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    LONG mit Alan Greenspan - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 08.01.01 11:08:55 von
    neuester Beitrag 08.01.01 11:35:38 von
    Beiträge: 4
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      schrieb am 08.01.01 11:08:55
      Beitrag Nr. 1 ()
      Ist er ein Superman - ich glaub es nicht. Zyklen lassen sich verlängern, aber Ihr Ende kommt (meist um so schlimmer).Long ist bei mir nur der Hund an der Leine.

      von Roland Gehrt www.boerse.de

      Long gehen mit Alan Greenspan
      Meine sehr geehrten Damen und Herren!

      Das letzte, was ich von Alan Greenspan sah, war ein bleicher, entsetzt wirkender Mann, dem es schwer zu fallen schien, ein Lächeln zuwege zu bringen. Das war, als man den Notenbankchef nach einem ersten Gespräch mit dem Wahlverlierer und Rechtsstreitsieger George Bush zeigte. Man fragte sich unwillkürlich, was wohl in diesem Moment im Kopf dieses genialen Strategen vorging - sagen tut er’s ja so gut wie nie, da muss man raten. Mir stellten sich die Haare, als Bush Greenspan vor laufenden Kameras jovial auf die Schulter klopfte. Wie kann man einem Greenspan nur jovial auf die Schulter klopfen? Das ist, als würde man Queen Elizabeth beim Staatsempfang an den Hintern fassen. Das fängt ja gut an, dachte ich. Denn es ist zwingend erforderlich, dass Präsident und Notenbankchef gut mit einander klar kommen, um das Konjunkturschiff USA heil durch die Klippen zu steuern. Ob Bush von ihm verlangt hat, jetzt aber mal hurtig die Zinsen zu senken? Oder ob dem vorher jemand gesteckt hat, dass das Präsident sein in diesem Fall genau an Greenspans Türschwelle aufhört, weil letzterer nicht weisungsgebunden ist? Mr. G’s Gesichtsausdruck ließ das Gegenteil vermuten. Na ja...

      Seit Mittwoch Abend 19:18 bin ich mir sicher, dass Alan G. dieses Erlebnis heil überstanden hat. Der Meister hat Handlungsbedarf und ich bin mir sicher, dass er das Problem auch diesmal wieder in den Griff bekommen wird. Der Mann, dem es gelang, die Lehrbücher zu widerlegen und den vorher unvermeidlich erschienenen Zyklus von Aufschwung, Boom, Abschwung und Rezession zu Gunsten eines jahrelangen, nahezu inflationsfreien Aufschwunges der USA zu durchbrechen, wird auch diesmal genau das tun, was getan werden muss. Nicht mehr und nicht weniger und ohne markige Worte oder aufgesetzte Sprüche. Ruhig und besonnen wie immer. So, wie ihn die Börse kennt und verehrt. Denn er ist Amerikas Börsenbulle Nummer eins, auch wenn es oft nicht so aussah.

      Sicherlich war es bisweilen erforderlich, auch drastischere Worte zu wählen. 1996 sprach Mr. Greenspan von irrationalen Übertreibungen am Aktienmarkt, die zu Inflation und einem zu exzessiven Konsumanstieg führen würden. Prompt, ja binnen Sekunden nach diesen Worten brach der Aktienmarkt gehorsam ein und "bereinigte" diese Übertreibung. Allerdings war diese Bereinigung nicht von allzu langer Dauer. Bald schon stiegen die Notierungen weiter und bildeten damit die Basis des aktuellen Problems.

      Weil die Aktien nur noch zu steigen schienen, war die Sparquote in den letzten Jahren in den USA negativ geworden. Das heißt, die Amerikaner gaben mehr aus als sie verdienten. Da ihre Ersparnisse aufgrund der Rallye am Aktienmarkt schnell wuchsen, war das kein Problem. Man wog sich indes in trügerischer Sicherheit. Mr. Greenspan war das bewusst, und das katastrophal schwache Börsenjahr 2000 hat es letztlich auch bewiesen. Die Ersparnisse schrumpften zügig. Vorher, als sich das Geld wie von Geisterhand vermehrte, konsumierten die Amerikaner indes kräftig. Immer raus mit dem Geld, es kommt ja sowieso von alleine Nachschub. Her mit dem Drittkühlschrank und dem Viertwagen. Dadurch boomte zwar die Konjunktur, aber auch die Preise fingen an zu steigen. Die Preise, die jahrelang trotz Aufschwung stabil geblieben waren und so eine Garantie für niedrige Zinsen und stabiles Wachstum darstellten. Großalarm für die Notenbank!

      Greenspan versuchte diesem Leichtsinn mit Zinserhöhungen entgegenzuwirken. Wenn die Kredite teurer würden, würde man hoffentlich damit aufhören, sich zusehends zu verschulden. Doch zunächst hörte es nicht auf. Dann brach aber plötzlich der Aktienmarkt ein und fiel bis heute. Die zuvor wachsenden Ersparnisse waren auf einmal gefährdet. Und zugleich für viele ihre Altersversorgung, denn anders als hierzulande muss die Mehrzahl der Amerikaner selbst sehen, wie sie im Alter über die Runden kommen. Die verunsicherten Anleger stoppten ihren exzessiven Konsum schlagartig. Das wiederum führte zu massiven Gewinnrückgängen bei den Unternehmen, die weniger absetzen konnten. Auch die Zulieferer und Dienstleister waren betroffen. Und fallende Gewinne bedeutet erneut fallende Aktienkurse, diese noch weiter schrumpfende Ersparnisse, was den Konsum noch mehr dämpft und das bedeutet..... einen Teufelskreis.

