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    umwelt: wie könnte es weitergehen - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 30.03.01 23:28:05 von
    neuester Beitrag 25.03.05 21:00:36 von
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      schrieb am 30.03.01 23:28:05
      Beitrag Nr. 1 ()
      die globale vernetzung und die beschleunigung aller prozesse durch das internet beschert uns anlegern übertreibungen nach oben wie nach unten. die `vorpanikstimmung` in den tagen, bevor die nasdaq unter 2000 p. fiel und kurz darauf der dow abstürzte, ergab sich aus der erwartung eines crashs beim fall unter diese marken, der in dieser form aber nicht eintrat. die erklärung dafür, dass wir wahrscheinlich keinen mehr sehen, fand ich gestern im board. marktbeobachter in den u.s.a. sind angeblich der meinung, dass es mehrtägige panikverkäufe nicht mehr so leicht geben wird, weil inzwischen die institutionellen automatisch aktien zu bestimmten buy-kursen mit ihren computerprogrammen wegkaufen. auf diese weise werde der abwärtstrend immer wieder gestoppt.

      bestimmt die börse die wirtschaft oder umgekehrt? wenn die börse der wirtschaft vorausläuft, müsste doch die börse die wirtschaft bestimmen, oder? wenn ich ulrich becks these aufgreife, wonach künftig die ökonomie die politik bestimmen wird (und nicht mehr umgekehrt die politik die wirtschaft), dann wäre ja der turbo-kapitalismus die neue weltregierung. bekommt edward luttwak recht damit, dass `die beschleunigung des prozesses der kreativen zerstörung... das neue am marktwirtschaftlichen kapitalismus von heute` ist? die ökonomie ist z. zt. in der tat selbstzerstörerisch. aber man kann diese gedankenkette auch positiv fortsetzen. wie also könnte man der falle entkommen, die sich durch die globale vernetzung von wirtschaft, politik, umwelt und medien auftut?

      das ziel müsste ein nachhaltiges wirtschaften sein. dies wäre möglich, wenn ökonomie und ökologie zusammenwachsen. die weltwirtschaft ist abhängig vom ökosystem und den noch verfügbaren ressourcen. wenn die lobbyisten in politik und wirtschaft dies erkannt haben, müssten sie den alten konflikt zwischen wirtschaft und ökologie beilegen. ebenso, wie old and new economy allmählich zusammenwachsen, wäre dies (optimalerweise) der nächste schritt.

      erste ansätze gibt es. so werden z.b. von shell technologien für die wasserstoffproduktion getestet. daimler arbeitet an der brennstoffzellentechnik. die wäre z.b. eine lösung für china. man stelle sich einmal vor, in china würde jeder haushalt ein auto besitzen. das ergäbe einen durchschnittsverbrauch von 80 mio. barrel öl pro tag. weltweit werden aber nur täglich 72 mio. produziert. die westlichen modelle der industrialisierung taugen also nicht für die zumeist bevölkerungsreichen entwicklungsländer, da müssen neue lösungen her.

      wenn die mehrzahl der menschen erkennt, dass lebensqualität nicht ständig wachsender konsum, sondern die erhaltung der gewohnten standards bedeutet, dann wird man auch im bereich umwelt mehr investieren wollen - und könnte damit politik machen. aber das ist noch zukunftsmusik.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 04.05.01 21:11:09
      Beitrag Nr. 2 ()
      leider habe ich gar keine zeit für diesen thread, der ganz spontan entstand, weil mich der themenkreis umwelt und zukunftstechnologien besonders interessiert und wir in einer anderen diskussion auf dieses thema kamen. ich dachte, vielleicht finden sich im `grünen forum` noch andere leute, die sich gern damit beschäftigen. andererseits erscheint er hier ein wenig kurios, weil es vorwiegend (aber nicht nur!) um old-economy-unternehmen geht. ich möchte ihn hauptsächlich nutzen, um eine kleine materialsammlung anzulegen zum thema ÖKOLOGISCHE ÖKOLOGIE/SUSTAINABILITY. natürlich sind meinungen trotzdem sehr willkommen!:)

      ich fasse meinen gedankengang noch einmal etwas konkreter zusammen:
      die börse bestimmt die wirtschaft und der turbokapitalismus könnte eine neue `supermacht` werden. vorausgesetzt, dass internet und globalisierung keinen zerstörerischen, sondern einen positiven einfluss auf die wirtschaft haben, könnte durch ein umdenken von konsumenten und aktionären eine neue kraft entstehen, die das zusammenwachsen von ökologie und ökonomie fördert. dies wäre möglich, indem firmen, die sich um nachhaltiges wirtschaften im sinne der gesellschaft und ihrer umwelt bemühen und vorausschauend an innovativen problemlösungen für die zukunft arbeiten, der rücken gestärkt wird. wer kennt unternehmen, bei denen sich unter diesem aspekt erste ansätze zeigen?

      im folgenden ein, wie ich finde, interessanter artikel dazu. da er sehr lang ist, ein hinweis zur orientierung: im ersten teil geht es um die kondratieff-theorie, der zweite befasst sich mit dem thema ökologische ökonomie, im dritten geht es um unternehmen, die in diesem zusammenhang auffallen.


      Das Geheimnis der sechsten Superwirtschaft

      Was bringt die globale Suche nach der Basisinnovation für die nächste lange Welle?

      Die Theorie der langen Wellen

      Der Ökonom Nikolai D. Kondratieff beschäftigte sich Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts im nachrevolutionären Russland, angeregt von den wirtschaftlichen Problemstellungen, mit denen sich England, Frankreich, Deutschland und die USA nach dem ersten Weltkrieg konfrontiert sahen, ausgiebig mit volkswirtschaftlichen Statistiken dieser Länder. In seinen Arbeiten entdeckte der 1892 geborene Kondratieff einen seit der Industrialisierung im 18. Jahrhundert gültigen wirtschaftlichen Basiszusammenhang:

      Die Konjunktur entwickelte sich seit der Industrialisierung, deren Beginn Kondratieff auf die späten 1780er Jahre datierte, in, wie er sie später nannte, "langen Wellen". Eine lange Welle zeichnete sich dabei durch ein Bündel von Basisinnovationen aus, die die gesellschaftlichen Strukturen und die Produktivkräfte revolutionär verändern und dadurch eine Phase des massiven wirtschaftlichen Aufschwungs einleiten. Nach etwa 20 bis 30 Jahren erreicht dieser Aufschwung dann sein Ende und es beginnt eine ungefähr ebenso lange Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs, bis dann eine neue ungefähr 50 Jahre andauernde Welle durch eine Basisinnovation ins Leben gerufen wird.

      Kondratieff entdeckte zwei abgeschlossene lange Wellen und identifizierte die bis zu seinem Tod im Jahr 1938 aktive dritte lange Welle. Zwei weitere Wellen wurden von Ökonomen bis heute mehrheitlich anerkannt und aufgrund der Verdienste Kondratieffs wie die ersten drei Wellen ebenfalls Kondratieffzyklen genannt:

      Zyklus__Zeitraum__Basisinnovation__ Neue Wirtschaftszweige

      1. Kondratieff__1790-1845__Dampfmaschine__Industrialisierung
      2. Kondratieff__1845–1895__Eisenbahn__Transport, Stahlerzeugung
      3. Kondratieff__1895-1940__Stromerzeugung__Chemie, Elektrik
      4. Kondratieff__1940–1980__Petrochemie__Flugverkehr, Automobil
      5. Kondratieff__1980-20??__Computer, Internet__Informationstechnologie


      Leo Nefiodow: "Der sechste Kondratieff"

      Im Jahr 1999 griff der russische Informationstechnologieexperte Leo A. Nefiodow in seinem Buch "Der sechste Kondratieff" die Theorien des russischen Ökonomen, der 1938 wegen seines liberalen Wirtschaftsdenkens vom Stalin-Regime hingerichtet wurde, wieder auf und sorgte weltweit mit seinen Thesen für Aufregung.

      Nefiodow stellte in seinem Buch die Behauptung auf, dass die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsimpulse der Informationstechnologie ausgereizt seien und forderte die auf, die Zukunft mitgestalten wollten, neue Herausforderungen anzunehmen. Nefiodow stellt in seinem Buch vier Wirtschaftszweige vor, die im sechsten Kondratieffzyklus die neue potentielle Superwirtschaft stellen könnten. Diese Zweige sind seiner Ansicht nach Umwelttechnologie, Biotechnologie, neue optische Technologien, sowie das Gesundheitssystem. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Nefiodow einerseits einen sehr günstigen Publikationszeitpunkt für sein Werk gefunden hatte, denn nur wenige Monate nachdem sein Buch erschien bekam das Gebilde New Economy auch schon Risse. Nefiodow geht davon aus, dass der sechste Kondratieff in 20 bis 30 Jahren seine volle Entfaltung findet. Interessant ist hierbei, dass sich damit eine deutliche Verkürzung des fünften Kondratieff auf maximal 30 Jahre Gesamtdauer bis etwa 2010 einstellen müsste. Dies ist ein weltweit unter den Ökonomen zur Zeit heiß diskutiertes Phänomen, das den sechsten Kondratieff unter einigen Zukunftsforschern und Wirtschaftsexperten zum Mysterium macht.

      Nefiodow, der die Grundlage für diese Diskussion legte, arbeitet seit 1974 im Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) Forschungszentrum Informationstechnik in St. Augustin bei Bonn und referierte im vergangenen Jahr zum Thema "Sustainabiliy" unter anderem in Wien für das Österreichische Institut für nachhaltige Entwicklung (OIN) und das Austrian Business Council for Sustainable Development (ABCSD). Nefiodow erklärte hier, dass die Nachfrage für die Produkte aus einem Konflikt zwischen den negativen Nebeneffekten anderer Wirtschaftsbranchen und den Grundbedürfnissen der Bevölkerung entstehen werde.


      Ökologische Ökonomie

      Ein Land würde sich dann im internationalen Wettbewerb behaupten, wenn es den vom neuen technologischen Stil gebotenen Wandel nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch bei den zugehörigen wirtschaftlichen Institutionen betreibe. Franz Josef Rademacher, Leiter des Instituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung in Ulm und Experte in Fragen zur Informatik, Robotik und Umwelttechnik, erklärte hierzu in einem weiteren Referat den beiden oben genannten Institutionen gegenüber, dass der sechste Kondratieff daher auf den "European Way" aufbauen werde. Die drei Kernthemen der Umwelttechnik würden zunächst Wasseraufbereitung, Reduktion der CO2-Emissionen und intelligentes Abfallmanagement sein. Das Investitionsprinzip für Aktionäre heißt daher nach Ansicht vieler Fondsmanager künftig "Sustainability", was zu deutsch "Nachhaltigkeit" bedeutet. Darunter versteht man erfolgreiches Wirtschaften bei gleichzeitiger Schaffung ökologischer und sozialer Mehrwerte. Es versteht sich, dass nach Definition auch Firmen "sustainable" sein können, die nicht direkt im Umweltbusiness tätig sind. Eine Arbeitsgruppe, die von Dow Jones und der Schweizer SAM Sustainability Group zusammengesetzt wurde, erstellt so regelmäßig eine umfangreiche Liste der internationalen Großkonzerne, die sie für "sustainable" hält. Aus Deutschland sind hier zum Beispiel VW, adidas-Salomon oder Bayer dabei.


      Deutschland: Überlegener Weltmarktführer

      Mit besonders guten Karten geht Deutschland in das Rennen um die Weltmarktherrschaft in einer von der Umwelt bestimmten Wirtschaft. In vielen Bereichen der Umwelttechnologie sind deutsche Konzerne weltmarktführend oder hat Deutschland gar den größten Weltmarktanteil. Ein häufig angeführtes Feld ist hierbei die Windkrafterzeugung: Nach Angaben der Deutschen Shell betrug die installierte Windleistung in Deutschland im Juli 2000 rund 5.000 MW, was dem doppelten Wert des Weltmarktzweiten USA entspricht.

      Aktuell wird mehr als die Hälfte des weltweiten Energieverbrauchs durch Erdöl und –gas gedeckt. Bis 2020 soll dies nach Angaben der Deutschen Shell auch so bleiben, dann aber würde diese Energieform einen massiven Bedeutungsverlust durchmachen müssen. Prof. Dr. Vahrenholt, der im Auftrag von Shell eine Studie anfertigte, erklärt, dass jährlich weltweit so viel fossile Energie verbrannt wird, wie in jeweils 500.000 Jahren entsteht. Der Niedergang der fossilen Brennstoffe sei somit keine Vorhersage, sondern eine Tatsache. Die Kernkraft hingegen soll ihren jetzigen Anteil an der Weltstromversorgung von knapp über 10 % in den nächsten 50 Jahren minimal ausbauen können. Traditionelle Biomasse und Kohle werden weiterhin sehr stark an Anteilen abgeben müssen. Bis 2050 sollten 50 % der Weltenergieversorgung durch die erneuerbaren Energien gedeckt werden. Aktuell sind es selbst bei Weltmarktführer Deutschland nur 6 %. Angesichts dessen, dass sich schon bis 2020 der Weltenergiebedarf, vor allem getrieben durch China, verdoppelt haben dürfte, steht der umweltschonenden Energiegewinnung offensichtlich eine sehr rosige Zukunft bevor. Allerdings sollten sich Anleger von der Vorstellung lösen, dass allein Spezialisten wie Umweltkontor und Plambeck das Rennen in diesem Markt machen werden. Denn auch der Ölriese Royal Dutch, die deutschen Versorger E.ON und RWE und vor allem Frankreichs Multi Suez Lyonnaise des Eaux haben die Zeichen der Zeit erkannt und durch Zukäufe und Milliardeninvestitionen die Weichen auf Zukunft gestellt. Gerade die Franzosen, die bei vielen Analysten in den vergangenen Wochen mit unternehmensinternem Chaos für Stirnrunzeln sorgten, sind auch noch in einem zweiten interessanten Öko-Markt präsent: Sie fokussieren nämlich das Thema "Wasser".


      Suez Lyonnaise des Eaux S.A.:
      Französischer Versorgungsgigant vor Trendwende

      Der französische Versorger entstand 1997 aus der Fusion von Suez und Lyonnaise des Eaux und stieg zu einem der größten Konglomerate der Welt auf. Hinter Vivendi ist man mittlerweile die weltweite Nummer Zwei unter den Wasserversorgern und in Europa ist man der fünfgrößte Energielieferant. Der Mischkonzern ist zudem in der Abfallentsorgung national und international an Spitzenplätzen zu finden.

      Im vergangenen Jahr setzte Suez 34,6 Mrd. Euro um und verdiente dabei 1,92 Mrd. Euro oder 10,03 Euro je Aktie. Mit einem KGV für das Jahr 2000 von knapp unter 17 ist man damit deutlich billiger als die Peer Group der europäischen Versorger. So notiert die Aktie der RWE AG bei rund dem 20fachen ihres 2000er Gewinns, während E.ON gar etwa das 25fache seines 2000er Gewinns wert ist. Allerdings schaffen es die beiden deutschen Versorger ihre Strategie den Analysten besser zu verkaufen, als dies die Franzosen zur Zeit tun.

      So fiel die Aktie von Suez im März auf ein 52Wochen-Tief als das Unternehmen durch mehrere "Schachzüge" auffiel, die für Ausstehende nicht nachzuvollziehen waren. Die Franzosen, die auch in den Telekommunikationsbereich vordringen wollten, zogen ihre UMTS-Bewerbungen für Belgien und Frankreich zurück. Dafür wollte man nun plötzlich die französische Air Liquide, den zahlungsunfähigen Weltmarktführer im Bereich Industriegase, übernehmen, um so die Gesamtversorgung von Industrieunternehmen aus einer Hand bieten zu können. Mittlerweile hat sich der Aktienkurs von 155 Euro wieder auf 168 Euro erholen können. In den kommenden drei Jahren hat die Konzernführung sich dazu verpflichtet, jährlich um mindestens 10 % bei Umsatz und Gewinn zu wachsen. Im letzten Jahr war der Konzern bereinigt um zahlreiche Neukonsolidierungen um 12 % beim Umsatz gewachsen. Für Suez spricht eine nach gescheiterter Air Liquide-Übernahme und zurückgezogenen Telekommunikationsplänen, wohl sehr volle Kriegskasse und der im vergangenen Jahr sehr gut gelungene Einstieg in das US-Wassergeschäft. Eine Dividende von 3,3 Euro je Aktie für das vergangene Geschäftsjahr ist ein weiterer Kaufanreiz. Hält der Konzern seine eigenen Mindestvorgaben ein, so werden im laufenden Jahr mehr als 11 Euro je Aktie verdient, was den Titel langfristig sehr interessant macht.

      Diesen Sonntag hat in Bukarest eine Umweltkonferenz begonnen, an der 16 zentral- und osteuropäische Länder teilnehmen. Ganz oben auf der Tagesplanung stehen die Beseitigung von im Kosovo-Krieg entstandenen Umweltschäden und die Instandsetzung stark verseuchter Donauabschnitte. Umweltthemen sind nicht nur in Deutschland auf der politischen Tagesordnung, sondern erhalten international wachsende Bedeutung. Davon werden einige NEMAX-Mitglieder, von denen Ihnen meine Redaktionskollegin Petra Sieck die interessantesten bald vorstellen wird, ebenso profitieren wie der mittlerweile schon im MDAX enthaltene Technologieführer für Wasseraufbereitung Wedeco und große internationale Versorger.

      Doch der Markt ist stark zersplittert: Die Weltbank geht für 2000 von einem Weltmarktvolumen von 800 Mrd. USD aus. Die drei größten Player in diesem Markt, die allesamt aus Frankreich kommen, erlösten aber im vergangenen Jahr zusammen mit ihren Wassersparten nicht einmal 20 Mrd. USD. Auf Platz vier der Weltrangliste findet sich aktuell übrigens RWE. Der Versorger hatte Anfang des Jahres den Einstieg in dieses Geschäft durch die Übernahme der britischen Thames Water geschafft. Mittlerweile gibt es weitere Gerüchte, dass E.ON die Übernahme der weltweiten Nummer drei, nämlich der französischen Sour, die zum Konzern Bouygues gehört, plane. Dies scheint nicht unwahrscheinlich, zumal E.ON ja einst großes Interesse an Suez Lyonaisse des Eaux hatte und selbst nach der Powergen-Akquisition laut Konzernführung noch rund 40 Mrd. Euro für Übernahmen zur Verfügung hat. Versorger sind also längst nicht so langweilig, wie man meinen könnte.

      Von David Khalil, FinanzNachrichten.de-Redaktion

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 04.05.01 22:47:14
      Beitrag Nr. 3 ()
      korrektur: natürlich muss es heissen: zum thema `ökologische ökonomie` (statt ökologie). mir ist das ding beim versenden dreimal wegen server-problemen abgestürzt, da habe ich den fehler irgendwann überlesen. im moment interessieren uns andere dinge (ich z.b. bin überwiegend in fiberoptic-werten investiert), aber irgendwann hole ich den thread mal wieder hoch, wenn ich was neues zum thema finde. auf gute kurse:) - good trades
      grüsse cabinda
      Avatar
      schrieb am 06.05.01 20:03:40
      Beitrag Nr. 4 ()
      eigentlich ist dieses thema zu umfangreich für einen thread und man müßte persönlich darüber reden.

      eins will ich doch anmerken.
      da alles, also wirtschaft und politik vom geld gesteuert wird ist nach meiner meinung nicht zu erwarten, dass irgendwann in absehbarer zeit nachhaltig zum vorteil für die umwelt gewirtschaftet wird. also nicht im großen stil.
      warum nicht? die globalplayer sind börsennotiert und von dividende und gewinn abhängig. um erfolgreich zu sein müßen sie im wettbewerb bestehen. was tun sie also? sie beuten die gebiete der welt aus, die arm und empfänglich für ihr geschäft sind. zb. die tigerstaaten. dort wird auf biegen und brechen produziert und wenig nachhaltigkeit (auch im umgang mit den menschen)bewiesen. ist der letzte asiate dann zu teuer werden wahrscheinlich, die dann billigeren afrikaner zu zweifelhaften wirtschaftlichen erfolgen kommen. osteuropa nicht zu vergessen, denn wenn die russen ihre krimminalität und korruption in den griff bekommen sind auch sie von großem interesse für die geldvermehrer. doch noch sind die sicherheitsmaßnahmen und schutzgelder zu hoch für groß angelegte investitionen. außerdem ist der russische staat zu teuer.
      da macht sich ein, von einem diktator geführtes land besser. wie zb. Indonesien
      die geldmacher stellen der politik und der wirtschaft die mittel zur verfügung und bestimmen das geschäft.
      was schell, siemens, db oder GE machen im bereich nachhaltiges wirtschaften ist ein bischen mehr als alibi. für uns als denkenden konsumenten in der alten welt und in den reichen ländern. doch erfolge für die umwelt hir, wiegen die umweltschäden zb. in china, brasilien, südkorea oder den tigerstaaten nicht auf.
      g. bush ist im moment das beste beispiel mit seiner blokade der klimakonferenz und der beibehaltung der ungebremsten klimakatastrophe.
      sein auftreten im namen der größten geldmacht der welt zeigt doch deutlich wo und was die waren interessen sind und wer diese hat.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 08.05.01 21:10:46
      Beitrag Nr. 5 ()
      hallo haispeed,

      vielen dank für deinen beitrag. du hast recht, das thema ist etwas gross geraten - bin ich da schon in die `globalisierungsfalle` gelaufen?? alles ist mit allem vernetzt, und die welt wird halt immer komplexer... also, schwerpunkt soll schon die zukunft der umwelt bleiben, nur unter besonderer berücksichtigung von internet und globalisierung (ergeben sich daraus mehr chancen oder mehr gefahren?) und dem erforderlichen umdenken.

      dazu ein kleiner text von günter heismann aus seinem buch: `die entfesselte ökonomie`:

      `die wirtschaftsgeschichte belegt, dass bislang in fast jeder krise neue kräfte mobilisiert wurden und ein entwicklungssprung erfolgte, mit dem wir uns aus bedrohlicher situation befreit haben. mit jedem befreiungsschlag aber wurden zugleich hemmungen beseitigt und fesseln durchtrennt, durch welche die ökonomie einst fest in die gesellschaft eingebunden war. diese `befreiung` scheint sich im zeitalter der sogenannten globalisierung nun gegen uns zu wenden.

      es gilt deshalb, daran zu erinnern, dass die grundlagen einer nachhaltig erfolgreichen marktwirtschaft weit mehr umfassen als das, was man gemeinhin die `gesetze des marktes` nennt.``

      heismann ist wirtschaftsjournalist und hat philosophie, soziologie und volkswirtschaft studiert. ein bisschen philosophisch gehe ich das thema ja auch an, denn was den status quo betrifft, muss ich dir in allen punkten recht geben. es geht mir um das, was in etwas fernerer zukunft möglich sein könnte und welche wege dorthin sich zeigen. ich stimme dir gerne zu, dass das meiste, was die global player bisher im bereich nachhaltiges wirtschaften betreiben, nur wenig mehr als ein alibi ist. siehst du das aber auch so, wenn shell in gelsenkirchen 1999 die m.w. grösste solarzellenfabrik der welt errichtet hat (zusammen mit der britischen pilkington)? ich denke, dass hier schon fundamentales und nicht nur vorgeschobenes interesse an ökologie eine rolle spielt, denn was macht ein ölkonzern, wenn es eines tages kein öl mehr gibt. diese art druck dürften auf längere sicht auch andere unternehmen verspüren.

      vergrössert das internet die schere zwischen arm und reich? zur zeit ist die gefahr gross, denn die drahtzieher aus politik und wirtschaft sind noch vom konservativen profitdenken beherrscht und schauen nicht über den tellerrand. wie du schon beschreibst: drittweltländer werden ausgebeutet, der mensch ebenso wie die dortige natur. immer neue billige standorte werden erschlossen. zitat eines users: `die liquiden konzerne finden ein selbstbedienungsrestaurant vor: aufs tablett wird gelegt, was gut und günstig ist.` ich versuche trotzdem mal den ansatz eines positiven szenarios: zunächst einmal werden dort arbeitsplätze geschaffen (während die arbeitslosigkeit im land des firmensitzes steigt). das ermöglicht doch, dass die konjunktur angekurbelt wird und dadurch vielleicht weitere arbeitsplätze geschaffen werden, die von den ausländischen arbeitgebern unabhängig sind. durch die vernetzung mit dem restlichen welthandel und verbesserte logistik könnte man sich in den schwellen- und drittweltländern sinkende transportkosten vorstellen.

      aber vielleicht ist es eben doch illusorisch und das tellerrandprofitdenken hört nie auf.

      ein grosses problem dürfte noch auf uns zukommen, wenn die industrialisierung der schwellen- und entwicklungsländer tatsächlich voranschreitet. man stelle sich vor, welche mengen an energie dann dort benötigt würden! es gibt dazu ein projekt, das sich mit solarstrom aus der wüste beschäftigt. aber dazu vielleicht ein anderes mal mehr.

      grüsse
      cabinda

      p.s. danke für die mail, ich hoffe, meine ist auch angekommen.

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      Avatar
      schrieb am 08.05.01 23:05:35
      Beitrag Nr. 6 ()
      @cabinda

      das mir der "globalisierungsfalle" hast du schnell ausgemacht. war auch klar, denn wenn man so ein thema beschreibt kommt man um das buch nicht rum. wenn ich ehrlich bin sehe ich den größten teil des dort beschriebenen eben genau so.

      die gefahren die aber gerade in der vernetzung der welt durch leichteren zugang, egal ob über logistik oder internet oder via fernsehen, der menschen zu informationen und waren entstehen, sind enorm. die zeit der technischen umsetzung und markteroberung von neuen technologien oder auch medien ist so kurz geworden, das nicht genug zeit bleibt wirklich darüber nachzudenken ob alles was neu ist auch gut ist.

      was der welt im augenblick wohl am meisten fehlt sind nicht hochbegabte genies aus forschung und entwicklung sondern philosophen und vordenker, die die menschen darüber aufklären welche auswirkungen ihr jetziges handeln in der zukunft hat. auf die umwelt genau so wie zb. auf die physis und die psyche der menschheit, auf die glaubenskluften, die ökonomischen veränderungen und den verfall des geistigen anspruchs jedes einzelnen in seiner umgebung.
      ein einfacher satz auf der geburtstagsfeier eines freundes hat mich zum beispiel nachdenklich gemacht. seine oma (86) hat gesagt: "das gibts doch garnicht, jetzt macht son typ schon im weltall urlaub für so viel geld, als ob die menschheit nicht schon genug sorgen hat" einfach so ausgesprochen von einer alten frau die die welt nicht mehr versteht. das ist bedenklich. denn nicht nur das der im weltall urlaub macht ist ihr problem, nein sie kann den fernseher nur mit handgeschriebener anweisung einschalten, der herd mit den ganzen zahlen und auch die microwelle sind schwer zu bedienen und und und. obwohl sie noch agil ist kommt sie heute in der welt nicht mehr richtig zurecht. tja!

      ach und über die energienöte der zukunft mach ich mir eigentlich keine großen sorgen. wir können nur hoffen, daß nicht alle atomkraftwerke abgebaut werden, denn in den alten atomwaffen steckt soviel energie, daß sie uns umbringen wird, wenn wir keinen weg finden sie zurück zu gewinnen. waffenfähiges uran und plutonium in unmegen steht da zur verfügung und wir haben jetzt das know how um dieses material kraftwerksfähig zu machen. wo sollen wir sonst mit dem atomschrott hin? ins weltall schießen? in ein parr jahren werden die russischen trägerwaffen (vor allem schiffe und uboote) mangels geld durchgerostet sein und dann? da kommen umweltschützer noch in eine mißliche situation, wenn sie erkennen müßen, das sie atomkraft dulden müßen, da sich die menschheit sonst mit dem schrot selbst zum mond schießt.
      Avatar
      schrieb am 08.05.01 23:18:05
      Beitrag Nr. 7 ()
      ich teil das mal auf zwei antworten, damit der thread nicht wieder wegen zu langem text abstürzt.
      noch eine lustige sache die ich am wochenende in der welt am sonntag gelesen habe.
      da gibt es eine neue vermutung warum der mammut ausgestorben ist. als die urmenschen ihren weg über sibirien nach nordamerika angetreten haben, haben sie in das gebiet der mammute krankheiten und vieren eingeschleppt, vor denen sich diese population nicht schützen konnte. es gelang ihnen nicht schnell genbug antikörper oder abwehrstoffe im körper zu entwickeln und so sind sie wahrscheinlich am schnupfen zu grunde gegangen. nicht zu fassen und jetzt recht sich das tierreich mit bse und kreutzfeld jacob an den menschen und natürlich ist da ja auch noch aids.
      in der zeitspanne der weltgeschichte könnten wir so auch bald unser dasein beenden. was sind da schon ein parr tausend jahre gastspiel, die dinos waren millionen jahre auf der erde. ;-)

      omma secht: spass mut sin jung

      gute nacht welt wünscht haispeed
      Avatar
      schrieb am 09.05.01 00:00:11
      Beitrag Nr. 8 ()
      hallo haispeed,
      wir hatten hier heute auch noch eine private diskussion darüber. auch wenn ich jetzt sehr viele äppel und birnen misch, egal, wir diskutieren ja, und manches wächst nur so. erst einmal muss ich was revidieren: das internet kann sich eigentlich nur dort auswirken (*entfalten*), wo auch schon eine entsprechende infrastruktur besteht. in afrika wären das südafrika und nigeria, ansonsten gibt es keine länder, wo man davon ausgehen kann, dass sich dort in dieser richtung in den nächsten jahren etwas entwickelt. (hier klafft die schere zwischen arm und reich.) den begriff `schwellenländer` habe ich schlampigerweise benutzt, obwohl diese länder eigentlich nicht mit in den grossen zukunftstopf geworfen werden sollten, es ist ein begriff aus den siebziger jahren, und wo genau man die grenze ziehen soll, ist unklar, also vergessen wir dies (indien, korea, polen, rumänien...wo gehören die hin? man kann solche länder nicht vergleichen mit z.b. sierra leone.)

      also, das internet wird in den nächsten jahren auf viele länder wahrscheinlich keine auswirkungen haben und auf mensch und umwelt nur dann, wenn global player versuchen sollten, sie als `billige standorte` auszunutzen. in diesem bereich kann man wohl kaum in die zukunft schauen.

      interessanter ist indien. dort gibt es z.b. neuerdings chancen für frauen, sich aus der traditionellen rolle zu lösen und bei entsprechendem bildungsstand z.b. in banken karriere zu machen. ich denke, indien als markt ist allgemein interessant, noch zwiespältig, aber im wachstum begriffen.

      fazit in all dieser `new complexity` (oma schüttelt nur noch den kopf): es ist nichts so heiss, wie es gekocht wird, und alles braucht seine zeit...

      haben wir also geduld, so schnell wird sich die welt nicht wandeln, weder zum guten noch zum schlechten. man kann, glaube ich, derzeit nicht viel mehr tun, als zuschauen und trends beobachten, und die sache steht - volkswirtschaftlich gesehen - halt sehr auf der kippe.

      gute nacht auch dir
      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 09.05.01 10:07:09
      Beitrag Nr. 9 ()
      moin cabinda

      du siehst das problem etwas sehr technisch meine ich. schon der tourismus , der immer mehr in die breite geht und auch neue "standorte" sucht bringt die informationen über neues in viele länder, die weit ab vom schuß zu sein scheinen.und das medium fernsehen darf man auch nicht unterschätzen. in jeder hütte der welt kann man es empfangen.
      polen indien rumänien stecken voll potenzial. in polen wird glaube ich von allen ehemaligen ostblockstaaten mit am meisten aus dem ausland investiert. in rumänien gibt es einen recht guten bildungsstand und auch viele gut ausgebildete fachleute nur ist dieses land mit den altlasten der diktatur so überzogen, das es noch lange dauern wird bis dort im großen stil wie zb. in polen oder indien investiert wird.
      doch das problem sind die menschen, die mit dem wandel, der sich immer schneller vollzieht, zum größten teil nicht mehr klar kommen werden.
      und den "schnupfen" den sich die menschheit eingefangen hat darf man auch nicht vergessen.
      das bewußtsein zum nachhaltigen wirtschaften zum wohle der umwelt kann das tempo der technialisierung auch nicht mitgehen.
      ein beispiel: was fällt dir bei müll ein? verkaufsverpackungen, zwangspfand, hausmüll, alte haushaltsgeräte und kompost. um diesen bereich dreht sich im privatem denken doch fast alles was mit diesem thema zu tun hat. eventuell denkt man noch an atommüll der medienwirksam in szene gesetzt wird. aber nehmen wir mal das verpackungsrecycling. ein thema so groß und aufgeblasen, dass man glaubt es gibt kaum mehr anderen müll.
      dabei ist dieser müll gerade mal 5% des gesamten müllaufkommens in deutschland. aber dafür wurde ein markt geschaffen auf dem, zu lasten der verbraucher, ca. 4 mrd dm einen wirtschaftszweig reich machen. döschen, tütchen und schnippselchen werden teuer transportiert, behandelt und dann doch verbracht oder verbrannt. wozu? warum nicht die technologie der zeit nutzen und das zeug einfach verbrennen und dann die energie nutzen die dadurch entsteht.
      solange die welt sich solche fehlgebilde leistet wird sie es schwer haben etwas nachhaltiges für die umwelt zu tun.
      tja und die bereits oben angesprochenen altlasten aus der rüstung nicht zu vergessen.
      wir leben vieleicht in der wohlgefälligsten phase der menscheitsgeschichte. wir sind recht wohlhabend (in den industrieländern) haben keinen krieg und können noch in die sonne gehen oder die natur bestaunen. wir sind auch noch recht gesund und freier von allergien und cronischen erkrankungen als die jugend und wir brauchen nur tips zu geben wie man es besser machen könnte, denn noch hat sich das umdenken keinen breiten raum geschaffen in der welt. es ist da, dass umdenken aber noch nicht nachhaltig.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 14.05.01 01:36:14
      Beitrag Nr. 10 ()
      hallo haispeed,
      ich sehe das nicht so negativ wie du. die menschheit hat sich einen schnupfen geholt, und der zeigt ihr, dass es nicht jeden tag sonnenschein und gute laune gibt; dass es grenzen gibt für wachstum und konsum und dass die ressourcenverschwendung nicht ewig weitergehen kann.

      die anthroposophen sehen die normalen krankheiten als nützlich an, weil sich der blickwinkel des menschen verändert. und denk noch einmal an das beispiel in meinem eingangsbeitrag, dass es automatische kaufprogramme gibt, die den totalzusammenbruch der börsen verhindern könnten. die wirtschaft hat heutzutage kräfte, die wir gar nicht ermessen können, und deshalb halte ich auch die vergleiche mit 1929 und der ähnlichen chartsituation nicht für angebracht. das hat wiederum mit internet und globalisierung zu tun: wir haben eine neue welt. die globalisierungsfalle muss nicht greifen, sie kann auch positive auswirkungen haben. wir aber stehen in diesem neuen zeitalter vor einem rätsel, denn eigentlich müsste der von dir beschworene absturz (`gute nacht welt` - dein stichwort `mammut`) kommen. vielleicht haben wir ein schlechtes gewissen, weil wir so lange so gut gelebt haben? auf kosten der umwelt und der nachfolgenden generationen? die angst ist gross, und das zeigt, dass wir uns auf `strafe` eingestellt haben. das könnte eine basis sein für eine gesunde einstellung im verbraucherverhalten und damit auch für eine gesundung der wirtschaft.

      warum soll die verteuerung der energie nicht ein umdenken ermöglichen? ich denke, sie wird es, es geht nur nicht von heute auf morgen. nimm einmal als beispiel die amerikaner, die seit jahrzehnten gedankenlos strom verschwenden...denk an die jungs im silicon valley, die letztes jahr noch alle millionäre waren. jetzt gehen sie in ein büro ohne licht, der pc läuft nicht, die firmen gehen pleite, weil die aktionäre fehlen...da gibt es nun ein grosses aufwachen. um autonom zu bleiben, lassen sich manche bürohochhäuser in kalifornien ihren strom dann von capstone liefern, die da mit ihren mikroturbinen in eine lücke stossen. das ganze kann ein heilsamer schock sein, denn ich glaube, die energiekrise in den usa steht erst am anfang und wird nach und nach noch weitere bundesstaaten ergreifen. das ist gut so! die grossen spekulationsblasen sind geplatzt, jetzt geht es darum, zu einem vernünftigen level zurückzufinden (also umzudenken und zu sparen).

      die schuldenblase kann auch noch platzen. in ferner zukunft. ich glaube nicht, dass es so bald dazu kommt. da müsste es einen grossen krieg geben oder in den usa oder einem anderen land (japan, argentinien) einen zusammenbruch des finanzsystems, der auch die us-banken (und nicht nur die) mit in den abgrund reissen würden. es scheint aber genügend kräfte zu geben, die dies verhindern wollen und dafür alles menschenmögliche tun. insofern gehe ich davon aus, dass es bei einem schnupfen bleibt und dieser heilsam sein wird...

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 14.05.01 09:22:05
      Beitrag Nr. 11 ()
      "New Ecology" statt grüner Tantigkeit
      (Von Dirk Maxeiner und Michael Miersch)

      Das Thema Umwelt- und Naturschutz steht wieder ganz oben auf der politischen Agenda. Gestern noch totgesagt, soll der Umweltschutz seit dem BSE-Schock wieder Vorrang haben. Das fordern einer Emnid-Umfrage zufolge 60 Prozent der Deutschen. Die Wähler der Grünen sind sogar geschlossen dieser Meinung (95 Prozent). Umweltschutz ist keine Modeerscheinung, sondern hat sich als großes Politikfeld neben Klassikern wie Sozial-, Bildungs- oder Außenpolitik etabliert. Es wird mal mehr, mal weniger Konjunktur haben. Zur Zeit wieder mehr.

      Die Rechnung der grünen Realpolitiker, ihr Heil in anderen Politikfeldern zu suchen und das lästige Umweltthema an den Rand zu drücken, wurde ohne den Wähler gemacht. Die Rückbesinnung auf das Umweltthema als zentrales Anliegen der Partei scheint denn auch beschlossen zu sein, seit eine neue Studie der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des Grünen-Vorstandes dies nahe legt.


      Doch die Botschaft enthält ein gefährliches Missverständnis. Mit einer Rückbesinnung auf ökologische Themen ist es nämlich nicht getan. Erfolg kann nur eine Neubesinnung bringen. Gerade für Jungwähler ist nicht das Umweltthema unattraktiv, sondern die Art und Weise, wie seine vorgeblichen Sachwalter damit umgehen.


      Als zukunftsträchtiges Politikthema ist der Umweltschutz quicklebendig, als soziale Bewegung ist er in die Jahre gekommen und wird aussterben. Wenn die Grünen weiterhin glauben, vom Atomausstieg bis zum Dosenpfand lediglich ihre Widerstandsbiografie abarbeiten zu können, dann irren sie sich gewaltig. Die Jugend soll vor süßen Schokoriegeln aus Gensoja gerettet werden, das Weltklima vor vergnügungssüchtigen Mallorca-Fliegern. Was einst im Namen von Sitte und Moral bekämpft wurde, sollte heute aus Umweltschutzgründen unterbleiben. Die gute alte Anstandstante, so wird es jungen Menschen erscheinen, hat einen grünen Hut aufgesetzt.


      Denkfaulheit und Fantasielosigkeit lässt Umweltpolitiker aller Parteien den einfachsten und auf kurze Sicht wohl auch erfolgreichsten Weg wählen. Populistisch bedienen sie aktuelle Emotionen oder satteln auf Angstkampagnen um, die bei Greenpeace & Co ersonnen werden. Das Leben ist ein einziger Katastrophenalarm. Jeder will ganz vorne mit dabei sein, wenn die Sirene heult. Umweltorganisationen kämpfen um Aufmerksamkeit im Mediengeschehen, und Politiker reagieren darauf mit Aufführungen so genannter Handlungsfähigkeit.


      Bedauerlicherweise bleiben dabei häufig Vernunft und viel Geld auf der Strecke, weil Prioritäten nicht nach der Sachlage, sondern nach der jüngsten Medienlage gesetzt werden. Milliarden werden auf ökologischen Nebenkriegsschauplätzen sinnlos vergeudet.


      Es gilt immer noch als Erfolgsrezept, sich als moralische Instanz gegen die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen, den bösen technischen Fortschritt und das Profitstreben finsterer Kapitalisten im Besonderen zu profilieren. In seiner aktuellen Variante wird dieses Stück im Schlagabtausch mit dem neuen Reich des Bösen in Washington aufgeführt. Hier der Klimaschänder George W. Bush, da die rot-grünen Lichtgestalten mit ihren Windrädern. Doch während diese "Haltet den Dieb!" rufen, haben sie bedauerlicherweise keinen blassen Schimmer davon, wie sie ihre freiwillig propagierten Klimaziele denn tatsächlich einhalten könnten. Vorsorglich (und zum Spott der Amerikaner) ließ man den Bundeswirtschaftsminister den Offenbarungseid ankündigen: Unter Verweis auf den Ausstieg aus der Atomenergie hält Müller die bis 2020 angestrebten Kohlendioxidverminderungen "für kaum möglich". Die Lektion aus dem Atomausstieg könnte lauten: Das Gegenteil von schlecht muss nicht gut sein. Es kann auch noch schlechter sein.


      George W. Bush ist sicherlich nicht besonders gut beraten, wenn er sich von Lobbyisten fossiler Altindustrien einreden lässt, die Energiefrage ließe sich mit einer simplen Angebotserweiterung lösen. Auch die Amerikaner werden nicht ums intelligente Energiesparen herumkommen. Es wird sich auch bald herumsprechen, dass die Potenziale dafür in den verschwenderischen USA noch wie Goldnuggets auf der Straße liegen. Die technische Intelligenz eines Silicon Valley ist herausgefordert, und sie wird ihren Strom nicht dauerhaft aus Kohlegruben beziehen wollen.


      Ein reaktionäres Rollback in umweltfeindlichen Zeiten der sechziger und siebziger Jahre ist auch in den USA nicht denkbar. Die Streitfrage wird nicht lauten: Umweltschutz, ja oder nein? Vielmehr wird es um den richtigen Weg im Umweltschutz gehen. Und hier hat die Auseinandersetzung zwischen den USA und Europa einen tieferen kulturellen Kern, um dessen Diskussion wir nicht herumkommen werden.


      Den meisten Menschen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist es zutiefst fremd, die Zukunft a priori in Schranken und Grenzen zu denken - wie es hier zu Lande derzeit als verbindlich gilt. Eine starke Gruppe unter amerikanischen Umweltschützern weist immer wieder darauf hin, dass die Realität reihenweise die "Grenzen des Wachstums" und die apokalyptischen Vorhersagen der siebziger und achtziger Jahre widerlegt hat: Weder ist der Wald gestorben, noch sind die Ressourcen ausgegangen. Luft und Wasser wurden drastisch sauberer, und viele Tierarten kehrten zurück. Sogar die Wachstumskurve des globalen Bevölkerungswachstums verläuft flacher als vorhergesagt, und die immer wieder prophezeiten weltweiten Hungersnöte blieben gottlob aus.


      Die technische Entwicklung und das wachsende Umweltbewusstsein haben die Verhältnisse in den alten Industriestaaten zum Besseren gewendet. Und dieser Trend deutet sich auch in den Schwellenländern an. Sie werden sogar sehr viel schneller effizient und sauber: Je später ein Land in die Industrialisierung eintritt, desto zügiger entkoppeln sich Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch. Das statische Denken in Grenzen und Verboten wird durch die dynamischen Prozesse des richtigen Lebens widerlegt, und zwar jedes Mal, wenn ein Mensch eine gute Idee hat. Der Mensch ist eben nicht nur eine ökologische Last, sondern eben auch die "ultimative Ressource", wie es der amerikanische Ökonom Julian Simon einmal beschrieb.


      Doch Selbstzweifel sind im grünen Mythenreich nicht vorgesehen. Die Devise heißt: Wir haben grundsätzlich Recht, wir haben schon immer Recht gehabt, und wir sind die besseren Menschen. Auf diese Weise läst sich das einmal erworbene Weltbild bis ins Rentenalter konservieren. "Bestimmte Wahrnehmungen gelten als unübersehbar, bestimmte Gedankenfolgen als unbestreitbar, bestimmte Prioritätensetzungen als unabweisbar", analysiert der Soziologe Karlheinz Messelken. "Der dem Mythos Verbundene ist durchdrungen davon, dass außerhalb seines Lichts weder Wahrheit der Erkenntnis noch Rat zu erfolgreicher Praxis zu finden sei."


      Gerade junge Menschen sind nicht mehr bereit, diesen geistigen Alleinvertretungsanspruch zu akzeptieren. Es wäre die große Chance der Grünen, die junge technische Intelligenz mit einer zukunftsoffenen ökologischen Grundhaltung für sich zurückzugewinnen. Doch statt die erstarrte Denkschablone zu überprüfen, wird einfach das Kampagnenthema gewechselt. Mit dem gleichen Absolutheitsanspruch, mit dem dereinst das flächendeckende Waldsterben verkündet wurde, wird jetzt eben die Klimakatastrophe beschworen. Mit der gleichen Ignoranz, mit der anfänglich die Computertechnologie bekämpft wurde, wird jetzt die grüne Gentechnologie tabuisiert.


      Neue Entwicklungen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse dürfen auch zu neuen Bewertungen, neuen Zielen, neuen Strategien führen. Es gibt viele gute Gründe fürs Energiesparen und den Umweltschutz, jenseits aller Panikmache. Doch wie könnten die Grundzüge einer "New Ecology" aussehen?


      Politische Zukunftsfähigkeit bedeutet zunächst einmal, dass man auf die Unmöglichkeit einer völlig risikofreien Existenz hinweist. Nur so kann man dauerhaft glaubwürdig bleiben. Wer sich auf die Suche nach einer zukunftsweisenden Umweltpolitik begibt, muss weiterhin akzeptieren, dass die Natur niemals statisch ist. Man denke nur an die überraschende Artenvielfalt in Städten. Die Natur ist viel flexibler und dynamischer als viele, die sie schützen wollen. Pflanzen, Tiere und Ökosysteme kennen keine harmonischen Endzustände, nur permanenten Wandel.


      Von der Vorstellung, es gäbe so etwas wie ein "ökologisches Gleichgewicht", hat sich die ökologische Wissenschaft schon längst verabschiedet. Dennoch bemühen Umweltpolitiker aller Parteien unverzagt das Märchen vom Gleichgewicht, und der Gedanke der Steuerbarkeit und Planbarkeit bestimmt bis heute die gesamte Umweltdiskussion. Grüne Umweltpolitiker sollten sich dringend von ihren erfreulich liberalen grünen Wirtschaftspolitikern beraten lassen. Diese beackern für die Grünen das falsche Thema, haben aber den richtigen methodischen Ansatz. Die Umweltpolitiker hingegen versammeln sich, wenn es darauf ankommt, garantiert auf der Seite von Regulierern und Verbietern, von Planungsgläubigen und Bürokraten. Dabei lehrt die Geschichte, dass es ungeplante, spontane und oftmals nicht ökologisch motivierte Ereignisse waren, die am stärksten zur Erholung der Umwelt beigetragen haben.


      Demokratie und Freiheit, Kapitalismus und Wohlstand haben den Umweltschutz in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Idee geboren. Erfolgreiche grüne Parteien und Organisationen wie Greenpeace sind Produkte der westlichen Konsumgesellschaften, auch wenn sie das nicht gerne hören. Grüne Politik muss die Stärken dieses Systems nutzen und umweltbewusstes Verhalten ökonomisch belohnen. Verzichtsappelle und bürokratische Strafmaßnahmen mögen das Seelenheil befördern, zukunftsfähig sind sie nicht.


      Die Welt braucht Wachstum, denn Armut ist das bei weitem größte globale Umweltproblem. Überall dort, wo die Menschen ein bisschen Wohlstand erreicht haben, werden sie grün. Sie fangen an, Luft und Wasser zu reinigen, den Müll zu beseitigen und die Natur zu schützen. Das Beste, was die Exportnation Deutschland für die Umwelt tun kann, ist die Entwicklung von bezahlbarer und robuster Umwelttechnik für diese Länder.


      Dazu gehört auch die grüne Gentechnik im Agrarbereich. Führende Ökologen und internationale Naturschutzexperten stehen ihr mittlerweile sehr aufgeschlossen gegenüber. Denn ineffiziente Anbaumethoden in armen Entwicklungsländern führen dazu, dass Tropenwälder und Savannen in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt werden. Neue gentechnisch optimierte Sorten, die auf kargen Böden mehr Ertrag bringen, könnten das verhindern. Und sie könnten weniger Dünger und weniger Pestizide benötigen. Je schneller die Landwirtschaft in den armen Ländern effizienter wird, desto besser für die Natur. Wer die grüne Gentechnik kategorisch ablehnt, erzielt vielleicht kurzfristigen Imagegewinn, schadet aber langfristig der Umwelt.


      Grüne Aktivisten lehnten die Raumfahrt ab: Sie irrten - ohne Satelliten wären globaler Umweltschutz und Umweltforschung sehr viel schwieriger. Sie lehnten die Computer ab - und irrten, denn ohne moderne Informationstechnologie wäre die Effizienzrevolution undenkbar. Sie lehnten die pharmazeutische Gentechnik ab - und irrten, denn gentechnisch erzeugte Medikamente helfen längst Millionen von Menschen. Sie lehnen die grüne Gentechnik ab - und werden auch hier irren. Das vermeintlich Künstliche kann sehr wohl die Rettung des Natürlichen sein.


      Ein Feld, auf dem grüne Marktwirtschaftler sich verdient machen könnten, sind darüber hinaus die doppelt und dreifach schädlichen Subventionen. Ob Lastwagenverkehr, Braunkohlenabbau, Fischereiflotten oder Landwirtschaft: Vieles, was der Umwelt schadet, wird mit Steuergeldern tatkräftig gefördert.


      Es wird Zeit, auch in Deutschland das Vergnügen an der Natur zu entdecken und möglich zu machen. Auch hier zu Lande gibt es schöne Naturlandschaften und wilde Tiere. Aber die meisten von uns müssen auf ihren Anblick verzichten, weil ein pingeliger Verbotsnaturschutz Otto Normalbürger weit gehend aus der Natur ausschließt. Die Amerikaner zeigen in ihren Nationalparks, wie man massenhaften Tourismus und Naturschutz unter einen Hut bringen kann. Die US-Bürger geben in ihrer Freizeit eine Menge Geld aus, um Wildtiere und Landschaften zu bewundern. Sie sind stolz auf ihre Natur.


      Ökologische Landwirtschaftspolitik muss die planwirtschaftliche Struktur des Agrarsektors aushebeln. Das neue Leitbild Ökolandbau ist sicherlich ein Fortschritt. Doch ist es wirklich zukunftsfähig, den Ökolandbau wiederum mit Dauersubventionen an den staatlichen Tropf zu hängen? Wenn Bauern wieder anfangen, unternehmerisch zu denken, tragen sie auch wieder Verantwortung für ihre Produkte. Dies ist der beste Verbraucherschutz.


      Niemand kann heute sagen, ob Solarenergie, Fusionsenergie, inhärente Hochtemperaturreaktoren oder alle zusammen die Energiefrage lösen. Grüne Energiepolitik muss offen sein. Gesellschaftliches Leitbild für die Lösung kann nur der Erfinder sein, nicht der Verhinderer. Auch die massiven Verkehrsprobleme des Transitlandes Deutschland sind nicht mit Vergraulungsstrategien, sondern nur mit Erfindungsreichtum und marktwirtschaftlichen Instrumenten zu bewältigen.


      Strömungen wie "New Ecology" und "Free Market Ecology" beleben den Diskurs in den Vereinigten Staaten schon seit Jahren. Die deutschen Grünen können sich aussuchen, ob sie davon lernen oder in Treue zur Ökoromantik der siebziger Jahre erstarren wollen. Vorsorglich sollte sich auch die FDP über das offene Themenfeld "New Ecology" Gedanken machen. Egal, wer es anpackt, Hauptsache, es kommt frischer Wind in die Umweltpolitik.

      -----------------------------------------------------------

      (quelle: welt online)

      ich finde es prinzipiell richtig, in der umweltdiskussion aufgeschlossen zu sein für alle neuen technologischen möglichkeiten. was meint ihr zu dem artikel?

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 14.05.01 09:44:21
      Beitrag Nr. 12 ()
      hallo cabinda,

      ich hoffe du konntest dich an der ostsee wieder "reaktivieren". ich war auch an der ostsee und das wochenende war super. sonne satt und entspannung pur.

      doch nun wieder ran an den thread "um die welt zu retten".

      ich habe durch meine arbeit ständig mit leuten zu tun, die mehr oder weniger mit dem bereich ökologie befasst sind. das geht durch alle schichten, chefs von entsorgungsunternehmen, verbandsvorstände, politiker aller lager, vom bürgermeister bis zum bund und angestellte von großen unternehmen, die für die bearbeitung von umweltfragen ihrer firmen zuständig sind. da kommt ein großer teil meiner zurückhaltung und meiner sicht der dinge her. ich erlebe ständig wie das ganze system zusammenspielt und kann da wenige gute ansätze erkennen. das hauptproblem sehe ich darin, dass das zusammenspiel zwischen den einzelnen interessensvertretern nicht funktioniert, da die eigene profilierungssucht meist wichtiger ist, als das thema. personen die sich dem entziehen und doch versuchen etwas anders, besser oder moderner zu machen, ohne die sucht, werden schnell an die wand gespielt. ein markantes beispiel ist da zb. frau kühnast. angetreten wie eine löwin und nun gerade mal noch ein kätzchen das erkennen mußte, dass idealismus nicht ausreicht. die ganzen grünen sind da eigentlich symtomatisch zu nennen. ich möchte nicht auf ihnen rumhacken, aber die situation um die grünen zeigt doch wie schwer sich zb. die politik tut zu handeln und etwas für die nachhaltigkeit im ökologischen wirtschaften zu erreichen.
      die politik im allgemeinen ist nach meiner auffassung auch auf einem falschen weg. sie lässt sich fast alles aus der hand nehmen. fast alle staatlichen anteile an unternehmen werden versilbert und die einflußnahme der politik auf die geschehnisse in der wirtschaft werden fast immer auf die wirtschaft und weniger auf die gesellschaft ausgerichtet.
      das macht mich nachdenklich, denn der gesellschaftliche einfluß auf die globalisierten entwicklungen der wirtschaft, sind nur über die politik möglich.
      anders herrum gesehen wird das wirtschaftliche versagen großer unternehmen oder ganzer industriezweige immer zum gesellschaftlichen oder politischem problem. egal ob im silicon valley, im schiffbau oder zb. bei holtzmann. wenn die industrie versagt soll die politik und die gesellschaft solidarisch sein und helfen. das ist für mich stark gegensätzlich.
      übrigens glaube ich noch nicht das die großen spekulationsblasen schon geplatzt sind, denn wenn der richtungspfeil wieder nach oben zeigt, wird sich wieder eine masse an unbedarften an den "stark unterbewerteten titeln" zu schaffen machen. das sehe ich wie beim lotto. die chance die 6 richtigen zu bekommen ist zwar klein aber "theoretisch" besteht sie und das wird reichen um neue storrys aufzubauen und reichlich geld zu vernichten. wobei ich das nicht unbedingt für schlecht halte. rückschläge wie 1929 halte ich allerdings auch für eher unwahrscheinlich.

      schöne woche wünscht haispeed
      Avatar
      schrieb am 17.05.01 18:00:25
      Beitrag Nr. 13 ()
      @haispeed
      ja, das sind natürlich stichhaltige argumente, und wenn du solche kontakte und erfahrungen in dem bereich hast, glaube ich dir auf`s wort, dass es leider so ist, wie du es beschreibst. übrigens, zu den idealisten: wenn der wurm im system ist, hat ein einzelner keine chance. da kenne ich auch beispiele aus maroden betrieben, wo löwen zu kätzchen wurden.

      aber der gesellschaftliche einfluss auf die globalisierten entwicklungen der wirtschaft ist nur über die politik möglich. das stelle ich eben in frage. wenn der verbraucher umdenkt - und der wille ist doch da, wie man z.b. am fleissigen mülltrennen sieht, dann wird sich über kurz oder lang die wirtschaft dem trend anpassen und wiederum damit die politik bestimmen. gerade beim beispiel entsorgung kannst du jetzt natürlich sagen, dass der verbraucher zum teil an der nase herumgeführt wird und genau nichts in der wirtschaft bewirkt. mir geht es da nur um den erkennbaren willen, der anderswo durchaus dinge in bewegung setzt. beispiel fleischkonsum: da viel weniger rind gegessen wird (unser schlachter bietet es gar nicht mehr an), bekommt man nun plötzlich straussen- und känguruhschnitzel. verstärkt sich die nachfrage nach bionahrung, kommen endlich bessere vertriebswege zustande. vielleicht hast du die neuemission oekoland ag gesehen, die bio-supermärkte betreiben wollen.

      die nachfrage nach solarstrom-anlagen hat sich verfünffacht. allein in 2000 wurden 100.000 anträge auf förderung einer solaranlage gestellt, was zeigt, wie stark das bevölkerungsinteresse an solartechnik zugenommen hat. und grosskonzerne wie shell, bp, siemens haben, wie schon erwähnt, auf diesen trend reagiert.

      wenn man dann noch von einer `supermacht börse` ausgeht (so der titel eines buches von a. nölting) - gut, das ist ja nur eine these -, dann könnte man sich auch vorstellen, dass der umdenkende verbraucher über den kapitalmarkt eine gewisse macht ausübt.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 18.05.01 15:57:02
      Beitrag Nr. 14 ()
      @cabinda

      na denn mal los!
      eins vorweg. ich würde eher rindfleisch essen bevor ich straußen- oder krokodielfleisch anfasse. glauben viele denn nur weil es exotisch ist ist es auch gut und gesund? wer die aufzuchtanlagen in thailand, afrika oder südamerika gesehen hat,lässt besser die finger davon. aber bei mir kommt weder das eine noch das andere auf den tisch. schweinefleisch ess ich auch nur um vor infektionen gewappnet zu sein; wegen der antibiotika; die so ganz schmackhaft aufzunehmen sind ;-).

      deine argumentation bezüglich solar gehe ich mit. hir wird mit ökologisch sinnvollen produkten ja auch geld verdient und eine doppelte subvention durch den staat betrieben. er stützt den anschaffungspreis der anlagen für den käufer und er stützt die investition der herstellung und damit belebt der staat den aufwärtstrend einer ökologisch sinnvollen marktetablierung. das ist gut.
      doch ich glaube weil mit dieser sache geld verdient wird und am ende nicht nur zu gunsten der umwelt investiert werden muß sondern auch erlöse erziehlt werden, nimmt der markt (auch die geldmacher)es an. denn es ist eventuell irgendwann rentabel und wirtschaftlich.

      die investitionen, die notwendig sind um die welt von unheilvollen belastungen zu befreien, dagegen kosten nur geld und haben "nur" die befreiende wirkung zu gunsten der menschen oder der umwelt. das sind aber hauptsächlich die großen belastungen für die umwelt! und diese kosten halt nur und sind deswegen weniger von interesse. man verdient noch nichts daran das klima zu verbessern. das sehe ich als das moralische grundproblem der menschen an. wenn der liter saubere luft verkaufsfähig wäre gebe es schon lösungen.
      klingt vieleicht kindlich aber ich sehe es so.

      heute hat der bundestag in nur 30 minütiger diskussion, der verordnung zum zwangspfand zugestimmt. gerade mal 30 min reden am freitag nachmittag für so ein thema. das sagt doch wieder alles. trittin wieder in einer art die einen das würgen in den hals bringt. der bundesrat muß ja noch zustimmen. ich hoffe er stimmt dagegen, denn dieser schwachsinn darf nicht durchgehen. ich habe keine lust mich an irgendwelchen automaten anzustellen um einwäg abzugeben. nicht nur der pfand auch die mehrkosten die wir als bürger wieder tragen werden sind zum ausrasten. nur weil von dem dreck der in der landschaft liegt ca. 20% getränkeverpackungen sind, die achtlose verbraucher in die landschaft schmeissen, müßen wir nun zum automaten latschen. von den wirtschaftlichen auswirkungen garnicht zu reden.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 18.05.01 17:15:25
      Beitrag Nr. 15 ()
      hallo haispeed,
      eines ist mir vorneweg aufgefallen - es gefällt dir nicht, dass geld die welt regiert. oder? das ehrt dich. ehrlich gesagt, soviel idealismus habe ich nicht (mehr), ich denke, das ist so und das bleibt so. wenn ich selber an der börse mitmische, nehme ich auch ein stück weit den zynismus der börse an und kann nicht sagen, dass ich es schlecht finde, dass man mit dem solarkonzept nur deshalb erfolgreich ist, weil damit eben auch geld verdient wird.

      ich denke, es ist besser, das spielchen mitzuspielen und sich die profitgier zunutze zu machen, um das geld in die `richtigen` kanäle zu schleusen. bush z.b. müsste überzeugt werden, dass er kosten senken kann, wenn er verstärkt auf erneuerbare energien setzt - damit würde zugleich der CO²-ausstoss reduziert werden, was für ihn natürlich nur ein `unwichtiger nebeneffekt` wäre. auf der pressekonferenz gestern wurde ja zumindest ein erster schritt in die richtung getan (z.b. bushs vorschlag, für 4 mio.$ steuererleichterungen für hybrid- und brennstoffzellenautos zu schaffen - woraufhin der kurs von ballard power flügel bekam). nun muss man sehen, ob den worten auch taten folgen oder wieder nur herumgeschwätzt wurde.

      auch wollen die deutschen grünen ja offenbar in diesem sinne auf bush einwirken und die deutsche vorreiterrolle in sachen erneuerbare energien als beispiel dafür nennen, dass ein effizienter umgang mit ressourcen einen beitrag zur kostensenkung leisten kann. ausserdem wird m.w. die möglichkeit erwogen, das klimaschutz-protokoll auch ohne die usa in kraft treten zu lassen. dazu eine meldung vom april:

      Töpfer fordert: Deutschland muss beim Klimaschutz Vorreiter bleiben

      Gegen die Abschaffung der Ökosteuer in Deutschland spricht sich der Chef der UN-Umweltbehörde UNEP, Klaus Töpfer, im Interview mit dem Greenpeace-Magazin aus. Er fordert klare Signale für den Klimaschutz von der Bundesregierung. "Deutschland darf seine Vorreiterrolle nicht aufgeben und muss seine CO2-Emissionen bis 2005 um 25 Prozent senken", so Töpfer in der neuesten Ausgabe des Greenpeace Magazins angesichts der jüngsten Versuche, etwa von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, die deutschen Klimaschutzziele in Frage zu stellen. Auch die Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Ökosteuer nach 2002 nicht weiter steigen zu lassen, hält Töpfer für falsch. "Die Ökosteuer wird zu Recht erhoben, wir brauchen diese Preissignale", sagte er im Interview mit dem Greenpeace Magazin. Er rät allerdings dazu, die Mittel aus der Ökosteuer nicht nur in die Senkung der Sozialkosten zu stecken, sondern etwa auch dafür zu verwenden, den Bürgern den Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn zu erleichtern.

      "Ein Teil der Ökosteuer muss in den ökologischen Umbau der Wirtschaft und die Entwicklung CO2-effizienterer Technik investiert werden. Zudem müsste die Steuer an den CO2-Ausstoß gekoppelt sein", nahm Töpfer Stellung zur aktuellen Ökosteuer-Debatte in der Bundesrepublik. Für Deutschland und Europa verspricht er sich von einer solchen Politik auch wirtschaftliche Vorteile:

      Weltweit werden in den nächsten Jahren sieben Billionen Dollar in die Erneuerung und den Ausbau der Energieversorgung investiert. Wenn Europa da hoch effiziente Kraftwerke anbieten kann, hat es enorme Marktvorteile."
      © IWR

      also, haispeed, ich habe noch hoffnung... aber da du dich in dem bereich besser auskennst, bin ich schon gespannt auf deine kritischen anmerkungen :)

      schönen tag
      grüsse
      cabinda

      p.s. deine einwände zum dosenpfand finde ich richtig. so wichtig ich recycling finde, aber in einem 5-personen-haushalt geht ein erheblicher teil des tages für mülltrennung und -entsorgung drauf. wir haben uns nur deshalb (und nicht aus spargründen) einen sodastreamer zugelegt. hilf mir mal eben auf die sprünge: inwiefern genau siehst du in den neuen automaten eine wirtschaftliche belastung?


      hat eigentlich sonst niemand eine meinung zum thema?
      Avatar
      schrieb am 18.05.01 18:51:15
      Beitrag Nr. 16 ()
      hier noch zwei aktuelle meldungen zur u.s.-energiepolitik:


      Bush signs energy-related orders (by William L. Watts)

      President Bush, acting on his recently announced energy plan, signed two executive orders Friday aimed at speeding the building of new power plants and cutting down on regulatory barriers. One order requires federal agencies to expedite the permit process for new power plants nationwide. The second order requires federal agencies to conduct an energy impact review of all major, new regulations.


      Alternative energy stocks on a tear (SATC, BCON, HPOW, ESLR, GEG, PRTN) (by Michael Baron)

      The alternative energy stocks are rampaging higher midday action Friday. The group seems to be getting a boost from the strong response to Global Power Equipment`s initial public offering (see 10:10 am EST item). The deepening California energy crisis may also be a factor as well as comments for President Bush that were viewed as positive for alternative technolgoies. Beacon Power (BCON), a Wilmington, Mass., maker of flywheel energy storage systems, is up $1.95, or 47 percent, to $6.04. SatCon Technology (SCON), a partner of Beacon`s, is gaining $4.10, or 34.1 percent, to $16.10. Also pushing higher without specific news are H Power (HPOW), rising $2.44, or 18.7 percent, to $15.32; Evergreen Solar (ESLR), jumping $3.58, or 30.9 percent, to $14.60; and Proton Energy (PRTN), surging $2.35, or 20 percent, to $14.09.

      grüsse
      cabinda

      p.s. und dir, @haispeed, natürlich ein schönes wochenende!
      Avatar
      schrieb am 18.05.01 21:43:17
      Beitrag Nr. 17 ()
      hier noch ein bisschen stoff zu bush`s energieplänen:
      (quelle: www.cnn.com):


      U.S. power woes fuel new policy

      Not since the oil crisis of 1974 has the nation been so consumed by the threat of a major energy crunch. With retail gasoline prices climbing and the possibility of rolling electrical blackouts, consumers and businesses look for answers.

      President Bush on Thursday laid out details of his strategy, saying it focuses on "all three key aspects of the energy equation: Demand, supply and the means to match them." The plan is already under attack by congressional Democrats who say it offers no immediate relief.



      • Bush argues Americans are struggling with energy costs because supplies are too sparse to meet demand. He argues that with no new refining facilities built in the last 20 years, producers will not be able to turn crude oil into gasoline and other products quickly enough no matter how much supply is available.

      • Bush is encouraging the construction of perhaps as many as 40 refineries over the next 20 years, in part by potentially changing regulations that now block such projects.

      • Bush and Vice President Dick Cheney support expansion of nuclear capacity and of coal consumption to produce electricity -- but say they support new, cleaner-burning coal technologies. The administration also may try to set aside some rules imposed on nuclear power plants to encourage electricity production. Bush also has called for the construction of more oil and natural gas pipelines.

      • Bush has long advocated drilling in oil-rich areas such as the Arctic National Wildlife Refuge, where he insists suitable supplies of oil can be extracted with minimal environmental impact.

      • Bush is pushing the House and Senate to get a tax cut bill to his desk by Memorial Day, arguing that consumers will be better able to cope with rising gas prices if they have more money to spend.

