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    Aus der FTD vom 24.1.2001...Letsbuyit: Let’s burn it . com - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.01.01 10:53:48 von
    neuester Beitrag 24.01.01 12:01:34 von
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      schrieb am 24.01.01 10:53:48
      Beitrag Nr. 1 ()
      Aus der FTD vom 24.1.2001 www.ftd.de/letsbuyit
      Letsbuyit: Let’s burn it . com
      Von Tillmann Prüfer, Hamburg

      Der Internet-Rabatthändler Letsbuyit wollte so bekannt werden wie Amazon und Ebay. Stattdessen wurde er zu einer Geldverbrennungsmaschine, die dem Neuen Markt seine bislang größte Pleite bescherte. Daran ändert wohl auch der Konkursaufschub nichts mehr. Wer ist schuld an dem Desaster?

      Sie suchen eine Herausforderung? Wollen noch viel erreichen? Dann sind Sie bei uns richtig. Unsere junge und innovative Branche ist geprägt von hohem Tempo und Spaß."

      Bei Letsbuyit.com kommt derzeit offenbar niemand dazu, die eigene Website zu pflegen. Zwar gibt es bei dem Online-Unternehmen zweifellos Herausforderungen zu genüge, jedoch nicht mehr viel zu erreichen - und schon gar keinen Spaß.


      Und wer die angegebene Nummer wählt, wandert in eine endlose Warteschleife. Denn der für Personalplanung zuständigen Dame sitzt selbst Zuhause und wartet ab, ob sie bei Letsbuyit noch einen Job hat.



      Größte Pleite


      Seit Ende Dezember steht das Unternehmen unter der Verwaltung einer Amsterdamer Kanzlei. Die beiden neuen Vorstände John Palmer und Rolf Hansen sind derzeit die einzigen aktiven Angestellten des Online-Händlers. Sie kämpfen um einen Aufschub des Konkurses. Bis Donnerstag müssen sie 4 Mio. Euro besorgt haben, damit der Betrieb noch den Hauch einer Überlebenschance hat. Doch es sieht düster aus. "Ich weiß nicht, was da noch passieren soll", sagt ein Analyst. Und Hansen selbst vergleicht seine Situation mit dem Überlebenskampf eines Fischkutter-Kapitäns zwischen übermächtigen Wellenbergen im Wolfgang Petersen Film "The Perfect Storm".


      Der Frankfurter Neue Markt steht mit Letsbuyit.com vor seiner bislang größten Pleite. Am Montag endete die Haltefrist für Altaktionäre. Das Papier sackte daraufhin auf 0,14 Euro ab. Was die eigene Aktie angeht, hat der Rabatthändler sein Versprechen, Tiefstpreise zu realisieren, gehalten.


      "Wohin man bei Letsbuyit auch gegriffen hat, es war ein Griff ins Klo", sagt ein ehemaliger Mitarbeiter. Die Unternehmensgeschichte ist kurz, doch sie steht stellvertretend für das kurze Leben der New Economy. Sie beginnt mit überzogenen Erwartungen und einem überragenden Selbstbewusstsein. Sie endet mit Frustration, Chaos und Realitätsverlust.


      Der Legende nach ging es bei der Gründung von Letsbuyit 1999 nicht ums Geld, sondern ums Gute. Die Verbraucher sollten endlich zu ihrem Recht kommen. Der Schwede Johan Stael von Holstein hatte die Idee, große Posten aufzukaufen und über das Internet zu vertreiben. Er sei eben "schwedisch-sozialistisch geprägt", sagt ein Kenner des Unternehmens. Der Einfall, den Konsumenten Vorteile zu verschaffen, sei auch "politisch" gewesen.



      Die Welt retten


      Dabei traf es sich gut, dass der Verbraucher-Robin-Hood als Topmanager der erfolgreichen Internet-Agentur Icon-Media-Lab über das nötige Kapital und gute Kontakte verfügte. In den USA war kurz zuvor ein Unternehmen namens Mercarta gegründet worden, das ebenfalls mit Web-Rabatten Geschäfte machen wollte.


      Es war die Zeit, als E-Commerce noch als Gelddruckmaschine galt, als Amazon.com an der Börse Spitzenbewertungen entgegenjubelte. Und als die Dotcoms nicht mehr in Garagen, sondern in Chefetagen gegründet wurden. So dauerte es nicht lange, bis Stael von Holstein den Australier John Palmer, zuvor Chef des Telekommunikationsriesen Bates Malaysia, als Mitgründer von Letsbuyit.com gewinnen konnte.


      Im April ging in Schweden die erste Website an den Start. Die Investoren, darunter die schwedische Risikokapitalgesellschaft Speed Ventures und die Pro Sieben Media AG, steckten 110 Mio. Euro in die Firma. Von Pro Sieben kam auch der Deutschland-Geschäftsführer Rolf Hansen, der dort für das Business Development zuständig gewesen war.


      Der Schlachtplan für ein erfolgreiches Internet-Business schien einfach. 1. Eine Marke etablieren, 2. An die Börse gehen, 3. Marktführer werden und absahnen. Letsbuyit sollte neben Internet-Größen wie Yahoo, Ebay, Amazon und AOL "die fünfte globale Marke werden", prahlte Deutschland-Chef Hansen. Mit einem wahren Marketing-Blitzkrieg sollte der europäische Markt erobert werden. Der Auftakt zum Untergang - weiß man heute.


      Bereits im August 1999 wurden weitere Büros in Skandinavien eröffnet, bis Mai 2000 war Letsbuyit in 14 europäischen Ländern vertreten. Das sollte nur der Anfang sein. Nach dem Börsengang wollte die Unternehmensführung in die USA, nach Asien und Lateinamerika expandieren. Sogar ein Geschäftsführer für Australien wurde eingestellt.



