checkAd

    DIE STUNDE DER HYANEN - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 27.02.01 23:36:25 von
    neuester Beitrag 28.02.01 00:50:54 von
    Beiträge: 3
    ID: 348.963
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 356
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 23:36:25
      Beitrag Nr. 1 ()
      DIE STUNDE DER HYANEN

      Im New Yorker Finanzdistrikt werden noch immer Vermögen gemacht - auf Kosten der Kleinanleger, die unter Schock ihre Wunden lecken


      Der Mann, der mich einen beträchtlichen Teil meines Vermögens gekostet hat, heißt Peter. Hübsch, blond, Mitte 40 und blendend gelaunt. Das kommt, weil er gerade für ein paar Millionen Dollar ein Haus gekauft hat, mitten in Manhattan. Irgendwie auch mit meinem Geld. Was ich verloren habe, ist auf Peters Konto gelandet. Wie heißt die alte Börsenregel? Dein Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer. Der sitzt jetzt hier in seiner neuen Immobilie. Das Haus ist eindrucksvoll: mehrere Stockwerke, Baujahr um die Jahrhundertwende, großes Wohnzimmer. "Das Treppenhaus muss noch renoviert werden", sagt Peter entschuldigend.



      Peter ist "Shortseller" in New York. Während viele Groß- und Kleinanleger sich mit 50 Prozent oder mehr Minus im Depot die Wunden lecken, haben Shortseller im Katastrophenjahr 2000 Tonnen von Dollars eingefahren. "Kurz vor Weihnachten habe ich üppig eingekauft, während die anderen armen Schweine um die Grabbeltische für 9,99 Dollar rumgeschlichen sind", sagt Peter mit unangenehmer Zufriedenheit. Man versteht, warum Shortseller inbrünstig gehasst werden an der Wall Street.

      Shortseller (Leerverkäufer) sind Aktienhändler, die auf fallende Kurse setzen. Damit sind sie die natürlichen Feinde jedes anständigen Anlegers, der steigende Kurse sehen will. Shortseller schnüffeln den künftigen Verlierern nach. Es sind wenige, vielleicht 40 Leerverkäufer, die wirklich Einfluss haben an der Börse. Eine einsame Gruppe von Hyänen, die durch den Wall-Street-Dschungel schnürt und faules Aas aufspürt. Shortseller stellen Betrügern nach, Bilanzfälschern oder Firmen, deren Aktien verdächtig hoch bewertet sind, wie so viele Technologieunternehmen. Zum Beispiel Intershop: Rechtzeitig vor der Gewinnwarnung Anfang Januar hatte Peter die Aktie geshortet. Der Kurs sank in 24 Stunden um gut 70 Prozent. Peter kaufte die Aktie für vier Dollar zurück - und strich in ein paar Tagen 300 Prozent Gewinn ein. Eigentlich, sagt Peter, "machen wir den Job, zu dem Analysten zu faul sind. Wir recherchieren knallhart, bis hin zur Mülltonne und Putzfrau. Bevor ich Geld hinlege, weiß ich alles über das Unternehmen, auch die Affären des Chefs. Wenn eine Firma stinkt, dann killen wir sie. Erst abkassieren, dann aufdecken." Natürlich will Peter sich nicht fotografieren lassen. Shortseller wühlen lieber im Geheimen.

      Zumal das Geschäft härter geworden ist. Seit die US-Technologiebörse Nasdaq im vergangenen Jahr um knapp 40 Prozent abgestürzt ist, hängen keine Trauben von Menschen mehr vor den Börsentafeln am New Yorker Times Square. Der Schock sitzt tief, alle fühlen sich, als wären sie nach einer verhängnisvollen Affäre von einer teuren Geliebten ausgenommen worden. Selbst die Analysten sind ratlos und enttäuscht. "Früher", sagt einer, "konnte man den ,Playboy` vor lauter Börsenmagazinen überhaupt nicht mehr finden. Jetzt liegt er wieder obenauf." Ein untrügliches Zeichen für die libidinöse Verlagerung von Aktivitäten.

      Dabei, sagt der n-tv-Börsenjournalist Markus Koch, "ist doch nichts weiter passiert, als dass Aktien, die sehr hoch gegangen sind, wieder sehr runtergegangen sind". Das ist zwar eine Binse, aber eine, deren tiefe Weisheit man nie vergessen sollte. Der 29-jährige Deutsche passt perfekt in den American Way of Life. Er ist jung, schnell im Kopf, charmant und beseelt von jenem naiven Optimismus, den man in Amerika zum Überleben braucht. Was immer ihm in seinem Leben an Kränkungen, Niederlagen, Schulden, Schikanen widerfahren ist - Koch münzt es dankbar und ohne Bitterkeit um in notwendige Stolpersteine auf dem Weg nach oben.

      Als junger Broker der renommierten Investmentfirma Bear Stearns inhalierte er die Leitkultur des Traditionshauses an der Park Avenue: "Wenn sich ein Studierter bei uns bewirbt, werden wir ihm das nicht vorhalten. Aber was wir wirklich suchen, sind AKWs - arm, klug, mit dem Willen, reich zu werden." Eine Philosophie, maßgeschneidert für den jungen Deutschen, der 1992 nach New York kam, arm, klug und mit dem Willen, reich zu werden. 1994 machte Koch sich selbstständig, als Journalist, nicht als Broker. Aus dem hibbeligen Buben, der im April 1996 sein Kameradebüt auf dem Nachrichtenkanal n-tv gab, live von der Wall Street, ist längst ein kenntnisreicher Börsenjournalist mit großer Fangemeinde geworden.

