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    Die Anfänge des IATV - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 10.12.00 14:59:22 von
    neuester Beitrag 10.12.00 20:23:15 von
    Beiträge: 8
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      schrieb am 10.12.00 14:59:22
      Beitrag Nr. 1 ()
      Hier einmal ein wenn auch etwas längerer Artikel über die Anfänge des Interaktiven Fernsehens:

      Willkommen





      Universität des Saarlandes
      Fachrichtung 5.5 Informationswissenschaft
      HS: Neue Technologien in der Massenkommunikation
      Dr. Ilse Harms

      Referent: Martin Emmerich


      Interaktives Fernsehen
      Integration der Medien Fernsehen und Computer


      1. Einführung
      =============

      Seit der Entstehung von Rundfunk und Fernsehen gibt es Versuche,
      den Zuhörer bzw. Zuschauer nicht nur passiv rezipieren, sondern
      ihn aktiv am Sendegeschehen teilnehmen zu lassen.

      Dabei gibt es im Wesentlichen zwei verschiedene Ansätze:

      Die einfachere Form der Interaktion besteht darin, dem
      Zuschauer/Zuhörer eine Wahlmöglichkeit zwischen mehreren
      parallel übertragenen Diensten einzuräumen.

      Die komplexere Form der Interaktion gibt dem Rezipienten eine
      Möglichkeit, das Gesehene zu beeinflussen. Dazu müssen aber die
      Reaktionen des Teilnehmers zum Sender zurückübermittelt werden.

      Anfangs bediente man sich dazu bereits vorhandener Medien, meist
      des Telefons, die dazu zweckentfremdet wurden. Mit der
      technischen Weiterentwicklung der Computer ergibt sich nun aber
      erstmals die Möglichkeit, diesen mit dem Fernsehen in ein neues
      interaktives Medium zu integrieren und zu verschmelzen.

      Der große Motor dieser Entwicklung sind dabei die erhofften
      Gewinne.

      Ein Überblick über den ``größsten und zugleich aktivsten
      TV--Markt der Erde`` [scrM1], die USA, zeigt, um welche
      Größenordnungen es hier geht (die Zahlen beziehen sich auf das
      Jahr 1992, soweit nicht anders angegeben):

      Es gibt in den USA etwa 92 Mio. Haushalte,
      98% davon haben mindestens einen Fernseher (90% Farbe).
      Jährlich werden im Durchschnitt 20 Mio. Neugeräte gekauft.
      Jeder Haushalt verfügt im Schnitt über 15 Programme.
      50% der Haushalte bezahlen für Kabelfernsehen,
      75% der Haushalte haben einen Videorecorder.
      25 Mio. Haushalte (= 27%) sind mit einem PC ausgestattet,
      davon ca. 470.000 mit CD-ROM-Laufwerk.
      Es wird im Schnitt etwa 7h täglich ferngesehen.
      1991 wurden in der TV-Branche über 50 Mrd. US-$ umgesetzt
      (inklusive Fernsehwerbung und Videoverleih).
      3,6 Mrd. Videokassetten wurden für etwa 16 Mrd. $ verliehen,
      30 Mrd. $ wurden für Konsumelektronik ausgegeben,
      6 Mrd. $ Umsatz mit Computerspielen gemacht,
      80 Mrd. $ mit Telefon.
      Bis Ende des Jahzehnts sollen ca. 40 Mio. Haushalte mit
      Glasfaser verkabelt sein.
      Für 1996 wird interaktivem Fernsehen ein Umsatz von ca.
      1,65 Mrd. $ prognostiziert.
      Bis 2002 sollen 40 Mio. Haushalte Zugriff auf interaktives
      Fernsehen haben.


      Ein Indiz für die erhofften Gewinne sind auch die derzeit
      stattfindenden Konzentrationsprozesse:

      ,,Eine Milliardentransaktion und Kooperationsankündigung nach
      der anderen zwischen Telefon--Companies, Computerunternehmen,
      Verlagen, Kabelfernsehgesellschaften und Filmstudios. Schon im
      Frühjahr vergangenen Jahres stöhnte die Konkurrenz auf, als die
      Telefongesellschaft US-West mit umgerechnet 4,25 Milliarden
      Mark beim Kommunikations-- und Kabelriesen Time Warner
      einstieg... Kurze Zeit später fädelte AT&T mit der 12,6
      Milliarden Dollar schweren Übernahme des Mobilfunk--
      Marktführers McCaw den bis dato größten Deal der
      US--Wirtschaftsgeschichte ein --- Peanuts, wie man mittlerweile
      weiß...: Für mehr als 30 Milliarden Dollar will sich die
      `Baby--Bell`--Company Bell Atlantic mit TCI die Nummer eins der
      US--amerikanischen Kabelfernsehgesellschaften einverleiben.
      Auch beim im Hollywood--Filmgeschäft fuhrenden Medienkonzern
      Paramount liefern sich inzwischen, wie aus US--Börsenkreisen
      durchsickerte, der Kabelfernsehbetreiber Viacom und der
      Teleshopping--Konzern QVC eine heftige Übernahmeschlacht. J
      ngstes Viacom--Angebot: Knapp zehn Milliarden Dollar für 50,01
      Prozent der Paramount--Aktien.`` [CW]

      TCI hatte seinerseits im April angekündigt, zwei Milliarden in
      ein nationales Glasfasernetz zu investieren, auf dem auch
      interaktive Anwendungen laufen sollen. 1997 hofft
      ,,Telecommunications Inc.`` damit bis zu 90 Prozent seiner
      derzeit 10,2 Millionen Abonnenten zu erreichen [UPI2].

      Es scheint also in der Branche eine regelrechte
      Goldgräberstimmung zu herrschen. Der ursprüngliche Auslöser
      dieser Zukunftseuphorie dürften wohl die neuen Standards für die
      Bewegtbild-- und Tonkompression gewesen sein. Mit _MPEG2_
      scheint der Standard für digitales Fernsehen gefunden zu sein.
      Aufgrund der hohen Kompressionsrate lassen sich damit aber auch
      mehrere digitale Fernsehkanäle auf einem alten analogen Kanal
      bertragen. Inzwischen stehen auch erste funktionierende
      Single--Chip--Lösungen zur Verfügung, die eine billige
      Massenproduktion von entsprechenden Geräten ermöglichen.

      Diese Entwicklung hat ihrerseits den amerikanischen
      Vizepräsidenten Al Gore dazu veranlaßt, im ,,National
      Information Infrastructure Agenda`` [NIIA] die Vision eines
      ,,Information Superhighway`` zu entwerfen, über den neben
      diversen Datendiensten eben auch interaktives Fernsehen möglich
      werden soll.

      Um die Anteile an dieser Infrastruktur tobt der Aufteilungskampf
      zur Zeit in den USA.


