der `Gebrauch` die Neigung, die `Substanz` zu verändern.

      Daß moderne Kommunikationstechnologien ein zweischneidiges Schwert sind, wurde spätestens im Kontext der Ereignisse auf dem Platz vor dem Tienanmen vom 3. auf den 4. Juni 1989 deutlich. Chinesische Studenten im Ausland schickten Informationen über das, was sich in Peking zugetragen hatte, an jede ihnen bekannte Faxnummer in ihrer Heimat. Faxgeräte, dazu bestimmt, geschäftliche Transaktionen zu erleichtern und zu beschleunigen, können eben nicht beliebig abgeschaltet werden, wenn es politisch opportun erscheint. Die Kommunikations- und Datenübertragungsmöglichkeiten des Internet erweitern das grundlegende Dilemma um eine Dimension und konfrontieren Parteiund Staatsführung mit einer neuen Herausforderung. Daraus resultiert eine zwiespältige Haltung gegenüber dieser Technologie: Einerseits ist auch den politischen Entscheidungsträgern bewußt, daß China sich den Möglichkeiten nicht verschließen kann und darf, die das Internet mit sich bringt, andererseits werden Anstrengungen unternommen, um die Entwicklung unter Kontrolle zu halten und damit einhergehende Stabilitätsrisiken zu minimieren. In einigen Köpfen existiert die Idealvorstellung, eine elektronische oder virtuelle ,,Große Mauer" um China zu errichten, mit nur wenigen, schwer bewachten Toren nach draußen.

      Dennoch sind Partei und Regierung die wichtigsten Akteure und hauptverantwortlich für die Fortschritte, die das Internet in China gemacht hat. Ende der achtziger Jahre begann man mit dem systematischen Ausbau und der Modernisierung der Telekommunikationsinfrastruktur. Wie auch anderen Staaten mit unterentwickelter und veralteter Infrastruktur bot sich China dabei die Chance, sofort moderne und leistungsfähige Datenübertragungsmedien, wie zum Beispiel Glasfaserkabel, zu verlegen. Das Telefonfestnetz, über das auch die Einwahl ins Internet erfolgt, wurde kontinuierlich erweitert. Der Wichtigkeit des Telekommunikationssektors wurde auch dadurch Rechnung getragen, daß im Frühjahr 1998 mehrere Ministerien zu einem neuen Superministerium für Informationsindustrie zusammengefaßt wurden, unter dessen Kontrolle und Aufsicht nicht nur die großen staatlichen Telekommunikationsunternehmen wie China Telecom und Unicom fallen, sondern das beispielsweise auch über die Vergabe von Mobilfunklizenzen oder Geschäftslizenien an Internetanbieter (Internet Service Provider, ISP) entscheidet.

      Die hohen Zuwachsraten bei Computern mit Internetzugang und dem Kreis der `Netzbürger` (chinesisch: wangmin) der letzten beiden Jahre werden auch für die nächsten Jahre erwartet. Nach westlichen Schätzungen könnte im Jahr 2003 die Zahl der Internetnutzer in China 33 Millionen erreichen. Diese positive Bilanz darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß China auch in bezug auf das Internet noch immer ein Entwicklungsland ist. 16,9 Millionen Nutzer sind nur etwas über ein Prozent der chinesischen Bevölkerung, und damit liegt China weit hinter asiatischen Ländern wie Südkorea (21 Prozent) und Japan (15,5 Prozent) oder den westlichen Industrienationen Vereinigte Staaten (45 Prozent), Finnland (38 Prozent) und Deutschland (19 Prozent) zurück.

