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    Quo Vadis USA? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 21.01.01 01:10:26 von
    neuester Beitrag 21.01.01 23:42:40 von
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      schrieb am 21.01.01 01:10:26
      Beitrag Nr. 1 ()
      Gehts zurück in die Steinzeit?

      Wenn nur die Hälfte stimmt....wie kann man so eine Pappnase wählen?

      [aus Spiegelonline.de]

      Reagans Erbe tritt an

      Bei seiner Amtseinführung gelobte George W. Bush die Heilung der gespaltenen Nation. Seine ersten Schritte versprechen indes eine republikanische Restauration: Der 43. Präsident ist einem Machtkartell aus Wirtschaftsinteressen und ideologischen Hardlinern verpflichtet.



      Halblaut, beinahe verschwörerisch beschrieb der fromme Parteifunktionär Lou Beres beim republikanischen Wahlkonvent in Philadelphia die heimliche Strategie seiner religiösen Gesinnungsgenossen: "Wir haben gelernt, wir halten den Mund."

      Allzu laute, kampfbetonte Propaganda gegen Abtreibung oder für Schulgebete, so der Chef der Christian Coalition des Bundesstaats Oregon, habe sich in der Vergangenheit als abschreckend erwiesen. "Erst wenn George W. Bush im Weißen Haus ist, legen wir nach."

      Das Stillhalten hat sich ausgezahlt - nicht nur für die religiösen Fundamentalisten und die konservativen Dogmatiker der Partei. Nach den Inthronisierungsfeiern vom Wochenende hoffen viele auf präsidiale Dankbarkeit: Da sind zunächst die Sponsoren des 30 Millionen Dollar teuren Spektakels, darunter Firmen wie General Motors oder AOL. Auch die Industriekonzerne und Lobbyistenverbände, die Bushs Wahlkampf mit fast 200 Millionen förderten, erwarten eine Dividende für ihre Großzügigkeit. Und die ideologischen Hilfstruppen der Republikaner wittern Morgenluft. Lou Beres ist optimistisch: "Bush weiß, was er uns verdankt."

      Zwar gelobte Bush II. bei seiner Amtseinführung, er werde alles daransetzen, seine gespaltene Nation zu heilen. Doch der 43. Präsident - eigentlich ein Wahlverlierer, der dank eigenwilliger Wahlgesetze und einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ins Amt gelangte - hat in Wahrheit bereits einen stramm konservativen Kurs eingeschlagen. Sein Motto: "Ein neuer Start für Amerika".

      "Gemessen an seinen Kabinettsberufungen", befand etwa die "New York Times", "seinem Eintreten für eine umfassende Steuersenkung und seinen ersten Absichtserklärungen zur Außenpolitik, steht George W. Bush ideologisch Ronald Reagan näher als seinem eigenen Vater."

      Tatsächlich gibt mit dem Amtsantritt von Bush Junior, 54, ein neues Machtkartell in Washington den Ton an, eine Koalition aus Industrie und konservativen Hardlinern, die den Kandidaten bei der parteiinternen Ausscheidung gegen den Rivalen John McCain unterstützten und ihm später den Wahlkampf finanzierten.

      Obwohl zum Schluss 65 Prozent der Amerikaner die Amtsführung des ausgeschiedenen Präsidenten guthießen - die höchste Zustimmungsrate seit dem Zweiten Weltkrieg -, betrachtet die konservative Allianz die acht Jahre von Bill Clintons Regierung als furchtbaren Fehltritt der Geschichte. Nachdem der Ex-Präsident eingestanden hat, die Nation über seine Affären getäuscht zu haben und sich so eine erneute Anklage ersparte, ist "Gottes eigenes Land" wieder auf dem Pfad zu Tugend, Moral und Bibeltreue. Nun drängen die Ultras auf eine Rückkehr des Reagan-Zeitalters, das sie inzwischen zur goldenen Epoche der Republikaner verklärt haben - was Bush Senior nicht halten konnte, muss der Sohn wieder aufbauen.