      • Bush said in a recent radio address that conservation would be a key part of his long-term policy, although he did not go into specifics. The White House energy task force may recommend improved energy use standards for appliances and incentives to persuade industrial facilities to replace older, less energy-efficient equipment.
      Avatar
      schrieb am 21.05.01 13:19:20
      Beitrag Nr. 18 ()
      hallo cabinda,

      langsam wird es zur rein persönlichen aber doch auch sehr anregenden diskussion.

      ich fang mal mit den dosen an. weil eine handvoll leute die dosen in die pampas schmeißt soll die industrie verdonnert werden ca. 5 mrd.dm zu investieren. das sehe ich schon als wahnsinn an, denn letztendlich schlägt alles auf die verbraucherpreise durch. glas und weisblech lassen sich super wiederverwerten sind aber laut verpackungsverordnung keine ökologisch wertvollen verpackungen.
      bei weisblechdosen sehe ich das noch ein aber bei glas??? glas ist der stoff mit der höchsten wiederverwertungsquote im dualen system. warum den kreislauf stören? weil 5-10% der in den grünanlagen und straßengräben liegenden verpackungen (der rest ist kunststoff,auch tetrapack, pappe papier und folien) einweggetränkeverpackungen sind? die gesamte recyclinglogistik in deutschland wird sich verändern müßen wenn das pfand kommt, denn nun sind die übergabestellen die automaten und nicht mehr die container. wie umständlich für jeden bürger, der nicht nur auf pfandflaschen zugreifen will oder kann. aber den deutschen geht erst wieder ein licht auf wenn sie merken das sie am sonnabend nun eine halbe stunde für den einkauf mehr benötigen oder ihre dose die sie im zug gekauft haben, weil der durst da war, im aktenkoffer rum schleppen um sie irgendwo einzulösen oder sie verlieren das pfand weil sie es der zugreinigung überlassen.

      was den idealismus bezüglich geld angeht kann ich da schon trennen. das handeln und die eigene sicht der dinge kann da auch auseinander gehen. ich profitiere von der börse mit all den moralischen bedenklichkeiten. trotzdem bewahre ich mir meine sicht auf die themen. leider ist es schwer ohne geld glücklich zu leben und da ich ein komfortables leben mit meinen annehmlichkeiten mag gehe ich da mit.

      was die energieprobleme der zukunft angeht hab ich oben schon mal ein beispiel gebracht, wie man sie auch lösen kann wenn nicht sogar "muß". ich bin der meinung der ausstieg aus der kernenergie wird unserer menschheit sehr gefährlich und teuér zu stehen kommen. richtig gelesen!
      alles was zukünftig an energieerzeugung statt findet und die umwelt entlastet ist sehr gut. wind, wasser und solar allen vorran aber denk an den atomwaffenmüll!!! wenn wir es nicht schaffen ihn friedlich nutzbar zu machen wird er uns vieleicht umbringen. oder wir schießen ihn auf den mond.

      darüber spricht in der öffentlichkeit noch niemand und die kastorgegner und atomkraftgegner tun mir echt jetzt schon leid, denn was bleibt von ihren idealen über wenn man sie danach befragt was aus den bomben- und raketensprengköpfen werden soll? sie werden mit geschrei das thema abtun aber das problem besteht halt egal ob man es verschweigt oder es verleugnet.

      grüße und schöne woche wünscht haispeed
      Avatar
      schrieb am 22.05.01 10:34:53
      Beitrag Nr. 19 ()
      hallo haispeed,
      ich mache es heute kurz, weil ich bei dem schönen wetter wieder die koffer für die ostsee packe:

      deine theorie zum atomwaffenschrott und den kernkraftwerken gefällt mir. ich habe eben noch einmal in dem welt-online-artikel gelesen:

      `Doch Selbstzweifel sind im grünen Mythenreich nicht vorgesehen. Die Devise heißt: Wir haben grundsätzlich Recht, wir haben schon immer Recht gehabt, und wir sind die besseren Menschen. Auf diese Weise läst sich das einmal erworbene Weltbild bis ins Rentenalter konservieren. (...)

      Gerade junge Menschen sind nicht mehr bereit, diesen geistigen Alleinvertretungsanspruch zu akzeptieren. Es wäre die große Chance der Grünen, die junge technische Intelligenz mit einer zukunftsoffenen ökologischen Grundhaltung für sich zurückzugewinnen. Doch statt die erstarrte Denkschablone zu überprüfen, wird einfach das Kampagnenthema gewechselt. Mit dem gleichen Absolutheitsanspruch, mit dem dereinst das flächendeckende Waldsterben verkündet wurde, wird jetzt eben die Klimakatastrophe beschworen. Mit der gleichen Ignoranz, mit der anfänglich die Computertechnologie bekämpft wurde, wird jetzt die grüne Gentechnologie tabuisiert.`

      in diesem sinne gehörst du da schon zu den umdenkern, die sich von den grünen mythen lösen. ich meine auch: wenn man die umwelt z.b. bei der energieerzeugung entlasten will, muss man wirklich alle möglichkeiten in erwägung ziehen.

      bis bald und dir auch eine schöne woche
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 25.05.01 23:24:09
      Beitrag Nr. 20 ()
      @cabinda

      also ich muß mich nicht von grünen mythen lösen, da ich nie welche angenommen hatte, habe und werde. die grünen sind nicht in der lage die probleme die sie zeigen auch zu lösen. die wenigen "guten" bei den grünen werden von den "lenkern" der partei klein gehalten. die grünen sind für mich politisch ohne große bedeutung und ich glaube sie werden nach der nächsten wahl nicht mehr die rolle spielen, die sie gern spielen würden.

      "deine theorie zum atomwaffenschrott und den kernkraftwerken gefällt mir"

      cabind ich muß dir sagen, daß ist keine theorie mehr!leider ist das thema aktueller als du glaubst, aber es wird unter der decke gehalten. es gibt ein paar kleine veröffentlichungen dazu in nicht groß beachteten fachzeitschriften. außerdem ist das thema immer sehr komplex behandelt, durch die verbindungen zu den abrüstungsverträgen (START-Verträge)und nicht so leicht verdaulich. eine einfache aufarbeitung, die massenwirksam das thema behandelt gibt es fast nicht.

      nur mal ein paar zahlen: russland verfügt ca. über 4000 atomsprenköpfe. (vieleicht auch noch mehr!) eingeschlossen sind hir auch die veralteten bomben und sprengköpfe der frühen jahre.
      schätzungsweise 150 bis 200 mehr oder weniger verrostete atomwaffenbestückte kriegsschiffe schippern im nordmeer vor murmansk oder auch in den südlichen meeren umher. wegen ihres baulichen und sicherheitlichen zustandes müßten diese pötte schnellst möglich entsorgt werden. aber es passiert nichts.
      am 04. juni 2000 (vor fast genau einem jahr) wurde von clinton und putin eine vereinbarung zur vernichtung von ca. 68 tonnen plutonium unterzeichnet. das liegt im übrigen im rahmen der START-Abkommen I bis III. Aber ob russland dieses abrüstungsziel erreicht ist zu bezweifeln. die technischen anlagen zum rückbau der sprengköpfe sind kapazitär nicht in der lage und zum teil natürlich veraltet.
      man wird schätzungsweise 25 jahre brauchen um die entsorgung der mengen zu realisieren, mit dem jetzigen diskutierten jeweiligen inventar. angesichts des desolaten zustandes der russischen kernwaffenträger ist die frage zu stellen ob diese sprenköpfe und waffen solch einen zeitrahmen überhaupt noch überdauern können. also müßen die technischen kapazitäten zwangsläufig erhöt werden. da die russen bekanntlich nicht mehr so "vermögend" sind, muß der westen jetzt wohl ran und das zeug rückbauen und entsorgen das ihn einst angst machte und nun immer noch bedroht, wenn nun auch auf einer anderen ebene der bedrohung.
      für das anfallende uran wären 265 reaktoren weltweit vorhanden, die aber nicht alle ohne technische umrüstung, das umgewandelte ehemals waffenfähige material verwerten könnten um daraus strom (auch für die dritte welt) zu produzieren. auf grund des wachstums der weltbevölkerung und der engpässe in der energieversorgung könnte dieser strom dann wohl ohne große probleme eingespeist werden.

      so das wars erst mal! bin auch ehrlich gesagt sehr müde nach der fahrt heute und deswegen belasse ich es nun dabei.

      ich wünsch dir ein schönes wochenende
      haispeed
      Avatar
      schrieb am 28.05.01 01:21:08
      Beitrag Nr. 21 ()
      Sonderweg Ausstieg

      Der Atomkonsensens ist nicht das Ende der Geschichte
      von Gero von Randow

      Kehrt mit George W. Bush die Atomkraft zurück? Nein, denn sie war nie weg. Die weltweite Stromerzeugung aus Kernkraft wächst seit Jahren kontinuierlich. In Amerika geschieht gleichwohl Neues: Die Laufzeiten der Meiler werden verlängert, die Atomwirtschaft sucht nach weiteren Standorten und entwickelt Reaktoren, die nicht durchschmelzen können. Eine Umfrage ergab, dass die Zahl der Kernkraft-Befürworter dort wieder auf 50 Prozent gestiegen ist. Diese Nachrichten sollten jene Propheten nachdenklich machen, die im Einklang mit der deutschen Stimmungslage der achtziger und neunziger Jahre die Kernenergie zum Auslaufmodell erklärt haben.

      Die Organisation der Industrienationen (OECD), der Weltenergierat und die Internationale Energiebehörde in Paris erwägen, ob nicht verantwortungsvolle Energiepolitik den Ausbau der Kernenergie umfassen muss. Ironischerweise kommt hier die ``Nachhaltigkeit`` ins Spiel: Im Interesse späterer Generationen sind Ressourcen zu schonen, und zwar so, dass die Zukunft offen bleibt. Entwicklungspfade dürfen also nicht unumkehrbar sein. Auch nicht der deutsche Atomausstieg.

      Nachhaltigkeit verträgt sich nicht mit der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Das kostbare Material ist knapp, die Endlagerung des gasförmigen Abfalls in der Atmosphäre nicht rückgängig zu machen. Die Uranvorräte hingegen hielten Jahrmillionen, wenn außer heutigen Meilern in fernerer Zukunft auch die - noch nicht reife - Brütertechnik eingesetzt würde. Der Urangehalt eines Liters Meerwasser ergäbe dann genug Energie, es zu entsalzen. Hier deutet sich eine Lösung des vielleicht größten Ressourcenproblems der im Jahre 2050 mehr als 10 Milliarden großen Weltbevölkerung an: die Knappheit des Trinkwassers.

      Öl und Kohle sind zu kostbar

      Der Abfall aus den jetzigen Reaktoren könnte der Brennstoff von morgen sein. Darüber sollten aber nicht wir Zeitgenossen, sondern die Nachkommen entscheiden; Nachhaltigkeit bedeutet auch, dass künftige Optionen nicht blockiert werden dürfen. Bis es zum effektiven Recycling kommt, lässt sich der Abfall strahlensicher verbunkern. Groß ist das Volumen nicht. Der Atommüll der ganzen Welt würde in ein paar Turnhallen passen. Er muss nur gut bewacht und beobachtet werden - was bei fossiblen Kraftwerken nicht geht, die ihren Abfall gewissermaßen in die Luft entsorgen.

      Gegen Kernreaktoren wird ins Feld geführt, sie lieferten Material für Atomwaffen. Das stimmt, wenngleich es billigere Wege zur Bombe gibt. Energie- und Wasserknappheit sind ein größeres Sicherheitsrisiko als die entfernte Möglichkeit, dass den Saddams das Kunststück gelingt, bombentaugliches Material aus Atommüll zu backen.

      Energiesparen, Wind und Sonnenkraft müssen Bestandteil der Energiepolitik sein; hier sündigt Bush. Doch in der Deckung des kontinuierlichen Strombedarfs kann das schwankende Angebot von Wind und Sonne mit Kernkraft nicht konkurrieren, die hierzulande 60 Prozent der Grundlast liefert. Solarkraft erforderte überdies hohen Energieaufwand, wollte man sie massiv und im Eiltempo durchsetzen. Allein um das Silizium zu schmelzen, müssten neue Kraftwerke gebaut werden, und umweltbelastende Chemiekomplexe für die Reinigung noch dazu.

      Demnächst unterzeichnen Industrie und Regierung den deutschen Atomkonsens. Die Wirtschaft akzeptiere den Primat der Politik, ist zu hören, und: Schaun mer mal. Das Lieblingsprojekt der Generation Ausstieg könnte ein deutscher Sonderweg sein, der keineswegs unumkehrbar ist.

      (aus: DIE ZEIT, 23.05.01)
      Avatar
      schrieb am 28.05.01 21:34:25
      Beitrag Nr. 22 ()
      hallo haispeed,
      zunächst einmal entschuldige bitte, wenn du dich in eine schublade gepackt fühltest, so war es nicht gemeint.

      das thema atomausstieg finde ich im moment ziemlich heiss, nachdem ich mir unter www.zeit.de/atomenergie die leserkommentare durchgelesen habe (und vielleicht machen wir ein buch dazu, dann lass uns noch einmal ausführlich darüber reden.)

      in diesem zusammenhang hier soll es ein seitenblick bleiben. ich selber habe ein problem mit der atomenergie. zwar bin ich einerseits der meinung, dass ein umdenken nötig ist, wenn man wirklich im sinne von zukünftigen generationen (umweltschonung, nachhaltigkeit) wirtschaften will. andererseits misstraue ich der kernenergie zutiefst. ich erinnere mich noch an diskussionen mit meinem vater 1977, als ich nach brokdorf wollte und er im grunde genommen die gleichen argumente brachte, die auch heute noch gültigkeit haben: wir haben auch von den heutigen grünen noch kein alternatives energiekonzept. einerseits ist deutschland weltweit führend in der forschung und nutzung der regenerativen energien, aber ausreichend für den künftigen strombedarf sind sie nicht. eine vorurteilsfreie diskussion ist also nötig, solange kein tragfähiges konzept vorhanden ist. die abhängigkeit von fossilen brennstoffen würde den treibhauseffekt vergrössern, das spricht für die atomenergie. andererseits denke mal an den uranabbau in wismut-aue, wo die umwelt verseucht wurde und die krebsrate hoch ist (gesundheitsfaktor, sozialer faktor) oder an die dreistelligen millionenbeträge, die für die sicherung der kastor-transporte ausgegeben werden (wirtschaftlicher faktor). nachhaltigkeit kann man das nicht nennen?!

      2. teil folgt
      Avatar
      schrieb am 28.05.01 21:45:52
      Beitrag Nr. 23 ()
      die aufarbeitung von atommüll, von kernwaffenmaterial also, und AKW-brennstäben, sind in der tat ein riesenproblem. wiederaufarbeitungsanlagen gibt es in USA, GB und F, möglicherweise in RUS (weiß ich nicht genau). die grosse menge von strahlendem atommüll ist aber kein argument für den bau weiterer kernkraftwerke, so nach dem motto: es gibt keinen markt für die so produzierten brennstäbe, also schaffen wir sie. für AKWs gibt es nur ökonomische argumente (preiswert, was aber nur stimmt, wenn man die kosten für aufarbeitung, zwischenlagerung, endlagerung, polizeieinsätze bei castortransporten u.ä. aussen vor lässt); ökologische - besser als fossile brennstoffe (aber auch hier bleibt das problem der endlagerung und übrigens das der ökologischen folgen von uranabbau und -produktion) sowie solche der verfügbarkeit (sicherung der grundlast, unabhängigkeit von fossilen
      brennstoffen etc).
      Avatar
      schrieb am 28.05.01 23:33:22
      Beitrag Nr. 24 ()
      was kostet der atomstrom?
      von peter bossew und antonia wenisch

      wenn man sich den sogenannten `nuklearen brennstoffkreislauf` ansieht, stellt sich sehr schnell heraus, dass es sich eigentlich nicht um einen kreislauf handelt, sondern um eine bewegung mit offenen enden. also von `recycling`, das der begriff suggeriert, kann gar keine rede sein. was hier kreislauf genannt wird, ist in wirklichkeit nichts anderes als der weg des urans von der uranmine über verschiedene zwischenstationen, wie den reaktor, bis zu einem endlager, von dem wir wissen, dass es bis heute nicht existiert. ich werde die bilanzen dieses `kreislaufes` kurz skizzieren:

      ich beginne mit der massenbilanz. wir haben dazu durchschnittliche annahmen gemacht und auszurechnen versucht, was ein reaktor mit der leistung von einem gigawatt (1 GWa) - das ist die durchschnittliche leistung derzeitiger großer reaktoren - pro jahr verbraucht. um einen reaktor ein jahr lang strom erzeugen zu lassen, beginnt man mit dem abbau von 440 000 tonnen gestein. davon bleiben letztendlich 33 tonnen uranbrennstoff übrig. der rest kommt in der uranwirtschaft nicht mehr vor: der liegt dann als ``natürlich`` strahlendes material in der landschaft herum. was passiert dann im reaktor? dort wird aus den 33 tonnen uran im wesentlichen wieder die gleiche menge uran, plus 300 kilogramm, plutonium, plus spaltprodukte - plus jede menge von abwässern, abluft sowie von leicht aktivem müll: von relativ harmlosen dingen wie kontaminierten handtüchern bis zu filtereinsätzen aus den kaminen. bei der wiederaufbereitung teilt man diesen verwendeten brennstoff auf in das nicht verbrauchte uran, das neu produzierte plutonium und in die spaltprodukte, die man zu gar nichts mehr gebrauchen kann. falls keine wiederaufbereitung vorgesehen ist, wie das zum beispiel in schweden der fall ist, wartet der müll darauf, vergraben zu werden.

      als nächstes kommen wir nun zur aktivitätsbilanz: wir wissen ja, die eigentliche gefahr liegt in der aktivität und nicht in der masse. die aktivität des brennstoffs, die der reaktor für einen jahresbetrieb braucht, beginnt mit einer menge von zehn peta-becquerel (10 PBq) uran. die folgeprodukte des urans, die sog. `urantöchter`, wie thorium, radium, blei werden weggeworfen. es würde sich nicht lohnen, sie weiterzuverarbeiten; sie bleiben auf halde liegen, also in der umwelt.

      danach wird in der uranmühle aus dem uranerz `yellow cake` gewonnen, und in dieser form kommt das uran auf den weltmarkt.
      Avatar
      schrieb am 28.05.01 23:46:53
      Beitrag Nr. 25 ()
      (fortsetzung: was kostet der atomstrom?)


      der nächste schritt ist die konversion: dabei wird aus der festen substanz ``yellow cake`` ein urangas gewonnen, das man braucht, um die anreicherung durchführen zu können. auch bei der anreicherung gibt es wieder grössere abfallmengen. nach vielen schritten bleibt letztendlich von den anfänglich zehn peta-becquerel (190 PBq) uran knapp ein halbes peta-becquerel (0,43 PBq) uran übrig. knapp ein zwanzigstel oder fünf prozent der ursprünglich aus dem boden herausgegrabenen aktivität geht also tatsächlich in den reaktor. 95 prozent bleiben also in der landschaft liegen.

      aber erst dann geht es so richtig los: der brennstoff bleibt drei jahre im reaktor; dabei findet die kernspaltung statt. danach ist der brennstoff bekanntlich hoch radioaktiv, man fiele sofort tot um, wenn man nur in die nähe der abgebrannten brennelemente käme.

      damit diese (radio-)aktivität reduziert wird, lässt man den brennstoff ein paar jahre liegen - im zwischenlager: das sind diese schönen hallen, die man in deutschland stehen hat, aber auch in amerika und anderswo. hernach hat man immer noch ziemlich grosse aktivitäten, nämlich einen faktor von 100 000 mehr, als man vorher eingesetzt hat.

      dann kommt entweder die direkte endlagerung ohne wiederaufbereitung oder eben die wiederaufbereitung. bei der wiederaufbereitung wird das ganze der aktivität nach halbiert: eine hälfte plutonium, eine hälfte spaltprodukte. die spaltprodukte kann man überhaupt nicht mehr, das plutonium zumindest theoretisch wiederverwenden, nämlich als neuen brennstoff für reaktoren.

      derzeit ist das uran auf dem weltmarkt so billig wie noch nie, und kein mensch hat bedarf an plutonium. was früher als wertvoller brennstoff galt, hat sich inzwischen als ziemlich lästiges beiprodukt herausgestellt, das man am besten los wird, - aber man weiss wirklich nicht, wie. es ist gefährlich und unangenehm zu handhaben, und so liegt es jetzt herum und macht schwierigkeiten und verursacht vor allem auch kosten.
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 00:06:40
      Beitrag Nr. 26 ()
      ein weiterer faktor ist die zeitbilanz: wir brauchen für die konstruktion eines reaktors zehn jahre. der reaktor läuft, sagen wir, 30 jahre. dann rechnet man mit einigen jahren abklingzeit der abgebrannten brennelemente. anschliessend braucht man einige jahre, um das ding wieder abzubauen, denn man muss ja einen reaktor auch dekommissionieren, wenn er einmal nicht mehr betrieben werden kann. nicht zu vergessen die abfälle: manche dieser abfälle haben eine lebensdauer, die isolationszeiträume von einigen hunderttausend jahren erfordert: zum beispiel die tailings mit dem leitnuklid thorium 230 mit einer halbwertzeit von 75 000 jahren. nach zehn halbwertzeiten sinkt die aktivität auf ein tausendstel. bei thorium 230 sind das 750 000 jahre. bei gewissen sorten von spalt- und aktivierungsprodukten hat man ähnliche halbwertzeiten: sie gehen in die jahrmillionen, wie zum beispiel bei neptunium 237. also hat man maximal wenige jahrzehnte einen profit davon, und dann hat man mehrere 100 000 jahre lang den mist am hals.

      das nächste problem ist der ökonomische preis der kernenergie. in der literatur werden dazu sehr unterschiedliche zahlen genannt: offensichtlich weiss niemand ganz genau, was der strom kostet, der in akw`s produziert wird - einfach deshalb, weil es dabei so viele unsicherheitsfaktoren gibt. die frage ist ja schliesslich die: was berechnet man in diese überlegungen ein? wieweit werden zum beispiel umweltfolgen in die kosten einbezogen? wieweit werden soziale folgen einberechnet? wieweit werden politische folgen einberechnet? wieweit werden allfällige katastrophen - die hoffentlich nicht stattfinden, aber doch möglich sind, wie sich gezeigt hat - einkalkuliert? wieweit kann man eigentlich die entsorgung einkalkulieren, von der man ja, zumindest in teilen, nicht weiss, wie sie funktionieren soll? da es kein endlager für hochaktiven müll gibt, kann man auch nicht wissen, was sie einmal kosten werden. daher sind die schätzungen für die endlagerkosten äusserst grob. der ganze `brennstoffzyklus` vom uranabbau bis zur entsorgung kostet, wenn man die rehabilitation der uranbergwerke und des uranabraums ausser acht lässt, die endlagerkosten nur sehr grob berechnet und auch die infrastrukturkosten ganz weglässt, 4,5 bis 17 dollar pro megawattstunde energie. das sind allein die kosten des `brennstoffzyklus`.
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 00:39:38
      Beitrag Nr. 27 ()
      quelle der letzten zitate:
      aus dem buch von: claus biegert, der montag, der die welt veränderte. rororo aktuell, 1996.
      ebenfalls daraus der folgende kommentar von e.f. schumacher:

      >keine noch so grosse wirtschaftliche blüte könnte die ansammlung grosser mengen hochgiftiger stoffe rechtfertigen, von denen niemand weiss, wie sie `sicher` zu machen sind, und die für die gesamte schöpfung auf historische, wenn nicht sogar für die dauer von geologischen zeitaltern eine unberechenbare gefahr bleiben. ein solches tun ist ein angriff gegen das leben selbst, ein weit ernsthafterer angriff als jedes vom menschen jemals begangene verbrechen. die vorstellung, dass eine gesellschaft auf der grundlage solcher ``verbrechen`` leben kann, ist ethisch, geistig-seelisch und metaphysisch gesehen ein unding. sie bedeutet, dass die ökonomischen probleme des menschen so behandelt werden, als käme es auf die menschen überhaupt nicht an.>
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 11:29:33
      Beitrag Nr. 28 ()
      moin moin cabinda

      ist es nicht erstaunlich? wir tauschen uns seit tagen über eins der heißesten umweltthemen überhaupt aus und außer das viele es lesen kommt keine weitere meinung oder anmerkung in den thread. 601 mal gelesen und kein kommentar. auch das wohl ein zeichen wie wenig komplex und wie kompliziert dieses thema für viele wohl ist. also sollte ein buch, wenn es kommt, sehr anschaulich und "unwissenschaftlich" sein. sonst ließt es wohl keiner und verfehlt seine wirkung.

      ich will mal noch auf ein anderes problem zurück kommen.
      die globalplayer der wirtschaft, die ihre standorte überall auf der welt haben, zeichnen sich in den modernen industrieländern oft durch großes umweltarangement aus. sie müßen das auch, da in diesen ländern verbraucher kritische beobachter sind und einen relativ geschärften blick haben was da wie produziert oder "gedienstleistet" wird. aber die produktion in den billig-lohn-ländern und der umgang mit dem industrie- und produktionsmüll dort unterliegt meistens den dort gewachsenen entsorgungsmethoden. wenn diese schlecht und umweltunverträglich sind gehen auch die abfälle dieser "angagierten" unternehmen meist diese wege und das halte ich für sehr bedenklich. die meisten beispiele die einem da übel aufstoßen sind aus der nahrungsproduktion, also die waren die wir am dichtesten an uns ran lassen und denen wir am meisten vetrauen müßten.
      deutlich wurde das im verhalten der verbraucher in der hochzeit der bse-kriese. straußensteaks, krokodilfleisch, fisch und geflügel wurden verstärkt nachgefragt um das rindfleisch zu ersetzen in der küche. wer einmal gesehen hat wie in südostasien z.b. krokodiele für den verbrauch produziert werden, würde das zeug nicht mal in der verpackung im laden anfassen.
      das zeigt aber auch, das die masse der verbraucher nicht weiter als über den tellerrand sieht, denn sie tauschen den einen problemstoff gegen einen anderen aus ohne diesen genau zu betrachten. dieses beispiel lässt sich mit anderen produkten fortführen. teppiche, t-shirt´s, home-elektronic usw.
      lesen die leute, das in pakistan kinder die teppiche knüpfen müssen, kaufen sie eben teppiche aus china. nur dort ist es nicht anders.
      das war jetzt wieder sehr einfach dargestellt aber ich glaube so einfach muß man an die dinge ran gehen, da die meisten leute sie sonst nicht wahr nehmen wollen.

      gleich gehts weiter
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 11:55:39
      Beitrag Nr. 29 ()
      zum energiebedarf möchte ich noch einmal ein parr zahlen schreiben.
      die bevölkerung der industriestaaten ist eigentlich seit 1980 unwesentlich verändert. die in den entwicklungsländern dagegen wächst stark an.
      wenn man anhand der zahlen von 1995 unterstellt, das die bevölkerung in den entwicklungsländern jährlich um 30 - 60 mio. menschen zunimmt und dagegen den energiebedarf von derzeit ca. 25GJ auf 75 bis 100 GJ ableitet und dies durch den einsatz fossiler Rohstoffe ausgleichen wollte, müßte man z.b. rd. 80 bis 200 mio tonnen steinkohle verbrennen. dieses würde den zusätzlichen ausstoß von etwa 400 mio tonnen co² und rd. 7 mio tonnen no² bedeuten. die folge wäre mit sicherheit auf längere sicht gesehen eine weitere verändererung des weltklimas. also was nun? die wüste gobi mit solarplatten abdecken oder wälder aus windrädern bauen?
      alles was zum atomstrom geschrieben wird ist richtig. es ist ober gefährlich und ober riskant, aber was soll man denn nun alternativ tun?
      Ökofonds, die in die entwicklung alternativer konzepte investieren und die dann auch umgesetzt werden, können eine überlegung wert sein. doch wer legt sein geld über so lange zeit an und erhält dafür die hoffnung etwas für die WELT zu tun?

      also an alle schwarzleser ideenen sind gefragt!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 12:18:37
      Beitrag Nr. 30 ()
      hallo haispeed,
      m.e. kommt man um die kernkraft nicht herum (für die grundlast). trotzdem kann man ja in die regenerativen energien investieren, sie werden meiner meinung nach auf jeden fall weiterentwickelt. jetzt gibt es auch pläne für offshore-windparks.

      ich halte es für besser, in deutschland weiterhin auf kernenergie zu setzen als den atomausstieg zu propagieren. genau das, was du zum tellerranddenken/stichwort krokodilfleisch schreibst, haben wir nämlich auch in der kernenergiediskussion: wenn wir unsere akw`s abschalten, würde man nur billig strom aus russland, osteuropa und frankreich zukaufen. die dortigen kraftwerke haben aber nicht den gleichen sicherheitsstandard wie unsere.

      das hauptproblem scheint die entsorgung zu sein, die mir ja auch kopfzerbrechen bereitet hat. dazu habe ich nun etwas sehr interessantes gefunden, was ich gleich einmal hereinstellen will.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 12:46:37
      Beitrag Nr. 31 ()
      dies habe ich in einem anderen thread gefunden:

      Der vom italienischen Nobelpreisträger Carlo Rubbia in den vergangenen Jahren entwickelte Atommüllverbrennungsofen schafft es, mehrere 100 000 Jahre strahlendes Plutonium und andere radioaktive Elemente, wie sie bei der Stromerzeugung anfallen, in weitgehend harmlosen Abfall zu verwandeln. Bei dem Verfahren werden Protonen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit auf einen dicken Bleizylinder geschossen. Die durch den Aufprall frei geschlagenen Neutronen aus den Bleiatomkernen werden von den Abfallstoffen aufgenommen. Der entstehende Abfall hat danach nur noch eine sehr kurze Halbwertszeit von maximal 30 Jahren.

      Der Name klingt wie eine Mischung aus Internet-Aktie und Hightech-Achterbahn: Rubbiatron. Für Axel Fischer, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Karlsruhe, ist der Rubbiatron eine faszinierende Idee. „Die Grünen müssten eigentlich ganz wild darauf anspringen", sagt er. Denn die grüne Regierungspartei könnte sich die zähe Auseinandersetzung mit ihrer Ökobasis um eine geeignete Endlagerstätte sparen.

      Die Rubbiatron-Technologie gilt als revolutionär, weil dabei Atommüll in weitgehend harmlosen Abfall umgewandelt wird. Bei der Umwandlung (in der Fachsprache Transmutation) entstehen keine unkontrolliert ablaufenden Kettenreaktionen. Ein Reaktorunfall wie in Tschernobyl und Harrisburg, bei dem radioaktive Substanzen Mensch und Umwelt verseuchten, ist technisch-physikalisch unmöglich, versichern Physiker.

      Der Leiter des Projekts Nukleare Sicherheitsforschung am Forschungszentrum Karlsruhe, Gerhard Heusener, spricht von einer „unterkritischen Anlage". Er bestätigt:
      „Technisch gesehen ist die Transmutation ein möglicher neuer Entsorgungsweg." Bei dem wird sogar noch Energie zur Stromgewinnung frei. Der Rubbiatron als eierlegende Wollmilchsau unter den Reaktoren? Eine solche Anlage muss aber erst noch entwickelt werden. Bis der Rubbiatron in Serie gehen kann, vergehen mindestens 20 Jahre.

      Doch zur Entwicklung des revolutionären Müllofens möchte die Bundesregierung wenig bis nichts beitragen.
      Auf eine parlamentarische Anfrage von Axel Fischer antwortete der Bundeswirtschaftsminister, „das Verbot der großtechnischen Wiederaufbereitung von abgebrannten Kernbrennstoffen ist erklärtes Ziel der Bundesregierung".
      Im Übrigen bezweifelt er, dass ein solcher Transmutator sicherer sei als neuere Leichtwasserreaktoren. Jährlich gibt Deutschland zehn Millionen Mark für diesen Forschungszweig aus. Dabei soll es bleiben.

      Diese Auskunft nimmt der Karlsruher Abgeordnete Axel Fischer als Zeichen, „wie wenig Ahnung die Bundesregierung vom Thema hat". Er hofft, dass sich das Gespann Müller/Trittin nach Abschluss der Ausstiegsverhandlungen mit den Energiekonzernen aufgeschlossener zeigt. Aber auch die Atomstromproduzenten sind zurückhaltend. Bei dem atomfeindlichen Klima gebe es keine Chance, eine solche Technik rational zu diskutieren, sagt Dieter Brosche, zuständig für den Kernenergiebereich beim Bayernwerk.
      Andere Stimmen sagen, die Stromwerker hätten längst beschlossen, in die Suche und den Bau einer Endlagerstätte zu investieren.

      Nach einer Studie der Bündnis 90/Die Grünen nahe stehenden Heinrich Böll Stiftung können radioaktive Abfälle frühestens nach Ablauf einer Abklingzeit von 30 Jahren endgelagert werden. So lange, wird empfohlen, sollte der Atommüll am Kraftwerksstandort zwischengelagert werden. Bisher sind in Deutschland über 160 000 Kubikmeter Atommüll aus der Stromproduktion angefallen. Bis die erste Endlagerstätte gefüllt werden kann, wäre auch der erste Rubbiatron fertig.

      Das wiegt umso schwerer, als die bestmögliche Endlagerstätte, wie es in der Studie heißt, noch gar nicht gefunden ist. Außerdem haben Bürgerinitiativen mit Protestieren schon begonnen. „Deutsche Behörden befassen sich immer noch mit der Endlager-Illusion", behaupten Umweltschützer, die verhindern wollen, dass der ehemalige Schacht Konrad als Lagerstätte ausgewählt wird. Italien, Spanien und Frankreich haben weniger Berührungsängste mit der Transmutationstechnologie, weiß der Stuttgarter SPD-Europaabgeordnete Rolf Linkohr. Der Physiker setzt sich auf europäischer Ebene für die Forschung und Entwicklung des neuen Reaktortyps ein, versucht, mehr EU-Gelder dafür lockerzumachen.

      „Rubbias Idee ist bestechend und hat inzwischen viele Anhänger gefunden. Doch die Debatte ging über Expertenkreise nicht hinaus", bedauert Linkohr. Seiner Überzeugung nach eignet sich das Transmutationsverfahren auch zur Vernichtung von waffenfähigem Plutonium. US-Präsident Clinton und Russlands Präsident Putin haben vor einer Woche beschlossen, jeweils 34 Tonnen zu entsorgen.

      „Die Amerikaner haben damit kein Problem, sie haben das notwendige Kapital und außerdem ein sechsjähriges Entwicklungsprogramm mit einem Etat von einer halben Milliarde Mark aufgelegt." Die Russen könnten soviel Geld niemals aufbringen. Schon aus Eigeninteresse, so Rolf Linkohr, müssten die Länder der Europäischen Union Russland bei der Entsorgung unterstützen, damit die ausrangierten Atomraketen nicht irgendwann zur Bedrohung für Europa| werden.

      aus: sonntag aktuell vom 11.6.2000
      (dank an bw für den hinweis)

      http://www.linkohr.de/mn_gorle.htm
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 15:19:01
      Beitrag Nr. 32 ()
      ich denke schon, daß viele der leser sehr wohl eine meinung zu dem thema haben bzw. sich differentiert damit beschäftigen können.
      falls ihr wirklich noch denkt, daß wir in absehbarer zeit nicht vollständig auf regenerative energien umsteigen könnten empfehle ich euch das buch:

      "sonnen-strategie" (politik ohne alternative)
      von hermann scheer
      es ist als taschenbuch für 24,90DM erhältlich.

      es ist wirklich sehr spannend geschrieben

      ein interessantes, aktuelles interview mit hermann scheer kann man sich auch mit dem real-player unter http://www.deraktionaer.de/upload/btr/6511_988977071_realaud…" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">http://www.deraktionaer.de/upload/btr/6511_988977071_realaud… anhören.
      er rechnet dort z.b. vor, daß:
      -55.000 windkraftanlagen mit 1,5MW (es gibt in deutschland 280.000 hochspannungsmasten) ausreichen würden um ein drittel des strombedarfs zu decken.
      -alle kleinwasserkraftwerke die am anfang des jahrhunderts noch genutzt wurden mit neuer technik ausgerüstet ca. 50% der atomkraftwerkskapazitäten ersätzen könnten.

      mfg artventura
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 15:53:33
      Beitrag Nr. 33 ()
      @artventura
      aber hallo ein neues mitglied in unserer runde.

      ich kenne dieses buch und es ist gut geschrieben, doch auch nur auf eine sichtweise ausgerichtet. was man tun muß um kernenergie zu ersetzen ist das eine aber was man z.b. mit dem in der welt angeheuften müll macht das andere. wenn du im thread weiter zurück gehst, kannst du lesen was wir auch noch als problem sehen. zb. den atomwaffenmüll.

      norwegen ist übrigens bezüglich der wasserkraft ein sehr gutes beispiel. allerdings haben nicht alle länder die geographischen bedingungen um so energie zu erzeugen. auch leben wir in einem hoch industriealisierten land und haben einen sehr hohen bedarf und die preise und flächen für die installation zb. der windanlagen darf man sicher auch nicht außer acht lassen. die regenerierung der alten wasserkraftwerke würde wieder einen eingriff in das regionale ökosystem bedeuten. die windparks sind auch ein solcher eingriff. so sauber wie sie sind verändern gerade große windparks doch auch das ökosystem in ihrem umfeld.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 16:17:04
      Beitrag Nr. 34 ()
      @haispeed
      was meinst du zu dem artikel über rubbiatron? könnte das theoretisch auch eine lösung für den atomwaffenschrott sein? natürlich ist es viel zu spät, wenn diese technik frühestens in zwanzig jahren einsetzbar ist. aber sie wäre immerhin ein lichtblick für die zukunft. ist es nicht seltsam, dass man in den medien darüber überhaupt nichts liest, oder täusche ich mich da?

      wo du die solarplatten über der wüste gobi erwähnst: neulich las ich etwas über solarstrom aus der wüste, und zwar mit hilfe von supraleitern. leider finde ich den artikel nicht wieder, er erschien bei www.finanznachrichten.de in der serie zukunftstechnologien.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 18:05:13
      Beitrag Nr. 35 ()
      zum thema solarstrom in der wüste -und zwar mit supraleitern:
      hierzu ist auch in PHOTON 1-2/2000 ein großer artikel erschienen, näheres kann ich bei interesse noch liefern

      grüße bäristlos
      Avatar
      schrieb am 29.05.01 18:34:18
      Beitrag Nr. 36 ()
      @bäristlos
      das würde mich sehr interessieren, auch wenn man wohl einen weiten zeithorizont bis zur realisierung solcher projekte haben muss.

      @artventura
      vielen dank übrigens für deine buchempfehlung und den link.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 30.05.01 09:53:58
      Beitrag Nr. 37 ()
      @cabinda

      der beitrag ist gut. ich hab ihn mir rauskopiert um ihn noch mal in ruhe zu lesen.

      die technik zum rückbau des atomwaffenmülls gibt es ja schon lange, auch in deutschland. die nukem in hanau wäre so eine anlage. doch diese anlage hat so ein schlechtes ansehen, dass sie jetzt wohl doch abgerissen wird. sie hat aber auch jede menge skandale verursacht, dass will ich garnicht verschweigen. doch die technische modernisierung solcher verfahren können helfen das problem zu lösen.

      ein neues thema bei der energieerzeugung ist übrigens auch die verwendung von biomasse. der bundesrat stimmte der verordnung zur energieerzeugung aus biomasse gerade zu. es soll jetzt ein erfahrungsbericht der länder erarbeitet werden. es fehlt noch die zustimmung des bundestages. biomasse bezieht sich hir auf nachwachsende rohstoffe wie pflanzenabfälle und holz.

      das land baden-würtenberg stellt für die forschung in diesem bereich 10 mio. dm zur verfügung. vor allem der einsatz von holz bildet den ersten geförderten bereich.

      ein weiteres verfahren ist die regionale verwendung von kapazitär kleinen müllverbrennungsanlagen wie sie die firma van roll aus der ch. anbietet. hir in zusammenarbeit mit der rwe-entsorgung. diese anlagen können schon mengen von ca. 50.000 jahres tonnen kosteneffektiv verbrennen und strom auskoppeln. ein erstes projekt soll in husum anlaufen. dieses system wird vor allem in den neuen bundesländern einsatz finden, denn dort gibt es noch keine verbrennungskapazitäten.

      so jetzt bin ich mal abgeschweift und habe eigentlich nur techniken aufgezählt, die schon jetzt einsatz finden könnten.

      da ja alle sich hir auch mehr oder weniger für tomra interessieren, noch eine info:

      tomra hat auch konkurrenz. die firma MRV Multi Reverse Vending GmbH hat einen Rücknahmeautomaten entwickelt der in der lage ist beide verpackungsarten zurück zu nehmen, also einweg und mehrweg. die automaten sind über ein datennetz mit service-stellen verbunden. die verrechnung mit der pfand-clearing-stelle kann auch über dieses datennetz laufen.
      alle die tomra als den großen nutznießer sehen, sollten daran denken, das innovation auch ein markenzeichen anderer firman sein kann und aufsteigern den weg "ins große geschäft" ermöglicht. wenn das pfand denn kommt.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 01.06.01 22:28:58
      Beitrag Nr. 38 ()
      Biomasse-Verordnung im Bundestag verabschiedet

      Die Biomasse-Verordnung ist heute im Bundestag verabschiedet worden. Mit einem Investitionsvolumen von mindestens zwei Milliarden DM in den nächsten drei Jahren rechnet die energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Michele Hustedt,in den kommenden drei Jahren.

      Mit der Verordnung würden die notwendigen Klarstellungen getroffen, welche Stoffe und technische Verfahren bei Biomasse in den Anwendungsbereich des EEG fallen, und welche Umweltanforderungen dabei einzuhalten sind. Als wesentliche Problembereiche traten dabei die Frage der Altholz-Nutzung und des Umganges mit tierischer Biomasse auf, für die konstruktive Lösungen gefunden wurden:

      - so soll es ermöglicht werden, dass alle Altholznutzungen nach EEG vergütet werden können. Voraussetzung dafür ist jedoch das Vorliegen einer Genehmigung nach 17. BImSchV und der Erreichung von elektrischen Mindestwirkungsgraden im Falle des Einsatzes von Altholz in reinen Kondensationsstromanlagen.

      - bei der Verwendung von Biomasse tierischen Ursprungs gibt es gegenüber der bisherigen Praxis keine Einschränkungen. Stoffe, die keine Ausnahme nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz erhalten, bleiben jedoch weiterhin von der Vergütung nach EEG ausgeschlossen.

      Es wird damit gerechnet, dass die Biomasse-Verordnung in der nächsten Woche in Kraft tritt.


      @all
      nun wüsste ich noch gern, welche gase mit der biomasse produziert werden, und wie sie sich auf den treibhauseffekt auswirken könnten. irgendein kinken ist doch immer dabei. kennt sich da jemand aus?

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 01.06.01 22:48:10
      Beitrag Nr. 39 ()
      jetzt möchte ich gern noch einmal auf das thema `wirtschaft und ökologie` zurückkommen. ich meine nach wie vor, dass die industrie in ansätzen das potential nachhaltigen wirtschaftens und eben auch der regenerativen energien erkennt. dazu folgender auszug eines iwr-artikels:

      Regenerative Energien in Deutschland

      In Deutschland ist die Steigerung des Anteils regenerativer Energien auf dem Stromsektor vor allem auf den Zubau an Windkraftanlagen zurückzuführen. Wurden 1998 noch rd. 27 Mrd. kWh Strom (inkl.Wasserkraftanlagen der Industrie) durch regenerative Energien erzeugt, so steigt dieser Wert 1999 auf ca.31 Mrd.kWh. Vor allem der Anstieg der Stromerzeugung aus Wind von 4,5 auf 5,9 Mrd.kWh sowie die höhere Produktion aus Wasserkraftanlagen haben wesentlich zur Steigerung im Jahr 1999 beigetragen. Flankiert durch die Einführung des EEG dürfte vor allem der regenerative Stromsektor in Zukunft überdurchschnittlich wachsen. Eine im Auftrag des BMU/UBA durchgeführte Studie „Klimaschutz durch Nutzung erneuerbarer Energien “ zeigt aber auch, dass für das Ziel einer Verdopplung des Anteils erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2010 in Deutschland der bisher eher vernachlässigte regenerative Wärmemarkt einen wichtigen Beitrag leisten kann.

      Industriepolitische Auswirkungen

      Nicht zuletzt die kausale Verknüpfung zwischen Kernenergie und regenerativen Energien hat in Deutschland lange Zeit den Blickwinkel auf den Klimaschutz, den energiewirtschaftlichen Versorgungsaspekt und den potentiellen Beitrag am jeweiligen nationalen Energiebedarf verengt. Gleichwohl dürfte sich in Zukunft eine „Regenerative Energiewirtschaft “entwickeln, in der zusätzlich das industrielle Potential wahrgenommen wird.

      In Ländern wie beispielsweise Dänemark oder Deutschland,in denen in einem frühen technologischen Entwicklungsstadium die Windenergie unterstützt und das neue Industriefeld besetzt wurde, stehen heute die weltweit wichtigsten Produktionsstätten für diese regenerative Energietechnik. Zusätzlich hat sich neben den reinen Herstellerbetrieben ein Netzwerk aus Forschung und Entwicklung sowie eine leistungsstarke Zulieferindustrie etablieren können.

      Auch in Deutschland hat die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien zu einer deutlich höheren Nachfrage nach dezentralen Energieanlagen und Dienstleistungen geführt. Bereits 1999 erreicht der Umsatz mit der Herstellung und Errichtung regenerativer Energieerzeugungsanlagen (Wind-,Solar-, Wasser-,Bio-und Geoenergie) sowie mit Dienstleistungen nach einer vorläufigen IWR-Schätzung ein nationales Marktvolumen in Höhe von über 3,5 Mrd.Euro (1998:3 Mrd.Euro) und sichert damit rd. 28 000 Arbeitsplätze.

      Eine erstmals für ein Bundesland empirisch durchgeführte Arbeitsplatzstudie konnte zeigen, dass in Nordrhein-Westfalen über 1 000 Firmen direkt oder indirekt im Anlagen-und Systembau regenerativer Energietechniken involviert sind. Allein 1998 wurden bei über 400 NRW-Unternehmen Umsätze in Höhe von über 500 Mio.Euro erzielt und rd. 3 400 Arbeitsplätze gesichert.

      Zukünftig kontinuierliche Steigerungsraten und ausgeprägte Wachstumsschübe

      Unterstellt man den angenommeen Verlauf im Trendszenario, dann ist unter energiewirtschaftlichen Gesichtsunkten bis zum Jahr 2005 eine Steigerung der regenerativen Stromerzeuung von derzeit 2 800 Mrd. kWh auf 3 200 Mrd. kWh und bis zum Jahr 2010 auf 3 500 Mrd. kWh möglich. Ohne weitere politische Stützungsmaßnahmen stagniert der Anteil erneuerbarer Energien auch im Jahr 2010 unverändert bei rd. 20 %.

      Es gibt allerdings gute Gründe dafür anzunehmen, dass sich neben der Energieversorgung vor allem dem regenerativen Anlagen- und Systembau längerfristig große Zukunftsper- spektiven eröffnen. Der jährliche globale Anlagenmarkt für regenerative Energietechniken in Höhe von 12 Mrd. Euro könnte bis zum Jahr 2010 auf ein jährliches Volumen von 30 Mrd. Euro p. a. steigen. Regierungen dürften zunehmend unter industriellen Zugzwang geraten, die technische und wirtschaftliche Entwicklung auf dem regenerativen Energiesektor auch im eigenen Land durch Firmenansiedlungen zu unterstützen.

      Der weltweite Anstieg des Energiebedarfs bleibt nicht zuletzt auf Grund des anhaltenden Bevölkerungswachstums ungebrochen, wenngleich die zukünftige Entwicklung und das wirtschaftliche Wachstum zunehmend mit einem effizienteren Energieeinsatz einhergeht. Auf EU-Ebene ist geplant,den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln. Letztendlich dürften die volatilen Öl- und Gaspreise bzw. die auf der Zeitschiene immer wieder mit unterschiedlicher Stärke auftretenden öffentlichen Diskussionen um den globalen Klima-und Umweltschutz oder die Verknappung fossiler Energieträger dafür sorgen, dass der weltweite Markt für regenerative Energieanlagen kontinuierliche Steigerungsraten bzw. Zwischenphasen mit ausgeprägten Wachstumschüben aufweisen wird.
      Avatar
      schrieb am 01.06.01 23:07:14
      Beitrag Nr. 40 ()
      was machen eigentlich unsere deutschen versorger. inwiefern kümmern die sich um alternative energien? hier etwas zu RWE:


      Seine Aktivitäten auf dem wachstumsstarken Markt für dezentrale Stromerzeugung verstärkt der Essener RWE-Konzern. Wie das Unternehmen mitteilt, geht RWE Plus, die Führungsgesellschaft für den Stromvertrieb, zu diesem Zweck ein Joint-Venture mit dem amerikanischen Brennstoffzellen-Hersteller Nuvera Fuel Cells ein. Nuvera, im April vorigen Jahres aus einer Fusion mehrerer kleiner Unternehmen hervorgegangen, ist nach eigenen Angaben der weltweit führende Anbieter neuartiger Brennstoffzellen.

      In Kooperation mit dem deutschen Energie-Versorger sollen künftig auf der Basis der Kraft-Wärme-Kopplung Anlagen mit einer Leistung von bis zu 50 kW entwickelt und vertrieben werden. Anwendung könnten diese Brennstoffzellen zur Ergänzung der konventionellen Stromversorgung oder zur Herstellung einer autarken Versorgung in Wohngebäuden und kleineren Gewerbebetrieben finden. Nach Einschätzung von RWE dürfte sich der Anteil derartiger Anlagen zur dezentralen Stromversorgung innerhalb der nächsten zehn Jahre von bislang rund 15% auf 30% verdoppeln. Wie der Konzern auf Anfrage von wallstreet:online mitteilt, strebt RWE auf diesem Sektor eine starke Position an. Konkrete Umsatzprognosen will das Unternehmen mit Hinweis auf das frühe Stadium der Marktentwicklung allerdings nicht abgeben.
      (w.o.-meldung vom 29.05.01)

      ein bein will man schon drin haben im zukunftsmarkt?
      Avatar
      schrieb am 04.06.01 21:10:41
      Beitrag Nr. 41 ()
      DBV: Bioenergie wird Strommarkt erobern - 02.06.2001
      -----------------------------------------------------------
      Bonn (agrar.de) - Als wichtige Entscheidung für den gesellschaftspolitisch gewünschten Ausbau der erneuerbaren Energien hat der Deutsche Bauernverband (DBV [1]) die Annahme der Biomasse-Verordnung durch den Deutschen Bundestag bezeichnet. Jetzt sei der Weg frei, den Investitionsstau in der Bioenergiebranche aufzulösen und für die einzelnen Anlagenbetreiber Investitionssicherheit zu
      gegeben. Der DBV erwartet eine rasche Ausweitung der Bioenergie auf dem Strommarkt mit Investitionen und Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.
      Kernpunkt der Biomasse-Verordnung ist die Regelung über die Stoffe und technischen Verfahren zur Nutzung von Biomasse im Anwendungsbereich des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Danach können zur Energiegewinnung Wirtschaftsdünger, Energiepflanzen, Restholz aus der Durchforstung verwandt werden.
      Für SPD und Grüne wird mit der Verordnung die `Vision vom Landwirt als Ölscheich zur Wirklichkeit. Im EEG wird Betreibern von Biomasse-Kraftwerken für die Einspeisung ihres Stroms ins öffentliche Netz ein Festpreis von 17 bis 20 Pfennig pro Kilowattstunde zugesichert. Die Grüne Energieexpertin Michaele Hustedt erklärte: Mit einem Investitionsvolumen von mindestens zwei Milliarden Mark in
      den nächsten drei Jahren wird ein nachhaltiger Beitrag zum Klimaschutz und zur Schaffung vieler Tausend neuer Arbeitsplätze geleistet`, erklärte Hustedt.

      @grar.de Aktuell - Nachrichten aus Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz vom 02.06.01
      Avatar
      schrieb am 04.06.01 21:36:10
      Beitrag Nr. 42 ()
      @haispeed
      hallo haispeed, schön dass du wieder da bist! verregnete pfingsten, was? ja, das ist schon mal wieder ein schrittchen in die richtige richtung mit der biomasse-verordnung - aber weisst du etwas über die nachteile? (ich bin einfach gern rundum informiert;)).

      hier noch was schönes zu meiner theorie, wie der verbraucher die wirtschaft beeinflussen kann (diesmal nicht krokodil statt rind, sondern biokost bei aldi - ob wir dieser revolution trauen dürfen?):

      Der Druck auf die Anbieter wächst:

      Aldi setzt auf Öko

      Der Lebensmittel-Discounter Aldi holt Bioprodukte in seine Regale: Die niedersächsische Molkerei Heideblume beliefert die deutschlandweit agierende Handelskette künftig mit ökologisch angebauten Produkten.


      afp ELSDORF. Zunächst sollen nur Brotaufstriche und Joghurts als Bioprodukt angeboten werden, sagte Molkerei-Geschäftsführer Knut Jung am Freitag in Elsdorf. Über eine Erweiterung des Sortiments etwa mit Milch werde aber bereits verhandelt. "Das Bedürfnis der Verbraucher für Bioprodukte wächst", erklärte Jung. "Aldi besitzt in Deutschland eine Vorbildfunktion, so dass andere Lebensmittelketten nachziehen werden."

      Auch aus Sicht der Verbraucherverbände wächst für alle Anbieter der Druck, Bioware in das Angebot aufzunehmen. "Aldi setzt auf Öko, und alle anderen werden nachziehen", sagte Manfred Dimper von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Damit steigen die Chancen für die von Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) geforderte Agrarwende. Sie will den Umsatzanteil von Ökoprodukten im Lebensmittelhandel von derzeit zwei Prozent langfristig auf 20 Prozent steigern. Dies wiederum lässt sich nach Meinung der Verbraucherverbände nur erreichen, wenn die Ware häufiger als bisher auch in den Billigmärkten angeboten wird.

      HANDELSBLATT, Freitag, 01. Juni 2001

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 05.06.01 01:06:26
      Beitrag Nr. 43 ()
      @cabinda
      du fragtest nach den nachteilen der biomasse nutzung bzw. nach dem haken an dem neuen trend z. b. in form von emissionen.
      ich bin selber kein fachmann, aber werde mal versuchen den vorgang der biogasgewinnung kurz darzustellen:
      bei der zersetztung von biomasse gibt es zwei verschieden bakterielle formen.
      1. die aerobe zersetzung
      2. die anaerobe vergärung
      die erstgenannte form findet unter dem einfluß von sauerstoff statt und es entsteht wärme sowie co2.
      bei der zweiten form ist ein sauerstoff freies millieu foraussetzung. bei dieser form verwerten die bakterien die biomasse unter der freisetzung von biogas.
      diese beiden formen kommen natürlich überall in der natur vor. letzer aber auch in den vielen tausend güllegruben der landwirte.
      bei der biogas gewinnung passiert also nichts anderes, als was sowieso stattfinden würde. der unterschied besteht lediglich darin, daß das biogas (bestehend aus 60% CH4/methan und 30%CO2) unter optimierten bedingungen erzeugt und daß es zur weiteren nutzung aufgefangen wird.
      wenn man nun bedenkt, daß methan in seiner klimatischen auswirkung etwa 30 mal so schädlich ist wie CO2, während bei der verbrennung von biogas welches ähnliche eigenschaften wie erdgas hat fast nur CO2 entsteht, kann man sich ausmalen welchen effekt die biogas nutzung hat.
      von einer zusätzlichen umweltbelastung kann als garnicht die rede sein. im gegenteil, der umwelt bleibt durch die kontrollierte vergärung und das darauffolgend unschädlich machen des methangases die klimabelastung erspart. den volkswirtschaftlichen nutzen dieses sachverhaltes zu quantifizieren ist sicherlich schwer möglich.
      bei der verwertung von stallmist bzw. gülle können die vermiedenen globalen folgekosten der klimaerwärmung jedoch etwa 2400 DM pro jahr und GVE (großvieheinheit = ca.500kg)betragen.
      eine 250.000 DM teure biogasanlage für 100 GVE würde sich also binnen einen jahres annähernd abbezahlen wenn man die folgekosten der klimaerwärmung zu grunde legt. (Korn, J. 2000, solarbrief 5/00).
      dieses beispiel trifft natürlich für die fälle in denen eine aerobe zersetzung stattfinden würde so nicht zu, doch auch dann entstünden keine zusätzlichen emmissionen.

      falls jetzt jemand auf die idee kommen sollte, daß man in einer biogasanlage ja den wertvollen natürlichen dünger "verbrennt", ist noch anzumerken, daß der düngewert durch die vergärung wesentlich erhöt wird. die nährstoffe (vorallem N/stickstoff) sind nun für die pflanzen wesentlich besser verfügbar, die geruchsbelästigung bei der ausbringung entfällt und die nitrat auswaschung ins grundwasser ist stark reduziert

      das entsehende biogas wird relativ zeitnah in einem BHKW verbrannt, wobei der strom nach dem EEG für 17-20 Pf. pro kw/std. ins netz eingespeist, und die wärme einerseits zur beheitzung des fermenters sowie z.b. für die hausheitzung verwendet wird.

      ich denke die perspektiven für die landwirtschaft, sich in der erzeugung von energie in form von pflanzenölen, energetisch nutzbaren feststoffen und biogas ein neues standbein aufzubauen, sind für die zukunft ganz hervorragend.

      mfg artventura
      Avatar
      schrieb am 05.06.01 14:13:02
      Beitrag Nr. 44 ()
      @artventura
      vielen dank für deine ausführungen zum biogas - das klingt soweit überzeugend. ich hatte irgendwo über die nachteile der energiegewinnung aus biomasse gelesen, finde das aber leider nicht mehr. lassen wir es also mal so stehen.

      zum thema co2-ausstoss/treibhauseffekt habe ich übrigens heute eine interessante meldung gefunden, die manchen überraschen dürfte. sie erinnert mich ein bisschen an die aufregung ums waldsterben, für das sich dann später auch andere gründe fanden (das soll allerdings nicht heissen, dass ich etwas gegen klimaschutz hätte):


      Klimaveränderung:
      Wasserdampf trägt deutlich zur Erderwärmung bei

      Wasserdampf spielt bei der Erderwärmung eine größere Rolle als bisher angenommen. Dies ergab eine Studie im Rahmen des Weltklimaforschungsprogramms. Seine Konzentration in 12 bis 16 Kilometer hohen Luftschichten habe in den vergangenen 45 Jahren um 75 Prozent zugenommen, teilte Projektleiter Professor Dieter Kley vom Forschungszentrum Jülich mit. Mit dieser Konzentration habe Wasserdampf deutlich zur Erderwärmung beigetragen. Die Ursache für die Zunahme in der Stratosphäre sei nicht bekannt.

      Seit 1980 habe Wasserdampf zu einem Temperaturanstieg um 0,11 Grad geführt. Im Vergleich dazu habe das Haupttreibhausgas Kohlendioxid in dieser Zeit eine Steigerung um 0,25 Grad hervorgerufen. "Wir verstehen nicht, warum der Wasserdampf zugenommen hat", kommentierte Kley die Ergebnisse der Studie im Rahmen des Weltklimaforschungsprogramms. Bisher habe eine großräumige Luftzirkulation für ein dynamisches Gleichgewicht der Gase in den oberen Luftschichten gesorgt.

      Das Studienergebnis werde dazu führen, dass bisherige Temperaturberechnungen, die allein auf den Ausstoß von Kohlendioxid beruhten, neu überdacht werden müssten. Daneben lasse sich die jüngste Prognose, dass sich die Erde in den nächsten 100 Jahren um 1,4 bis 5,8 Grad erwärmen werde, wahrscheinlich weiter konkretisieren, meinte der Atmosphärenchemiker.
      (www.ntv.de, wissen)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 05.06.01 15:11:20
      Beitrag Nr. 45 ()
      hallo zusammen

      gehört zwar nicht direkt hir her aber dürfte vieleicht von interesse sein.
      am 06.06.01 zwischen 18°° und 20°° uhr findet ein chat mit den eu-kommissaren fischler und byrne zum thema:
      "ist der verbraucher bereit höhere preise für lebensmittel zu zahlen? ist die intensivlandwirtschaft wirklich die ursache der derzeitigen vertrauenskrise oder ob sie ausfluss der modernen ernährungsgewohnheiten ist."

      vorab können fragen per email unter folgender adresse eingereicht werden:
      Chat-Fischler-Byrne@cec.eu.int

      chat adresse findet ihr unter:
      http://europa.eu.int/comm/chat/instructions/index_de.htm

      viel spaß bei der meinungsbildung!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 05.06.01 23:54:38
      Beitrag Nr. 46 ()
      @hallo cabinda

      pfingsten war o.k. aber das wetter war echt der hammer. in den nachrichten hab ich gehört, dass es auf dem brocken geschneit haben soll. letztes jahr um die zeit hatte ich meinen ersten sonnenbrand und was und wer sind schuld?
      natürlich die klimaerwärmung und die investoren die ihre unternehmen nicht zur nachhaltigkeit im umgang mit der natur erzogen haben. ;-)

      das mit aldi gibt mir sofort wieder zu denken. wie lange wird der lieferant für bioprodukte wohl seiner philosophie treu bleiben? was macht er bei lieferengpässen? wenn aldi diese akzeptiert o.k. aber wenn nicht ist er entweder bald wieder raus oder er muß wachsen und was macht er dann? zukaufen erweitern nachgeben? oder nutzt aldi die werbung mit dem verkauf dieser produkte, um einen "dunstschleier" um den verbraucher zu produzieren und ihm einzureden, dass aldi super und umweltbewußt ist? ich weiß es nicht aber ich bin wie immer skeptisch bei allem was eigentlich nur mit geld zu tun hat.

      lassen wir uns überraschen!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 06.06.01 11:26:49
      Beitrag Nr. 47 ()
      @haispeed
      hallo haispeed, ähnliche bedenken habe ich auch. aber gegenüber den kunden wird man sich sicher bemühen, ein ordentliches angebot zu machen (die qualität der aldi-ware ist gut, der ruf daher auch: ich habe gelesen, dass aldi inzwischen die lebensmittelmarke in deutschland ist). nur wie es dann hinter den kulissen aussieht, ist eine andere frage (zum stichwort ausbeutung fällt dir wahrscheinlich auch einiges ein - ich will mich hier lieber nicht weiter dazu äussern, aber ich habe einmal ein buch über die firma gelesen und kann dir morgen was dazu erzählen).

      davon abgesehen besteht hier aber eine schöne chance, das professionelle vertriebsnetz zu nutzen für einen nahrungsmittelsektor, dem es bislang an einem vernünftigen logistischen konzept fehlt. in der zusammenarbeit mit aldi könnten sich also unnötige kosten einsparen lassen, die bisher auch zu den hohen preisen für bioprodukte beigetragen haben (dass höhere qualität auch teurer bezahlt werden muss, ist klar, aber der preisaufschlag für das schlechte vertriebsnetz entfiele).

      für mich ist nach wie vor die zentrale frage, ob sich profitgier und nachhaltiges wirtschaften grundsätzlich ausschliessen oder ob man den menschlichen drang zum schnöden mammon in vernünftige bahnen lenken und somit für die umwelt nutzen kann. bleiben wir mal beim beispiel förderung des verbrauchs von ökoprodukten. biokost z.b. kommt ja nicht nur dem verbraucher direkt zugute, sondern im optimalfall auch der natur. je grösser die nachfrage, desto mehr muss auf umweltschonende weise davon produziert werden. was du aber wohl auch denkst, ist, dass bei massenproduktion biologisch-dynamischer ware die nächste stufe wieder qualitätseinbussen bringt, denn je mehr produziert wird, desto aufwendiger und teurer ist die qualitätskontrolle und um so stärker wird der hang zur altbekannten schlamperei...

      na, wie du schon sagst, lassen wir uns überraschen.

      zum thema öko-lebensmittel noch ein kleiner artikel, damit wäre dann auch der weite bogen zum einfluss des internet auf die zukunft der umwelt gespannt;):

      Öko-Produkte

      E-Commerce-Aushängeschild
      Auch die Unitednature AG, München, geht neue Vertriebswege. Sie ist das E-Commerce-Aushängeschild der Branche. Im dem Online-Shop kann der Kunde aus rund 4000 Artikeln wählen. Zu dem Sortiment gehören neben Lebensmittel, Kosmetika, auch Haushaltsartikel und Bücher. Ähnlich wie die kleineren Betriebe liefert Unitednature die Ware nach Hause.
      Im Gegensatz zu den bäuerlichen Lieferdiensten handelt Unitednature auch mit Bio-Produkten, die aus Ländern wie Frankreich und Spanien oder aus China importiert werden. Im Angebot des Direktvermarkters finden sich auch Suppen oder Ketchup und Majonäse. Unitednature profitiert von der gestiegenen Interesse an Bio-Produkten. So konnte die Umsatzprognose bei Frischware für Januar nach eigenen Angaben um rund 2500 % übertroffen werden und lag damit bei rund 1 Mill. DM.

      grüsse
      cabinda

      p.s. danke noch für den hinweis auf den eu-chat.
      Avatar
      schrieb am 06.06.01 12:07:06
      Beitrag Nr. 48 ()
      ein freund hat mir mal seine gedanken zum kaufverhalten der verbraucher in der zukunft unterbreitet.

      aufgrund der tatsache, dass der generationswechsel dazu führt, dass immer mehr menschen mit dem medium internet umgehen und dies immer aktiver, wird sich der verbraucher auch in seinem kaufverhalten natürlich stark verändern. er meint, daß immer mehr leute der jüngeren generationen das internet nicht nur for fun nutzen, sondern es zum bestandteil ihres lebensstils machen werden. er sieht vor allem das kaufverhalten einer starken änderung unterlegen. die verbraucher werden vermehrt via internet ordern und schon in 10 bis 15 jahren würden ein großer teil des tagesbedarfs der leute per internet geordert, da das einkaufen im supermarkt "uncool" und zu stressig ist. wir geraten immer mehr in die "freizeitorientierte welt" und darum wird der bedarf an service zur erleichterung des täglichen lebens immer größer.
      der freund ist übrigens geschäftsführer eines großen lebensmittelherstellers.
      idee ist es eine firma einzurichten, die bei den anzuschließenden verbrauchern lieferboxen betreibt, wo im nachtlieferservice die sachen des täglichen bedarfs eingelagert werden, die vorher per internet geordert wurden. großer vorteil ist, dass so eine "handelskette" nur zentrallager betreiben muß und die shop- u. verkaufseinrichtungen und natürlich das personal spart. die lieferung wird von großlogistikern übernommen. halt ähnlich wie otto-versand. nur im großen stiel mit den waren des täglichen bedarf. damit kann eine austrocknung der großen supermärkte eintreten und die betreiber dieser ketten geraten ins schleudern, wenn sie ihre strukturen nicht frühzeitig anpassen. eine firma die so an den kunden geht, hätte die chance zu einem riesen unternehmen herran zu wachsen. also die aldistorry kann noch mal gelingen.

      ich glaube auch das das kommen wird. das heißt aber auch, der bürger muß mehr sicherheit in bezug auf die qualität der waren haben, da er ja nicht mehr persönlich am regal steht und direkt vergleicht. ich bin sogar der meinung, dass ein betreiber so eines systems keine großen lager betreiben muß, da viele produkte regional von den herstellern direkt geliefert werden könnten und hir sehe ich großes einsparpotential auch zu gunsten der umwelt, um den bogen mal wieder zu bekommen.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 08.06.01 18:12:36
      Beitrag Nr. 49 ()
      hallo haispeed,
      das von deinem freund skizzierte modell ist vorstellbar und würde ja durchaus sinn machen. im moment ist es aber noch so, dass die möglichkeit, online einzukaufen, relativ wenig genutzt wird, ich meine, neulich gelesen zu haben, dass die zahlen sogar rückläufig sind. die leute schätzen den erlebnischarakter des einkaufens, und ich meine auch, dass für viele der soziale kontakt dabei wichtig ist.
      was könnte zu einer verhaltensänderung und verstärkter nutzung der online-angebote führen? damit müsste man sich mal näher beschäftigen. spontan fällt mir dazu ein:

      a. in einer übergangsphase bekommen wir nicht mehr freizeit, sondern weniger, weil wir uns einer informationsüberflutung ausgesetzt sehen, mit der wir erst lernen müssen umzugehen. wir sind den halben tag online und verlieren uns in einem labyrinth, dessen wege und irrwege wir erst kennenlernen müssen. in dieser phase vermeiden wir es, auch noch online einzukaufen.

      b. wir bekommen in fernerer zukunft mehr freizeit, weil das internet uns arbeit erspart. diese nutzen wir verstärkt für interessante beschäftigungen wie hobbies, sport usw. und können dadurch auf das erlebnis einkaufen gut verzichten.

      die idee an sich passt zum grossen thema logistik, das in der zukunft eine ständig wachsende rolle spielen dürfte. der tägliche wahnsinn auf den autobahnen ist ja nicht zu begreifen. warum wird über tausend kilometer hinweg bayrischer joghurt nach flensburg gekarrt, als ob wir hier in norddeutschland keine kühe hätten, und umgekehrt.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 08.06.01 18:43:34
      Beitrag Nr. 50 ()
      zum thema umwelt und verkehr noch folgende meldung. ohne subventionen wäre es wohl noch nicht soweit...:

      BMW präsentiert Wasserstoff betriebenen „750

      Anläßlich einer internationalen Demonstrationsfahrt in einem mit Wasserstoff betriebenen BMW 750hL informierte sich heute der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, Siegmar Mosdorf, MdB, über den derzeitigen Stand der Technik im Automobilbau mit Wasserstoffantrieben. Die BMW Limousine ist ein leistungsfähiges Automobil mit Wasserstoffantrieb und stammt auch als einziges, aus einer Kleinserienproduktion. Wasserstoff ist eine Vision, die Zukunft, Sicherheit und Mobilität, mit nachhaltigem Klimaschutz zu verbinden. Das Bundeswirtschaftsministerium beschäftigt sich nicht erst seit dem Anstieg der Benzinpreise mit Wasserstofftechnologien und alternativen, unabhängigen Antriebstechniken. Erhebliche Mittel wurden hierfür zur Verfügung gestellt. In den Jahren 2001 bis 2003 investiert das BMWi aus dem Zukunfts-Investitions-Programms (ZIP) der Bundesregierung jeweils 80 Millionen DM. Diese Sondermittel fließen zusätzlich in die Erforschung und Entwicklung (FuE) umweltschonender Energietechnologien. Gefördert werden u.a. die Forschung und Entwicklung auf den Gebieten: Brennstoffzellen (für stationäre Blockheizkraftwerke und Fahrzeugantriebe) sowie sonstige Antriebstechnologien (Hochleistungsbatterien) und regenerativ erzeugte Treibstoffe, insbes. Methanol und Wasserstoff. Darin enthalten ist der Einsatz von bis zu 10 wasserstoffbetriebenen Nahverkehrsbussen in 4 Städten Deutschlands. Siegmar Mosdorf: "Deutschland ist die erste Adresse des Automobilbaus seit mehr als 100 Jahren und es geht jetzt um einen neuen Quantensprung. Es geht bei der Brennstoffzelle oder beim Wasserstoffantrieb um neue Antriebstechniken, die den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts gerecht werden können. Für die Urbanität unserer Städte bedeutet es ein unglaubliches Plus, wenn wir emissionsfrei fahren können." Internationale politische Unterstützung erfährt die Initiative der BMW Group "CleanEnergy" Die BMW Group engagiert sich stark in der Entwicklung von Wasserstofffahrzeugen und für die Einführung des umweltfreundlichen Kraftstoffs. Mit der CleanEnergy WorldTour 2001 rückt die BMW Group derzeit die Wasserstoff-Technologie und ihre Vorteile ins internationale Rampenlicht. Die Tour führt in sechs Städte auf vier Kontinenten mit jeweils anderen Schwerpunktthemen rund um den Wasserstoff. Start war in Dubai, wo es um die regenerative Erzeugung des Energieträgers ging. Die Schirmherrschaft hatte der regierende Sheik Mohammed Bin Rashid Al Maktoum übernommen, der großes Interesse an den Konzepten der BMW Group zeigt. Zweites Ziel war die EU-Hauptstadt Brüssel. Dort richtete Prof. Dr.-Ing. Joachim Milberg, Vorsitzender des Vorstands der BMW AG, einen eindringlichen Appell an die Europapolitik: "Wenn es erklärtes Ziel der Politik ist, auf umweltfreundliche Mobilität zu setzen, dann benötigen wir Unterstützung bis dieser Kraftstoff auf dem Markt etabliert ist." Unterstützt wurde das BMW Engagement in Brüssel auch von Klaus Töpfer, dem Direktor des United Nations Environment Programme (UNEP). –KMR-
      7. Juni 2001, finance-online

      war der wirtschaftliche anreiz, ein für die zukunft vielversprechendes projekt zu erforschen, hier nicht gross genug, um es ohne subventionen durchzuführen?

      in die gleiche richtung geht eine frage, die ich mir in bezug auf die stromkonzerne stelle. diese engagieren sich zwar `rein optisch` immer mehr im bereich erneuerbare energien. davon haben sie rein wirtschaftlich etwas und die umwelt, so ist zu hoffen, auch. aber einer bleibt doch auf der strecke.

      so hat rwe kürzlich einen grossen amerikanischen brennstoffzellenhersteller übernommen. e.on steht in den startlöchern, um in den u.s.a. und in spanien energieunternehmen aufzukaufen. um geld in die kriegskasse zu bekommen, sollen demnächst beteiligungen an anderen unternehmen verkauft werden.

      beeilen werden sie sich wohl nicht, denn im grunde genommen läuft hier wohl eine art abzocke. man wartet, bis die jungen unternehmen ihre technologien weit genug entwickelt und genug geld verbrannt haben, um sie dann vor der pleite zu `retten`.

      das ist dann natürlich nicht im sinne des umdenkenden verbrauchers und aktionärs, der mit seinen investments die wirtschaft in eine umweltfreundliche richtung zu steuern bemüht ist.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 09.06.01 16:04:21
      Beitrag Nr. 51 ()
      Hier ein Link für euch ...
      http://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/blackout/

      gruss Dallas
      Avatar
      schrieb am 10.06.01 22:00:57
      Beitrag Nr. 52 ()
      zurück zum thema zukunft der umwelt im zeitalter der globalisierung - hier ein artikel vom 13. April 2000, den ich ganz hervorragend und nach wie vor aktuell finde. ich habe ihn leicht gekürzt, die hervorhebungen stammen ebenfalls von mir. den vollständigen artikel kann man über den link am ende des textes abrufen.