      Das Zentrum der Weltwirtschaft, da, wo das große Geld verdient und vernichtet wird, besteht aus dunklen Straßenschluchten. Ein scharfer Wind pfeift im Winter ungemütlich durch die Gassen. Auf zugigen Treppen stehen bibbernd tapfere Männer und Frauen - Raucher in der Mittagspause. Der Börsensaal der New York Stock Exchange vibriert von Stimmen, Schreien, Schritten. Männer in Anzug und Krawatte schlingen im Stehen Pizzas, Hotdogs, Hamburger runter, den Blick fest auf die Kurstafeln geheftet. Kaum einer wagt sich tagsüber zu einer gemütlichen Sitzung auf die Toilette - allesamt Kandidaten für Magengeschwüre, Nierenversagen, Darmverschluss. Im oberen Stockwerk befindet sich eine Klinik nur für Börsianer. Im vergangenen Jahr hat man einen 35-Jährigen vom Parkett ins Hospital getragen. Herzinfarkt. Exitus.

      BRAUCHT MAN GUTE NERVEN fürs Parkett? "Nein, gute Schuhe", schreit Ted Weissberg und flitzt durch die flimmernde Monitorenlandschaft. Weissberg, geschieden, zwei erwachsene Kinder, ist 60 Jahre alt. "Der wahre Schlüssel zum Erfolg ist die Fähigkeit, Emotionen fern zu halten. Die Leute hier sind gebeutelt von Euphorie, Depression, Angst, Gier. Aktien sind eine libidinöse Angelegenheit."

      "Hören Sie nicht auf Analysten. Ich kenne keinen, der wirklich reich geworden ist", sagt John Slade. Es gibt wohl keinen in New York, der so viel Erfahrung hat wie "der Liebling der Wall Street" ("New York Times"). Der Mann ist 92 Jahre alt, und man braucht nicht zu grübeln, was ihn fit hält: das Vergnügen an der Arbeit. Bis heute sitzt Slade täglich in seinem Büro bei Bear Stearns an der Park Avenue. Der Mann, der 1936 als Laufbursche anfing, ist längst Mitinhaber des Investmenthauses. Geboren wurde Slade 1908 als Hans Schlesinger in Frankfurt am Main. Als der talentierte - aber jüdische - Hockeyspieler 1936 nicht an der Berliner Olympiade teilnehmen durfte, flüchtete er nach New York. "Gehen Sie bloß nicht an die Wall Street. Da ist keine Zukunft", riet man ihm. Er hat sich nicht daran gehalten. Als Aktionär hält sich Slade eher an die Klassiker: IBM, General Electric. Internet-Dotcoms? "Der Sturm und die Pleiten sind noch nicht vorbei. Abwarten. Und keine Auto-Aktien kaufen. Die Gewinne sinken. Und nie auf Pump kaufen. Und überhaupt: Immer selber denken."

      Ein Satz von ewiger Gültigkeit - und am schwersten einzuhalten. Was, wenn selbst Giganten wie Daimler-Chrysler oder Telekom Anleger in die Pleite treiben? Im 49. Stock am Pennsylvania Plaza, mit weitem Blick über die Stadt, sitzt ein Mann, der Hilfe verspricht: Rechtsanwalt Melvyn Weiss, 65. Seine Kanzlei gehört zu den größten in den USA. Er unterstützte Hillary Clinton im Wahlkampf und verklagte Schweizer Banken und deutsche Unternehmen auf Entschädigung für NS-Opfer. Zeitungen nennen ihn den Unternehmerschreck und größten Feind der Wall Street.

      "Unsinn", brummt Zigarrenraucher Weiss mit tiefer Lee-Marvin-Stimme. "Ich bin ein Kapitalist wie alle anderen auch." Allerdings einer mit Herz für Kleinanleger. Vergangenen Dezember verklagte seine Kanzlei die Telekom auf Schadensersatz. Der Vorwurf: Der Konzern habe die Aktionäre nicht rechtzeitig über den Kauf des US-Mobilfunkanbieters Voicestream informiert und Gewinnerwartungen geschönt. Die Folge: Kursverfall. Pech? Risiko? "Risiko ist Kapitalismus immer. Betrug ist es, wenn Anleger nicht korrekt informiert werden. Der normale Aktionär ist ein einsames Opfer ohne Insiderkenntnisse. Da muss Wall Street ehrlich sein." Irgendwie tröstlich zu wissen, dass auch Verlierer eine Lobby haben.

      Aktien sind eine libidinöse Angelegenheit: Euphorie, Depression, Angst beuteln die Leute

      Quelle: STE

      mfg

      P.A.N.
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 23:47:57
      Beitrag Nr. 2 ()
      @P.A.N.
      Du könntest den Zigarrenraucher Weiss mit seinem weichen Herz für Kleinanleger(Großverlierer) mal bei mir vorbeischicken.
      Avatar
      schrieb am 28.02.01 00:50:54
      Beitrag Nr. 3 ()
      moin,
      mal ehrlich und objektiv, würden die möglichkeiten besser und die art des handelns bekannter sein, würde jeder zweite germantrader in einem bärenmarkt short gehen!
      die sucht, die gier, der kick und die ultimative befriedigung ist bedeutend größer als in einer hausfrauenhausse! akribisch würden die user die unternehmen nach fehlern, insiderverkäufen usw. durchleuchten, aufspüren und verbreiten. überlegt euch mal was das für unternehmen/banken/analysten am neuen markt bedeuten würde???
      aus angst vor einer shortsqeeze die schmerzhafter ausfallen kann als jede gewinnwarnung, würde sich jeder selbstständig ein bild vom akt. weltwirtschaftsgeschehen machen und nicht völlig "naiv" durch die welt rennen und schreien, ach die verfluchten shortys, der böse alan g. usw.
      mfg mr007


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      DIE STUNDE DER HYANEN