      2. Projektüberblick
      ===================

      Ich gebe nun einen Überblick über verschieden Versuche,
      Fernsehen und anfangs auch Radio zu einem interaktiven Medium zu
      erweitern.

      Da sich die große Vielfalt von Projekten inhaltlich kaum
      systematisieren läßt, gehe ich im Wesentlichen chronologisch
      vor. Dazu streife ich kurz die Entstehung von Interaktion im
      Rundfunk und gehe dann ausführlicher auf Interaktion im
      Fernsehen ein. Dabei greife ich willkürlich Beispiele für die
      verschiedenen Interaktionsformen heraus.


      2.1. Interaktives Radio

      Die Anfänge der Publikumsbeteiligung reichen recht weit zurück.
      Sie lassen sich wohl kaum von den Anfängen des Rundfunks
      trennen. Früh wurde auch schon von Kommunikationstheoretikern
      die Forderung nach Interaktion gestellt:

      ``Um die Jahrhundertwende ... machten (weit und breit)
      Diskussionen über Rundfunktheorien die Runde; manche
      Wissenschaftler traten schon damals für Zweiwegkommunikation
      ein.`` [scrM2]

      Naheliegenderweise wurden als erstes die telefonischen
      Reaktionen und Rückmeldungen der Zuhörer in die Radioprogramme
      integriert. In den USA entwickelte sich rasch die Form des
      ,,Talk Radio``, in dem die Anrufer ,,live`` mit dem
      Radiosprecher reden konnten.

      ``Talk Radio`` ist heute immer noch sehr erfolgreich; einzelne
      Sprecher genießen in den USA einen regelrechten Kultstatus. Es
      hat sich dabei eine ganze Palette von Sprechertypen
      herausgebildet, vom mütterlich/väterlichen Typ bis hin zum
      Zyniker und Misanthropen, der das Publikum beschimpft und
      verspottet.

      Eine Vielzahl von Versuchen, das Medium Radio interaktiv zu
      nutzen, gibt es im künstlerisch--experimentellen Bereich. Dabei
      wird es oft um konventionelle, bereits eingeführte Medien
      ergänzt.

      Stellvertretend für diese Kategorie mag das Projekt
      ,,Paukenspieler`` von Wolfgang Temmel aus dem Jahr 1984 stehen:

      Als Vorlage diente dabei das gleichnamige Bild von Paul Klee.

      ,,Er benötigte dazu: Einen Kunstkritiker, Zeitungen zum
      Ankündigen, den ORF --- und Publikum, das mitmachte. Kritiker
      Markus Brüderlin schrieb eine `Bildempfindung` und eine
      `Bildbeschreibung` der Arbeit von Klee. Diese wurden, ohne
      Titel und Maler zu nennen, im Radio verlesen, zusammen mit der
      Aufforderung an die Hörer, das Bild nach der Beschreibung zu
      malen: `... nur der rote Flecken unten --- ffftsch ---
      durchstößt das Paukenfell --- bumm. Über dem dreifach
      abgewinkelten Paukenspieler--Hebelarm throhnt --- starr --- des
      Paukenschlägers Zyklopenauge. Drumherum schlägt der Pinsel ---
      flugs --- einen Viereckkopf mit einem Schnabel dran...`

      Viele Erwachsene und Kinder --- auch ganze Schulklassen ---
      schickten der Ö--3--Redaktion ihre Paukenspieler--Bilder.

      Das ganze Projekt von Temmel, mit Reproduktion des
      Klee--Originals, Texten von Brüderlin und den eingesandten
      zeichnungen wurde danach im Palais Palffy in Wien
      präsentiert.`` [Kuf]^{In diesem Band sind eine ganze Reihe von
      interaktiven Radioprojekten beschrieben.}


      2.2. Interaktives Fernsehen

      Die ersten Versuche, das Fernsehen interaktiv zu nutzen, fanden
      in den Fünfzigern in den USA statt. Bis das
      ,,participation--TV`` {Beteiligungsfernsehen} aber in
      Deutschland möglich wurde, vergingen zwei Jahrzehnte.


      2.2.1. Die Anfänge

      In den USA führte in den fünfziger Jahren der ehemalige
      Radiojournalist Edward R. Murrow von TV-Studio seiner Sendung
      ,,Person to Person`` aus Interviews mit Zuschauern in deren
      Wohnung.

      Ein weiteres Beispiel ist die Sendung ,,Winky Dink and You``,
      bei der Kinder die gesendeten Bilder vom Bildschirm auf
      Transparentpapier abpausen sollten. Diese wurde aber recht rasch
      eingestellt.

      In Deutschland lebte diese Idee Ende der Siebziger wieder auf.
      In der Sendung ,,Hobbythek`` sollten die Zuschauer einen
      Bildpunkt auf dem Schirm mit Filzstift nachfahren. Das derart
      gezeichnete Rebus--Rätsel mußte gelöst und das Ergebnis
      eingesandt werden.

      Die älteste interaktive deutsche Fernsehsendung war jedoch ,,Der
      goldene Schuß``. Ein Zuschauer mußte in dieser Sendung über
      Richtungs--Kommandos eine Armbrust steuern, die auf einer
      Studiokamera angebracht war. Ziel war es, einen goldenen Sack
      abzuschießen, der an einem Seil in einer goldenen Zielscheibe
      aufgehängt war. Die Sendung war in den frühen Siebziger Jahren
      derart erfolgreich, das sie von SAT1 vor kurzem wieder
      aufgewärmt wurde.

      Eine Kuriosität aus etwa derselben Zeit war die
      Musikwunschsendung ,,Wünsch Dir Was``. Dabei wurde das
      Zuschauervotum vom Wasser-- und Stromverbrauch abgelesen. Je
      nach Musikwunsch sollten nämlich die Wasserhähne aufgedreht und
      Elektrogeräte eingeschaltet werden.

      Üblicherweise wurde jedoch das Telefon als Rückkanal eingesetzt.
      Es steht auch heute noch in Deutschland in dieser Rolle an
      erster Stelle.

      Im Wesentlichen lassen sich die interaktiven Sendungen in die
      beiden inhaltlichen Kategorien Unterhaltung/Spiel sowie Talk
      einteilen. Eine weitere Kategorie betrifft die Art und Weise der
      Interaktion. Je nach dem, ob die Reaktion des Zuschauers das
      Geschehen direkt beeinflußt, oder ob die Verarbeitung der
      Reaktion zeitversetzt erfolgt, kann man online-- und
      offline--Interaktion unterscheiden.

      ,,Der Goldene Schuß`` wäre demnach ein online--Spiel. In diese
      Subkategorie fallen eine ganze Reihe weiterer Sendungen.