      Vor allem soll die letzte verbliebene Supermacht wieder stark und selbstbewusst auftreten, weshalb der neue Oberbefehlshaber auch den Bau einer Nationalen Raketenabwehr forcieren will. Das Nachfolgeprogramm für Reagans "Sternenkrieg" gefährdet bestehende Rüstungskontrollabkommen, lässt überdies das Verhältnis zu den Regierungen in Moskau und Peking vereisen und könnte einen neuen Rüstungswettlauf auslösen.

      Internationale Hilfe soll es künftig nur noch bei Wohlverhalten der Empfänger geben. So will der neue Präsident weitere Finanzhilfe für Russland an Fortschritte etwa beim Kampf gegen die Organisierte Kriminalität knüpfen.

      Doch nicht nur außenpolitisch drängt Bush auf Remedur. Sein "mitfühlender Konservativismus" gilt offenbar nicht für die versprochene Steuersenkung in Höhe von 1,6 Billionen Dollar, von der die höheren Einkommensschichten am meisten profitieren werden. Auch beim Umweltschutz ist eine radikale Kursänderung angesagt.

      Als Erstes will der Republikaner jene Verfügungen seines Vorgängers kassieren, mit denen Clinton in letzter Minute 24 Millionen Hektar staatlichen Waldbesitz unter Naturschutz stellte und schärfere Emissionsbeschränkungen für Busse und Lastwagen verhängte.

      Holzindustrie, Viehzüchter und die Bergbauindustrie drängen auf eine rasche Revision dieser "Mitternachtserlasse". Und die Energiebranche fordert Zugang zu bislang gesetzlich geschützten Gebieten wie Alaskas "Arctic National Wildlife Refuge", weil sie ausgedehnte Öl- und Erdgasvorkommen ausbeuten will.

      Eine industriefreundliche Haltung erwarten Experten auch im Kartellrechtsverfahren gegen den Software-Giganten Microsoft (Spenden für den Republikaner-Wahlkampf: 1,3 Millionen Dollar). "Das neue Justizministerium unter Bush", hofft das "Wall Street Journal", "wird sich eher auf eine Einigung einlassen, statt auf einer Zerschlagung des Konzerns zu bestehen."

      Dass die republikanische Wende auch Wirklichkeit wird, soll der erfahrenste Mann im Kabinett garantieren - Vizepräsident Dick Cheney. Der ehemalige Stabschef im Weißen Haus, zu Golfkriegszeiten Verteidigungsminister und später beinharter Topmanager des Ölkonzerns Halliburton, hat - trotz eines vierfachen Bypasses - sein Gesellenstück mit der fast geräuschlosen Besetzung des Kabinetts abgeliefert.

      Die Liste der Ernennungen liest sich wie das "Who`s who" jener Branchen, welche die Republikaner mit umfänglichsten Zuwendungen bedachten - Verteidigung: Donald Rumsfeld (Pharmaindustrie), Landwirtschaft: Ann Veneman (Lebensmittel), Handel: Donald Evans (Öl), Stabschef: Andrew Card (Automobilbau). Prominente mit weniger auffälligen Verbindungen zur Wirtschaft wie Außenminister Colin Powell und die Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sollen nicht nur Popularität garantieren, sondern auch Afroamerikaner beruhigen, die noch immer wegen der Einschränkungen ihres Wahlrechts vor allem in Florida protestieren.

      Weniger bekannte Kabinettsmitglieder wie der schwarze Erziehungsminister Rod Paige oder der hispanische Städtebauminister Mel Martinez gehören dagegen zum Club der "FOB", der "Friends of Bush" - örtliche Amtsträger, die der verzweigten Polit-Dynastie Bush in der Provinz geholfen hatten.

      Weniger reibungslos funktionierte die Berufung der Innenministerin: Gale Norton, 46, ist eine erbitterte Streiterin gegen staatliche Auflagen für die Nutzung privater Ländereien vor allem im Westen der USA; sie war bis vor kurzem als Lobbyistin für die Blei-Industrie tätig. "Eine Kriegserklärung an die Umwelt" nennt Brent Blackwelder, Präsident von Friends of the Earth, ihre Nominierung.