      Überleben im Netzwerk

      Geht in der Zukunftsgesellschaft die politische Macht an die Konzerne über? Werden die Frauen stärker? Wird die Organisierte Kriminalität anwachsen? Der amerikanische Soziologe MANUEL CASTELLS über künftige Trends in Wirtschaft, Technik und Gesellschaft.

      SPIEGEL: Herr Castells, Sie haben geschrieben, die Menschheit stehe an der Schwelle einer Ära, die wie keine zuvor die Erfüllung menschlicher Träume verheiße. Prophezeien Sie ein goldenes Zeitalter?

      Castells: Ich prophezeie gar nichts. Ich beobachte nur, was geschieht, und wäge mögliche Folgen ab. Was wir allerdings schon heute sehen können, ist eine neue Welt im Werden: technologisch, wirtschaftlich, kulturell und politisch. Es sind starke Kräfte am Werk, die sowohl zerstörend als auch sehr schöpferisch wirken. Wohin das führt, ist offen. Das Ergebnis vorherzusagen ist unmöglich.

      SPIEGEL: Warum versuchen wir es dann unentwegt?

      Castells: Weil wir unsere Ängste beruhigen und uns einreden möchten, wir könnten so die Zukunft kontrollieren. Tatsächlich ist die Zahl der Faktoren, die zu kalkulieren wäre, viel größer, als Modellrechnungen jemals bewältigen können. Futurologie ist keine wissenschaftliche Arbeit. Die Zukunft bestimmen wir mit dem, was wir heute tun.

      SPIEGEL: Aber auch Sie sprechen von einer neuen Ära ...

      Castells: ... die allerdings schon begonnen hat, ja. Das ist der Wandel zur Netzwerkgesellschaft, die immer dichtere weltweite Verknüpfungen schafft – elektronisch, verkehrstechnisch und ökonomisch. Deren sichtbarstes Zeichen ist eine Zunahme der Produktivität wie nie zuvor.

      SPIEGEL: Das bewirkt einen großen Wachstumsschub für die Weltwirtschaft?

      Castells: Ja, und das ist schließlich die Basis von allem, nur so entsteht mehr Wohlstand. Das löst nicht die Probleme der Menschheit. Es kann alles Mögliche schief gehen, wenn wir falsch damit umgehen. Aber der mögliche neue Reichtum ist ganz sicher ein sehr wichtiger Faktor.

      SPIEGEL: Andy Grove, der Vordenker des Chip-Konzerns Intel, setzt den Sprung ins Informations- und Internet-Zeitalter mit der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts gleich und prophezeit, dass ganze Sektoren der Volkswirtschaft ausradiert würden. Teilen Sie diese Einschätzung?

      Castells: Ja, die Computernetze erzeugen eine andere soziale und ökonomische Struktur. Das Netz wird sehr bald praktisch alle Aspekte unseres Lebens bestimmen, von der Politik über unsere sozialen Aktivitäten bis zum Einkaufen und Produzieren. Seriöse Prognosen rechnen mit zwei Milliarden angeschlossenen Internet-Nutzern bis zum Jahr 2007.

      SPIEGEL: Was ist daran so revolutionär? Technologieschübe hat es immer wieder gegeben.

      Castells: Das Netz ermöglicht direkte Verbindungen zu Kunden und Zulieferern, weltweit. Diese können direkt und ohne Umwege angeben, was sie benötigen oder anbieten. Die Anpassung der Produkte, ihre Herstellung und ihr Vertrieb erfolgen unmittelbar, ohne Bürokratie. Das spart viel Zeit, Ressourcen und Personal.

      SPIEGEL: Also wird die wunderbare neue Technologie doch ein goldenes Zeitalter für alle bescheren?

      Castells: Nein. Denn unübersehbar nimmt die materielle Ungleichheit zu, und die Gesellschaften polarisieren sich. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer.

      SPIEGEL: Das klingt nach Rückkehr zum Manchester-Kapitalismus.

      Castells: Nein, der Mechanismus ist anders. An die Stelle der Ausbeutung der Schwächeren, wie wir sie aus der industriellen Ära kennen, tritt eine viel schrecklichere Form der Ausschließung: Menschen, die nicht über die nötige Bildung und Technologie verfügen, werden ignoriert, weil sie weder als Produzenten noch als Konsumenten gebraucht werden, wenn sie nicht mit dem Netz verbunden werden können. Sie fallen in ein schwarzes Loch.

      SPIEGEL: Die Technologie treibt uns wieder in die Klassengesellschaft?

      Castells: Ich sage nicht, dass es immer so weitergehen muss. Aber so läuft es zurzeit. Es gibt diesen äußerst dynamischen Kern der Menschheit, ausgestattet mit Kapital, Technologie und Wissen, der etwa ein Drittel der Weltbevölkerung umfasst, und demgegenüber den ganzen Rest ohne Anschluss. Da formiert sich eine Vierte Welt, die ausgeschlossen bleibt.

      SPIEGEL: Wie entscheidet sich, wer wertlos ist und wer nicht?

      Castells: Da sind zuerst all die Menschen in den Regionen, die allein wegen mangelnder Technologie gar nicht angeschlossen sind. Das sind all die riesigen ländlichen Regionen in China, Indien, Lateinamerika und fast das gesamte Afrika. Und in unseren fortgeschrittenen Gesellschaften hängt alles von der Qualität der Ausbildung ab. Noch haben wir einige Billigjobs für einfache Tätigkeiten. Aber wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der die Chancen, ohne hochgradige Ausbildung ein gutes Leben zu führen, sehr, sehr gering sind.

      SPIEGEL: Was wird aus den vielen, die nicht mithalten können?

      Castells: Die Reaktionen sind ja schon weltweit sichtbar. Die Ausgeschlossenen antworten, indem sie ihrerseits Ausgrenzung und Ausschluss betreiben. So nährt sich der Fundamentalismus in all seinen Formen: religiös, ethnisch oder nationalistisch. Dazu zählt der islamische Fundamentalismus in den arabischen Ländern genauso wie der christliche hier in Amerika.

      (...)

      SPIEGEL: Daneben schafft die Vernetzung aber doch auch große Chancen zur Demokratisierung und Teilhabe.

      Castells: Wer Anschluss hat, der kann mit Kreativität und Geschick viel mehr erreichen als früher. Zum Beispiel gibt es Frauengruppen in Finnland, die in weit entlegenen Dörfern leben und nun per Internet erfolgreich ihr Kunsthandwerk vertreiben. Mit Anschluss ist jede gute Idee verkäuflich. So funktioniert es: Innerhalb des Netzes gibt es keine Entfernungen, außerhalb ist die Entfernung unendlich.

      SPIEGEL: Die globale Vernetzung fördert gleichzeitig eine enorme Konzentration wirtschaftlicher Macht. Müssen wir damit rechnen, dass die Weltkonzerne irgendwann auch selbst politische Macht an Stelle der Regierungen ausüben?

      Castells: Das sehe ich nicht so. Zunächst mal geht es bei dieser Fusionswelle nicht um politische Macht, sondern um die simple Mechanik der Bewertung von Aktien, Anleihen und Währungen. Der global vernetzte Finanzmarkt fungiert als ideeller Gesamtkapitalist, der mal dieses Unternehmen begünstigt, mal jenes Land. Aber wer hat die Macht darüber? Letztlich niemand.

      SPIEGEL: Zumindest sind einige stärker als andere und setzen ihre Interessen durch. Sonst gäbe es keinen Kartell-Prozess gegen Microsoft.

      Castells: Okay, Microsoft ist eine vorübergehende Ausnahme. Die Regel in der neuen Ökonomie ist aber eine andere: Die Konzerne akkumulieren zwar viel Kapital, aber selbst die Größten operieren in Netzwerken, die sich fortwährend ändern und niemandem dauerhafte Macht verleihen. Im Gegenteil. Alle sind abhängig und müssen sich arrangieren. Auch die Internet-Firmen sind Gefangene des Systems. Ihre Aktien mögen Milliarden Dollar wert sein, aber verkaufen können sie sie nicht, dann würde der Wert verfallen. Also müssen sie mit ihren Aktien andere Aktien kaufen, und die Eroberer von heute können morgen die Eroberten sein.

      SPIEGEL: Und die von uns gewählten Regierungen stehen nur noch dabei und feiern die Eroberer?

      Castells: Nein, die Regierungen behalten wichtige Funktionen. Sie haben zwar kollektiv an Kontrolle eingebüßt und können definitiv nicht mehr den Fluss von Kapital und Informationen steuern. Insofern sind sie machtlos. Aber trotzdem sind sie nicht ohne Einfluss. Nur müssen sie jetzt mit allen Interessengruppen wirklich verhandeln. Sie müssen die Netzwerke regulieren und weiterhin Gesetze erlassen. Die absolute Macht ist dahin.

      SPIEGEL: Von dieser Regel gibt es aber eine große Ausnahme, die Vereinigten Staaten. Die US-Regierung interveniert regelmäßig etwa am Finanzmarkt, um US-Interessen zu schützen. In vielen Ländern bedeutet Globalisierung nur, dass die Amerikaner die Regeln bestimmen.

      Castells: Das ist ein wichtiger Punkt. Aber die Sache ist subtiler. Es stimmt zwar, dass die US-Regierung überall die Liberalisierung und Globalisierung forciert und damit die Regierungsmacht der anderen Staaten untergräbt. Das verschafft den hier beheimateten Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. Allerdings schwindet dabei auch die Macht der US-Regierung selbst. Innerhalb des Landes tut die Regierung in Wahrheit sehr wenig und hat wenig Kontrolle.

      SPIEGEL: Gleichwohl scheint die amerikanische Hegemonie noch für lange Zeit völlig unangreifbar.

      Castells: Militärisch ist das zweifellos richtig. Europäer und Japaner haben nun einmal beschlossen, nicht so viel Geld für Rüstung auszugeben, und halten sich lieber die amerikanische Söldnerarmee, für die sie dazu noch schlecht bezahlen. Aber im Ernst: Ich halte das Gerede über die Konkurrenz zwischen Europa, Japan und den USA für überholt. Wir leben in einem großen Netzwerk und sind umfassend voneinander abhängig. Keiner der drei Blöcke kann ohne die anderen beiden existieren. Das gilt für Internet und Aktienkurse ebenso wie für die Kultur.

      SPIEGEL: Sie haben beschrieben, wie die weltweite Vermischung der Kulturen das Patriarchat untergräbt und den Frauen neue Freiheiten beschert.

      Castells: Diese tiefste aller Transformationen der menschlichen Gesellschaft, die Entstehung eines unabhängigen Bewusstseins der Frauen, wird sich fortsetzen. Das ist nicht umkehrbar. Es verändert die menschlichen Beziehungen sicher noch weit mehr als alle Technologie. Diese Entwicklung hat in den fortgeschrittenen Ländern begonnen, aber es wird dort nicht aufhören, mit oder ohne Kulturindustrie.

      SPIEGEL: Was macht Sie so sicher?

      Castells: In Lateinamerika zum Beispiel sehen sich die meisten Frauen bestimmt nicht als Feministinnen, aber zu Hause und in ihren Wohnvierteln haben sie vielfach eine neue Führungsrolle übernommen. Natürlich gibt es auch Gegenbewegungen, von den Taliban in Afghanistan bis zu neuen Männerkulten wie den Extremsportarten hier bei uns. Aber die Frauenautonomie wächst trotzdem.

      (...)
      SPIEGEL: Also stehen wir gleichzeitig an der Schwelle einer äußerst viel versprechenden Ära und einer Epoche enormer Konflikte. Kann die Menschheit damit fertig werden ohne gigantische Katastrophen?

      Castells: Möglich wäre es schon. Zunächst brauchen wir neue Institutionen. Die Nationalstaaten können zwar die Entwicklung nicht mehr kontrollieren, aber sie können Netzwerke bilden, die gemeinsam flexibel genug sind, um die Anpassung an die vielen revolutionären Veränderungen zu organisieren. Dazu gehören sowohl die supranationalen Institutionen wie die EU als auch die Vernetzung mit Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen. In diese Richtung bewegen wir uns ohnehin, wenn auch nur halb bewusst. Der Netzwerkstaat ersetzt den Nationalstaat. Das Problem ist, dass wir damit komplett die demokratische Repräsentation verlieren. Die Menschen fühlen sich von diesen unklaren, flexiblen Apparaten nicht mehr vertreten.

      SPIEGEL: Was tun?

      Castells: Wir müssen versuchen, den kulturellen Wandel und den Informationsfluss so zu organisieren, dass die Menschen wieder das Gefühl gewinnen, sie können den Prozess mitsteuern. In diesem Sinn haben die Medien entscheidende Bedeutung. Denn den Medien trauen die Menschen noch am ehesten, mehr jedenfalls als ihren Regierungen.

      SPIEGEL: Aber die Medien sind doch selbst Teil der kommerziellen Netzwerke und keine unabhängigen Institutionen. Wären soziale Bewegungen, die für die Abwendung der Klimakatastrophe, gegen die Embryo-Manipulation oder den massenhaften Ausschluss von Wohlstand streiten, nicht viel wichtiger?

      Castells: Keine Sorge, an sozialen Bewegungen wird es nicht mangeln. Es wird viele geben, die sogar sehr stark sind. Aber das müssen nicht unbedingt nette, rationale, sozial fortschrittliche Gruppen sein. Das kann sich auch sehr hässlich äußern, fremdenfeindlich oder nationalistisch. Erwarten Sie also nicht, dass solche Bewegungen die notwendige Aufklärung leisten und die Debatte in geordnete Bahnen lenken. Die Aufgabe erledigt sich nicht von selbst.

      SPIEGEL: Wie dann?

      Castells: Die Kraft unseres Geistes entwickelt sich weit schneller als unsere Fähigkeit, zusammenzuleben und soziale Institutionen zu schaffen. Unser Problem ist nicht, dass wir zu primitiv sind, sondern dass unsere Gesellschaft noch zu primitiv organisiert ist gegenüber der Macht unseres Intellekts und unserer Technologie. Aber seit der Steinzeit haben wir schon einen weiten Weg geschafft.

      SPIEGEL: Herr Castells, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

      Das Gespräch führten die SPIEGEL-Redakteure Rafaela von Bredow und Harald Schumann.


      © DER SPIEGEL 14/2000
      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,71926,00.html
      Avatar
      schrieb am 10.06.01 22:34:12
      Beitrag Nr. 53 ()
      mehr risiken als chancen in der globalisierung sieht viviane forrester in ihrem neuen buch Die Diktatur des Profits (hanser verlag, c: 2001, neuerscheinung). wer ihr erstes buch gelesen hat (`der terror der ökonomie`), weiss, dass die autorin in ihren streitschriften sich vorwiegend mit der arbeitswelt beschäftigt. ich meine trotzdem, dass ihr blickwinkel auch im zusammenhang mit umwelt- und zukunftstechnologien interessant ist (ich versuche immer, trotz der themenvielfalt den roten faden zu meinem eingangsposting zu behalten...). ich habe das buch gerade erst auf den tisch bekommen und noch nicht gelesen. hier auszüge aus dem klappentext für alle interessierten (vor allem für diejenigen, die gern kontrovers diskutieren):


      viviane forrester, eine `jeanne d`arc gegen die kaufleute` (liberation), schildert das soziale chaos einer gesellschaft, deren zukunft die arbeitslosigkeit ist. weder kann von einer volkswirtschaft zum wohle aller die rede sein, noch ist den politikern und ihren beteuerungen zur sanierung und krisenbewältigung zu trauen, weil der terror der ökonomie unter dem diktat des weltwirtschaftssystems und seiner mächtigen agenten das leben vergiftet, lähmt und mit falschen versprechungen in apathie hält.

      mit aller brutalität bedroht uns ein globaler terrorismus: das politische denken und handeln wird nur noch von den prinzipien profitablen wirtschaftens bestimmt. der primat der bilanzen wird zum universellen gesetz. ein arbeitsloser ist heute nicht mehr objekt einer vorübergehenden ausgliederung aus dem wirtschaftsprozeß, sondern teil eines zusammenbruchs, opfer einer unerbittlichen logik, die dank automatisierung und globaler finanzmärkte die abschaffung des arbeitenden menschen fordert.

      viviane forresters anklage trifft ins zentrum. sie hat, `symbolfigur einer neuen protestbewegung` (DIE ZEIT), mit ihrem zornigen pamphlet das europäische elend beim namen genannt: die menschenverachtende wirtschaftsgesellschaft und ihre agenten, `die aus den menschen heraussaugen, was ihnen noch an menschlichkeit geblieben ist.`



      ist es so? wie gross sind die chancen, dass wir teilhaben und mitbestimmen können an den möglichkeiten der neuen globalisierten weltwirtschaft, an der mitgestaltung unserer umwelt - oder werden wir nur opfer sein im land der geier?

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 11.06.01 09:43:32
      Beitrag Nr. 54 ()
      @cabinda

      oh man, da hast du ja echt gearbeitet. ich komme nicht nach und werde erst mal allgemein auf deine themen eingehen.

      die verkaufszahlen im internet sind rückläufig, dass hab ich auch gelesen und meine das das nur ein anfangsproblem ist.im verhältnis zu anderen entwicklungen ist das internet ja noch sehr neu ubnd eigentlich für verbraucher immer noch in den kinderschuhen. den höchsten grad der nutzung erreicht glaube ich die suche nach informationen und die vortsellung von dienstleistungen und angeboten. so wie der supermarkt unter lächeln und argwöhnischer beobachtung eingeführt wurde, in den 60er glaube ich, hat auch das internetshopping mit anlaufschwierigkeiten zu kämpfen. aber ich glaube das das auch nur, wie schon erwähnt, ein generationsproblem ist. die jüngeren werden das als normal empfinden, was für uns noch schwierig ist.

      bmw und subventionen!? wenn man neue gebiete erforschen will und schon vorher weis, dass man da wahrscheinlich geld für bekommt, hält man die eigenen kosten erst mal so gering, dass es für ne präsentation reicht und kassiert dann die subventionen um seinen wirtschaftlichen vorteil danach erlangen zu können.

      rwe, e.on und die zukaufsstrategie. auch das wieder eine überlegung die ich teilen kann, denn wenn ich geld habe kaufe ich, wenn es kaufenswertes gibt und muß nicht selbst investieren in die forschung und entwicklung. doch es gibt da noch eine überlegung die sich mir aufdrängt. kennst du die storry vom ewig brennenden streichholz und dem patent was im tresor liegt? so kann man neuerungen auch behandeln zur abwendung des eigenen ruins.

      so später mehr ich muß noch was tun!

      übrigens sollten wir eine "virtuelle flasche sekt" öffnen. es beteiligen sich fast keine leute an unserer runde aber wir haben über 1000 zugriffe. PROST!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 11.06.01 11:01:22
      Beitrag Nr. 55 ()
      Welt am Sonntag 10.06.
      Rückkehr des Lebens ins Wasser

      Kommentar

      Von John von Düffel

      Sie ist ein bisschen untergegangen, die Meldung, dass sich die Qualität der Binnen- und Küstengewässer in Europa verbessert hat. Gerade rechtzeitig zu Beginn der Badesaison heißt es offiziell, 85 Prozent der deutschen Badeseen seien neuerdings in einem guten Zustand. Dabei drängt sich dem passionierten Schwimmer nicht nur die Frage auf: Was ist mit den übrigen 15 Prozent? Man fragt sich auch, in was für einer Kloake bin ich eigentlich bisher geschwommen.
      Zu verdanken ist diese Steigerung der Wasserqualität, so paradox es klingt, der Industrie. Umweltauflagen, Abwasserkontrollen und produktionseigene Kläranlagen haben vielfach dafür gesorgt, dass Leben ins Wasser zurückkehrt. Von der Utopie einer ‚sauberen Technik` sind wir zwar noch weit entfernt. Doch gemessen an den Umweltsünden der Vergangenheit, geht es dem Patienten Wasser mittlerweile - den Umständen entsprechend - gut.

      Ein Verunreinigungsfaktor allerdings bleibt: der Mensch. Schon die ersten Anflüge von Sommer verwandeln Badeseen in Campingplätze. Augenblicklich hängt der Geruch von Sonnenöl und Grillbratwürsten über den Wassern. Die angrenzenden Waldstückchen dampfen von erbrochenem Dosenbier und Urin.

      Insofern ist zu befürchten, dass die Meldung von der verbesserten Wasserqualität eine kontraproduktive Wirkung hat. An den Badestränden drohen volksfestartige Zustände, und die Sonnenölteppiche in Ufernähe werden sich weiter ausbreiten. Es scheint, als würde das Wasser gerade durch die guten Noten der Tester seine entscheidende Qualität verlieren: die Einsamkeit.


      Tja da haben wir´s, die Industrie wird besser und der Verbraucher vernichtet den Vorteil wieder! ;-)

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 11.06.01 15:35:53
      Beitrag Nr. 56 ()
      Damit uns wieder einmal in Erinnerung gerufen wird, warum man die FDP (auch) nicht wählen sollte:

      FDP in Nordrhein-Westfalen gegen industrielle Windkraftnutzung

      Die nordrhein-westfälische FDP hat am 06.06.2001 eine Anhörung "zum Stop industrieller Windkraft-Großanlagen" durchgeführt. Im Rahmen der Anhörung und Diskussion mit Vertretern von Bürgerinitiativen gegen die Windkraftnutzung wurde auch ein Antrag der FDP mit dem Titel "Ja zum effizienten Klimaschutz - Nein zur Zerstörung des Landschaftsbildes durch Windkraft-Großanlagen" vorgestellt, der im Landtag eingebracht werden soll. (Copyright: BOXER - Infodienst: Regenerative Energie)


      Anmerkung: Selten so eine Supereinseitige Geschichte erlebt - eingeladen waren AUSSCHLIEßLICH "Bürgerinitiativen"
      GEGEN Windkraft. Ratet mal, was da für ein Ergebnis raus kam...
      Vorsitzende und mehrere Mitarbeiter/ Aktive der aktivste "Bürgerinitiative", des "Bundes für Landschaftsschutz" waren übrigens ANGESTELLTE der VIAG und RWE. Dieser Bund setzte sich übrigens NULL gegen neue Stromtrassen mit insgesamt mehreren tausend Strommasten (anstelle von Stromkabel)in Landschaftsschutzgebieten ein, sondern einzig, allein und ausschließlich gegen Windräder.
      Avatar
      schrieb am 11.06.01 23:12:37
      Beitrag Nr. 57 ()
      Tja, was würde ein initiativer Bürger antworten können? Windräder drehen sich, Strommasten nicht ... das wäre aber auch ein Argument gegen Autoreifen, aber solche Leute sind wohl weniger in Initiativen gegen Autobahnen zu finden;
      Windräder machen flapflap, also Krach, Strommasten nicht ... das wäre aber auch ein Argument gegen Flugzeuge, aber Möllemann als Gastredner bei einer Bürgerinitiative gegen Fluglärm?! Laughing out loud!
      Schlimm ...
      Avatar
      schrieb am 11.06.01 23:30:59
      Beitrag Nr. 58 ()
      es gibt immer GEGNER.
      es gibt auch gegner gegen offshore-windparks.
      die offshore-windparks, die eigentlich umweltfreundlich sein sollen, haben auch wieder gegner, nämlich die vogelschützer. ich habe aber gehört, dass diese vögel wohl ganz schön intelligent sind, weil sie nämlich um die windmühlen onshore einen grossen bogen machen.

      @haispeed
      zu deinem artikel fällt mir momentan nur ein: der mensch ist sich selbst der grösste feind. da muss ein fehler in der evolution passiert sein. wir sind uns selbst im weg (??), weil wir keine natürlichen feinde mehr haben. genau das fragte mich nämlich meine siebenjährige tocher gestern: warum dürfen wir alle tiere töten, und warum frisst uns eigentlich keiner?

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 12.06.01 09:38:49
      Beitrag Nr. 59 ()
      @cabinda

      denck mal an den "schnupfen", von dem ich mal geschrieben habe. wenn wir uns nicht selber durch kriege oder altlasten töten, dann tötet uns der "schnupfen", der auch schon die Mammute erledigt hat. mit bse und kreuzfeld-jacob ist ja noch nicht das ende der weltlichen ansteckungsgefahren gegeben. es wird neue geben, die durch den einfluß des menschen auf seine nahrungskette "erblühen" werden. erst verseuchen wir das futter und die gene unserer nahrung und diese nahrung verseucht dann uns.

      @Nebenwerteprofi & haraldst

      ich sehe in den großen windparks auch negative seiten bei allem positiven. allerdings das eine was man will und das andere was man muß.
      wenn neue wege der energieerzeugung beschritten und wir vom atomstrom weg wollen, dann müßen wir wohl auch das "flapp-flapp" ertragen.
      doch der atomstrom wird uns ja noch lange erhalten bleiben.
      selbst wenn wir ganz deutschland mit wind -u. solarparks bedecken und alles abschalten was nach atom riecht. wir werden aus not diesen strom importieren befürchte ich.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 12.06.01 10:57:45
      Beitrag Nr. 60 ()
      @haispeed
      das ist es eben, was ich auch befürchte - wenn wir alle akw`s abschalten, wird nur strom aus anderen ländern hinzugekauft, die einen viel niedrigeren sicherheitsstandard haben.

      eine möglichkeit, das energieproblem langfristig in den griff zu bekommen, besteht ja noch in der einsparung von strom.

      klimaschutz und nachhaltiges bauen

      gestern habe ich einen artikel über das erste nullenergiehaus gelesen. interessant finde ich die technik, die hier gut verständlich beschrieben wird, daher hier auszüge daraus:

      dämmen statt heizen - sonne statt öl

      von peter klemm

      ja geht das denn bei unserem hamburger schietwetter hoch im norden? es funktioniert ganz hervorragend! einige scheite holz im kamin an sehr kalten tagen oder während einer kette von nebligen tagen genügten als zusatzheizung. und ist der ausdruck nullenergiehaus überhaupt berechtigt? ja, denn das haus verwandelt mit seiner 20qm grossen photovoltaikanlage im jahr etwa so viel sonnenenergie in strom wie es für sich an energie braucht. das haus hat nunmehr seinen ersten winter hinter sich und die prüfung gut bestanden, obwohl die speicherung von sommersonnenwärme für den winter noch gar nicht richtig möglich ist.

      (...) die dämmung schützt vor wärmeverlust. ein backsteinhaus etwa schützt vor wind und wetter, aber nicht vor kälte. die haushülle muss hervorragend gedämmt sein, damit das haus mit wenig energie auskommen kann, und das ist heute kein kunststück mehr. es sind allereinfachste stoffe, die uns höchste qualität liefern: zermahlenes zeitungspapier mit lufteinschlüssen! bekannt unter dem namen DOBRY oder isoflock. diese stoffe isolieren gegen kälte physikalisch in derselben weise wie ein federbett. diese stoffe werden in die hohlen holzwände eingeblasen. dreifach verglaste fenster unterstützen diese dämmwirkung.

      die erde speichert die wärme: das warme wasser vom dach gibt seine wärme in einen 1,5-t-wasserspeicher ab. im sommer wird in über 200 m langen schläuchen warmes wasser durch die erde unter dem haus geleitet. diese erde ist 2m tief von wärmedämmenden mauern umgeben. sie speichert sommerwärme für den winter. wer dies erstmals liest, wird es kaum glauben können. das haus sitzt im herbst sozusagen auf einem wärmepolster von bis zu 20 grad c.

      tag für tag durchströmt luft von 20 grad alle räume. frische luft wird im wintergarten angesaugt, unter das haus geführt, wo sie den erdspeicher durchquert. im sommer wird sie dort gekühlt und im winter erwärmt. eine intelligente luft-luft-wärmepumpe kontrolliert sie. ist die luft nicht warm genug, wird sie zusätzlich mit heisser luft vermengt. die wärmepumpe holt sich diese wärme raffinierterweise vor allem aus der abluft des hauses. dieser abluft wird wärme entzogen und auf die frischluft übertragen. die kalte abluft wird aus dem haus geblasen. so ist ein sonnenhaus auch ein sanatorium für hausstaub-allergiker, weil die verbrauchte luft ständig gegen frische getauscht wird.`
      (hamburger grundeigentum 6/2001)

      passivhäuser: die zukunft für energie sparendes und nachhaltiges bauen

      das passivhaus macht derzeit bundesweit furore, denn sein energieverbrauch von weniger als 1,5 litern pro qm wohnfläche ist sensationell gering. gegenüber herkömmlichen häusern bedeutet diese bauweise eine energieeinsparung von über 90 %. mehr als 1000 wohneinheiten sind bundesweit realisiert und die bewohner sind hochzufrieden.

      das passivhaus ist ein ganz gewöhnliches gebäude, es wird von einer hochwertigen gebäudehülle umschlossen, verfügt über sehr gute verglasungen und über eine besondere haustechnik in form einer speziellen komfortlüftung. diese bestandteile verringern den wärmebedarf und sogenannte `kostenlose` energieträger wie die durch die fenster einstrahlende sonnenenergie, eigenwärme der personen im haus und der wärmeabgabe von geräten sorgen für eine angenehme raumtemperatur. in der regel ist ein weiteres aktives heizsystem nicht unbedingt erforderlich.`
      (initiative arbeit und klimaschutz)

      durch wärmedämm-massnahmen wäre es möglich, die kohlendioxid-emission um 40% zu senken. überdies könnten allein im baugewerbe bis zum jahr 2020 120.000 neue arbeitsplätze geschaffen werden. (www.prognos.com)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 13.06.01 14:45:23
      Beitrag Nr. 61 ()
      hallo zusammen.

      in der zukunft wird noch ein anderes problem auch im bezug auf ökologisch sinnvoller energiegewinnung auf uns zu kommen.
      in deutschland gibt es eine verordnung die sich allgemein gebräuchlich "tasi" nennt. sie besagt das ab 2005 alle deponien zu schließen sind und alle müllmengen, die vorher auf der deponie gelandet sind, in die verbrennung gehen sollen. das heißt schlicht weg energie aus müll und abfall. da haben wir dann einen erhöhten ausstoß über die schlote der mhkw´s.
      trotzdem ist es sinnvoll, den anteil müll zu verbrennen, den man eh nicht sinnvoll recyclen kann, denn unsinnige endlager aus mischkunststoffen haben wir nun schon genug. die da wären parkbänke, füße für autobahnleiteinrichtungen oder buhnen zum küstenschutz. diese sachen sind wenn sie verschlissen sind nicht mehr werkstofflich zu recyceln.

      also ein sinnvoller energieträger der zukunft auch der müll den wir erzeugen?

      und noch gleich ein beispiel bei dem ich echt schmuntzeln mußte aber was solls, wenn es geht!?

      Biomassekraftwerk
      Strom aus Geflügelmist

      RWE Power plant im emsländischen Meppen den Bau eines Biomassekraftwerks mit einer Leistung von 20 Megawatt. Damit soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen ausgebaut werden. Das Biomassekraftwerk, dass mit Reststoffen aus Geflügelmastbetrieben der Region befeuert wird, soll ab Mitte 2003 rund 140 Millionen kwh Strom erzeugen. Das deckt den Energiebedarf einer Stadt mit ca. 25.000 Einwohner. Die Kosten für das Projekt liegen bei rund 60 Millionen Euro.
      Das Magazin von RWE agenda

      aus sch.... mach bonbon oder eben energie.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 23.06.01 20:23:12
      Beitrag Nr. 62 ()
      @haispeed & all
      so, ich brauchte eine kleine pause. stoff zum thema gibt es aber genug.

      haispeed, auch die kalifornier sind inzwischen auf die idee gekommen, aus mist strom zu machen: kühe sollen strom aus methangas erzeugen:

      Kalifornien: Energiesparen mit Kuhmist
      Die kalifornische Version des zum Fliegen fressen genötigten Teufels lautet: Bauern produzieren ihren eigenen Strom via Methangas aus Kuhmist. So geht man gegen den Energie-Engpass an und braucht erst noch nicht auf Komfort zu verzichten. Ein hohes Potenzial haben Landstriche wie das Tulare County mit 340 000 Kühen, die theoretisch über 200 Megawatt produzieren könnten. Der Staat fördert solches Ansinnen mit Subventionen (Bericht in Englisch). (21.5.2001)

      der link dazu: http://www.planetark.org/dailynewsstory.cfm?newsid=10888.

      ganz interessant ist der worldwatch-bericht 2000, dazu gleich noch etwas.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 23.06.01 20:35:54
      Beitrag Nr. 63 ()
      "Living in the 21st century, we like to think of ourselves as sophisticated, post-modern, technology-savvy world citizens," Renner said, "but the truth is that our cyber economy is still fueled by the same old energy sources. And as long as consumers do not demand change, manufacturers will continue to churn out environmentally destructive products."

      (...)

      ``In the face of all these changes, Vital Signs 2001 points to some encouraging mass movements that may become major forces in reshaping today`s consumerist lifestyles:
      Growing numbers of people are using socially responsible criteria to guide their investments. In the United States alone, socially responsible investments climbed from $59 billion in 1984 to $2.16 trillion in 1999-or $1 out of every $8 under professional management.
      As demand for coffee has risen-up 10 percent to 7.1 million tons in 2000 and reaching $11.2 billion in exports-changing consumer preferences are influencing how and where the bean is grown. The vast majority of this coffee comes from full-sun plantations-the ecological equivalent of a rainforest clear-cut. But a growing consumer movement is supporting a return to traditional shade growing techniques, which maintain rainforest habitat and biodiversity. `Ethical` coffee is now the fastest growing segment of the market and half a million farmers participate in programs that guarantee a fair price and working conditions to growers and coffee workers.
      The alternative energy sector offers considerable promise in meeting increased energy demands and providing short and long-term solutions to shortages like those in California. Though still a very small market segment, global wind energy generating capacity was up 30 percent over 1999 and production of solar photovoltaic (PV) cells jumped 43 percent. "The findings from Vital Signs 2001 show that when consumers demand it, environmentally friendly and socially responsible methods of production can be achieved, Renner said. "The power of consumer choice cannot be underestimated; for good or for bad it can sicken or save our planet." ``

      Worldwatch Excerpt

      Excerpted from Vital Signs 2001: The Trends That are Shaping our Future
      Thursday, May 24, 2001

      VITAL SIGNS 2001: HIGHLIGHTS

      We’re consuming more, conserving less :

      Ø Global fossil fuel use has increased 3.5 times since 1950. Fossil fuels comprise 90% of commercial energy use.
      Ø OPEC countries produced 40% of the world’s oil. Most of the demand came from the US, Japan, and Western Europe.
      Ø Carbon emissions from vehicles in the US in 1997 (291 million tons) exceeded total emissions of all but a few countries worldwide. US gasoline taxes have remained relatively constant since the 1930s.
      Ø Drilling in Alaska’s Arctic National Wildlife Refuge would yield only 10.3 billion barrels of recoverable oil (equivalent of 1½ years of US oil consumption).
      Ø Luxury items with less nutritional value than staples command a disproportionately large share of value in the food trade ($57 billion coffee, cocoa, wine, and tobacco trade is worth more than the cereals trade)
      Ø World coffee production hit an all-time high in 2000, jumping 10 percent to 7.1 million tons. (+ 57% since 1961). Coffee is the second-most important export commodity for developing countries, after oil. Nearly three out of four cups of coffee are consumed in the industrial world (300 cups/year/person). Because sun-grown coffee represents a form of deforestation, efforts to reform coffee production have assumed a central role in maintaining global forest health.
      Ø More than one billion people are now overweight. In the US 61% of the adult population is overweight (up from 55% in 1994), and 27% is obese (up from 15% in 1980). WHO has labeled the trend “today’s principal neglected public health problem.”
      Ø WHO predicts that obesity will help make chronic diseases (such as stroke, heart disease, cancer, and diabetes) the major disease burden in developing countries over the next quarter-century, surpassing infectious diseases.
      Ø Top-selling pharmaceutical drugs are designed to treat First World illnesses like heart disease, high blood pressure, and indigestion. Only 1% of drugs that reached the market between 1975 and 1997 were approved specifically for tropical diseases. Pharmaceutical companies spend roughly twice as much on marketing as on R&D.
      Ø North America, Western Europe, and Japan account for 83% of the world’s pharmaceutical sales
      Ø The soaring use of antibiotics is a key factor behind the growing drug-immunity of microbes that cause many of the world’s deadliest infections (including TB, malaria, typhoid, and HIV/AIDS) – threatening to reverse a half-century of public health improvements. US antibiotic production increased more than 80-fold between 1950 and 1994. At least half of all antibiotics used in human medicine are prescribed unnecessarily. Resistant infections are costlier to treat than regular infections; for multi-drug resistant strains of TB, the cost differential can be 100 times.

      But there are alternatives….

      Ø World aluminum production has grown 16-fold since 1950, to 23.9 million tons and reached record levels in 2000. As one of the most energy-intensive industries (aluminum-smelting requires enough kilowatt hours per ton of aluminum to power a US household for a year and a half) it is a significant contributor to climate change. Aluminum recycling, on the other hand, only requires 5% as much energy as primary production. World aluminum production has grown 16-fold since 1950, to 23.9 million tons and reached record levels in 2000.
      Ø Some 250 million tons of polyvinyl chloride plastics (PVC) is in use today; 100 million tons have been discarded (mostly landfilled or incinerated). About 25 million tons are produced annually, up 39% since 1992. Both production and disposal of PVC carries significant environmental and health risks (dioxins, furans / phthalates). Alternatives exist for almost every application of PVC. The challenge is to adopt them widely.
      Ø Western Europe has experienced a resurgence of interest in light rail. In the US light-rail riders are the fastest-growing segment of public transportation riders, and the number of Americans riding public transport is growing faster than those using cars (the highest level in nearly four decades in 2000). The initial expensive investment into light-rail transport pays off by reducing transport expenditures later on.
      Ø Socially responsible investors have succeeded in forcing companies to make more sustainable decisions via shareholder resolutions. In the US, money invested according to “socially-responsible” criteria climbed from $59 billion in 1984 to $2.16 trillion in 1999 -- $1 out of every $8 under professional management in the US.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 23.06.01 21:28:13
      Beitrag Nr. 64 ()
      http://www.nrdc.org/globalwarming/achinagg.asp

      National Resources Defence Council - 15.6.2001 - Finamore, Barbara / Jingjing, Qian / Watson, Robert

      China bekämpft den CO2-Ausstoss effizienter als die USA

      Trotz vier Mal grösserem Wirtschaftswachstum hat China insbesondere seit 1997 den Ausstoss sogar um 17 Prozent vermindert, während die USA weiterhin eine Zunahme verzeichnen. George W. Bushs Argument, das Kyoto-Protokoll sei nicht fair, da China davon ausgenommen ist, wird damit hinfällig. Zudem ist Chinas CO2-Beitrag mengenmässig rund drei Mal kleiner als derjenige der USA, die Rechnung pro Kopf ist noch unvorteilhafter (Bericht mit Grafiken und Tabellen, englisch). (15.6.2001)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 10:07:23
      Beitrag Nr. 65 ()
      @ cabinda

      oh da bin ich ja im verzug geraten. wenn mich mein schlechtes englisch nicht täuscht, steckt im vorletzten posting wieder ein stück globalisierungsfalle.

      aber von mir mal was zu den umweltbewußten deutschen:

      Von den Ökomuffeln überflügelt ?

      Die Deutschen sind immer noch umweltbewusst, nur anders / Neue Allensbach-Umfrage

      Waldsterben und Mülltrennung, Anti-AKW-Bewegung und Grüne: In den 80er Jahren war die Bundesrepublik so etwas wie das Mutterland der Umweltbewussten. Es hat Wort- und Regelungetüme wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz und das Bundesimmissionsschutzgesetz hervorgebracht und hielt den Erlass von rund 10 000 Umweltgesetzen für nötig.

      Jetzt hingegen rangiert in Umfragen die Reinhaltung von Luft, Wasser und Natur bei den Deutschen nur noch unter ferner liefen. Laut einer neuen Allensbach-Studie überflügeln nicht nur Japaner und Polen, sondern nominell sogar die als Ökomuffel gescholtenen US-Bürger die Deutschen im Umweltbewusstsein. Doch ist die Umweltverdrossenheit bei weitem nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint. "Prinzipiell gibt es eine hohe Bereitschaft, sich auf das Thema einzulassen", so Michael Wehrspaun vom Umweltbundesamt (UBA). Nur anders als früher.

      Nach der Studie, die Deutschland mit Japan, USA, Brasilien und Polen vergleicht, platzieren die Bundesbürger die Umwelt unter den wichtigsten Themen nur auf Rang sechs, nach Arbeitslosigkeit, Renten, Medizinversorgung, Bildung und der Bekämpfung von Hunger in der Welt. In Japan ist sie Thema Nummer eins. In Polen und den USA ergibt sich Platz vier, in Brasilien immerhin Platz fünf. Das liegt aber zum Teil daran, dass die Deutschen offenbar alle Probleme wichtiger nehmen: Platz eins bedeutet in Japan 66 Prozent, in Deutschland (Arbeitslosigkeit) 87 Prozent. Trotz der niedrigeren Platzierung sagen in Deutschland immer noch 60 Prozent, der Umweltschutz sei wichtig.

      Unbestritten ist aber, dass immer weniger Bürger das Thema von sich aus nennen. "Nannten Ende der 80er Jahre rund zwei Drittel der Befragten den Umweltschutz als eines der wichtigsten aktuellen politischen Probleme, sind es nun weniger als 20 Prozent", konstatiert das UBA. Gründe seien einerseits die Zuspitzung anderer Probleme wie der Arbeitslosigkeit, andererseits aber auch die Fortschritte im Umweltschutz der letzten 30 Jahre.

      Nach der Allensbach-Umfrage halten zumindest 41 Prozent der Deutschen die Natur im Land für "im Großen und Ganzen in Ordnung", so viel wie in keinem anderen der Länder. Laut einer Studie des Marburger Professors Udo Kuckartz sind sogar 77 Prozent der Befragten in den alten Ländern zufrieden mit dem Zustand ihres direkten Umfelds. Viel größer werden die globalen Umweltprobleme eingeschätzt, etwa das Phänomen der globalen Erwärmung. Auch der Zeit-Anstand vergrößert die Angst vor negativen Folgen: Nur 20 Prozent fühlen heute unangenehme Umwelteinflüsse auf die Gesundheit, so Experte Wehrspaun. 75 Prozent aber erwarteten Böses für Kinder und Kindeskinder.

      Dementsprechend gelte das häufig festgestellte neue Desinteresse nur für das Tagespolitische, sagt Studien-Autor Kuckartz und nennt mehrere Gründe: Der Umweltschutz ist nicht wirklich kontrovers, alle Parteien wollen ihn; auch Topthemen wie Atomausstieg oder Dosenpfand sind in der Bevölkerung unumstritten (für beides gibt es in Umfragen deutliche Zustimmung), und der Verbändestreit darüber wirkt im Vergleich zu der tiefen Angst vor globalen Katastrophen eher nickelig. Andererseits fühlen sich viele angesichts der Größe der Probleme offenbar überwältigt.

      Dennoch, hält Kuckartz fest, sei ökologisches Handeln in Deutschland inzwischen alltäglich - "auch ohne ökologisches Bewusstsein". Beispiele seien der Trend zu Biolebensmitteln und das breite Interesse an ökologischem Bauen etwa mit Sonnenkollektoren. "Es ist nicht so schlimm, wie es oft geredet wird", sagt Kuckartz. ap

      na da können wir ja hoffen!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 11:09:31
      Beitrag Nr. 66 ()
      hallo haispeed,

      ich finde, der vorletzte absatz trifft die stimmung ganz gut, angesichts der globalen umweltprobleme fühlt man sich doch eigentlich machtlos, da trennt man lieber mechanisch seine dosen und zeitungen.

      ob aber so eine statistik überhaupt sinn macht? es kommt wie immer auf die sichtweise an: Laut einer neuen Allensbach-Studie überflügeln nicht nur Japaner und Polen, sondern nominell sogar die als Ökomuffel gescholtenen US-Bürger die Deutschen im Umweltbewusstsein.: eben, kann man das gerade erst erwachende umweltinteresse von ökomuffeln vergleichen mit dem bewusstsein von bürgern eines landes, das schon ein paar jahrzehnte grüner denkkultur hinter sich hat? also, der vergleich hinkt ein bisschen, finde ich. im moment sind viele themen bei uns halt schon durchgekaut worden, und es fehlt vielleicht so etwas wie ein funke, der wieder dynamik in die allgemeine umweltdiskussion in deutschland bringen könnte.

      ich glaube immer an `das neue in der welt`. es muss noch etwas wirklich neues erfunden oder erdacht werden, um unsere heutigen probleme zu lösen. was kann es sein, eine neue technologie, eine neue wirtschaft? lassen wir uns überraschen.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 12:26:12
      Beitrag Nr. 67 ()
      hallo cabinda

      vieleicht ein fahrzeug, dass man mit müll "betankt" und dessen abgase aufgefangen werden und dann zur befüllung von taucherflaschen genutzt werden.
      ich ruf mal bei "daniel-düsebtrieb" an vieleicht hat der ne idee.

      was die sicht auf die statistik betrifft hast du sicher recht. ökomuffel sind wir nicht, denn das bewußtsein ist schon geschärft, aber wir sind neuerungsmuffel. wir glauben noch an zuvielem was schon längst veraltet ist. auch ein punkt der bequemlichkeit im leben.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 13:17:26
      Beitrag Nr. 68 ()
      wie wär`s mit sand, davon haben wir ja sprichwörtlich genug:


      Sand - das Öl der Zukunft
      (Seite 3 von 3)

      Eine Alternative zum Wasserstoff

      Gesucht wird deshalb ein Ersatz für Benzin - auch hier könnte Wackers "Störfall" den Weg zu neuen Lösungen weisen. Bisheriger Favorit dafür ist Wasserstoff. In einem europäisch-kanadischen Projekt etwa soll er genutzt werden, um Energie nach Hamburg zu transportieren. Kanadische Stauseen würden den Strom liefern, um Wasser in das energiereiche Gas umzuwandeln, das dann verflüssigt per Tankschiff über den Atlantik verfrachtet wird. In Deutschland soll der Wasserstoff Busse und Kleinkraftwerke antreiben.
      Der Treibstoff hat einen gigantischen Vorteil vor dem Kohlenstoff und dessen Verbindungen. Wenn er verbrennt, quillt kein klimaschädliches CO2 aus dem Schornstein oder Auspuff. Reagieren Wasserstoff und Sauerstoff miteinander, entsteht allein sauberes Wasser. Ökologisch ein idealer Treibstoff.
      Außerdem braucht für das Energiegas keine ganz neue Antriebstechnik erfunden zu werden. Herkömmliche Kolbenmotoren, nur leicht modifiziert, schlucken Wasserstoff problemlos. Für Brennstoffzellen ist es sogar der Lieblingstreibstoff. Automobilkonzerne stecken gerade Milliarden in diesen Antrieb. In vier Jahren sollen die ersten "Null-Emissions-Autos" zum Verkauf bereitstehen.
      Trotz solcher Vorteile kommt das europäisch-kanadische Wasserstoffprojekt nicht in Gang. Auch nach zwei Jahrzehnten Forschung haben sich einige Nachteile des Brenngases nicht ausräumen lassen. Der Wasserstoff muss auf minus 253 Grad gekühlt werden, damit er flüssig wird und weniger Tankraum beansprucht. Doch bei diesem Vorgang geht viel Energie verloren. Außerdem kriecht Wasserstoff selbst durch feinste Poren in Stahlwänden: Ein mit dem Flüssiggas gefüllter Autotank wäre in der Garage nach zehn Wochen leer.
      Vor allem ist Wasserstoff extrem leicht entzündbar, noch leichter als Benzin. Kritiker des transatlantischen Projekts malen Schreckensbilder von Tankern, die kurz vor dem Hamburger Hafen explodieren. Die Wucht könnte nicht nur den Nobelvorort Blankenese verwüsten, sondern auch die Airbus-Werke auf der gegenüberliegenden Seite der Elbe. Es gibt Forscher, die aus solchen Gründen daran zweifeln, dass sich Wasserstoff als Hauptenergieträger durchsetzen wird.


      Sicherer und sauberer Energielieferant

      Auch beim Verbrennen von Silizium entstehen keine Abgase. Wenn es sich mit Sauerstoff verbindet, wird Silizium wieder zu dem, woraus es gewonnen wurde - harmloser Sand. Bei der Gewinnung des Metalls wird heute allerdings noch Kohle als Reaktionspartner gebraucht. So entsteht auch dabei Kohlendioxid. Professor Auner setzt da auf Techniken, das klimaschädliche Gas aus der Abluft herauszufiltern. In vergleichsweise wenigen großen Silizium-Fabriken weltweit wird das sehr viel einfacher und billiger zu machen sein, als den Schadstoff, den Millionen Benzinfahrzeuge ausstoßen, wieder einfangen zu wollen. Das festgehaltene CO2 könnte, so neueste Erkenntnisse, in Methanol umgewandelt werden, ein möglicher Benzinersatz. Erst wenn es verbrannt wird, würde das Kohlendioxid in die Luft gelangen. Mittelfristig aber sind CO2-freie Lösungen denkbar: biotechnologisch oder, darauf setzt Daniel Herbst vom Institut für Kraftfahrzeugbau der Uni Karlsruhe, mit Hilfe der Elektrolyse.
      In puncto Sicherheit ist Silizium Spitze. Anders als etwa bei Uranbrennstäben werden beim Transport keine Sicherheitsbehälter nötig sein. Auch keine Hochdrucktanks wie beim Wasserstoff. Das Energiemetall könnte einfach auf einem Lastwagen durch die Gegend gekarrt werden. Und der Fahrer dürfte dabei sogar rauchen. Mit einer brennenden Zigarette sind Siliziumbrocken nicht anzuzünden, selbst mit einem Schneidbrenner nicht.
      Umweltkatastrophen wie beim Untergang von Öltankern sind beim Silizium undenkbar. Wenn das Energiemetall zum Beispiel mit Hilfe billiger Wasserkraft in Kanada hergestellt und dann nach Europa verschifft würde, gäbe es bei einer Havarie keine Fernsehbilder von verölten Seehunden und jämmerlich sterbenden Wasservögeln. Die Siliziumladung würde bei einem Leck einfach in die Tiefe rauschen und sich am Meeresboden dann mit der Zeit wieder in Sand verwandeln.

      (fortsetzung folgt)
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 13:20:11
      Beitrag Nr. 69 ()
      (Fortsetzung: Sand - das Öl der Zukunft?)

      Verwertbare Rückstände

      Kraftwerke zum Verheizen von Silizium müssten allerdings erst noch entwickelt werden. Die meiste Energie würde bei einer Verbrennung mit reinem Sauerstoff frei. Trotzdem setzt Auner mehr auf die Reaktion mit Stickstoff. Denn dabei entsteht neben der Wärme eine Reihe von wirtschaftlich wertvollen Produkten. Der Chemiker: "Mit Stickstoff machen wir ökonomisch gesehen aus Sand Gold." In der Praxis werden Silizium-Kraftwerke wahrscheinlich mit normaler Luft betrieben. Die besteht zu fast 80 Prozent aus Stickstoff.
      Die "Asche" des Reaktors würde außer Sand vor allem aus Siliziumnitrid bestehen. Das ist ein ungiftiger Werkstoff für superharte, heute sehr teure Keramik. Die Industrie braucht die Substanz zum Beschichten anderer Materialien, um sie gegen Kratzer, Feuchtigkeit, Feuer oder Säuren zu schützen.
      Aus Siliziumnitrid lässt sich zudem prob-lemlos Ammoniak machen, der Grundstoff für Stickstoff-Kunstdünger. Das eröffnet einen ganz neuen Weg zur Herstellung dieses unverzichtbaren Nährstoffes für Pflanzen, ohne den die Erde niemals die heute sechs Milliarden Menschen ernähren könnte. Seit fast hundert Jahren wird die Agrochemikalie in einem teuren Prozess - dem Haber-Bosch-Verfahren - hergestellt, das hohe Temperaturen und Drucke verlangt. Nach einer Studie, die kürzlich im Auftrag des amerikanischen Energieministeriums durchgeführt wurde, gehört dieser Prozess zu den größten Energiefressern in der Chemie - bei magerer Ausbeute. In den Chefetagen der Kunstdüngerproduzenten wie der BASF in Ludwigshafen dürften bald die Rechner angeworfen werden, um zu kalkulieren, was wirtschaftlicher ist. Es geht um die mit jährlich hundert Millionen Tonnen zweithäufigste Chemikalie, die weltweit produziert wird.
      Sollte allerdings das Silizium das Erdöl oder Erdgas in großem Maß zu verdrängen beginnen, wird weit mehr Ammoniak anfallen, als für die Synthese von Kunstdüngern nötig ist. Doch das stechend riechende Gas enthält noch einen Teil der Energie, die vorher bei der Siliziumherstellung hineingesteckt werden musste: Ammoniak brennt. Auner sieht aber noch eine überraschendere Anwendung. Der Kunstdüngerrohstoff könnte auch als Wasserstofflieferant für die Brennstoffzelle im Auto dienen. Die Automobilkonzerne hätten längst auf Ammoniak gesetzt, glaubt Auner, wenn das Gas nicht so teuer wäre. Ammoniak ist zwar in höheren Konzentrationen giftig und muss zur Verflüssigung auf minus 33 Grad heruntergekühlt werden. Trotzdem ist es viel leichter zu handhaben als reiner Wasserstoff. Ammoniak wird heute problemlos in großen Tanklastern durch die Gegend kutschiert.


      Sand aus dem Auspuff

      Das Silizium eröffnet noch weitere Möglichkeiten, Autos ohne Erdöl anzutreiben. Bei der Produktion der Silikone aus dem Metall, heute eine Megatonnen-Industrie, entsteht als Nebenprodukt eine brennbare Flüssigkeit. Dieses Tetramethylsilan (TMS) hat etwa die Energiedichte von Benzin, erzeugt allerdings auch Kohlendioxid. Klaus Höfelmann, Chef der Silikone bei Wacker weltweit, erinnert sich, dass auf dem Werksgelände einmal ein VW-Motor mit diesem Treibstoff gefüttert wurde. Einige Stunden lief die Maschine tadellos. Dann blieb sie stehen. In den Zylindern hatte sich Sand angesammelt.
      Ähnliche Versuche waren vor 30 Jahren bei Dow Corning im US-Bundesstaat Michigan gelaufen. Trecker, mit TMS betankt, konnten auf dem Acker den entstehenden Sand einfach hinter sich fallen lassen. Nach drei Tagen gab es jedoch Probleme mit den Kolbenringen. Sie fraßen sich fest. Solche Schwierigkeiten lassen sich in Zukunft vielleicht durch Keramikmotoren lösen. Und auch dafür liefert Silizium zwei Grundstoffe, die neben Diamant zu den härtesten Materialien der Welt gehören: Siliziumnitrid und -karbid.
      Trotzdem werden sich Autobahnen nicht in Wanderdünen verwandeln. Die entstehenden Sandteilchen sind so klein, dass eine Autokolonne eher eine weiße Staubfahne wie eine durchgehende Büffelherde in der Serengeti hinter sich herziehen wird. Über Deutschland würde sich langsam eine Schicht feinen weißen Sandes legen. Damit das jedoch nicht passiert, wird der Staub im Auto zurückgehalten. Beim Tanken kann der Fahrer den vollen Sandsack zurückgeben. Hausbesitzer mit einem TMS-Brenner im Keller müssten sich eine Sandkiste bauen.
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 13:24:28
      Beitrag Nr. 70 ()
      (Schlussteil - Sand)


      Synthetische Antriebsstoffe aus Silizium

      Als in den siebziger Jahren bei Wacker in Burghausen der VW-Motor mit flüssigem Silizium-Treibstoff lief, beschäftigte sich auch an der Kölner Universität ein Chemiker mit dem Metall. Peter Plichta hatte ein ehrgeiziges Ziel. Er wollte ausprobieren, ob auch Silizium die Fähigkeit der Kohlenstoffatome besitzt, sich zu langen Ketten zu verbinden und so unterschiedliche chemische Substanzen zu bilden.
      Dieses Ziel erforderte Forschermut. Bereits in den 50er Jahren hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft Millionen in das Projekt gesteckt. Doch alles, was dabei herauskam, waren Moleküle mit nur zwei, drei, vier Siliziumatomen. Die Stoffe waren außerordentlich gefährlich und brannten wie Schießpulver. Plichta: "So stand es auch in den Lehrbüchern." Der junge Chemiker setzte darauf, dass Substanzen mit längeren Ketten aus Siliziumatomen stabiler sein würden. Seine Experimente waren erfolgreich. Plichta lernte, stabile Silane herzustellen: "Sie sehen aus wie Biskinöl." Niemand dachte allerdings daran, sie als abgasfreie Treibstoffe einzusetzen.
      Der Chemiker wandte sich seiner zweiten Leidenschaft zu: der Mathematik. Erst 20 Jahre später erinnerte er sich wieder an seine Kölner Experimente. Mit dem Düsseldorfer Unternehmer Klaus Kunkel sowie zwei Fachleuten für Verbrennungsprozesse und Raketenmotoren entwickelte er ein Konzept für einen Siliziumtreibstoff in der Raumfahrt. Andere Antriebe nutzen nur den Sauerstoff der Luft. Die Silane dagegen, darauf setzt Plichta, auch den Stickstoff. Und der macht fast 80 Prozent der Atmosphäre aus. Raumschiffe könnten so am äußersten Rand der irdischen Lufthülle operieren, ohne extra Sauerstoff in den Orbit zu schleppen.
      Die Idee stieß auf keine Gegenliebe. Die Industrie winkte ab. Auch Jürgen Rüttgers, letzter Zukunftsminister in der Regierung Kohl, ließ den Vorschlag in der Schublade verschwinden. Um mehr als nur Formeln auf dem Papier vorweisen zu können, wandte sich die Vierer-Gruppe an Professor Auner. Der Siliziumspezialist stellte ihnen einige Milliliter des Silanöls her, das dann am Fraunhofer Institut für Chemische Technologie auf seine Schubkraft untersucht wurde. Ergebnis bei der Verbrennung mit Sauerstoff: Das Silanöl war effizienter als der herkömmliche Raketentreibstoff Hydrazin. Auch im Vergleich zum Benzin schnitt die Siliziumflüssigkeit gut ab. Sie erzeugte beim Verbrennen fast genauso viel Energie. Plichta setzt deshalb auf Autos, die eines Tages mit modifizierten Strahltriebwerken aus der Raumfahrt über die Autobahnen zischen.
      Sind das Hirngespinste wie die "kalte Fusion", die vor einigen Jahren durch die Weltpresse geisterte? Damals meinten zwei Forscher, einen Weg gefunden zu haben, wie die Fusionsvorgänge, denen die Sonne ihre gigantische Glut verdankt, auf der Erde bei Zimmertemperatur nachgeahmt werden könnten. "Ich habe damals gleich nicht daran geglaubt, noch bevor sich das Ganze als Messfehler herausstellte", sagt Udo Pernisz, Physiker beim amerikanischen Unternehmen Dow Corning, das Produkte auf Siliziumbasis herstellt. Beim Einsatz von Silizium als Energieträger sieht für den Schwaben die Sache ganz anders aus. Denn die chemischen Grundtatsachen sind unbestritten. Mit Ausnahme der Ergebnisse von Wacker waren alle anderen Fakten den Fachleuten bekannt. Pernisz: "Es musste nur jemand wie Norbert Auner kommen, um die einzelnen Mosaiksteinchen zu einem Gesamtkonzept zusammenzusetzen."
      So sieht es auch Gordon Fearon, ein britischer Silizium-Chemiker, der lange Jahre die Forschung bei Dow Corning leitete und heute in den USA als Industrieberater tätig ist: "Wir müssen Professor Auner zu seiner Vision gratulieren." Auch nach dem Urteil des Walisers eröffnen die Ideen des Deutschen ganz neue Optionen für einen umweltfreundlichen Energieträger. Fearon: "Vor allem das Konzept eines synthetischen Brennstoffes auf der Basis von Silizium sollte schnell angegangen werden." Der amerikanische Silizium- "Papst" Professor Robert West von der Universität Wisconsin in Madison warnt allerdings vor zu schnellen Erwartungen: "Es wird sicher zehn, zwanzig Jahre Grundlagenforschung erfordern, um Auners Ideen technisch umzusetzen."
      So lange wollen die beiden weltweit größten Siliziumverarbeiter, Dow Corning und Wacker Chemie, nicht warten. "Für uns sind diese Möglichkeiten wirklich aufregend", sagt James White, Forschungsleiter bei Dow Corning in Midland. Und weiter: "Da könnte sich auch ein ganz neuer Zugang zur Silikonherstellung eröffnen." Bisher ist dabei Chlor nötig, das zwar recycelt wird, dessen Einsatz aber aus Gründen des Umweltschutzes problematisch ist. Außerdem lässt sich mit der Stickstoffverbrennung wahrscheinlich ein Produktionsschritt einsparen. Um dazu notwendige Entwicklungen voranzutreiben, wird in den Vorstandsetagen der beiden Erzrivalen erstmals an Zusammenarbeit gedacht. Überlegt wird sogar, ein gemeinsames Forschungsinstitut zusammen mit Auner zu gründen, der inzwischen etliche Patente angemeldet hat.
      Für die Realisierung eines alternativen Energiekonzeptes sind Wacker und Dow Corning allerdings nicht groß genug. Auner: "Da müssen auch die Energiekonzerne, die Ammoniakproduzenten und die Autohersteller mit ins Boot." Die wissen allerdings noch nichts von ihrem Glück. Nach Schätzung von Richard Weidner, Forschungsleiter des Geschäftsbereiches Silikone bei Wacker, kostet der synthetische Treibstoff, der heute als Nebenprodukt bei der Silikonherstellung anfällt, etwa so viel wie Benzin - vorausgesetzt, der Staat würde beim Siliziumsprit auf Steuern verzichten. Zuerst könnte es dazu benutzt werden, dass bei einer Ölkrise wenigstens die Rettungswagen noch fahren können und in den Kliniken die Heizungen nicht ausgehen.
      Heinz Riesenhuber, ehemaliger Forschungsminister und heute als Chemieprofessor Kollege von Auner an der Universität Frankfurt, nutzte alte politische Verbindungen, um das Berliner Wirtschaftsministerium auf das revolutionäre Energiekonzept aufmerksam zu machen. Die Beamten reagierten prompt. Innerhalb der nächsten Wochen soll sich Auner zu einem Expertenhearing mit Vertretern von Industrie und Forschung bereithalten.