      Betrachtet man die geographische Verteilung der Internetnutzung und der unter `cn` für China registrierten Domainnamen, so stellt man eine hohe Konzentration in den urbanen Zentren Peking, Schanghai und Tianjin sowie in der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Provinz Guangdong fest. Aber auch Fujian, Jiangsu und Zhejiang entlang der Küste liegen deutlich über dem Landesdurchschnitt. Peking ist nicht nur das administrative Zentrum Chinas, sondern hier befinden sich auch die meisten Universitäten und Hochschulen. Hunderte Elektronikund IT-Unternehmen haben sich im Stadtteil Zhongguancun, der oft als chinesisches Silicon Valley bezeichnet wird, angesiedelt. Daß hier die höchste Internetdichte zu finden ist, erstaunt daher kaum. Im geographischen Verbreitungsmuster des Internet spiegeln sich ziemlich genau die regionalen Disparitäten und Entwicklungsunterschiede, die sich im Laufe des Reformprozesses herausgebildet haben. Verkürzt gesagt, haben die Küstenregionen den Löwenanteil ausländischer und inländischer Investitionen angezogen. Sie sind zu den Wachstumsmotoren der chinesischen Wirtschaft geworden. Die westliche und die nördliche Peripherie sowie die Zentralprovinzen sind dagegen in der Entwicklung zurückgefallen.

      Drei Viertel der Nutzer sind jünger als 30 Jahre

      Mittels einer halbjährlichen elektronischen Erhebung, durchgeführt von einem Institut der chinesischen Akademie der Wissenschaften, wird nicht nur das quantitative Wachstum des Internet in China erfaßt, sondern aus der Umfrage ergibt sich auch ein Profil des ,,typiscben" chinesischen Internetnutzers. Die Mehrheit der wangmin ist jung: 76 Prozent sind zwischen 18 und 30 Jahre alt. Ihr Ausbildungsniveau ist hoch, und auch ihr monatliches Einkommen liegt deutlich über dem Durchschnitt, was angesichts der nach wie vor hohen Kosten für die Anschaffung eines Computers und den Internetzugang kaum überrascht. Nur sieben Prozent der chinesischen Internetbenutzer waren im Juni 1998 Frauen, jedoch zeichnet sich ein Aufwärtstrend ab: ihr Anteil ist mittlerweile auf immerhin 25 Prozent gestiegen. Wurde noch 1998 der Internetzugang überwiegend am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt, so bezahlt die Mehrheit ihren Internetzugang inzwischen aus eigener Tasche. Auch Internetcafes, wie es sie vor allem in den Großstädten gibt, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. E-Mail und Suchmaschinen sind die am häufigsten genutzten Dienste. Hauptsächlich wird das Internet für Informationsbeschaffung, Weiterbildung und und Unterhaltung genutzt. Unzufrieden sind viele Nutzer wegen notorisch langsamer Übertragungsgeschwindigkeiten und hoher Telefongebühren. Gegen die Bestellung von Ware über das Netz existieren noch erhebliche Vorbehalte und Mißtrauen.

      Die Gesetzgebung für den Bereich hinkt den Entwicklungen hinterher. Seit den frühen neunziger Jahren ist eine Reihe gesetzlicher Vorschriften von der chinesischen Regierung erlassen worden, die sich mit Telekommunikation, Computernetzen und dem Internet befassen. Ein umfassendes Telekommunikationsgesetz steht jedoch noch immer aus. Mit der Regelung der Bereiche elektronischer Handel und Online-Börsengeschäfte wurde erst in diesem Jahr begonnen. Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse liegen trotz der erfolgten Umstrukturierung der Ministerien für den Bereich der Telekommunikation nicht in der Hand einer einzigen Regierungsinstitution. Neben dem Ministerium für Informationsindustrie sind weitere Stellen an der Formulierung von Regeln und Vorschriften auf diesem Gebiet beteiligt, so die Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei, die Staatliche Verwaltung für Presse und Publikationen, das Informationsamt des Staatsrates, das Ministerium für öffentliche Sicherheit, um nur die wichtigsten zu nennen. All diese Institutionen beanspruchen mit gutem Recht Mitsprache bei Entscheidungen über Chinas Telekommunikationsund Internetpolitik, was dazu führt, daß unterschiedliche, oft widerstreitende politische, ideologische und ökonomische Interessen Einfluß auf den Sektor nehmen.