      Kein Sparzwang


      Der Kapitalverschleiß war enorm. Im ersten Quartal 2000 hatten sich fast 50 Mio. Euro Verlust angehäuft, bei wenigen Millionen Euro Umsatz.


      Die Bereitschaft zu sparen hielt sich in Grenzen. Das Münchner Büro durfte ein Designer exklusiv gestalten. Als Vorstandsvorsitzenden kauften die Gründer den früheren Europa-Chef des Sportswear-Fabrikanten Nike, Martin Coles: Für ein Monatsgehalt von 41.000 $ plus 3 Mio. $ "Unterzeichnungsprämie".


      Als Coles im März 2000 seinen Job antrat, kündigte sich das Unheil schon an. Der Neue-Markt-Index Nemax All Share stürzte innerhalb eines Monats um rund 2000 Punkte ab. Hoffnungen, er würde sich bald erholen, wurden enttäuscht.


      Dem Management schwante, dass die erhofften 180 Mio. Euro Expansionskapital nicht von den Anlegern zu holen seien. Kurz vor dem geplanten Börsengang am 7. Juni machte Letsbuyit einen Rückzieher. "Ich gehe vor die Tür, wenn es regnet", rechtfertigte sich Hansen, "aber nicht bei Wolkenbruch."


      Der sollte erst noch kommen. Das Bankhaus Sal. Oppenheim stieg aus dem Bankenkonsortium aus. Offiziell schob das Institut seinen Rückzieher auf die "ungeklärte Rechtslage" bei Rabattgeschäften in Deutschland. Hinter den Kulissen tobte jedoch Streit mit dem Konsortialführer Robertson Stephans International, wie Insider berichten.



      Aggressive Bankenpolitik


      Das amerikanische Bankhaus drängte so rasch wie möglich auf einen neuen Börsengang. Sal. Oppenheim dagegen wollte ein günstigeres Marktumfeld abwarten. Die Amerikaner setzten sich durch, der zweite Versuch wurde für Juli angesetzt. Robertson Stephans soll geplant haben, aus der Not anderer E-Commerce-Unternehmen Kapital zu schlagen. Letsbuyit sollte schnell die nötige Tauschwährung bekommen, um andere schwächelnde Unternehmen aufzukaufen. "Ein sehr aggressives Vorgehen", findet ein Beobachter. Andere machen die "Arroganz" von Gründer John Palmer für den Kamikaze-Börsengang verantwortlich.


      Letsbuyit entging einem Desaster nur knapp. Der Ausgabepreis wurde von 14 Euro auf 7 Euro und nach einem Aktiensplit auf 3,5 E gesenkt. Zum Auftakt stieg der Kurs auf 4,5 Euro. Danach ging es bergab, fast schnurgerade, bis auf das heutige Niveau nahe null.


      Auf den Börseneinstand folgte der direkte Niedergang. Letsbuyit wurde in Deutschland wegen Verstoßes gegen das Rabattgesetz verklagt und verlor. Als das Kabinett das Gesetz im Dezember aufhob, sprang der Letsbuyit-Kurs kurzzeitig um 200 Prozent. Doch da war es längt zu spät.


      Schon im Juli war klar, dass Letsbuyit mit den erwirtschafteten 66 Mio. Euro nicht das kommende Jahr durchstehen würde. Vergeblich wurden Investoren gesucht. Derweil stieg die Kundenzahl, das hatte auch negative Seiten. Der Logistik-Partner Sykes musste mehr Personal einstellen, die Kosten kletterten. Vorstandschef Coles wuchsen die Probleme über den Kopf. Zahlungen blieben aus. Das Klima zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat verschärfte sich.


      Wie die Amsterdamer Treuhänder berichten, habe die Geschäftsführung eine radikale Verschlankung des Unternehmens abgelehnt. Der Aufsichtsrat warf Coles vor, dem Markt nicht gerecht zu werden. Es häufte sich der Ärger mit Lieferanten und Kreditkartenunternehmen. Das Rechnungswesen beschreiben die neuen Verwalter als "chaotisch".


      Von außen betrachtet schien alles bestens. Letsbuyit präsentierte noch im November seine Quartalszahlen ("Rekordergebnisse"), die Bank Sal. Oppenheim belohnte dies mit einer "Kauf"-Empfehlung.


      Zu diesem Zeitpunkt sei man längst der Überzeugung gewesen, dass Letsbuyit bankrott sei, soll die heutige Führung den Treuhändern berichtet haben. Dennoch startete noch vor Weihnachten eine TV-Kampagne. Am 29. Dezember war Schluss. Das Management trat zurück.


      Was lässt sich aus dem Ende der Ameisenkolonie lernen? "Für Business-to-Consumer-Werte ohne Partner in der traditionellen Wirtschaft wird es immer schwerer", sagt Peter Barkow, Internet-Analyst bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. Auch die Letsbuyit-Konkurrenten Mercata und Mobshop sind gescheitert. Eigentlich habe das Management keine fundamentalen Fehler gemacht: "Das Marketing war exzellent. Doch der Börsengang kam einige Monate zu spät."


      Tragische New Economy: Da strengt sich ein Unternehmen an, binnen eines einzigen Jahres das zu schaffen, wofür sich Old-Economy-Konzerne Jahrzehnte Zeit lassen. Und kommt zu spät.



      © 2001 Financial Times Deutschland
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      schrieb am 24.01.01 11:28:54
      Beitrag Nr. 2 ()
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 24.01.01 12:01:34
      Beitrag Nr. 3 ()
      :confused:


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