      Souad Mekhennet, Klaus Thews
      der stern


      p.s. auch technischen gründen leider in drei teilen, da sich der text sonst nicht absetzen lässt.
      Avatar
      schrieb am 26.06.01 16:29:37
      Beitrag Nr. 71 ()
      hier ist der link zu dem kompletten artikel (es gibt noch zwei weitere teile dazu):

      http://www.stern.de/magazin/titel/2000/46/sand.html
      Avatar
      schrieb am 27.06.01 09:53:07
      Beitrag Nr. 72 ()
      moin cabind

      da kann man ja garnicht mehr gegen an arbeiten. so langsam haben wir wohl so viel ausgegraben, das wir einen preis für öffentliche umweltinformation dafür verdienen.
      das läßt ja doch auch einen pessimisten wie mich auf die zukunft hoffen. nur eins stört mich, afrika und asien werden bei sand wieder zu den hauptförderländern, wie bei öl.! damit sind die weltweiten kämpfe um die ressourcen wieder vorprogrammiert. hört denn das nie auf? statt OPEC dann SPEC? ;-)))

      jetzt noch etwas ganz problematisches

      Leichen zu Humus
      Öko-Bestattung in Schweden Der Spiegel 25.06.01

      Schweden ist womöglich schon bald das erste Land der Welt, in dem Verstorbene nicht nur begraben oder verbrannt, sondern auch umweltfreundlich kompostiert werden. Bei dem von der schwedischen Biologin Susanne Wiigh-Masak an Schweine- u. Rinderkadavern getesteten Verfahren werden die Körper zunächst eingefroren und anschließend in flüssigen Stickstoff getaucht, um den sterblichen Überresten das Wasser zu entziehen. Am Ende der nur wenige Wochen dauernden Prozedur entstehen dann 20 bis 30 Kilogramm feines organisches Pulver, das nach Angaben der Forscherin" völlig geruchslos und hygienisch" ist.
      Dieser rieselnde Rest kann anschließend in biologisch abbaubaren Behältern beigesetzt werden, die sich innerhalb von sechs Monaten auflösen.

      der artikel geht noch weiter aber ich will nicht alles abschreiben.

      finde ich auf jeden fall gut für die grünen fundies. endlich ein würdiges ende zum wohle der umwelt und immer noch besser als das plastinieren und die zur schaustellung in den "Körperwelten"

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 27.06.01 10:34:07
      Beitrag Nr. 73 ()
      moin haispeed,
      hu, jetzt schockst du mich aber, und dabei wollte ich eben noch ein zweites frühstück nehmen... meinst du nicht, dass man umweltbewusstsein auch übertreiben kann? andererseits, wenn man bedenkt, wie der mensch mit tieren umgeht und ihnen das mehl ihrer artgenossen zu fressen gibt, hat er eigentlich auch nichts besseres verdient als kompostiert zu werden. (ohne zynismus kann man diese welt wohl kaum überleben).

      deinen einwand zu afrika und die mögliche ausbeutung bei der realisierung des zukunftsprojektes `energie aus sand` muss ich noch mal überdenken.

      grüsse
      cabinda

      (p.s. gute reise übrigens!)
      Avatar
      schrieb am 01.07.01 10:29:10
      Beitrag Nr. 74 ()
      zur zukunft afrikas im zeitalter der globalisierung habe ich einen älteren spiegel-artikel gefunden, der m.e. durchaus noch aktuell ist (und, @haispeed, deine befürchtungen ein wenig relativieren mag). hier ein auszug daraus:


      "FREIHEIT DURCH WOHLSTAND"

      Wird Afrika von der Globalisierung vergessen? Kriege verwüsten viele Staaten, die Wirtschaft ist rückständig. Der südafrikanische Ökonom Themba Sono sucht Auswege aus der Misere.

      (Professor Themba Sono, 58, lehrt Management und ist Direktor des South African Institute of Race Relations)

      Sono: "Man kann nicht ständig den Kolonialismus verantwortlich machen"

      (...)

      Sono: Die Koreaner zum Beispiel haben begriffen, dass Freiheit ohne Wohlstand nicht zu haben ist. In Afrika glauben wir dagegen noch immer dem Wort Kwame Nkrumahs, des ersten Präsidenten Ghanas: "Suchet erst das politische Königreich, alle anderen Dinge werden folgen." Mir kann keiner erzählen, dass sich ein armer hungernder Mensch befreit fühlt.

      SPIEGEL: Wie also kann Afrika von der Globalisierung profitieren?

      Sono: Nehmen Sie DaimlerChrysler: Das Unternehmen bildet in Südafrika Tausende schwarzer Afrikaner aus. Wir sollten das als Chance begreifen. Wir müssen unsere Vorbehalte gegenüber Europa überwinden, wir müssen so strebsam und effizient wie Deutsche werden. Genauso haben es die Japaner gemacht: modernisieren durch kopieren.

      SPIEGEL: Firmen wie DaimlerChrysler oder Siemens sind schon seit Jahrzehnten in Südafrika, und dennoch haben solche Investitionen Afrika nicht wesentlich weitergebracht.

      Sono: Man darf nicht vergessen, dass solche Unternehmen lange unter unerträglichen Gesetzen gearbeitet haben. Die Apartheidsregierung war doch in Wahrheit ein sozialistisches Regime, das an einen zentralistischen Staat glaubte. Unsere Befreiungsbewegungen machen die Menschen derweil glauben, dass Marktkräfte von Übel wären. SPIEGEL: Und darum fließen die Investitionen nach Afrika so spärlich?

      Sono: Sicher, denn wer möchte Geld in ein verwüstetes Land wie Sierra Leone stecken? Geld sucht politische Stabilität, Geld sucht verbindliche Gesetze, sucht Bedingungen, unter denen Unternehmertum sich lohnt.

      SPIEGEL: Sucht Geld auch Demokratie?

      Sono: Natürlich, Geld kann nur in Demokratien arbeiten. Denn was ist das Gegenteil: Willkür und Despotismus.

      SPIEGEL: Warum floriert die Wirtschaft dann in einem Land wie Uganda, wo ein Ein-Parteien-System existiert?

      Sono: Unser Verständnis von Demokratie geht da vielleicht ein wenig auseinander. Es kann sehr wohl Demokratie geben ohne ein Mehr-Parteien-System, sofern Bürger Handels- und Meinungsfreiheit haben.

      SPIEGEL: In bodenschatzreichen, wenig stabilen Staaten Afrikas üben multinationale Unternehmen eine enorme Kontrolle aus. Werden Firmen über kurz oder lang die Verantwortung des Staates übernehmen müssen?

      Sono: Länder wie die Demokratische Republik Kongo sind doch kein Staat mehr. Ihr Territorium wird von verschiedenen Banditen kontrolliert. Die Politiker haben hoffnungslos versagt. Für ein solches Land wäre es wohl wirklich besser, von einem Unternehmen geführt zu werden, das den Menschen Arbeit garantiert.

      SPIEGEL: Globalisierung, so warnen Kritiker, verschärfe die Ungleichheit in den Entwicklungsländern. Stimmen Sie da zu?

      Sono: Freiheit schafft Ungleichheit. Gibt man zwei Menschen Freiheit, wird immer einer erfinderischer und produktiver sein als der andere. Aber sollen wir deshalb die Globalisierung verhindern, den freien Kapitalfluss stoppen und die Bewegung von Waren und Arbeitskräften unterbinden? Globalisierung bedeutet die Existenz einer grenzenlosen Welt. Wenn man hier ein solides Rechts- und Steuersystem installiert, floriert die Wirtschaft. Also kann die Globalisierung dem Wohlstand der Entwicklungsländer nur zuträglich sein.

      SPIEGEL: Dann allerdings überspringt Afrika die üblichen Entwicklungsstufen: Auf dem Land bearbeiten die Bauern ihre Felder noch mit Ochsenkarren, in den Städten benutzen die Menschen Mobiltelefone.

      Sono: Genau danach aber streben die meisten. Selbst der Hirte, der die Schafe hütet, möchte gern ein Handy besitzen.

      SPIEGEL: Hat Afrika denn das Personal, um diese Technologien sinnvoll einzusetzen?

      Sono: Nein, aber unsere Regierungen müssen visionär denken. Sie sollten unsere Jugendlichen zur Ausbildung ins Ausland schicken. Taiwan hat das getan. Vor 50 Jahren ging es Taiwan noch schlechter als Südafrika, heute ist das Land ein führender Produzent elektronischer Geräte. Es hat keinen Sinn, mit Afrikanern über das Internet zu reden, wenn sie nicht lesen und schreiben können.

      SPIEGEL: Öffnet sich hier eine digitale Kluft?

      Sono: Selbst wenn alle Afrikaner Mobiltelefone besäßen, wer sollte sie reparieren, wenn sie kaputtgehen? Wir sollten mit den grundlegenden Dingen anfangen: Wir müssen verstehen, wie man Rohre verlegt oder wie man Glühbirnen wechselt. Wir bleiben auf Dauer damit beschäftigt aufzuholen, das ist leider unser Schicksal.

      SPIEGEL: Für die Demonstranten, die im Dezember bei der Welthandelskonferenz in Seattle protestierten, ist Globalisierung nur ein neues Wort für Imperialismus.

      Sono: Ich habe einige Jahre in den Vereinigten Staaten gelehrt, ich kenne diese Verrückten. Was kritisieren die denn an der Globalisierung? Das ist doch ein uraltes Phänomen mit verschiedenen Gesichtern. Der Globalisierung verdankt Südafrika seine Gründung. Als die Europäer nach Asien segelten, war das auch eine Form von Globalisierung. Sicher, in der Folge haben wir Phasen des Kolonialismus und des Imperialismus durchlebt. Aber heute geht es doch um etwas anderes: um Finanzmärkte zum Beispiel oder Arbeitskräfte.

      SPIEGEL: Bislang war jede Globalisierung eine Einbahnstraße. Bis heute beuten Industriestaaten Bodenschätze und Arbeitskräfte aus. Gleichzeitig erschweren sie den Import von Agrarprodukten oder Textilien aus Entwicklungsländern durch Handelsschranken.

      Sono: Das ist in der Tat zu kritisieren. Die hohen Importzölle müssen verschwinden. Die Entwicklungsländer sollten zurückschlagen, sie sollten keine Produkte von Ländern einführen, die eine protektionistische Politik verfolgen. Das gilt besonders für Europa, dass seine Landwirtschaft mit Milliarden subventioniert. Und wenn Länder Zollschranken aufbauen, dann müssen wir damit drohen, dass wir unsere Waren lieber von China beziehen, auch wenn die Qualität schlechter ist.

      (14.8.00)
      http://www.spiegel.de/spiegel/21jh/0,1518,88886,00.html

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 11.07.01 10:24:12
      Beitrag Nr. 75 ()
      Öko-Firmen, Staat und Energiesituation

      Ausgerechnet Großbritannien, das im öffentlichen Ansehen jahrelang als Umwelt-Stiefkind in der EU galt, macht vor, wie ökologische Geldanlagen durch staatliche Lenkung gefördert werden. Im Juli 2000 gab es dort eine Gesetzesnovelle, wonach Pensionsfonds jetzt angewiesen werden, ethisch-ökologisch zu investieren.

      Die Bundesregierung scheint diese Entwicklung genauestens beobachtet und in die Rentenreform eingearbeitet zu haben. Das Gesetz zur Rentenreform, das am 11. Mai verabschiedet wurde, enthält Textpassagen die exakt dem Wortlaut der britischen Regelung folgen.

      Auch hierzulande werden also zukünftig Investmentgesellschaften und Pensions-Fonds große Geldmengen in Öko-Unternehmen investieren. Damit geht automatisch eine stärkere Einmischung in die Unternehmenspolitik in Sachen Umwelt einher. Der Kern der Neuerung sieht vor, dass Anbieter von Altersvorsorge-Produkten müssen darüber informieren, inwieweit ”ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Beträge berücksichtigt” werden.

      Wie diese Regelung von deutschen Unternehmen konkret umgesetzt wird, ist noch offen. Die DWS hat ”noch keinen Beschluss gefasst”, der DIT ist sich darüber ”noch nicht klar”, ähnlich reagiert auch die Allianz. Skeptisch ist man in Bayern: Die Hypovereinsbank-Tochter Adig will sich lieber an Regelungen des Bundesverbandes Deutscher Investment-Gesellschaften (BVI) halten, wonach der Rendite immer die höchste Priorität einzuräumen ist. Der Gerlingkonzern hingegen scheint offen und bereitet entsprechende Produkte bereits vor.

      Die Bank Sarasin erwartet durch diese Neuerung „einen weiteren Anstieg nachhaltiger Anlageangebote in Deutschland”. Umfragen der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zufolge würden 56 Prozent der Kleinanleger auch in Öko-Anlagen investieren.

      Eine weitere Maßnahme der Bundesregierung betrifft vor allem die Förderung der Windenergienutzung auf dem Meer. Ein entsprechendes Strategiepapier wurde Mitte Juni vorgelegt. Danach soll im Jahr 2030 die Windkraft drei Fünftel der Strommenge erzeugen, die im Jahr 2000 in Deutschland durch Kernkraftwerke produziert wurde.

      Der Ökostrom-Anteil ist in Deutschland von 29,1 Milliarden (1999) auf 34,3 Milliarden (2000) Kilowattstunden angestiegen. Wasserkraft hat daran den größten Anteil, es folgen Windkraft und Strom aus Biomasse. Solarstrom macht nur einen kleinen Teil aus. Übertragen auf die Unternehmen bedeutet dies: Zuwächse sind sowohl bei Aufträgen und Bilanzen als auch bei den Börsenkursen zu verzeichnen.

      Michael Mandel, US-amerikanischer Wirtschaftspublizist, prognostizierte im Interview mit WirtschaftsWoche heute: "Unternehmen der New Economy wie Cisco und Sun, die gestern die Oberhand hatten, müssen nicht auch die Sieger von morgen sein. Meine Favoriten entstammen eher den Branchen der Medien, Biotechnologie und der alternativen Energien."

      Stefan Steinhäuser
      /Wirtschaftswoche, 04.07.01

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 11.07.01 10:30:23
      Beitrag Nr. 76 ()
      wie definieren die öko-fonds den begriff `nachhaltiges wirtschaften` bei der auswahl ihrer titel? dazu gleich noch ein weiterer artikel aus derselben quelle:


      Geld grün anlegen

      Die Situation am grünen Anleger-Markt ist ähnlich unübersichtlich wie die in den Supermarkt-Regalen: Viele Produkte schmücken sich mit einem Bio- oder Öko-Etikett – doch was drin steckt, können Kunden und Anleger oft nur erahnen.

      "Länderfonds investieren in bestimmte Länder, Branchenfonds in konkrete Branchen. Öko- und Ethikfonds investieren in – ja, worin eigentlich? Wenn man der Werbung glaubt, ermöglichen diese Fonds engagierten Investoren, ihre ökonomischen und ökologisch-ethischen Anliegen in einen harmonischen Gleichklang zu bringen”, umreißt Gerd Bennewirtz, von der SJB Investment-Beratung die Situation treffend.

      Die Einschätzung Bennewirtz` der Fonds-Landschaft ist auf die gesamte Branche der ökologischen Geldanlage übertragbar. Wo grün draufsteht, sind verschiedenste Zutaten drin, wobei das Spektrum im Jargon der Branche von "dunkelgrün" (streng ökologisch-ethisch) bis hin zu "hellgrün" (stärker kompromissbereit) reicht. Unternehmen und Anlageprodukte, die sich selbst als ökologisch bezeichnen, lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:

      In Gruppe 1 herrschen strenge Ausschlusskriterien. Der von der Bank Sarasin gemanagte Fonds "Ökovision" beispielsweise investiert nicht in Unternehmen, in denen Frauen diskriminiert, Atomenergie oder Militärgüter produziert oder Tierversuche durchgeführt werden. Diese durchaus fundamentalistisch-ökologische Haltung geht aber gut mit wirtschaftlicher Effizienz einher: So kann der Ökovison für das zurückliegende düstere Börsenjahr eine Performance von 20,89 Prozent vorweisen.

      Zur Gruppe 2 lassen sich Unternehmen und Produkte zusammenfassen, die umweltfreundliche Technologien erforschen, entwickeln und vorantreiben. Als Vergleichsmaßstab zum "Ökovision" läßt sich der "Activest Eco Tech" heranziehen, der durchaus auch in Unternehmen wie DaimlerChrysler oder Ford investiert – was nach den Maßstäben der Gruppe 1 undenkbar wäre.

      Die Gruppe 3 definiert sich vor allem dadurch, dass sie in Unternehmen mit der besten ökologischen Leistung innerhalb einer Branche investiert. Der UBS Eco Performance hält so zum Beispiel auch große Anteile von Unternehmen wie Johnson&Johnson, 3M und dem Öl-Multi Enron – in einem anderen Öko-Fonds-Portfolio findet sich sogar BP Amoco.

      Dennoch sollte nicht generell die Nase gerümpft und von Etiketten-Schwindel gesprochen werden. Der „Best-of-Class“-Ansatz hat unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Nachhaltigkeit seine Berechtigung (siehe Interview mit Jörg Weber)). Natürlich: Auch in der Umweltbranche gibt es Streitfälle um die Rechtmäßigkeit von Geldanlagen. Udo Bockemühl beispielsweise, Vorstand der Ökologik Ecovest AG, erschien auf der letzten Gesellschafterversammlung des Windfonds Geisleden mit dem festen Vorsatz, sich zu rechtfertigen und für Klarheit zu sorgen. Man warf ihm die unseriöse Verwaltung der Gelder seines Energie-Wende-Fonds III vor (siehe WirtschaftsWoche-Bericht). Bockemühl hatte Gelder aus dem besagten Fonds entnommen, um Schwankungen anderer Fonds auszugleichen. Die Investoren ziehen jetzt vor Gericht, denn das fehlende Geld wurde bisher nicht wieder einbezahlt.

      Das Beispiel macht deutlich, dass auch in dieser Branche mittlerweile mit harten Bandagen gespielt wird. Die Zeit der weltfremden Träumerei ist endgültig vorüber. Auf der einen Seite gibt es unseriöse Anbieter. Auch in dieser Branche funktionieren die gleichen wirtschaftlichen und psychologischen Mechanismen wie überall - Gier, Nepp und Betrug inklusive. Auf der anderen Seite kann der Anleger aber so auch sicher sein, dass in ökologisch-ethischen Unternehmen pragmatisches Wirtschaftsdenken dem Verfolgen unerreichbarer Utopien Platz gemacht hat.

      Stefan Steinhäuser
      Wirtschaftswoche 11.07.01
      Avatar
      schrieb am 11.07.01 23:45:14
      Beitrag Nr. 77 ()
      hallo cabinda,

      dann hast du jetzt ja den beweis erbracht, dass man auch mit der börse einfluß auf die nachhaltigkeit im wirtschaften zu gunsten der umwelt erreichen kann.
      jetzt müßen wir nur noch warten bis es losgeht und dann werden wir unser geld nur noch zum wohle der umwelt anlegen.
      ich bin dabei, versprochen!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 12.07.01 01:48:22
      Beitrag Nr. 78 ()
      Warum haben viele Anleger immer noch Vorbehalte gegenüber ökologischen Geldanlagen?

      Die Frage ist ja, was Sie dafür als Indikator setzen. Wenn Sie beispielsweise den Finanzmittelzufluss in Umweltfonds von 1998 und 2000 vergleichen, dann haben sich die Einlagen um den Faktor 36 erhöht. Der Ruf des Renditeverzichts stammt meines Erachtens vom Anfang der 90er Jahre und damaligen Angeboten, wie sie beispielsweise von der Ökobank kamen. Dabei vergisst man aber, dass Umweltaktien High-Flyer an den Börsen waren. Die ganzen großen Banken haben auch mittlerweile grüne Zertifikate angelegt. Wie kann ich als Anleger sicher sein, dass mein Geld tatsächlich ökologisch sinnvoll eingesetzt wird?

      Der Anleger sollte nicht nur darauf achten, dass die Unternehmen - in einem Fonds-Portfolio beispielweise – dunkelgrün sind und so etwa nur Bio-Sandalen herstellen. Als Anleger sollte ich mich fragen: Wie wirkt sich mein Geld für die Umwelt aus? Der „Best-of-Class“-Ansatz ist beispielsweise ein sinnvolles Instrument: So werden die Besten einer Branche herausgehoben, und es entsteht Druck auf die schlechten Kandidaten im Ranking. Wenn ich die konventionellen Branchen durch diese machiavellistische Methode zu einem Wettbewerb ansporne, ist mehr gewonnen, als wenn ich nur in reine Bio-Aktien investiere. Es kommt drauf an, durch grünes Investment Nachhaltigkeit zu fördern.

      Die „Best-of-Class“-Betrachtung ist ein dynamischer Ansatz, die Frage „Ist ein Fonds dunkelgrün?“ beruht auf Ausschlusskriterien und sieht nur den Status quo. Die scharfen Fonds mit dunkelgrünen Kriterien sind oft zu markteng und schmoren im eigenen Saft. Müssen denn nicht erst große Geldmengen in einem Fonds stecken, damit er einen solchen Druck ausüben kann?

      Es entsteht auf jeden Fall öffentlicher Druck.

      BMW hat bereits damit geworben, dass sie im Dow Jones Sustainability Group Index drin sind. Das soll Herrn Schrempp mächtig geärgert haben. Insofern wird dieser Faktor immer mehr zu einer Image-Frage. Sind wir tatsächlich auf der Grenze zum sechsten Kondratieff-Zyklus und wenn ja – wie kann der Anleger davon profitieren?

      Im Moment reden alle davon, dass nach der „New Economy“ die „New Energy“ kommt. Mir scheint aber eher der Medien-Zyklus mit seinen Themen-Konjunkturen bestimmend sein als der von Kondratieff. Die Frage ist ja immer: Welche Sau wird als nächstes durch Dorf getrieben?

      Aber im Ernst: Man sollte sich anschauen, was die Leute vor einem erkannt haben. Die Aktien von „New Energy“-Unternehmen sind ja schon mächtig gestiegen. Dieses Segment hat eigentlich schon den zweiten Peak hinter sich. Auch hier drohte ja eine Blasenbildung wie bei den anderen Aktien der New Economy. Die Gefahr ist durch die zurückgenommenen Kurse aber erstmal gebannt. Ein Einstieg lohnt sich auf jeden Fall bei Bio-Nahrungsmittel-Herstellern wie Horizon Organic oder Rapunzel. Ansonsten würde ich Fonds, die nach Nachhaltigkeits-Aspekten und dem „Best-of-Class“-Ansatz investieren, gegenüber dunkelgrünen Fonds den Vorzug geben - wenn ich nicht beides kaufen kann.

      Stefan Steinhäuser
      wirtschaftswoche
      Avatar
      schrieb am 12.07.01 22:50:52
      Beitrag Nr. 79 ()
      zwar gehörten die letzten beiden artikel inhaltlich zusammen, trotzdem war nicht ganz klar, wer der interview-partner war: jörg weber. entschuldigung!


      hallo haispeed,
      danke für dein engagement! eigentlich wäre das kein schlechter abschluss, aber wir sind ja soo misstrauisch!;) hast du übrigens den `zeit`-essay gelesen, den ich im anderen thread als link eingestellt hatte? ich schau noch mal hinein, ich finde, es gab da ein paar gute denkanstösse, auch wenn der autor nicht eben konkret war in seinen ausführungen.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 13.07.01 09:05:31
      Beitrag Nr. 80 ()
      hier ein langer, aber wie ich finde sehr lesenswerter artikel aus der `zeit` von letzter woche zum thema u.-s.-energiepolitik, der das ganze dilemma gut auf den punkt bringt und nicht gerade hoffnung macht. man könnte energie sparen, wenn man nur wollte - aber bekanntermassen möchte bush, dass soviel energie wie möglich produziert wird, denn nur dann kann auch viel verbraucht und der konsum in schwung gehalten werden.(hervorhebungen im text stammen von mir.)


      ENERGIEPOLITIK

      Die energierige Nation

      Klimafrevler Nummer eins ist Amerika bereits. Jetzt wird der Energiehahn weiter aufgedreht

      Von Christian Tenbrock


      Vom Highway 191 führt die Schotterpiste geradewegs nach Nordost, rechts und links gesäumt von verstaubtem Steppengewächs. In der Ferne ragen die Ausläufer großer Dünen auf, dahinter ein kantiges Tafelgebirge. Am Boden deuten weiße Flecken auf Salz, in den Bergen auf Schnee. 2200 Meter über dem Meer ist die Luft trocken und glasklar. Mitunter grasen wilde Pferde zwischen den Beifußbüschen, Adler und Habichte kreisen am Himmel.

      Die Jack Morrow Hills bedecken 25 000 Quadratkilometer Hochebene in der Südwestecke des amerikanischen Bundesstaates Wyoming. Manche Karten verzeichnen sie als "rote Wüste". Dem Auge bietet das kahle Land wenig. Doch seit im fernen Washington der Republikaner George Bush regiert, schauen viele hin: Die Jack Morrow Hills wurden zum Symbol für das Schicksal des amerikanischen Natur- wie auch des weltweiten Klimaschutzes.

      Aus der roten Wüste sollen Bohrtürme in den Himmel wachsen. Obwohl die Vereinigten Staaten pro Kopf mehr Energie verbrauchen als fast jede andere Nation, glaubt Bush, den amerikanischen Appetit auf Öl und Gas sogar noch steigern zu müssen. "Wir haben eine Energiekrise", lautet die Diagnose des ehemaligen texanischen Ölmanns. Seine Therapie: Mehr fördern, damit mehr verbraucht werden kann.

      Dass Bush das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz für "tot" erklärte, war nur der erste Schritt. Schon der sorgte für Aufruhr in der Welt - "nicht gerecht", "sehr besorgniserregend", "arrogant" lauteten noch die freundlichsten Kommentare - und trug dazu bei, dass die USA gerade ihren Sitz in zwei wichtigen UN-Gremien verloren. Jetzt wird der Umweltschutz auch im eigenen Land aufs Korn genommen. Viele Amerikaner verstehen den Herrn im Weißen Haus nicht mehr. Zwei Drittel der Bevölkerung, so eine Umfrage von Time und CNN, verlangen deutliche Schritte zur Reduktion der Treibhausgase. Und sieben Spitzenvertreter einflussreicher Religionsgemeinschaften äußerten jüngst ihre "höchste Sorge, dass unser jetziger Kurs die Lebensqualität für die Schöpfung Gottes und Gottes Kinder bedroht".

      Ganz zu schweigen von den Geschöpfen, die nicht der Gattung Homo sapiens angehören. Irgendwo unter dem Tafelgebirge der Jack Morrow Hills steht eine 1000-köpfige Herde rarer Wüstenelche. Der Beifuß wächst mancherorts über drei Meter hoch und bietet einer seltenen Sorte Wüstenhühner Schutz. Nirgendwo sonst in den USA sind die Wanderdünen größer als hier. "Dieses Land", sagt in der Kleinstadt Lander am Nordrand der Hochebene der ehemalige Naturkundelehrer Tom Bell, "ist einmalig, unbezahlbar: Die Wirtschaft hat hier nichts zu suchen."

      Das Motto: Bohren und Graben
      "Die Wirtschaft" sieht das anders. Seit sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über den Oregon Trail nach Westen vordrangen, weiden Rancher ihre Rinder und Schafe in den Jack Morrow Hills. Kohle und Gas ziehen kleine und große Energiefirmen an. Schon jetzt haben sich ihre Bohrgeräte an mehr als 60 Stellen drei- bis viertausend Meter tief in die Erde gefressen; das ständige Rattern von Pumpen und Generatoren zerschneidet die Wüstenstille. Wo die Gaspipelines vergraben wurden, trägt die Erde Narben.

      Als in Washington Bill Clinton das Sagen hatte, wollte er die Erschließung weiterer Gasfelder in den Jack Morrow Hills verhindern und Naturschutzgebiete weiter ausbauen. Noch im Dezember vergangenen Jahres wurde das für Staatsland zuständige Bureau for Land Management (BLM) angewiesen, auch in der roten Wüste der Ökologie Vorrang einzuräumen. Anders Bush: Auch in bislang geschützten Regionen der Vereinigten Staaten soll gebohrt und gegraben werden, um Amerikas Energiehunger zu stillen.

      Höhere Produktion und mehr Konsum - oder aber mehr Sparsamkeit und bessere Effizienz: So lautet die Alternative in der nationalen Energiepolitik. Bush weiß, auf wen er hört: auf die Ökofalken. Seit er im Januar ins Weiße Haus einzog, hat er alles gesagt und getan, damit Bergleute, Öl- und Gasproduzenten sowie die Stromerzeuger künftig freiere Hand haben werden. Steigende Energiepreise und die Stromkrise in Kalifornien liefern ihm scheinbar Argumente. Dass in dem Bundesstaat am Pazifik ab und zu die Lichter ausgehen, hat zwar weniger mit knappen Rohstoffen zu tun als vielmehr damit, dass die Deregulierung des Strommarkts fehlschlug und zu wenig Kraftwerke im Dienst stehen. Doch Bush erklärte Kaliforniens Misere zum Energienotstand des ganzen Landes. Auch den wichtigsten Schurken hatte der Präsident schnell ausgemacht: zu strengen Umweltschutz.

      Also weniger grüne Politik, Erleichterungen für die Energiebranche, mehr amerikanisches Öl und Gas, vielleicht sogar neue Atomkraftwerke. Schon Amerikas Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll begründete Bush mit vermeintlich zu hohen Belastungen für die US-Wirtschaft, vor allem für die Kohlekraftwerke, die 50 Prozent des US-Stroms erzeugen. Bushs Vize Dick Cheney, Leiter einer Energiekommission des Präsidenten und bis zum vergangenen Jahr Chef des Öl- und Gasausrüsters Halliburton, kündigte dazu Ende April Schritte an, die fast ausschließlich das Energieangebot ausweiten sollen - zum Beispiel den Bau neuer Raffinerien und Gaspipelines. Auch ein riesiges Naturschutzgebiet im Norden Alaskas will Bush für die Ölförderung freigeben. Mit diesem Vorhaben dürfte er scheitern; der Widerstand reicht bis in die Reihen der republikanischen Partei. Bisher gesperrte Staatsforste und Schutzgebiete entlang der Rocky Mountains sollen jedoch für Bohr- und Förderfirmen geöffnet werden - auch, wie die New York Times erfahren haben will, die Jack Morrow Hills.

      Tatsächlich sollen 95 Prozent aller neu geplanten Kraftwerke in den USA mit Erdgas befeuert werden; die Nachfrage nach dem relativ sauberen Rohstoff wird in den nächsten zehn Jahren um fast ein Drittel zunehmen. Der Löwenanteil aller Gasvorkommen aber findet sich in den Rocky Mountains. Experten des Energieministeriums kamen 1999 zu dem Schluss, dass allein unter bisher nur beschränkt zugänglichem öffentlichem Land zwischen Montana im Norden und New Mexico im Süden 39 Billionen Kubikmeter Gas liegen, genug, um die USA für sechs Jahre zu versorgen.

      Eine Renaissance der Atomkraft?
      Dazu kommt eine boomende Nachfrage. Sparen die Amerikaner nicht endlich Energie, werde bis zum Jahr 2010 "schon das Wachstum des Strombedarfs in den USA höher sein als das, was England und Frankreich derzeit insgesamt verbrauchen", schätzt der Fachmann Ed Tirello von der Deutschen Bank in New York. Sparen? Amerikas Energieminister Spencer Abraham schließt daraus schlicht, dass bis 2020 insgesamt 1300 neue Kraftwerke gebaut werden müssen, notfalls auch nukleare. "Wer etwas gegen schädliche Emissionen tun will", wiederholte der Ölveteran Dick Cheney vorsorglich bereits das alte Argument der Nuklearbranche, "muss Atomkraftwerke bauen."

      Umweltschützer wehren sich gegen die Pläne des Präsidenten. Naturschutzgebiete für die Öl- und Gasförderung zu öffnen sei absurd, weil in ungeschützten und weniger sensiblen Regionen "genug für den Konsum der nächsten vier Jahrzehnte vorhanden ist", argumentiert David Elberswerth, Sprecher der Washingtoner Wilderness Society. Schon heute sind 90 Prozent des Staatslandes für die Wirtschaft ungehindert zugänglich; an rund 50 000 Stellen wird Gas gefördert. Allein im Südwesten Wyomings sollen - außerhalb der Jack Morrow Hills - bis 2010 zwischen 10 000 und 15 000 Pumpen ans Netz gehen.

      Alte Kämpfer wie der 77-jährige Tom Bell fragen sich, warum "in Washington so wenig über Energiesparen, Effizienz und alternative Energiequellen geredet wird". Wind, Sonne und Erdwärme tragen in den USA nur 2,6 Prozent zur jährlichen Stromproduktion bei. Mit jährlich mehr als 12 000 Kilowattstunden pro Kopf konsumiert außer Kanada und den skandinavischen Staaten kein anderes Land der Welt mehr Elektrizität als die USA. Auch im Spritverbrauch sind die Amerikaner Weltspitze. Sparsamkeit wird im Land der Leichtbauweise und des billigen Benzins nicht sonderlich geschätzt.

      Im Gegenteil: Schon kurz nach seinem Amtsantritt setzte Bush eine Verfügung außer Kraft, mit der die Clinton-Administration die Hersteller von Klimaanlagen zwingen wollte, ihre Geräte um 30 Prozent effizienter zu machen. Zu teuer für die Verbraucher, befanden die Republikaner und verordneten eine Verringerung des Energiebedarfs um nur 20 Prozent. Während sich die Öl-, Gas- und Kohlebranche weiter über Subventionen in Milliardenhöhe freut, halbierte Bush in seinem Etatentwurf Förderprogramme für alternative Energien. Auch das Forschungsgeld für intelligenteren Energieeinsatz in der Industrie und für die Entwicklung sparsamerer Autos soll radikal gekürzt werden.

      Dabei könnte den Präsidenten schon ein Blick in eine von zahlreichen Studien eines Besseren belehren. So fanden fünf staatliche Forschungsinstitute heraus, dass Amerika das Wachstum seines Energiehungers bis zum Jahr 2010 mit marktkonformen Mitteln um rund ein Drittel vermindern könnte - beispielsweise könnten sparsame Autos von Steuern befreit werden. Strengere Effizienzvorschriften für Haushaltsgeräte würden die Stromnachfrage in den nächsten 20 Jahren um ein Achtel reduzieren, fand die Alliance to Save Energy heraus. Auch bei der Stromerzeugung kann gespart werden: Amerikas Kraftwerke, so eine Studie des Energieministeriums, arbeiten mit einem Wirkungsgrad von durchschnittlich lausigen 33 Prozent. Jahr für Jahr vergeuden sie damit potenziell so viel Energie, wie Japan insgesamt konsumiert.

      Unternehmer kritisieren Bush
      Egal, was Bush sagt: Nicht der Umweltschutz oder ein Mangel an Strom hat Amerikas "Energiekrise" verursacht, sondern eine Nation ohne ökologisches Konzept. Die Amerikaner könnten Energie sparen - wenn sie nur wollten. Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase ließe sich drastisch senken, wenn Kraftwerke, Autos, Maschinen effizient mit Rohstoffen und Energie umgingen. Mit knapp 5 Prozent der Weltbevölkerung produzieren die USA ein Viertel aller weltweiten CO2-Emissionen; 1998 pusteten die Amerikaner 11,7 Prozent mehr Kohlendioxid in die Luft als 1990, die Europäer dagegen nur 0,6 Prozent. Selbst das Energieministerium erklärte noch im vorletzten Jahr, mit neuen Techniken könne so viel Energie gespart werden, dass die anfänglichen Investitionskosten durch Minderausgaben für Öl und Strom rasch aufgefangen und die Ziele des Kyoto-Protokolls erreicht werden könnten: 7 Prozent weniger Klimafrevel bis um das Jahr 2010.

      Viele Manager zwischen New York und San Francisco wissen das besser als die Texas Boys des Präsidenten. Das Pew Center on Global Climate Change, in dem sich 33 Großfirmen zusammengeschlossen haben, hat die Entscheidung Bushs zum Ausstieg aus der Kyoto-Vereinbarung scharf kritisiert. Der Gemischtwarenkonzern United Technology will seinen Energiebedarf bis 2007 um 25 Prozent verringern, der Chemieriese DuPont den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2010 freiwillig um 35 Prozent senken. Sogar Amerikas Autofirmen haben gelobt, ihren Sprit fressenden Jeeps und Pickups - immerhin sieben Millionen Fahrzeuge, 40 Prozent des US-Markts - den Riesendurst abzugewöhnen. Die fortschrittlichen unter Amerikas Firmen wollen klimafreundliche Technik entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben. "Es wäre ein Fehler, wenn sich die US-Wirtschaft gegenüber dem Druck (etwas gegen die Erderwärmung zu tun) isolierte", sagt DuPont-Sprecher Tom Jacobs. "Sonst sind uns unsere Konkurrenten am Ende voraus."

      So kann Bush den Freunden in der Wirtschaft langfristig gar schaden.
      Seine Regierung setzt auf Konsum und Produktion - und das Geld, das damit verdient werden kann. Die Regierung Wyomings kann sich freuen: Öl, Gas und Kohle spülen den Großteil der Steuern in die Kasse des eher armen Bundesstaates. Und die Branche bietet gut bezahlte, sichere Arbeitsplätze. Rock Springs, eine 20 000-Seelen-Gemeinde südlich der Jack Morrow Hills, könnte ohne den Bergbau nicht existieren. "Wir würden sterben", sagt John Hay, in dritter Generation Chef der größten örtlichen Bank. Geld, Geld, Geld und Jobs, Jobs, Jobs meint auch Russell Kirlin, Regionalleiter des Gasunternehmens Questar: "Wir sind im Geschäft, um Profite zu machen. Wir konzentrieren uns nicht auf den sparsamen Umgang mit Energie. Wir wollen das Gas aus dem Boden kriegen und es verkaufen."

      Amerika, fügt der Manager hinzu, müsse sich entscheiden: Konsum wie gehabt oder Schutz der Natur. Mit George Bush im Weißen Haus ist die Entscheidung wohl gefallen. Befragt, was das für die Jack Morrow Hills bedeuten könnte, zählt Kirlin auf: schwere Maschinen, neue Bohrtürme, zusätzliche Pipelines, mehr Lärm, mehr Menschen. "Viel Hoffnung", sagt in Lander Tom Bell, "habe ich nicht mehr."


      (c) DIE ZEIT 20/2001
      Avatar
      schrieb am 13.07.01 09:34:36
      Beitrag Nr. 81 ()
      @haispeed & all
      im zusammenhang mit dem thema (energie-)sparen oder weiter konsumieren, damit die weltwirtschaft nicht zusammenbricht, hier nochmal der link zu dem essay, auf den ich mich gestern bezog:

      http://www.zeit.de/2001/28/Kultur/200128_rezession.html:

      >Kleines Lob der Rezession:
      Erfindungsreiche Armut prägte die Nachkriegszeit. Den Glauben an die Chancen des Mangels haben wir allerdings verloren. Warum eigentlich? Heute könnte er wieder nützen<
      (von Jan Ross)

      die kernsätze:

      - `wäre es nicht geradezu eine erlösung, wenn dieses enthemmte anspruchs- und verschwendungswesen zusammenbräche?`

      - `im allgemeinen werden aber die menschen durch materielle kümmernisse immer unfreier und bleiben gerade dadurch materiellem sinnen und trachten verhaftet. (...)
      erst wenn die materielle basis der menschen geordnet ist, werden diese selbst frei und reif für ein höheres tun.` (ludwig erhard)

      genau darum geht es meiner meinung nach auch in der aktuellen umwelt- und nachhaltigkeitsdiskussion. was also hat vorrang in zeiten drohender rezession? dazu würden mich wirklich einmal ein paar meinungen interessieren!


      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 13.07.01 19:27:47
      Beitrag Nr. 82 ()
      hai cabinda

      leider komme ich gegen deine artbeit nicht an im moment.

      zur energieverschwendung in der usa kann ich nur sagen, wenn dort die lichter mal ausgehen dann wohl für immer.

      zu deiner anregung was hat vorrang?
      du müßtest es noch eingrenzen meine ich. hat das schaffen von geld und macht (ziemlich neo) den vorrang um dann etwas tun zu können aus einer position der stärke oder soll man die menschen schröpfen und "verarmen" lassen und sofort das geld in die nachhaltigkeit stecken?

      ich meine man sollte geld und macht benutzen um leute zu bilden und so ihr bewußtsein für ihr tun und handeln aktivieren. vor allem in den stark betroffenen und extrem belasteten regionen. denn gerade dort sind die menschen oft nicht fähig die auswirkungen ihres handelns zu erkennen.

      das zum globale teil.

      auf deutschland bezogen sollte zb. umweltpolitik ehrlich sein. einnahmen mit ökologischem anstrich sollten auch zu gunsten der umwelt verwendet werden. nicht um die bahn stark zu machen oder die rente zu stützen. man könnte innovationen noch mehr fördern. man könnte die gesetze sichten und sie so verändern, das neue technologien nicht an alten genehmigungsverfahren oder alten ansichten zum recycling scheitern. festgeschriebene und monopolisierte auswüchse werden wie zb. beim DSD "Der Grüne Punkt" in deutschland durch gesetze und verordnungen geschützt und neuem wird der weg verbaut.
      auch unternehmen sollte man mehr anreize geben über steuerersparnisse wenn sie nachweisen, dass sie umweltbewußt und beispielgebend wirtschaften.

      das wären ansätze die ich gut und vernünftig finde. doch wie schon mal vor einiger zeit geschrieben glaube ich eben daß die menschen eigentlich vor allem philosophen brauchen, die ihnen die zukunft erklären und begreifbar machen.
      das bewußtsein für das eigene handeln fängt schon hinter der eigenen tür an und es müßte schon klar sein bevor der erhard-satz greift:

      "erst wenn die materielle basis der menschen geordnet ist, werden diese selbst frei und reif für ein höheres tun."

      im denken an das eigene tun muß der gedanke an die umwelt im unterbewußtsein fest stecken. ob im konsum, in der freizeit oder im eigenen haus. man kann da selbst viel tun durch kleinigkeiten. und das ohne auf biolatschen und im strickrolli daher zu kommen.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 14.07.01 02:14:11
      Beitrag Nr. 83 ()
      DIE MACHT DER OHNMACHT

      Beim Weltwirtschaftsforum in Davos gab es heftige Proteste gegen die Globalisierung. Der Soziologe ULRICH BECK über die Zukunft unserer Welt, die von Multis beherrscht sein wird - und Robin Hoods

      Schon immer war das Verhältnis von Wirtschaft, Staat und sozialen Bewegungen ein Machtspiel. Die Regeln wurden vom Nationalstaat kontrolliert und waren darum für den Einzelnen noch einigermaßen durchschaubar. So war es früher.

      Die neue, insbesondere die digitale Welt muss sich nicht an staatliche Grenzen halten. Vor allem die Wirtschaft ist aus dem Käfig des nationalstaatlich dominierten Machtspiels ausgebrochen und hat sich neue Machtspielzüge erobert.

      Es ist, als wären beim Schachspiel neue Regeln erfunden worden. Der Bauer - die Wirtschaft - wird unter den Bedingungen der informationstechnologischen Beweglichkeit plötzlich zum Springer und kann nun sogar den König - den Staat - angreifen und schachmatt setzen.

      Dabei setzt die globale Wirtschaft ihr effektivstes Machtmittel ein: Investitionen. "Wir vergeben den Kreuzrittern und erwarten die Investoren", titelte eine osteuropäische Zeitung beim Besuch des deutschen Bundeskanzlers. Es ist genau die Umkehrung der klassischen Herrschaftsvorstellung, welche die Macht transnationaler Unternehmen maximiert.

      Das Zwangsmittel ist nicht der drohende Einmarsch, sondern der drohende Nicht-Einmarsch der Investoren oder ihr drohender Ausmarsch. Es gibt nur eines, das schlimmer ist, als von Multis überrollt zu werden: nicht von Multis überrollt zu werden.

      Diese Form der Herrschaft ist nicht länger an die Ausführung von Befehlen gebunden, sondern an die Möglichkeit, anderweitig - in anderen Ländern - günstiger zu investieren.

      DIE NEUE MACHT DER KONZERNE gründet in diesem Sinne nicht auf so etwas Altmodischem wie Gewalt als der Ultima Ratio, um den eigenen Willen anderen aufzuzwingen. Diese Macht ist beweglich, ortsunabhängig und infolgedessen "global einsetzbar". Vorsätzliche Nicht-Eroberung ist weder zustimmungspflichtig noch zustimmungsfähig.

      "Regieren" findet dementsprechend zunehmend auch privat statt. "Wir schreiben die Verfassungen einer einzigen globalen Wirtschaft", verkündete in diesem Sinne der Generaldirektor der Welthandelsorganisation im Jahre 1997, Renato Ruggerio. Danach sollen politische Reformen weltweit am Maßstab ökonomischer Zielsetzungen ausgerichtet werden - niedrige Inflation, ausgeglichener Haushalt, Abbau von Handelshemmnissen und Devisenkontrollen, maximale Freiheit für das Kapital, minimale Regulierung des Arbeitsmarktes und ein schlanker, anpassungsfähiger Wohlfahrtsstaat, der seine Bürger zur Arbeit drängt. Das sind die Reformziele des weltweit agierenden Neoliberalismus.

      Auf diese Weise kann ökonomische Herrschaft "unpolitisch" bleiben, denn die Anpassung an die globalen Finanzmärkte ist zum inneren Kompass der angeblich "regierenden" Politik geworden.

      Transnationale Unternehmen ebenso wie die Welthandelsorganisation werden in diesem Sinne zu "Quasi-Staaten" - mit einer zentralen Konsequenz. Diese Unternehmen müssen als Quasi-Staaten auch quasi-politische Entscheidungen treffen. Beispielsweise in der Gentechnik tritt das offen zutage. Ob und unter welchen Bedingungen mit dem Erbmaterial von Tieren oder gar von Menschen experimentiert werden darf, sind ganz zentrale, politische Fragen.

      Tatsächlich sind die nationalen Regierungen bei diesen Entscheidungen allenfalls Berater. Das Führungspersonal der Konzerne trifft seine Entscheidungen letztlich ohne deren Zustimmung und exekutiert sie auch sogleich. Versucht eine nationalstaatliche Institution den Handlungsspielraum eines Unternehmens einzuschränken, sucht es sich einen anderen Standort. Die Frage ist demnach nicht mehr, ob etwas geschehen darf, sondern nur noch, wo es geschieht.

      Weltwirtschaftliche Akteure treffen also politische Entscheidungen ohne demokratische Legitimation. Dieses Legitimationsvakuum ist jedoch umgekehrt die Machtquelle für soziale Bewegungen. An diesem Punkt setzen sie an.

      Obwohl auch sie nicht demokratisch organisiert oder legitimiert sind, erscheinen die Anti-Globalisierungs-Initiativen vielen als eine Art Robin-Hood-Bewegung. Wenn man beispielsweise Jugendliche fragt, welche politischen Akteure sie hoch bewerten, dann geben sie diesen Bewegungen - Greenpeace oder Amnesty International - den höchsten Rang.

      Das heißt, es gibt eine Paradoxie von Macht und Legitimität: Internationale Konzerne verfügen über große Macht und über geringe Legitimität. Soziale Bewegungen hingegen haben nur eine geringe Macht bei hoher Legitimität. Und das beschleunigte Tempo der weltwirtschaftlichen Verflechtung beschleunigt den Legitimationsverfall der neuen Herrschaft.

      Diese Legitimationsfalle weltwirtschaftlicher Macht stellt ein erhebliches Politisierungspotenzial dar. Die chronischen Legitimationsnöte machen die Weltmärkte ultralabil, denn auch Konzerne stehen in Abhängigkeitsverhältnissen. Je stärker sie sich von Wählern oder staatlichen Institutionen emanzipieren, umso abhängiger werden sie von Konsumenten, von Kunden, von den Märkten.

      Glaubwürdigkeit wird zu einem entscheidenden Kapital, denn Weltmärkte setzen Vertrauen voraus - der Öffentlichkeit und der Konsumenten. Ist deren Vertrauen erst einmal verspielt - wie es Teile der internationalen Nahrungsmittelindustrie derzeit bei ihren Fleischprodukten erleben -, kann das die Existenz ganzer Märkte gefährden. Die Zerbrechlichkeit des Vertrauens globaler Absatzmärkte zeigt die Zerbrechlichkeit von Legitimation weltweit agierender Konzerne. Das ist ihre Achillesferse.

      Auf diese zielen die sozialen Bewegungen und auch die Protestler, die beim Weltwirtschaftsforum in Davos vergangenes Wochenende auf sich aufmerksam machten. Die Abendnachrichten im weltweiten Fernsehen können diese Provokationsstrategien sozialer Bewegungen chancenreich und machtvoll werden lassen.

      Den sozialen Netzwerken geht es dabei um die Kernfragen der Menschheit: Umweltzerstörungen, weltwirtschaftliche Gefahren, Menschenrechte, Bürgerrechte, globale Armut sind keine "inneren Angelegenheiten" von Nationalstaaten oder von internationalen Konzernen. Daher ist es legitim, sich einzumischen.

      Überall, weltweit. Mögen einzelne Gruppen, insbesondere die Anti-Globalisierungs-Bewegung, noch so entschieden für Protektionismus und gegen eine weltweite Verflechtung der Ökonomie streiten - auch ihr eigenes Engagement macht nicht an Ländergrenzen halt.

      DER KAMPF GEGEN DIE GLOBALISIERUNG ist längst ein globalisierter Kampf. Erst die weltweite Vernetzung macht die sozialen Bewegungen zur einzigen ernst zu nehmenden, politischen Opposition im Herrschaftsreich der Weltwirtschaft.

      Konzerne gegen Bewegungen, das sind die beiden großen Blöcke, die sich auf der internationalen Bühne der neuen politischen Welt gegenüberstehen.

      Das einzige Machtinstrument, dessen sich Netzwerke dabei bedienen können, ist Wahrhaftigkeit. In einer Welt, in der prinzipiell und nicht nur gelegentlich gelogen wird, ist derjenige, der sagt, was ist, gefährlich. Staaten und Konzerne pflegen einen strategischen Umgang mit der Wahrheit, das heißt: Sie vertuschen solche Tatsachen, die ihnen schaden, und propagieren solche, von denen sie sich Vorteile versprechen. Für diese Aufgabe halten sie sich riesige und teure Apparate. Demgegenüber beruht die "Legitimationsmacht" sozialer Bewegungen auf ihrer dauerhaften Glaubwürdigkeit als Produzenten zuverlässiger Informationen.

      Bekanntlich ist es schwierig, eine Voraussage zu treffen, insbesondere wenn diese sich auf die Zukunft bezieht. Und doch lässt sich aus dem skizzierten Gegensatz von Macht und Legitimität in der Weltwirtschaft eine Prognose ableiten: Kurzfristig mögen die protektionistischen Kräfte triumphieren, jene "Koalition der Widersprüche". Unter ihrem Dach tummeln sich Gruppierungen mit zum Teil gegensätzlichen Zielen: Nationalisten, Antikapitalisten, Umweltschützer, Verteidiger der Demokratie und der staatlichen Autorität sowie fremdenfeindliche Bewegungen.

      Langfristig jedoch könnte eine paradoxe Koalition zwischen vermeintlichen "Verlierern" der wirtschaftlichen Globalisierung (Gewerkschaften, Umweltschützer, Demokraten) und den Globalisierungsgewinnern (Konzerne, Finanzmärkte, Weltbank, Welthandelsorganisation etc.) zu einer neuen Belebung, ja Erfindung des politischen Lebens im internationalen Raum führen.

      BEIDE SEITEN WERDEN ERKENNEN MÜSSEN, dass den jeweiligen Interessen am besten durch übernationale Regelungssysteme gedient ist. Arbeitervertreter, Umweltschützer und Verteidiger der Demokratie werden für internationale Rechtsordnungen eintreten.

      Dies gilt aber auch für transnationale Unternehmen, mindestens für ihre kosmopolitische Fraktion. Diese können letztlich auch nur unter Rahmenbedingungen wirtschaftlich erfolgreich agieren, welche ihnen selbst und anderen ein Mindestmaß an rechtlicher, politischer, sozialer und damit ökonomischer Sicherheit gewährt.

      Eine Ausweitung des demokratisch-sozialstaatlichen Kompromisses in den transnationalen Raum vermag am Ende auch die Gewinninteressen der Unternehmen zu gewährleisten. Gewiss, der Weg dahin ist unsicher. Aber in vielem - und zwar nicht nur in den Aktionen sozialer Bewegungen wie jetzt in Davos, auch in den Aktivitäten von Unternehmen und Regierungen - zeichnet sich diese neue politische Welt heute bereits ab.

      (NEUE SPIELREGELN FÜR EINE ÖKONOMIE OHNE GRENZEN (bildunterschrift) -
      Professor Ulrich Beck lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität in München
      Ausgabe 6, 01/02/2001)


      p.s. @haispeed,
      klasse kommentar von dir! morgen mehr dazu. grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 14.07.01 02:19:57
      Beitrag Nr. 84 ()
      quelle: www.stern.de
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 01:58:01
      Beitrag Nr. 85 ()
      E N E R G I E

      Vom Himmel in die Steckdose

      Beim Geschäft mit der Sonne herrscht Goldgräberstimmung: Dank staatlicher Förderung und besserer Energieausbeute wird Solarstrom erstmals rentabel. Allein die in diesem Jahr auf deutschen Dächern installierten Kollektoren ersetzen umgerechnet 40 000 Ölheizungen.


      Die Symbiose aus Geschäftssinn und Gemütlichkeit steht Georg Salvamoser ins Gesicht geschrieben. Zwischen seinen rosigen Wangen spannt sich ein imposanter Schnauzbart, darunter verzieht sich sein Mund zu einem listigen Dauergrinsen.
      Der Oberbayer sieht aus wie der Vertriebschef einer Fertighausfirma. Über seinem stattlichen Bauch spannt sich ein schwarzes Business-Jackett. Zum Druckausgleich für sein Doppelkinn hat er die kupferfarbene Krawatte etwas gelockert.

      Salvamoser wirkt nicht nur wie ein typischer Vertreter der Baubranche, bis vor zehn Jahren war er es auch. Dann wechselte er vom gutbürgerlichen Lager in eine Szene, deren äußerliche Merkmale damals noch Birkenstock-Schuhe und "Atomkraft, nein danke!"-Sticker waren: Salvamoser gründete eine Solarfirma in Freiburg.

      "Heute sind wir nicht nur der größte deutsche Hersteller von solaren Serienmodulen", protzt der Ökoentrepreneur, "sondern seit diesem Jahr auch der einzige, der schwarze Zahlen schreibt."

      Understatement ist dem 51-Jährigen nicht angeboren: "Mir ist der Traum eines jeden Unternehmers gelungen! Ich bin in einen Markt eingestiegen, der erst im Entstehen war."

      Während Salvamoser genüsslich mit seinem Pioniergeist protzt, gleitet sein Blick durch die Halle 2 der Freiburger Messe "Intersolar 2001". "Schauen Sie sich nur um", brummt Salvamoser mit tiefer Genugtuung, "Fotovoltaik ist nun endlich ein richtig ernsthaftes Geschäft."

      Früher dominierten Ökoaktivisten mit ihren solargetriebenen Plastikgefährten die Intersolar. Erfolglos versuchten die "Freaks aus dem Fundamentalisten-Bereich" (Salvamoser) mit ihren bizarren Vehikeln, die Deutschen vom Ausstieg aus ihren Benzinkarossen zu überzeugen. Heute drängen sich die Solarmobile nur noch in dunklen Hallenecken, wo ihre Sonnenkollektoren kaum noch genügend Saft aus dem Dämmerlicht herausquetschen können.

      Im grellen Halogenlicht glitzern stattdessen die pompösen Stände der deutschen Installations- und Baustoffkonzerne. Alle großen Namen sind vertreten: Viessmann, Buderus, Klöckner, Vaillant. "Diese Unternehmen mit ihren riesigen Vertriebsnetzen bescheren der Branche einen Quantensprung", schwärmt Salvamoser.

      Handwerker und Häuslebauer schlendern durch einen Wald aus Vakuumröhren, Kollektoren und Wärmetauschern. Die Stimmung von Besuchern und Anbietern ist heiter: "Bürger, zur Sonne!", jubelt ein badischer Familienvater. Seinen Sohn im Arm, verkündet er euphorisch: "Endlich ist effiziente Technik da, mit der sich Umwelt und Klima retten lassen."

      Passend zur Weltklimakonferenz ab dieser Woche in Bonn, bei der Staatsmänner darüber verhandeln, die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen zu verringern, überschlägt sich die Solarbranche geradezu vor demonstrativem Optimismus. "Dank staatlicher Zuschüsse ist die Solarenergie für Unternehmen und Privatleute finanziell äußerst interessant geworden", verkündet die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie, Sigrid Jannsen. "Immer deutlicher zeichnet sich nun der künftige Mix aus Sonne, Wind und Biomaterie ab, der die fossilen Energieträger ersetzen wird."

      Zwar hinkt die Sonnenkraft noch weit hinter der Windenergie her. Bislang sind in Deutschland gerade mal Solarzellen mit einer Leistung von rund 100 Megawatt installiert - das entspricht einem Zehntel der Leistung eines Großkraftwerks. Doch bereits in drei Jahren soll sich die Solarleistung mehr als verdreifacht haben: 350 Megawatt sollen dann allein die an das Stromnetz gekoppelten Anlagen bereitstellen.

      Udo Möhrstedt vom Bundesverband Solarenergie glaubt, dass sich der Solaranteil am Energiebedarf "in den nächsten zehn Jahren" immens steigern wird. Und Gerhard Stryi-Hipp vom Deutschen Fachverband Solarenergie erklärt: "Studien belegen, dass wir vier Fünftel des deutschen Energiebedarfs bis 2050 aus regenerativen Energien decken können."

      In Umrissen zeichnet sich auch schon die Arbeitsteilung innerhalb der "New Energy Economy" ab: Während aus Wind Strom für das Elektrizitätsnetz produziert wird, könnte die Sonne vor allem Privat- und Bürohäuser beheizen und mit Warmwasser versorgen.

      Der Einstieg in energieautarkes Bauen ist längst vollzogen: Allein in diesem Jahr werden schätzungsweise weitere 1,2 Millionen Quadratmeter Kollektorfläche installiert - das entspricht einer Einsparung von 236 000 Tonnen Kohlendioxid, so viel wie 40 000 Ölheizungen in Einfamilienhäusern jährlich in die Luft pusten.

      Zwei Zutaten haben als Treibsatz gewirkt und den Sonnenboom ausgelöst: Zum einen konnten Forscher und Ingenieure die Effizienz der Fotovoltaik steigern und die Herstellungsverfahren verbilligen. Zugleich hat die rot-grüne Regierung mit dem im April 2000 in Kraft getretenen Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegt, dass jede Kilowattstunde Solarstrom mit 99 Pfennig vergütet wird.

      In den USA beobachten Umweltschützer neidvoll den deutschen Sonderweg. Zwar brechen amerikanische Forscher ein ums andere Mal Effizienz-Rekorde der Solartechnik. Doch die Fotovoltaik-Produktion hinkt hinterher: Während deutsche Solarfirmen Zuwächse von über 50 Prozent melden, kommen US-Firmen nur auf Steigerungsraten von 30 Prozent. Amerikas Solarkonstrukteure hoffen nun auf Steuervergünstigungen für Fotovoltaik durch den "National Energy Plan" der neuen US-Regierung. In Deutschland rechnet sich selbst für kostenbewusste Häuslebauer schon heute die Installation einer Solaranlage: 15 000 Mark Anschaffungskosten reichen aus, um dauerhaft über 60 Prozent des Energiebedarfs einer vierköpfigen Familie zu decken. Mehr als drei Viertel der Investitionssumme bekommt der Hausbesitzer zudem aus dem so genannten 100 000-Dächer-Förderungsprogramm als äußerst zinsgünstigen Kredit.

      "In drei bis vier Jahren hat man das investierte Geld wieder eingefahren", rechnet Solarfabrik-Chef Salvamoser vor. "Danach kann man sich faul in die Sonne setzen und die Hände reiben, während oben auf dem Dach der Solarpfennig rollt."

      Bei konsequent energiesparender Bauweise ist sogar noch eine bessere Bilanz möglich. Den Beweis dafür hat Rolf Disch mit seiner so genannten Plus-Energiehaus-Siedlung in Freiburg angetreten. Der Stararchitekt der Solarszene platzierte die blau, gelb, grün und rot lackierten Reihenhäuser optimal zur Sonne. Dann ließ er Dreifachverglasung und Wärmerückkopplung installieren.

      Kollektoren aus Salvamosers Solarfabrik bedecken die gesamte Dachfläche und verwandeln jedes dieser Häuser in ein kleines Kraftwerk, das sogar mehr Strom ins Netz einspeist als es verbraucht. Wenn es nach Disch geht, werden normale Dachziegel bald zum Ladenhüter.

      Eine weitere Erfolgsmeldung kommt aus dem 212-Seelen-Dorf Geesow in Brandenburg, das derzeit mit einer Produktion von 1400 Watt pro Einwohner auf Platz eins aller deutschen Gemeinden rangiert.

      Auf einer ehemaligen Müllhalde haben dort drei Bürger 8000 Quadratmeter Solarzellen aufgestellt. Jeden Abend kurz vor Mitternacht trudelt bei Gerhard Hampel, einem der Betreiber, ein automatisches Fax aus der Steuerungsanlage ein: "An guten Tagen verdienen wir 1800 Mark."

      Ein ganz anderes Solarkraftwerk hat die Firma Solarmundo mit Hilfe des Fraun-hofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), wo die wissenschaftlichen Leitwölfe der Fotovoltaik-Branche beheimatet sind, soeben in Lüttich in Betrieb genommen. Es nutzt die Wärme der Sonne über einen Umweg: Die Ingenieure reihten auf einer Breite von 25 Metern bewegliche Spiegel auf, die das Sonnenlicht wie beim Brennpunkt einer Lupe auf ein Stahlrohr fokussieren. So wird in dem Rohr Wasserdampf von mehreren hundert Grad Celsius erzeugt, der eine Turbine antreibt.

      "Das Solarkraftwerk soll 50 Megawatt produzieren. Damit stoßen wir in eine ganz neue Dimension vor", erklärt Hansjörg Lerchenmüller vom ISE.

      Neben Strom und Wärme soll die Sonne auch noch für Kälte sorgen: Ende Juni weihten die ISE-Ingenieure in der Freiburger Industrie- und Handelskammer die erste ausschließlich mit Sonnenenergie betriebene Klimaanlage Deutschlands ein. Diese arbeitet nicht mit Strom, sondern nutzt ein physikalisches Phänomen: Kieselgel, eine chemische Verbindung auf Siliziumbasis, entzieht der von der Sonne erwärmten Außenluft ihre Feuchtigkeit. Im Hausinnern wird die Luft anschließend wieder befeuchtet, wobei Verdunstungskälte entsteht.

      "Die solare Klimatisierung hat ein großes Wirtschaftspotenzial", ist ISE-Projektleiter Carsten Hindenburg überzeugt. Schließlich liefen Klimaanlagen immer dann auf Hochtouren, wenn die Sonne glutheiß vom Himmel scheint.
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 01:59:45
      Beitrag Nr. 86 ()
      (fortsetzung)


      Im Gegensatz zu Windkraftanlagen, die weit sichtbar in der Landschaft stehen, lässt sich Solartechnik überdies dezent in Dächer und Fassaden integrieren. Wissenschaftlern des Instituts für Physikalische Elektronik (IPE) der Universität Stuttgart ist nun gelungen, das Anwendungsgebiet der Solartechnik nochmals auszuweiten.

      Bislang diente zumeist Glas als Grundlage für die dunkel schimmernden Solarzellen. Nun haben die schwäbischen Materialforscher ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die für die Stromgewinnung nötigen Halbleiterschichten der Solarzelle auch auf Plastikfolie aufziehen lassen.

      Gewöhnlich werden die in den Dünnschicht-Solarzellen verwendeten Metallverbindungen bei mehreren hundert Grad verarbeitet; auch das Trägermaterial muss solche hohen Temperaturen überstehen, weshalb hitzebeständiges Glas besonders geeignet ist.

      Mit ihrem neuen Verfahren schaffen es die Stuttgarter Solartechniker, die Solarzellen schon bei weniger als 100 Grad Celsius zu produzieren - einer Temperatur, bei der Kunststoffe wie PET (aus dem auch Colaflaschen geformt werden) noch stabil bleibt. Die einzelnen Schichten der IPE-Solarzelle sind extrem dünn, teilweise 50-mal dünner als ein Haar.

      "Die Zellen sind nicht nur problemlos biegbar, sondern auch wesentlich kostengünstiger in der Herstellung", erläutert IPE-Vizechef Markus Schubert.

      In der Großproduktion könnten die Solarmodule in großen Rollen vom Band laufen. Eine entsprechende Anlage wird derzeit von der Baden-Württemberger Firma Würth errichtet. Ein weiterer Vorteil der effizienten Fertigungsweise ist die verbesserte Umweltbilanz: Die zur Produktion benötigte Energiemenge ist von der Solarzelle bereits nach zwei bis drei Jahren wieder aus der Kraft der Sonne eingespielt.

      Die flexible Gestalt der Solarfolien beflügelt die Phantasie der IPE-Ingenieure. So wollen sie die mobile Informationstechnologie von Steckdose und Ladegeräten befreien. "Unsere Fotovoltaik lässt sich mühelos in Kleidung integrieren", schwärmt Institutsleiter Jürgen Werner.

      Den Machbarkeitstest haben die Sonnenanbeter gemeinsam mit Studentinnen der Staatlichen Modeschule Stuttgart bewältigt. Die Designerinnen nähten die Zellen in Hut und Sakko.

      Anschließend stöpselten die jungen Ingenieursanwärter nacheinander Mobiltelefon, MP3-Player, Radiogerät und Pager ein. Werner: "Die Geräte funktionierten sogar im schummrigen Bürolicht."

      GERALD TRAUFETTER
      www.spiegel-online.de
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 10:59:26
      Beitrag Nr. 87 ()
      Moin Cabinda,

      wenn man die Klimaveränderungen so sieht wird die Ausbeute aus der Solarenergie sehr hoch sein, denn die Erderwärmung nimmt ja zu. Also auch die Sonneneinstrahlung.

      Ok., dass war wieder mal Sarkasmus pur!

      Anbei mal eine Einschätzung von Experten was zukünftig die größten Umweltprobleme sein könnten.

      Umweltprobleme

      7/2001

      Welche Umweltprobleme werden in den nächsten 100 Jahren am bedeutendsten? Von 200 Umweltexperten und Wissenschaftlern der United Nations Environment Programme (UNEP) aus über 50 Ländern meinen 51% es sei der Klimawandel. Viele Experten sind der Auffassung, dass der Treibhauseffekt weit reichende Veränderungen mit sich bringt: Klimazonen werden sich verschieben, alpine Gletscher und polare Eismassen zum Teil abschmelzen und ganze Ökosysteme sich verändern. Weitere dringende Umweltprobleme, die bei der Befragung genannt wurden, sind die Wasserknappheit (29%), die Zerstörung der Wälder, die Wüstenbildung sowie die Wasserverschmutzung (je 28%) und der Verlust der Artenvielfalt (23%).


      Es könnte sein, dass die Artenvielfalt durch Genforschung und Mutationen in Zukunft geringer ausfallen könnte. Gesetzt den Fall es klappt mit der Zulassung der "neuen" Arten.

      Ohje, schon wieder eine Gemeinheit!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 13:13:06
      Beitrag Nr. 88 ()
      @haispeed
      moin moin!
      weisst du noch, wie du anfangs gemeint hast, das thema sei zu gross geraten - findest du das eigentlich immer noch? ich bin nämlich selbst erstaunt darüber, wie sich artikel zu ganz verschiedenen themen gegenseitig ergänzen und sich mit der zeit durch zufallsfunde hier und da aus vielen puzzleteilen ein bild ergibt. nehmen wir z.b. mal den erhard-satz aus dem `zeit`-essay, und was finden wir unten im `spiegel`-artikel zu afrika: `suchet erst das politische königreich, alle anderen dinge werden folgen` (kwame nkrumah) und: `mir kann keiner erzählen, dass sich ein armer hungernder mensch befreit fühlt`. (themba sono).

      ich fasse noch einmal kurz die gedanken von themba sono zur zukunft afrikas zusammen:

      - erst muss demokratie her
      - jugendliche müssen zur ausbildung ins ausland
      - vorbilder ökonomischer strukturen sollten kopiert werden
      - die globalisierung wird dem kontinent nicht grundsätzlich schaden, aber es wird gewinner und verlierer geben

      das passt dann auch zu deiner ansicht, die ich teile: `man sollte geld und macht nutzen, um leute zu bilden`. es muss erst ein tragfähiges politisches fundament und dann eine vernünftige ökonomische basis her, die eine breite bildung ermöglicht, erst dann kann man die anderen probleme angehen.
      da ist in afrika noch ein weiter weg zu gehen.

      auf deutschland bezogen kann ich nur sagen, kommende rezession hin oder her, im weltvergleich wurde schon eine menge erreicht, weil eben die ökonomische basis in den letzten jahren gut war. im grunde genommen ist eben genug geld da, um es in die umwelttechnik und die förderung nachhaltigen wirtschaftens zu stecken.

      auch unternehmen sollte man mehr anreize geben über steuerersparnisse, wenn sie nachweisen, dass sie umweltbewusst und beispielgebend wirtschaften.
      es gibt förderprogramme dieser art, zu diesem thema habe ich neulich etwas gefunden, was ich noch einmal heraussuchen werde.

      zur energieverschwendung in den u.s.a. kann ich nur sagen, wenn dort mal die lichter ausgehen, dann wohl für immer.
      bei den amerikanern sehe ich genau den umgekehrten prozess laufen im vergleich zu den afrikanern: dort ist wahrscheinlich der gipfel erreicht und es werden ein paar magere jahre folgen. da das ökonomische niveau aber dennoch hoch ist und sich nicht gleich in armut verkehren wird, kann es ein heilsamer prozess sein, wenn man sich nach der verschwendungssucht auf eine neue bescheidenheit besinnt. die preise für energie müssten richtig schmerzen, damit die bürger lernen, sparsamer damit umzugehen. bush arbeitet noch dagegen, siehe der `zeit`-artikel `die energierige nation`, indem er mehr öl fördern und aus angst vor nachlassender konjunktur und zunehmender inflation die preise niedrig halten will (und die ölpreise sind ja, wenn auch wohl aus anderen gründen, tatsächlich gefallen).

      gleichzeitig schaut man neidvoll auf den `deutschen sonderweg`. es kommen erste kritische stimmen aus der wirtschaft. vielleicht ist es nur eine frage der zeit, bis die unternehmen druck auf bush machen, die umwelttechnologien finanziell stärker als bisher zu fördern, weil man sonst im internationalen wettbewerb zurückbleibt.