      Wöchentlich im ZDF läuft etwa das ,,ZDF--Glückstelefon``. In
      dieser Sendung muß der Zuschauer eine Spielfigur durch eine
      Computersimulation des Sendehauses steuern. Hinter den Türen des
      Gebäudes verbergen sich dabei einfache Fragen zum ZDF--Programm
      der nächsten Tage.

      Ein weiteres Beispiel aus dem saarländischen Sendegebiet ist das
      ,,SR3--Videospiel``. Der Zuschauer kann dabei über Zuruf
      verschiedene Videospiele steuern, die eigentliche Spielsteuerung
      erfolgt dabei aber über Joystick im Studio. Ein Spiel aus der
      Palette ist z.B. das Puzzlespiel, bei dem ein durcheinandergew
      rfeltes 3*4--Puzzle durch paarweises Vertauschen von Feldern
      wiederhergestellt werden muß.

      Immerhin ist dieses Spiel so erfolgreich, daß die angebotene
      Spielepalette auch Spieldiskette vertrieben wird.

      Ein sehr erfolgreiches offline--Spiel ist ,,Wetten Dass ?!?``.
      Dabei bestimmen die Fersehzuschauer per Telefon den
      ,,Wettkönig``. Die Auswertung der Stimmen nimmt dabei das
      TED {Teledialog}--System vor. Je nach Entscheidungsvariante muß
      eine von mehreren Telefonnummern angewählt werden.

      Der Erfolg dieser Sendung war in den Achtzigern so groß, daß
      regelmäßig das Telefonnetz zusammenbrach. Mit der
      Umstrukturierung der elektromechanischen Telefonvermittlungen
      auf digitale Signalverarbeitung Ende der Achtziger^{Auch hier
      waren die USA fast zwei Jahrzehnte voraus.} konnte dann ein
      dezentrales Modell eingeführt werden, bei dem die Stimmabgabe
      unter speziellen Nummern erfolgt. Die Stimmen werden dabei lokal
      gesammelt und nur noch die Ergebnisse der lokalen Auszählungen
      werden an die Zentrale übermittelt.

      TED wird so auch von anderen Sendungen genutzt. Besonders oft
      wird er für Hitparaden eingesetzt. Bei der Jugend--Musiksendung
      ,,Elf 99`` von RTL wird er sogar online eingesetzt. Die
      Zuschauer sehen in das gerade laufende Stück die Anrufzähler
      eingeblendet und werden so besonders stark zum Anrufen animiert.

      In eine vollständig andere Kategorie fällt die Sendung ,,Bürger
      fragen, Politiker antworten``. In dieser offline--Talk--Sendung
      werden die Fragen der Zuschauer erst zentral gesammelt und
      redigiert, bevor sie den anwesenden Politiker vom Moderator
      gestellt werden.

      Überhaupt scheint diese Form typisch für das
      öffentlich--rechtliche Fernsehen in Deutschland zu sein. Auch in
      anderen Sendungen, in denen Fragen an Studiogäste gestellt
      werden können, ist immer eine Zensurinstanz zwischengeschaltet.

      Es scheint da wirklich der Mut zu fehlen, notfalls auch einmal
      eine Entgleisung über den Sender gehen zu lassen {Im
      öffentlich--rechtlichen Rundfunk ist ,,Talk Radio`` dagegen
      schon länger möglich.}

      Vielleicht ist diese Lücke im Fernsehangebot sogar mit ein
      Grund, warum zur Zeit verstärkt die Privatsender derartige
      Sendungen anbieten. Vorreiter war hier in Deutschland ,,VOX
      Talkline``. Dabei handelt es sich eigentlich um eine eingeführte
      ,,Talk Radio``--Sendung eines Berliner Senders, die einfach
      durch eine Fernsehkamera im Rundfunkstudio sowie eine
      0130--Telefonnummer^{Bundesweit zum Ortstarif erreichbar.}
      ergänzt wurde. Diese Sendung zu mitternächtlicher Stunde war
      offenbar so erfolgreich, daß RTL zum Jahresbeginn mit ,,Nachts!
      Talkshow`` nachzog.

      In den USA geht man sogar noch weiter. Auf dem freien
      Satellitenkanal ,,C3TV`` stellt sich ein prominenter Studiogast
      in der Sendung ,,Live with ...`` den Zuschauern, die aus den
      ganzen Vereinigten Staaten kostenlos anrufen können.

      Ganz im Vordergrund scheinen dagegen die finanziellen Interessen
      beim ,,Star--Trek--Gewinnspiel`` zu stehen, das um den
      Jahreswechsel herum auf SAT1 lief.

      Über Videotext wurde dabei in die laufende ,,Raumschiff
      Enterprise`` {Der amerikanische Titel dieser Serie ist em Star
      Trek.}--Folge Ziffern eingeblendet, die sich im Laufe der Folge
      der Reihe nach zu einer 0180--Nummer zusammensetzen ließen.
      Hinter dieser Telefonnummer verbarg sich ein Voicemailsystem, in
      das der Anrufer dann die Lösung einer einfachen Rätselfrage
      sprechen konnte. Die Fragestellung konnte er auch dem
      Sat1--Videotext entnehmen.

      Die ganze Rätselfrage war in Werbung für die Computerfirma
      Apple verpackt; im Vorspann wurde ebenfalls kräftig Reklame
      für den Apple--Newton gemacht. Die fünf Computer {Wert der
      verlosten Konfiguration etwa 1600,- DM.}, die unter den Anrufern
      mit der richtigen Antwort ausgelost wurden, waren daher von
      Apple gestellt worden. Dadurch entstanden für die eigentliche
      Verlosung SAT1 also keine Kosten. Vielmehr wurde über das
      Voicemailsystem sogar Einnahmen erzielt. Ein Anruf bei einer
      0180--Nummer kostet fünf Einheiten pro Minute; dabei waren die
      Texte im Voicemailsystem so aufgebaut, daß der Anrufer
      eigentlich immer sechs Einheiten verbrauchte. Zudem wurden nur
      die ersten dreißig Minuten unmittelbar nach Ende der Sendung
      ausgewertet, es ist aber zu vermuten, daß einige Anrufer auch
      außerhalb des Zeitraumes anriefen. Trotz optimaler
      Bedingungen {Digitale Ortsvermittlung mit Tonwahl, Anwahl
      computergesteuert über Modem im 1--Sekundenrhythmus.} war bei
      meinen beiden Versuchen ein Durchkommen in den ersten zwanzig
      Minuten nur einmal möglich. Erst danach ließ die Belegung der
      Telefonanschlüsse nach. Geht man nun noch davon aus, daß viele
      Zuschauer mehrfach anriefen, um ihre Chancen zu vergrößern, so
      hat SAT1 mit Sicherheit beim ,,Star--Trek--Gewinnspiel`` nicht
      zu den Verlierern gezählt.

