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    ++++Faszinationen der Apokalypse, wir begreifen es nicht++++ - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.02.01 12:40:40 von
    neuester Beitrag 24.02.01 17:04:53 von
    Beiträge: 9
    ID: 347.111
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      schrieb am 24.02.01 12:40:40
      Beitrag Nr. 1 ()
      Sommer 1917, wir liegen in der Nähe von Rochedemme, nach Belgien kann man bereits

      spucken, die 22. bayerischen Füsiliere und das 12. schwäbische Infanterieregiment,

      August, die Mittagsonne brennt gnadenlos in die Ebene der Sanné, die sich wie ein träger,

      glitzernder Wurm dahinschlängelt, 12000 Mann liegen in den Gräben, fiebrig, abgemagert,

      geschwächt, Ruhr und dünne Kohlsuppe fordern Tribut, die Karabiner angerostet, das Waffenöl wird

      als Brennstoff mitverwendet.

      Die ersten Gerüchte über einen Angriff geistern schon seit 1 Woche durch die Gräben, morgen früh soll es

      endgültig soweit sein.

      Angriffsziel: englische und französische Einheiten, die sich ca. 2 Km entfernt am Rande der Ebene, dort wo der

      Fluss einen Schlenker nach Osten macht, eingegraben haben.
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      schrieb am 24.02.01 12:43:39
      Beitrag Nr. 2 ()
      Bevor wir zu Kemmerich aufbrechen, packen wir seine Sachen ein; er wird sie unterwegs gut brauchen können.
      Im Feldlazarett ist großer Betrieb; es riecht wie immer nach Karbol, Eiter und Schweiß. Man ist aus den Baracken manches gewohnt, aber hier kann einem doch flau werden. Wir fragen uns nach Kemmerich durch; er liegt in einem Saal und empfängt uns mit einem schwachen Ausdruck von Freude und hilfloser Aufregung. Während er bewusstlos war, hat man ihm seine Uhr gestohlen.
      Müller schüttelt den Kopf: "Ich habe dir ja immer gesagt, dass man so eine gute Uhr nicht mitnimmt."
      Müller ist etwas tapsig und rechthaberisch. Sonst würde er den Mund halten, denn jeder sieht, dass Kemmerich nicht mehr aus diesem Saal herauskommt. Ob er seine Uhr wiederfindet, ist ganz egal, höchstens, dass man sie nach Hause schicken könnte.
      "Wie geht`s denn, Franz?" fragt Kropp.
      Kemmerich lässt den Kopf sinken. "Es geht ja - ich habe bloß so verfluchte Schmerzen im Fuß."
      Wir sehen auf seine Decke. Sein Bein liegt unter einem Drahtkorb, das Deckbett wölbt sich dick darüber. Ich trete Müller gegen das Schienbein, denn er brächte es fertig, Kemmerich zu sagen, was uns die Sanitäter draußen schon erzählt haben: dass Kemmerich keinen Fuß mehr hat. Das Bein ist amputiert.
      Er sieht schrecklich aus, gelb und fahl, im Gesicht sind schon die fremden Linien, die wir so genau kennen, weil wir sie schon hundertmal gesehen haben. Es sind eigentlich keine Linien, es sind mehr Zeichen. Unter der Haut pulsiert kein Leben mehr; es ist bereits herausgedrängt bis an den Rand des Körpers, von innen arbeitet sich der Tod durch, die Augen beherrscht er schon. Dort liegt unser Kamerad Kemmerich, der mit uns vor kurzem noch Pferdefleisch gebraten und im Trichter gehockt hat; - er ist es noch, und er ist es doch nicht mehr, verwaschen, unbestimmt ist sein Bild geworden, wie eine fotografische Platte, auf der zwei Aufnahmen gemacht worden sind. Selbst seine Stimme klingt wie Asche.
      Ich denke daran, wie wir damals abfuhren. Seine Mutter, eine gute, dicke Frau, brachte ihn zum Bahnhof. Sie weinte ununterbrochen, ihr Gesicht war davon gedunsen und geschwollen. Kemmerich genierte sich deswegen, denn sie war am wenigsten gefasst von allen, sie zerfloss förmlich in Fett und Wasser. Dabei hatte sie es auf mich abgesehen, immer wieder ergriff sie meinen Arm und flehte mich an, auf Franz draußen acht zu geben. Er hatte allerdings auch ein Gesicht wie ein Kind und so weiche Knochen, dass er nach vier Wochen Tornistertragen schon Plattfüße bekam. Aber wie kann man im Felde auf jemanden acht geben!
      "Du wirst ja nun nach Hause kommen", sagt Kropp, "auf Urlaub hättest du mindestens noch drei, vier Monate warten müssen."