      ...glaube ich, dass die menschen vor allem philosophen brauchen, die ihnen die zukunft erklären und begreifbar machen:
      zwar ist beck soziologe und nicht philosoph, aber ich finde, dass er ein interessantes und verständliches zukunftsbild entwirft. aus diesem grunde habe ich den artikel, auf den ich mich ja auch im eingangsbeitrag bezogen habe, einmal komplett hereingestellt.

      der `spiegel`-artikel, den ich gestern kopiert habe, ist übrigens ganz aktuell, datiert 16. juli 2001.
      nun sag aber mal ehrlich, wenn du die letzten absätze liest, ist das nicht eine faszinierende technische innovation?! das mobile internet betrieben durch solarzellen, die in die kleidung eingenäht werden? ich kann es kaum glauben (und frage mich gerade ganz praktisch, ob die wohl waschmaschinentauglich sind...?)

      schönen sonntag
      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 22:50:01
      Beitrag Nr. 89 ()
      Warum tun wir nichts? Wenn unser Haus brennt, würden wir doch auch löschen!


      Der geplünderte Planet

      Der Wald brennt, die Wüste wächst, Wasser wird knapp - mit ihrem kurzsichtigen Verständnis von Ökonomie zerstört die Menschheit ihre Lebensgrundlagen

      Von Fritz Vorholz




      Foto: [M] M. Santilli/Panos/plus 49/VISUM

      Sieben mächtige Männer nahmen richtig viel Geld in die Hand. Immerhin 350 Millionen Dollar brachten sie zusammen, um ein fernes Problem zu lösen. Sie sorgten sich um den brasilianischen Tropenwald - und erfanden ein Pilotprogramm zu seiner Rettung. PP G 7 heißt der Plan, den Helmut Kohl, John Major, George Bush Senior und vier weitere Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen ersannen. Sie trieb die Angst, der riesige Wald am Amazonas könne auf ewig verschwinden: abgehackt von profitgierigen Holzunternehmen, zu Schutt und Asche niedergebrannt von landlosen Bauern im Kampf ums Überleben, gerodet von Viehbaronen und Grundstücksspekulanten. Das war 1992. Das Schicksal des Tropenwaldes bewegte damals viele Menschen.
      Heute, neun Jahre später, steht es um den brasilianischen Tropenwald nicht besser. Zwar gibt es immer wieder einmal Erfolgsmeldungen; der Economist meinte neulich zu wissen, wie der Tropenwald sogar auf profitable Art und Weise zu retten sei: durch nachhaltige Bewirtschaftung. Eine schöne Idee. Tatsächlich beschleunigt sich die Abholzung, und ein Regierungsprogramm mit dem verheißungsvollen Namen Vorwärts, Brasilien könnte dem Zerstörungswerk sogar neuen Schub verleihen. 40 Milliarden Dollar will die Regierung in Brasília bis zum Jahr 2007 für neue Straßen, Eisenbahnen, Staudämme und Flusskanalisierungen ausgeben. Die möglichen Folgen haben Wissenschaftler um William F. Laurence vom Smithsonian Tropical Research Institute berechnet: Ihrem optimistischen Szenario zufolge wird in 20 Jahren mehr als ein Viertel des Amazonaswaldes vernichtet oder stark geschädigt sein; im schlimmsten Fall geht fast die Hälfte der "grünen Hölle", der einzigartigen Schatzkammer von Pflanzen und Tieren, verloren.

      Es brennt. Wenn sich von kommendem Montag an Klimadiplomaten aus mehr als 180 Staaten in Bonn treffen, um vom Kyoto-Protokoll zu retten, was zu retten ist, steht nur eines von Dutzenden ökologischer Weltprobleme auf der Tagesordnung. Nie war die Bedrohung der menschlichen Lebensgrundlagen größer als zu Beginn des dritten Millenniums, das von Sydney bis New York mit Riesenpartys begrüßt wurde. Die Wüste wächst, Wasser wird rar, und vor allem mit ihrem exzessiven Energieverbrauch hat es die Spezies Mensch geschafft, die Heizung im Treibhaus Erde kräftig aufzudrehen.

      Es sei unklar, ob der Planet die vollkommen neue Kombination von Belastungen aushalten werde, sagt Will Steffen, Direktor des internationalen Geosphären-Biosphären-Programms und einer der Organisatoren einer wissenschaftlichen Mammutkonferenz, die dieser Tage, kurz vor dem Bonner Klima-Meeting, in Amsterdam stattfindet. "Schwerwiegende Auswirkungen auf menschliches Leben sind nicht ausgeschlossen", kommentiert der Wahl-Australier das Phänomen, dem die scientific community das harmlos klingende Etikett "Globaler Wandel" verpasste. Tatsächlich sind Erinnerungen an die letzte Fahrt der Titanic erlaubt.

      Es begann mit Vogeleiern, deren Schalen immer dünner wurden. Grund: DDT in der Nahrung. Es folgten Rauchwolken über dem Amazonas und der Zusammenbruch der nordatlantischen Kabeljaubestände - Folge: 30 000 kanadische Fischer ohne Arbeit. Raubbau an Chinas Wäldern ließ vor drei Jahren das übliche Jangtse-Hochwasser derart verheerende Ausmaße annehmen, dass 3600 Chinesen starben und 14 Millionen ihr Obdach verloren. Nicht weniger als 30 000 Südamerikaner ließen ihr Leben, als kurz darauf sintflutartige Regenfälle den Subkontinent heimsuchten. Die Ursachen: planlose Besiedelung und rücksichtslose Waldvernichtung.

      Doch auch wenn längst der "Schmerz der Erde zum Schmerz der Menschheit" geworden ist, wie das amerikanische Magazin Time schrieb, an der Ignoranz der Menschen änderte sich nichts. An Warnungen hat es nämlich nicht gefehlt. Sie hießen beispielsweise Die Grenzen des Wachstums - so der Titel des berühmten Berichts an den Club of Rome aus dem Jahr 1972 - oder Global 2000, ein vom ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter bestellter und 1980 veröffentlichter Zukunftsreport. Inzwischen gibt es zwar den jährlichen Tag der Umwelt, grüne Parteien, Ökogesetze und Fototermine für die Mächtigen, wie 1992 den Erdgipfel in Rio de Janeiro. Doch unbeeindruckt von solch symbolischer Politik, hat sich der Niedergang der Ökosysteme fortgesetzt. "Wir versagen sogar dabei, die Debatte über die Umweltproblematik am Leben zu halten", klagte UN-Generalsekretär Kofi Annan im vergangenen Jahr. Im Politikbetrieb, forderte er, müssten Ökofragen grundsätzlich neu positioniert - sprich: endlich ernst genommen - werden.

      Ökofragen? Der Begriff legt den Verdacht nahe, es ginge um das Steckenpferd grüner Sandalenträger. Dabei steht viel mehr auf dem Spiel: die Fähigkeit der Natur, mehr als sechs Milliarden Menschen mit Gütern und Dienstleistungen zu versorgen und so eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung zu ermöglichen. Nicht umsonst sind es die Weltbank und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), zwei wirtschaftliche Institutionen, die besonders am Gesundheitszustand des Blauen Planeten interessiert sind. Beide gehören zu den Sponsoren der größten Ökosystemstudie, die je in Angriff genommen wurde. In vier Jahren soll die Diagnose namens Millennium Ecosystem Assessment vorliegen. Rund 50 Millionen Mark wird sie kosten, 1500 Wissenschaftler aus der ganzen Welt, darunter auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), beteiligen sich an der Bestandsaufnahme.

      Eine Vorarbeit zu dem Mammutvorhaben ist bereits auf dem Markt; sie heißt Pilot Analysis of Global Ecosystems (Page). Gnadenlos nüchtern listet darin das Washingtoner World Resources Institute auf, wie übel es um die Zukunftsaussichten schon bestellt ist - und warum. Weil menschliche Aktivitäten erstmals nicht nur lokale, sondern globale geochemische Prozesse verändern: den Wasser-, den Kohlenstoff- und den Nährstoffkreislauf. Die Konsequenz sei eine "fundamentale Erosion der Leistungsfähigkeit von Ökosystemen", so die Botschaft der Expertise mit dem Titel Das ausfransende Netz des Lebens.

      Ein Regentropfen beispielsweise, der im Quellgebiet eines Flusses aufschlägt, benötigt heute dreimal mehr Zeit als früher, um ins Meer zu gelangen. Hauptursache: Staudämme und andere Wasserbautechnik. Mit dem Wasser gelangen aber auch Nährstoffe, die zwecks Ertragssteigerung auf Äcker aufgebracht werden, in die Ozeane. Die sichtbaren Folgen sind Algenblüten. Und dass die exzessive Verbrennung fossiler Energien die in der Erdkruste gespeicherten Kohlenstoffvorräte in kurzer Zeit gen Himmel befördert, lernt heutzutage jedes Schulkind. Seit mindestens 420 000 Jahren war noch nie so viel Kohlendioxid in der Atmosphäre wie heute.

      Die überwiegend unangenehmen Folgen der Erderwärmung, die vor allem die Habenichtse des Planeten zu spüren bekommen werden, sind bereits bekannt: häufigere und heftigere Regenfälle, mehr Stürme, mehr Fluten und mehr Dürren, mehr Krankheiten. Welche Effekte die Störung des Wasser- und des Nährstoffhaushaltes am Ende haben könnte, ist noch nicht endgültig geklärt. Wissenschaftler wie Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts, suchen noch nach den "Schalterelementen" - jenen kritischen Grenzen menschlicher Eingriffe, die ganze Großökosysteme zusammenbrechen lassen: durch Überdüngung beispielsweise oder durch Veränderung der Grundwasserneubildung. Probleme ferner Länder? Mitnichten. In Baden-Württemberg beispielsweise mussten seit 1980 mehr als 700 Grundwasserbrunnen vom Trinkwassernetz abgekoppelt werden. Grund: zu hohe Nitratwerte. Eine "kritische Situation", meint die Stuttgarter Akademie für Technikfolgenabschätzung in ihrem jüngsten Statusbericht über nachhaltige Entwicklung im Ländle.

      Während in den siebziger Jahren noch die Furcht grassierte, zur Neige gehende mineralische Rohstoffe würden zum Engpass der Wirtschaftsentwicklung, gilt heute die Hauptsorge ausgerechnet jenen Ressourcen, die bei kluger Nutzung ewig halten würden: dem Wasser, dem fruchtbaren Boden, den Wäldern und den Fischen beispielsweise. Tatsächlich gelten bereits 70 Prozent der Fischbestände in den Weltmeeren als übernutzt oder bis an die Grenze des dauerhaften Ertrages ausgebeutet. 16 Prozent des weltweiten Ackerlandes sind dermaßen degradiert, dass die Bodenproduktivität sinkt. Rund 40 Prozent der Weltbevölkerung leidet unter akutem Wassermangel. Große Teile des Weidelandes sind durch zu hohen Viehbestand malträtiert. Und schließlich duldet der Mensch immer weniger Mitgeschöpfe neben sich. Während die Genforschung die Fantasie von Industriemanagern beflügelt, erlebt die Menschheit nach Meinung des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU), eines von der Bundesregierung berufenen Professorengremiums, derzeit sogar die erdgeschichtlich "sechste Auslöschung der Gen- und Artenvielfalt" - angezettelt vom Homo sapiens selbst. Der Artenverlust ist aber weit mehr als ein ethisches Problem: Mit schwindender Biodiversität wächst höchstwahrscheinlich die Störanfälligkeit von Ökosystemen - und ihre Produktivität sinkt. Im Kampf um das ökologische Gleichgewicht seien zwar "einige kleinere Auseinandersetzungen" gewonnen worden - "der Krieg selbst ist jedoch verloren", sagt Christopher Flavin, Präsident des Worldwatch Institute.

      Eigentlich erstaunlich. Denn es sei klar, dass die Ökonomie in den 193 Staaten der Erde auf der Lieferung von Gütern und Leistungen durch Ökosysteme basiere, heißt es in der Pilot-Analyse Globaler Ökosysteme. Ebenso unstrittig sei, dass jedes menschliche Leben von der Leistungsfähigkeit von Ökosystemen abhänge. Gleichwohl habe die Menschheit ihre Bemühungen bisher auf das Ziel konzentriert, der Natur möglichst viel zu entreißen - ohne sich um die Folgen zu scheren. Nun scheint es so weit zu sein: Wie auch immer der Zustand des Planeten taxiert werde, fast jede Messung lege den Schluss nahe, dass "wir ihn mit zunehmender Geschwindigkeit herunterwirtschaften".

      "Wie konnten wir es nur so weit kommen lassen?", fragte das Magazin Time, das im vergangenen Jahr vorab über die Ökosystemstudie Page berichtete. Die Antwort hat drei Teile:

      - Erstens hält die Natur, besonders in den Industrieländern, erstaunlich viel aus. Die nordamerikanischen Siedler machten fast die gesamte Prärie urbar und veranstalteten dabei eine Orgie der Naturzerstörung; trotz dieses Eingriffs sind die USA heute die Weltagrarmacht Nummer eins.

      - Zweitens: Naturleistungen lassen sich importieren, eine Möglichkeit, von der die kaufkräftige Minderheit der Erdbewohner ausgiebig Gebrauch macht. Der World Wide Fund for Nature (WWF) versucht sogar, ihre "ökologischen Fußspuren" zu quantifizieren, indem er den Pro-Kopf-Anspruch auf produktive Fläche zwecks Nahrungsgewinnung, Behausung und Assimilation des Klimagases CO2 mit dem daheim verfügbaren Angebot der Natur vergleicht. Ergebnis: Jeder Nordamerikaner beansprucht fast doppelt so viel produktive Fläche, wie innerhalb der Grenzen von Kanada und der Vereinigten Staaten zur Verfügung steht; in Westeuropa ist das Defizit sogar noch eklatanter.

      - Drittens geht freilich aus derselben Untersuchung (Living Planet Report 2000) hervor, dass selbst Armenhäuser wie Haiti über ihre ökologischen Verhältnisse leben. Während jedem Erdenbürger statistisch 2,2 Hektar produktive Fläche zur Verfügung stehen, werden tatsächlich 2,85 Hektar beansprucht - die Menschheit brauchte also mehr als einen Planeten. Weil sie aber nur einen hat, steht die Natur unter Stress.

      Noch funktioniert sie freilich leidlich. Noch liefert sie genug Getreide, Fisch und Pflanzenfasern, um sechs Milliarden Menschen zu versorgen. Viele Menschen sind zwar unterernährt, doch rein statistisch gesehen, könnten durch Umverteilung alle satt werden. Nur, wie lange noch? Nicht unbegrenzt, denn was der Natur gegenwärtig abverlangt wird, geht zulasten ihrer langfristigen Leistungsfähigkeit. Die gegenwärtige Weltfischereiflotte, um nur ein Beispiel zu nennen, ist um 40 Prozent zu groß - gemessen am dauerhaften Ertragspotenzial der Weltmeere. Das Prekäre daran: Während die Kraft der Ökosysteme nachlässt, steigt die Nachfrage nach ihren Gütern und Leistungen.

      Die Gründe dafür sind seit langem bekannt - und in der so genannten Weltumweltformel sogar mit fast mathematischer Exaktheit beschrieben. Die von dem amerikanischen Biologen-Ehepaar Anne und Paul Ehrlich schon Anfang der siebziger Jahren aufgestellte Gleichung besagt, dass die globalen Umweltprobleme auf nicht mehr als drei Faktoren zurückzuführen sind: auf das Bevölkerungswachstum, auf das Konsumniveau und auf die vorherrschende Technik. Preisfrage: An welcher dieser Schrauben lässt sich drehen, um das scheinbar Unvermeidliche doch noch abzuwenden?

      Technik ist die letzte Hoffnung

      Als der damalige WWF-Präsident Ruud Lubbers, einst niederländischer Regierungschef und mittlerweile UN-Flüchtlingskommissar, im vergangenen Jahr den Living Planet Report präsentierte, brach er ein Tabu. Er wies nämlich darauf hin, dass allein die schiere Zahl der Erdbewohner die Natur enorm unter Druck setzt. Dank wachsendem Wohlstand und kluger Politik in manchen Ländern vermehrt sich die Menschheit zwar heute nicht mehr so schnell wie noch vor zehn Jahren, ein Zeichen der Hoffnung. Nur: Die Weltbevölkerung wächst trotzdem weiter, nach UN-Schätzungen um 1,5 Milliarden Menschen bis um das Jahr 2020. Sorgt jeder dieser neuen Erdenbürger jährlich nur für eine halbe Tonne CO2 - weniger als heute ein Inder -, wären allein dadurch die im besten Fall durch das Kyoto-Protokoll erzielten Emissionsminderungen kompensiert.

      Wenig aussichtsreich ist auch der Versuch, das Konsumniveau der Menschen zu begrenzen. Im Gegenteil: Ein Fünftel der Menschheit ist bitterarm und hofft auf anständige Behausungen und regelmäßige Mahlzeiten. Jeder Bewohner der reichen Länder beansprucht dagegen jährlich zwischen 45 und 85 Tonnen Naturressourcen - was nach OECD-Angaben dem Inhalt von 300 Einkaufstüten entspricht, pro Woche! Doch Verzicht, zumal freiwilliger, gilt schlicht als nicht mehrheitsfähig. Wer es sich leisten kann, kauft sich ein stärkeres Auto, bezieht eine größere Wohnung, reist mehr - und hinterlässt am Ende mehr Müll. Es gebe deshalb Anlass für die Vermutung, heißt es in dem kürzlich veröffentlichten Umweltausblick der OECD, dem Think Tank von 30 Industrieländern, dass die Konsumansprüche zu wachsendem Druck auf die Natur führen.

      Auf die Preise kommt es an

      Bleibt also nur eine Hoffnung: die Technik. "Die Technik hat den globalen Wandel erzeugt - und nur mit ihrer Hilfe lässt er sich umsteuern", sagt der Potsdamer Forscher Schellnhuber. Der Physiker denkt dabei beispielsweise an die solare Wasserstoffökonomie oder auch an Stromleitungen, die Elektrizität widerstands- und deshalb verlustfrei über Tausende von Kilometern transportieren. Allerdings: Derartige technische Durchbrüche sind kurzfristig kaum zu erwarten.

      Der "normale" technische Fortschritt aber verläuft bisher eher enttäuschend - jedenfalls zu langsam, um den Ressourcenverbrauch von der Wirtschaftsentwicklung abzukoppeln. Während beispielsweise zwischen 1973 und 1996 die Energieintensität des Sozialprodukts in den OECD-Ländern um 31 Prozent sank, stieg der absolute Energieverbrauch gleichzeitig um 23 Prozent. "Die Wachstumseffekte sind größer als die Effizienzgewinne", heißt es dazu trocken im OECD-Umweltausblick, übrigens nicht nur hinsichtlich des Energieverbrauchs. Wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel zieht die Umwelt fast immer den Kürzeren, weil die technische nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung mithalten kann. So wächst nach OECD-Angaben trotz aller Anstrengungen zur Müllvermeidung die Müllproduktion; und trotz sinkenden Pro-Kopf-Wasserkonsums steigt der Gesamtverbrauch.

      Die neuesten Hoffnungsträger heißen Informations- und Biotechnologie. Beide haben Einfluss auf die Umwelt - aber nicht zwangsläufig einen guten. So könne die grüne Gentechnik zwar den Einsatz von Mineraldünger reduzieren; sie könne die globalen Ökosysteme aber auch schädigen, schreibt die OECD. Die Informationstechnologie könne für mehr Ökoeffizienz sorgen; sie könne aber auch mehr Strom- und Papierverbrauch verursachen und - wegen der kurzen Lebenszyklen von Computern - auch noch mehr Müll.

      Was tun? Der weltweite Siegeszug der Marktwirtschaft lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Allein hohe Preise zwingen zu ökologischem Handeln. Stattdessen ermuntern die Politiker vieler Industriestaaten Betriebe und Verbraucher sogar immer noch zu umweltschädlichem Verhalten. Beispielsweise seien die Wasserpreise für die Landwirtschaft fast überall viel zu niedrig, heißt es in einer kürzlich erschienenen OECD-Studie über umweltverträgliche Wachstumspolitik. Und dass Dieselkraftstoff fast überall niedriger besteuert wird als Benzin, beruhe nicht nur auf Unkenntnis, sondern auch auf dem erfolgreichen Wirken der Transportlobby.

      500 Jahre nach der kopernikanischen Revolution habe sich die Menschheit aufgemacht, dem Universum die letzten Geheimnisse zu entreißen, erklärte dieser Tage der Potsdamer Wissenschaftler Schellnhuber bei der Amsterdamer Tagung über den globalen Wandel. Die größte aller Fragen dabei sei die nach der Existenz außerirdischer Intelligenz. Bisher sei die Jagd auf ET erfolglos geblieben - möglicherweise, weil die Erde im Universum ein einmaliger Platz zum Leben ist.

      Gemessen daran, ist die Streiterei um die ökologische Wende vor allem eines: provinziell.
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 23:12:04
      Beitrag Nr. 90 ()
      @aber hallo stormy

      schön mal einen "neuen" im thread begrüßen zu können!

      und was meinst du nun selbst dazu?
      es ist so wie es ist unveränderlich und grau oder doch mit licht und chancen für ein weiterleben der menschheit über den bruchteil einer "schnipp-zeitepoche" der welt hinaus.
      werden wir die dinos aus dem guinnesbuch der rekorde verdrängen und die längste zeit als population auf der erde verbringen?
      was meinst du? ;-)

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 15.07.01 23:36:58
      Beitrag Nr. 91 ()
      hallo stormy,
      freut mich, dich hier zu treffen, auch wenn ich weiss, dass du im gegensatz zu mir sehr pessimistisch eingestellt bist. ich gestehe, ich habe mal was aus einem deiner threads geklaut, und zwar den langen artikel aus dem manager-magazin, den wir kurz bei besserweis diskutiert haben. ihr hattet da in deinem thread eine ganz spannende diskussion, soviel erinnere ich.

      zu dem artikel demnächst etwas, das will ich mir erst einmal durch den kopf gehen lassen. aber, wie haispeed schon sagt, deine persönliche meinung würde mich besonders interessieren. findest du die allgemeine diskussion wie auch unsere kleine halbprivate hier provinziell? was müsste sich deiner meinung nach ändern, wo müsste man ansetzen?

      mal ins blaue hinein provokativ gefragt als neues stichwort für die diskussion: darf, soll sich die politik zum handlanger der wirtschaft machen lassen?

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 16.07.01 00:27:56
      Beitrag Nr. 92 ()
      @cabinda

      die politik ist meiner meinung nach schon zum handlanger geworden. sie muß sich befreien aber das kann sie nicht, da sie selbstzerstörerisch arbeitet und zwar auf fast allen ebenen.

      gute nacht haispeed
      Avatar
      schrieb am 16.07.01 13:27:20
      Beitrag Nr. 93 ()
      Schön, hier einige Menschen zu treffen, die sich Gedanken jenseits der "Erlebnisgesellschaft" machen. Wenn ich mal mehr Zeit habe, werde ich hier mal ausführlich Stellung zu meiner Sicht der Dinge nehmen.

      Als Diskussionsbeitrag, zunächst noch ein hochinteressantes Interview mit Hans Jonas. Es wurde Mitte der 90er vom Spiegel gemacht und triffft meines Erachtens den Kern aller Umweltproblem. Seit 1995 ist es alles noch viel schlimmer geworden - daher mein Pessimimus. Vieleicht fehlen mir aber auch einfach ein paar Einheiten Serotonin und Noradrenalin an meinen Synapsen!



      Dem bösen Ende näher



      SPIEGEL* Herr Jonas, vor 13 Jahren haben Sie Ihr Buch "Das Prinzip Verantwortung" veröffentlicht. In diesem Werk rufen Sie die Menschheit dazu auf, sich ihrer Verantwortung gegenüber der von Technik und Industrie bedrohten Natur bewußt zu werden. 13 Jahre später: Hat sich im Umgang des Menschen mit der Natur irgend etwas verbessert?


      HANS JONAS Im tatsächlichen Umgang nichts, doch immerhin etwas im Bewußtsein der Menschen: 1979, als mein Buch erschien, war der Ruf nach Verantwortung des Menschen für die Natur noch nicht so oft gehört und diskutiert wie heute.


      SPIEGEL Und was hat sich am realen Zustand geändert?


      JONAS Der reale Zustand hat sich in summa nur verschlechtern können. Bis jetzt ist nichts geschehen, um den Gang der Dinge zu verändern, und da dieser kumulativ katastrophenträchtig ist, so sind wir heute dem bösen Ende eben um ein Jahrzehnt näher als damals.


      SPIEGEL Zusammengefaßt lautet mithin die Diagnose: Die Einsichtsfähigkeit des Menschen nimmt zu. Die Fähigkeit, nach diesen Einsichten zu handeln, nimmt jedoch ab.


      JONAS Ja, sie nimmt ab. Die Menschen können sich nicht freimachen von den Sachzwängen, in die sie sich mit dem technologischen Anschlag auf die Natur begeben haben. Der Raubbau an der Natur ist übergegangen in die Lebensgewohnheiten der Menschen, besonders die der westlichen Industriegesellschaft.


      SPIEGEL Ozonloch und Klimakatastrophe drohen; Luft, Wasser und Boden sind in weiten Teilen der Erde schwer geschädigt oder schon zerstört. Wie ist es zu erklären, daß solche Signale zu keinen durchgreifenden Verhaltensänderungen führen?




      * Das Gespräch führten Matthias Matussek und Wolfgang Kaden.


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      JONAS Wer nicht selber unmittelbar bedroht ist, ringt sich nicht zu einer wirklichen Revision der Lebensführung durch. Bei einer akuten Bedrohung ist das anders, individuell und kollektiv. Wenn der Vulkanausbruch beginnt, dann flüchtet man. Auf unmittelbare Bedrohung reagiert der Mensch unmittelbar, mal rational, mal irrational. Die Fernperspektiven aber, besonders wenn sie erst künftige Generationen betreffen, bringen die Menschen offenbar nicht zu Verhaltensänderungen.


      SPIEGEL Tschernobyl war ein Schock. Aber er wirkte nur kurzfristig. Man könnte die ketzerische Frage stellen: Braucht die Menschheit mehr Tschernobyls?


      JONAS Die Frage ist nicht unberechtigt. Sie ist zynisch, und die Antwort ist auch zynisch. Vielleicht ist der Mensch ohne ernsthafte Warnschüsse und schon sehr schmerzhafte Reaktionen der gepeinigten Natur nicht zur Vernunft zu bringen. Es könnte sein, daß es schon ziemlich schlimm kommen muß, damit man aus dem Rausch immer wachsender Bedürfnisse und ihrer unbegrenzten Befriedigung, zu der man die Macht hat, wieder zurückkehrt zu einem Niveau, das mit dem Fortbestand der dafür nötigen Umwelt verträglich ist.


      Es muß wieder ein einigermaßen stabiles Gleichgewicht zustande kommen. Es könnte bei der jetzigen Menschenzahl, die noch im Steigen ist, dafür schon zu spät sein. In dem Fall müßte die bisherige Vermehrung sogar in eine Wiederverminderung der Weltbevölkerung umgekehrt werden.


      SPIEGEL Kürzlich wurde in einer deutschen Fernsehsendung an die Zuschauer die Frage gerichtet: Ist die Erde noch zu retten? 75 Prozent derer, die sich meldeten, verneinten die Frage. Es ist doch erstaunlich, daß trotz solch apokalyptischer Einschätzungen die Menschheit einfach so weitermacht wie bisher.


      JONAS Was heißt hier "retten"? Was "Untergang"? In Gefahr ist nicht "die Erde", sondern ihr gegenwärtiger Artenreichtum, in dem wir eine schreckliche Verarmung anrichten. Erdgeschichtlich, über die Jahrmillionen, wird auch das nur


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      eine Episode sein, aber menschengeschichtlich kann es das tragische Scheitern höherer Kultur überhaupt bedeuten, ihren Absturz in eine neue Primitivvisierung, die wir durch gedankenlose Verschwendungssucht auf der Höhe unserer Macht verschuldet hätten.


      SPIEGEL Was meinen Sie mit Primitivvisierung?


      JONAS Daß es zu Massenelend, Massensterben und Massenmorden kommt, daß es dabei zum Verlust aller der Schätze der Menschlichkeit kommt, die der Geist außer der Ausbeutung der Natur ja auch hervorgebracht hat. Der Geist hat ja eine ganz merkwürdige Doppelrolle gespielt. Einerseits hat er die Gefräßigkeit der Menschen ungeheuerlich erhöht. Ausgerechnet der Geist ist ja das Instrument dafür gewesen, daß wir so ungeheuer anspruchsvoll in den Bedürfnissen unserer Leiber geworden sind.


      Andererseits hat der Geist ein Reich der Werte geschaffen, das um seiner selbst willen gepflegt wird; wofür Menschen das Äußerste einsetzen in der Kunst, in der Erkenntnis, aber auch in der Pflege der Emotionen. Das ist etwas, was das übrige Weltall vielleicht überhaupt nicht kennt. Was wirklich bedroht ist, mehr als die biologische Weiterexistenz des Menschen, ist die Existenz des Menschen, ist die Existenz dieser großen Schöpfung, die Hand in Hand gegangen ist mit der wachsenden Zerstörung der Bedingungen, die das möglich gemacht haben. Darin liegt die Paradoxie der Rolle des Geistes in der Welt: daß um seinetwillen sich dieses ganze Abenteuer Menschheit lohnt; daß er aber gleichzeitig auch die Bedingungen für die Fortsetzung dieses Abenteuers zerstört.


      SPIEGEL Ist denn der Geist auch zu einer anderen Kulturleistung fähig, der des freiwilligen Verzichts?


      JONAS Es gibt dafür Beispiele in der Geschichte. In Verbindung mit einem transzendenten Glauben, der ja auch eine Tat des Geistes ist, ist es geschehen, daß Menschen sich das Äußerste zugemutet haben an Verzichten. Es gab eine richtige Leibesfeindschaft in manchen Heilslehren, sie hat zeitweilig den Zustand ganzer Gesellschaften mitbestimmt. Daß wir


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      solche Meister der Umwelt geworden sind, die sich jede Ausschweifung des Konsums leisten können, ist ja eine ziemlich neue Tatsache.


      Frühere Kulturen waren weitgehend statisch, da änderte sich über Jahrhunderte hinweg kaum etwas. Die Geburt der modernen Wissenschaft im 17. Jahrhundert ist ein Wendepunkt, dessen Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Damit wurde ein Dynamismus entfesselt, der die ungeheuerlichste Form der Beherrschung und Umwandlung der Natur vorantreibt. Da scheint kein Halten zu sein. Es kommen immer neue Dinge hinzu. Neues wird erfunden, neue Wege eröffnen sich, auf denen die Bedürfnisbefriedigung des Menschen auf immer höhere Ebenen getrieben wird ...


      SPIEGEL ... ohne erkennbare Zeichen, daß der Mensch dieser Entwicklung Einhalt gebieten wollte oder könnte?


      JONAS Der Planet ist überfüllt, wir haben uns zu breit gemacht, sind zu tief eingedrungen in die Ordnung der Dinge. Wir haben zuviel Gleichgewicht gestört, haben zu viele Arten schon jetzt zum Verlöschen verurteilt. Technik und Naturwissenschaften haben uns von Beherrschten zu Herrschern der Natur gemacht. Dieser Zustand ist es, der mich dazu brachte, eine philosophische Bilanz zu ziehen und zu fragen: Darf die moralische Natur des Menschen das zulassen? Sind wir jetzt nicht aufgerufen zu einer ganz neuen Art von Pflicht, zu etwas, das es früher eigentlich nicht gab - Verantwortung zu übernehmen für künftige Generationen und den Zustand der Natur auf der Erde?


      SPIEGEL Die Philosophie begibt sich auf ein neues, unbekanntes Terrain?


      JONAS Sie muß es tun. Jedes bisherige Moralbemühen der Philosophie bezog sich auf das Verhältnis von Mensch zu Mensch. Das Verhältnis von Mensch zur Natur ist noch nie Gegenstand sittlicher Überlegung gewesen. Das ist es jetzt geworden, und das ist ein philosophisches Novum. Doch das besagt nicht das Mindeste darüber, ob wir der Sache über-


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      haupt gewachsen sind, ob wir diesem neuen moralischen Imperativ nachkommen wollen oder können. Da treten Fragen der Psychologie auf, der Anthropologie, auch der Realzwänge, von denen ich nicht weiß, ob die heutige Erkenntnis sie überhaupt übersehen kann.


      SPIEGEL Liegt das Dilemma Ihrer Verzichtsethik nicht darin, daß ein Verzicht des einzelnen letztendlich vergeblich ist? Wer der Umwelt zuliebe seinen materiellen Konsum einschränkt, sieht sich am Ende als Verlierer: Die Mehrzahl der Prasser läßt es sich weiter gutgehen, der Planet wird weiter geplündert.


      JONAS Ich weiß nicht, wieviel Nachahmung Vorbilder finden können. Wir dürfen nicht von vornherein ausschließen, daß sich auch Einstellungen ändern und daß aufgrund einer eindringlichen Erziehung sich gewisse Einstellungen der Pflicht und der Scham und der Ehre, des Wohlverhaltens, herausbilden. Daß es sich einfach nicht mehr schickt, so weiterzuleben, wie die Menschen des 20. Jahrhunderts drauflosgelebt haben.


      SPIEGEL Das halten Sie für möglich?


      JONAS Möglich ist das, aber nicht wahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist schon, daß die Angst das Ihrige tut. Daß nämlich das Verderben sich nahe genug ankündigt, in sehr alarmierenden und für jeden schon sichtbaren und fühlbaren Erscheinungen. Daß die Furcht erzwingt und erreicht, was die Vernunft nicht erreicht hat. Ich habe eine gewisse paradoxe Hoffnung auf die Erziehung durch Katastrophen. Solche Unglücke werden eventuell rechtzeitig noch eine heilsame Wirkung haben. Wir sollten bei der Überlegung dieser Fragen, bei denen wir über Vermutungen sowieso nicht hinauskommen, eines nie aus dem Auge lassen: daß der Mensch das überraschendste aller Wesen ist und daß man überhaupt nicht vorhersagen kann, wie sich in irgendeiner Zukunft, in irgendeiner Situation, in irgendeiner Generation die Gesellschaft benehmen wird.


      SPIEGEL Sie meinen, der Mensch, der es so weit gebracht


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      hat mit der Naturzerstörung, könnte sich plötzlich wieder ganz anders verhalten?


      JONAS Sehr unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Es könnte beispielsweise eine verrückte neue Religion um sich greifen. Es hat keinen Zweck, darüber Vermutungen anzustellen. Das einzige, was ich sage, ist, daß die Sicherheit der Unglücksvorhersage nicht absolut ist.


      So, wie man ganz bestimmt nicht darauf rechnen darf, daß der Mensch Vernunft annehmen wird, so darf man doch nicht ganz daran verzweifeln, daß der Genius der Menschheit auch in der Richtung erfinderisch wird, in der eine mögliche Rettung der Zukunft liegt. Dies offenzulassen ist wichtig, damit wir nicht davon ablassen, einer solchen Chance, wenn es sie gibt, mit allen Kräften der Warnung und Mahnung zu Hilfe zu kommen.


      SPIEGEL Was können die politischen Eliten in den Demokratien tun, um eine Umkehr einzuleiten? Sind Demokratien womöglich unfähig zu einer Politik, die auf Konsumverzicht und Naturerhaltung ausgerichtet ist? Hilft nur, was manche radikale Umweltfreunde fordern, eine Art aufgeklärte Öko-Diktatur, in der die Philosophen die Könige sind?


      JONAS Man kann in abstracto einen Entwurf machen für eine Diktatur der Menschheitsretter. Aber wie stellt man sich vor, daß eine wirklich selbstlose Elite an die Macht kommen wird, daß diese selbstlos bleiben wird und in ihrer Selbstlosigkeit auch anerkannt wird? Das übersteigt völlig meine Vorstellungen. Dies ist eine Art des Utopismus, der sich nicht umsetzen kann in Wirklichkeit. Was ich mir viel eher vorstellen kann, ist das Hereinbrechen sehr schlimmer Zustände, die zu kompromißbereiten Abmachungen zwischen den ökonomischen, politischen und sozialen Machtgruppen führen; daß man sich auf einen Modus einigt, der sowohl den Menschen einigermaßen akzeptabel ist als auch der Natur. Dazu gehören internationale Vereinbarungen, der globale Verzicht darauf, weiter in ungehemmter Konkurrenz sich die begrenzten Schätze der Erde streitig zu machen.


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      SPIEGEL Demokratien sind Regierungssysteme mit sehr kurzfristigen Perspektiven: Die Politiker müssen sich spätestens alle vier oder fünf Jahre zur Wahl stellen, länger reicht der Horizont nicht. Die Erhaltung der natürlichen Umwelt erfordert ungleich längerfristige Sichtweisen. Dieser Gegensatz vor allem läßt den Verdacht aufkommen, unsere vorhandenen demokratischen Regierungssysteme seien ungeeignet, die ökologischen Aufgaben zu lösen.


      JONAS Den Verdacht habe ich, daß die Demokratie, wie sie jetzt funktioniert - mit ihrer kurzfristigen Orientierung -, auf die Dauer nicht die geeignete Regierungsform ist. Wieso sollte sie es auch sein? Wo steht geschrieben, daß in der Demokratie jetzigen Stils die endgültige Lösung der Frage des guten Staates gefunden worden ist?


      SPIEGEL Ein amerikanischer Professor namens Francis Fukuyama hat einen Bestseller mit dem Titel "Das Ende der Geschichte" geschrieben. Darin erklärt er die westlichen Demokratien zur endgültigen Regierungsform.


      JONAS Wer sich anmaßt zu wissen, daß irgend etwas ein für allemal gilt, der ist von vornherein nicht ernst zu nehmen. Aber ernst zu nehmen ist die Frage, zu welchen Freiheitsverzichten man bereit ist; zu welchen Freiheitsverzichten der Philosoph ethisch verantwortungsvoll raten kann. Da ist doch zunächst nicht zu übersehen, daß Freiheit sowieso nur existieren kann, indem sie sich selber beschränkt. Eine unbegrenzte Freiheit des Individuums zerstört sich dadurch, daß sie mit den Freiheiten der vielen Individuen nicht vereinbar ist...


      SPIEGEL . . . Sie halten Freiheitsverzichte der Individuen für unvermeidlich?


      JONAS Für selbstverständlich. Vor allen Dingen bin ich nicht der Ansicht, daß man das ohne weiteres als Unglück ansehen muß. Im alten Rom gab es zum Beispiel Gesetze, die den privaten Aufwand einschränkten. Gewählte Zensoren hatten das Recht zu prüfen, ob übermäßiger Luxus getrieben wird. Da der im Widerspruch zur Staatsmoral stand, konnten


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      sie ein solches Verhalten unter Strafe stellen. Das war eine große Einmischung in die persönliche Freiheit, aber gerade im Namen einer sich selbst regierenden Bürgerschaft.


      SPIEGEL Moderne Demokratien verheißen dem einzelnen die Möglichkeit individueller Glückserfüllung; "pursuit of happiness" heißt es in der amerikanischen Verfassung. Sind Sie der Ansicht, daß solche Präambeln ersetzt werden müssen durch andere, die das Allgemeinwohl und die Erhaltung der Natur als oberste Ziele herausstellen?


      JONAS Sie werfen eine Frage auf, die man ganz kapital so formulieren kann: War vielleicht die Modernität ein Irrtum, der berichtigt werden muß? Ist der Weg richtig, den wir mit dieser Kombination von wissenschaftlich technischem Fortschritt und der Steigerung individueller Freiheit erreicht haben? War das moderne Zeitalter in gewissen Hinsichten ein Irrweg, der nicht weitergegangen werden darf? Der Philosoph ist durchaus frei, das zu überdenken und sogar zu gewissen Schlüssen zu kommen. Aber ob das irgendwo Gehör findet, ob es möglich ist, die Menschen zu einer solchen Umkehr zu bewegen, ist doch die Frage, an die wir dauernd stoßen.


      SPIEGEL Viele Menschen werden es nicht sein, die sich von solchen Philosophen gewinnen lassen.


      JONAS So wird es wohl sein. Welche Macht hat Einsicht? Einsicht dieser Art ist notwendigerweise bei relativ wenigen. Erstens ist sehr große Kundigkeit nötig und sehr viel Sachverständnis. Zweitens ist sehr viel Freiheit von persönlichem Interesse nötig und ein gewisser Grad der Selbstlosigkeit und der Hingebung an die sozusagen wahren Interessen des Menschen.


      SPIEGEL Die Frage ist ja: Welches sind die wahren Interessen, wer legt sie fest? Die Aussicht auf neue Ideologien zum Zweck der Menschheitserrettung stimmt nicht gerade fröhlich.


      JONAS Man schaudert vor der Phantasie, es könnten neue Heilslehren auftreten, die die Menschen in ihren Bann schla-


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      gen; mit denen man alles mögliche mit den Menschen anstellen kann, unter anderem auch Askese, unter Umständen aber auch das Schrecklichste. Ich habe keine Antwort auf die Frage, wie die sich jetzt abzeichnende und unzweifelhafte Gefährdung der menschlichen Zukunft im Verhältnis zur irdischen Umwelt abgewendet werden kann. Ich weiß nur eines: Man darf die Frage nicht zur Ruhe kommen lassen. Sie immer neu zu stellen; immer neu zu überdenken; immer neu auch daran mitzuarbeiten, daß sich ein schlechtes Gewissen in den ungeheuerlichen Hedonismus der modernen Genußkultur hineinfrißt - dies ist eine unabweisbare Pflicht. Man darf nicht fragen, ob das zu irgend etwas führt. Es könnte sein, daß es zu nichts führt, aber das wissen wir nicht.


      Der Mensch ist ein vorausschauendes Wesen. Der Mensch hat außer der Fähigkeit, der Natur alles auf die rücksichtsloseste Weise abzutrotzen, auch noch die Fähigkeit, seine Verantwortung dabei zu überdenken. Er muß und kann den Wert dessen empfinden, was er im Begriffe ist, zu zerstören.


      SPIEGEL Von Brecht stammt der Satz: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral." Ist der Dialog, den wir hier über den notwendigen Verzicht führen, vielleicht ein Dialog der Gesättigten, der Begünstigten? Wir reden von der westlichen Industriewelt; die östlichen Länder kämpfen derzeit verzweifelt um einen höheren Lebensstandard; von der südlichen Halbkugel wollen wir gar nicht reden, da können die Menschen auf gar nichts verzichten.


      JONAS Auf die große Vermehrung könnten die Menschen in der Dritten Welt schon verzichten. Aber es stimmt vollkommen, das macht unseren ganzen Diskurs verdächtig, daß es ein Gespräch unter den Bevorzugten ist. Wenn da von Bescheidung und Verzicht die Rede ist, haben wir in den westlichen Industriestaaten einen großen Spielraum; selbst ein beträchtliches Herabsteigen läßt uns noch auf ziemlich hohem Niveau. Man darf den Notleidenden und Hungern-


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      den dieser Erde nicht mit irgendwelchen Ansinnen kommen, sie sollten verzichten. Ausgenommen die Fortpflanzung, da kann man Beschränkung verlangen.


      SPIEGEL Dann dürfte Sie ja die Haltung des Papstes zur Empfängnisverhütung nicht gerade freuen.


      JONAS Dies ist ein Verbrechen gegen die Weltverantwortung. Es ist mir unbegreiflich, wie das jemand tun kann. Aber es zeigt, mit welchen Kräften, Irrationalitäten, Gewohnheiten, Trägheiten und Unvernünftigkeiten jede Menschheitspolitik zu rechnen hat. Auch beim zentralen Thema der Menschheitsvermehrung komme ich wieder zu der niederschlagenden Feststellung, daß wir zwar die Gefahr sehen und uns die Heilung abstrakt denken können; daß wir uns aber vorläufig gar nicht vorstellen können, wie dies praktisch durchgesetzt werden soll.


      SPIEGEL Ähnliches gilt sicher auch für die so ungemein erfolgreiche freiheitliche Wirtschaftsordnung des Westens. Die Wettbewerbswirtschaften sind auf Wachstum angelegt, Stillstand ist ihnen wesensfremd. Und Wachstum des Bruttosozialprodukts bedeutet in der Regel: weitere Zerstörung und Ausbeutung der Natur.


      JONAS Darf ich mal fragen, warum eigentlich eine gewisse Stabilisierung der Wirtschaft nicht möglich ist? Warum muß das Sozialprodukt immer weiter wachsen?


      SPIEGEL Zum einen lebt ein gut Teil der Unternehmen von den sogenannten Nettoinvestitionen, von der Produktion neuer Maschinen und dem Bau neuer Fabriken. Zum anderen kann ein einzelnes Unternehmen nicht stillstehen, wenn es nicht verdrängt werden will. Wachse oder vergehe - so heißt die unternehmerische Losung.


      OD: Weil das Volk die Reime liebt, weiß auch jeder Bauer: "Wachse! oder Weiche!" oder mehr unpersönlich, als objektives Gesetz formuliert: "Wachsen oder Weichen!" - sozusagen, als neu erworbene Volksweisheit. (Aber es ist leider wirklich so - im Kapitalismus.)


      JONAS Nehmen wir mal an, wir hätten eine Weltregierung und die würde die Bevölkerungsvermehrung einstellen. Dann wäre nicht einzusehen, warum die Produktion dauernd erhöht werden muß.


      SPIEGEL Dies ließe sich nur in einer zentralgelenkten Wirtschaft bewerkstelligen, nicht in einer freiheitlichen.


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      JONAS Ich habe mich noch nie als Fachmann für Weltwirtschaftskunde ausgegeben . . .


      SPIEGEL ... wir wollen hier auch keine ökonomische Debatte führen. Wir wollen nur darauf hinweisen, daß eine Abkehr von der Wachstumswirtschaft selbst dann riesige Probleme aufwürfe, wenn eine solche Wende mehrheitlich gewollt wäre. Weder die Demokratie noch die Marktwirtschaft bilden einen Rahmen für ihre Verantwortungsethik.


      JONAS Aber kann man nicht etwas auch darauf setzen, daß die Menschen eine Zukunft wollen? Darauf, daß sie den Sinn des Daseins nicht nur im Verzehr sehen? Ist ein metaphysisches Bedürfnis des Menschen nicht auch mit einzukalkulieren in die weitere Geschichte der Spezies Homo sapiens? Es hat Religionen von Anfang an gegeben, sie standen meistens im Dienste sehr irdischer Bedürfnisse, Ängste und Wünsche. Aber es hat auch ein Trachten darüber hinaus immer gegeben, daß es noch um etwas anderes geht als um die maximale Befriedigung der Bäuche und der körperlichen Triebe. Der Stolz; die Scham; der Ehrgeiz, anerkannt zu werden - all das geht doch hinaus über das einfache Genießenwollen.


      Jenseits davon erscheint ein Bedürfnis, das eigene menschliche Dasein zu erhöhen und zu rechtfertigen durch etwas, was eben nur der Mensch kann. Es gibt den Begriff des Verzeihens, den Begriff des Helfens, den Begriff vor allem aber auch der Erweiterung der menschlichen Erfahrung. Was in der Kunst hervortritt, in der Poesie, in der Musik, selbst im einfachen Tanz, geht schon über alles hinaus, was man unter den einfachen Begriff der leiblichen Befriedigung rechnen kann.


      SPIEGEL Welche Rolle spielen die geistigen Eliten in diesem Prozeß? Mit dem Marxismus ist ein gigantisches Erziehungsprojekt gescheitert, an dem viele Intellektuelle mitgewirkt haben. Die Geistesmenschen waren befeuert von der Idee, die Menschheit zu einem Besseren zu führen. Im Moment ist bei den Intellektuellen ein Phantomschmerz zu registrieren. Ein Großprojekt ist gescheitert, eine Leerstelle ist da.


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      Sehen Sie die Notwendigkeit eines neuen Marxismus, einer neuen, großangelegten Ideologie?


      JONAS Ich weiß es nicht. Im Falle des Marxismus traf der Zauber einer großen, utopischen Vision einer gerechteren Gesellschaft zusammen mit einem Glücksversprechen, daß nämlich die weitere Meisterung der Natur nun allen zugute kommen wird, und zwar gleichermaßen; und schließlich mit dem Dasein einer Klasse, die daran besonderes Interesse hat, weil sie bisher um ihren Anteil gebracht worden ist. Hier hat ein großer sittlicher Impuls, der etwas mit Gerechtigkeit zu tun hatte, gewirkt, der gleichzeitig mit einem materiellen Glücksversprechen zusammenfiel. Das Glücksversprechen hat die bessere materielle Nutzung der Welt zum eigentlichen Gegenstand gehabt. Das heißt, es ging eigentlich in die Richtung dessen, was sich jetzt als verderblich herausstellt.


      SPIEGEL Wir können heute in den ehemals kommunistischen Ländern besichtigen, wie dort die Natur vom Menschen verwüstet wurde. Dies ist ohne Beispiel.


      JONAS Ja, das ist eine der großen Enttäuschungen. Ich gestehe, daß ich mich da völlig getäuscht habe. Ich habe gedacht, die Kommunisten hätten die größte Möglichkeit, bescheiden mit der Natur umzugehen, weil sie die Befriedigung der Bedürfnisse ja regieren können. Sie konnten sagen, soundsoviel wird bewilligt und nicht mehr.


      SPIEGEL Marx hat gefordert: Die Philosophie muß die Welt nicht interpretieren, sie muß sie verändern. An Sie die Frage: Kann der Philosoph, kann die Philosophie die Welt verändern? Welche Rolle spielt der Philosoph heute? Soll er sich einmischen? Kann er Prozesse einleiten, steuern?


      JONAS Nein, wahrscheinlich nicht. Die Philosophie kann dazu beitragen, daß in der Erziehung ein Sinn dafür entwickelt wird, wie sich menschliches Handeln auf längere Sicht auf das sehr delikate Gewichtsverhältnis zwischen menschlichen Ansprüchen und Leistungsfähigkeit der Natur auswirkt. Sie kann durch ihre Reflexion und Artikulation daran mitwirken, daß Initiativen zur Rettung und Erhaltung der


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      Umwelt zustande kommen. Kommt es zu ihnen, dann haben die Wirtschaftler, Politiker und Einzelwissenschaftler sehr viel mehr zu sagen als der bestinformierte Philosoph. Aber dann bleibt immer noch eine Aufgabe der Philosophie: zu wachen über die Menschlichkeit der Maßnahmen, mit denen man das Unheil zu stoppen versucht. Die könnten nämlich so sein, daß dabei die Sache, die man retten will, zum Teufel geht . . .


      SPIEGEL ... was könnte zum Teufel gehen?


      JONAS Die Sache wird schließlich eine Machtfrage. Wenn die Vorräte der Erde - Wasser, Rohstoffe, Luft - zur Neige gehen, dann könnten doch die Stärksten die Dezimierung der menschlichen Bedürfnisse und der Menschenziffern mit Gewalt erzwingen. Dieses grausame Grundgesetz der Evolution, daß die Stärksten überleben, darf nicht zum Gesetz des Überlebens der Menschheit werden. Dann geht wirklich unsere Kultur, die Menschlichkeit des Menschen, zum Teufel.


      SPIEGEL Wäre das die Aufgabe der Philosophie, eine neue Metaphysik des Menschen zu formulieren?


      JONAS Meine Auffassung ist, daß die Philosophie eine neue Seinslehre erarbeiten muß. In der sollte die Stellung des Menschen im Kosmos und sein Verhältnis zur Natur im Zentrum der Meditation stehen. Hier Friedensstifter zu sein, wäre der künftige Utopismus, anstelle jedes politisch-sozialen der Vergangenheit.


      SPIEGEL Sie halten es nicht für ganz ausgeschlossen, daß so etwas wie ein Prinzip Verantwortung zu einem modernen kategorischen Imperativ wird?


      JONAS Es geht um eine Erziehung des Menschen zu Lebenseinstellungen, die weniger gierig und gefräßig sind, dafür aber vielleicht anspruchsvoller in anderer Hinsicht. Man darf nicht fragen: Wird denn das helfen? Kann sich das durchsetzen gegenüber dem Vulgären, den Massenwünschen, den Gewohnheiten? Nach dem, was wir wissen, muß der Glaube daran sehr klein und schwach sein. Aber aufgeben ist das letzte, was man sich erlauben darf.


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      SPIEGEL Dennoch: Warum erstmals in der Menschheit die Bereitschaft zum freiwilligen Verzicht auf materiellen Genuß die Massen erfassen sollte, können wir uns schwer ausmalen.


      JONAS Die Psychologie des Menschen ist noch nicht voll ergründet. Noch wissen wir nicht, welche Ressourcen sich im äußersten Notfall beim Menschen offenbaren werden. Der völlige Verzicht auf jede Hoffnung ist das, was das Unheil nur beschleunigen kann. Eines der Elemente, die das Unheil verzögern können, ist der Glaube daran, daß es abwendbar ist.


      SPIEGEL Wir erleben einen Hans Jonas, der am Ende dieses Gesprächs denn doch etwas Mut und Zuversicht verbreitet.


      JONAS Nein, nicht Mut und Zuversicht. Der aber auf eine Pflicht hinweist, der wir unterstehen. Man darf nicht erst die Aussichten bewerten und daraufhin beschließen, ob man was tun soll oder nicht. Sondern umgekehrt, man muß die Pflicht und die Verantwortung erkennen und so handeln, als ob eine Chance da wäre, sogar, wenn man selber sehr daran zweifelt.




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      Avatar
      schrieb am 16.07.01 13:38:41
      Beitrag Nr. 94 ()
      @stormy

      leider hatte ich noch nicht die zeit es ganz zu lesen. ist einfach zu umfangreich, aber ich habe beim überfliegen übereinstimmungen erkennen können. ich werde es noch genau lesen.

      @ cabinda

      mal ein paar programme für privathaushalte und verbraucher, die in D laufen:

      Erneuerbare Energien: Förderprogramme für Privathaushalte
      vom 01.06.2001

      Ein Überblick über aktuelle Programme zur Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeinsparung.

      100.000-Dächer-Solarstromprogramm

      Für die Errichtung und Erweiterung von Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung werden zinsverbilligte Darlehen gewährt. Förderfähig sind bis zu 100 Prozent der Investitionskosten. Seit 2001 werden diese Summen um jährlich fünf Prozent gekürzt. Anträge sind auf den dafür vorgesehenen Vordrucken bei den örtlichen Kreditinstituten (Hausbanken) einzureichen. Die Darlehen werden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung gestellt. Mit dem zu finanzierenden Vorhaben darf vor Antragstellung nicht begonnen werden. Mittel aus dem 100.000-Dächer-Programm sind grundsätzlich mit Fördermitteln aus öffentlichen Haushalten kombinierbar. Der Finanzierungsanteil vermindert sich dabei um den Betrag, der aus anderen öffentlichen Mitteln des Bundes, der Bundesländer oder Kommunen in Form von Sonderkrediten, Zulagen oder sonstigen Zuschüssen gewährt wird.

      KfW-CO2-Minderungsprogramm

      Dieses Programm beinhaltet Darlehen für Investitionen, die einen Beitrag zur Energieeinsparung und CO2-Minderung in selbst genutzten und vermieteten Wohngebäuden leisten. Es umfasst Maßnahmen an bestehenden und neuen Wohngebäuden. Gefördert werden Investitionen in erneuerbare Energien, zum Beispiel solarthermische Anlagen oder Photovoltaikanlagen, in Verbindung mit weiteren Investitionen zur CO2-Minderung und Energieeinsparung wie beispielsweise Wärmerückgewinnungsanlagen. Außerdem wird der Neubau von Wohngebäuden in Passivbauweise gefördert. Darüber hinaus werden folgende Maßnahmen an bestehenden Wohngebäuden unterstützt: Wärmeschutzmaßnahmen an Dach, Fenster und Fassaden, die Installation von Brennwertkesseln, der Einbau von Niedrigtemperaturkesseln in Verbindung mit Maßnahmen zum Wärmeschutz sowie die Installation von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen.

      KfW-CO2-Gebäudesanierungs-Programm

      Das Gebäudesanierungs-Programm ist Teil des Nationalen Klimaschutzprogramms und dient der zinsgünstigen langfristigen Finanzierung von besonders umfangreichen Investitionen zur CO2-Minderung und zur Energieeinsparung in Wohngebäuden des Altbaubestandes. Für den Zeitraum 2001 bis 2005 werden dafür zwei Milliarden Mark bereitgestellt. Das Programm betrifft Investitionsmaßnahmen an selbst genutzten oder vermieteten Wohngebäuden, die vor 1979 errichtet wurden. Es umfasst vier verschiedene Maßnahmenpakete. Das erste beinhaltet beispielsweise die Erneuerung der Heizung und die Wärmedämmung des Daches sowie der Außenwände. Gefördert werden bis zu 100 Prozent der Investitionskosten einschließlich Nebenkosten (Architekt, Energieeinsparberatung etc.). Eine Kombination/Kumulierung der KfW-Darlehen mit anderen Fördermitteln ist möglich, sofern die Summe aus Krediten, Zulagen und Zuschüssen die Summe der Aufwendungen nicht übersteigt. Die maximale Kreditlaufzeit beträgt 20 Jahre bei mindestens einem und höchstens drei tilgungsfreien Anlaufjahren. Der Zinssatz wird in den ersten zehn Jahren der Kreditlaufzeit verbilligt.

      Ökozulage für Eigenheime

      Für Bauvorhaben, die bis Ende 2002 abgeschlossen sind, wird gemäß Eigenheimzulagengesetz zusätzlich zur "normalen" Eigenheimzulage eine steuerliche Förderung für umweltfreundliche Investitionen gewährt. Diese Ökozulage beträgt jährlich zwei Prozent der Aufwendungen, jedoch maximal 500 Mark für den Einbau von Solaranlagen, Wärmepumpen sowie für Anlagen zur Wärmerückgewinnung. Sie beinhaltet weitere 400 Mark jährlich, wenn die Wohnung in einem Gebäude ist, dessen Jahres-Heizwärmebedarf die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung um 25 Prozent oder mehr unterschreitet.

      Wohnraum-Modernisierungsprogramm II

      Mit diesem Programm werden Energieeinsparungsmaßnahmen im Wohnungsbestand der neuen Bundesländer sowie Ostberlin gefördert. Es betrifft Maßnahmen an Gebäuden der Baujahre bis einschließlich 1948 mit drei und mehr Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäusern in geschlossener Reihenhausbebauung. Die Förderung wird als zinsgünstiger Kredit in Höhe von maximal 400 EURO pro Quadratmeter Wohnfläche gewährt.

      Bundesprogramm "Vor-Ort-Beratung" in Wohngebäuden

      Noch bis Ende 2002 ist es möglich, einen Zuschuss für die Energieeinsparberatung vor Ort zu erhalten. Gefördert werden ingenieurmäßige Gutachten mit technischen und finanziellen Hinweisen zum rationellen Energieeinsatz sowie zur Nutzung erneuerbarer Energieträger. Die Förderung umfasst Wohngebäude, die vor 1984 (in den neuen Bundesländern vor 1989) genehmigt wurden.

      Stromeinspeisegesetz

      Dieses Gesetz verpflichtet die Elektrizitätswirtschaft, elektrische Energie aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz aufzunehmen und eine dafür festgesetzte Mindestvergütung zu zahlen. Diese beträgt beispielsweise für Strom aus solarer Strahlungsenergie 99 Pfennig pro kWh. Die Vergütungssätze sinken ab dem 1. Januar 2002 um jährlich fünf Prozent für dann neu zu errichtende Anlagen.

      Weitere Fördermöglichkeiten und Informationen:

      Die Umwelt- und Wirtschaftsministerien der einzelnen Bundesländer sowie Firmen, Vereine und Stiftungen bieten zum Teil auch Förderprogramme an. Einen sehr guten Überblick über aktuelle Förderprogramme zur stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien mit zahlreichen Kontaktadressen bietet das Bundesumweltministerium unter www.bmu.de/sachthemen/erneuerbar/foerderung.htm

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 16.07.01 14:03:36
      Beitrag Nr. 95 ()
      Fundgrube zum Thema:www.oekopax.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 19.07.01 16:54:43
      Beitrag Nr. 96 ()
      @stormy und haispeed,
      vielen dank für eure beiträge.
      stormy, den text habe ich mir mal ausgedruckt und zum urlaubs-lesestapel gepackt. ich ziehe jetzt für ein paar wochen an die see, und vielleicht haben wir danach ja lust, uns noch ein bisschen weiter zu unterhalten (wenn ich hier nach dem urlaub was zu lesen finde, freu ich mich natürlich auch;)).
      bis dahin viele grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 24.07.01 13:47:55
      Beitrag Nr. 97 ()
      @cabinda
      Deine Argumentation ist noch immer recht staatstragend. Ich vermisse eine fundamentale Kritik an den bestehenden Verhältnissen, denn mit einer einfachen Kosmetik ist es nicht getan.

      Die USA, die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt, ist hinsichtlich der Umweltschutzpolitik ein Schurkenstaat.

      KAUM FORTSCHRITTE BEIM KLIMASCHUTZABKOMMEN IN BONN!
      Umweltexperten sagen: Um die Temperatur nicht noch weiter steigen zu lassen, muß bis zum Jahre 2050 die Hälfte der CO-2 Abgase reduziert werden. Ohne der USA ist dies aber nicht zu schaffen, denn schon jetzt werden ein Viertel der weltweiten CO-2 Abgase von den USA verursacht.

      Narrenfreiheit für die Umwelt-Krieger aus Washington ermuntern Japan und Kanada das Kyoto-Abkommen wie ein Schweizer Käse zu durchlöchern

      Amerika braucht aufgrund seiner Vorherrschaft in der Welt keine Sanktionen befürchten.
      Die transatlantischen Beziehungen haben sich mit den neuen US-Präsidenten keineswegs verbessert. Im Gegenteil: Die Ablehnung des Vertrags von Kyoto durch die Bush-Regierung wird in Europa mit Unverständnis gesehen. Statt den „Großen Bruder“ zu kritisieren, kam die europäische Kritik aber nur brühwarm rüber. Das jetzige Klimaabkommen ist ein fauler Kompromiß. Angestachelt von der umweltfeindlichen Linie der USA, haben die Japsen und die Kanadier auf Sonderkonditionen bestanden und auch durchgesetzt.

      UMWELTSCHUTZ – NEIN DANKE!

      GELD regiert im wahrsten Sinne des Wortes die WELT

      Das die Bush-Administrationen die Interessen der Öl- und Gasindustrie so vehement vertritt ist auch nicht verwunderlich, denn immerhin haben dies Geldbarone den Wahlkampf der Repuplikaner reichlich mit Kohle unterstützt.

      Statt Energieeinsparprogramme aufzulegen und das Umweltbewußtsein der amerikanischen Bevölkerung zu fördern, wird genau das Gegenteil propagiert. Alles was den Öl- und Energiemagnaten nutzt wird ohne Rücksicht auf Verluste umgesetzt. Selbst die sensiblen Naturschutzgebiete sollen für die Öl- und Gasförderung geöffnet werden.

      Damit werden schwerwiegende Umweltprobleme von der jetzigen US-Regierung bewußt im Kauf genommen. Die Klimaerwärmung ist ein ernst zunehmendes Alarmzeichen. Wenn nicht sofort dagegen gesteuert wird, bekommen die Generationen nach uns ernsthafte Probleme. Nehmen wir mal an, 6 Milliarden Menschen würden pro Kopf soviel Energie Verbrauchen wie die Amerikaner. Ich glaube, die Belastbarkeit der Erde käme schnell an seine Grenzen, bzw. der ökologische Kollaps wäre vorprogrammiert. Deshalb darf die Ressourcenverschwendung nicht so weitergehen. Staatliche Förderprogramme für alternative Energieformen sind unerläßlich. Für das Wohlergehen der nachfolgenden Generationen ist schon jetzt mutiges und entschlossenes Handeln beim Umweltschutz erforderlich, denn ein zu langes zögern bei der Problembewältigung verringern ein wirksames Handeln drastisch.

      Die Konditionierung zum Konsumtrottel schafft ökologische Probleme

      Der Pawlow`sche Reflex

      Mit Hilfe der Werbeindustrie versuchen nicht nur die Megakonzerne, den Lebensstil breiter Bevölkerungsteile zu beeinflussen, (künstliche Wünsche werden erzeugt) um uns letztlich zu Konsumidioten zu konditionieren. Dieser Sachverhalt ist schon mehr als bedenklich, nicht nur für die Umwelt. Heute sind wir schon soweit, daß selbst Erstkläßler auf Markenklamotten Wert legen. Schaut Euch doch nur mal die Kindersendungen an. Schon da versucht man die Kinder süchtig nach bestimmten Markenartikel zu machen. Die Produktion von Einwegkameras, oder wie jüngst zu lesen war von Einweghandies ist gelinde gesagt eine unglaubliche Unsitte, die schnellstens Verboten gehört. Schon jetzt ist der eingebaute Verschleiß in den meisten Konsumgütern eine nicht zu leugnende Tatsache. Diese Wegwerfmentalität schafft nur weitere Umweltprobleme. Hier müssen die Umweltrichtlinien erheblich verstärkt werden.

      Wo bleibt die Vorbildfunktion der USA?

      Statt eine Vorbildfunktion üben die USA auf die weltweiten Entwicklungstrends eher ein negativen Einfluß aus. Rüstungsvereinbarungen werden durch unnötige Anti-Raketenprogramme in Frage gestellt und ein neues Wettrüsten billigend im Kauf genommen. Selbst bei der Entwicklungshilfe zeigt sich dieser ökonomische Superstaat recht knauserig. Die Linderung von Hunger und Armut hat für die Bush-Administration nicht oberste Priorität. Eine großzügige Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern findet nicht statt.

      Capoon
      Avatar
      schrieb am 25.07.01 21:39:24
      Beitrag Nr. 98 ()
      @capoon,

      vielen dank - ich kann dir durchaus in allen punkten zustimmen.

      Ich vermisse eine fundamentale Kritik an den bestehenden Verhältnissen, denn mit einer einfachen Kosmetik ist es nicht getan. dazu muss ich dir sagen, dass ich ganz einfach ein anderes anliegen habe. ich denke, dass es zumal von seiten der umweltschützer sehr viel mehr beiträge mit fundamentaler kritik gibt als solche, die nach neuen wegen und positiven ansätzen suchen. um es mit ulrich von weizsäcker zu sagen, bis die fundamentalkritik zu politisch tragfähigen lösungen findet, ist die umwelt schon im eimer.

      gleiches trifft m.e. auf die kritik der globalisierungsgegner zu. man kann die globalisierung nicht so einfach wieder abschaffen, sie ist da und wird weitergehen. meiner meinung nach ist es zeitverschwendung, sich hier in fundamentalkritik zu üben...man sollte lieber überlegen, wie geht man mit der globalisierung um, bietet sie evtl. auch neue chancen für die entwicklungsländer, wie kann man die sozialpolitik trotz globalisierung stärken. ken-meyer brachte da das zitat von michael moore (wto): `die globalisierungsgegner glauben, sie können die krankheit aus der welt schaffen, indem sie die krankenhäuser abreissen.` mir gefällt auch vieles nicht, ich möchte weiter in einer demokratie und sozialen marktwirtschaft leben, aber wie willst du die lokomotive aufhalten? man kann nur mitreisen und versuchen, den/die lokführer zu beeinflussen und das am besten, indem man sie mit ihren eigenen waffen schlägt, d.h. geld regiert die welt und muss in die richtigen (sozial- und umweltverträglichen) bahnen gelenkt werden.

      von daher kann ich zu der `kyoto-light`-lösung auch nur sagen: besser ein schlechtes abkommen als gar keines. zehn jahre klimaverhandlungen haben die erderwärmung nicht bremsen können, nun ist mit dem abkommen immerhin ein erster schritt getan. dass bush sich ausklinken würde, hat im grunde genommen niemand anders erwartet. wo du seine verbindungen zu den öl-multis erwähnst, die ihm seinen wahlkampf finanziert haben - hier ist ein link mit einer eindrucksvollen liste seiner connections:

      `die kohle- und öllobby beeinflusst die neue regierung nicht, sie ist die regierung`- `bush macht die internationale klimapolitik zur geisel der amerikanischen erdöllobby`:

      http://www.greenpeace.de/GP_DOK_3P/BRENNPUN/F0104D2.HTM#68

      über die u.s.-umweltpolitik sind wir uns sicher einig. ich frage mich allerdings, wie lange bush dem zunehmenden druck standhalten kann. in dem `zeit`-artikel wurde bereits erwähnt, dass durchaus auch die wirtschaft ein interesse an förderprogrammen haben könnte, um umwelttechnologisch nicht ins hintertreffen zu geraten.

      dann fand ich im ballard-power-board (beitrag vom 15.7.)eine meldung, wonach dagegengestimmt wurde, die nationalparks im westen für ölbohrungen freizugeben - leider ohne quelle:

      <George W. Bush verliert: Keine Ölförderung in Naturparks

      Mit 57:42 Stimmen haben die Senatoren in Washington die gigantischen Energiepläne ihres Präsidenten George W. Bush beerdigt. Danach sollten in Nationalparks im Westen der USA Kohle-, Erdöl- und Erdgasförderung betrieben werden. Bush wollte über 1000 Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke bauen. Dafür wird künftig der Stoff fehlen.