      Eine ganz andere Interaktionsform boten ARD und ZDF 1991 mit
      ihrer Gemeinschaftsproduktion ,,Umschalten erwünscht`` an.
      Dabei wurde ein Fernsehkrimi auf beiden Kanälen simultan
      gesendet, wobei Teile der Handlung aus dem Blickwinkel
      unterschiedlicher Akteure gedreht waren. Durch Umschalten konnte
      die Perspektive gewechselt werden.

      Diese Sendung wurde sehr gut aufgenommen. Eine ganze Reihe
      meist staatlicher Sender (es sind ja zwei Kanäle notwendig) im
      Ausland übernahm die Sendung. Ein Hauptgrund für diese
      Beliebtheit dürfte gewesen sein, daß keinerlei Zusatzhardware
      erforderlich ist. Allerdings ist die Wahlmöglichkeit mit zwei
      Varianten (die manchmal sogar identisch sind) doch recht
      wenig^{In einer auf vier Kanäle erweiterten Fassung wird dieses
      Konzept heute von ACTV angeboten. s.u.}.

      Seinen Vorläufer dürfte dieses Konzept im amerikanischen Kino
      gehabt haben. Ende der Sechziger gab es eine Reihe von
      Spielfilmen, in denen die Leinwand zeitweilig in mehrere
      ,,Teil--Leinwände`` aufgeteilt wurde, auf denen dann mehrere
      Handlungsstränge und Bildausschnitte parallel liefen. Die
      Bildaufteilung konnte dabei sogar dynamisch variiert werden, bis
      hin zum ,,aufblasen`` eines Teilbildes auf die volle
      Leinwandgröße. Allerdings ohne Einwirkungsmöglichkeit der
      Zuschauer.

      Insgesamt ist der Fernsehmarkt in den USA wesentlich
      experimentierfreudiger als hier. Vor allem im Bereich der freien
      Kanäle gibt es eine ganze Reihe von interessanten Projekten
      [HiP1].

      Bei ,,TV Pros`` in Chicago wird beispielsweise regelmäßig die
      ,,1--hr-Show`` gesendet, ein interaktives improvisiertes
      Theaterstück, in dem auch Zuschauer, die ins Studio kommen,
      mitspielen können.

      ,,Deep Dish TV`` sendet regelmäßig Bänder von Zuschauern, die
      diese in der Sendezentrale vorbeibringen [HiP1,HiP2], usw.


      2.2.2. Komplexere Projekte

      Generell scheint auch bei den deutschen Rundfunkanstalten Interesse
      an interaktivem Fernsehen vorhanden zu sein:

      ,,Eine Telefonumfrage von Screen Multimedia bei deutschen
      Fernsehsendern ergab: einhelliges Interesse an neuen
      Sendeformen, offene Ohren für technische Innovationen, aber
      auch Skepsis hinsichtlich der Akzeptanz bei den Zuschauern ---
      und vor allem: Es scheint nichts Konkretes in Arbeit zu
      sein.

      Stellvertretend für die Haltung der `Großen` mag die Aussage
      von Peter Nowak, Redakteur in der Unterhaltungabteilung des
      ZDF, stehen: `Wir finden das alles sehr spannend und sehen
      auch, daß wir um interaktive Sendeangebote wohl nicht
      herumkommen, doch wir beobachten das eher distanziert.` ``
      [scrM3]

      Eine derart distanzierte Haltung erklärt dann auch, warum von dieser
      Seite keine Investitionen in interaktives Fernsehen getätigt
      werden.

      Wieder einmal scheinen es die Privatsender zu sein, die diese
      Marktnische als erste erobern. RTL plant interaktive Anwendungen
      mit der Firma MITV. Der neue Popkanal Viva, der sich derzeit im
      Aufbau befindet (in München ist er seit Jahresbeginn im
      Kabelnetz) soll interaktives Fernsehen senden: ,,`Viva
      wird sich mit einem Kopfsprung in neue Techniken stürzen, damit
      gleich von Anfang an ein Vorsprung gegenüber MTV besteht`,
      sagte Gorny (... einer der prominentesten Beteiligten, ...
      Geschäftsführer von Pop Komm) in einem Interview.`` [scrM3]

      Bisher ist allerdings von Interaktion nicht die Rede. Ein
      Vorsprung gegenüber MTV scheint auch nicht zu bestehen,
      vielmehr scheint es sich beim bisherigen Programm um ziemliches
      Flickwerk aus alt-Videos zu handeln. Offenbar war man bei Viva
      sehr in Eile, um das durch die Einstellung von SAT1 freiwerdende
      Sendefenster überhaupt besetzen zu können.

      Das einzige derzeit wirklich sendefähige Konzept in Europa
      bietet das ,,Ponton European Media Art Lab`` an. Da ,,Van
      Gogh TV`` über Jahre hinweg (seit 1986 [Kuf]) aus der
      Praxis heraus entwickelt wurde, steht seine technische Umsetzung
      auch nicht bloß auf dem Papier.

      Die neueste ihrer Installationen, die ,,Piazza Virtuale``
      (eine ältere ist etwa ,,Hotel Pompino``, s. [ars])
      war unter anderem 1992 auf der 9. documenta in Kassel
      [PAGE,MACup] aufgebaut.

      Die Installation war die ganze documenta hindurch auf Sendung.
      Zeitweise wurden die Bilder auch von ZDF und 3SAT übernommen.

      Auf dem ,,virtuellen Marktplatz`` {Auf italienisch eben ,,piazza
      virtuale``.} gibt es verschiedene Szenarien: ein Orchester, ein
      Kaffeehaus, Verkaufs-- und Tauschbörse, einen Beichtstuhl, eine
      Disco sowie virtuelle Pflastermalereien.

      Als Zugangsmöglichkeiten für die Zuschauer dienen dabei
      Telefone, Modems, Fax sowie Bildtelefone. Ein Teil der
      Installation läßt sich über Touchtone {Das ist das digitale
      Wählverfahren, das bei Tastentelefonen die gedrückte Taste über
      zwei Sinustöne signalisiert.} steuern, zum Beispiel die
      Musikerzeugung oder die Malereien.

      Beim Orchester funktioniert das so, daß vier Anrufern vier
      verschiedene Instrumente zugeordnet wurden. Über die gedrückte
      Taste können sie dann die Tonhöhe des Musikinstruments
      festlegen; die Länge des Tastendrucks entspricht dabei der
      Länge des Tones.

      Beim Malprogramm wird die Malrichtung über die Zifferntasten
      vorgegeben, über eine der Zusatztasten {Touchtone unterstützt
      standardmäßig die Ziffern 0 bis 9 sowie die beiden Zusatztasten
      * und #.} kann ein Menu aufgeklappt werden, in dem dann
      verschiedene Zeichengeräte und Objekte zur Verfügung stehen. Ist
      der Maler mit seinem Erzeugnis zufrieden, so kann er es sich zu
      seinem Faxanschluß faxen lassen, indem er über Touchtone seine
      Faxnummer eingibt.