      Kemmerich nickt. Ich kann seine Hände nicht gut ansehen, sie sind wie Wachs. Unter den Nägeln sitzt der Schmutz des Grabens, er sieht blauschwarz aus wie Gift. Mir fällt ein, dass diese Nägel weiterwachsen werden, lange noch, gespenstische Kellergewächse, wenn Kemmerich längst nicht mehr atmet. Ich sehe das Bild vor mir: sie krümmen sich zu Korkenziehern und wachsen und wachsen, und mit ihnen die Haare auf dem zerfallenden Schädel, wie Gras auf gutem Boden, genau wie Gras, wie ist das nur möglich -?
      Müller bückt sich. "Wir haben deine Sachen mitgebracht, Franz."
      Kemmerich zeigt mit der Hand. "Legt sie unters Bett."
      Müller tut es. Kemmerich fängt wieder von der Uhr an. Wie soll man ihn nur beruhigen, ohne ihn misstrauisch zu machen!
      Müller taucht mit einem Paar Fliegerstiefel wieder auf. Es sind herrliche englische Schuhe aus weichem , gelben Leder, die bis zum Knie reichen und ganz hinauf geschnürt werden, eine begehrte Sache. Müller ist von ihrem Anblick begeistert, er hält ihre Sohlen gegen seine eigenen klobigen Schuhe und fragt: "Willst du denn die Stiefel mitnehmen, Franz?"
      Wir denken alle drei das gleiche: selbst wenn er gesund würde, könnte er nur einen gebrauchen, sie wären also für ihn wertlos. Aber wie es jetzt steht, ist es ein Jammer, dass sie hierbleiben; - denn die Sanitäter werden sie natürlich sofort wegschnappen, wenn er tot ist. Müller wiederholt: "Willst du sie nicht hierlassen?"
      Kemmerich will nicht. Es sind seine besten Stücke.
      "Wir können sie ja umtauschen", schlägt Müller wieder vor, "hier draußen kann man so was brauchen."
      Doch Kemmerich ist nicht zu bewegen.
      Ich trete Müller auf den Fuß, er legt die schönen Stiefel zögernd wieder unter das Bett.
      Wir reden noch einiges und verabschieden uns dann. "Mach`s gut, Franz."
      Ich verspreche ihm, morgen wiederzukommen. Müller redet ebenfalls davon; er denkt an die Schnürschuhe und will deshalb auf dem Posten sein.
      Kemmerich stöhnt. Er hat Fieber. Wir halten draußen einen Sanitäter an und reden ihm zu, Kemmerich eine Spritze zu geben.
      Er lehnt ab. "Wenn wir jedem Morphium geben wollten, müssten wir Fässer davon haben-"
      "Du bedienst wohl nur Offiziere", sagt Kropp gehässig.
      Rasch lege ich mich ins Mittel und gebe dem Sanitäter zunächst mal eine Zigarette. Er nimmt sie. Dann frage ich: "Darfst du denn überhaupt eine machen?"
      Er ist beleidigt. "Wenn ihr`s nicht glaubt, was fragt ihr mich-"
      Ich drücke ihm noch ein paar Zigaretten in die Hand. "Tu uns den Gefallen-"
      "Na, schön", sagt er. Kropp geht mit hinein, er traut ihm nicht und will zusehen. Wir warten draußen.
      Müller fängt wieder von den Stiefeln an. "Sie würden mir tadellos passen. In diesen Kähnen laufe ich mir Blasen über Blasen. Glaubst du, dass er durchhält bis morgen nach dem Dienst? Wenn er nachts abgeht, haben wir die Stiefel gesehen-"
      Albert kommt zurück. "Meint ihr--?" fragt er.
      "Erledigt", sagt Müller abschließend.
      Wir gehen zu unsern Baracken zurück. Ich denke an den Brief, den ich morgen schreiben muss an Kemmerichs Mutter. Mich friert. Ich möchte einen Schnaps trinken. Müller rupft Gräser aus und kaut daran. Plötzlich wirft der kleine Kropp die Zigarette weg, trampelt wild darauf herum , sieht sich um, mit einem aufgelösten und verstörten Gesicht, und stammelt: "Verfluchte Scheiße, diese verfluchte Scheiße."
      Wir gehen weiter, eine lange Zeit. Kropp hat sich beruhigt, wir kennen das, es ist der Frontkoller, jeder hat ihn mal. Müller fragt ihn: "Was hat dir der Kantorek eigentlich geschrieben?"
      Er lacht: "Wir wären die eiserne Jugend."
      Wir lachen alle drei ärgerlich. Kropp schimpft; er ist froh, dass er reden kann.-
      Ja, so denken sie, so denken sie, die hunderttausend Kantoreks!
      Eiserne Jugend! Jugend! Wir sind alle nicht mehr als zwanzig Jahre. Aber jung? Jugend? Das ist lange her. Wir sind alte Leute.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 12:49:08
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich tipp mal auf "Im Westen nichts Neues" von Remarque, meins ist