      Anfang dieses Jahres traten neue Bestimmungen in Kraft, die wegen ihres restriktiven Charakters in der internationalen Presse negativ bewertet und als ein Hindernis für die weitere Entwicklung des Internet in China eingestuft wurden. Mit den neuen Vorschriften wurde im wesentlichen das ,,Gesetz zum Schutz von Staatsgeheimnissen" aus dem Jahre 1988 explizit auf das Internet ausgedehnt und verfügt, daß die Publikation, Diskussion oder Weitergabe von Staatsgeheimnissen über E-Mail, elektronische `chatrooms` und Anschlagtafeln oder Internetnachrichtengruppen verboten ist. `Staatsgeheimnis` bleibt dabei ein äußerst vager Begriff, da in China praktisch jede Information, sei sie politischer, technischer oder ökonomischer Art, als Staatsgeheimnis eingestuft werden kann. Die Anbieter von Internetdiensten werden für deren Inhalte haftbar gemacht. Zudem ist es nicht gestattet, ohne Genehmigung elektronisch Meldungen zu veröffentlichen, die nicht bereits von offiziell zugelassenen Medien publiziert wurden. Für die in China tätigen Internetanbieter dürfte es kaum überraschend gewesen sein, daß die Weitergabe von Staatsgeheimnissen über das Internet illegal ist. Um sich abzusichern, hatten die meisten chinesischsprachigen Portale wie"sina.com" bereits in der Vergangenheit eine Art Selbstzensur ausgeübt.

      Angesichts der hohen Kosten, die mit der Überwachung der wachsenden Menge von Daten, die über E-Mail und Internet ausgetauscht werden, verbunden sind, sind die konkreten Auswirkungen der Vorschriften auf die künftige Geschäftstätigkeit von Internet-Service-Providern und Internet-Content-Providern noch unklar.

      Fraglos gab es Fälle, die - zumindest aus der Perspektive der politischen Führung Chinas - die Gefahren und das destabilisierende Potential, die im Internet lauern, ausreichend demonstrierten. Im Jahr 1998 wurde der Besitzer einer Softwarefirma in Schanghai zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er 30 000 E-Mail-Adressen an eine Dissidentengruppe in New York verkauft hatte, die eine prodemokratische Publikation namens Dacankao an Tausende von E-Mail-Adressen in der Volksrepublik China verschickt. Unter den unfreiwilligen Empfängern sind offenbar auch hohe Parteimitglieder.

      Die bislang anschaulichste Demonstration der subversiven Nutzungspotentiale des Internet - und sicherlich das Ereignis, das die breiteste Aufmerksamkeit auch in den internationalen Medien erfuhr - fand im April 1999 statt: Chinas politische Führung wurde offenbar völlig überrascht, daß sich eines Morgens ungefähr zehntausend Anhänger der Falungong-Bewegung praktisch lautlos vor dem Zhongnanhai, dem politischen Machtzentrum in Peking, versammelt hatten. Diese wohlvorbereitete und diszipliniert durchgeführte Veranstaltung war im wesentlichen durch ein ausgeklügeltes System der E-Mail-Kommunikation zwischen den Organisatoren geplant worden. Die chinesischen Behörden reagierten auf dieses außergewöhnliche Ereignis nicht nur mit dem Verbot von Falungong und der Verhaftung ihrer Anhänger. Über ,,orthodoxe" Maßnahmen hinaus wurde ein regelrechter ,,Cyberkrieg" gegen die Web-Seiten von Falungong in den Vereinigten Staaten, Kanada und England begonnen. Unter anderem wurden ,,elektronische Bomben", das heißt eine riesige Zahl umfangreicher E-Mails, an die Server im Ausland geschickt, auf denen sich Falungong-Web-Seiten befanden, so daß diese unter der Masse des eingehenden Datenverkehrs regelrecht zusammenbrachen.