      In der virtuellen Kneipe ,,the coffeehouse`` können die
      Besucher der Pizza sich miteinander unterhalten. Auf dem
      Sendebild werden dazu die Eingaben der Chatlines {To chat ist
      englisch für ,,plaudern``. Auf einem Chatsystem können sich
      mehrere Leute über Tastatur unterhalten, indem die Eingaben
      jedes Chatters satzweise ausgegeben werden}, der Faxleitungen,
      der Bildtelefonbilder und der ,,Piazettas`` zusammmengemischt.
      Bei den Piazettas handelt es sich um kleinere Ableger der Piazza
      an verschiedenen Stellen. Auf der documenta waren es mehrere in
      Kassel und einige in anderen europäischen Stadten (unter anderem
      Mailand, Riga, Köln, Berlin, Prag, Paris).

      Jede dieser Piazettas ist ihrerseits über Ton und Video an die
      Haupt--Piazza angebunden.

      Die verschiedenen Szenarien werden dann wechselweise auf den
      Sendekanal geschaltet. Eine Zensurinstanz wacht dabei darüber,
      daß nichts, was nicht im Sinne der Sendeleitung ist, über den
      Bildschirm geht.

      In Kassel verfügte die ,,Piazza Virtuale`` über insgesamt
      zwanzig Telefonleitungen. Das klingt nicht nicht sehr nach einem
      interaktiven Massenmedium. 110.000 Anwahlversuche pro Stunde
      deuten aber darauf hin, daß eine derartige Installation nicht
      nur für ein spezielles Kunstpublikum interessant ist.

      So scheinen ja auch die bisherigen Überlegungen
      des ZDF vor allem in diese Richtung zu laufen. In dem oben
      zitierten Interview sagte Peter Nowak jedenfalls noch: ,,In
      fast allen Haushalten stehen Telefone, in vielen PCs und
      Faxgeräte, die sich bestimmt für Interaktivität eignen.``
      [scrM3]

      Hintergrund scheint dabei auch hauptsächlich zu sein, daß
      keine zusätzlichen Investitionen in Spezialhardware notwendig
      sind, nicht auf Senderseite und erst recht nicht auf Seite des
      Empfängers.

      Gibt man jedoch erst einmal dieses ,,Keine Zusatzgeräte beim
      Fernsehkunden``--Paradigma auf, so eröffnet sich eine Vielzahl
      neuer Möglichkeiten.

      In den USA gibt es auch hier wieder eine ganze Reihe von
      interessanten Projekten. Neben dem weitaus schärfer umkämpften
      Fernsehmarkt dort könnte ein Grund für den amerikanischen
      Vorsprung darin liegen, daß die US--Fersehzuschauer weitaus
      stärker daran gewöhnt sind, Zusatzgeräte wie Pay--TV--Decoder
      an ihren Fernsehgeräten zu betreiben und dafür auch neben den
      Anschaffungskosten auch noch Monatsmiete zu bezahlen: Wie schon
      in der Einführung angesprochen, beträgt dieser Anteil 50%.

      Das erste interaktive Fernsehdrama wurde dort schon 1980
      aufgeführt. Qube, ein kleiner Kabelkanal in Columbus/Ohio mit
      etwa 30.000 Zuschauern sendete ,,Lulu or the Chicken who
      Ate Columbus`` {Auch der Titel ist eine Kreation der
      Zuschauer.}[scrM2]. Kern des 1976 errichteten Qube--Systems ist
      eine kleine Box, die am Fernseher befestigt ist. Über das Kabel
      wird eine Antwort des Zuschauers zurück zum Sender übermittelt,
      indem dieser auf der Box eine Taste drückt. Im Fall des
      Fernsehdramas waren an verschiedenen Teilen der Handlung
      Verzweigungspunkte eingebaut. Über die Box konnten die Zuschauer
      dann aus einem Menü einen von mehreren Handlungsalternativen
      auswählen, die teils vorproduziert waren, teils aber auch live
      gesendet wurden..

      ,,ACTV`` [scrM1] nutzt die digitale Datenkompression,
      um über einen Kabelkanal vier Programme zu schicken. Die
      Decodierung der digitalen Information wird dabei von einer
      speziellen Kabelkonverterbox übernommen. Alle vier Programme
      kosten zusammen fünfzehn Dollar und erreichen etwa 80.000
      Haushalte.

      Zwei Angebote stechen dabei besonders hervor: Die Nachrichten
      und Sportberichterstattung. Bei dem Nachrichten wird zuerst ein
      allgemeiner Nachrichtenblock gesendet. Anschließend kann dann
      der Zuschauer entscheiden, ob er weiterhin allgemeine
      Nachrichten sehen, oder ob er sich lieber zu einem von drei
      Kernthemen detaillierter informieren lassen will.

      Bei Sportveranstaltungen werden mehrere Kameraperspektiven
      angeboten. Durch Umschalten zwischen den vier Kanälen kann der
      Zuschauer selbst die Bildregie übernehmen.

      Die Firma ,,Interactive Systems`` bietet in einigen
      amerikanischen Städten ,,In Touch TV`` an. Dabei werden
      Redundanzen im Luminanzsignal {Technikslang für
      Helligkeitssignal.} genutzt, um darin Daten zu übertragen.

      Diese Daten werden in der Regel für eine Art grafisch
      aufgepeppten Videotext genutzt. Die Auswahl der dargestellten
      Funktionen erfolgt mit einer erweiterten Infrarot--Fernbedienung.
      Das Auswahlsignal wird von einer Interfacebox neben dem Fernseher
      aufgefangen und über Telefon an die Sendezentrale weitergeleitet.
      Interessanterweise verfügt das Interface über einen eingebauten
      Thermodrucker. Da dieser seinerseits wiederum von der Sendezentrale
      angesteuert werden kann, sind damit einige Anwendungen möglich, die
      sich mit anderen Geräten nicht realisieren lassen. Beispielsweise
      können Kaufbelege, Eintrittskarten, Reservierungen oder
      Buchungsbestätigungen direkt am Gerät ausgedruckt werden.
      Coupons oder Einkaufsgutscheine können (ausschließlich) auf
      Anforderung gedruckt werden, usw.

      Außerdem ist mit diesem Gerät die übliche Palette
      interaktiver Anwendungen möglich, wie sie auch Andere anbieten.
      Also etwa Meinungsumfragen, Mitspielshows und Wettbewerbe,
      Informationsprogramme für Aus-- und Weiterbildung oder
      Homeshopping.