      bisher unveröffentlicht, aber schreib ruhig weiter...genialer Roman
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 13:27:21
      Beitrag Nr. 4 ()
      Ronny, was ist los, schreib weiter, Du genialer Faker.

      Wenn Du nicht weiterschreibst, gibts ne Geschichte, "E-mail von Ronny"

      oder "Ich krieg nur bei Edgar Wallace einen hoch", so in der Art.

      Also, ich warte....
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 13:40:13
      Beitrag Nr. 5 ()
      Im Westen Nichts Neues:

      Der zweite Besuch bei Kemmerich
      Ich sitze am Bette Kemmerichs. Er verfällt mehr und mehr. Um uns ist viel Radau. Ein Lazarettzug ist angekommen, und die transportfähigen Verwundeten werden ausgesucht. An Kemmerichs Bett geht der Arzt vorbei, er sieht ihn nicht einmal an.
      "Das nächstemal, Franz", sage ich.
      Er hebt sich in den Kissen auf die Ellbogen. "Sie haben mich amputiert."
      Das weiß er also doch jetzt. Ich nicke und antworte: "Sei froh, dass du so weggekommen bist."
      Er schweigt.
      Ich rede weiter: "Es konnten auch beide Beine sein, Franz. Wegeler hat den rechten Arm verloren. Das ist viel schlimmer. Du kommst ja auch nach Hause."
      Er sieht mich an. "Meinst du?"
      "Natürlich."
      Er wiederholt: "Meinst du?"
      "Sicher, Franz. Du musst dich nur erst von der Operation erholen."
      Er winkt mir, heranzurücken. Ich beuge mich über hin, und er flüstert: "Ich glaube es nicht."
      "Rede keine Quatsch, Franz, in ein paar Tagen wirst du es selbst einsehen. Was ist das schon groß: ein amputiertes Bein; hier werden ganz andere Sachen wieder zurechtgepflastert."
      Er hebt eine Hand hoch. "Sieh dir das mal an, diese Finger."
      "Das kommt von der Operation. Futtere nur ordentlich, dann wirst du schon aufholen. Habt ihr anständige Verpflegung?"
      Er zeigt auf eine Schüssel, die noch halb voll ist. Ich gerate in Erregung. "Franz, du musst essen. Essen ist die Hauptsache. Das ist doch ganz gut hier."
      Er wehrt ab. Nach einer Pause sagt er langsam: "Ich wollte mal Oberförster werden."
      "Das kannst du noch immer", tröste ich. "Es gibt jetzt großartige Prothesen, du merkst damit gar nicht, dass dir etwas fehlt. Sie werden an die Muskeln angeschlossen. Bei Handprothesen kann man die Finger bewegen und arbeiten, sogar schreiben. Und außerdem wird da immer noch mehr erfunden werden."
      Er liegt eine Zeitlang still. Dann sagt er: "Du kannst meine Schnürschuhe für Müller mitnehmen."
      Ich nicke und denke nach, was ich ihm Aufmunterndes sagen kann. Seine Lippen sind weggewischt, sein Mund ist größer geworden, die Zähne stechen hervor, als wären sie aus Kreide. Das Fleisch zerschmilzt, die Stirn wölbt sich stärker, die Backenknochen stehen vor. Das Skelett arbeitet sich durch. Die Augen versinken schon. In ein paar Stunden wird es vorbei sein.
      Er ist nicht der erste, den ich so sehe; aber wir sind zusammen aufgewachsen, da ist es doch immer etwas anders. Ich habe die Aufsätze von ihm abgeschrieben. Er trug in der Schule meistens einen braunen Anzug mit Gürtel, der an den Armen blankgewetzt war. Auch war er der einzige von uns, der die große Riesenwelle am Reck konnte. Das Haar flog ihm wie Seide ins Gesicht, wenn er sie machte. Kantorek war deshalb stolz auf ihn. Aber Zigaretten konnte er nicht vertragen. Seine Haut war sehr weiß, er hatte etwas von einem Mädchen.
      Ich blicke auf meine Stiefel. Sie sind groß und klobig, die Hose ist hineingeschoben; wenn man aufsteht, sieht man dick und kräftig in diesen breiten Röhren aus. Aber wenn wir baden gehen und uns ausziehen, haben wir plötzlich wieder schmale Beine und schmale Schultern. Wir sind dann keine Soldaten mehr, sondern beinahe Knaben, man würde auch nicht glauben, dass wir Tornister schleppen können. Es ist ein sonderbarer Anblick, wenn wir nackt sind; dann sind wir Zivilisten und fühlen uns auch beinahe so.