      Alan Greenspan versucht nun erneut, wie es ihm schon mehrfach gelang, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Er senkte außerhalb der normalen Notenbanksitzungen die Zinsen. Und er wird es weiter tun. So lange, bis die Produktion der Unternehmen und der Konsum der Verbraucher wieder ein normales Level erreichen. Dabei ist eigentlich erst mit einer Wirkung zu rechnen, wenn die Zinsen mehrfach gesenkt wurden. Aber Greenspan hat einen Vorteil: Das Vertrauen, das die Welt ihm entgegenbringt. Und darüber hinaus muss er nicht einmal die Zustimmung seiner FED-Gouverneure einholen, sondern kann jederzeit und so oft senken, wie er es für richtig hält. Der Magier der Märkte hat oft genug bewiesen, dass ihm die Lage nicht aus dem Ruder läuft. Und dementsprechend werden die Anleger am Aktienmarkt reagieren, auch wenn die Börse am Freitag schon wieder einen Rückschlag erlitten hat.

      Die Skeptiker wenden ein, dass Greenspan durch seinen radikalen und entschlossenen Schritt erst offen gelegt hat, dass die Lage ernster ist als vermutet und dadurch erst recht für die Fortsetzung der Baisse sorgen wird. Aber vergessen Sie nicht: Die selben Skeptiker mutmaßten, dass die am Freitag anstehenden Arbeitsmarktdaten Greenspan im Vorfeld bekannt gewesen und so katastrophal seien, dass die Notenbank im Vorfeld die Zinsen senkt, um eine Panik zu verhindern. Doch diese Vermutung erwies sich als falsch. Die Daten kamen heraus wie erwartet. Dass die Lohnkosten um 0,4 statt wie vermutet 0,3 Prozent gestiegen waren, ist ein Schönheitsfehler, mehr nicht. Der Arbeitsmarkt läuft weiter gut, vielleicht sogar zu gut. Aber dass die niedrige Arbeitslosenquote dazu führen wird, dass die Preise trotz plötzlich wegbrechender Umsätze auch in den kommenden Monaten weiter steigen, ist unwahrscheinlich. Die Firmen würden sich ins eigene Fleisch schneiden, außerdem kompensiert der Rückgang der Rohölpreise die Lohnsteigerungen. Und so wie die Vermutung hinsichtlich der Arbeitsmarktdaten dürfte auch die Befürchtung einer Intensivierung der Baisse fehlgehen.

      Ich erinnere mich dazu an den 15. Oktober 1998. Auch damals senkte Greenspan außer der Reihe plötzlich die Zinsen. Die Börse reagierte damals wie am vergangenen Mittwoch mit einer Rallye. Ich spekulierte damals auf Baisse, weil ich der Ansicht war, dass die Öffentlichkeit die Auswirkungen und Risiken der Asienkrise noch immer unterschätzte. Auch ich ging damals davon aus, dass Greenspans Maßnahme doch nur ein Eingeständnis der Katastrophe sei und die erste, bullishe Reaktion bald der Ernüchterung weichen würde. Diese Meinung kam mich teuer zu stehen. Ich unterschätzte das immense Vertrauen, das die Anleger Greenspan entgegen brachten. Allgemein erkannte man sehr wohl, dass der Baum brannte, ging aber davon aus, dass Alan Greenspan die Sache entschlossen und erfolgreich angehen würde. Die Kurse stiegen weiter und hörten monatelang nicht mehr auf. Das Vertrauen macht die Kurse, nicht die nackten Zahlen.

      Diesmal sind die Wunden, die den Anlegern zuvor geschlagen wurden, tiefer. Die Konsequenz dürfte sein, dass sich die Wende diesmal etwas schwerfälliger vollziehen wird, der Rückschlag vom Freitag ist ein erster Vorbote. Aber alleine die Tatsache, dass Greenspan in der Begründung der Zinsmaßnahme auch von Risiken an den Kapitalmärkten sprach, die es unter Kontrolle zu halten gilt, sollte den Anlegern zeigen: Euer Alan lässt euch nicht allein. Zu schnell zu hoch steigende Kurse sind schlecht. Zu weit fallende Kurse aber auch, denn sie gefährden die gesamte Wirtschaft. Der anhaltende Anstieg der Aktienkurse in den vergangenen Jahren war das Rückgrat des Aufschwungs. Das weiß auch die Notenbank. Und sie wird mit Worten und Zinssenkungen dafür sorgen, dass die Kurse nicht zu tief fallen. Diesmal werde ich Greenspan nicht unterschätzen. Es lohnt sich nicht, gegen einen Mythos zu setzen. Ich gehe Long mit Alan Greenspan!
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      schrieb am 08.01.01 11:24:20
      Beitrag Nr. 2 ()
      richtig !:cool:
      Avatar
      schrieb am 08.01.01 11:28:07
      Beitrag Nr. 3 ()
      Hallo LVA,

      Dein Bericht war sehr interessant und überzeugend. Kannst Du auch mitteilen, mit welchen Positionen bzw. Branchen Du Long gehst ?

      Viele Grüße
      WP
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      schrieb am 08.01.01 11:35:38
      Beitrag Nr. 4 ()
      Der größte unterschied ist:
      Asien und Lateinamerikakrise gingen nicht von Amerika aus! Durch kurzfristige Zinssenkungen konnte ein Überschwappen auf die amerik. Märkte verhindert werden. Ob die Zinssenkungen auch so gut wirken, wenn es kein äußere Krise ist?
      In Japan hat selbst die 0-Zinspolitik nicht mehr anschieben können. So schlimm wirds aber nicht kommen, da sind die Amerikaner aus einem anderen Holz geschnitzt.


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