      Eine weitere Eigenheit diese Lösung ist, daß sie --- abgesehen
      von der Signalerzeugung im Sender --- ohne Modifikation des
      Übertragungsmediums auskommt (sei es nun Satellit, Kabel oder
      Funk) , und der Kunde außer der Interfacebox keine spezielle
      Hardware braucht. Zudem ist das derart erweiterte Programm voll
      abwärtskompatibel für die Zuschauer, die (noch) kein
      derartiges Zusatzgerät haben.

      Trotzdem ist dieses System in den USA nicht sonderlich
      erfolgreich. In Spanien dagegen, wo es vom staatlichen
      Fernsehsender TVE als ,,TelePick`` angeboten wird, ist der
      Erfolg sehr groß. Und das, obwohl die Interfacebox dort fast
      fünfhundert Mark kostet.

      Nach einer ersten Testphase bei den Olympischen Spielen 1992
      sendet TVE seit Anfang 1993 ständig interaktive Programme.
      Dabei sind ca. 70 Prozent des Gesamtprogramms interaktiv
      hinterlegt. Das Angebot reicht dabei von ,,Aus-- und
      Weiterbildungsprogrammen mit Interaktion zwischen Lehrern und
      Schülern`` über ,,Reality--TV mit Zusatzinformationen,
      Gameshows zum Mitmachen`` bis hin zu ,,interaktiver
      Reklame mit gedruckten Werbebotschaften.`` [scrM1]. Der
      Erfolg ist so groß, daß ernsthaft darüber nachgedacht wird,
      das zusätzliche Interface direkt in Fernseher oder
      Videorecorder zu integrieren.

      Ein der ältesten Projekte mit Glasfaservernetzung ist bereits
      seit 1988 in Kalifornien in Erprobung, das
      ,,Cerritos--Projekt``. Cerritos ist eine Kleinstadt mit etwa
      60.000 Einwohnern, die sich schon früh um ein erweitertes
      Kabelfernsehnetz beworben hat. Durch die große Bandbreite der
      Glasfaserverkabelung können neben den üblichen Anwendungen,
      wie es sie auch in den anderen Pilotprojekten gibt, zusätzlich
      Videotelefonie und Videoconferencing angeboten werden. Einen
      Schwerpunkt bildet dabei ,,distant learning`` {telepräsenter Unterricht
      über das Netz.}, bei dem Schulen untereinander und mit den Haushalten
      verbunden sind. Dabei können Lehrer wie Schüler auf eine umfangreiche
      Bibliothek aus Video und ,,CD--I`` {Interaktive CD--Video--Anwendung}
      [Cla1] zugreifen.

      Neben ACTV ist der Mediengigant ,,Time--Warner`` auch noch am
      ,,Orlando--Projekt`` beteiligt, zusammen mit der
      Telefongesellschaft ,,US West``, die für die
      Glasfaserverkabelung zuständig ist. Die sowieso schon immense
      Übertragungskapazität der Glasfaser soll durch
      Datenkompression noch gesteigert werden. Anfang dieses Jahres
      soll das Netz in Betrieb gehen.

      Ein Schwerpunkt der angebotenen
      Dienste wird sicherlich bei ,,video on demand`` {Video auf
      Bestellung, Videoverleih über das Datennetz.} liegen. Time
      Warner hat über ,,Warner Bros. Hollywood`` Filmrechte für ein
      riesigen Archiv an Hollywood--Klassikern.

      Weitere Schwerpunkte sollen Dienstleistungen wie
      ,,homeshopping``^{Einkauf über den Fernsehschirm, von zu Hause
      aus.}, ,,telebanking``^{Kontoführung, Überweisungen etc.},
      ,,distant learning``, interaktive Spiele, Videotelefon und
      --Konferenzen, interaktive Spielfilme und umschaltbare
      Kamerapositionen bei Sportereignissen bilden. Daneben sollen
      aber auch Fach--Datenbanken sowie Museums-- und Büchereiarchive
      abrufbar sein. Alles Kernanwendungen der zukünftigen ,,National
      Information Infrastructure,, der Clinton/Gore--Administration,
      wie sie in [NIIA] entworfen werden.

      Orlando, Florida, eignet sich deshalb so gut als
      Experimentierfeld für den ,,Information Superhighway``,
      weil dort die Glasfasernetze bis kurz vor die Privathaushalte
      reichen, so daß die Restverkabelung günstig mit herkömmlichem
      Kupferkabel durchgeführt werden kann [ZEIT]. 1995/96 soll
      dann die Testphase des Projektes beendet sein, und die
      Vermarktung im großen Maßstab beginnen.

      Ein vergleichbares Projekt hat eine Allianz aus dem
      Kabelbetreiber Viacom und dem Telefonanbieter AT&T für das
      zweite Quartal dieses Jahres angekündigt. In ,,Castro
      Valley`` in Kalifornien, vor den Toren San Franciscos soll
      dabei ein dem Orlando--Projekt vergelichbares Kabelnetz
      entstehen. [UPI1]

      Unter seinen Angestellten betreibt Bell Atlantic in
      Nord--Virginia ein ,,IMTV`` {Interactive Multimedia
      Television}--Testnetz. Es soll ebenfalls im Frühjahr dieses
      Jahres auf den Markt kommen. [UPI2]

      Alle diese Projekte sind offensichtlich der Versuch, für den
      erwarteten Goldrausch bereits jetzt die Claims abzustecken.
      Der Wettbewerb um die 40 Millionen Kunden im Jahr 2002 und die
      ,,National Information Infrastructure`` ist also
      bereits voll im Gange.

      Gemessen an deren Zukunftsutopie und den ersten Schritten zu
      ihrer Realisierung sieht es in Deutschland recht trübe aus. Vor
      allem in Ostdeutschland ist zwar Glasfaser verlegt, sie wird
      jedoch hauptsächlich für Telefon verwendet. Das wenige
      Kabelfernsehen, das überhupt vorhanden ist, wird von einem
      einzigen Monopol--Anbieter betrieben.

      Da also Glasfaser nicht flächendeckend zur Verfügung steht,
      kommt für ein Pilotprojekt hier entweder das Modell von ,,Van
      Gogh TV`` oder das von ,,Interactive Systems`` in Frage.

      Die Firma ,,MITV`` setzt auf letzteres. Auch wenn
      technische Details nicht bekannt sind, wird offenbar dem
      Fernsehbild eine Zusatzinformation mitgegeben. Dabei wird die
      Austastlücke nicht angetastet, so daß sie weiterhin für
      Videotext zur Verfügung steht. Die erreichbare Bandbreite (je
      nach Bildinhalt etwa 20KB/sec) {Etwa das achtfache von
      Videotext.} stimmt dabei so genau mit der des amerikanischen
      Systems überein, daß es sich wohl um ein vergleichbares
      Verfahren handelt.