      Franz Kemmerich sah beim Baden klein und schmal aus wie ein Kind. Da liegt er nun, weshalb nur? Man sollte die ganze Welt an diesem Bette vorbeiführen und sagen: Das ist Franz Kemmerich, neunzehneinhalb Jahre alt, er will nicht sterben. Lasst ihn nicht sterben!
      Meine Gedanken gehen durcheinander. Diese Luft von Karbol und Brand verschleimt die Lungen, sie ist ein träger Brei, der erstickt.
      Es wird dunkel. Kemmerichs Gesicht verbleicht, es hebt sich von den kissen und ist so blass, dass es schimmert. Der Mund bewegt sich leise. Ich nähere mich ihm. Er flüstert: "Wenn ihr meine Uhr findet, schickt sie nach Hause."
      Ich widerspreche nicht. Es hat keinen Zweck mehr. Man kann ihn nicht überzeugen. Mir ist elend vor Hilflosigkeit. Diese Stirn mit den eingesunkenen Schläfen, dieser Mund, der nur noch Gebiss ist, diese spitze Nase! Und die dicke weinende Frau zu Hause, an die ich schreiben muss. Wenn ich nur diesen Brief schon weghätte.
      Lazarettgehilfen gehen herum mit Flaschen und Eimern. Einer kommt heran, wirft Kemmerich einen forschenden Blick zu und entfernt sich wieder. Man sieht, dass er wartet, wahrscheinlich braucht er das Bett.
      Ich rücke nahe an Franz heran und spreche, als könnte ihn das retten: "Vielleicht kommst du in das Erholungsheim am Klosterberg, Franz, zwischen den Villen. Du kannst dann vom Fenster aus über die Felder sehen bis zu den beiden Bäumen am Horizont. Es ist jetzt die schönste Zeit, wenn das Korn reift, abends in der Sonne sehen die Felder dann aus wie Perlmutter. Und die Pappelallee am Klosterbach, in dem wir Stichlinge gefangen haben! Du kannst dir dann wieder ein Aquarium anlegen und Fische züchten, du kannst ausgehen und brauchst niemand zu fragen, und Klavierspielen kannst du sogar auch, wenn du willst."
      Ich beuge mich über sein Gesicht, das im Schatten liegt. Er atmet noch, leise. Sein Gesicht ist nass, er weint. Da habe ich ja schönen Unsinn angerichtet mit meinem Gerede!
      "Aber Franz" - ich umfasse seine Schulter und lege mein Gesicht an seins. "Willst du jetzt schlafen?"
      Er antwortet nicht. Die Tränen laufen ihm die Backen herunter. Ich möchte sie abwischen, aber mein Taschentuch ist zu schmutzig.
      Eine Stunde vergeht. Ich sitze gespannt und beobachte jede seiner Mienen, ob er vielleicht noch etwas sagen möchte. Wenn er doch den Mund auftun und schreien wollte! Aber er weint nur, den Kopf zur Seite gewandt. Er spricht nicht von seiner Mutter und seinen Geschwistern, er sagt nichts, es liegt wohl schon hinter ihm; - er ist jetzt allein mit seinem kleinen neunzehnjährigen Leben und weint, weil es ihn verlässt.
      Das ist der fasungsloseste und schwerste Abschied, den ich je gesehen habe, obwohl es bei Tiedjen auch schlimm war, der nach seiner Mutter brüllte, ein bärenstarker Kerl, und der den Arzt mit aufgerissenen Augen angstvoll mit einem Seitengewehr von seinem Bett fernhielt, bis er zusammenklappte.
      Plötzlich stöhnt Kemmerich und fängt an zu röcheln.
      Ich springe auf, stolpere hinaus und frage: "Wo ist der Arzt? Wo ist der Arzt?"
      Als ich den weißen Kittel sehe, halte ich ihn fest. "Kommen sie rasch, Franz Kemmerich stirbt sonst."
      Er macht sich los und fragt einen dabeistehenden Lazarettgehilfen: "Was soll das heißen?"
      Der sagt: "Bett 26, Oberschenkel ampuitert."
      Er schnauzt: "Wie soll ich etwas davon wissen, ich habe heute fünf Beine amputiert", schiebt mich weg, sagt dem Lazarettgehilfen: "Sehen Sie nach", und rennt zum Operationssaal.
      Ich bebe vor Wut, als ich mit dem Sanitäter gehe. Der Mann sieht mich an und sagt: "Eine Operation nach der andern, seit morgens fünf Uhr - doll, sage ich dir, heute allein wieder sechzehn Abgänge - deiner ist der siebzehnte. Zwanzig werden sicher noch voll -"
      Mir wird schwach, ich kann plötzlich nicht mehr. Ich will nicht mehr schimpfen, es ist sinnlos, ich möchte mich fallen lassen und nie wieder aufstehen.
      Wir sind am Bette Kemmerichs. Er ist tot. Das Gesicht ist noch nass von den Tränen. Die Augen stehen halb offen, sie sind gelb wie alte Hornknöpfe.