      Zur heftigen ideologischen Schlacht geriet im Kongress das Anhörungsverfahren des Ex-Senators und designierten Justizministers John Ashcroft, 58. Die normalerweise höfliche Befragung unter Kollegen, die sich gegenseitig als "ehrenwerter Senator" titulieren, eskalierte zu einem heiligen Krieg zwischen Demokraten und Republikanern.

      Der frühere Gouverneur von Missouri gilt als Tribut des Präsidenten an die gottesfürchtige Parteirechte: Der Jurist Ashcroft ist Mitglied der fundamentalistischen "Assemblies of God", einer der rigorosesten protestantischen US-Kirchen. Deren Anhänger rechnen Glücksspiel, Tanzen und Trinken zu den schweren Sünden.

      Der Hardliner mit dem Heiligenschein gibt sich so überzeugt von seiner Gottverbundenheit, dass er Wahlniederlagen zu "Kreuzigungen" erklärte und seine Rückkehr in öffentliche Ämter als "Wiederauferstehung" feierte. Nach dem Vorbild biblischer Könige ließ er sich 1995 zum Amtsantritt im Senat von seinem sterbenden Vater salben - mit Salatöl.

      Als Gouverneur verbot Ashcroft den Verkauf von Likörbonbons, doch zum Helden des "Bibelgürtels" machte ihn sein erbarmungsloser Widerstand gegen die Abtreibung - selbst in Fällen von Inzest oder Vergewaltigung. Ashcroft stimmte gegen Mittel für die Aids-Forschung und den Austausch von Injektionsnadeln für Drogenabhängige, kämpfte im Senat gegen Kindersicherungen an Pistolen und Revolvern sowie das Verkaufsverbot von automatischen Waffen auf Märkten und Messen.

      Sogar seine ehemalige Stellvertreterin in Missouri bezeichnete ihn als "Desaster für Minderheiten und Frauen". In einem Interview mit dem Rassistenblatt "Southern Partisan" forderte Ashcroft, den historischen Südstaaten-Führern, die für die Beibehaltung der Sklaverei gekämpft hatten, die gleiche Ehrerbietung entgegenzubringen wie etwa dem Nationalhelden Abraham Lincoln.

      Frauengruppen und Schwarzenverbände fürchten deshalb, eine Justizverwaltung unter Ashcroft würde gerade jene Rechte untergraben, für die sie sich über Jahrzehnte eingesetzt haben. Immerhin gebietet der Justizminister über Einwanderungsbehörden und das FBI; er soll rassistische Verbrechen und Polizeiübergriffe verhindern und muss Abtreibungskliniken schützen.

      "Wie wollen Sie für Gesetze eintreten, die Sie mit so viel Einsatz und Überzeugung bekämpft haben", fragte der demokratische Senator Charles Schumer, "wollen Sie diese Haltung einfach abschalten?"

      Dass Ashcroft das keineswegs tun wird, sondern sein neues Amt vielmehr zum Umbau der Justiz nutzen könnte, glaubt Philip Heymann, Jurist an der Harvard-Universität. Denn als Justizminister hat Ashcroft großen Einfluss auf die Berufung neuer Bundesrichter. "Klar, dass nur bekennende Abtreibungsgegner ernannt werden", sagt der Professor.

      Die Abscheu der Liberalen hat den künftigen Minister bei seinen konservativen Anhängern bereits zum Märtyrer gemacht. David Keene, Chef der American Conservative Union, verschickte 1,5 Millionen Briefe und E-Mails, um Ashcroft gegen den "Mob von Chaoten" beizuspringen. "Demokraten geben niemals auf", warnte er seine Mitkämpfer. "Wir befinden uns in einem politischen Krieg."