      Politische Mobilisierung über das Internet richtet sich aber auch in China durchaus nicht immer gegen die eigene Regierung. Im Gefolge der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch amerikanische Flugzeuge waren die chinesisch-amerikanischen Beziehungen wieder einmal auf einem Tiefpunkt, und die Wellen des Patriotismus und antiamerikanischer Stimmung in China schlugen hoch. In dieser emotional aufgeladenen Situation wurde über einen elektronischen ,,chatroom" eine Initiative durch eine ehemalige Soldatin der Volksbefreiungsarmee gestartet, Geld für einen Flugzeugträger für die chinesische Armee zu sammeln. Die Idee wurde von anderen Medien aufgegriffen, und innerhalb eines Monats soll eine Summe von elf Millionen Yuan an Spenden zusammengekommen sein.

      Um die für das Internet geltenden Vorschriften umzusetzen und illegale Aktivitäten zu bekämpfen, wurde unter dem Ministerium für Öffentliche Sicherheit ein Internetüberwachungsbüro eingerichtet mit einer Spezialeinheit zum Kampf gegen feindliche Hacker. In Polizeistationen wurden Einheiten zur Überwachung des Cyberspace organisiert. Neue Registrierungsbestimmungen für Internetcafes sollen die anonyme Nutzung dieser Einrichtungen erschweren. Eine weitere Methode, den Zugang zum Internet einzuschränken, besteht darin, eine Art auf China beschränktes Netzwerk aufzubauen. Aber da solche Netze ebenfalls auf TCP/IP basieren und die üblichen Internetprotokolle wie http, ftp und Mail unterstützen, ist kaum wahrscheinlich, daß eine solche von oben verordnete Isolation von langer Dauer sein kann. Findige Computernutzer können Beschränkungen umgehen und auch Zugang zu blockierten Web-Seiten erhalten, indem sie sich über alternative Proxyserver im Ausland anonym einloggen. Versuche von offizieller Seite, den Zugang zu bestimmten Web-Seiten zu sperren, haben sich offenbar als kurzlebig und weit weniger effektiv erwiesen, als dies allgemein angenommen wird. Angesichts der technischen Schwierigkeiten scheint ein Wechsel in der Strategie der Behörden stattgefunden zu haben, wobei der Schwerpunkt nun auf passiver Überwachung von Internetaktivitäten statt auf der Blockierung des Zugangs zu bestimmten Web-Seiten liegt.

      Aus schwindenden Möglichkeiten der chinesischen Führung, Informationsflüsse in der Gesellschaft zu steuern und zu kontrollieren, folgt nicht notwendigerweise, daß das Internet zum Transmissionsriemen für Individualismus oder Demokratie wird. Das schnelle Wachstum des Internet in China in den letzten beiden Jahren ist kein spontaner Prozeß von unten, den man von oben einzudämmen versucht; Vielmehr wäre er ohne die aktive Unterstützung der zuständigen Stellen in Partei und Regierung nicht möglich gewesen. Diese Unterstützung gründet sich unter anderem auf die Überzeugung von Teilen der Führung, ebenfalls von dieser neuen Technologie profitieren zu können - nicht nur finanziell, sondern auch politisch-administrativ durch schnelleren und effizienteren Zugriff auf Daten und ähnliches.

      Seit sich China im Dezember 1978 auf den Weg der Reform und Modernisierung begab, hat es durchgängig voneinander abweichende und häufig sich widersprechende Ansichten in der chinesischen Führung über die Frage gegeben, wie weit die Außenöffnung des Landes gehen sollte. Der Parteistaat verfolgt als zentrale Ziele, sein Machtmonopol und die Makrokontrolle zu behalten und die gesellschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten. Es sollte aber nicht vergessen werden, daß die ersten Schritte zur Dezentralisierung von Macht und Entscheidungsbefugnissen von oben eingeleitet wurden, und zwar trotz der damit einhergehenden Risiken für die ideologischen Grundlagen.