      Die Aufmachung der Seiten ist allerdings anders. Beide Male
      handelt es sich zwar um eine Art erweiterten Videotext, bei
      MITV wird dieser jedoch nicht dem Fernsehbild überlagert.

      Als Plattform dient hier auch nicht der Fernseher, sondern ein
      PC, der um eine spezielle Steckkarte erweitert wird. Dadurch
      kann auf dem PC neben dem eigentlichen Fernsehbild in einem
      separaten Fenster unter Microsoft--Windows auch noch die
      Zusatzinformation angezeigt werden.

      In einer ersten Phase sollen nur mit der Sendung fest
      vorproduzierte Tafeln {Dabei wird an bestimmten Stellen einer
      Sendung ein festes Bildformular übertragen, in das dann die
      variablen Teile eingesetzt werden können} gesendet werden.

      Erst in einer zweiten Phase soll über das
      ,,E+``--Funknetz {Der zukünftige Nachfolger des D--Funknetzes,
      der mit kleineren Funkzellen und daher auch mit geringeren
      Sendeleistungen operiert.} ein Rückkanal realisiert werden. Dann
      sollen auch Gebühren in der Größenordnung von fünf bis zehn Mark
      im Monat erhoben werden. Gegen Aufpreis sollen dann auch
      Zusatzdienste wie etws Agenturmeldungen und Börsenkurse möglich
      sein.

      In einer dritten Phase soll dann der Funktionsumfang des
      Interfaces in einen Chip integriert werden, der dann von Anfang
      an ins Fernsehgerät eigebaut werden kann.

      Im ersten Jahr der ersten Phase hofft die MITV GmBH über die
      Massendiscounter Vobis, Escom, Karstadt, Otto und Metro ein--
      bis zweihunderttausend Exemplare ihrer Videokarte ,,funboard``
      abzusetzen.

      Der Preis soll dabei mit 600 DM im Bereich eines gewöhnlichen
      Video--Overlay--Boards {Ein Video--Overlay--Board erlaubt es,
      dem Computerschirm ein Videobild zu überlagern.} liegen.

      Die Strategie der MITV ist allerdings reichlich
      merkwürdig, die Firma hält sich mit Details verdächtig
      zurück. Weder sind Informationen über das technische Verfahren
      erhältlich, noch konnte der angekündigte Einführungstermin
      zum Weihnachtsgeschäft `93 eingehalten werden. Die Karte ist
      immer noch nicht auf dem Markt. Der Verdacht liegt nahe, daß
      das Projekt noch nicht soweit ausgereift ist, daß es sofort
      auf Sendung gehen könnte. An der Hardware scheint es noch zu
      hapern, während auf Messen schon seit einem halben Jahr eine
      Demonstrationssendung vorgeführt wird. Zusammen mit RTL wurde
      dabei eine Folge von ,,Ein Tag wie kein Anderer`` produziert.
      Zusätzlich zum Bild werden dabei Hintergrundinformationen über
      die verschiedenen Reiseländer, Hotels usw. geliefert, die der
      Messebesucher dann interaktiv abrufen kann.

      Geradezu obskur ist auch die Marketingstrategie für das
      ,,funboard``. Es soll zunächst als normale
      Video--Overlay--Karte vertriben werden. Erst nachträglich, wenn
      schon eine gewisse Marktdurchdringung erzielt ist, soll dann die
      zusätzliche Funktionalität enthüllt werden. MITV nennt das
      ,,trojanisches Pferd``--Strategie [ITV]. Offenbar hoffen sie
      dadurch, folgendem ,,Henne--und--Ei``--Dilemma zu umgehen: Der
      Kunde kauft natürlich erst ein Board für interaktives
      Fernsehen, wenn es entsprechende Sendungen gibt. Die
      Rundfunksender wollen solche Sendungen aber erst ausstrahlen,
      wenn es dafür auch eine bestimmte Mindestanzahl an Zuschauern
      gibt.

      Sollte diese Strategie jedoch Erfolg haben, so wird das
      MITV--Projekt sicherlich auch interessante Anwendungen bringen.
      Denkbar wäre es beispielsweise auch, zeitweise einen Teil der Bandbreite
      für USENET--News oder ähnliche Textdienste zu nutzen, denen
      die Bandbreite von Videotext nicht ausreicht. Bei Verzicht auf
      ein Fernsehbild (etwa nachts) sollen ungefähr 120KB/sec
      übertragbar sein.


      3. Ausblick
      ===========

      Insgesamt eröffnet die Integration von Computer und Fernseher
      zahllose neue Konsum-- und Informationsmöglichkeiten, vor allem
      in Verbindung mit Glasfaservernetzung.

      Die Praxis wird zeigen, inwiefern die prophetische Vision des
      ,,Information Superhighway``, den jeder nach Belieben zu
      vernünftigen Kosten nutzen kann, der Wahrheit entspricht.

      Angesichts der Goldgräber--Stimmung, in der sich die Branche
      befindet ist jedoch zu befürchten, daß er auf eine Art
      ,,Breitband--Kommerz--Bildschimtext`` mit diversen Erweiterungen
      wie ,,homeshopping``, ,,video on demand`` etc. hinausläuft und
      ein echtes Bürgernetz keine Chance hat.

      Man braucht sich ja nur einmal die aktuelle Entwicklung in den
      USA anzuschauen. Die meisten Projekte, die aus dem Stadium der
      reinen Feldstudie heraus sind, sind sehr stark kommerzialisiert.
      Zudem ist die Struktur der Dienste immer noch sehr stark am
      Radio orientiert: Vom Anbieter zum Kunden. Es gibt natürlich
      den Rückkanal, aber Verbindungen der Leute untereinander sind
      kaum vorgesehen, soweit sie über den herkömmlichen Telefonie--
      oder Konferenzbegriff herausgehen. Eine dezentrale
      Anbieterstruktur für Video und Daten wird kaum unterstützt.
      Das läßt sich leicht erklären: Die Netzbetreiber wollen das
      Monopol auf die wesentlichen Netzdienstleistungen behalten.

      Zustände wie im Internet, wo jeder seine gesammelten
      Datenbestände anderen zur Mitbenutzung gegen Kostenbeteiligung
      oder gar umsonst zugänglich macht, womöglich gar mit einer
      halbwegs einfach zu bedienende Oberfläche wie Gopher, WWW oder
      ähnliches, sind ihnen vermutlich ein Greuel.

      Vergelichbare Anwendungen sind aber auch auf dem Videosektor
      vorstellbar. Man denke nur an die vielen Videoamateure.

      Gerade an diesem Punkt müßten die jeweiligen Regierungen aber
      eingreifen und durch entsprechende Gestaltungsvorgaben
      dafür sorgen, daß derartige Nutzungsvarianten möglich
      bleiben.