      Lou Beres von der Christian Coalition ist dagegen hoffnungsvoll: "Wir sind auf dem Vormarsch", verspricht der rührige Bush-Helfer seinen Anhängern. "Die Wende wird kommen: spätestens mit George W.s zweiter Amtszeit."
      Avatar
      schrieb am 21.01.01 16:47:31
      Beitrag Nr. 2 ()
      Quo Vadis U.S.A. ist `ne gute Frage, Plumpa!
      Ich weiss es noch nicht. Wenn der Inhalt des u.s. "Stern"-Artikels
      so wie beschrieben zutrifft, dann erwarte ich nicht viel Gutes.:(

      Gruss
      dick ;)

      Quelle: STERN I Ausgabe: 4 I 18-01-2001 I Seite: 58 I Autor/in: *CLAUS LUTTERBECK*

      Georges Küchen-Kabinett

      Daddys alte Freunde und eine Sammlung von Erzkonservativen - die Regierung des neuen US- Präsidenten Bush ist weitaus rechter als die meisten Amerikaner


      So viel Glück hat ein Verlierer selten: 539 897 Stimmen weniger errungen als sein Konkurrent Al Gore - trotzdem darf George W. Bush am Wochenende seine Hand zum Amtseid auf die Bibel legen. Der einstige Held von der Martini-Front ist ab Samstag der mächtigste Mann der Welt.



      Vielleicht auch nur zweitmächtigster. Denn während Bushie, wie seine Frau Laura ihn nennt, zu Hause in Texas joggte und das Unterholz auf seiner 650 Hektar großen Ranch rodete, zimmerte sein Stellvertreter Dick Cheney in Washington die neue Regierungsmannschaft zusammen. Während Präsidenten-Sohn Bush mit Präsidenten-Vater Bush in Florida angeln ging, stellte Cheney nur Wochen nach seinem vierten Herzinfarkt die Weichen für die nächsten vier Jahre.

      Bis auf eine Jugendsünde - beide wurden mal betrunken am Steuer erwischt - haben die zwei wenig gemeinsam. Beide kommen aus dem Öl-Business, aber mit höchst unterschiedlichem Ergebnis. Als Cheney im vergangenen Jahr aus seiner Firma ausstieg, machte er 18,5 Millionen Dollar Profit. Bushs erste Firma ging Pleite, die Aktien an der zweiten Firma stieß er acht Tage vor dem Absturz ab. Gegen ihn wurde wegen Insidergeschäften ermittelt.

      Cheney ist ein methodisches Arbeitstier. Sein Tag beginnt morgens um halb sechs und geht bis spät in die Nacht. Der 54-jährige Bush dagegen ist bekannt dafür, dass er lieber etwas später kommt und dafür früher geht.

      DER GRAUE VIZE mit dem kalten Blick ist die eigentliche "Macht hinter dem Thron" ("The Economist"); der mächtigste Vizeprä-sident, den die USA je hatten. Schon unter Bushs Vater diente er als Verteidigungsminister, für Präsident Gerald Ford managte er erfolgreich das Weiße Haus. Er hat kein Charisma, seine Auftritte sind hölzern. Aber er ist, wie ehemalige Mitarbeiter rühmen, "von messerscharfer Intelligenz" und gilt als ein überragendes Organisationstalent.

      Cheney gehört zum konservativen Flügel seiner Partei, er stimmte seinerzeit im Kongress dagegen, von der südafrikanischen Regierung die Freilassung Nelson Mandelas zu verlangen. Wenn es freilich die eigene Pfründe betrifft, ist er ideologisch beweglich. Als Clinton Sanktionen gegen den Iran verhängte, protestierte Cheney energisch. Nicht aus humanitären Gründen - seine Firma wollte dort Ölgeschäfte machen.

      Wer Cheneys Tempo nicht mithält, wird entlassen. Als Chef im Pentagon feuerte er sogar ein Mitglied des Generalstabs - eine absolute Rarität. Zwei Monate nachdem er die texanische Ölfirma Halliburton übernommen hatte, schmiss er ein Drittel des alten Managements raus.

      Seinem neuen Boss sägte der Vize jetzt einen alten Freund ab, weil der ihm viel zu liberal war. Bush hätte gern Gouverneur Tom Ridge im Verteidigungsministerium gesehen. Aber der hatte einst gewagt, im Kongress gegen zwei Lieblingsprojekte der Konservativen zu stimmen. Er fand die Star-Wars-Pläne zu teuer. Und er lehnte US-Hilfe für die Contra-Rebellen in Nicaragua ab. Trotzdem verschaffte Cheney damals zusammen mit Colin Powell den korrupten Contras die Dollar-Millionen aus Washington.