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      Avatar
      schrieb am 24.02.01 13:47:31
      Beitrag Nr. 6 ()
      Ich begreife und Du begreifst, Ronny und Du tust gut daran..
      Nur weiter so...da müssen mindestens noch 20 Seiten Remarque
      rein, mein krankes Gehirn hat nämlich schon ne Story in Rohform,
      aber Remarque ist allemal besser, auch ich kenne meine Grenzen..

      ..also weiter..
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 13:53:00
      Beitrag Nr. 7 ()
      Die Sonne scheint in das Büro der Grabdenkmalsfirma Heinrich Kroll & Söhne. Es ist April 1923, und das Geschäft geht gut. Das Frühjahr hat uns nicht im Stich gelassen, wir verkaufen glänzend und werden arm dadruch, aber was können wir machen - der Tod ist unerbittlich und nicht abzuweisen, und menschliche Trauer verlangt nun einmal nach Monumenten in Sandstein, Marmor und, wenn das Schuldgefühl oder die Erbschaft beträchtlich sind, sogar nach dem kostbaren schwazren schwedischen Granit, allseitig poliert. Herbst und Frühjahr sind die besten Jahreszeiten für die Händler mit den Utensilien der Trauer - dann sterben mehr Menschen als im Sommer und im Winter -; im Herbst, weil die Säfte schwinden, und im Frühjahr, weil sie erwachen und den geschwächten Körper verzehren wie ein zu dicker Docht eine zu dünne Kerze. Das wenigstens behauptet unser rührigster Agent, der Totengräber Liebermann vom Stadtfriedhof, und der muß es wissen; er ist achtzig Jahre alt, hat über zehntausend Leichen eingegraben, sich von seiner Provision an Grabdenkmälern ein Haus am Fluß mit einem Garten und einer Forellenzucht gekauft und ist durch seinen Beruf ein abgeklärter Schnapstrinker geworden. Das einzige, was er haßt, ist das Krematiorium der Stadt. Es ist unlatuere Konkurrenz. Wir mögen es auch nicht. An Urnen ist auch nichts zu verdienen.

      Remarque: Der schwarze Obelisk
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 13:55:45
      Beitrag Nr. 8 ()
      Remarque: Der weg zurück