      Nicht nur die demokratischen Senatoren, auch gemäßigte Republikaner lassen ihren Präsidenten im Regen stehen. Die Mehrheit der Senatoren plädiert für Energieeinsparung und statt für noch mehr Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke. Das gleicht einer Energie-Revolution im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten".

      Zu den Plänen der Regierung sagte der demokratische Senator Richard Durbin, die Zerstörung der einzigartigen Nationalpark-Landschaften löse nicht die Energieprobleme der USA. Hat die Öl- und Gas-Lobby Bushs Wahlkampf vielleicht doch ohne Erfolg finanziert? Die Entscheidung der Senatoren ist ganz im Sinne des Ökologen Al Gore!<

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 25.07.01 21:49:09
      Beitrag Nr. 99 ()
      dies noch nachgeschoben: das verbuddeln von schadstoffen ist ja sehr beliebt, aber es klingt nicht so, als sei diese methode beim treibhausgas erfolgversprechend (*g*):


      Saubere Zukunft in Sicht? Australien sucht Endlager für Treibhausgas.

      Funktionieren in Australien die Naturgesetze anders? Oder wie läßt sich der Plan der australischen Wissenschaftler erklären, das als Treibhausgas gefürchtete Kohlendioxid unter die Erde zu bringen?

      Tatsächlich ist vorgesehen, das Kohlendioxid in halb flüssiger Form in den Boden zu injizieren. Dort soll das CO2 in Grundwasserschichten gelagert werden, die für die Trinkwassernutzung entweder zu tief liegen oder deren Wasser für den menschlichen Genuss zu salzhaltig ist. Forschern des australischen Petroleum-Forschungszentrum APCR zufolge eignen sich auch Kohlegruben, alte Öl- und Gasfelder oder unterirdische Höhlen als CO2-Deponien. In diesen Endlagern, tief unter der Erdoberfläche, soll das Gas für Tausende von Jahren von der Atmosphäre ferngehalten werden.

      Warum wird dieser Aufwand betrieben? Auf der Welt-Klimakonferenz im japanischen Kyoto im Jahre 1997 hatten sich die führenden Industrienationen auf verbindliche Höchstmengen für die Kohlendioxid-Emissionen geeinigt, um die weltweite Erwärmung durch den Treibhauseffekt zu verringern. Aber diese Versprechungen und Prognosen erwiesen sich schnell als viel zu optimistisch. Allein Australien hat schon jetzt seine Zielvorgaben um 16 Prozent überschritten. Die geologische Entsorgung von Kohlendioxid wird daher als eine umweltfreundliche Methode angesehen, um den schnellen Anstieg von Kohlendioxid-Emissionen zu stoppen, ohne dabei die wirtschaftliche Entwicklung zu gefährden.

      Kritiker sehen die Methode dagegen als zu teuer und aufwendig an. Darüber hinaus benötigt diese Art der Treibhausgas-Endlagerung sehr viel Energie, bei der in der Regel wieder CO2 produziert wird - ein Widerspruch in sich.

      In Hawaii wird derzeit an einem anderen CO2 Entsorgungsprojekt gearbeitet. Dort soll das Treibhausgas Kohlendioxid am Meeresboden gelagert werden. Gegner befürchten allerdings große Gefahren für die Umwelt. Das Kohlendioxid wirkt im Wasser wie ein schwache Säure, durch die Unterwasserflora und - fauna gefährdet sind. Außerdem könnte durch Meeresströmungen das Gas an die Oberfläche gelangen und zur Gefahr für Schiffe werden.
      (uk) (aol wissen)

      für internet-recherche zum thema klimawandel noch ein link:
      http://www.epo.de/serie/klima.html

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 01.08.01 16:23:54
      Beitrag Nr. 100 ()
      ausgerechnet jetzt in der urlaubszeit gibt es natürlich - rund um die grossereignisse G8, kyoto und bonner umweltabkommen - jede menge interessantes zu lesen. einiges davon habe ich mit hilfe der letzten `zeit`-ausgaben gekürzt zusammengestellt.

      @stormy,
      das interview mit hans jonas mitte der 90er ist wirklich lesenswert, trifft den kern und ist immer noch aktuell. eine bestandsaufnahme über den geplünderten planeten anno 2001 finden wir hier, und die sieht wirklich nicht rosig aus:

      Der geplünderte Planet

      Der Wald brennt, die Wüste wächst, Wasser wird knapp - mit ihrem kurzsichtigen Verständnis von Ökonomie zerstört die Menschheit ihre Lebensgrundlagen

      Von Fritz Vorholz

      Sieben mächtige Männer nahmen richtig viel Geld in die Hand. Immerhin 350 Millionen Dollar brachten sie zusammen, um ein fernes Problem zu lösen. Sie sorgten sich um den brasilianischen Tropenwald - und erfanden ein Pilotprogramm zu seiner Rettung. PP G 7 heißt der Plan, den Helmut Kohl, John Major, George Bush Senior und vier weitere Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen ersannen. Sie trieb die Angst, der riesige Wald am Amazonas könne auf ewig verschwinden: abgehackt von profitgierigen Holzunternehmen, zu Schutt und Asche niedergebrannt von landlosen Bauern im Kampf ums Überleben, gerodet von Viehbaronen und Grundstücksspekulanten. Das war 1992. Das Schicksal des Tropenwaldes bewegte damals viele Menschen. Heute, neun Jahre später, steht es um den brasilianischen Tropenwald nicht besser. Zwar gibt es immer wieder einmal Erfolgsmeldungen; der Economist meinte neulich zu wissen, wie der Tropenwald sogar auf profitable Art und Weise zu retten sei: durch nachhaltige Bewirtschaftung. Eine schöne Idee. Tatsächlich beschleunigt sich die Abholzung, und ein Regierungsprogramm mit dem verheißungsvollen Namen Vorwärts, Brasilien könnte dem Zerstörungswerk sogar neuen Schub verleihen. 40 Milliarden Dollar will die Regierung in Brasília bis zum Jahr 2007 für neue Straßen, Eisenbahnen, Staudämme und Flusskanalisierungen ausgeben. Die möglichen Folgen haben Wissenschaftler um William F. Laurence vom Smithsonian Tropical Research Institute berechnet: Ihrem optimistischen Szenario zufolge wird in 20 Jahren mehr als ein Viertel des Amazonaswaldes vernichtet oder stark geschädigt sein; im schlimmsten Fall geht fast die Hälfte der "grünen Hölle", der einzigartigen Schatzkammer von Pflanzen und Tieren, verloren.

      Es brennt. Nie war die Bedrohung der menschlichen Lebensgrundlagen größer als zu Beginn des dritten Millenniums, das von Sydney bis New York mit Riesenpartys begrüßt wurde. Die Wüste wächst, Wasser wird rar, und vor allem mit ihrem exzessiven Energieverbrauch hat es die Spezies Mensch geschafft, die Heizung im Treibhaus Erde kräftig aufzudrehen.

      Es sei unklar, ob der Planet die vollkommen neue Kombination von Belastungen aushalten werde, sagt Will Steffen, Direktor des internationalen Geosphären-Biosphären-Programms und einer der Organisatoren einer wissenschaftlichen Mammutkonferenz in Amsterdam. "Schwerwiegende Auswirkungen auf menschliches Leben sind nicht ausgeschlossen", kommentiert der Wahl-Australier das Phänomen, dem die scientific community das harmlos klingende Etikett "Globaler Wandel" verpasste. Tatsächlich sind Erinnerungen an die letzte Fahrt der Titanic erlaubt.

      Es begann mit Vogeleiern, deren Schalen immer dünner wurden. Grund: DDT in der Nahrung. Es folgten Rauchwolken über dem Amazonas und der Zusammenbruch der nordatlantischen Kabeljaubestände - Folge: 30 000 kanadische Fischer ohne Arbeit. Raubbau an Chinas Wäldern ließ vor drei Jahren das übliche Jangtse-Hochwasser derart verheerende Ausmaße annehmen, dass 3600 Chinesen starben und 14 Millionen ihr Obdach verloren. Nicht weniger als 30 000 Südamerikaner ließen ihr Leben, als kurz darauf sintflutartige Regenfälle den Subkontinent heimsuchten. Die Ursachen: planlose Besiedelung und rücksichtslose Waldvernichtung.

      Doch auch wenn längst der "Schmerz der Erde zum Schmerz der Menschheit" geworden ist, wie das amerikanische Magazin Time schrieb, an der Ignoranz der Menschen änderte sich nichts. An Warnungen hat es nämlich nicht gefehlt. Sie hießen beispielsweise Die Grenzen des Wachstums - so der Titel des berühmten Berichts an den Club of Rome aus dem Jahr 1972 - oder Global 2000, ein vom ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter bestellter und 1980 veröffentlichter Zukunftsreport. Inzwischen gibt es zwar den jährlichen Tag der Umwelt, grüne Parteien, Ökogesetze und Fototermine für die Mächtigen, wie 1992 den Erdgipfel in Rio de Janeiro. Doch unbeeindruckt von solch symbolischer Politik, hat sich der Niedergang der Ökosysteme fortgesetzt. "Wir versagen sogar dabei, die Debatte über die Umweltproblematik am Leben zu halten", klagte UN-Generalsekretär Kofi Annan im vergangenen Jahr. Im Politikbetrieb, forderte er, müssten Ökofragen grundsätzlich neu positioniert - sprich: endlich ernst genommen - werden.

      Ökofragen? Der Begriff legt den Verdacht nahe, es ginge um das Steckenpferd grüner Sandalenträger. Dabei steht viel mehr auf dem Spiel: die Fähigkeit der Natur, mehr als sechs Milliarden Menschen mit Gütern und Dienstleistungen zu versorgen und so eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung zu ermöglichen. Nicht umsonst sind es die Weltbank und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), zwei wirtschaftliche Institutionen, die besonders am Gesundheitszustand des Blauen Planeten interessiert sind. Beide gehören zu den Sponsoren der größten Ökosystemstudie, die je in Angriff genommen wurde. In vier Jahren soll die Diagnose namens Millennium Ecosystem Assessment vorliegen. Rund 50 Millionen Mark wird sie kosten, 1500 Wissenschaftler aus der ganzen Welt, darunter auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), beteiligen sich an der Bestandsaufnahme.

      Eine Vorarbeit zu dem Mammutvorhaben ist bereits auf dem Markt; sie heißt Pilot Analysis of Global Ecosystems (Page). Gnadenlos nüchtern listet darin das Washingtoner World Resources Institute auf, wie übel es um die Zukunftsaussichten schon bestellt ist - und warum. Weil menschliche Aktivitäten erstmals nicht nur lokale, sondern globale geochemische Prozesse verändern: den Wasser-, den Kohlenstoff- und den Nährstoffkreislauf. Die Konsequenz sei eine "fundamentale Erosion der Leistungsfähigkeit von Ökosystemen", so die Botschaft der Expertise mit dem Titel `Das ausfransende Netz des Lebens`.

      Ein Regentropfen beispielsweise, der im Quellgebiet eines Flusses aufschlägt, benötigt heute dreimal mehr Zeit als früher, um ins Meer zu gelangen. Hauptursache: Staudämme und andere Wasserbautechnik. Mit dem Wasser gelangen aber auch Nährstoffe, die zwecks Ertragssteigerung auf Äcker aufgebracht werden, in die Ozeane. Die sichtbaren Folgen sind Algenblüten. Und dass die exzessive Verbrennung fossiler Energien die in der Erdkruste gespeicherten Kohlenstoffvorräte in kurzer Zeit gen Himmel befördert, lernt heutzutage jedes Schulkind. Seit mindestens 420 000 Jahren war noch nie so viel Kohlendioxid in der Atmosphäre wie heute.

      Die überwiegend unangenehmen Folgen der Erderwärmung, die vor allem die Habenichtse des Planeten zu spüren bekommen werden, sind bereits bekannt: häufigere und heftigere Regenfälle, mehr Stürme, mehr Fluten und mehr Dürren, mehr Krankheiten. Welche Effekte die Störung des Wasser- und des Nährstoffhaushaltes am Ende haben könnte, ist noch nicht endgültig geklärt. Wissenschaftler wie Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts, suchen noch nach den "Schalterelementen" - jenen kritischen Grenzen menschlicher Eingriffe, die ganze Großökosysteme zusammenbrechen lassen: durch Überdüngung beispielsweise oder durch Veränderung der Grundwasserneubildung. Probleme ferner Länder? Mitnichten. In Baden-Württemberg beispielsweise mussten seit 1980 mehr als 700 Grundwasserbrunnen vom Trinkwassernetz abgekoppelt werden. Grund: zu hohe Nitratwerte. Eine "kritische Situation", meint die Stuttgarter Akademie für Technikfolgenabschätzung in ihrem jüngsten Statusbericht über nachhaltige Entwicklung im Ländle.

      Während in den siebziger Jahren noch die Furcht grassierte, zur Neige gehende mineralische Rohstoffe würden zum Engpass der Wirtschaftsentwicklung, gilt heute die Hauptsorge ausgerechnet jenen Ressourcen, die bei kluger Nutzung ewig halten würden: dem Wasser, dem fruchtbaren Boden, den Wäldern und den Fischen beispielsweise. Tatsächlich gelten bereits 70 Prozent der Fischbestände in den Weltmeeren als übernutzt oder bis an die Grenze des dauerhaften Ertrages ausgebeutet. 16 Prozent des weltweiten Ackerlandes sind dermaßen degradiert, dass die Bodenproduktivität sinkt. Rund 40 Prozent der Weltbevölkerung leidet unter akutem Wassermangel. Große Teile des Weidelandes sind durch zu hohen Viehbestand malträtiert.

      Und schließlich duldet der Mensch immer weniger Mitgeschöpfe neben sich. Während die Genforschung die Fantasie von Industriemanagern beflügelt, erlebt die Menschheit nach Meinung des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU), eines von der Bundesregierung berufenen Professorengremiums, derzeit sogar die erdgeschichtlich "sechste Auslöschung der Gen- und Artenvielfalt" - angezettelt vom Homo sapiens selbst. Der Artenverlust ist aber weit mehr als ein ethisches Problem: Mit schwindender Biodiversität wächst höchstwahrscheinlich die Störanfälligkeit von Ökosystemen - und ihre Produktivität sinkt. Im Kampf um das ökologische Gleichgewicht seien zwar "einige kleinere Auseinandersetzungen" gewonnen worden - "der Krieg selbst ist jedoch verloren", sagt Christopher Flavin, Präsident des Worldwatch Institute.

      Eigentlich erstaunlich. Denn es sei klar, dass die Ökonomie in den 193 Staaten der Erde auf der Lieferung von Gütern und Leistungen durch Ökosysteme basiere, heißt es in der Pilot-Analyse Globaler Ökosysteme. Ebenso unstrittig sei, dass jedes menschliche Leben von der Leistungsfähigkeit von Ökosystemen abhänge. Gleichwohl habe die Menschheit ihre Bemühungen bisher auf das Ziel konzentriert, der Natur möglichst viel zu entreißen - ohne sich um die Folgen zu scheren. Nun scheint es so weit zu sein: Wie auch immer der Zustand des Planeten taxiert werde, fast jede Messung lege den Schluss nahe, dass "wir ihn mit zunehmender Geschwindigkeit herunterwirtschaften".

      "Wie konnten wir es nur so weit kommen lassen?", fragte das Magazin Time, das im vergangenen Jahr vorab über die Ökosystemstudie Page berichtete. Die Antwort hat drei Teile:

      - Erstens hält die Natur, besonders in den Industrieländern, erstaunlich viel aus. Die nordamerikanischen Siedler machten fast die gesamte Prärie urbar und veranstalteten dabei eine Orgie der Naturzerstörung; trotz dieses Eingriffs sind die USA heute die Weltagrarmacht Nummer eins.

      - Zweitens: Naturleistungen lassen sich importieren, eine Möglichkeit, von der die kaufkräftige Minderheit der Erdbewohner ausgiebig Gebrauch macht. Der World Wide Fund for Nature (WWF) versucht sogar, ihre "ökologischen Fußspuren" zu quantifizieren, indem er den Pro-Kopf-Anspruch auf produktive Fläche zwecks Nahrungsgewinnung, Behausung und Assimilation des Klimagases CO2 mit dem daheim verfügbaren Angebot der Natur vergleicht. Ergebnis: Jeder Nordamerikaner beansprucht fast doppelt so viel produktive Fläche, wie innerhalb der Grenzen von Kanada und der Vereinigten Staaten zur Verfügung steht; in Westeuropa ist das Defizit sogar noch eklatanter.

      - Drittens geht freilich aus derselben Untersuchung (Living Planet Report 2000) hervor, dass selbst Armenhäuser wie Haiti über ihre ökologischen Verhältnisse leben. Während jedem Erdenbürger statistisch 2,2 Hektar produktive Fläche zur Verfügung stehen, werden tatsächlich 2,85 Hektar beansprucht - die Menschheit brauchte also mehr als einen Planeten. Weil sie aber nur einen hat, steht die Natur unter Stress.

      Noch funktioniert sie freilich leidlich. Noch liefert sie genug Getreide, Fisch und Pflanzenfasern, um sechs Milliarden Menschen zu versorgen. Viele Menschen sind zwar unterernährt, doch rein statistisch gesehen, könnten durch Umverteilung alle satt werden. Nur, wie lange noch? Nicht unbegrenzt, denn was der Natur gegenwärtig abverlangt wird, geht zulasten ihrer langfristigen Leistungsfähigkeit. Die gegenwärtige Weltfischereiflotte, um nur ein Beispiel zu nennen, ist um 40 Prozent zu groß - gemessen am dauerhaften Ertragspotenzial der Weltmeere. Das Prekäre daran: Während die Kraft der Ökosysteme nachlässt, steigt die Nachfrage nach ihren Gütern und Leistungen.

      Die Gründe dafür sind seit langem bekannt - und in der so genannten Weltumweltformel sogar mit fast mathematischer Exaktheit beschrieben. Die von dem amerikanischen Biologen-Ehepaar Anne und Paul Ehrlich schon Anfang der siebziger Jahren aufgestellte Gleichung besagt, dass die globalen Umweltprobleme auf nicht mehr als drei Faktoren zurückzuführen sind: auf das Bevölkerungswachstum, auf das Konsumniveau und auf die vorherrschende Technik. Preisfrage: An welcher dieser Schrauben lässt sich drehen, um das scheinbar Unvermeidliche doch noch abzuwenden?

      Technik ist die letzte Hoffnung
      Als der damalige WWF-Präsident Ruud Lubbers, einst niederländischer Regierungschef und mittlerweile UN-Flüchtlingskommissar, im vergangenen Jahr den Living Planet Report präsentierte, brach er ein Tabu. Er wies nämlich darauf hin, dass allein die schiere Zahl der Erdbewohner die Natur enorm unter Druck setzt. Dank wachsendem Wohlstand und kluger Politik in manchen Ländern vermehrt sich die Menschheit zwar heute nicht mehr so schnell wie noch vor zehn Jahren, ein Zeichen der Hoffnung. Nur: Die Weltbevölkerung wächst trotzdem weiter, nach UN-Schätzungen um 1,5 Milliarden Menschen bis um das Jahr 2020. Sorgt jeder dieser neuen Erdenbürger jährlich nur für eine halbe Tonne CO2 - weniger als heute ein Inder -, wären allein dadurch die im besten Fall durch das Kyoto-Protokoll erzielten Emissionsminderungen kompensiert.

      Wenig aussichtsreich ist auch der Versuch, das Konsumniveau der Menschen zu begrenzen. Im Gegenteil: Ein Fünftel der Menschheit ist bitterarm und hofft auf anständige Behausungen und regelmäßige Mahlzeiten. Jeder Bewohner der reichen Länder beansprucht dagegen jährlich zwischen 45 und 85 Tonnen Naturressourcen - was nach OECD-Angaben dem Inhalt von 300 Einkaufstüten entspricht, pro Woche! Doch Verzicht, zumal freiwilliger, gilt schlicht als nicht mehrheitsfähig. Wer es sich leisten kann, kauft sich ein stärkeres Auto, bezieht eine größere Wohnung, reist mehr - und hinterlässt am Ende mehr Müll. Es gebe deshalb Anlass für die Vermutung, heißt es in dem kürzlich veröffentlichten Umweltausblick der OECD, dem Think Tank von 30 Industrieländern, dass die Konsumansprüche zu wachsendem Druck auf die Natur führen.

      Auf die Preise kommt es an
      Bleibt also nur eine Hoffnung: die Technik. "Die Technik hat den globalen Wandel erzeugt - und nur mit ihrer Hilfe lässt er sich umsteuern", sagt der Potsdamer Forscher Schellnhuber. Der Physiker denkt dabei beispielsweise an die solare Wasserstoffökonomie oder auch an Stromleitungen, die Elektrizität widerstands- und deshalb verlustfrei über Tausende von Kilometern transportieren. Allerdings: Derartige technische Durchbrüche sind kurzfristig kaum zu erwarten.

      Der "normale" technische Fortschritt aber verläuft bisher eher enttäuschend - jedenfalls zu langsam, um den Ressourcenverbrauch von der Wirtschaftsentwicklung abzukoppeln. Während beispielsweise zwischen 1973 und 1996 die Energieintensität des Sozialprodukts in den OECD-Ländern um 31 Prozent sank, stieg der absolute Energieverbrauch gleichzeitig um 23 Prozent. "Die Wachstumseffekte sind größer als die Effizienzgewinne", heißt es dazu trocken im OECD-Umweltausblick, übrigens nicht nur hinsichtlich des Energieverbrauchs. Wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel zieht die Umwelt fast immer den Kürzeren, weil die technische nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung mithalten kann. So wächst nach OECD-Angaben trotz aller Anstrengungen zur Müllvermeidung die Müllproduktion; und trotz sinkenden Pro-Kopf-Wasserkonsums steigt der Gesamtverbrauch.

      Die neuesten Hoffnungsträger heißen Informations- und Biotechnologie. Beide haben Einfluss auf die Umwelt - aber nicht zwangsläufig einen guten. So könne die grüne Gentechnik zwar den Einsatz von Mineraldünger reduzieren; sie könne die globalen Ökosysteme aber auch schädigen, schreibt die OECD. Die Informationstechnologie könne für mehr Ökoeffizienz sorgen; sie könne aber auch mehr Strom- und Papierverbrauch verursachen und - wegen der kurzen Lebenszyklen von Computern - auch noch mehr Müll.

      Was tun? Der weltweite Siegeszug der Marktwirtschaft lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Allein hohe Preise zwingen zu ökologischem Handeln. Stattdessen ermuntern die Politiker vieler Industriestaaten Betriebe und Verbraucher sogar immer noch zu umweltschädlichem Verhalten. Beispielsweise seien die Wasserpreise für die Landwirtschaft fast überall viel zu niedrig, heißt es in einer kürzlich erschienenen OECD-Studie über umweltverträgliche Wachstumspolitik. Und dass Dieselkraftstoff fast überall niedriger besteuert wird als Benzin, beruhe nicht nur auf Unkenntnis, sondern auch auf dem erfolgreichen Wirken der Transportlobby.

      500 Jahre nach der kopernikanischen Revolution habe sich die Menschheit aufgemacht, dem Universum die letzten Geheimnisse zu entreißen, erklärte dieser Tage der Potsdamer Wissenschaftler Schellnhuber bei der Amsterdamer Tagung über den globalen Wandel. Die größte aller Fragen dabei sei die nach der Existenz außerirdischer Intelligenz. Bisher sei die Jagd auf ET erfolglos geblieben - möglicherweise, weil die Erde im Universum ein einmaliger Platz zum Leben ist.
      Gemessen daran, ist die Streiterei um die ökologische Wende vor allem eines: provinziell.

      (c) DIE ZEIT 29/2001

      derselbe autor vor dem beginn des klimagipfels:

      Kein gutes Klima
      Der Umweltgipfel in Bonn: ein Treffen der Nebelwerfer
      Von Fritz Vorholz

      (...)
      Die Erwärmung droht aus unserem Blauen Planeten einen lebensfeindlichen Ort im Universum zu machen. Mehr Krankheiten würden grassieren, und mehr Stürme wüten. Schwere Dürren würden mehr Menschen verhungern lassen, neue Fluten würden sie aus ihren angestammten Siedlungen vertreiben. Es drohen Völkerwanderungen und Überlebenskriege. Wenn denn das schicke Wort vom globalen Dorf überhaupt eine Berechtigung hat - dann wäre Klimaschutz die beste Sicherheitspolitik für dieses Dorf.
      Warum also ist die ökologische Abrüstung trotz der drohenden Heimsuchungen biblischen Ausmaßes so schwierig?
      Das Klimasystem reagiert träge auf seine Beschädigung. Den wissenschaftlichen Prognostikern lässt sich leicht unterstellen, mit apokalyptischen Ängsten zu spielen. Politiker, deren Planungshorizonte über vier oder fünf Jahre nicht hinausgehen, werden ihre Wähler mit vermeintlich teuren Schutzmaßnahmen nicht behelligen wollen - sie wälzen das Risiko, sich zu irren, lieber auf die angeblichen "Untergangspropheten" ab. Umweltschutz auf der Grundlage wissenschaftlicher Prognosen ist eine der schwierigsten politischen Übungen - bisher, so flüstert die Stimme der Bequemlichkeit, ist doch alles gut gegangen. Ökologische Untätigkeit schadet den wenigsten Politikern der Industriestaaten; denn im Treibhaus Erde sind Täter und Opfer nicht identisch. Während eine Hand voll Nationen das Gros der klimawirksamen Gase in die Atmosphäre befördert hat, sind die Habenichtse im Süden des Planeten den Konsequenzen ausgeliefert.

      Das Prinzip Fernstenliebe
      Diese Asymmetrie stellt die Politik der reichen Länder vor eine unangenehme Herausforderung. Sie muss Millionen Verbrauchern, Autofahrern, Hausbesitzern und Fabrikanten alle Verschwendungssucht beim Energieverbrauch austreiben, während die Früchte dieses Abschieds von lieb gewonnenen Gewohnheiten vor allem anderen zugute kommen. Wer sich an dieser Aufgabe versucht, tut vor allem eins: Er macht sich unbeliebt.
      Die viel beschworene Solidarität der Reichen mit den Armen bleibt ein frommer Wunsch. Das Bekenntnis zur Gerechtigkeit für die zukünftigen Generationen ist so abstrakt wie das Prinzip "Fernstenliebe".

      Die große ökologische Bewegung des 20. Jahrhunderts entstand in den Vereinigten Staaten. Ihr drohendes Ende allerdings auch. Die amerikanischen Verbraucher sind die größten Klimasünder, die Besiedlung zum Beispiel der kalifornischen Wüsten mit allem Komfort ist eine der erstaunlichsten Umweltkatastrophen.
      Mit seinem "No" zu Kyoto provozierte US-Präsident George W. Bush allerdings mehr als eine außenpolitische Krise. Er ließ nicht nur seine europäischen Kollegen plötzlich als beherzte Ökologen erstrahlen, die sie nicht sind. Mit seinen undiplomatischen Worten sorgte der Mann im Weißen Haus auch dafür, dass Klimapolitik wieder für Schlagzeilen gut war - und er schaffte eine Barriere beiseite, hinter der sich viel intelligentes Unbehagen an Kyoto aufgestaut hatte.

      Nicht dass Bushs Zweifel an den Erkenntnissen der Klimaforscher begründet wären; die von ihm selbst beauftragte National Academy of Science belehrte ihn eines Besseren. Das Kyoto-Abkommen ist auch nicht deshalb unfair and ineffective (Bush), weil es Länder wie Indien und China vorerst ungeschoren davonkommen lässt. Fehlerhaft ist das Kyoto-Protokoll aus einem anderen Grund. Unter dem Einfluss von Bushs Amtsvorgänger Bill Clinton entwickelten sich die 28 Vertragsartikel zu einem Monstrum. Damals, vor vier Jahren in Japan, standen die Diplomaten dermaßen unter Erfolgsdruck, dass sie Abmachungen trafen, die kaum einer der übermüdeten Unterhändler selbst verstand. Es entstand ein Durcheinander von Schlupflöchern und verbalen Weichmachern, deren Präzisierung auf später, auf die Konferenz von Bonn vertagt wurde. In Deutschland schlägt endlich die Stunde der Wahrheit - die Stunde der Nebelwerfer.

      Schachern ohne Ende - manch Umweltbewegter verliert deshalb den Glauben an die Klimadiplomatie. Es gibt aber keine Alternative. In der Zwischenzeit hindert niemand besonnene Unternehmer und Konsumenten daran, Energie sparsamer zu verwenden - zumal das Geschäft vorerst nicht nur das Klima, sondern auch den Geldbeutel entlastet.
      Eine globale Herausforderung wie der Klimawandel verlangt indes eine globale Antwort. Der Weltmarkt wird sie eines Tages geben, und sie wird trostlos sein. Es sei denn, wir besinnen uns eines Besseren.

      (c) DIE ZEIT 29/2001

      leserkommentare dazu unter diesem link:

      http://www.zeit.de/2001/29/Politik/200129_klimaschutz.html#f…

      nicht dabei ist dieser leserbrief, der mir gut gefällt:

      Endlich einmal wird an so prominenter Stelle in der ZEIT die Dimension dessen, was mit der Erde geschieht, unmissverständlich und ohne Nebelwerferei dargestellt.

      Zu kurz gegriffen indes erscheint mir die Schlussfolgerung, dass nur die technische Entwicklung Rettung verschaffen kann. Natürlich ist eine Effizienzsteigerung im Ressourcenverbrauch, wie sie beispielsweise vom Wuppertal Institut (Faktor 4 bzw. Faktor 10) vorgerechnet wird, dringend geboten. Die von Herrn Vorholz zitierten Autoren des ersten Club-of-Rome-Berichtes `Die Grenzen des Wachstums` wiesen jedoch schon 1972 und dann 1995 erneut in den `Neuen Grenzen des Wachstums` darauf hin, dass, `je erfolgreicher eine Gesellschaft durch wirtschaftliche und technische Anpassung eine Grenze verschiebt, sie später umso wahrscheinlicher gleichzeitig gegen mehrere dieser Grenzen rennen wird`. Infrage gestellt werden müsse, so die Autoren, das Dogma ständigen Wirtschaftswachstums selbst. Diese Schlussfolgerung wurde Mitte der siebziger Jahre von einigen führenden Politikern in der Welt - unter ihnen Willy Brandt - tatsächlich ernst genommen. Willy Brandt wagte es sogar, das Wort vom Nullwachstum in den Mund zu nehmen. Heute wäre das sein sofortiger politischer Tod.

      Einen bemerkenswerten, bisher in der Öffentlichkeit jedoch kaum beachteten Ansatz, dem es nicht um eine äußerliche Eingrenzung von Wachstum oder Ressourcenverbrauch, sondern um eine grundsätzliche Neukalibrierung der wirtschaftlich-ökologischen Kybernetik geht, lieferten 1995 die Autoren des von Wouter van Dieren herausgegebenen Club-of-Rome-Berichtes Mit der Natur rechnen. Sie schlagen eine Veränderung des Messinstrumentes vor, anhand dessen die Leistung einer Wirtschaft beurteilt wird. Noch immer gilt das Bruttosozial- oder Bruttoinlandsprodukt als alles entscheidende Maßeinheit, obwohl es, wie sehr einfache Beispiele zeigen, durchaus kein sinnvolles Maß für Wohlstand oder gar Wohlergehen und erst recht nicht für nachhaltiges Wirtschaften ist.

      Das BSP listet nämlich jeden Vorgang, der einen Geldfluss mit sich bringt, als Plus auf, gleichgültig, ob es sich dabei für Mensch und Natur um einen Schaden oder einen Nutzen handelt. Jeder Autounfall mit Schwerverletzten steigert das BSP; die Verarbeitung von Urwäldern zu Telefonbüchern schlägt positiv zu Buche; und so weiter. (Orio Giarini, Vorstandsmitglied des Club of Rome, schrieb einmal, dass das BSP im Himmel gleich null, in der Hölle dagegen gewaltig sein müsse.)

      Ausgehend von dem von Herman Daly und Jon Bobb 1989 vorgestellten Index of Sustainable Economic Welfare (ISEW), schlagen die Autoren daher die Einführung eines Ökosozialproduktes vor, das Wirtschaftsaktivitäten grundsätzlich differenzierter bewertet und Schäden in die Bilanz miteinbezieht. Eine solche Veränderung an einem archimedischen Punkt der Regelkreise von Politik und Wirtschaft könnte das Verhalten von Gesellschaften weit tiefer verändern als bloße Einsparungs- und Effizienzsteigerungsprogramme.
      (Fabian Scheidler, Berlin)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 01.08.01 16:49:29
      Beitrag Nr. 101 ()
      Klima für Angepasste

      Das Kyoto-Protokoll wird das Weltklima nicht retten. Die Menschen müssen Energie sparen und Dämme bauen

      Von Ulrich Schnabel

      Politisch gesehen ist der Rückzug der USA aus den internationalen Klimavereinbarungen ein Desaster. Doch wissenschaftlich betrachtet spielt es kaum eine Rolle, ob das umstrittene Kyoto-Protokoll nun umgesetzt wird oder nicht. Denn die 1997 vereinbarte Reduzierung der Treibhausgase dürfte an der künftigen Entwicklung des Weltklimas kaum etwas ändern.

      Einige nüchterne Zahlen machen das deutlich: Wollte man den Trend zur globalen Erwärmung stoppen, müsste der Gehalt des Klimagases Kohlendioxid (CO2) in der Luft auf dem jetzigen Stand stabilisiert werden. Dies würde eine radikale Absenkung des CO2-Ausstoßes um 90 Prozent erfordern, wie Guy Brasseur, der Direktor des Max-Planck-Institutes für Meteorologie, kürzlich vorrechnete (ZEIT Nr. 11/01). In Kyoto haben jedoch lediglich 38 Industriestaaten versprochen, die Emission von Treibhausgasen um 5,2 Prozent zu verringern (in den Jahren 2008 bis 2012 im Vergleich zu den Werten von 1990). Ob die Vereinbarung in Kraft tritt oder nicht - der Klimawandel wird nahezu ungebremst weitergehen.

      Freilich wäre es verkehrt, mit diesem Argument die internationalen Klimaschutzbemühungen für obsolet zu erklären. Denn auch wenn das Kyoto-Protokoll nur ein winziger Schritt ist, so führt er doch in die richtige Richtung. Und nur mit solchen Trippelschritten kommt schließlich Weltpolitik voran.

      (...)
      Wie man es auch dreht und wendet: Es scheint unvermeidlich, sich Gedanken darüber zu machen, wie der Erderwärmung zu begegnen ist. So plädiert etwa der Soziologe Nico Stehr vehement "für politische Maßnahmen, die sich vorrangig der Frage der Anpassung widmen". Schließlich sei es nicht in erster Linie eine Frage der Physik, sondern der sozialen Verhältnisse und der politischen Ökonomie, "ob ein Naturereignis zur Katastrophe führt - oder nicht". Als Beleg führt Stehr eine Hitzewelle an, die im Jahr 1995 Chicago heimsuchte. Die Temperaturen kletterten eine Woche lang auf über 40 Grad Celsius, der Hitzeindex (die Kombination von Temperatur und Luftfeuchtigkeit) sogar auf über 48 Grad. In dieser Zeit starben 739 Personen mehr als sonst im selben Zeitraum. Eine Untersuchung kam zu dem Schluss, dass über 500 Personen unmittelbar Opfer der Hitzewelle wurden.

      Doch die wahren Ursachen, meint Stehr, seien nicht etwa die Temperaturen, sondern die gewachsene Isolation älterer Menschen und die gestiegene Armut in Chicago. "Erst das soziale Konstrukt der Verletzlichkeit transformiert natürliche Wetterextreme in Katastrophen." Andere Städte wie Philadelphia kamen mit der Hitzewelle nämlich sehr viel besser zurecht. Dort hatte man in den vorangegangenen heißen Jahren ein Warnsystem und soziale Netzwerke etabliert, die älteren und gefährdeten Personen halfen.

      Wie Stehr beschäftigt sich eine wachsende Zahl von Forschern mit der Frage, wie künftig veränderten Klimaverhältnissen zu begegnen sei. "Vor drei, vier Jahren war das noch ein Thema, das nicht als politically correct galt", erzählt Richard Klein vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. "Denn es galt manchen als Eingeständnis des Scheiterns einer Klimapolitik. Doch jetzt wächst die Disziplin allmählich." Bei seinen Untersuchungen stützt sich Klein vorrangig auf die Szenarien, die das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) entwirft. In seinem jüngsten Bericht sagt das internationale Forschergremium bis zum Jahr 2100 einen Temperaturanstieg zwischen 1,4 und 5,8 Grad voraus, eine Zunahme von Wetterextremen wie Dürren oder Überschwemmungen und ein Steigen des Meeresspiegels um bis zu 88 Zentimeter (ZEIT Nr. 5/01).

      "Die Industrieländer werden mit diesem Klimawandel vermutlich einigermaßen zurechtkommen", prognostiziert Richard Klein. "Doch viele Entwicklungsländer werden sich kaum dagegen schützen können." Denn die seien schon heute mit dem Katastrophenmanagement bei Überschwemmungen oder anderen Naturdesastern überfordert.
      Was etwa ein Anstieg des Meeresspiegels um einen halben Meter für eine Küstenlandschaft bedeutet, haben kürzlich Landschaftsökonomen der TU Berlin am Beispiel Sylt auszurechnen versucht. Bis zum Jahr 2050, so ihr Szenario, seien auf der Westseite der Insel zwei Millionen Quadratmeter gefährdet, Häuser, Äcker, Wege und Strandabschnitte im Wert von 2,44 Milliarden Mark. Um das zu verhindern, sind "Sandvorspülungen" und andere Investitionen von insgesamt 91 Millionen Mark notwendig. Fazit der Studie: Die Klimaänderung sei auf Sylt "beherrschbar", der Nutzen der Schutzmaßnahmen übersteige bei weitem die Kosten. Für die Sylter ein erfreuliches Ergebnis. Doch die Einwohner von Mikronesien oder der Malediven dürften angesichts solcher Investitionssummen verzweifeln.

      Der Klimawandel ist eine Chance für neue Märkte
      Ohne internationale Solidarität werden daher auch Anpassungsstrategien das globale Ungleichgewicht nur weiter verschärfen. Doch moralische Appelle an die reichen Staaten helfen da kaum weiter. Klimafolgenforscher wie Richard Klein beschwören lieber die Möglichkeiten, die sich angesichts der Herausforderung gerade den Industrieunternehmen eröffnen. Schließlich hätten die Autofirmen, die als erste Katalysatoren entwickelten, auch einen Wettbewerbsvorteil gehabt, als diese flächendeckend eingeführt wurden.

      Ähnlich argumentieren erfahrene Umweltpolitiker wie Klaus Töpfer. "Die Abwehr des Klimawandels bietet die Chance, neue Technologien und Märkte zu erschließen", sagt der Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Töpfer setzt auf den so genannten Clean Development Mechanism, der den Transfer von modernen, sauberen Energietechniken von Industriestaaten in Entwicklungsländer vorantreiben soll. Dieser Teil des Kyoto-Protokolls sieht vor, dass Industrieländer für ihre Treibhausgas-Emissionen Ausgleichszahlungen leisten, die Entwicklungsländern zugute kommen, um Umwelttechniken finanzieren zu können. Diese Vereinbarung ist nicht nur klima-, sondern auch entwicklungspolitisch sinnvoll. Schon allein deshalb lohnt es sich also, die Verhandlungen um das Protokoll von Kyoto auch nach dem Rückzug der USA weiterzuführen.

      (c) DIE ZEIT 15/2001


      K L I M A K O N F E R E N Z

      Fair oder untauglich?

      Der Streit um das Kyoto-Protokoll sorgt auch bei Umweltschützern für Kontroversen

      Von Udo E. Simonis (Pro) und Hermann Scheer (Contra)

      Fair und gerecht


      Von Udo E. Simonis
      Das Kyoto-Protokoll ist, nach erfolgter Ratifizierung, ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag zu einer international koordinierten Klimapolitik. Es enthält gemeinsam vereinbarte, wenn auch bescheidene Ziele, wenige, aber potenziell effektive Instrumente und innovative institutionelle Regelungen für die friedliche Kooperation der Staaten zu einem global signifikanten Thema - der sich rasch beschleunigenden Klimaveränderung. Wir brauchen diese Internationalisierung des Rechts und der Politik, weil sonst alles beim Alten bleibt: bei der nationalstaatlichen Verfolgung von ökonomischen Partialinteressen, bei der Zerschneidung von ökonomisch-ökologischen Zusammenhängen, bei der Verfestigung der Spaltung der Welt in Arm und Reich, in Gewinner und Verlierer.

      Das Klimaproblem ist per se ein globales, ein langfristiges und ein hoch komplexes Problem. Und das Kyoto-Protokoll ist genau darauf angelegt. Seine Grundprinzipien heißen Partizipation, Solidarität und Differenzierung: Die ganze, die Eine Welt sitzt am Tisch, die Entscheidungsverfahren wurden zugunsten des Südens ausgelegt, die Pflichten zulasten des Nordens differenziert, und an die Zukunft wurde auch gedacht, zunächst nur für eine Dekade, im Grunde aber auf ewig. Das alles ist nicht wenig. Es zu erreichen hat Jahre der intellektuellen Auseinandersetzung und der geschickten Diplomatie erfordert.

      Dass es nicht genug ist, dass ehrgeizigere Ziele vereinbart und zusätzliche Instrumente bereitstellt werden müssen, sei aber gleich angefügt: Wenn die globalen CO2-Emissionen zur Stabilisierung des Klimassystems binnen weniger Dekaden um 50 bis 60 Prozent reduziert werden müssen, dann sind die für 2008 bis 2012 vereinbarten 5,2 Prozent höchst bescheiden und nur ein erster Schritt; wenn die Mehrkosten für den Umbau der Energiestrukturen in den Entwicklungsländern übernommen werden müssen, dann braucht man dafür mehr Finanzmittel, als den Vereinten Nationen bisher zur Verfügung stehen. Und schließlich: Eine klimapolitisch faire und gerechte Welt muss über den Status quo des Emissionsniveaus der Staaten (Basisjahr 1990) hinausgehen und letztlich gleiche Pro-Kopf-Emissionsrechte für alle Erdenbewohner beinhalten.

      All dies, und was an sonstigen konzeptionellen Defiziten oder Schlupflöchern des Kyoto-Protokolls noch beklagt werden mag, bleibt nur auf der politischen Agenda, wenn man es nicht bei einem lokal begrenzten oder regional verbesserten Klimaschutz belässt, sondern wenn es zu einer in Bezug auf Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Kosteneffektivität koordinierten, das heißt wahrhaft internationalen Klimapolitik kommt. Es sind Zyniker, die da sagen, das Klimaproblem sei ohne internationale Kooperation lösbar. Deshalb muss das Kyoto-Protokoll ratifiziert werden, von Deutschland, von Europa, von Japan - von möglichst vielen der Staaten, die den Vertrag mit ausgehandelt haben.

      Wenn dies geschieht, dann wird auch die US-Regierung, irgendwann, zur Besinnung kommen. Die größten Probleme der heutigen Welt ergeben sich nämlich, wie der Ökophilosoph Gregory Bateson treffend bemerkt hat, aus dem Unterschied in der Art, wie die Natur funktioniert, und der Art, wie der Mensch denkt. Angesichts der bedrohlichen, längst in Gang befindlichen Klimadynamik kann man die Nachwelt und die Mitwelt auf Dauer nicht aus der Politik verbannen. Zukunftsvergessenheit und Opferleugnung sind kein Programm.

      Udo E. Simonis ist Professor für Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin und Mitglied des Committee for Development Policy der Uno
      Dürftig und untauglich

      Von Hermann Scheer
      Selbst wenn die Staatenmehrheit für das Kyoto-Protokoll zustande käme: Es wäre höchstens ein symbolischer Gewinn. Längst ist nämlich die Grenze zwischen Kompromiss und Kompromittierung bei Zielen und Maßnahmen überschritten. Sie sind so dürftig und so widersprüchlich, dass sie kaum noch zum Weltklimaschutz taugen. Höchste Zeit, diese Art von Klimapolitik hinter sich zu lassen.

      Wo es dringend um die globale Einführung umweltschonender neuer Energiequellen und techniken geht, erscheint es per se fragwürdig, die Lösungen allein einem politischen Entscheidungsprozess zu überlassen, bei dem die zögerlichste Regierung das Tempo bestimmt. Die Weltklimakonferenzen sind zudem Opfer ihrer falschen Prämisse geworden: Danach gilt die breite Einführung energieeffizienter Techniken und erneuerbarer Energien als volkswirtschaftliche Last. Tatsächlich hätten vor allem die Kohle- und Ölunternehmen den Schaden - in Form wachsender Umsatzverluste. Für die Volkswirtschaften insgesamt aber wäre der Umstieg eine umfassende Chance, die zu ergreifen keineswegs zwingend ein internationales Abkommen notwendig macht. Gilt Klimaschutz aber dennoch als Last, führt der Weg schnurstracks in den Basar der Lastenverteilung. Dort wird dann um Abzüge von den CO2-Reduktionsverpflichtungen gefeilscht: vom länderübergreifenden Ankauf erteilter Emissionsrechte über das Anpflanzen CO2-bindender Gewächse bis zum Export von Kraftwerken, die dem Stand der Technik entsprechen - erlaubt ist alles, was das eigene Klimakonto schöner aussehen lässt.

      So tappten die Urheber des Kyoto-Protokolls in die Schlupflochfalle, aus der sie nur herauskommen, wenn sie sich in die Komplexitätsfalle uferloser, internationaler, bürokratischer Kontrollen begeben. Wahrscheinlich ist, dass sie in beiden Fallen zugleich stecken. Die Umweltökonomen, die mit ihren globalen Verrechnungsmodellen die Interessenwiderstände überlisten wollten, haben kräftig daran mitgewirkt. Außerdem verengten sie das wirtschaftliche Bewertungsspektrum allein auf die Investitionskosten für CO2-Minderung. Andere ökonomische Aspekte - Vermeidung von Umweltschäden und von Energieimporten, neue Industrien und neue Arbeitsplätze - fallen unter den Tisch.

      Trotz dieser unübersehbaren kontraproduktiven Effekte fordern selbst die meisten Umweltverbände das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls; schließlich habe sich auch das Montreal-Protokoll nach mühsamen Anfängen zu einem erfolgreichen Instrument zum Schutz der Ozonschicht entwickelt. Doch dabei mussten nur die Interessen einiger Kühlmittelhersteller gebändigt werden. Beim Klimaschutz geht es dagegen um eine wesentlich breiter angelegte industrielle Revolution: um die Mobilisierung ökologischer Energietechniken.

      Genau die wird durch die Fortsetzung des Verhandlungsmarathons zwecks weiterer Verschlimmbesserung des Kyoto-Protokolls aber eher verhindert. Viel sinnvoller sind überzeugende Modelle, beispielsweise das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz, das längst international Neugierde weckt. Auch die Einführung der Mikroelektronik wurde nicht von einer internationalen Konvention mit nationalen Quoten abhängig gemacht, um so den Strukturwandel abzufedern. Bei jeder anderen Technik, aktuell bei der Biotechnik, heißt es: schneller sein als andere, weil das der künftigen Wettbewerbsfähigkeit nützt. Diese Einstellung zu ökologischen Energietechniken ist ansteckender als ein internationaler Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.
      Hermann Scheer ist SPD-Bundestagsabgeordneter und Präsident der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, Eurosolar

      (c) DIE ZEIT 30/2001
      Avatar
      schrieb am 01.08.01 17:26:26
      Beitrag Nr. 102 ()
      zum schluss noch zwei artikel von heute, und das soll es dann auch zum thema gewesen sein (und ich tauche dann wieder in den urlaub ab): interessant finde ich immer wieder die zunehmende verknüpfung von umweltpolitik und wirtschaft - demnächst können wir dann wohl klima-futures und optionen auf CO2 kaufen und handeln!

      Die Beschlüsse des Bonner Klimagipfels

      Pflanzen statt Sparen. Japan, Kanada, Russland und Australien werden mehr denn je ihre Klimaverpflichtungen erfüllen, indem sie sich ihre Wälder als Speicher ("Senken") für grünen Kohlenstoff anrechnen lassen. Das Kyoto-Ziel, die Freisetzung schwarzen Kohlenstoffs aus Öl und Kohle zu mindern, wird um schmerzliche 3,3 Prozent geschwächt. Jedes Jahr.

      Weniger Hausaufgaben. Statt daheim dürfen die Industrienationen ihre Ökoschuld auch im Ausland tilgen - fast unbegrenzt. Drei "flexible Mechanismen" zählen: der Kauf von Emissions-Zertifikaten, klimaschonende Investitionen in reichen Staaten sowie (Technologie-)Transfers in Entwicklungsländer. Atomkraftwerke werden nicht angerechnet.

      Kontrolle ist besser. Rechtsverbindlich sind die Regeln zur "Überwachung" der Kyoto-Ziele. Vorerst nur politisch belangt werden Staaten, die bis 2012 zu wenig tun: Für jede Tonne Treibhausgas zu viel müssen sie ab 2013 zusätzlich 1,3 Tonnen abbauen.

      Geld für den Wandel. Zum Kauf von Ökotechnologie, aber auch für Deiche gegen die Flut versprachen allen voran die Europäer "neue und zusätzliche Mittel": 450 Millionen Euro, davon fast ein Viertel aus Berlin, fließen ab 2005 jährlich. Auch Japan will aufstocken, die USA knausern.

      (c) DIE ZEIT 31/2001


      Der CO2-Händler von Bonn
      Warum Umweltschutz ein globales Geschäft werden muss


      Von Christian Wernicke

      Die Erkenntnis ist bitter und banal: Ohne neue Schocks, ohne ständig bedrohlichere Krisen kommt keine Realpolitik voran. Niemals, nirgendwo. Allemal gilt dies für die Versuche der so genannten Weltgemeinschaft, ihrer eindeutigen Diagnose vom "Treibhaus Erde" endlich Therapie und Taten folgen zu lassen. Die Verwüstungen von Hurrikan Mitch 1998 in Mittelamerika, die Bilder von Ertrinkenden in Mosambik oder Bangladesch - das ist längst verdrängt. Die Katastrophe, die zu Beginn dieser Woche die Bonner UN-Konferenz vorantrieb bis hin zum unerwarteten Kompromiss, hat ein anderes Gesicht. Und einen anderen Namen: George W. Bush.

      Allein die Weigerung des amerikanischen Präsidenten, dem Kyoto-Protokoll zur Begrenzung von Treibhausgasen beizutreten, bewahrte Bonn vor dem Scheitern. Die hehre UN-Diplomatie zur Bewahrung der Schöpfung, zuletzt verkommen zu einem elendig bürokratischen Geschachere um CO2-Quoten und Kohlenstoffsenken, wurde plötzlich wiederbelebt zu dem, was sie sein muss: höchste Politik, oberste Priorität. Allen voran, nahmen die Europäer die Herausforderung des texanischen Klima-Cowboys an - und gewannen das Duell um Kyoto. Womit, ganz nebenbei, in der Europäischen Union sichtbarer denn je eine Weltklima-Macht aufblühte.

      Nur leider, dieser Sieg ist kein Sieg für den Planeten. Noch längst nicht. All die Klimaforscher, Umweltgruppen und EU-Diplomaten, die sich nun an ihrem multilateralen Triumph über Washingtons angeblichen Vandalismus berauschen mögen, sollten sogar nüchtern anerkennen: Ganz konkret, gemessen in Megatonnen von CO2, dürfen die Industrieländer der Erdatmosphäre erst einmal mehr Treibhausgase denn je zumuten.

      Die Verantwortung für dieses Geschäft zulasten der Zukunft teilen sich vier Länder: Die Regierungen von Japan und Russland, Kanada und Australien drohten, per Veto die Bonner Konferenz zum Fiasko werden zu lassen. Und so pressten sie den anderen 174 Nationen das Zugeständnis ab, den nationalen Beitrag zum globalen Klimaschutz weniger durch eine Verringerung der Abgase als durch die Pflege heimischer Wiesen und Wälder erfüllen zu dürfen.

      Wohin solcherlei Tricks führen, offenbart eine grobe Rechnung: Hatte man in Kyoto 1997 noch das Ziel verabredet, die Treibhausgas-Emissionen der reichen Nationen zwischen 1990 und 2010 um fünf Prozent zu senken, so erlaubt Bonn den Protokoll-Parteien bereits wieder einen kleinen Schluck aus der Pulle: 2,5 Prozent mehr sind drin. Und obendrein droht, dass die von der amerikanischen Regierung geplanten Kraftwerke bald Schreckensszenarien Wirklichkeit werden lassen: Es drohen 22 bis 29 Prozent mehr Treibhausgase made in USA. So verdüstert sich die Ökobilanz der Konferenz: Als Beitrag der Industrieländer zur Zerstörung der Schöpfung lauern bis 2010 statt "minus Fünf" dreiste 12 bis 15 Prozent Prozent plus. Und das, obwohl Klimaforscher sie doch mahnen, bis Mitte des Jahrhunderts auf 80 Prozent ihres alltäglichen Klimagifts zu verzichten. Sonst stiege der Wasserspiegel in den Ozeanen, werde die Sahel-Zone verwüstet, breiteten sich Seuchen aus - all die Reiter der bekannten Apokalypse, sie galoppieren weiter.

      Doch es bleibt ein Trost: Ohne den Kompromiss von Bonn würde alles noch schlimmer, noch heißer. Machten die angeblich entwickelten Demokratien der Welt nämlich weiter wie bisher, so heizten sie mit sogar 25 Prozent mehr Treibhausgasen den Planeten noch schneller auf. Was zu der Einsicht zwingt: Jener lange Marsch, den das Kyoto-Protokoll vorzeichnet, weist bisher den einzig realen Weg aus der absehbaren Katastrophe. Alle anderen Straßen im "globalen Dorf" enden als Sackgasse.

      Bonn schaffte einen kleinen, sehr kleinen Schritt. Die fünfzehn Seiten des UN-Dokuments - voll mit technokratischem Kauderwelsch - beschreiben bestenfalls einen politischen Rahmen, einen quasijudikativen Prozess. Darin, nicht in irgendwelchen manipulierten Prozent-Zielen, liegt der Wert dieses geduldigen Papiers. Es wird noch viel Kabale, noch lange Konferenzen brauchen, um daraus eine global greifbare Klimaordnung zu entwickeln - ohne schmutzige Ausnahmen, mit weniger laxen CO2-Zielen.

      Dieses "Kyoto light" signalisiert der Weltwirtschaft immerhin die vage Richtung des Zukunftspfads. Große Energiekonzerne wie mittelständische Öko-Unternehmer werden motiviert, in effizientere Kraftwerke zu investieren, sauberere Techniken zu entwickeln. Demnächst könnte sich auch am Markt lohnen, was technisch möglich und fürs Klima rentabel wäre (siehe auch das Interview auf Seite 19). Wird das Kyoto-Protokoll im nächsten Jahr ratifiziert, bekommt die Atmosphäre endlich ihren Preis in Dollar, Euro und Cent. Schon umwerben Banken und Versicherungen jene Spezialisten, die sich auf den lukrativen Handel mit Emissionsrechten für Treibhausgase verstehen. Der Markt für CO2-Optionen und Klima-Futures entsteht.

      Kyoto soll, ja muss den Klimaschutz zum großen Geschäft machen.


      Dabei könnte sogar etwas abfallen für die Menschen auf der südlichen Hälfte des Planeten, denen bislang - mit Dürren, Stürmen und Plagen - die größte Last des Klimawandels droht. Abgemacht ist das noch nicht: Internationale Investoren dürften demnächst in Afrika oder Indien beginnen, ganze Landstriche aufzuforsten. Das bindet leidigen Kohlenstoff, schützt vor Erosion, und dafür verheißt Kyoto dem Plantagenbesitzer einen wertvollen CO2-Genussschein. Doch Vorsicht: Die Gefahr, dass bald Eukalyptuswälder wuchern, wo bisher Kleinbauern Hirse oder Reis pflanzen, lässt sich nur durch strenge Auflagen bannen. Und durch strikte Kontrollen. Sonst müssen die Armen am Ende den Rettungsarbeiten der Reichen Platz machen.
      Schöne grüne Welt? Die Alternative wäre ein Globus im roten Bereich.

      Der weltweite Klimawandel macht deutlich, dass die Menschheit neue politische Ansätze braucht. Mit neuen Märkten, aber auch mit wachsamen Klimabürokraten, die per Satellit darauf achten, dass niemand betrügt beim Handel mit CO2-Zertifikaten.

      Auf der Umweltkonferenz in Bonn hat die Welt sich Regeln unterworfen, ohne auf Washington zu warten. George W. Bush mag all die Kyoto-Paragrafen noch so sehr verabscheuen - je mehr Öl und Kohle er im Namen des American Way of Life verfeuert, desto härter wird es. Für ihn selbst (oder seinen Nachfolger), wenn sein Land als Nachzügler irgendwann einem Regime beitritt, dessen Vorschriften es nicht mitgeschrieben hat. Und für den Rest der Welt, der den Preis amerikanischen Handelns tagtäglich mitbezahlt.

      (c) DIE ZEIT 31/2001

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 02.08.01 17:01:19
      Beitrag Nr. 103 ()
      sorry, dass ich eine doublette gepostet habe (besonders an @stormy). der leserbrief bezog sich in der zeitung auf den falschen artikel, deshalb hatte ich den richtigen dazustellen wollen und vergessen, dass er ja vor dem urlaub schon hereingestellt wurde.

      bei der gelegenheit noch zwei trouvaillen, wie sich ganz konkret energie einsparen lässt (motto: lieber kleine schritte als gar keine - aufklärungsarbeit als erster schritt; @haispeed, ein thema für dich, oder?):

      a. energieeffizienz: der grösste stromverbraucher in einfamilienhäusern ist oft die heizungspumpe. moderne pumpen kommen mit 60-70% weniger strom aus;

      b. kochen mit solarenergie (wäre eine lösung für entwicklungsländer und könnte das brennholz-beschaffungsproblem lösen):


      Wege aus dem Energie-Irrsinn

      Stephan Kohler will Handwerk, Industrie und Haushalte zu geringerem Verbrauch bewegen.

      DIE ZEIT: Herr Kohler, wie werden Sie am liebsten angeredet: als oberster Energiesparkommissar oder als Klimaschützer?
      STEPHAN KOHLER: Kommissar klingt nach Verbrechensbekämpfung, nach Gesetz und Verfolgung. Nein, darum geht es nicht. Wir sind Dienstleister, Marketingmenschen für Energieeffizienz. Wir wollen 80 Millionen Deutsche dazu bringen, sich energieeffizient zu verhalten.
      ZEIT: Also, Energie zu sparen und dadurch das Klima zu schützen.
      KOHLER: Aber ohne es als Verzicht, Verlust, eben als Sparen zu empfinden. Die meisten Menschen verbinden mit Sparen etwas Negatives: frieren, sich einschränken, Rückschritt. Dabei ist das Gegenteil richtig: Energiesparen ist Fortschritt. Uns geht es um ökologische Innovationen ...
      ZEIT: Nach dem Motto: weniger verbrauchen und trotzdem besser leben?
      KOHLER: Genau. So verstandene Energieeffizienz wollen wir zum Markenartikel machen. Wir müssen es schaffen, jedem einzelnen Menschen klar zu machen, dass er durch sein persönliches Verhalten dazu beitragen kann, dass der Klimawandel nicht so gravierend wird.
      ZEIT: Jeder einzelne Deutsche verbraucht jährlich, statistisch betrachtet, das Energieäquivalent von rund 4500 Litern Rohöl. Wie viel davon ist zu viel?
      KOHLER: Technisch lassen sich 50 Prozent unseres gegenwärtigen Primärenergieverbrauchs wegsparen - ohne Verzicht. Wirtschaftlich lassen sich bei den gegenwärtigen Preisen rund 30 Prozent vermeiden.
      ZEIT: Die Deutschen könnten rund ein Drittel weniger Energie verbrauchen, ohne dass es ihnen schlechter geht oder sie gar ärmer werden?
      KOHLER: Genau so ist es.
      ZEIT: Energieeffizienz entlastet das Klima und den Geldbeutel. Wo ist das Problem?
      KOHLER: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Heizungspumpen, die das warme Wasser durch das Haus transportieren.
      ZEIT: Kein sehr aufregendes Produkt.
      KOHLER: Richtig, und da fängt das Problem schon an. Obwohl die Heizungspumpe in Einfamilienhäusern oft der größte Stromverbraucher ist, weiß ungefähr jeder dritte Hausbesitzer nicht einmal, dass seine Heizung überhaupt Strom verbraucht. Heute gibt es drehzahlgeregelte Pumpen, die 60 bis 70 Prozent weniger Strom verbrauchen. Die sind zwar etwas teurer, 150 bis 200 Mark; aber die Mehrkosten amortisieren sich schon nach rund zwei Jahren wegen der niedrigeren Stromrechnung. Danach verdient der Hausbesitzer mit der neuen Pumpe Geld. Trotzdem liegt die Marktdurchdringung bei nur 30 Prozent.
      ZEIT: Wie wollen Sie das ändern?
      KOHLER: Wir reden mit den Handwerkern. Der Handwerker, den der Hausbesitzer ruft, wenn seine Heizungspumpe kaputt ist, muss in der Lage sein zu erklären, warum es sich lohnt, die etwas teurere Pumpe einbauen zu lassen. Das ist eine kommunikative Leistung, die die Monteure bisher meistens nicht bringen ...
      ZEIT: ... weil sie für das Auswechseln der Pumpe bezahlt werden und nicht dafür, die effiziente Pumpe einzubauen.
      KOHLER: Deshalb starten wir im Herbst eine Informationskampagne für Hausbesitzer und für Handwerker. Die Eigentümer sollen wissen, dass es die effizienten Pumpen gibt - und die Handwerker sollen sie einbauen können.
      ZEIT: Wie viel Strom würde insgesamt gespart, wenn die Marktdurchdringung dieser Technologie von 30 auf, sagen wir 90 Prozent stiege.
      KOHLER: Rund zwölf Milliarden Kilowattstunden jährlich, also mehr als zwei Prozent des Stromverbrauchs.
      ZEIT: Sie sprachen aber von einem Drittel des Energieverbrauchs, der weggespart werden kann.
      KOHLER: Wegen der Umwandlungsverluste in den Kraftwerken entsprechen 2 Prozent beim Strom immerhin einem um rund 6 Prozent niedrigeren Gesamtenergieverbrauch - allein durch bessere Heizungspumpen! Aber reden wir mal über den Wärmebedarf. Im Altbaubestand können wir 50 bis 60 Prozent Heizenergie mit heute verfügbarer Technik wegsparen. In Deutschland werden jährlich 2,5 Prozent aller Häuser saniert. Wenn bei dieser Gelegenheit eine ordentliche Wärmedämmung angebracht wird, werden die Zusatzkosten in den Folgejahren wieder hereingewirtschaftet. Man spart also Energie - und Geld.
      ZEIT: Bei einem Erneuerungszyklus von 2,5 Prozent pro Jahr sind schnelle Erfolge aber nicht zu erwarten.
      KOHLER: Einverstanden. Obwohl sich der Erneuerungszyklus mit Förderprogrammen etwas erhöhen ließe. Große, schnell und leicht erschließbare Potenziale gibt es aber bei allen Elektrogeräten. Die Konsumenten müssen nur ein effizientes statt ein ineffizientes Gerät kaufen.
      ZEIT: Tun sie aber oft genug nicht, obwohl beispielsweise Kühlschränke bereits nach ihrer Energieeffizienz klassifiziert sind.
      KOHLER: Das allein reicht eben nicht aus. Der Kunde muss auf dem Label erkennen können, wie lange es dauert, bis sich die Mehrkosten für das effiziente Gerät amortisiert haben.
      ZEIT: Sie sprechen gar nicht über das liebste Kind der Deutschen: das Auto.
      KOHLER: Ein schwieriges Problem. Auto, Mobilität und Individualverkehr haben ein extrem gutes Image. Dagegen ist schwer anzukämpfen.
      ZEIT: Haben Sie schon kapituliert?
      KOHLER: Keineswegs. Wir werden für bessere Technik kämpfen, aber auch dafür, dass Autos intelligenter genutzt werden.
      ZEIT: Also weniger.
      KOHLER: Ich warne allerdings vor Illusionen. Selbst wenn die Bahn ihre Transportleistung verdoppeln würde, könnte sie gerade mal den jährlichen Zuwachs im Straßenverkehr - vor allem Freizeitverkehr - auffangen. Deshalb müssen wir zweierlei schaffen: den Autofahrern ihr Prestigegehabe ...
      ZEIT: Kavalierstarts zum Beispiel ...
      KOHLER: ... abgewöhnen, und wir müssen gemeinsam mit der Autoindustrie für effizientere Fahrzeuge sorgen.
      ZEIT: Gemeinsam mit der Industrie?
      KOHLER: Vergleichen Sie mal unseren Werbeetat mit dem der Autoindustrie.
      ZEIT: Wie hoch ist Ihrer denn?
      KOHLER: Im nächsten Jahr voraussichtlich 15 bis 20 Millionen Mark an Projektmitteln, die nicht nur in die Werbung gehen.
      ZEIT: Im Vergleich zu den drei Milliarden Mark Werbeaufwand der Autoindustrie ist das nichts.
      KOHLER: Genau deshalb müssen wir kooperieren und gemeinsam mit den Herstellern imagebildend in Richtung Energieeffizienz wirken. Das klappt aber nur, wenn die Bundesregierung auch bereit ist zu sagen: Wenn ihr nicht erfolgreich seid, kommen wir mit Gesetzen und Verordnungen, die richtig wehtun.
      ZEIT: Wie beurteilen Sie die erkennbare Absicht von Rot-Grün, nach 2003 auf weitere Erhöhungen der Ökosteuer zu verzichten?
      KOHLER: Ehrlich gesagt, dafür habe ich kein Verständnis. Die Industrie wird doch dadurch geradezu animiert, auf die offensive Vermarktung sparsamer Autos und anderer energieeffizienter Produkte zu verzichten!
      ZEIT: Sind denn Industrie und Gewerbe wenigstens in ihren eigenen Werkhallen und Büros auf dem Stand der Energietechnik?
      KOHLER: Auch das nicht. Einsparungen von 30 bis 40 Prozent sind da drin, wenn man die vermiedenen Umwandlungsverluste in den Kraftwerken mit berücksichtigt.
      ZEIT: Verstehen wir Sie richtig: Die Industrie verschwendet Energie und Geld?
      KOHLER: Ja, und zwar deswegen, weil die Energiekosten bei den meisten Firmen nur ein verschwindend kleiner Kostenblock sind, von Ausnahmen wie zum Beispiel der Chlorchemie abgesehen.
      ZEIT: Die Verbände klagen aber ständig über den Standortnachteil wegen zu hoher Energiekosten.
      KOHLER: Diese Klage ist unberechtigt. An den gesamten Produktionskosten hat Energie einen Anteil von nicht mehr als zwei bis drei Prozent. Gerade weil der Kostenblock so klein ist, wird er gerne vergessen.
      ZEIT: Wissen Sie, dass Sie gerade eine Grundfeste der Ökonomie infrage stellen: den Homo oeconomicus?
      KOHLER: Vergessen Sie den Homo oeconomicus. Die Menschen verhalten sich nicht so, wie es in den Lehrbüchern steht. Sie rechnen eben in vielen Fällen nicht. In manchen Lebensbereichen gibt es nicht einmal funktionierende Märkte. Denken Sie an Mietwohnungen: Als Mieter haben Sie gar keine Möglichkeit, Ihre Wohnung wärmetechnisch zu sanieren. Als Vermieter haben Sie keinen Anreiz dafür, weil Sie Ihre Bude auch so vermietet kriegen. Es ist doch nicht verständlich, warum jeder die PS-Zahl und den Verbrauch seines Autos kennt, nicht aber den Energieverbrauch seiner Wohnung oder seines Hauses.
      ZEIT: Und das alles wollen Sie nun durch Überzeugungsarbeit verändern?
      KOHLER: Informieren, ausbilden, motivieren und überzeugen gehört zu unseren Kernaufgaben. Wir werden dabei auch mit Marketingexperten zusammenarbeiten. Aber in den Instrumentenkasten der Effizienzpolitik gehören auch Gesetze wie beispielsweise die neue Energieeinsparverordnung.
      ZEIT: Herr Kohler, die Klimadiplomaten der Industrieländer feilschen seit Jahren darum, ob insgesamt rund fünf Prozent Energieeinsparung verkraftbar sind. Haben Sie dafür Verständnis?
      KOHLER: Fünf Prozent sind ein Witz. Wir können detailliert nachweisen, dass dieses Ziel technisch und ökonomisch leicht erreichbar ist.
      ZEIT: In Deutschland.
      KOHLER: In anderen Ländern erst recht. Wir müssen weder erst die notwendigen Technologien erfinden, noch führt uns deren Anwendung in den wirtschaftlichen Ruin. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Mit der neuen Technologie bekommen wir einen Innovationsschub.
      ZEIT: Sollte sich deshalb Deutschland jetzt schon ein längerfristiges Klimaschutzziel setzen, etwa minus 40 Prozent CO2 bis zum Jahr 2020?
      KOHLER: Ich halte das für sinnvoll. Solche langfristigen Ziele entfachen den Wettbewerb um Innovationsstrategien.