      Jetzt zimmerte Cheney eine Truppe aus Konservativen, die alle über exzellente Drähte zur Großindustrie verfügen und bis auf eine Ausnahme stramm gegen Abtreibung sind. "Große Denker" seien nicht zu entdecken, spottete das Magazin "Newsweek" und zitierte einen enttäuschten Republikaner: "NINA - no in-tellectuals need apply" - Intellektuelle brauchen sich nicht zu bewerben.

      EINE AUSNAHME ist wohl Ex-General Colin Luther Powell, 63, der erste schwarze US-Außenminister. Er ist der Star im neuen Kabinett und besitzt Kultstatus: "Er ist keine reale Person in unserem öffentlichen Leben", schrieb der Historiker Ronald Steel, "sondern eine Art Traum, der die Wünsche all jener Leute verkörpert, die unzufrieden sind mit ihrem Leben." Der Sohn eines Gärtners und einer Näherin aus Harlem hatte nach einer brillanten Karriere selbst damit geliebäugelt, Präsident zu werden, und hätte Bush wohl spielend geschlagen, falls er angetreten wäre.

      Er gilt als vorsichtiger Mann mit großer internationaler Erfahrung, die er als Sicherheitsberater von Ronald Reagan und Generalstabschef bei Clinton und Bush senior gesammelt hat. Junior wird ihn dringend brauchen, denn der neue Präsident hat sein Land erst dreimal verlassen.

      Bis zuletzt hat Powell versucht, die USA aus dem Konflikt herauszuhalten, der ihn 1991 zum überlebensgroßen Helden machte: "Das amerikanische Volk sieht nicht gern seine Jungs dafür sterben, dass die Gallone Benzin weiterhin nur 1,50 Dollar kostet", kritisierte er den Golfkrieg intern. Auch im Bosnienkonflikt zögerte er: "Bevor wir auf alle möglichen Leute schießen, nur damit viele Leute was zu schreiben haben", meinte er bei einer internen Besprechung 1992, "lasst uns doch erst mal die diplomatischen Wege gehen." Ein fataler Irrtum. Trotzdem bastelt Powell auch jetzt mit seinem Präsidenten an einer Strategie, um die GIs möglichst schnell vom Balkan zurückzuholen und den Europäern das Chaos zu überlassen.

      Mit seiner Doktrin, die USA sollten nur dann eingreifen, wenn ihre "vitalen Interessen" berührt seien, liegt Powell voll auf Bush-Kurs. Humanitäre Einsätze wie in Bosnien wird es wohl nur noch geben, wenn die Europäer stärker auftreten - und mehr zahlen.

      Griffen die USA aber nur noch aus materiellen Gründen ein, "wäre amerikanische Politik kaum noch zu unterscheiden von der eines offen zynischen Landes wie Frankreich", kritisierte das Magazin "New Republic" und ernannte Powell, der wohl kaum Ideen entwickeln werde, wie die einzige Supermacht auf die neuen Gefahren einer zersplitterten Welt reagieren soll, zum "Yesterday`s Man".

      Etwas forscher wird sein Kollege aus dem Pentagon auftreten, der den für einen Army-Chef passenden Namen Donald Rumsfeld trägt. Der 68-jährige Veteran, schon vor einem Vierteljahrhundert einmal an der Spitze des Pentagons, ist ein alter Spezi von Cheney. Auch er wurde in der Wirtschaft reich, als Manager in der Pharmabranche. Beide wollen die Waffenindustrie ihres Landes mit Riesenaufträgen beglücken. Ihr zentrales Projekt ist das Antiraketen-programm, eine etwas schlankere Version von Reagans Star Wars. Bush hat schon vor seiner Amtseinführung klar gemacht, dass er Krach darüber mit Russen, Chinesen und Europäern nicht scheut. Das Programm belastet nicht nur die Beziehungen zu Freund und Feind, sondern auch den Verteidigungshaushalt. Dabei weiß niemand, ob es funktioniert. Zwei Versuche, Raketen abzuschießen, scheiterten. Außenpolitisch gilt Rumsfeld als "Falke", der nicht viel von Abrüstungsverträgen hält.