      Der letzte Appell
      Wir stehen zum letzten Male angetreten auf dem Kasernenhof. Ein Teil der Kompanie wohnt in der Umgebung. Er wird entlassen. Der Rest muss sich allein weiter durchschlagen. Der Eisenbahnverkehr ist so unregelmäßig, dass wir nicht mehr geschlossen transportiert werden können. Wir müssen uns trennen.
      Der weite graue Hof ist viel zu groß für uns. Ein fahler Novemberwind, der nach Aufbruch und Sterben riecht, fegt darüber hin. Wir stehen zwischen Kantine und Wache, mehr Platz brauchen wir nicht. Die große, leere Fläche um uns herum weckt trostlose Erinnerungen. Da stehen unsichtbar, viele Reihen tief, die Toten.
      Heel geht die Kompanie entlang. Aber mit ihm geht lautlos der gespenstische Zug seiner Vorgänger. Als nächster, noch blutend aus dem Halse, mit abgerissenem Kinn und traurigen Augen, Bertinck, eineinhalb Jahre Kompanieführer, Lehrer, verheiratet, vier Kinder - neben ihm mit schwarzgrünem Gesicht Möller, neunzehn Jahre alt, gasvergiftet, drei Tage, nachdem er die Kompanie übernahm - als nächster Redecker, Forstassessor, zwei Wochen später durch einen Volltreffer in die Erde gestampft - dann schon blasser, ferner, Büttner, Hauptmann, beim Angriff gefallen durch M.-G.-Schuss ins Herz - und wie Schatten dahinter, fast schon ohne Namen, so weit zurück, die andern - sieben Kompanieführer in zwei Jahren. Und mehr als fünfhundert Mann. Zweiunddreißig stehen auf dem Kasernenhof.

      Heel versucht, ein paar Worte zum Abschied zu sagen. Aber es wird nichts; er muss aufhören. Keine Worte der Welt könnten sich behaupten gegen diesen einsamen, leeren Kasernenhof mit den wenigen Reihen der Übriggeblieben, die stumm und frierend in ihren Mänteln und ihren Stiefeln dastehen und an ihre Kameraden denken.
      Heel geht von einem zum andern und gibt jedem die Hand. Als er zu Max Weil kommt, sagt er mit schmalen Lippen: "Nun beginnt Ihre Zeit, Weil. -"
      "Sie wird weniger blutig sein", antwortet Max ruhig.
      "Und weniger heroisch", gibt Heel zurück.
      "Das ist nicht das Letzte im Leben", sagt Weil.
      "Aber das Beste", erwidert Heel. "Was sonst?"
      Weil zögert einen Augenblick. Dann sagt er: "Etwas, das heute schlecht klingt, Herr Oberleutnant: Güte und Liebe. Auch da gibt es einen Heroismus."
      "Nein", antwortet Heel rasch, als hätte er schon lange darüber nachgedacht, und seine Stirn zuckt, "da gibt es nur Märtyrertum, das ist etwas ganz anderes. Heroismus beginnt da, wo die Vernunft streikt: bei der Geringschätzung des Lebens. Es hat mit Sinnlosigkeit, mit Rausch, mit Riskieren zu tun, damit Sie es wissen. Aber nur wenig mit Zweck. Zweck, das ist Ihre Welt. Warum, wozu, weshalb - wer so fragt, weiß nichts davon. -"
      Er spricht so heftig, als wollte er sich selbst überzeugen. Sein eingefallenes Gesicht arbeitet. Er ist in ein paar Tagen verbittert und um Jahre älter geworden. Aber ebenso rasch hat sich Weil verändert. Er war stets ein unauffälliger Mensch, aus dem allerdings niemand recht klug werden konnte. Jetzt ist er plötzlich hervorgetreten und wird immer bestimmter. Keiner hätte vermutet, dass er so reden kann. Je nervöser Heel wird, desto ruhiger ist Max. Leise und fest sagt er: "Für den Heroismus von wenigen ist das Elend von Millionen zu teuer."
      Heel zuckt die Achseln. "Zu teuer - Zweck - bezahlen - das sind so Ihre Worte. Wollen sehen, wie weit sie damit kommen."
      Weil sieht den Mannschaftsrock an, den Heel noch immer trägt. "Wie weit sind sie mit den Ihrigen gekommen?"
      Heel errötet. "Zu einer Erinnerung", sagt er hart, "wenigstens zu einer Erinnerung an Dinge, die sich nicht für Geld kaufen lassen."
      Weil schweigt eine Zeitlang. "Zu einer Erinnerung -", wiederholt er dann und sieht über den leeren Kasernenhof und unsere kurzen Reihen hin, "ja - und zu einer furchtbaren Verantwortung -"
      Wir verstehen von alledem nicht viel. Wir frieren und halten es für unnötig, zu reden. Durch Reden wird die Welt doch nicht anders.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 17:04:53
      Beitrag Nr. 9 ()
      Ronny, ich komm gerade heim und seh...nein, das sind keine 20 Remarque Postings

      und ich sehe auch Karl, unser Hilfspischiater muckt auf und riechen tue ich auch

      was, ich glaube, da steht wieder ein Jaggery-Thread oben...Kot und erbrochenes...


      ich denke, ich denke......bis dann

      KFM


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