      Bei der Beurteilung der Kontrollmaßnahmen der chinesischen Regierung bezüglich des Internet ist es wesentlich, nicht die Perspektive zu verlieren. Gesetze und Bestimmungen für die Bereiche Telekommunikation und Internet sind nicht automatisch oder in erster Linie dazu gedacht, deren Entwicklung zu behindern, und sie zielen auch nicht primär oder ausschließlich auf die Gegner des chinesischen politischen Systems. Anstrengungen zum Kampf gegen neue Verbrechensformen und den Mißbrauch der neuen elektronischen Medien, zur Standardisierung technischer Abläufe und Regelung von Geschäftstransaktionen, die über das Internet abgewickelt werden, sind nicht per se illegitim. Computersicherheit, Cyberkriminalität, pornographische Webseiten und Urheberrecht stellen auch andere Länder vor Probleme und werden nicht nur in China kontrovers diskutiert.

      Quantitativer Sprung durch Mobiltelefone

      Die entscheidenden Hindernisse für eine weitere Verbreitung des Internet in China sind - trotz der enormen Investitionen in den letzten Jahren - die Rückständigkeit der Telekommunikationsinfrastruktur, insbesondere in den ländlichen Gebieten, eine administrativ-organisatorische Struktur auf zentraler und regionaler Ebene, die fruchtbaren Boden für Kämpfe um Macht und Einnahmequellen bereitstellt, und ein System von staatlichen Telekommunikationsunternehmen, das nicht (oder zumindest noch nicht) dazu angetan ist, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit wirklich zu fördern. Und schließlich ist aufgrund des noch immer niedrigen Lebensstandards der Kauf eines PC für die Masse der Bevölkerung schlicht unerschwinglich.

      Durch die Möglichkeiten eines Zugangs zum Internet mittels Mobiltelefon oder über das Kabelfernsehen dürfte die zuletzt genannte Hürde allerdings deutlich an Bedeutung verlieren: Schon jetzt gibt es 58 Millionen Besitzer von Mobiltelefonen und 82 Millionen Kabelfernsehabonnenten in China. Vorläufig ist die Nutzung des Feinsehkabelnetzes für interaktive Kommunikation, mit Ausnahme Schanghais, zwar offiziell noch untersagt, aber entsprechende Zusatzgeräte für Fernseher werden bereits von einem der größten chinesischen Computerhersteller produziert. Bei den Mobiltelefonen sind auch in den kommenden Jahren hohe Wachstumsraten zu erwarten. Mit zunehmendem Informationsangebot, das auf dieses Format zugeschnitten ist, könnte Internetzugang in China an Popularität gewinnen, deutlich preisgünstiger werden und einen quantitativen Sprung auslösen.

      Es wäre verfehlt, das Internet in China als Technologie zu sehen, die die Kontrolle der Kommunistischen Partei direkt untergräbt und hauptsächlich von Demokraten oder Dissidenten zur Verbreitung ihrer Ideen genutzt wird. Die Mehrheit der chinesischen wangmin sind junge städtische Berufstätige mit überdurchschnittlichem Einkommen. Diese Gruppe ist zweifellos mehr an Börsenkursen und Unterhaltung interessiert als daran, das Internet für Aktivitäten zu nutzen, die von ihren politischen Führern als subversiv und gefährlich eingestuft werden. Damit soll allerdings nicht gesagt sein, daß das Internet mittel- und langfristig ohne Auswirkung auf die chinesische Gesellschaft bleiben wird. Die wirklichen `Gefahren`, die vom Internet ausgehen, sind möglicherweise aber weniger direkt und weniger leicht zu erkennen, als dies Chinas politische Führung und auch manche westlichen Beobachter glauben möchten. Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie bringt neue Wege für Geschäftsaktivitäten, neue Unterhaltungs- und Interaktionsmöglichkeiten in den Alltag Chinas. Denken und Wertvorstellungen werden durch neue Medien wie Satellitenfernsehen allmählich verändert. Das Internet vertieft damit das Dilemma, das den Reformprozeß in China und die Öffnung des Landes von Anfang an begleitet hat, daß nämlich der `Gebrauch` die `Substanz` langfristig verändert.

      Die Autorin ist wissenschaftliche Referentin am Bundesinstitut für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien in Köln


      Gruss Frakt@l
      Avatar
      schrieb am 13.08.00 11:39:06
      Beitrag Nr. 2 ()
      @frakt@l
      Danke für den Interessanten Artikel.
      cu Webbie


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