      Viel Beifall vom rechten Flügel bekam auch der neue Gesundheitsminister, Tommy George Thompson, 59. Der Gouverneur von Wisconsin hat die Sozialhilfe in seinem Staat drastisch gekürzt. Sein Programm, Arme mit Jobs zu versorgen statt mit Stütze, gilt als Reformmodell für Amerika. Die Universität von Wisconsin freilich fand in einer Studie heraus, dass die Reformierten so miserabel bezahlte Jobs bekamen, dass sie "noch tiefer in Armut versanken".

      So konservativ wie demnächst war die amerikanische Politik schon lange nicht mehr. Seit 1955 haben die Republikaner nicht mehr das Weiße Haus, das Repräsentantenhaus und den Senat zugleich beherrscht. Nach seinem hauchdünnen Sieg hatte Bush zwar versprochen, er werde über den Parteien stehen und der "Präsident aller Amerikaner" sein. Seine rechte Riege signalisiert aber genau das Gegenteil - sie spiegelt nicht einmal die Bandbreite der Republikaner wider. Das neue Kabinett stehe "weit, weit rechts", schrieb die "New York Times".

      ES IST PARADOX: Während die amerikanische Gesellschaft in den vergangenen 20 Jahren immer liberaler wurde, gerierte sich die republikanische Partei immer reaktionärer. Die treibende Kraft im Hintergrund, die Christliche Rechte, musste zwar eine Niederlage nach der anderen einstecken - aber die Republikanische Partei wird von ihr strammer beherrscht denn je.

      Geschickt hatten die Republikaner ihre Mullahs im Wahlkampf versteckt - mit den frommen Eiferern sind in den USA schon lange keine Wahlen mehr zu gewinnen. Doch kaum hatte Bush die Präsidentschaft im Sack, da tauchten sie wieder auf: wie ihr Wortführer im Repräsentantenhaus, Fraktionschef Tom DeLay. Der frühere Chef einer Ungeziefervernichtungsfirma könnte für seinen Landsmann Bush "noch zum Albtraum werden", so das Magazin "Business Week", wenn er versuche, die Politik immer weiter nach rechts zu rücken.

      Als Reaktionär profilierte sich auch Pfarrer Jerry Falwell, Gründer der christlichen Kampftruppe "Moral Majority" (Moralische Mehrheit). Er warnte lautstark davor, wichtige Ministerien mit Gemäßigten zu besetzen wie der populären Gouverneurin von New Jersey, Christie Todd Whitman, die für Abtreibung sei. Bush und Cheney speisten die Frau mit der Umweltbehörde Epa ab. Das Thema interessiert die neuen Herrscher nur am Rand.

      Fernsehprediger Pat Robertson, Gründer der mächtigen "Christlichen Koalition" und einst selbst im Rennen um die Nominierung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten gescheitert, ließ Bush schon früh wissen, dass er nur einen Justizminister akzeptiere, der ein hundertprozentiger Abtreibungsgegner sei. Dazu übermittelte er eine Liste mit drei Namen - sein Traumkandidat John D. Ashcroft bekam den Job. Der Protestant, der zur fundamentalistischen Sekte "Assembly of God" gehört, lehnt Abtreibung sogar nach Vergewaltigung oder Inzest ab. Wie sein neuer Boss ist er ein glühender Verfechter der Todesstrafe und Anwalt der Waffenfreaks. Ashcroft steht auf der Spendenliste ihrer größten Organisation, der National Rifle Association. Der fromme Mann wird von einzigartigem Sendungsbewusstsein geplagt: Bei seiner Amtseinführung als Gouverneur von Missouri salbte er sich selbst - mit dem Hinweis, auch König David sei einst mit geweihtem Öl gesegnet worden.