      Literaturverzeichnis
      ====================

      [ars] Haittinger G., Weibel P. (Hrsg.): ,,Digitale Träume``,
      Katalog der ars electronica 1990, Band 1, Linz

      [Cla1] Rohrbough L.: ,,GTE, Philips Experiment W/ Interactive TV...``,
      clarinet--Agenturmeldung vom 31.8.92

      [CW] Holzward G.: ,,Kampf um die totale Glotze...``,
      Computerwoche 2/94, ISSN 0170-5121

      [DiM] Spiering B.: ,,Die Möglichkeiten des Funboard...``,
      DigiMedia 9+10/1993

      [HiP1] ,,Down the Tube``,
      High Performance, Winter 1992

      [HiP2] ,,Deep Dish TV``,
      High Performance, Spring 1993

      [ITV] ,,Interaktives Consumer-TV``,
      Projektbeschreibung, ITV Berlin 1993

      [Kuf] ,,Im Netz der Systeme``,
      Kunstforum, Band 103, September/Oktober 1989

      [MACup] ,,Kabel, Chaos und Kultur``,
      MACup Sonderdruck 6/1992, Hamburg

      [muM1] ,,Interaktives TV auf dem Vormarsch``,
      multiMEDIA 4/1993

      [muM2] ,,RTL wird interaktiv``,
      multiMEDIA 8/1993

      [NEW1] Powell B., Underwood A., Nayyar S., Fleming C.: ,,Eyes on the Future``,
      NEWSWEEK 31. Mai 1993

      [NEW2] Kantrowitz B., et al.: ,,An Interactive Life``,
      NEWSWEEK 31. Mai 1993

      [NEW3] Ernsberger, Richard: ,,The Patron Saint of Channel Surfing``,
      NEWSWEEK 31. Mai 1993

      [NIIA] Gore A.: ,,Nation Information Infrastructure Agenda``,
      White House, USA

      [PAGE] ,,Virtueller Honig``,
      PAGE 6/1992, Hamburg

      [scrM1] Nicoladoni A.: ,,Ich klick TV``,
      screenMULTIMEDIA 9/1993, Hamburg

      [scrM2] Huffman K. R.: ,,Return to sender``,
      screenMULTIMEDIA 9/1993, Hamburg

      [scrM3] ,,Deutschland interaktiv?``,
      screenMULTIMEDIA 9/1993, Hamburg

      [Stern] Steinbrink B.: ,,Zukunfts-Zeichen``,
      Stern Nr 35/1993, Hamburg

      [UPI1] ,,Viacom, AT&T set market test of interactive TV``,
      UPI--Agenturmeldung vom 2.6.93

      [UPI2] ,,Bell Atlantic sets interactive TV trial``,
      UPI--Agenturmeldung vom 14.7.93

      [ZEIT] Heuser J. U.: ,,Der Computer übernimmt``,
      DIE ZEIT Nr 44/1993, Hamburg












      Webmaster: service@ponton.uni-hannover.de
      Copyright © Ponton European Media Art Lab 1995
      Avatar
      schrieb am 10.12.00 16:03:20
      Beitrag Nr. 2 ()
      .
      Beim Zukunftmarkt itv mit 92er Zahlen zu operieren ( 50% der Haushalte bezahlen für Kabelfernsehen, 75% der Haushalte haben einen Videorecorder. 25 Mio. Haushalte (= 27% sind mit einem PC ausgestattet usw. ), ist wissenschftlich etwa so sinnvoll, wie die Entwicklung der neuen Bundesländer aus 88er Statistiken abzuleiten.

      Gruß pd
      Avatar
      schrieb am 10.12.00 16:47:38
      Beitrag Nr. 3 ()
      Mein lieber PD
      Diese Untersuchung ist von 1994/1995 und zeichnet den Zukunftsmarkt aus damaliger Sicht auf. Natürlich kann man dies nicht auf 2000 transferieren.
      Für mich und ich denke auf für andere, die sich mit IATV beschäftigen, ist es schon interessant, wie sich diese
      Idee überhaupt entwickelt hat.

      M.f.G
      Avatar
      schrieb am 10.12.00 17:01:46
      Beitrag Nr. 4 ()
      .
      Sorry, wollte den sog. "Querleser" auf das Alter aufmerksam machen.

      i.Ü. iTV historisch sicherlich ein Schmankerl. Thx & sorry. Once again...

      luv pd

      PS Ergänzend, aktuellere Zahlen ( Bsp. Skan. ):

      The size of the Nordic television market can be summarised as follows (1998, estd.):


      Sweden / Norway / Denmark /Finland / Total

      No. of television households

      3.930.000 - 1.770.000 - 2.330.000 - 2.060.000 - 10.090.000

      No. of homes connected to cable incl. SMATV

      2.430.000 - 825.000 - 1.260.000 - 900.000 - 5.415.000

      Cable penetration

      62 % - 47 % - 54 % - 38 % - 54 %

      DTH homes

      570.000 - 380.000 - 440.000 - 88.000 - 1.478.000

      DTH penetration

      15 % - 21 % - 18 % - 4 % - 15 %
      Avatar
      schrieb am 10.12.00 18:59:06
      Beitrag Nr. 5 ()
      will man mit ellenlangen postings bessere kurse erschreiben?
      den schwachsinn liest doch kein mensch.
      ein zeichen, dass der verfasser nicht zwischen wichtiger und unwichtiger information unterscheiden kann.

      alles wichtige auf dieser welt lässt sich auf einer dina4-seite schreiben.
      beispiele: glaubensbekenntnisse aller komfessionen, schuldscheine, geburtsurkunden und todesurteile, befehle und begadigungen und zu guter letzt, gute verträge sollten auch nicht länger als eine seite sein (die dann natürlich einen anhang hat).

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      Avatar
      schrieb am 10.12.00 19:05:01
      Beitrag Nr. 6 ()
      1888

      um über deinen geisteszustand eine zusammenfassung zu bringen reicht sogar ein wort.

      idiot
      Avatar
      schrieb am 10.12.00 19:47:38
      Beitrag Nr. 7 ()
      @ flyfish

      Zumindest kann 1888 mehr als 15 Worte schreiben ohne beleidigend zu werden.
      Außerdem hat er völlig recht, wenn er meint eine knapp gehaltene Zusammenfassung ist brauchbarer als so ein ewig langer (auch noch kopierter) Text, den wahrscheinlich keine 5% der Leser ganz durchkauen.

      T8019TK, der den ganzen Text auch nicht gelesen hat und lieber eigene Texte von Boardteilnehmern list. (Zeitung lese ich in der Früh)
      Avatar
      schrieb am 10.12.00 20:23:15
      Beitrag Nr. 8 ()
      @1888 und flyfish,


      ihr habt beide recht,

      das ganze interressiert kein schwein und 1888 ist ein idiot!

      kompliment, das habt ihr zackig auf den punkt gebracht.


      gruß
      atschi


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