      ZEIT: Wirtschaftsminister Werner Müller, der Aufsichtsratvorsitzende Ihrer Energie-Agentur, fürchtet eher ökonomische Verwerfungen.
      KOHLER: Die können meiner Meinung nach vermieden werden, wenn wir das Ziel mit marktwirtschaftlichen Instrumenten wie dem CO2-Zertifikatshandel verfolgen.
      Stephan Kohler, 48, ist Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (Dena), die im Herbst 2000 auf Initiative der Minister Werner Müller und Jürgen Trittin gegründet wurde. Die Dena soll für schonenden Umgang mit Energie sorgen.
      (c) DIE ZEIT 31/2001


      Brennstoffmangel

      Weltweit kochen heute fast 2 Mrd. Menschen mit Brennholz. Nach Bezeichnungen der Weltbank wird in Entwicklungsländern jährlich eine Mrd. m3 Holz zum Kochen verbrannt; zusammen mit verbrannten Dung und Pflanzenresten entspricht das einer Energiemenge von täglich 5 Mio. Faß Öl.
      Holz als Brennstoff ist in vielen Ländern des Südens kaum mehr vorhanden, infolge des rigorosen Kahlschlages der Wälder. Versteppung und Bodenerosion sind die Folge. Aus fruchtbaren Gebieten werden karge Wüstenzonen. Nach neusten Schätzungen führt diese Entwicklung dazu, daß im Jahre 2050 etwa 150 Mio. Umweltflüchtlinge aus dem Süden in dern Norden emigrieren werden (UN-Wüstenkonvention, 1994).

      Ein verblüffend einfaches Konzept
      Eine Alternative für Brennholz und kostenintensive, umweltschädigende fossile Brennstoffe ist die Nutzung der Sonnenenergie durch Einsatz eines Solarkochers.
      Ein parabolischer Spiegel reflektiert die Sonnenstrahlen auf einen im Brennpunkt befindlichen mattschwarzen Topf, der die Sonnenenergie absorbiert und den Inhalt zum Kochen bringt. Außer zur Zubereitung von Mahlzeiten eignet sich ein Reflektor-Solarkocher z.B. zur Destilation von Wasser, zum Backen, Braten und zur gewerblichen Nutzung in Färbereien, für Flechtarbeiten usw. Mit der entsprechenden Zusatztechnologie kann der Solarkocher sogar zum Kühlen eingesetzt werden.

      Umfassende Hilfe
      Weltweit kann der Einsatz von Solarkochern bieten, indem der Vernichtung des Baumbestandes entgegengetreten wird und Aufforstungsmaßnahmen unterstützt werden.
      Die Lebensbedingungen auf ländlichen Gebieten werden verbessert und die Landflucht mit ihren erschütternden Folgen wird verhindert. Darüber hinaus werden Frauen und Kinder in der sogenannten dritten Welt vom täglichen Brennstoffsammeln und gesundheitsschädigendem Kochen unter Rauchentwicklung entlastet.
      Selbsthilfewerkstätten zum Bau der Solarkocher verbessern den Ausbildungsstand und schaffen wertvolle Arbeitsplätze.
      (http://members.tripod.lycos.de)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 03.08.01 12:27:37
      Beitrag Nr. 104 ()
      @ cabinda

      da kann man ja nicht mal gegen an lesen. du bist wirklich gut bei dem was du hir einstellst. leider habe ich im moment wenig zeit und deswegen nur kleine wortmeldungen von mir.

      was die globalisierung betrifft kann man vieles gelten lassen von dem was so gesprochen oder besser geschrieben wird.
      ich bin nur der meinung das das alles dagegen prinzip nicht hilft. wenn die "mächtigen" dieser welt nicht zur einsicht kommen (und der weg dahin ist das reden bei treffs) sollte man keine illusionen darüber haben, das sich etwas ändern könnte. die "mächtigen" lenken die geschicke der welt, entweder als marionette des weltweiten finanzkapitals oder und der großindustrie. das wissen wir doch nun alle. und wenn man sich distanciert und glaubt eine andere lösung zu finden ist das blindheit. früher konnte man millionen menschen zu aufständischen machen und mit annähernder waffengleichheit für veränderung kämpfen. heute geht das nicht mehr. heute kann man nur über beharrliches reden und gezielte propaganda etwas erreichen. z.b. greenpeace oder wwf könnten das tun. ich glaube nur das sie die mittel des "Ökokampfes" grundsätzlich neu überdenken müßten. dort wo die meisten menschen dieser welt hinsehen, dort sind sie wenig präsent. nur mit gummibootaktionen und blokaden ist es nicht getan. man muß in die am meisten reflektierten medien und den leuten die botschaft einhämmern wie die werbung es tut. geld dafür ist genug da.

      ich habe mal sehr stark pauschalisiert und hoffe du nimmst mir das nicht übel, aber ich mag nun mal gern die einfache form der wortwahl. ich interessiere mich sehr für die texte die eingestellt werden und doch vermisse ich die persönliche meinung ein bischen. sicher geben die texte auch schon ein spiegelbild der meinung des einzelnen wieder. doch gerade bei der globalisierung und der klimadiskussion wird viel gepostet ohne eigenes statement.

      jetzt noch mal etwas anderes zum thema energie.

      eine frage die jemand im zusammmenhang mit windenergie gestellt hat und die ich nur zusammengefast habe:

      wann amortisiert sich eigentlich eine windkraftanlage?
      berücksichtigen sollte man alle kosten inkl. transport, gestaltung des fundamentes, die reinigung im sommer der verschmierten flügel als auch die enteisung im winter. berücksichtigen sollte man auch die reparaturkosten.
      dann sollte man noch die subventionen für die anlage und den strom berücksichtigen, die ja indirekt den bürger wieder belasten.

      meine persönliche meinung ist, dass sich so eine anlage nie amortisiert. wieder eine subventionsleiche geschaffen, die erst richtig in fahrt kommt in der zukunft?

      was wenn die subventionen ausbleiben und sich einem neuen trend an den hals werfen? unmengen an windkraftanlagen mit allen ihren finanzierungsformen ( aktien, fonds usw. ) ob da wohl kapital vernichtet werden könnte?

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 03.08.01 22:39:45
      Beitrag Nr. 105 ()
      hallo haispeeed,

      der vorwurf, die persönliche meinung fehle, trifft und trifft auch wieder nicht...einerseits denke ich, dass ich meine meinung schon zum ausdruck bringe und die kleinen kommentare auch einen roten faden darstellen, der sich durch die texte und die diskussion zieht, andererseits wirst du faul, wenn keiner da ist, der widerspricht. aber wenn du schon fragst, fühle ich mich herausgefordert und versuche einmal, das komplexe und schwierige thema aus meiner sicht zusammenzufassen - kritische rückfragen sind ausdrücklich erwünscht:

      was die globalisierung betrifft, kann man vieles gelten lassen lassen. ich bin nur der meinung, dass das alles dagegen prinzip nicht läuft.

      der meinung bin ich doch auch, das habe ich so ähnlich an capoon geschrieben.

      wenn die `mächtigen` dieser welt nicht zur einsicht kommen...

      ich meine, ein stück weiter sind sie in bonn und kyoto schon gekommen, auch wenn die sache a priori als bürokratisches geschachere daherkommt: die eu gewinnt neues selbstbewusstsein in ihrer rolle als weltklimamacht. das wiederum könnte das umweltbewusstsein der eu-bürger auf dauer stärken.

      wenn bush weiter den bösen buhmann macht, könnte es trendy werden, in europa den klimaritter zu spielen.

      das G8-treffen hingegen war wohl mehr ein gipfel der leeren worte. zumal in der entwicklungspolitik ist man sich noch nicht einmal darüber einig geworden, wo die ziele zu setzen sind, wohin mögliche gelder fliessen sollen, wo man investitionen anpeilen sollte (siehe zum stichwort globalisierung auch die threads von F 50 und capoon).

      schade, schade.

      meine meinung zur globalisierung habe ich ja schon gesagt, ich denke, der zug ist nicht aufzuhalten und man muss sehen, dass man das beste draus macht. das geld muss in die richtigen kanäle. dafür ist die zielsetzung wichtig: was wollen wir? was braucht die gesellschaft, was die umwelt, und wer kriegt zuerst was ab? es soll ein markt entstehen für co2-optionen und klimafutures, die grossen energiekonzerne werden zu investitionen in effizientere kraftwerke animiert. ein erster schritt: der verbraucher/investor bestimmt mit. mit dieser idee habe ich den thread begonnen, und sie ist immer noch da, wird eigentlich immer wieder bestätigt.

      internationale investoren dürfen in afrika und indien landstriche aufforsten. (in brasilien wird der tropische regenwald abgeholzt, bis alle ihre solarkocher haben, und in afrika wird angepflanzt? verrückte welt, aber wenn es denn nicht anders geht...)

      zugleich sind neue politische ansätze gefragt, damit die multis nicht allein die welt bestimmen und die 20:80-gesellschaft mit tittytainment einführen (siehe `die globalisierungsfalle`).

      die industrieländer werden mit der klimakatastrophe wahrscheinlich ganz gut zurechtkommen, weil sie eben ein gutes katastrophenmanagement haben. doch wie sollen sich die entwicklungsländer davor schützen? die auswirkungen auf die einzelnen länder werden sich danach richten, wie krisenfest die sozialen und politischen verhältnisse im jeweiligen lande sind - uns verursacher tangiert die kommende klimakatastrophe vielleicht gar nicht so sehr. die entwicklungsländer hingegen könnte es mangels erfahrung und geschicklichkeit im katastrophenmanagement hart treffen. um darwinismus und zwei- oder mehr-klassen-gesellschaften zu vermeiden, das soziale ungleichgewicht auf der welt also zu entschärfen, müsste entweder eine sehr menschenfreundliche solidarität einsetzen, was ich nicht erwarte, oder aber es müssen ökonomische anreize geschaffen werden, damit die entwicklungsländer eine chance bekommen.

      um ihre produkte zu fairen preisen auf dem weltmarkt verkaufen zu können, müssten die importzölle aufgehoben werden. auch die subventionspolitik der eu begünstigt marktverzerrungen. die neuen märkte in den nichtindustrialisierten ländern müssten gestärkt werden. demokratische regierungen wären eine wünschenswerte voraussetzung für eine verbesserte ökonomie vor ort, aber dafür brauchen die länder unterstützung. sollen ansätze dazu mit höheren geldern in der entwicklungshilfe belohnt werden? kann man demokratie z.b. in afrika befördern, indem man bildungsprogramme ausbaut und finanziell unterstützt? hier kommen wir wieder zum thema G8-gipfel, wo man sich nicht entscheiden konnte, ob man nun eher den pharma-gesundheitsbereich oder lieber die bildungspolitik mit zuschüssen fördern soll.

      ich meine, dass man über aus- und fortbildung der menschen in den nicht industrialisierten ländern auch einen grundstein für mehr demokratie legen könnte und dass hier ein schwerpunkt zu setzen ist.

      technologietransfer in diese länder könnte neue industrien und neue arbeitsplätze schaffen (der bonner UN-gipfel will dies fördern).

      globalisierungsgegner werden nun zu recht einwenden, dass wir uns eine industrialisierung der dritten welt nicht wünschen können, weil die umwelt und die energieressourcen dann vollends zusammenbrechen würden. das wären neue landstriche, die schadstoffe emittieren, riesige mengen an strom verbrauchen und müll produzieren. in der tat, eigentlich eine horrorvorstellung! aber, ehrlich gesagt, wir müssen uns wohl an diesen gedanken gewöhnen, denn wir können nicht etwas für uns in anspruch nehmen, was diesen ländern indirekt langfristig schadet und ihnen gleichzeitig den wunsch nach ebensolcher bequemlichkeit missgönnen. wir sollten komfort und konsum dann auch anderen zugestehen.

      da leiden länder unter dem treibhauseffekt, deren bewohner nie ein auto besessen und abgase produziert haben. wir müssen diese bewohner also in die zukunftskalkulation mit einbeziehen, und die sieht dann sofort viel düsterer aus. unsere rechnungen stimmen dann nicht mehr. das kyoto-ergebnis wird sofort kompensiert durch mögliche ansprüche in den entwicklungsländern und (!) ihr voraussichtliches bevölkerungswachstum. beängstigend!

      ich gehe aber davon aus, dass die zukünftige entwicklung der noch wenig industrialisierten länder stufen überspringen wird, d.h. vom fortschritt moderner ökologischer energietechniken direkt profitieren wird - z.b. glaube ich, dass die chinesen vom fahrrad ohne umwege über benziner oder dieselmotoren gleich ins brennstoffzellenauto umsteigen werden.

      das problem ist, dass die wachstumseffekte derzeit noch grösser sind als die effizienzgewinne durch technologischen fortschritt. wie geht man damit um? wie kann man schonend an der schraube `bevölkerungszuwachs` drehen? soll man das und wenn ja, wo? das thema finde ich äusserst schwierig und heikel, aber es taucht momentan verstärkt in den medien auf.

      noch etwas zum thema globalisierung und politik: viele fürchten, die globalisierung gehe zu lasten von demokratie und arbeitsplätzen. die ängste sind bestimmt nicht unbegründet...denn marktwirtschaft und demokratie gehören nicht zwingend zusammen. es gibt leider genügend beispiele, dass die wirtschaft auch ohne demokratie auskommt. meiner meinung nach braucht gerade eine mächtige wirtschaft eine aktive politik, die die diskussion darüber in gang hält, welche gesellschaft wir wollen.

      man müsste also m.e. der wirtschaft entfaltungs- und spielräume verschaffen und gleichzeitig regularien erfinden, um ihre gesellschaftlichen fehlentwicklungen über die demokratische politik zu steuern. die politik darf also nicht zur marionette der konzerne verkommen, im gegenteil, sie muss der ökonomie einen rahmen setzen. ob das gelingt... na ja? ich hoffe es halt.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 05.08.01 17:24:05
      Beitrag Nr. 106 ()
      @ cabinda

      na das war doch mal sehr persönlich DANKE!

      die globalisierung ist wohl wirklich nicht mehr aufzuhalten.
      das sehe ich auch so und bin deiner meinung das man dann in dieser unumkehrbarkeit sein bestes versucht.

      "man müsste also m.e. der wirtschaft entfaltungs- und spielräume verschaffen und gleichzeitig regularien erfinden, um ihre gesellschaftlichen fehlentwicklungen über die demokratische politik zu steuern."

      dieser satz von dir zeigt eigentlich die gesamtproblematik sehr deutlich. nicht nur das er selbst schwer verdaulich ist, er zeigt genau den knackpunkt. "global" gesehen hat nach meiner meinung die politik schon verloren. egal ob demokratisch oder nicht, die macht der wirtschaft und die unterwürfigkeit der politik sind zu weit fortgeschritten. die politik erliegt dem charme des outsurcings von verantwortlichkeit. sie läßt der industrie in zu vielen wichtigen bereichen zuviel spielraum. wie zb. bei der besteuerung der großkonzerne.

      aber ich glaube wir haben zum thema globalisierung ähnliche ansichten, so daß man das auch nicht weiter vertiefen muß.

      nur zum solarkocher und den chinesen im brennstoffpolo möchte ich noch was anmerken.

      der kocher ist einfach nicht genug bekannt in der welt und es wird wohl wieder ein interesse geben dies auch so zu belassen. würde man mit verhältnismäßig wenig geld (im vergleich zur abholzung) das ding propagieren, könnte man zwei fliegen mit einer klappe schlagen. 1. bräuchten die menschen in den regionen nicht mehr mühselig sammeln oder abholzen und 2. hätten sie zeit sich mit neuen techniken anzufreunden und würden neugierig auf neues werden. ist halt wie bei kindern, neues weckt interesse.

      das die chinesen die brennstoffautos bekommen, so das sie nicht den weg über den otto- oder dieselmotor nehmen glaube ich nicht. ich habe vor etwas längerer zeit den chef des sogenannten 2. automobilwerks der chinesen kennen gelernt und muß sagen, das die produktion die da aufgebaut wird wohl eher der der süd-koreaner gleich kommen wird. zukauf von technik die nicht mehr auf unserem stand ist und produktion in lizence der auslauftypen. pkw´s und lkw´s werden so dort produziert. noch heute wird zb. der vw santana dort so gebaut wie bei uns vor 15-20 jahren.
      auch die hersteller, die vieleicht mal großproduktion für china leisten werden, werden einfach und vor allem billig produzieren, na und billig und brennstoff ist noch ein weiter weg.

      was meinst du zu der windenergiegeschichte? liege ich da falsch?

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 11:08:20
      Beitrag Nr. 107 ()
      @haispeed,
      hallo und schönen guten morgen,
      du bringst mich wirklich immer ein stück weiter, danke:)!

      die politik erliegt dem charme des outsourcing von verantwortlichkeit
      ist ein sehr treffender satz. das thema behalte ich mal im hinterkopf, es ist wohl nicht so einfach zu lösen.

      der (solar-)kocher ist nicht genug bekannt in der welt und es wird wohl wieder ein interesse geben dies auch so zu belassen:

      ich glaube, hier liegt auch ein kernproblem. zwar wurde der solarkocher immerhin auf dem klimagipfel praktisch vorgeführt. dennoch - man gewinnt mit der zeit wirklich den eindruck, dass viele innovationen, die uns weiterbringen könnten, ignoriert, abgewehrt oder zumindest nicht befördert werden. wir sind hier doch schon auf einige interessante erfindungen und lösungsansätze gestossen: warum liest und hört man nichts über rubbiatron, über die umwandlung veralteter kernwaffen in energie, warum gibt es seit dem stern-artikel im november 00 keine weitere berichterstattung zum thema energie aus sand? oder habe ich was verpasst? welche `interessen` arbeiten im einzelfall dagegen bzw. wo könnte man hier ansetzen, um dampf zu machen?

      in dem zusammenhang fällt mir dann wieder dein gedanke ein (#104):
      früher konnte man millionen menschen zu aufständischen machen und mit annähernder waffengleichheit für veränderung kämpfen. heute geht das nicht mehr. heute kann man nur über beharrliches reden und gezielte propaganda etwas erreichen. z.b. greenpeace oder wwf könnten das tun. ich glaube nur das sie die mittel des "Ökokampfes" grundsätzlich neu überdenken müßten. dort wo die meisten menschen dieser welt hinsehen, dort sind sie wenig präsent. nur mit gummibootaktionen und blokaden ist es nicht getan. man muß in die am meisten reflektierten medien und den leuten die botschaft einhämmern wie die werbung es tut. geld dafür ist genug da.
      bei greenpeace etwa könnte man sich doch mal darum kümmern. vielleicht frage ich dort einmal nach, inwieweit man sich a. mit neuen technologien und b. grundsätzlichem umdenken in der strategie - weg vom gummiboot, hin zu gezielter information in den medien - beschäftigt?

      für deine informationen zur zukunft der chinesischen automobilindustrie vielen dank. da habe ich mir wohl illusionen gemacht, weil die deutschen autobauer doch so aktiv sind in asien und das dort doch der ideale markt für brennstoffzellenfahrzeuge wäre. auch so ein punkt, wo ich denke, hier lohnt jedes engagement seitens der politik, um die brennstoffzellenautos billig zu machen, denn die klimabelastung durch einen autoboom in china mag ich mir gar nicht ausmalen.


      wann amortisiert sich eigentlich eine windkraftanlage (...) wieder eine subventionsleiche?
      meine güte, da könntest du recht haben. technisch kann ich das leider nicht beurteilen, aber an den genannten argumenten ist was dran...

      ich fahre nun wieder für einige zeit weg, nachdem ich leider für mehrere tage den urlaubsort mit einem familienlazarett vertauschen musste, und grüsse euch

      schöne woche
      cabinda

      p.s. noch ein hinweis, im thread von user TommiA `energiesteuer` findet man aktuelle informationen zu den entscheidungen des u.s.-repräsentantenhauses in sachen ölbohrungen in alaska und steuererleichterungen für energie-unternehmen.
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 11:44:50
      Beitrag Nr. 108 ()
      Windkraft schafft Arbeit
      Energieteam in Lichtenau rechnet in den nächsten Jahren mit 200 neuen Stellen

      Kreis Paderborn (NW). Im Kreis Paderborn sind nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie (BWE) etwa 180 Arbeitsplätze durch die Windkraft geschaffen worden. Die Energieteam AG aus Lichtenau gehört zu den Unternehmen der Region, die mit dem Boom der regenerativen Energien groß geworden sind.

      Das Energieteam und seine Tochtergesellschaften planen und realisieren große Windparks, etwa in Asseln bei Lichtenau oder zur Zeit in Meerhof. 36 Mitarbeiter sind beim Energieteam beschäftigt. Geschäftsführer Günter Benik geht davon aus, dass sich der Trend fortsetzt: "Wir benötigen in den nächsten drei bis vier Jahren mindestens 200 neue Mitarbeiter. Mit 60 neuen Kollegen rechnen wir alleine im nächsten Jahr."

      Auch führende Hersteller von Windkraftanlagen haben Niederlassungen in Paderborn. Der Windkraftanlagenhersteller Enercon mit Sitz in Aurich beschäftigt 15 Mitarbeiter im Kreis Paderborn, die die Anlagen warten. Der Schwerpunkt liegt dabei im Windgebiet Sintfeld bei Bad Wünnenberg und Marsberg/Meerhof.

      Bauunternehmen sind auf Windkraft spezialisiert

      Nach Aussagen der Regionalgruppe Paderborn, Höxter, Lippe des Bundesverbandes Windenergie arbeiten etwa 40 Servicekräfte an der Instandhaltung der lokalen Windkraftanlagen.

      Mittlerweile haben sich bereits ganze Bauunternehmen ausschließlich auf Arbeiten für die Windenergie spezialisiert. Gert Schwarz, Geschäftsführer der G. Schwarz Bauunternehmen GmbH aus Harth, kam nach der Betriebsgründung im Mai 2000 schnell die Idee, seine zwölf Mitarbeiter nur im Bereich der Windenergie einzusetzen: "Die Auftragslage ließ schnell erkennen, dass das ein zukunftsträchtiger Markt ist." Etwas nachdenklich stimmen ihn nur die lauter werdenden Bürgerproteste. "Das könnte dem Unternehmen einen Dämpfer verpassen. Aber die nächsten drei bis vier Jahre sehe ich gesichert."

      Den Bau-Boom im Bereich der Stromversorgung durch Windkraft sehen auch die Banken mit Freude. Einige haben inzwischen eigene Abteilungen für diesen Investitionszweig angelegt. Hubert Rochel, Mitarbeiter der Commerzbank Paderborn, weiß um die wichtige Rolle der Windkraftenergie für die heimische Wirtschaft:

      "Die Investitionen steigen in diesem Bereich enorm. Davon profitieren nicht nur Bauunternehmen oder Windkraftanlagenhersteller, sondern auch Banken und Steuerberater. Das ist ein weitreichendes Gebiet."

      Eine Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bestätigt die optimistischen Erwartungen der Paderborner Unternehmen.

      Investitionen für Windkraft werden noch steigen

      So werden die Investitionen für die Energiegewinnung aus der Luft in den nächsten Jahren noch zunehmen. Der Anteil der Stromgewinnung aus Windenergie soll sich auf fünf Prozent verdoppeln.

      Auch heimische Firmen, die auf andere erneuerbare Energien gesetzt haben, schauen positiv gestimmt in die Zukunft. So plant zum Beispiel das Biohaus in Paderborn zusammen mit Isofoton, dem spanischen Hersteller von Photovoltaikanlagen (Nutzung von Sonnenenergie), ein Werk im Kreis Paderborn. 80 bis 100 Arbeitsplätze sollen neu geschaffen werden.


      tja und das alles wird wohl aus den erlösen für den strom bezahlt!? irgendwann sollte sich so etwas auch selbst tragen.

      @cabinda

      ich freue mich, wenn ich dir mit meinen postings anregungen gebe und kann das nur zurück geben. wenn man mal betrachtet über was für einen zeitraum wir hir nun mehr oder weniger einen privattalk führen ist das schon echt gut. ich möchte die beiträger der "gäste" nicht ungenannt lassen, aber es wäre nicht schlecht wenn der eine oder andere sich entschließen könnte dabei zu bleiben.

      zu greenpeace möchte ich noch mal etwas sagen. ist es nicht komisch das fast jeder in der modernen welt sie kennt, aber sie in den letzten jahren, vor allem seit den französischen atomversuchen, fast in der versenkung verschwunden sind?
      ich glaube sie tun sich sehr schwer die für sie neuen mittel
      der medien (zb. gut gemachte werbebotschaften)anzunehmen.
      auch der flopp mit ihrem 1 liter auto schmerzt dort wohl.
      viel geld für eine technische entwicklung die fast keine interessenten hat und nur am rande erwähnt wird.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 14.08.01 10:49:18
      Beitrag Nr. 109 ()
      Wie vor einiger Zeit versprochen - meine Sichtweise - kurz und knapp:

      Eigentlich kann die Welt nur gerettet werden, wenn sich ein neues großes Paradigma durchsetzt, welches dem wahnsinnigen Treiben ein Ende setzt.

      Ich träume von einer harmonischeren, vernünftigen weniger triebbestimmten Gesellschaft. Das kann nur durch kulturelle Evolution geschehen und niemals perfekt erreicht werden. Die biologische Evolution läuft viel zu langsam. Kulturelle Evolution findet statt, in dem sich neue Paradigmen (= große „Sichtweise“ oder „common sense“) nach und nach durchsetzen, weil die alten nicht mehr funktionieren. Ich glaube (oder hoffe) dies geschieht gerade. Mein Pessimismus ist verkleideter Optimismus, weil ich mir gerade durch Krisen, die früh genug kommen, (Wirtschaft oder Umwelt) ein Beschleunigung dieser kulturellen Evolution verspreche. In einem solchen neuen Paradigma könnte die grose katastrophe verhindert werden, weil der große top-down Ansatz dann durch die vernünftige „Grundausrichtung“ auch zu vernünftigen Handlungen auf der Mikro-Ebene führen würde – was jetzt absolut nicht der Fall ist, was man bei genauem hinsehen jeden Tag tausendfach beobachten kann!

      Insgesamt glaube nicht an Schuld und Verantwortung. Jeder ist determiniert durch seine Gene, durch seine Sozialisation und durch die „Umstände“ im Kleinen und im Großen.
      Theoretisch würden Personen mit exakt gleichen Genen, sozialen Umfeldern und Umständen exakt gleich handeln. Das gilt für Jack the Ripper ebenso wie für Mutter Theresa. Wir müssen im Rahmen des jeweils herrschenden Paradigmas allerdings so tun, als gäbe es Schuld und Verantwortung, denn sonst könnte die Gesellschaft nicht funktionieren. Die „Jack the Ripper`s“ haben einfach Pech gehabt.
      Was gut und schlecht ist wird also neben „Selbstverständlichkeiten“ (z.B. die 10 Gebote – und selbst die werden eigentlich in unserem Wahn nicht mehr befolgt),
      durch das herrschende Paradigma definiert. Hier befinden wir uns in einer gewaltigen Schieflage.

      Grob zusammengefasst kann man sagen, dass jemand gut und erfolgreich ist, wenn er möglichst viele Rohstoffe und Energie zu Müll verarbeitet.
      Bildhaftes Beispiel: Michael Schumacher ist ein Held, weil er mit einem durch Verbrennungsmotor angetrieben Fahrzeug am schnellsten im Kreis herum fahren kann. Dafür bekommt er 100 Million DM im Jahr.
      Müll kann auch immateriell definiert werden, wenn man sich z.B. die Fernshprogramme anschaut. Die Veränderung der Maßstäbe (Sozialisation und Umstände) machen den Paradigmenwechsel aus. Das Entropie-fördernde schneller, höher, weiter muss durch Nachhaltigkeit ersetzt werden.
      Avatar
      schrieb am 28.08.01 08:59:40
      Beitrag Nr. 110 ()
      hallo stormy,

      ich hoffe nicht, dass man sich sorgen um dein "seelenheil" machen mußt. es schwingt doch etwas pessimismus durch wenn man deine zeilen ließt.
      ich will sie auch garnicht weiter verargumentieren, da es deine meinung ist, doch eins möchte ich anmerken:

      die spanne zwischen dem machbaren und dem wünschenswerten idealzustand ist immer so breit, dass man sich bei einem versuch die seiten mit einem spagat zu verbinden wahrscheinlich den sa.. aufreißt. (entschuldige die drastische formulierung) aber genau da sehe ich eben die grenze des machbaren. es tut weh wenn man "verändern" will. und am schmerz scheitert es dann. heute noch mehr als früher, denn heute gibt es ausweichmöglichkeiten (mittelmaß), früher meist ein "entweder oder"!

      ich möchte dir einen tip geben. ließ mal Ayn Rand

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 30.08.01 16:16:40
      Beitrag Nr. 111 ()
      Zu Ayn Rand: (geklaut im Netz)

      Ayn Rand hat den Begriff Egoismus neu definiert. Es ist für sie die legitime und kompromißlose Wahrnehmung der Eigeninteressen.
      "Ich schwöre bei meinem Leben und meiner Liebe zum Leben, nie um eines anderen Menschen willen leben zu wollen, noch von einem anderen Menschen zu verlangen, daß er um meinetwillen lebt" lautet ein Kernsatz aus "Atlas Shrugged". Der unterschied zu herkömmlichen Egoismußbegriff liegt im zweiten Teil der Aussage. So darf der wahre Egoismus nicht verwechselt werden mit blinder bornierter Ichsucht. Das erste ist das Ergebnis eines analytischen, wertorientierten Denkprozesses, letzteres beruht auf reinen gelüsten und Launen.



      "Amerika beruht nicht auf selbstlosen Dienst am Nächsten, auch nicht auf Selbstaufopferung, Entsagung oder irgendeine Form von Altruismus. Das Fundament dieses Landes ist vielmehr das Recht eines jeden Menschen, sein Glück zu verwirklichen. Sein ureigenes Glück. Nicht anderer Leute Glück." läßt sie ihren Titelhelden in "The Fountainhead" sagen.
      Anerzogener Altruismus, bei dem jede Handlung für andere gut ist und jede eigennützige Tat von vornherein schlecht ist, wird von Objektivsten in all seinen Erscheinungsformen abgelehnt. Beim Prinzip der Nächstenliebe kann ein Mensch immer nur darauf hoffen, daß andere aus einem irrationalem Moralbegriff heraus sich gelegentlich für ihn aufopfern, so wie er sich widerstrebend für sie opfert. Laut Rand ein "moralisch verordneter Selbstverleugnungsideal, der früher oder später in psychischer Verkrüppelung endet." Jesus Bergpredigt hielt sie für eine "böse Verdummung".


      Objektivismus bedeutet auch streng rationale Logik, die den Entscheidungsprozessen zugrunde liegt. Rational ist so auch der jedem lebenden Organismus angeborenen Überlebenstrieb. Daraus folgert Rand: "Leben ist ein fortwährender Prozeß der Selbsterhaltung, was das Leben fördert und vorwärtsbringt ist gut, was es behindert oder bedroht ist schlecht."


      Selbstverwirklichung ist, laut Rand, die Lebensaufgabe, der sittliche Maßstab und die Voraussetzung für das Glück eines Menschen. Dazu muß man sich ein persönliches Wertesystem klar definieren, daß man dann vernunftgesteuert und emotionsfrei verfolgt und kompromißlos verteidigt.
      Menschliche Intelligenz spielt eine große Rolle im Objektivismus und wird über alles verehrt. Ein Beispiel für diese Glorifizierung findet sich in "The Fountainhead": "Ich würde den großartigsten Sonnenuntergang gegen einen Blick auf die Skyline von New York tauschen; sie ist der sichtbar gewordene Menschenwille" schwärmt einer ihrer Helden, "Wozu brauchen wir eine andere Religion? Da pilgern Leute zu irgendeinem verpesteten Loch im Dschungel um einen zerbröckelnden Tempel, einen schieläugigen, von aussätzigen Wilden verfertigten Götzenungetüm mit Kugelbauch, ihre Huldigungen darzubringen. Wollen sie Schönheit und Genie sehen? Suchen sie das erhabene?
      Sollen sie doch nach New York kommen und am Hudson Ufer niederknien."





      Mein Kommentar hierzu:

      Wenn ich Ayn Rand mit meiner Theroie (siehe vorletzter Beitrag in diesem thread)verbinde, komme ich zu dem Ergebniss, dass der "rationale Objektivismus" nicht funktionieren kann:

      Es gibt "von Natur aus" Looser und Winner (aus genetischen und "anerzogenen" Gründen. Den "Winnern" wird die A.R. -Philosophie gefallen aber die "Looser" werden auf Dauer immer in der Mehrheit sein, weil die "Winner" durch Vermehrung und Vererbung ihres Kapitals immer reicher und in der Anzahl weniger werden. Irgendwann kippt dass System, weil die "Looser" gewaltsam oder demokratisch dagegen vorgehen werden, auch wenn dies von der Verfassung nicht "erlaubt" ist - Papier ist bekanntlich geduldig.

      Systeme sind stabil bis sie kippen. Irgendwann kippt jedes System, weil ohne dieses Kippen werder biologische noch kulurelle Evolution möglich ist. Zur Zeit stehen wir halt - nach relativ langer Stabilität - auch in der westlichen Welt wieder vor einem "kippen". Schaut Euch die Charts von Verbräuchen, Entwicklungen, Beschleunigungen und Verfeinerungen an. Egal wohin man sieht: Nach oben ist nicht mehr viel Platz!

      Es gibt keine auf Dauer stabilen Systeme. An einen Punkt gerät jedes System aus dem Gleichgewicht und die Karten werden neu gemischt!
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 19:45:21
      Beitrag Nr. 112 ()
      ich persönlich glaube schon das nach oben noch viel platz ist, denn in jeder phase haben veränderung und neuformierung den weg nach "oben" wieder erweitert. selbst oder gerade kriege haben diesen motor angeheitzt.
      heute leben wir in einer phase des stetigen krieges. irak, israel, serbien, ruanda, afganistan und und und. der zeithorizont für das "kippen" ist nach meiner meinung nicht zu definieren. die zentren der macht sind in allen mitteln der sicherung ihrer interessen geübt und sind nicht mal mehr durch eine weltwirtschaftskriese zu entmachten, da sie diese sogar steuern können.
      es ist nicht mehr die sucht der alten regieme und führer, die die welt erobern und versklaven wollten in der wörtlichen form. heute werden galant geldmittel und wirtschaftskraft benutzt um das ziel der "globalen" macht zu erreichen. das ziel ist allerdings das selbe, die macht über alles.

      "folge dem weißen hasen"

      rand hab ich deswegen angeführt, weil sie zeigt wie klar die eigene sicht sein kann, wenn man "seiner" philosophie folgt und wie sich die sicht auf die philosophie der anderen verklärt. das zeigt in welchen strudel von egoismus die menschen stecken. jeder mensch hat zuerst seine "werte" bevor er über die "welt" als ganzes nachdenkt. das ist es was ich gemeint habe mit dem satz:
      ...es tut weh wenn man "verändern" will. und am schmerz scheitert es dann. heute noch mehr als früher, denn heute gibt es ausweichmöglichkeiten (mittelmaß), früher meist ein "entweder oder"!
      und #104 hab ich geschrieben:
      früher konnte man millionen menschen zu aufständischen machen und mit annähernder waffengleichheit für veränderung kämpfen. heute geht das nicht mehr.

      jetzt bin ich hoffentlich nicht zu weit abgeschweift.

      wir haben viel philosophiert und die umwelt fast vergessen. aber das wird wieder.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 23:20:53
      Beitrag Nr. 113 ()
      hi zusammen,

      ihr habt hier soviele themen angesprochen, die es in sich haben, da raucht einem ja der kopf... ich versuche mal nach und nach, ein paar gedankengänge aufzugreifen. stormy, zunächst mal zu dem begriff `kulturelle evolution`: eine weniger triebbestimmte gesellschaft kann nur durch kulturelle evolution entstehen und niemals perfekt erreicht werden. die biologische evolution läuft viel zu langsam.: du wünschst dir eigentlich eine schnelle krise, damit der ist-zustand schnell überwunden werden und eine bessere welt entstehen kann. hm, mir gefällt das nicht. die idee des kulturzusammenbruchs als `reinigendes instrument` wurde m.w. im letzten jahrhundert angedacht, in den 30er jahren dieses jahrhunderts weiterentwickelt und in den 70ern von teilen der linken erneut aufgegriffen.

      zunächst einmal sehe ich die kultur an sich als mittel, der gesellschaft den spiegel vorzuhalten (theater, literatur, presse). ich versuche mal, meine sicht der funktion von kultur und ihrer entwicklung mit hilfe einer theorie von rolston zu erklären, einem gemässigten ökofunktionalisten:

      `in der natur generiert ein ökosystem spontane ordnung, eine ordnung, die sich in reichhaltigkeit, schönheit, integrität und dynamischer stabilität ausprägt und diese eigenschaften den teilen wechselseitig vermittelt und von ihnen empfängt. rolston zieht zum vergleich menschliche gemeinschaftsphänomene wie sprache, märkte, wissenschaft und religion heran, in denen zwar einzelne menschen ihre interessen verfolgen, die aber nicht vollständig mit bezug auf aggregierte individuelle interessen erklärt werden können. (...) auch dem kybernetischen prozess von computern muss man dann ähnlich wie der sprache, dem markt und dem ökosystem reichhaltigkeit, schönheit, integrität und dynamische stabilität zuschreiben. gleiches gilt für das bewegungs- und gravitationssystem der planetenbahnen unseres sonnensystems.` (aus: dietmar v.d. pfordten, ökologische ethik).

      also, ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine losgelöste kulturelle evolution im sinne von zerfall und neuer auferstehung gibt, denn die kultur ist nur teil eines grossen gefüges, dessen einzelelemente schwankungen unterlegen sind, das aber als gesamtheit (system)stabil bleibt und sich entsprechend nur in diesem rahmen verändert.

      kulturelle evolution findet statt, indem sich neue paradigmen (common sense) durchsetzen, weil die alten nicht mehr funktionieren.: da gehe ich mit, aber in obigem sinne: meiner meinung nach muss nicht jedes system zwangsläufig kollabieren. trotz all der eingriffe des menschen ist auch das system `natur` bislang nicht kollabiert, sondern passt sich z.t. an (als völlig beliebiges beispiel nimm mal den vogel in der grossstadt). veränderungen sind angesagt, aber das stichwort heisst DYNAMISCHE STABILITÄT.

      was börse angeht, hat eine renommierte hamburger werbeagentur (scholtz & friends?) z.b. als neuen trend schlicht `eigenverantwortlichkeit` ausgemacht - und das beziehe sich auf weit mehr bereiche als nur das anlageverhalten (z.b. start-ups, da sind viele gescheitert, trotzdem gibt es einen ungebrochenen mut zur selbständigkeit, nur lernen jetzt die new-economy-firmen von den old-ecos - und umgekehrt). vielleicht erstreckt sich ein solcher trend langfristig auch auf das konsum- und umweltverhalten.

      ich glaube nicht an schuld und verantwortung (...) theoretisch würden personen mit exakt gleichen genen, sozialen umfeldern und umständen exakt gleich handeln.: nein, das kann nicht sein. jeder mensch hat in jeder sekunde seines lebens die chance, eine neue erfahrung zu machen und aus ihr zu lernen. insofern hat auch jeder schuld und verantwortung.

      so, für heute habe ich genug philosophiert. aber lasst uns diesen zweig ruhig weiter verfolgen, mir gefällt es gut, wenn man gelegentlich neben dem hauptthema ein paar abstecher intensiver verfolgt, weil das dem übergeordneten thema nur nützen kann - und speziell bei diesem thema muss man wohl so global wie möglich denken. demnächst wieder etwas mehr zum thema umwelt, ich habe noch ein paar ideen zu den stichworten greenpeace, globalisierung, attac u.a. in der pipeline.

      schönen abend
      gruss
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 05.09.01 12:10:46
      Beitrag Nr. 114 ()
      Hat von Euch schon mal jemand von der Agenda 2000 gehört?
      Hier werden Milliarden von Euros in die Dauerhafte Entwicklung investiert, z.B. 45 Milliarden Euro alleine für Griechenland.
      Wofür werden die Mittel verwendet?
      Ca. 80% für Wasser, Energie, KMU,s und ländliche Entwicklung. Dafür schmeisst man auch einen hochdotierten Job als IT Manager weg, investiert, baut ein Unternehmen auf und realisiert Sustainability. Statt für Aktien Geld zu verschwenden, Direkt-Investitionen in ein Unternehmen, welches ökologische Ökonomie "vor Ort" und sozial integriert umsetzt, ich wüsste eines -smile-
      Grüsse von einem Praktiker, Gratulation zu diesem Thread
      Avatar
      schrieb am 06.09.01 10:55:49
      Beitrag Nr. 115 ()
      @watertrust

      nur zwei fragen, wolltest du die förderung für ein neues unternehmen um förderungen für vrschiedene einzelprojekte zu erhalten und andere zu stützen oder willst du ein eigenes projekt aufbauen und installieren?
      bei allem, außer wind, könnte ich mir das gut vorstellen. auch für einige die man so vordergründig nicht erkennt und doch die möglichkeiten der förderung haben.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 06.09.01 11:06:56
      Beitrag Nr. 116 ()
      auszug aus der agenda 2000


      Neue Technologien werden immer rasanter entwickelt und kommen in immer mehr Bereichen zum Einsatz. Technische Neuerungen werden weitreichende Auswirkungen auf alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens haben. Es bedarf besonderer Anstrengungen, um die neuen Möglichkeiten der Arbeitsorganisation zu nutzen und dabei Flexibilität mit individuellen Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Der technologische Wandel kann zur Steigerung der Produktivität beitragen, indem er Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arbeitskräfte erweitert, Arbeitsmittel verbessert und Produktionsprozesse vereinfacht. In den Bereichen, in denen diese Kombination besonders erfolgreich ist, wie etwa in der Informationsgesellschaft, in der Bio- oder der Umwelttechnologie, bietet der technische Fortschritt beträchtliche Chancen für Wachstum und Arbeitsplätze. Um dieses Potential voll auszuschöpfen, muß in Forschung, in neue Anlagen und Managementstrukturen sowie in Maßnahmen zur kontinuierlichen Qualifizierung der Humanressourcen investiert werden. Der technische Fortschritt sollte dabei allen Teilen der Gesellschaft zugute kommen.

      Die gegenwärtige Umstrukturierung der Märkte und Unternehmen, die durch Innovation, Wettbewerb und internationalen Handel ausgelöst wurde, wird durch die Schaffung des Binnenmarkts beschleunigt und zur Modernisierung der Verarbeitungsindustrie führen, während gleichzeitig der Dienstleistungssektor rasch wachsen wird, was vor allem die Entstehung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) begünstigt. Auch der öffentliche Sektor wird sich entsprechend anpassen müssen.


      da brauch man ein gutes team, denn allein das beantragungsverfahren, nach der ideenfindung, wird zeit verbrauchen, die man "überleben" muß. was nicht heißen soll, dass ich es als unmöglich betrachte.

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 07.09.01 09:11:16
      Beitrag Nr. 117 ()
      @cabinda

      das was du zuletzt geschrieben hast sehe ich ähnlich. ich bin überzeugt, das es keinen radikalen umbruch mehr geben kann, der die machtverhältnisse noch mal so verändert wie die russische revolution 1918 oder wie nach dem 2. weltkrieg 1945. wenn doch ist das nach meiner meinung das kaos und das ende.
      ich glaube das man mit einflußnahme auf die gesellschaftlichen entscheidungen durch meinungsbildung und aufklärung verändern kann. das wort ist bekanntlich die schärfste aller waffen. nur die in der deffensive sind oder auf seiten der aufklärer, gebrauchen dieses mittel der aufklärung nicht intensiv genug. sie schaffen die plattformen nicht oder nutzen die möglichen nicht richtig aus. nicht mehr der vordergründige revolutzer wird etwas großes erreichen, sondern der der die spielarten der gesellschaft für die durchsetzung seiner ziele gebraucht. das machen leute mit macht ständig mit einer gelassenheit und mit einer wirksamkeit auf die masse, dass man fragen muß, warum veränderer die neues tun wollen sich damit so schwer tun, sich und ihre ziele zu präsentieren.
      ich komme immer wieder auf diesen punkt, da noch niemand mich davon überzeugt hat, das es einen anderen weg gibt.
      zu attac z.b. jetzt die blamage mit tobin. da schart man kluge leute um sich und leistet sich dann so eine entgleisung. einen mann und seine ideen ohne rücksprache und abstimmung zu gebrauchen. seine ideen kann man nutzen und gut heißen, aber ihn dann noch als symbolfigur zu gebrauchen ist falsch, da er noch lebt und selbst stellung beziehen muß um seiner eigenen philosophie gerecht zu werden.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 22:55:48
      Beitrag Nr. 118 ()
      @haispeed
      nicht mehr der vordergründige revoluzzer wird etwas großes erreichen, sondern der der die spielarten der gesellschaft für die durchsetzung seiner ziele gebraucht.
      ja, das ist genau das problem! mal persönlich gesagt, mir geht es damit so: für das thema wirtschaft interessiere ich mich erst seit drei jahren, und ein grund dafür, mich intensiv mit den finanzmärkten zu beschäftigen, war das buch `die globalisierungsfalle`, ein anderer im folgenden, welche auswirkungen die globalisierung auf die umwelt und unsere zukunft im allgemeinen haben könnte. je mehr ich mich damit beschäftige, desto spannender wird es, vor allem, wenn sich zusammenhänge von hier nach dort ergeben (manchmal geht es soweit, dass ich nicht weiss, ob ich etwas hier oder in den reinen börsen-und märkte-thread schreiben soll.)

      ich glaube wie du, dass man nur etwas bewirken kann, wenn man sich a) durchblick verschafft - aber das wird im chaos des informationszeitalters eher schwieriger als leichter - und dann eben b) auch die neuen wege wie internet als medium nutzt, um informationen weiterzugeben. das versuchen wir z.b. hier. wir sind aber nicht mit dem `globalen denken` gross geworden. vielleicht gelingt es der nächsten generation, die jetzt in das informationszeitalter hineinwächst, komplexe zusammenhänge zu erfassen, übergeordneter zu denken und zu handeln - es ist eigentlich meine hoffnung, sozusagen im sinne `kultureller evolution`. wir haben doch alle angst, zu solchen themen wie diesen stellung zu nehmen, weil wir ja zuwenig wissen. mir selber geht es jedenfalls so und ich höre es auch von leuten, die sich `eigentlich gut auskennen` in diesen bereichen. als laie macht es mir sehr viel mühe, mich in einzelthemen einzuarbeiten. wirtschaft, globalisierung, umwelt und zukunft sind dermassen komplex, dass man fast nur scheitern kann, wenn man versucht, ein klares statement oder gar eine feste prognose abzugeben. wenn man sich aber von dieser angst befreit und als basis nimmt `ich weiss nur, dass ich nichts weiss`, dann kann es sehr spannend werden.

      wo wir doch kürzlich über greenpeace gesprochen haben: dort werden die möglichkeiten der neuen medien offensichtlich noch nicht richtig erkannt. weder sieht man werbung im fernsehen noch hält die homepage, was sie verspricht. die themen, die ich dort hoffnungsfroh angeklickt habe, entpuppten sich als artikel, die vor jahren erschienen sind! hier wird meiner meinung nach ein grosses potential verschenkt. greenpeace bekommt eine entsprechende mail von mir.

      was die unbeholfenheit im globalen denken betrifft, geht es den meisten profis und politikern offenbar nicht viel anders als den meisten von uns laien. der eine ist hier spezialisiert, der andere dort. ich komme mal auf attac zurück, das ist ein sehr interessantes thema, finde ich, denn der streit bzw. annnäherungsversuch zwischen den grünen und der attac spiegelt die problematik wider, die wir hier andiskutiert haben. es gab neulich ein taz-gespräch zwischen kerstin müller und sven giegold von der attac, und als ich das las, war ich fast gerührt von der stümperhaftigkeit auf beiden seiten (richtig tröstlich!). sie sei ihnen verziehen, sie geben sich jedenfalls mühe!

      (ich muss es auf mehrere beiträge aufteilen, weil der server sonst probleme macht.)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 23:04:21
      Beitrag Nr. 119 ()
      zur einführung noch ein paar worte vorweg:

      für unseren grünen aussenminister ist der protest gegen die globalisierung nur `abgestandener antikapitalismus`, sein weggefährte daniel cohn-bendit hat ihn deshalb scharf kritisiert. kerstin müller als fraktionsvorsitzende der grünen sucht nun den dialog: `wir haben diese bewegung unterschätzt.`

      die partei diskutiert derzeit den entwurf für ihr neues grundsatzprogramm. im mittelpunkt stehen dabei die auswirkungen der globalisierung.

      attac ist ein anti-liberalisierungs-netzwerk, dem rund 1000 personen und organisationen angehören, ein träger des protests gegen die globalisierung (www.attac.netzwerk.de).

      hier das gespräch, und dann gleich noch ein kommentar von mir zu attac, den grünen und der tobin-steuer. auch wenn ich glaube, dass sich die tobin-steuer nicht durchsetzen wird, ist die folgende debatte m.e. eine, die noch eine menge schlagzeilen bringen wird:


      Sie sind ja richtig gemäßigt"

      taz: Frau Müller, war in Prag, Göteborg und Genua die neue Außerparlamentarische Opposition auf der Straße, die etablierte Parteien wie die Grünen in die Bredouille bringt?

      Kerstin Müller: Ich kenne die APO nur aus den Geschichtsbüchern. Aber es ist sicherlich eine wichtige soziale Bewegung, die da im Entstehen ist. Und ich würde auch von grüner Seite einräumen, dass wir das unterschätzt haben.

      Vor 20 Jahren wären die Grünen selbst mit dabei gewesen. Nun attackiert man sie als Teil des Systems. Eine schmerzhafte Erfahrung?

      Müller: Wir müssen jetzt eben unsere Hausaufgaben machen. Wenn ich mir die Forderungen von Attac anschaue, stellt sich auch für sie die Frage der Durchsetzbarkeit. Und da möchte ich prognostizieren, dass man dafür auch eine parlamentarische Kraft braucht.

      Bieten Sie Attac Gespräche an?

      Müller: Natürlich. Ich bin für einen intensiven Dialog.

      Und würde Attac das Angebot annehmen?

      Giegold: Wir wissen, dass unsere Forderungen nicht auf der Straße beschlossen werden. Wenn ähnliche Interessen bestehen, sind wir natürlich bereit, an einzelnen Punkten zusammenzuarbeiten. Leider aber steht zum Thema "Globalisierung" verflixt wenig Konkretes in dem neuen grünen Grundsatzprogramm, das dieses Wochenende in Bremen diskutiert wird. Zur Entwicklungspolitik zum Beispiel höre ich von den Grünen fast nichts.

      Müller: Das stimmt doch nicht. Wir haben sogar in der Regierung zwei kompetente Personen, die an diesen Themen intensiv arbeiten: die parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Uschi Eid, und den Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer. Die Bilanz der Entwicklungspolitik von Rot-Grün kann sich sehen lassen - das ist vor allem den Grünen zu verdanken. Ohne uns wäre zum Beispiel die Entschuldungsinitiative für die Entwicklungsländer, die 1999 in Köln beschlossen wurde, gar nicht in Gang gekommen. Den 39 ärmsten Ländern werden 70 Milliarden US-Dollar erlassen. Allein der deutsche Anteil beträgt 11 Milliarden Mark.

      Giegold: Sie stellen das als großen Durchbruch dar, obwohl die Entwicklungsländer insgesamt 2 Billionen Dollar Schulden haben. Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen.

      Müller: Wieso für dumm verkaufen? Die reichsten Länder, die G-8-Staaten, mussten erst einmal überzeugt werden. Das hat die Bundesregierung geschafft, und das ist ein wichtiger Erfolg.

      Das hört sich so an, als würden Sie die Bewegung und ihre Forderungen nicht ganz ernst nehmen?

      Müller: Nein, ich erwarte nur umgekehrt, dass man auch honoriert, was wir geleistet haben. Ich finde es sogar positiv, wenn es eine Bewegung gibt, die uns immer wieder drängt. Ich möchte nur, das man vernünftig mit uns redet - zum Beispiel über die Tobin-Steuer.

      Tragen Sie diese Forderung denn mit?

      Müller: Aber sicher, und meine Fraktion auch. In der letzten Legislaturperiode - 1998 war das - haben wir einen Antrag dazu eingebracht. Nur müssen wir uns halt die Frage stellen: Wie lässt sich das denn umsetzen? Es gibt da ja viele offene Punkte: Wer zieht diese Steuer überhaupt ein, die auf grenzüberschreitende Spekulationsgewinne erhoben werden und Finanzkrisen mildern soll? Wie werden die Einnahmen international verteilt? Haben Sie einen Vorschlag?

      Giegold: Selbstverständlich gibt es Vorschläge. Mehrere hundert Ökonomen haben eine Erklärung dazu unterschrieben. Man muss es nur wollen - und da habe ich bei den Grünen angesichts ihres Verhaltens in der Bundestagskommission zur Globalisierung doch meine Zweifel.

      Müller: Wir sind dafür, aber als Regierungspartei müssen wir nun mal die Frage beantworten, wie eine solche Steuer umgesetzt werden kann. Und das ist kompliziert. Jedes Land müsste diese Steuer erheben, damit sie wirkt, was aber ziemlich unrealistisch ist. Selbst wenn sich nur die G-8-Länder und die wichtigen Börsenstandorte beteiligen würden, brauchten wir die Zustimmung der USA und Großbritanniens. Wenn ich aber an die Demonstrationen in Genua denke, wollen Sie doch, dass wir gar nicht mit denen reden, weil der G-8-Gipfel des Teufels ist.

      Giegold: Das ist eine Unterstellung. Was Ihr Ansehen bei uns sehr steigern würde: Bringen Sie einen Antrag ein in den Bundestag, machen Sie ein grundsätzliches Votum zur Besteuerung von Devisentransaktionen. Wenn Deutschland als drittgrößte Wirtschaftsnation erklären würde: "Wir finden dieses Instrument gut", dann würde uns das einen guten Schritt vorwärts bringen.

      Müller: Ich bin ja richtig enttäuscht, wie gemäßigt Ihre Forderungen sind.

      Giegold: Bringen Sie den Antrag nun ein oder nicht?
      Müller: Wenn der Koalitionspartner mitmacht, werden wir das tun.

      Attac wirft den Grünen seinerseits vor, dem freien Markt zu huldigen. Welche Positionen sind Ihnen zu wirtschaftsfreundlich?

      Giegold: Wenn man das neue Grundsatzprogramm liest, gibt es da nur ein Problem der Armut. Ein Problem zu großen Reichtums kennen Sie dagegen nicht.

      Müller: Das ist Unsinn. Für uns sind natürlich Armut und Reichtum wichtige Themen. Aber was soll man denn Ihrer Meinung nach tun?

      Giegold: Zum einen die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Außerdem brauchen wir eine vernünftige Erbschaftsteuer. Wissen Sie eigentlich, wie hoch die tatsächlich gezahlte Erbschaftsteuer heute ist? Drei Prozent im Durchschnitt. Lächerlich. Und drittens sind wir gegen die Senkung des Spitzensteuersatzes für die reichsten Bevölkerungsschichten. Das haben gerade die Grünen in der Koalition massiv forciert.

      Müller: Wir sind doch für die Wiedereinfühung der Vermögensteuer. Aber dafür haben wir leider keine Mehrheit im Bundesrat. Wir haben im Übrigen die Erbschaftsteuer erhöht. Und wir sind auch bereit, sie weiter anzuheben. Bedenken muss man aber Folgendes: Das Kapital ist ein scheues Reh, und wenn man die Schraube zu stark anzieht, macht es sich auf und davon - nach Monaco, nach Liechtenstein.

      Giegold: Skandinavische Länder leben gut mit ihren hohen Steuersätzen von fast 60 Prozent. Die Bevölkerung dort empfindet das als fair. Sie haben noch nicht ausreichend begründet, warum man Steuergeschenke an die Reichen verteilen muss.

      Müller: Es gibt solche Steuergeschenke nicht. Wir haben im Gegenteil mit der Steuerreform untere und mittlere Einkommen sowie Familien mit Kindern massiv entlastet - allein mit 45 Milliarden Mark in diesem Jahr. Im Übrigen senken wir auch den Eingangssteuersatz bis 2005 auf 15 Prozent. Es ist einfach falsch, nur auf den Spitzensteuersatz zu gucken, den ja vorher kaum jemand bezahlt hat.

      Nachdem wir die Steuerschlupflöcher zum großen Teil geschlossen haben, zahlen jetzt den abgesenkten Spitzensteuersatz wesentlich mehr Leute als vorher. Das hat mit Neoliberalismus überhaupt nichts zu tun, das ist vielmehr Umverteilung zugunsten unterer Einkommen.
      Auf den Straßen treten die Demonstranten mit radikalem Gestus auf. Keine Veranstaltung ohne brennende Barrikaden. Ist Attac eine systemkritische Gruppe?

      Giegold: Wir haben keine Geamtphilosophie zur Ordnung der Wirtschaft. Wir sind ein breites Bündnis zur Durchsetzung bestimmter Kernforderungen. Deshalb äußern wir uns nicht dazu, was man vom Kapitalismus im Allgemeinen zu halten hat. Da versuchen wir auch keinen Konsens unter den verschiedenen Gruppen herzustellen. Wir sind aber alle darin einig, dass einige Reformen stattfinden müssen.

      Was will diese Bewegung, was treibt sie an?

      Giegold: Es geht um die Regulierung des wild gewordenen Kapitalismus. Wir wollen keine weitere Liberalisierung des globalen Handels, solange nicht Umwelt- und Sozialstandards eingeführt worden sind. Die Grünen setzen sich zum Beispiel dafür ein, eine neue Runde der Liberalisierung durch die Welthandelsorganisation einzuleiten. Auch das macht keine andere grüne Partei. In zwei Monaten, wenn die Welthandelsorganisation in Katar verhandelt, wird dieser Konflikt zwischen uns und den Grünen auch sehr deutlich werden.

      Müller: Nicht die WTO ist des Teufels, sondern die Macht der Entwicklungsländer am Verhandlungstisch muss gestärkt werden. Wir haben etwa einen Etat zur Verfügung gestellt, damit ärmere Länder Verhandlungsstrukturen aufbauen können. Auch die WTO muss sich für die Tobin-Steuer einsetzen. Ich sage Ihnen: Die weitere Liberalisierung ist nicht aufzuhalten. Deshalb setzen wir uns für internationale Abkommen ein, die soziale und ökologische Standards global verankern - in der WTO, in der UNO. Es geht um Regulierung.

      Giegold: Natürlich ist sie aufzuhalten. Regierungen haben doch die Zölle international gesenkt und die Märkte geöffnet. In der nächsten WTO-Runde sollen ja ganz neue Bereiche, die öffentlichen Dienstleistungen, liberalisiert werden: Wasser, Schule, Bildung. Ich kann nicht akzeptieren, dass die deutschen Grünen diese WTO-Politik unterstützen.

      taz Nr. 6532 vom 25.8.2001, Seite 3, 280 Interview KATHARINA KOUFEN / HANNES KOCH
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 23:26:39
      Beitrag Nr. 120 ()
      Giegold: Wir haben keine Geamtphilosophie zur Ordnung der Wirtschaft. Wir sind ein breites Bündnis zur Durchsetzung bestimmter Kernforderungen. Deshalb äußern wir uns nicht dazu, was man vom Kapitalismus im Allgemeinen zu halten hat. Da versuchen wir auch keinen Konsens unter den verschiedenen Gruppen herzustellen. Wir sind aber alle darin einig, dass einige Reformen stattfinden müssen.

      und die attac`sche symbolfigur tobin sagt: ich kenne wirklich die details der attac-vorschläge nicht genau. die jüngsten proteste sind ziemlich widersprüchlich und uneinheitlich, ich weiss nicht einmal, ob das attac widerspiegelt.

      ich meine: ja. das ist nämlich der kernpunkt, warum eine solche organisation m.e. schon mittelfristig zum scheitern verurteilt ist. eine gruppe, die sich vornimmt, einfach nur `dagegen` zu sein (in diesem falle gegen die globalisierung) kann nicht mehr bewirken, als einen anstoss zu geben. das hat sie getan, und das ist gut so. man kann aber nicht konstruktiv arbeiten und überzeugend auftreten, wenn die geschlossenheit in darüber hinausgehenden bereichen fehlt, eben die gesamtphilosophie, denn mit dieser undifferenzierten einigkeit und differenzierten uneinigkeit fehlt die konkret umsetzbare zielsetzung. damit verschenkt nach meiner meinung so ein bündnis von vornherein viel kraft und potenzial.

      das einzige band, das sie zusammenhält, ist das gegen-die-globalisierung-sein. und auch dieses reisst schnell, wenn sich herr tobin höchstpersönlich meldet und sagt, er habe mit den revoluzzern nichts am hut. was macht attac? attac sagt: `attac ist durchaus für die globalisierung.` wie bitte? ist das einzige band auch noch gerissen? nein: `...aber für die globalisierung von sozialer gerechtigkeit, umweltschutz und demokratie.` aha! haben wir die kurve gerade noch mal gekriegt gegenüber der symbolfigur!

      die grünen haben eigentlich ein ähnliches problem. sie sind (in kleinerem massstab) in sich zerrissen und zerstritten, und darum ist ihre `waffe` nicht wirklich scharf. nun versucht man sich in dieser zerrissenheit, der etwas schwammig eingestellten attac gegenüber anzunähern ...oder soll ich mal lieber provokant sagen: anzubiedern? schröder folgt auf dem fuße. auch er hat nun sein herz für die globalisierungsgegner entdeckt und spricht sich auch nicht grundsätzlich gegen die tobin-steuer aus.

      p.s.: @watertrust,
      vielen dank für deinen beitrag, zum thema agenda2000 beim nächsten mal mehr!

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 09.09.01 22:40:39
      Beitrag Nr. 121 ()
      Klimawandel "das perfekte Verbrechen"

      Von Holger Kulick
      Das amerikanische Worldwatch-Institut beschuldigt die Industriestaaten wegen des wachsenden Ausstoßes von Treibhausgasen der "kollektiven Verantwortungslosigkeit". Derweil argumentiert Wirtschaftsminister Müller wie US-Präsident Bush, der Klimaschutz sei wirtschaftsschädlich.



      AP

      Ist der weltweite Kampf gegen die Klimakiller schon verloren?


      Berlin - Der heute in Berlin vorgestellte Worldwatch-Jahresbericht "Zur Lage der Welt 2001" beschreibt im Detail die absehbaren Folgen der Erwärmung der Erdatmosphäre. Dazu zählen Trinkwasserverschmutzung und -knappheit, das alarmierende Aussterben von immer mehr Amphibienarten, der Tod großer Korallenriffe und der folgenschweren Verlust von jährlich 14 Millionen Hektar Wald - eine Fläche von der Größe Griechenlands.

      "Der von Menschenhand gemachte globale Klimawandel hat das Potenzial, das perfekte Verbrechen neu zu definieren", heißt es in der deutschen Ausgabe des Reports. "Die Toten sind sichtbar, wir alle sind Zeuge". Aber weil es zu viele Täter gebe, könnten sich alle in "kollektiver Verantwortungslosigkeit" verstecken.

      Zwar "wurden einige kleine Auseinandersetzungen im Kampf um das ökologische Gleichgewicht der Erde gewonnen, der Krieg selbst jedoch ist verloren", schreibt der Biologe und Ökonom Christopher Flavin, seit vergangenem Jahr Präsident des renommierten und regierungsunabhängigen Instituts mit Sitz in Washington. Forstwissenschaftler und Biologen seien sich einig, dass "der enorme Verlust an Wäldern und das größte Artensterben, das die Welt seit 65 Millionen Jahren erlebt hat", nicht mehr rückgängig zu machen sei.

      Plädoyer für "ökonologische Revolution"

      Nur die osteuropäischen Staaten, Deutschland und Großbritannien seien dabei, die selbst gesteckten Ziele zur Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen zu erreichen, ermittelte Worldwatch. Die übrigen Industrienationen hätten ihre Emissionen dagegen unbeschränkt ansteigen lassen. In den USA, mit nur fünf Prozent der Weltbevölkerung Quelle von einem Viertel der gesamten klimaschädlichen Gase, sind die Emissionen seit 1992 um elf Prozent gestiegen. Zur gleichen Zeit stieg der Ausstoß in Kanada um 13, in Australien um 15 und Spanien sogar um 25 Prozent

      Um die schlimmsten Folgen noch abwenden zu können, müsste die Gruppe der führenden Industriestaaten und Entwicklungsländer sich für eine Entwicklungsstrategie nach dem Prinzip der so benannten "Ökonologie" einsetzen, fordert Flavin. Gemeint ist eine Synthese von Ökologie, Soziologie und Ökonomie. Zu dieser "E-9"-Gruppe zählt Flavin China, Indien, die EU, USA, Indonesien, Brasilien, Russland, Japan und Südafrika.




      Diese Länder würden 73 Prozent der weltweiten Treibhausgase erzeugen und müssten sich auf gemeinsame Ziele einigen, die sozialen und ökologischen Fortschritt höher gewichten als die bloße Steigerung der Warenproduktion. Eine solche "ökonologische Revolution" sei zugleich eine "Herausforderung an unsere Menschlichkeit".

      Bislang plane aber nur die kleine Nation Island die komplette Umstellung seines Energiesystems von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien und "könne damit zum Vorreiter im 21. Jahrhundert werden".

      Auf gutem Weg bleibt die Entwicklung in Deutschland stecken




      "Alleingänge lohnen sich" - Deutschland ist Windkraftexportland Nummer eins


      Und Deutschland? In Berlin feierten gestern Abend die Grünen und Umweltschutzorganisationen das einjährige Bestehen des "Erneuerbare-Energien-Gesetz" (EEG). Erstmals seien gegen den Widerstand der großen Energiekonzerne umweltfreundliche Energieerzeugungsarten durchgesetzt worden, wie Windkraft, Solarenergie und die Verbrennung von Biomasse, lobten die Festredner.

      Zugleich wurde aber deutlich, dass die Grünen mit einem weiteren Zukunftsprojekt vor dem Scheitern stehen. Per Gesetz sollte in diesen Tagen der Ausbau energieeffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) durchgesetzt werden, dieses Projekt stehe aber "jetzt auf der Kippe", warnte Gerhard Timm vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND).