      Weil Bush ihm viel zu links war, wollte Ashcroft vor zwei Jahren selbst gern Präsident werden: "Es gibt heute Stimmen in der Republikanischen Partei, die Pragmatismus predigen, die Ausgleich gutheißen, die zu Kompromissen neigen. Ich weise solche Trugbilder zurück." Er werde "den Mittelweg" nicht gehen. Alles, was man dort finde, seien "Gemäßigte und tote Stinktiere".

      Der "Held der Rechten" ("Washington Post") trägt einen Ehrendoktorhut der protestantischen Bob-Jones-Universität, eines Horts der Intoleranz und religiösen Verbohrtheit. Bis zum Jahr 2000 war es Studenten unterschiedlicher Rassen dort nicht gestattet, ein Liebesverhältnis zu haben. Das Verbot wurde erst unter dem Druck der Öffentlichkeit abgeschwächt - jetzt brauchen die Studenten eine Erlaubnis ihrer Eltern.

      Ashcroft stehe am "extrem rechten Rand der amerikanischen Politik", gruselte sich die "New York Times" und befand, es sei eine "seltsame Wahl", ausgerechnet einen Mann zum Justizminister zu machen, der "bösartige Lügen" über Kollegen verbreite. Tatsächlich hat Ashcroft im Alleingang verhindert, dass ein liberaler schwarzer Richter zum Bundesrichter ernannt wurde. Der Mann habe eine "unerhörte Neigung zu krimineller Aktivität" und sei "verbrecherfreundlich", schimpfte Ashcroft vor dem US-Senat. Der Grund für den Ausfall: Der Richter hatte es einmal gewagt, ein Todesurteil in eine Haftstrafe umzuwandeln.

      Frauenorganisationen laufen Sturm gegen den frommen Abstinenzler, dessen Glaube sogar das Tanzen verbietet. Sie fürchten, dass Ashcroft sein Amt dazu nutzt, Abtreibung wieder illegal zu machen. Der nächste Kulturkampf in den USA ist jedenfalls programmiert: Ashcroft wird gewiss versuchen, drei demnächst vielleicht frei werdende Sitze im Obersten Gerichtshof mit Richtern seiner Couleur zu besetzen. Sobald dort neue Mehrheiten herrschten, das haben die Konservativen schon angekündigt, werde die Abtreibung zu Fall gebracht.

      Nicht nur die Nominierung von Ashcroft ist umstritten. Für das Energieministerium hat Bush einen Mann ausgesucht, der noch 1999 die gesamte Behörde abschaffen wollte: Edmund Spencer Abraham, 48, hatte damals verkündet, das Ministerium sei "reine Geldverschwendung". Als Interessenvertreter der US-Autoindustrie hat er alle Versuche torpediert, den Verbrauch amerikanischer Autos zu drosseln. Umweltorganisationen tadeln bereits den "verkehrten Ansatz der BushRegierung: Statt Energie zu sparen, suchen sie lieber Öl, um die Benzinschlucker am Laufen zu halten".

      Dazu werden sicher noch andere beitragen. Der neue Handelsminister Donald Evans, 54, ist nicht bloß ein alter Bush-Buddy, sondern auch einer, der die Interessen der Ölindustrie, die zu den größten Geldgebern der Republikaner gehört, nicht vergessen wird. Die freut sich auch, dass George Bush als neue Innenministerin Gale Ann Norton, 46, ausgeguckt hat. Ihre Behörde besitzt zwar nur wenig Macht, verwaltet aber die immensen Ländereien, die dem Bund gehören. Und dort liegt viel Öl. Frau Norton möchte für Bohrungen weite Gebiete in Alaska öffnen, die Clinton unter Naturschutz stellen ließ. Unterstützung wird sie beim neuen Stabschef im Weißen Haus, Andrew Card, finden: Bush-Freund Card war der Cheflobbyist der Autoindustrie gegen schärfere Abgaswerte.

      DEN ÖLFREUNDEN wird auch die neue Umweltbeauftragte von George Bush kaum in die Quere kommen wollen. Als Gouverneurin von New Jersey sorgte Christie Todd Whitman dafür, dass die Strafen für Umweltsünder drastisch reduziert wurden. "Ihre Ernennung ist ein Weihnachtsgeschenk für Amerikas Verschmutzer", klagte ein führendes Mitglied des Sierra Clubs, des einflussreichsten Umweltbundes der USA, und andere Umweltorganisationen fürchten, man gehe "dunklen Zeiten entgegen".

      Deutschlands Umweltminister Jürgen Trittin war wohl schlecht beraten, als er vergangenen November den Umweltgipfel in Den Haag platzen ließ. Der Kompromiss, den die Amerikaner damals zur Kontrolle von Kohlendioxidemissionen und damit der Erderwärmung anboten, war vielleicht faul. Aber was die Europäer ab Montag aus Washington zu erwarten haben, wird zum Himmel stinken.
      Avatar
      schrieb am 21.01.01 18:44:22
      Beitrag Nr. 3 ()
      Erstmal abwarten.
      Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird.

      Auch hinter Goere standen mächtige Interessengruppen.
      Z.B. die Anwaltschaft, die ihn kostenlos bei seinen Wahlanfechtungsklagen
      unterstützt hat.
      Natürlich nicht aus purem Idealismus.
      Bush will die Auswüchse der Schadenersatzprozesse eindämmen.
      Einem Quell riesigen Reichtums der Anwaltskanzleien.

      Machtdenken und Überheblichkeit gegenüber anderen Nationen
      zeichnete alle Präsidenten der USA seit dem 2. Weltkrieg aus.

      Da wird sich nichts ändern, egal ob ein Republikaner oder
      ein Demokrat regiert.
      Schönen Sonntag noch
      debull
      Avatar
      schrieb am 21.01.01 22:29:19
      Beitrag Nr. 4 ()
      Hi Jungs :)

      ich muß debull (leider ;)) recht geben - weder Bush noch Gore sieht nach einem Traum-US-Präsidenten aus ... die Amis selbst scheinen das auch so zu sehen, denn die Wahlbeteiligung war verdammt mau. Was soll man auch wählen, wenn zweimal bullshit angeboten wird?

      @ debull
      Die von Dir angesprochene "übersteigerte Arroganz" gegenüber anderen Nationen fällt uns mit unserem gestörten Verhältnis zu allem, was nach Nationalstolz riecht, natürlich besonders unangenehm auf - ist aber bei vielen Staaten in ähnlicher Form zu finden.

      Und an der Börse machen die Amis auch nur Scheiße! ;)

      Grüßchen Dummi :kiss:
      Avatar
      schrieb am 21.01.01 23:22:59
      Beitrag Nr. 5 ()
      @Dummi
      Andere Nationen haben Nationalstolz - schön.
      Sie haben aber nicht die Macht, andere unter Druck zu setzen -
      auch wenn sie wollten;)

      An der Börse sind die Amis super. Man kann sie toll ausnehmen!
      So als kleine Rache für andere Schandtaten.:D
      :)
      debull

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      Avatar
      schrieb am 21.01.01 23:32:51
      Beitrag Nr. 6 ()
      Stimmt debull - sie haben nicht die Macht ... wenn sich Europa endlich mal auf einen vernünftigen Konsens einigen könnte, dann wäre die Machtverteilung anders - aber ich glaube nicht, daß dann mit anderen/besseren Waffen gekämpft werden würde, im Gegenteil, dann käm`s härter ... von beiden Großmächten. Denk nur an die ehemalige Sowjetunion! Es ist im Grunde genommen immer noch wie in der Steinzeit: Der Stärkere siegt. Die Schwächeren müssen sehen, daß sie für sich das Beste daraus machen.

      Amis ausnehmen? Damit habe ich mich aber schon ganz schön angeschissen :(:(:(;)

      Dummi - verarmt
      Avatar
      schrieb am 21.01.01 23:42:40
      Beitrag Nr. 7 ()
      @Dummi
      Alle Großmächte gehen an der eigenen Dekadenz zugrunde.
      Man muß nur warten können:)
      Leider rücken immer wieder neue nach - das ist dumm,
      aber nicht zu ändern.

      Und Amis ausnehmen ist ganz leicht.
      Die neigen zur Hysterie.
      Und wenn die am größten ist, kaufen, kaufen, kaufen.
      :)
      debull


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