      Just an diesem Abend war erneut eine Verhandlungsrunde über den Ausbau der klimaschonenden Kraft-Wärme-Koppelung bei der Stromerzeugung geplatzt. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) verwarf gemeinsam mit den Grünen ein Programm der Stromkonzerne und des Wirtschaftsministeriums, mit dem diese umweltschonende Technik nicht ausgebaut, sondern lediglich modernisiert werden soll. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Werner Müller bereits angekündigt, "wenn die Kommunen nicht einlenken, mache ich die Vereinbarung im Zweifel einfach ohne sie".

      Zugleich forderte Müller eine Anpassung der deutschen Klimaschutzpolitik an das Vorbild der Bremser in den USA und anderswo. Er empfehle "von der Praxis nationaler Alleingänge bei der Setzung ehrgeiziger Ziele abzurücken", sagte Müller in einem Interview mit "Focus" und argumentierte ähnlich wie US-Präsident Bush. Schließlich könnten weitere Sparmaßnahmen durch Klimaschutz "schon auf Wachstum und Arbeitsplätze niederschlagen".

      Fernduell mit Umweltminister Trittin

      Im "Fernduell" mit seinem energischen Widersacher aus dem Wirtschaftsministerium konterte Umweltminister Jürgen Trittin mit der positiven Arbeitsplatzbilanz durch den Ausbau der Windkraftanlagen, deren Anzahl in Deutschland von 623 im Jahr 1991 auf 9375 im Jahr 2000 gestiegen sei. Allein dadurch seien inzwischen 70.000 neue Arbeitsplätze entstanden und Deutschland nunmehr Windkraft-Exporteur Nummer eins, lobte der Umweltminister. Genau dies sei der Beweis, dass es lohne, sich "Chancen durch nationale Alleingänge nicht entgehen zu lassen".





      A R T I K E L V E R S E N D E N
      L E S E R B R I E F S C H R E I B E N



      © SPIEGEL ONLINE 2001
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      Avatar
      schrieb am 10.09.01 00:04:16
      Beitrag Nr. 122 ()
      hallo stormy, danke, morgen mehr dazu.

      @all

      hier noch eine link-liste für alle, die sich für das thema attac/tobin-steuer interessieren:

      http://www.taz.de/pt/2001/08/25/a0095.nf/text.name,askpE33Zf… - dann auf `forum` klicken


      http://www.taz.de/pt/.nf/search?tx=globalisierung&sdd=25&sdm…

      kanzler schröder: eine lanze für die globalisierungskritiker
      http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,155064,00.h…

      attac antwortet auf spiegel-gespräch:
      streiten sie mit uns, herr tobin!
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,154869,00.html

      kontroverse um die tobin-steuer: attac kontert die kritik /manager-magazin
      http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,152652,00.…

      noch etwas ganz anderes, was auch interessant ist: die natur passt sich an, und die unerwünschte evolution kostet viel geld :-)

      umwelt: der teure wettlauf mit der evolution
      http://www.spiegel.de/wissenschaft/0,1518,156014,00.html

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 12.09.01 12:27:03
      Beitrag Nr. 123 ()
      DBV befürchtet Investitionskollaps bei erneuerbaren Energien - 11.09.2001

      -----------------------------------------------------------
      Bonn/Berlin (agrar.de) - Das Präsidium des Deutschen bauernverbandes
      (DBV [1]) hat auf seiner heutigen Sitzung Bundeswirtschaftsminister Werner
      Müller aufgefordert, die neuen Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung
      erneuerbarer Energien umgehend außer Kraft zu setzen.

      Der DBV befürchtet, dass die Investitionen in der Biogasbranche um bis zu 70
      Prozent zurückgehen und eine Negativentwicklung auch für die Herstellerfirmen
      ausgelöst wird. Diese junge Branche hätte sich auf eine steigende Nachfrage durch
      Erweiterung der Produktionskapazitäten und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen
      vorbereitet. Viele der neu geschaffenen 2.000 Arbeitsplätze im Biogasbereich seien
      durch die geänderten Richtlinien direkt bedroht. Gerade in der Phase der
      Markteinführung seien die Kürzungen der Mittel zur Förderung der erneuerbaren
      Energien schädlich und müssten wieder zurückgenommen werden, forderte das
      DBV-Präsidium in einer verabschiedeten Entschließung.

      Die Änderungen der Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung
      erneuerbarer Energien vom 23. Juli 2001 seien ein gravierender Rückschritt für den
      aktiven Klimaschutz und widersprächen fundamental den Zielen der Bundesregierung,
      den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln und die
      CO2-Emissionen bis 2005 um 25 Prozent zu reduzieren. Die neuen Richtlinien
      verschlechterten in nahezu allen Bereichen die bisherigen Förderbedingungen für
      den chancenreichen Zukunftsmarkt der Bioenergie, kritisierte das Präsidium.

      Dabei hätten die deutsche Land- und Forstwirtschaft die erst kürzlich geschaffenen
      Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien im Erneuerbare Energiengesetz
      ausdrücklich begrüßt. Im Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen
      beabsichtigten viele Land- und Forstwirte, Investitionen im Bereich der Bioenergie
      zu tätigen und neue Einkommensmöglichkeiten auszuschöpfen. Diese
      Investitionsabsichten würden jetzt durch die neue Richtlinie von Bundesminister
      Müller erheblich in Frage gestellt.

      Insbesondere die Streichung der Fördermittel für Biogasanlagen aus dem
      Marktanreizprogramm hält das DBV-Präsidium für nicht akzeptabel. So fielen
      landwirtschaftliche Biogasanlagen praktisch komplett aus dem Marktanreizprogramm
      zur Förderung erneuerbarer Energien heraus und verlören damit ihr wirtschaftliches
      Standbein. Bisher konnten etwa 15 bis 30 Prozent der Investitionskosten bei
      Biogasanlagen über den so genannten Teilschulderlass abgedeckt werden. Zukünftig
      erhalten Anlagenbetreiber lediglich noch zinsverbilligte Darlehen, was für die
      Mehrzahl der zurzeit geplanten und projektierten landwirtschaftlichen
      Bioenergieanlagen das Aus bedeutet. Aber auch die Fördermittel für Anlagen zur
      Verfeuerung fester Biomasse werden kräftig gekürzt. Somit wird zukünftig ein
      weiteres und ausbaufähiges Potenzial vieler Waldbauern, die Brennholz aus ihren
      Wäldern als Energierohstoff für diese Anlagen zur Verfügung stellen, zunichte
      gemacht.

      Um den beginnenden Aufschwung der umweltschonenden Energieerzeugung aus Biomasse
      nicht abrupt abbrechen zu lassen, hält es der DBV für unabdingbar, dass die
      Bundesregierung ihre politische Zielvorgaben für die erneuerbaren Energien und den
      Klimaschutz mit einer verlässlichen und nachvollziehbaren Politik untermauert. Für
      den Bereich der Bioenergie sind Förderinstrumente erforderlich, die nicht jährlich
      unter Haushaltsvorbehalt stehen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung
      aufgerufen, ihr Versprechen einzulösen, die jährlich steigenden Einnahmen aus der
      `Öko-Besteuerung` der erneuerbaren Energien für das Marktanreizprogramm zu
      verwenden. Eine Aufstockung der Fördermittel für das Marktanreizprogrammes analog
      zu den Einnahmen aus der Ökosteuer auf erneuerbare Energien sei längst überfällig.

      Information: Deutscher Bauernverband e.V. (DBV [1]), Godesberger Allee
      142-148, 53175 Bonn, Tel.: 0228-81980, Fax: 0228-8198205,

      @cabinda

      ich werde in den nächsten tagen wieder persönlich stellung nehmen. leider sind mir, schon bekannt, zwei mal threads abgestürtzt. ich muß mich erst mal wieder motivieren nach den ereignissen in der usa

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 27.09.01 10:37:32
      Beitrag Nr. 124 ()
      @grar.de Aktuell - Nachrichten aus Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz
      Beirat für Globale Umweltveränderungen: Dramatische Krise der Biosphäre - 21.09.2001
      -----------------------------------------------------------
      Berlin (agrar.de) - Als dramatische Krise der Biosphäre - des gesamten menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens auf der Erde - bezeichnen 12 unabhängige Professoren des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung für
      Globale Umweltveränderungen (WGBU [1]) die gegenwärtige Auslöschung der Gen-und Artenvielfalt.
      Den Erkenntnissen zufolge könne die Geschwindigkeit mit der derzeit die Gen- und Artenvielfalt des Planeten vernichtet wird, die krisenhafte Entwicklung, bei der vor 65 Millionen Jahren die Saurier ausstarben, noch übertreffen. Der Bericht über `Welt im Wandel - Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Biosphäre [2]` wurde dem Bundestag in Form einer Unterrichtung vorgelegt.
      Die Wissenschaftler stellen fest, mit dem Verlust ungezählter Tier- und Pflanzenarten würden genetische und psychologische Baupläne von großem Wert verloren gehen. Betroffen sei nicht allein die wildlebende Fauna und Flora, auch die genetischen Ressourcen landwirtschaftlicher Nutzpflanzen aus jahrhundertealter traditioneller Zucht und Bewirtschaftung, stünden auf dem Spiel.
      Der feststellbare Gen- und Artenverlust wiege um so schwerer, als es sich um irreversible, also unumkehrbare Vorgänge handele: Verlorenes bleibe verloren, verpasste Chancen kämen nicht wieder. Hauptverursacher des Artensterbens sei der Mensch, der Landschaften und Ökosysteme weltweit durch Raubbau an Wäldern, durch
      landwirtschaftliche Nutzung und durch Besiedelung verändere. Ein weiterer dramatischer Eingriff erfolge in den globalen Metabolismus der Biosphäre.
      So werde etwa die Hälfte der weltweiten Photosyntheseleistungen der Pflanzenwelt beeinflusst und die CO2 -Konzentration der Atmosphäre durch den
      Zivillationsprozess bereits um ein Drittel erhöht.
      Um die zunehmende Beeinträchtigung der natürlichen Lebensgrundlagen und damit des menschlichen Wohlstandes und Wohlbefindens zu verlangsamen oder zu stoppen, hat der Beirat fünf `biologische Imperative` für die künftige Politikorientierung formuliert.
      Danach sollen Nutzungsbeschränkungen für Schutzgebiete überregionaler globaler Bedeutung gesichert und Nachhaltigkeitsgrenzen vorhandener, intensiv genutzter
      Land- und Forstwirtschaftsflächen nicht überschritten werden.
      Zwei weitere Maßgaben gelten der Sicherung aktueller biologischer Ressourcen zur Erhaltung von Biopotentialen für die Zukunft und der Sicherung von Zonen mit genetisch besonders wertvollen Pflanzen sowie der biologischen Vielfalt der natürliche Ökosysteme in tropischen Wäldern oder Korallenriffen.
      Der vierte Imperativ gilt der Bewahrung des globalen Naturerbes durch ein Netzwerk von Schutzgebieten für repräsentative Beispiele aller natürlicher Ökosystemtypen.
      Dazu gehört laut Bericht auch der Schutz von Arten, die sonst keine Überlebenschance hätten.
      Mit der Erhaltung der Regelungsfunktionen der Biosphäre soll schließlich eine `globale Leitplanke`, die bereits für den Klimaschutz entwickelt worden sei, auf die Biosphäre übertragen und angewendet werden. Die Wissenschaftler erklären, ein weltweit effektives Schutzsystem sei finanzierbar und werde Kosten von jährlich 38 Milliarden DM verursachen.
      So gelte es, die zwischenstaatliche Zusammenarbeit für biologische Vielfalt zu intensivieren und vor allem Wissensdefizite auszuräumen. Der vielleicht wichtigste
      Aspekt beim Thema Biosphäre sei ein eklatanter Wissensmangel. Nur ein kleiner Teil der Arten sei bislang beschrieben, die Gesamtzahl der Arten weltweit bislang nicht
      einmal der Größenordnung bekannt und damit der Verlust auf vielerlei Ebenen kaum abzuschätzen.



      ----"So gelte es, die zwischenstaatliche Zusammenarbeit für biologische Vielfalt zu intensivieren und vor allem Wissensdefizite auszuräumen. Der vielleicht wichtigste
      Aspekt beim Thema Biosphäre sei ein eklatanter Wissensmangel."----
      da ist es wieder das hauptproblem! WISSENSMANGEL und das zieht sich wie ein roter faden durch alle bereiche der umweltbetrachtungen, analysen und der globalisierung.

      gruß haispeed
      Avatar
      schrieb am 19.10.01 09:39:03
      Beitrag Nr. 125 ()
      Für alle Freunde der Windenergie eine interessante Veröffentlichung.
      Grüße Haispeed

      @grar.de Aktuell - Nachrichten aus Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz
      Windkraft: Plus von 40 Prozent - 19.10.2001

      -----------------------------------------------------------
      Osnabrück (agrar.de) - Die Windkraft entwickelt sich immer mehr zu einem festen Bestandteil des deutschen Energieversorgungssystems. Ende September waren
      bundesweit rund 10.500 Windräder mit einer Gesamtleistung von knapp 7.500 Megawatt (MW) installiert. Das ist in etwa ein Drittel der installierten Leistung aller deutschen Atomkraftwerke, berichtet der Bundesverband WindEnergie (BWE [1]).

      In den ersten neun Monaten dieses Jahres gingen bundesweit 1.115 Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 1.399 Megawatt (MW) neu ans Netz, rund 40 Prozent mehr als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. Die Gesamtkapazität erhöhte sich auf rund 7.500 MW, das sind 23 Prozent mehr als Ende des vergangenen Jahres. Die bundesweit installierten Anlagen können damit in einem normalen Windjahr knapp drei Prozent des deutschen Strombedarfs decken. Die neu installierte Windkraft-Leistung werde in diesem Jahr aller Voraussicht nach erstmals die
      2.000-Megawatt-Schwelle überschreiten, schätzt der Verband.

      Derzeit sind in der Branche rund 35.000 Menschen beschäftigt. Durch den geplanten Bau von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee könnten allein in Niedersachsen rund 25.000 neue Jobs entstehen; hinzu kämen weitere 4.000 Stellen für Wartung und Betrieb.

      Bei der regionalen Verteilung der Windkraft-Leistung in Deutschland bleibt Niedersachsen mit knapp 400 Megawatt neu installierter Leistung im Jahr 2001 weiterhin vor Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen das Windland Nummer eins.
      Zwischen Harz und Nordsee drehten sich Ende Juni 2.854 Anlagen (2.147 MW).
      Niedersachsen ist damit das erste Bundesland, das die 2.000-MW-Schwelle überschritten hat. Die Windkraft kann damit mittlerweile rund 8,5 Prozent des niedersächsischen Strombedarfs decken. Den größten Windstrom-Anteil gibt es
      bundesweit allerdings in Schleswig-Holstein: Dort können die insgesamt 2.230 Anlagen (1.407 MW) mittlerweile rund 25 Prozent des Strombedarfs decken. Es folgen Mecklenburg-Vorpommern mit knapp 17 Prozent (773 Anlagen, 545 MW) und
      Sachsen-Anhalt mit über neun Prozent (682 Anlagen, 654 MW).

      Marktführer in den ersten neun Monaten dieses Jahres ist das Auricher Unternehmen Enercon mit einem Anteil von 36,2 Prozent an der neu installierten Leistung. In der Hersteller-Rangliste folgen die Unternehmen Vestas Deutschland GmbH aus Husum (Marktanteil: 17,7 Prozent), Nordex AG aus Hamburg (10,2 Prozent), Enron Wind aus
      Salzbergen (9,6 Prozent) und die NEG Micon Deutschland GmbH aus Ostenfeld (9,0 Prozent). Der Umsatz der Branche betrug im vergangenen Jahr annähernd vier Milliarden Mark.

      Information: Bundesverband WindEnergie (BWE), Herrenteichsstr. 1, 49074 Osnabrück,
      Tel.: 0541-350600, Fax: 0541-3506030, E-Mail [2]
      Avatar
      schrieb am 19.10.01 14:11:47
      Beitrag Nr. 126 ()
      Hi...

      Für mich eine der Nachrichten des Tages!!! ;)
      ---------------------------------------------------
      von Redaktion wallstreet:online

      Windenergie: „Keine Gefahr mehr aus Richtung EU-Kommission“

      Eine wichtige politische Unsicherheit, die einer der Auslöser der jüngsten Kursrückgänge war, scheint nach Informationen des Branchenverbandes WVW nicht mehr zu bestehen

      Wolfgang von Geldern, Vorsitzender des Wirtschaftsverbandes Windkraftwerke (WVW) und gleichzeitig Chef von Plambeck, hat frohe Kunde für die Besitzer von Windenergie-Aktien. „Die deutschen Windkraft-Unternehmen können davon ausgehen, dass dem Gesetz zum Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) keine Gefahr aus Richtung der EU-Kommission mehr droht.“

      Im Sommer löste die Meldung, dass EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti erneut gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu Felde ziehen will, für Verunsicherung in der Branche und bei Aktionären. Das angedrohte Beihilfeverfahren gegen das EEG war einer der Gründe für einen deutlichen Absturz von Aktien wie Plambeck, Umweltkontor oder Energiekontor.

      Nun scheint man in Brüssel kein vorläufiges Verfahren mehr anzustreben, was von Geldern begrüßt. Statt dessen verweist man auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, dass im März diesen Jahres quasi eine Bestätigung der EEG-Regelungen gab und als Wegweiser für EEG-ähnliche Gesetze in anderen EU-Mitgliedsstaaten gilt. Das EEG ist eine der Hauptvoraussetzungen für den Windenergie-Boom in Deutschland, der nun auch in Ländern wie Frankreich oder Spanien seinen Lauf nehmen wird.

      Die EU plant nach Informationen des WVW, erneuerbare Energien durch billige Kredite aus dem Euratom-Programm zu unterstützen. Dies hat EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer in Gespräch gebracht.

      Von Geldern begrüßt die neuen Entwicklungen rund um die EEG-Streitigkeiten mit der EU: „Dies ist umso erfreulicher, als andere europäische Länder wie zum Beispiel Belgien, die Niederlande, Dänemark, Spanien oder auch Frankreich bereits ähnlich vorgehen und weitere jetzt dazu ermutigt werden.

      Autor: Michael Barck, 11:28 19.10.01
      Avatar
      schrieb am 21.10.01 18:38:59
      Beitrag Nr. 127 ()
      ....na das geht doch schon mal in die richtige Richtung:

      Wirtschaftsminister: Alte AKW bald abschalten, 21. Okt 12:15

      Sie könnten bei einem Anschlag aus der Luft einen GAU verursachen. Deshalb plädiert auch Wirtschaftsminister Müller dafür, ältere Atommeiler früher abzuschalten.

      Weil ältere Atomkraftwerke bei einem Terrorangriff mit einem vollbetankten Passagierflugzeug einen atomaren GAU verursachen könnten, hat sich Bundeswirtschaftsminister Werner Müller für ein früheres Aus der Anlagen ausgesprochen.
      Der parteilose Minister teilt damit die Forderung anderer Politiker von SPD und Grünen. Sie hatten vorgeschlagen, die unsicheren Atomkraftwerke angesichts des Anschlagsrisikos rascher vom Netz zu nehmen, als im Energiekonsens vorgesehen.
      Avatar
      schrieb am 07.11.01 13:16:35
      Beitrag Nr. 128 ()
      EU-Richtlinie: Schub für erneuerbare Energien - 01.11.2001
      -----------------------------------------------------------
      Brüssel (agrar.de) - Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am 27.10. ist die EU-Richtlinie zur Förderung der Stromzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt in Kraft getreten(Richtlinie 2001/77/EG [1]). Deren Oberziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien (Strom, Wärme, Treibstoffe) am Bruttoinlandsverbrauch der EU bis zum Jahr 2010 auf 12 Prozent zu erhöhen. Der Anteil regenerativer Energien am gesamten EU-Stromverbrauch soll danach auf 22,1 Prozent ansteigen.

      In der EU-Richtlinie sind entsprechende nationale Richtziele für den Stromsektor angegeben. Danach muss Deutschland den Anteil des regenerativen Stroms auf 12,5
      Prozent bis zum Jahr 2010 erhöhen.
      Dieses Ziel wird Deutschland zumindest auf dem Stromsektor früher erreichen können als es der Fahrplan vorsieht`, sagte Dr.Norbert Allnoch, Leiter des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR [2]) in Münster.

      Bereits im Jahr 2001 erwartet das IWR für Deutschland eine regenerative Stromerzeugung in Höhe von rd. 40 Mrd. Kilowattstunden. Bei einem Verbrauch in Höhe von ca. 480 Mrd. Kilowattstunden entspricht dies bereits einem Anteil von rd. 8 Prozent am bundesdeutschen Stromverbrauch. Es bedürfe jedoch noch erheblicher Anstrengungen auf dem Wärme-(Solarwärme) und Treibstoffsektor (u.a. Biodiesel),
      um das Gesamtziel zu erreichen, betonte Allnoch.
      Avatar
      schrieb am 09.11.01 23:30:34
      Beitrag Nr. 129 ()
      >EU-Vorschlag für Biodiesel "inakzeptabel"

      Von wegen Feierstimmung: Gestern sah es noch so aus, als läute die Europäische Komission mit einem neuen Gesetz zu Biotreibstoffen eine Förderung der alternativen Energiequelle ein. Kaum sickern Einzelheiten zum Gesetz durch, dreht die Anfangs positive Stimmung in Empörung um.
      Als „völlig überzogen und in jeder Hinsicht inakzeptabel“ sieht Hans-Josef Fell vom Bündnis90/Die Grünen die Besteuerungspläne der EU für Kraftstoffe wie Biodiesel oder Pflanzenöl an, die ab 2004 mit 50 Prozent des üblichen Mineralölsteuersatzes belegt werden sollen. Ein Satz, der als viel zu hoch empfunden wird und laut Fell „das Aus für Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zur Folge“ hätte. Fell fordert eine komplette Steuerfreistellung.
      Der Vorschlag der Kommission muss vom Ministerrat, in dem die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten sind, einstimmig verabschiedet werden, damit er in Kraft treten kann. Fell will sich dafür einsetzen, dass die deutsche Bundesregierung diesem Kommissionsvorschlag nicht zustimmt, sondern sich für die völlige Befreiung von Biokraftstoffen von der Mineralölsteuer einsetzt.<

      (meldung vom 8.11.01)

      wie kann die wirtschaft die umweltentwicklung positiv beeinflussen? mit besteuerungen auf umweltfreundliche technologien sicher nicht, das ist frust pur!

      immerhin:

      >Bund genehmigt ersten Windpark in der Nordsee
      Das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie hat am Freitag den ersten deutschen Windenergiepark auf hoher See genehmigt. Die Prokon Nord will nord-westlich von Borkum über 200 Windräder aufstellen.
      Der Standort für den so genannten Offshore-Windpark befindet sich rund 45 Kilometer vor der Nordsee-Insel. In der Pilotphase will die Prokon Nord Energiesysteme aus Leer dort zwölf Windenergieanlagen aufstellen. In der Erweiterungsphase des Projekts, deren Beginn für 2007 geplant ist, wird der Windpark der Planung zufolge auf insgesamt 208 Windräder ausgebaut. Drei Jahre später soll die Anlage vollständig ans Energie-Netz gehen. Die Nennleistung beträgt dann etwa 1000 Mega-Watt. Die Investitionen belaufen sich zunächst auf 250 Mio. DM, sagte ein Firmensprecher der dpa. Die zweite Phase kostet das Unternehmen rund drei Mrd. DM.<
      © 2001 Financial Times Deutschland

      ftd.de, Fr, 9.11.2001, 12:28

      hi @all,
      habe im moment das gefühl, das thema ist erst wieder wichtig, wenn die richtung in u.s.a. klar ist. wohin führt der krieg, von dem man nichts hört?

      das terror-trauma wird langsam überwunden, aber erst dann, wenn wir uns wirklich wieder in sicherheit wiegen, wird das umwelt-thema wieder interessant. dann aber steigt auch die gefahr eines neuen anschlags.

      von daher werde ich hier nicht mehr viel schreiben. danke für alle beiträge.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 21.11.01 10:54:52
      Beitrag Nr. 130 ()
      @ hallo cabinda @all

      ich werde auch nur noch sporadisch interessante sachen einstellen rein informativ. vieleicht lohnt es in zukunft mal wieder ein thema zu beleben.

      hier ein beitrag zu lobbyverflechtungen in der landwirtschaft.

      grüße haispeed

      @grar.de Aktuell - Nachrichten aus Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz
      DBV: NABU fällt aus dem Rahmen - 20.11.2001

      -----------------------------------------------------------
      Bonn (agrar.de) - Deutliche Kritik übt der Deutsche Bauernverband (DBV [1])
      an einer aktuellen Pressekonferenz des Naturschutzbundes NABU [2] zu
      `Lobbyverflechtungen in der Landwirtschaft`.

      Hintergrund ist die Veröffentlichung der Studie zur Lobbyverflechtungen in
      der deutschen Landwirtschaft [3]` und Datenbank im Internet. Die Datenbank [4]
      umfasst über 5.300 Datensätze mit weit über 1.000 Personen, die in der
      Landwirtschaft, in landwirtschaftlichen Organisationen, politischen Institutionen,
      der Agrarindustrie oder Banken und Versicherungen tätig sind.

      Hier die Stellungnahme des DBV:

      NABU fällt aus dem Rahmen - weil ihm nichts mehr einfällt

      Bestens bezahlte Funktionäre des Öko-Multis NABU - Jahresetat circa 45 Millionen
      DM - rasten offenbar aus. Anstatt in einen ernsthaften Dialog über das
      einzutreten, was sich mit der sogenannten Agrarwende verbindet, greifen sie - wie
      in alten Zeiten - Personen und Strukturen des Deutschen Bauernverbandes an. Die
      haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Berufsstandes sind aber keine
      `Drahtzieher des Agrarsektors` (so wörtlich der NABU), sondern engagierte
      Sachwalter der Minderheit der Bauernfamilien in unserer Gesellschaft.

      Vom Ortsvorsitzenden bis zum Präsidenten müssen alle Ehrenamtlichen in den
      Bauernverbänden aktive Bauern sein, die gegenüber ihren Mitgliedern Rechenschaft
      ablegen müssen. Sie werden von den rund 90 Prozent der deutschen Bauern, die im
      DBV über die 18 Landesbauernverbände freiwillig organisiert sind, demokratisch
      gewählt. Die Ehrenamtlichen in den Bauernverbänden erhalten kein Gehalt für ihre
      Tätigkeit, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung. Dies ist beim NABU
      anders, dessen Präsident Flasbarth und einige Vorsitzende großer Landesverbände
      auf der Gehaltsliste des NABU stehen, was mit der hauptamtlichen `Rund um die
      Uhr-Beanspruchung` begründet wird. Die ehrenamtliche Führung der Bauernverbände
      stellt sich regelmäßig durch demokratische Wahlen der Verantwortung. So finden
      derzeit in Bayern die alle fünf Jahre durchgeführten Wahlen der Ehrenamtlichen von
      der Orts- bis zur Präsidentenebene statt. Auch die Genossenschaften, als
      bäuerliche Unternehmen nach den Prinzipen Raiffeisens gegründet, werden von
      aktiven Landwirten in ihrer Funktion als Eigentümer über die Vertretung in den
      Aufsichtsräten geleitet. Was daran verwerflich ist,
      bleibt ein Geheimnis des NABU.

      Trotz wenig Unterstützung von Seiten der Umweltorganisationen hat der Deutsche
      Bauernverband mit den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten
      Wirtschaftsbereichen den gesundheitlichen Verbraucherschutz nach der BSE-Krise
      konsequent angepackt. Offenbar ist der NABU nun irritiert darüber, dass es mit
      dieser konsequenten Ausrichtung auf den Verbraucherschutz gelingt, Vertrauen der
      Verbraucher zurückzugewinnen. Auch ist er wohl über kritische Fragen verärgert,
      welchen Beitrag etwa finanziell bestens alimentierte Umweltstiftungen zur
      nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums leisten, wenn sie betonköpfig auf
      überflüssigen Schutzgebietsausweisungen bestehen und zu allererst ortsansässige
      Bauern von ihren Flächen verdrängen.

      Dem DBV ist es gelungen, die Land- und Forstwirtschaft in Deutschland weiter in
      der Hand von Bauernfamilien zu halten, die eigenverantwortlich und
      verantwortungsbewusst mit den ihnen anvertrauten natürlichen Ressourcen Boden,
      Luft und Wasser, Tieren und Pflanzen umgehen.

      Der Deutsche Bauernverband wird sich mit seinen Landesbauernverbänden - wie bisher
      und im Gegensatz zu den Umweltorganisationen - ohne staatliche Unterstützung und
      Beeinflussung für eine von Bauern getragene Landwirtschaft, eine gute
      Zusammenarbeit mit den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen und einen
      lebendigen ländlichen Raum einsetzen. Dabei wird er ökologische wie ökonomische
      Ziele nicht aus den Augen verlieren. Immerhin ist die Landwirtschaft mit den vor-
      und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen der viertgrößte Arbeitgeber in
      Deutschland. Gerade in Zeiten konjunktureller Schwäche wird der Deutsche
      Bauernverband auch die Frage nach dem Erhalt von Arbeitsplätzen nicht nur stellen,
      sondern konkrete Antworten einfordern. Der NABU kann selbst entscheiden, ob er
      dabei künftig noch ein Gesprächspartner im ländlichen Raum bleiben will oder
      nicht.

      Information: Deutscher Bauernverband (DBV [1]), Godesberger Allee 142-148,
      53175 Bonn, Tel.: 0228-81980, Fax: 0228-8198205, E-Mail [5].
      Avatar
      schrieb am 28.11.01 14:59:29
      Beitrag Nr. 131 ()
      @grar.de Aktuell - Nachrichten aus Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz
      Tierschutz-politisch korrekte Ortsnamen? - 27.11.2001

      -----------------------------------------------------------
      Stuttgart/Fischen (agrar.de) - Der Bürgermeister der Gemeinde Fischen im Allgäu
      staunte sicher nicht schlecht. In einem Brief bat die Tierrrechtsorganisation
      PETA [1] (People for the ethical treatment of animals) darum, den Ort aus
      Tierschutzgründen umzutaufen.

      Was manchem eher als kabarettistische Schnapsidee erscheinen mag ist offenbar ernst gemeint: PETA bereitet eine Kampagne gegen das `tierquälerische` Fischen und
      Angeln vor und begleitet diese durch Prozesse, Werbung und den oben erwähnten Brief an die Gemeinde Fischen. Sie fordert darin den Bürgermeister auf, den Namen seines Ortes in die Geschichtsbücher zu verbannen und Einwohner wie Besucher von diesem, an ein grausames Kapitel der Tierquälerei erinnernden Ortsnamen, zu erlösen. `Fischen als grausames Hobby ist untragbar, und Fischen als Name für eine zweifellos schöne Gemeinde einfach unpassend` so Harald Ullmann, 2. Vorsitzender von PETA-Deutschland.

      Bürgermeister Toni Vogler wird dazu aufgefordert, gemeinsam mit der Bevölkerung und dem Gemeinderat einen neuen Namen für die Gemeinde zu finden, da der bisherige Name Pate für ein grausames Hobby stünde.

      Als Alternative schlagen die Tierschützer den Namen `Wandern` vor.


      selten so gelacht!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 28.11.01 20:17:44
      Beitrag Nr. 132 ()
      hallo haispeed,
      das ist ja nicht zu fassen :laugh:,
      was für eine posse!
      leider verhalten sich solche typen in ihrer übertriebenen natur- und tierliebe nicht nur kontraproduktiv zu ihrem anliegen; ihnen haben wir es wohl auch zu verdanken, dass leute, die sich aktiv um den umweltschutz bemühen, gern als sozialromantische norweger- bzw. sandalenträger (je nach jahreszeit ;)) abgestempelt und belächelt werden.

      dabei muss man die sache doch nur richtig verpacken. ein beispiel dafür findet sich hier - die solarbundesliga:

      >S O L A R E N E R G I E

      Alternative zum Mercedes

      Solarzellen gelten mancherorts als Statussymbole, denn sauberer Strom ist meist noch ein teures Vergnügen

      Von Oliver Ristau


      Das Wort Bundesliga hat elektrisierende Wirkung. Das gilt auch für die Gemeinde Sulingen. Denn in der Abschlusstabelle der Saison 2000 fand sich die niedersächsische Kleinstadt auf Rang 3 wieder. Allerdings ohne Zutun des örtlichen Fußballvereins. Das Ergebnis, auf das die 12 500 Einwohner zählende Stadt, 50 Kilometer südlich von Bremen, stolz ist, wurde mit der Installation von Siliziumscheiben erzielt. In der Solarbundesliga - einer Initiative der Deutschen Umwelthilfe und des Brancheninformationsdienstes Solarthemen - gibt es Punkte für Sonnenenergie von Kommunen. Die Sulinger durften in der Kategorie 10 000 bis 100 000 Einwohner ihren Spitzenplatz bejubeln. Was Sulingen in die besonders sonnigen Regionen der Solarbundesliga katapultierte, steht auf den Dächern von Rathaus, Volksbank und Gymnasium: kleine Solarstromkraftwerke, die aus der Energie des zentralen Fixsterns unseres Sonnensystems elektrischen Strom gewinnen.<

      http://www.zeit.de/2001/46/Wirtschaft/200146_z-solarenergie.…

      ein paar auszüge:


      >Aktuell dürften Solarzellen gerade einmal zu 0,03 bis 0,04 Prozent den bundesdeutschen Stromhunger stillen.
      "Unter den Erneuerbaren Energien ist die Fotovoltaik der Mercedes", meint Harald Knoop, stellvertretender Stadtdirektor Sulingens. "Es gibt hier Menschen, die früher voller Stolz ihr neues teures Auto präsentiert haben. Heute kaufen sie sich lieber eine Solarstromanlage."

      Zwar wird sich der Solarzellenmarkt weltweit von 170 Megawatt (MW) im Jahr 1998 bis Ende 2001 mehr als verdoppelt haben. Doch eine Auswirkung auf die Preise hatte dieses Wachstum in Deutschland bisher nicht. Das liegt nach Ansicht von Gerhard Stryi-Hipp, Geschäftsführer des Deutschen Fachverbands Solarenergie (DFS) aus Freiburg, zum einen an dem gestiegenen Kurs des US-Dollar, denn viele Komponenten müssen in der Leitwährung abgerechnet werden. "Die Industrie hat zum anderen umfangreiche Investitionen zum Ausbau der Produktion vorgenommen. Hohe Abschreibungen standen bisher einer Kostensenkung entgegen." Dazu kommt, dass private Häuslebauer derzeit den Solarhändlern ihre Module aus den Händen reißen. "Der Solarmarkt ist ganz eindeutig ein Nachfragemarkt", sagt Stryi-Hipp. Im Klartext: Das Angebot ist knapp, und deshalb gibt es keinen Druck auf die Preise.

      Das dürfte sich ändern, wenn die Produzenten der solaren Hardware ihre Pläne zum Produktionsausbau verwirklicht haben.
      Verantwortlich für den Aufbau dieser neuen solaren Welt ist Peter Woditsch, bereits seit 1994 bei der früheren Tochter der Bayer AG für den technologischen Fortschritt der solaren Produktion verantwortlich. "Wir können es schaffen, die Kosten für die Solartechnik bis 2010 noch einmal um die Hälfte zu reduzieren", sagt er. Automatisierung heißt das Zauberwort, im Gleichklang mit einer verbesserten Technologie.

      Von 2050 an geht`s richtig los
      Auch wenn es noch bis ins nächste Jahrzehnt dauern dürfte, bis sich der Solarstrom flächendeckend breit macht, ist er schon heute bei entsprechendem Einsatz konkurrenzfähig - beispielsweise in abgelegenen Regionen ohne zentrale Stromversorgung. Für Bergregionen oder in sonnenreichen Ländern ist es günstiger, die Sonne anzuzapfen, als sich über viele Kilometer an das nächste Stromnetz anzuschließen. Das Gleiche gilt für allein stehende Funkmasten, Sender oder Schiffsbojen.
      Doch sobald der Solarstrom in direkter Konkurrenz zu Billig- und Risikostrom aus Kohle und Kernenergie aus dem Netz steht, braucht er die politische Unterstützung. Jede dritte Solarzelle wird weltweit auf Privat- und Firmengebäuden in den Industrienationen installiert, die den Strom in das öffentliche Netz abgeben. Diese Anwendung wird weltweit gefördert: in Europa, in Japan und den USA. Deshalb wird dieser Markt das Haupteinsatzgebiet der Sonnenkraftwerke bleiben. Dass sich die Fotovoltaik zu einer großen Industrie weiterentwickeln wird, darin sind sich zahlreiche Studien wie die von Dresdner Kleinwort Wasserstein und der Schweizer Bank Sarasin einig.

      Auch Sulingens Vizestadtdirektor Harald Knoop ist sich sicher: "Solarstrom ist die Zukunft." Der zweifache Familienvater denkt dabei vor allem an die Zukunft seiner Kinder: "Egal, wie viele Jahrzehnte noch unsere weltweiten Energiereserven nutzbar sind, irgendwann kommen wir ohne die Kraft der Sonne nicht mehr aus." Mit dieser Ansicht findet Knoop prominente Unterstützung: Nach einem Energieszenario der Deutschen Shell AG wird die Sonnenenergie ab 2050 unsere wichtigste Energiequelle sein. Denn, so die Einsicht des Ölmultis, die Öl- und Gasvorräte der Erde neigen sich dem Ende zu, und Klimaveränderungen machen eine Umstellung der Energieversorgung nahezu unausweichlich.<

      (aus: die zeit)

      2050 wird es dann allerdings auch zeit für flächendeckende alternativen in der energieversorung, denn, so besagt es eine neue shell-studie:

      Erdöl soll ab 2040 knapp werden

      Shell-Studie: Bedeutung der erneuerbaren Energien steigt kräftig
      BRÜSSEL, 26. November. Erdgas wird in zehn Jahren für die weltweite Energieversorgung wichtiger sein als Kohle und im Jahr 2020 das Erdöl als führende Primärenergie einholen. Das geht aus der neuesten Shell-Studie zum weltweiten Energieverbrauch hervor, die am Montag in Brüssel vorgestellt wurde. In vielen westlichen Industriestaaten werde der Anteil erneuerbarer Energien wie Wind- und Wasserkraft oder Solarstrom in 20 Jahren ein Fünftel der verbrauchten Elektrizität ausmachen. Bis zum Jahr 2050 soll er auf ein Drittel steigen.

      Extrem sparsame Autos

      Erdöl wird laut Shell-Studie um das Jahr 2040 herum knapp werden. Doch Fortschritte in der Biotechnologie und die wachsende Sparsamkeit von Automotoren werden einen relativ reibungslosen Übergang zu flüssigen Biokraftstoffen ermöglichen, heißt es. Die Felder, auf denen Biomasse zur Energieerzeugung angepflanzt wurde, würden in der kommenden Ölkrise zur Spriterzeugung umfunktioniert.

      In den Jahren 2010 bis 2015 wird laut Vorhersage die Verbreitung extrem sparsamer Autos einen Aufruhr der Ölmärkte auslösen und die Preise niedrig halten. Wegen der wachsenden Nachfrage nach Treib- und Brennstoff in den Entwicklungsländern werde der Absatz von Erdöl in den nächsten 25 Jahren aber noch wachsen.

      Einen Boom sagt die Studie den erneuerbaren Energien voraus. Die Kosten für Windenergie werden demnach weiter fallen. Der Markt für Solar- und Windenergie wachse bis 2020 jährlich um über 20 Prozent. "Um 2050 erreichen erneuerbare Energien ein Drittel des weltweiten Primärenergieverbrauchs", heißt es in der Shell-Studie. Neue Energieformen wie Wasserstoff und Brennstoffzellen auf nuklearer Ausgangsbasis würden demnach um das Jahr 2030 herum attraktiv werden. (dpa)

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 08.12.01 00:01:03
      Beitrag Nr. 133 ()
      der kampf ums öl - ein bisschen historie (leider funktioniert der link nicht, deshalb archiviere ich den artikel hier):


      DER KAMPF UMS ÖL

      1973 - 1991

      Es ist ein Schock für die westliche Welt: Während des Yom-Kippur-Kriegs drosseln die arabischen Staaten die Förderung, um politische Zugeständnisse in der Palästina-frage zu erpressen. ÖL IST ZUR WAFFE GEWORDEN. Saudi-Arabien steigt zur Großmacht der Region auf. Saddam Hussein will gleichziehen und greift an: zuerst den Iran und später Kuwait. Die bisherigen Folgen der stern-Serie behandelten die Jahrhunderte von Mohammeds Geburt über die Kreuzzüge bis zu den Jahren des Terrors im Nahen Osten. Der letzte Teil wird beschreiben, wie der Islam von Fanatikern zur Waffe umfunktioniert wird und wie Ayatollah Khomeni im Iran die Macht ergreift.

      Majestätisch schweben die riesigen amerikanischen Galaxy-Transportmaschinen ein ins Heilige Land. An ihren Tragflächen glänzt der Stern der US-Armee im goldenen Licht der Oktobersonne, ihre Bäuche sind randvoll mit Nachschub für Israel. Dessen Streitkräfte leiden an diesem 14. Oktober 1973 bedenklich an Munitions- und Waffenknappheit. Seit einer Woche befindet sich das Land in einem Krieg, der später Yom-Kippur-Krieg genannt werden wird. Syrer und Ägypter haben die hoch gerüstete, aber selbstgefällige israelische Militärmaschinerie am höchsten jüdischen Feiertag, dem Tag der Versöhnung, überrumpelt. Syrien ist der Angriff dank moderner Waffen aus Russland gelungen. Ägyptische Truppen haben den Suezkanal überschritten und auf der seit 1967 von Israel besetzten Sinai-Halbinsel Brückenköpfe gebildet.


      Eigentlich sollten die Hilfsflüge nachts in Israel landen: US-Außenminister Henry Kissinger wollte nicht, dass Amerikas Unterstützung bekannt würde. Doch ein Sturmtief über den Azoren zwang das Pentagon, die Luftbrücke um einen halben Tag zu verschieben. So kommt die brüderliche Waffenhilfe am helllichten Tage an. Die arabische Welt schäumt. Ist das die unparteiische Mittlerrolle in der Palästinafrage, zu der sich die USA zuvor bekannt hatten? Als sich auch noch das Kriegsglück gegen die Angreifer wendet und Amerika die Bereitstellung eines weiteren Militärhilfe-Pakets für Israel von 2,2 Milliarden Dollar öffentlich verkündet, schlagen die Araber mit einer Waffe zurück, die in den nächsten Jahren ihre gefürchtetste sein wird. Innerhalb weniger Tage wird der Ölpreis durch die Opec, die Organisation Erdöl exportierender Länder, fast verdoppelt.

      Die arabischen Golfstaaten, an der Spitze Saudi-Arabien, verkünden zur Unterstützung ihrer kämpfenden Bruderstaaten Syrien und Ägypten eine schrittweise Drosselung der Pumpen sowie einen totalen Lieferstopp für die USA und die Niederlande, die in den Augen der Araber Israels dickste Freunde sind. "Politische Erpressung!", schreit Kissinger. In den westlichen Industrienationen bricht Panik aus. Mit Genugtuung sieht die arabische Welt, wie in den folgenden Wochen Autofahrer in Europa stundenlang an Zapfsäulen Schlange stehen und an autofreien Sonntagen leicht verwirrt auf leeren Straßen spazieren gehen.

      Japan und die europäischen Staaten, von Importen aus den Opec-Ländern weit abhängiger als die USA, zeigen auf einmal Verständnis für die arabische Sicht der Dinge. Schließlich sprechen sich selbst die Amerikaner, wenn auch in eher vagen Worten, für einen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten aus. Auf Druck der USA und der Sowjetunion kommt es am 25. Oktober zur Waffenruhe. Obwohl in der Endphase des Krieges israelische Truppen fast bis Damaskus und Kairo vorgestoßen sind, kann sich der ägyptische Präsident Anwar Al-Sadat als Sieger fühlen. Anders als im Sechs-Tage-Krieg von 1967 sind die Araber nicht unter Zurücklassen ihrer Schuhe davongelaufen, sondern haben, so Sadat, "den Mythos von der militärischen Überlegenheit der israelischen Armee erschüttert". Dem arabischen Selbstwertgefühl tut dieser Teilsieg gegen den Erbfeind ausgesprochen gut.

      DER ÖLPREIS STEIGT UM 300 PROZENT

      Doch die wahren Kriegsgewinnler von 1973 sind nicht Ägypten und Syrien, sondern die Ölstaaten, allen voran Saudi-Arabien und der Iran unter Schah Resa Pahlewi. Bis zum Jahresende erhöht die Opec den Ölpreis um 300 Prozent. Selbstgefällig erklärt sich der Schah, von seinen Nachbarstaaten wie vom Westen bislang eher als protziger Emporkömmling gering geschätzt, nun zum öligen Moralisten: "Warum dieses edle Erzeugnis in vielleicht 30 Jahren vergeuden, wenn Tausende von Milliarden Tonnen Kohle in der Erde bleiben?" Für die Länder der Ersten Welt malt er eine düstere Zukunft: "Sie werden erkennen müssen, dass das Zeitalter ihres gewaltigen Fortschritts und ihres noch gewaltigeren Reichtums, das auf billigem Öl beruhte, vorbei ist."

      Diskreter gehen die Saudis mit dem Reichtum um, der ihr Land überschwemmt. Sie besitzen rund 25 Prozent aller damals bekannten Ölvorkommen. Zwar lässt sich König Faisal von Gastarbeitern aus aller Herren Länder einen bonbonfarbenen Riesenpalast in die Hauptstadt Riad setzen. Zwar erfüllt Adnan Kashoggi mit seinen Frauen, überdimensionierten Privat-Jets und Waffengeschäften das Klischee des halbseidenen, halblächerlichen Neu-Milliardärs. Doch im Westen prägt die imponierende Figur des saudischen Ölministers Zaki Yamani für das kommende Jahrzehnt das Bild. "Mister Öl" ist gewinnend, gebildet, sprachgewandt. Er trägt europäische Anzüge und kennt Amerika aus seiner Studentenzeit. Yamani - so Henry Kissinger - "sieht aus wie einer, der mit der Ölpolitik spielt, dem es aber mit der apokalyptischen Botschaft, die er überbringt, nicht wirklich ernst ist, umso weniger, da er sie mit sanfter Stimme und einem abbittenden Lächeln vorträgt".

      Und der Scheich hat eiserne Nerven. 1975 entführt der Terrorist Carlos ihn und andere Opec-Minister. Auf dem zweitägigen Irrflug zwischen Algier und Tripolis sagt Carlos ihm mehrmals, er sei zum Tode verurteilt. Yamani lässt seine Gebetsperlen durch die Finger gleiten, rezitiert im Stillen Suren aus dem Koran und schweigt. In Algier heben die Terroristen das Todesurteil auf und lassen die Geiseln frei. Der König schenkt seinem Ölminister bei der Rückkehr einen Rolls-Royce.

      Doch jenseits der Galionsfigur Yamani ist das Land - als einziger Staat der Erde nach seinem ersten Monarchen, Ibn Saud, benannt - ein Anachronismus. Die königliche Sippe allein hat das Sagen, Alkohol ist streng verboten, Frauen dürfen sich nicht ans Steuer eines Autos setzen, Dieben wird nach den Gesetzen des Korans die Hand amputiert, wenn auch unter moderner Narkose. In der Schule lernen die Kinder, dass es die vornehmste Pflicht eines Muslim sei, seinen Glaubensgenossen gegen die Ungläubigen beizustehen. Als der König in den sechziger Jahren das Fernsehen einführen will, kommt es zur blutigen Revolte eines Prinzen, der die Flimmerbilder als westliches Teufelswerk verdammt.

      Gleichzeitig ist der Wüstenstaat aber scharf auf neueste Technologie. Mit ihren Öl-Milliarden wollen die Saudis das Land in die Moderne katapultieren. Sie lassen Universitäten bauen, Meerwasser-Entsalzungsanlagen, überdimensionierte Flughäfen und kaufen modernstes Kriegsgerät. Ihre Untertanen stellen sie mit üppigen lebenslangen Sozialleistungen ruhig und spenden Milliarden für radikale Muslim-Organisationen in den ärmeren Ländern, um sich das Wohlwollen ihrer Glaubensbrüder zu sichern.

      Doch binnen weniger Jahre verspielen die Saudis den Kredit, den ihnen die arabischen Staaten wegen des effektiven Einsatzes der Ölwaffe im Herbst 1973 einräumten. Es dauert nicht lange, und sie sind fast jedes Mal die "Tauben", wenn es um ein Ölembargo oder eine drastische Preiserhöhung geht. Sie können nicht anders: Wird das Öl zu knapp und zu teuer, bricht die Weltwirtschaft zusammen. Bricht sie zusammen, ist auch die Modernisierung Saudi-Arabiens in Gefahr (und nebenbei das süße Leben der vieltausendköpfigen Prinzensippe).

      Bald wird Yamani von den "Falken" in der Opec als "Handlanger kapitalistischer Kreise" oder "Marionette im Dienst des Imperialismus und Zionismus" gebrandmarkt. Die armen islamischen Staaten - und das sind fast alle ohne Öl - stellen ernüchtert fest, dass die Saudis ihren Milliardensegen lieber in Aktien und Firmenbeteiligungen überall auf der Welt anlegen, als ihnen in panarabischer Brüderlichkeit unter die Arme zu greifen. 1978 etwa beträgt die Höhe der saudischen Auslandsguthaben 77 Milliarden Dollar, die Wirtschaftshilfe für Ägypten, den Frontstaat gegen Israel, ganze 2,5 Milliarden. "Wir bekommen die Brosamen vom Tisch der Reichen", klagt man in den Basaren von Kairo.

      MIT KORAN UND KALASCHNIKOW 1979

      müssen die Ölprinzen am Golf erkennen, dass ihr kurzes Gastspiel als Schutzmacht des Islam schon wieder beendet ist. Eine Gruppe namens "Revolutionäre Söhne der Arabischen Halbinsel" besetzt in einem spektakulären Handstreich die Kaaba in Mekka, das höchste Heiligtum des Islam. Mit Koran und Kalaschnikow halten sich die Fundamentalisten zwei Wochen lang gegen hoch gerüstete saudische Spezialeinheiten und geben erst nach einem blutigen Showdown auf. Das Motiv der Aufständischen: Sie wollen den "Ausverkauf" ihres Landes "an den Westen" stoppen. Die Hüter der Heiligen Stätten - so nennen sich die Saudi-Herrscher - sehen ein, dass ihr Regime trotz seines Reichtums ein Riese auf tönernen Füßen ist. Sie suchen verstärkt nach Verbündeten und finden sie dort, wo sie in den Augen der islamischen Welt kein wahrer Muslim suchen sollte: bei den Ungläubigen, die an reibungsloser Ölversorgung interessiert sind.

      Inzwischen haben zwei neue Hauptdarsteller die Bühne betreten. Im Iran wurde zu Jahresbeginn 1979 der größenwahnsinnige Schah gestürzt. Ayatollah Khomeini wird zum unbestrittenen Führer der schiitischen Richtung des Islam. Er möchte einen "Gottesstaat" im Iran errichten und dann die islamische Revolution auf den gesamten Nahen Osten ausdehnen. Doch da stößt Khomeini mit einem Mann zusammen, der selbst Großmachtträume hat - mit dem irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein. Saddam, den der Ayatollah verächtlich "Zwergpharao" nennt, will sich als Führer aller Araber profilieren. Ein Angriff auf den zwar islamischen, aber nicht arabischen Iran scheint ihm dazu gerade recht. Außerdem möchte er Khomeini die Erdöl-Provinz Khusistan abjagen.

      Saddam bricht einen Grenzstreit vom Zaun und zerreißt am 17. September 1980 vor laufender Kamera ein Abkommen, das er selbst fünf Jahre zuvor mit dem Nachbarstaat geschlossen hatte. Fünf Tage später beginnt der irakisch-iranische Krieg. Er wird fast acht Jahre dauern und 800 000 Menschenleben kosten. Saddam Hussein ist so brutal wie gerissen. In 20 Jahren hat er im Irak den Aufstieg vom Straßen-Terroristen zum allmächtigen Präsidenten geschafft. Die Baath-Partei ist sein Machtinstrument. Diese Gruppierung predigt eine Art nationalistischen Sozialismus und hat mit dem Islam wenig im Sinn. In den sechziger Jahren kommt sie im Irak und in Syrien an die Regierung - nach kurzer Zeit sind die beiden Funktionärscliquen tief verfeindet.

      Gnadenlos schaltet Saddam alle Rivalen aus. Eine der Spezialitäten des Mannes, der auf dem Weg zur absoluten Macht Geheimdienstchef und Vizepräsident wird, ist die Geiselnahme von Frauen und Kindern. Mit der Drohung, sie zu töten, bringt er Konkurrenten zu umfassenden "Geständnissen", die ihm dann als Rechtfertigung für deren Exekution dienen. Kaum ist Saddam Präsident, lässt er 22 missliebige Mitglieder des höchsten Führungsgremiums der Partei wegen Hochverrats hinrichten. Mit der Erschießung beauftragt er Parteimitglieder, schließlich hätten die Verräter ja auch die Ehre der Partei besudelt. "Mit dieser Exekution", so der irakische Exil-Politiker Issam Sharif, "hatte Saddam Hussein alle führenden Baathisten in den Mord an ihren eigenen Kameraden verwickelt."

      Und sie als Mittäter an sich gebunden.

      SADDAM IST PARTNER DES WESTENS

      Vom ersten Kriegstag an ist Diktator Saddam der Mann des Westens, der Ölscheichs und auch der Sowjetunion. Denn sie alle fürchten die fundamentalistische Revolution Khomeinis. Die Sowjets, weil die muslimische Bevölkerung in den Grenzgebieten vom Khomeini-Bazillus befallen werden könnte. Die Ölscheichs, weil der kompromisslose Islam des Ayatollah ihre korrupte Herrschaft gefährdet. Und der Westen hat Angst ums Öl - der fanatische Amerika-Hasser Khomeini darf nicht siegen. Sie alle rüsten Saddam mit modernsten Waffen auf und sind sich sicher, dass ihre Raketen und Abfangjäger binnen weniger Wochen den Krieg entscheiden werden. Zur ideologischen Überhöhung seines blutigen Abenteuers nennt Saddam den Angriff "die zweite Schlacht von Qadisiya", in Anspielung auf den historischen Sieg der Araber über ein Perser-Heer vor 1350 Jahren. In den ersten Kriegswochen schießen Iran und Irak gegenseitig ihre Raffinerien in Brand. Der Ölpreis steigt auf astronomische Höhen, ein Barrel kostet um die 40 Dollar. Aber bevor es weltweit zur Panik kommt, erhöhen die Saudis und andere Erdölnationen ihre Förderung. Außerdem gehen die Industrienationen an ihre Ölreserven, die sie als Reaktion auf den Schock von 1973 und die Machtübernahme Khomeinis angelegt haben. Der Ölpreis pendelt sich wieder ein.

      Doch der Krieg hört wider Erwarten nicht schnell auf. Die irakische Invasion läuft sich fest, die Iraner starten einen Gegenangriff. Ein Jahre dauerndes gegenseitiges Abschlachten beginnt. Saddam setzt an der Front gegen die Iraner genauso Giftgas ein wie gegen die aufrührerische Minderheit der Kurden im eigenen Land. Er beschießt Teheran mit Mittelstreckenraketen, allein in einem Monat des letzten Kriegsjahres 1988 treffen 140 Lenkwaffen Ziele in der iranischen Hauptstadt. Das Khomeini-Regime schlägt nicht weniger menschenverachtend zurück. Die irakischen Front-Einheiten glauben anfangs, ihren Augen nicht trauen zu dürfen, als vor den regulären iranischen Soldaten schlecht bewaffnete Menschenwogen aus Kindern und Jugendlichen auf sie losstürmen. Diese "Gotteskrieger" haben "Allah ist groß"-Rufe auf den Lippen und Plastikschlüssel um den Hals, die ihnen das Paradies aufsperren sollen. "Für einen gläubigen Muslim ist es die reinste Freude, im Namen Gottes zu töten und getötet zu werden", hat ihnen der greise Ayatollah auf den Weg in den Tod mitgegeben. Manchmal räumt das Kinderheer auch Minenfelder für die wenigen, viel kostbareren Panzer. Tausende sterben dabei.

      Über Jahre finden sich die Weltmächte mit dem Blutbad im Nahen Osten ab und helfen dem Irak immer dann mit neuen Waffen aus, wenn Khomeinis Soldaten die Oberhand zu gewinnen scheinen. Ihre Rolle als zynische Zaungäste endet, als die beiden Kriegsparteien ans Eingemachte gehen - ans Öl. 1987 fangen die Iraki an, persische Öltanker zu beschießen, die Iraner antworten mit Angriffen auf Schiffe aus Dritt-Ländern, die den Irak unterstützen, wie etwa Kuwait. Jetzt handelt der Westen. Kuwaitische Tanker fahren nun unter dem Sternenbanner, US-Kriegsschiffe bieten Geleitschutz. Auch britische und französische Marineeinheiten beteiligen sich am so genannten Tankerkrieg. Anfang Juli 1988 wird der US-Kreuzer "Vincennes" in ein Gefecht mit iranischen Kriegsschiffen verwickelt. Die Mannschaft hält einen iranischen Airbus für einen feindlichen Kampf-Jet und schießt das Passagierflugzeug mit 290 Personen an Bord ab. Die USA entschuldigen sich für diesen "tragischen Verlust von Menschenleben". Bis heute sieht ein Großteil der islamischen Welt diesen Abschuss als Beweis dafür, dass Amerika "ungestraft terroristische Akte begehen kann, während wir Muslime uns nie wehren dürfen" - so ein Mullah im pakistanischen Peshawar nach dem Attentat auf das World Trade Center.

      Kurz darauf kommt es zum Waffenstillstand zwischen Iran und Irak. Es gibt nur Verlierer. Die Grenzen bleiben so, wie sie acht Jahre und 800 000 Tote zuvor waren. Saddam Hussein hat in diesem Krieg zwar sein Land wirtschaftlich ruiniert, aber noch immer eine wohl gerüstete Armee und ungebrochenen Größenwahnsinn. Den richtet er auf Kuwait. Niemand im Nahen Osten ist moralisch sonderlich empört, als Saddam 1990 Kuwait bedroht, weil das Land den Ölpreis ruiniere, heimlich irakische Ölquellen an der Grenze anzapfe und überhaupt jahrhundertelang eine irakische Provinz gewesen sei. Die Kuwaiti sind für die arabischen Brudervölker nur arrogante Müßiggänger, die andere Araber als Gastarbeiter schuften lassen und ihre Ölmilliarden lieber bei Daimler-Benz anlegen als in ägyptische Bewässerungsanlagen. Der regierende Emir der allmächtigen Al-Sabah-Sippe ist berüchtigt für seine einwöchigen Ehen mit jungfräulichen Beduinenmädchen. Ein anderer Prinz ist eine feste Größe der Pariser Schwulenszene; behängt mit extravagantem Schmuck, posiert er für den Erotik-Fotografen Helmut Newton.

      Am 2. August marschiert ein irakisches 100 000-Mann-Heer in Kuwait ein. Ein Bruder des Emirs stirbt bei der "heldenhaften Verteidigung" des königlichen Palastes. Böse Zungen behaupten, die Verwandtschaft habe den armen Kerl versehentlich stehen lassen, als sie per Mercedes ins Exil nach Saudi-Arabien abröhrte. Ein skrupelloser Brutalo wie Saddam nun auch noch Herr des kuwaitischen Öls? Und direkter Nachbar der Saudis? Unversehens mutiert für die USA der wackere Kämpfer wider die iranische Gefahr zum Weltfeind Nummer eins. Der damalige Präsident George Bush: "Unsere Wirtschaft, unsere Lebensart, unsere Freiheit und die Freiheit befreundeter Länder auf der ganzen Welt, alles würde leiden, wenn die Kontrolle über die großen Ölreserven der Welt in die Hände Saddam Husseins fiele."

      Die UN fordern Saddam ultimativ auf, Kuwait zu räumen. Er lehnt ab. Die Amerikaner zimmern eine Koalition für einen Militäreinsatz gegen den irakischen Diktator. Praktisch alle Industrienationen sind dabei, selbst die zerbröckelnde Sowjetunion schießt nicht quer. Dabei ist auch Syrien, das immer mitmacht, wenn es gegen den Nachbarn Irak geht. Selbst Ägypten reiht sich ein. Das Land kann es sich nicht leisten, die USA zu verärgern, von dessen Wirtschafts- und Militärhilfe es abhängig ist. Auf Drängen der USA machen auch die Saudis mit. Zögernd. Doch die Angst vor Saddam ist zu groß. In einer TV-Ansprache erklärt der König seinen Untertanen, er habe die Amerikaner gebeten, ihm beizustehen. Die fremden Truppen blieben aber nur so lange im Land, wie das Königreich es wünsche. Als der Monarch das verkündet, sind die ersten US-Truppen bereits gelandet.

      AMERIKANISCHE LEDERNACKEN AUF HEILIGEM BODEN!

      Für den Mann auf der Straße ist dieses Sakrileg schlimmer als Saddam Husseins Überfall auf Kuwait. Die linksgerichtete libanesische Zeitung "As-Safir" schreibt, Saddam habe zwar ein Verbrechen an Kuwait begangen, aber die saudische Königsfamilie ein viel größeres an der arabischen Welt, als sie die Imperialisten auf die Arabische Halbinsel gerufen habe. Der irakische Präsident hat in der Vergangenheit religiös motivierte Parteien gnadenlos verfolgt. Jetzt wittert er die Chance, einen Keil zwischen die arabischen Regierungen und ihre darbenden Völker zu treiben. Er entdeckt sein Herz für den Islam: "Oh, Gläubige, wo immer ihr seid. Dies ist der Tag, euch schnell zu erheben, um Mekka zu verteidigen, das in den Speeren der Amerikaner und Zionisten gefangen ist." Die frustrierten Massen nehmen ihm seine Pose ab. Sie gehen für Saddam auf die Straße: "Nein zu den Agenten Amerikas. Ja zur Standfestigkeit des Iraks." Oder: "Saddam, Schwert der arabischen Welt." Sie sind wütend darüber, dass die Amerikaner und ihre Bundesgenossen im Namen der Vereinten Nationen zur Befreiung Kuwaits einen gigantischen Militärapparat aufbauen, während sie gegen die Besetzung arabischer Gebiete durch Israel trotz UN-Resolutionen nichts unternommen haben. Saddam gibt sich als Visionär und Vorkämpfer einer starken arabischen Gemeinschaft, die aus eigener Kraft mit den wirtschaftlichen und militärischen Herausforderungen fertig wird. Zu diesem Zweck müssten die Öleinnahmen in der arabischen Welt investiert werden, nicht im Ausland. Die reichen Ölstaaten sollten den Habenichtsen helfen - natürlich unter seiner Führung.

      BOMBEN FÜR FREIHEIT UND ÖL

      Den Amerikanern wird klar, dass schnelles Handeln vonnöten ist, damit die befreundeten arabischen Regierungen unter dem Druck ihrer Bevölkerung nicht ausscheren. Am 17. Januar 1991 starten sie mit dem Segen der UN ihren Bombenkrieg für Freiheit, Völkerrecht und Öl. Als nach gut fünf Wochen täglicher Angriffe das Unternehmen "Wüstensturm" auch auf dem Boden beginnt, erlebt Saddam ein Fiasko. In nur vier Tagen werden seine Truppen vernichtend geschlagen. Für die Sieger ist der Weg nach Bagdad offen. Doch aus Washington kommt der Befehl zum Halt. Man begnügt sich mit der Befreiung Kuwaits. Die USA wollen den Irak nicht zerschlagen, sonst könnte ja der Iran, dieser unberechenbare "Gottesstaat", zu stark werden. Und es gäbe keinen Grund mehr für die Präsenz von US-Soldaten in Saudi-Arabien. Saddam Hussein bleibt an der Macht. Blutig schlägt er Aufstände der Kurden und der schiitischen Bevölkerung im Süden seines Landes nieder. Obwohl er "die Mutter aller Schlachten" verlor, ist er in der islamischen Öffentlichkeit ein Held. Immerhin hat er es gewagt, das allmächtige Amerika herauszufordern. Der Al-Sabah-Clan kehrt heim nach Kuwait. Zurück bleiben brennende Ölquellen. Die Iraki haben sie bei ihrem Rückzug aus Kuwait in Brand gesteckt. Doch sie werden in überraschend kurzer Zeit gelöscht, und bald herrscht wieder "oil business as usual" am Golf. Zurück bleiben ein paar tausend US-Soldaten in Saudi-Arabien, dem Land der Heiligen Stätten, als immer währende Provokation nicht nur für Fundamentalisten.

      Wir haben all dieses Öl - so regen sich die jungen Männer in den Teehäusern von Damaskus bis Kairo auf - aber was passiert? Damit unsere pseudo-islamischen Herrscher ihre Nachtclub-Rechnungen bezahlen können, wird es billig an den Westen verkauft, der uns verachtet. Wir könnten damit die Weltwirtschaft erpressen und so die Juden aus dem Land, das sie uns Arabern gestohlen haben, vertreiben. Doch unsere Führer sind unfähig und korrupt. Also lasst uns aufstehen gegen sie.

      (www.stern.de)
      Avatar
      schrieb am 11.12.01 09:34:29
      Beitrag Nr. 134 ()
      @cabinda

      vielen dank für diesen, wieder mal super zusammengetragenen geschichtlichen einblick.
      bin in letzter zeit etwas unter zeitdruck. deswegen nur kurz.
      auch afgahnistan steht ja in der reihe der verdechtigungen es könnte nur ums öl gehen. die energie und die damit verbundenen ressurcen sind damit mal wieder das beherschende thema. man kann eigentlich nur noch feststellen, dass es darum geht und nicht im überwiegenden maße um humanitäre aspekte. so langsam pervertiert für mich das gerede um die freie demokratie immer weiter. es wird sich nichts und nie etwas ändern in der welt. immer werden die stärkeren die ärmeren unterdrücken und ihren "Glauben" der welt "missionieren". wenn nötig auch mit waffengewalt. noch vor kurzem war ich der meinung das die globalisierung und die damit verbundenen wirtschaftlichen auswirkungen und machtpotenziale die weltweiten geschehnisse hauptsächlich lenken werden, doch da nun mit dem internationalen terror wieder ein feindbild geschaffen wurde ist der krieg als mittel um macht und ressurcen wieder legitimiert.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 08.02.02 11:18:03
      Beitrag Nr. 135 ()
      BRENNSTOFF-DELLE!?

      Wie fahren wir in Zukunft?

      Langfristig, darüber herrscht Konsens, werden fossile Brennstoffe als Antrieb für Automobile abgelöst. Aber wodurch? Vermutlich durch Wasserstoff-gespeiste Brennstoffzellen. Die USA wollen diese Technik jetzt massiv fördern.

      Bislang galten in den USA klare Prioritäten. Die Regierung plante, in ein Acht-Jahres-Programm zur Förderung von Verbrennungsmotoren mit möglichst geringem Spritverbrauch insgesamt 1,5 Milliarden Dollar zu buttern. Dieses Engagement wurde jetzt gestoppt. Offenbar ist den Strategen im Weißen Haus angesichts der Entwicklung seit den Terroranschlägen des 11. September die dramatische Abhängigkeit vom Erdöl bewusst geworden.
      Jetzt, so heißt es, müsse eben diese Abhängigkeit von Rohölimporten gedrosselt werden. Ein erster Schritt dazu sieht folgendermaßen aus: Energieminister Spencer Abraham kündigte an, in Zukunft statt verbrauchsgünstiger Benzinmotoren die Brennstoffzellen-Technik zu unterstützen. Das "Wall Street Journal" berichtete, im Haushalt des Jahres 2003 seien 127 Millionen Dollar für das Projekt "Freedom Car" vorgesehen.

      Die Brennstoffzelle: Wasserstoff liefert durch eine chemische Reaktion die Energie für den Antrieb

      Experten lobten die Initiative einerseits, weil so eine Langfrist-Technologie gefördert werde. Andererseits hagelte es Kritik, denn noch fehlt jegliche Infrastruktur für eine Versorgung mit Wasserstoff, um Autos mit Brennstoffzellenantrieb wirtschaftlich betreiben zu können. Ganz zu schweigen von der Technik selbst. Branchenkenner schätzen, dass die Automobilhersteller serienreife Brennstoffzellen-Autos frühestens in 10 bis 20 Jahren vorfahren werden.

      Während in den USA die Zeichen trotz aller Skepsis auf Wasserstoff und Brennstoffzelle gestellt werden, gerät das Zukunftsszenario "Wasserstoff-Wirtschaft" in Deutschland gerade ins Stocken. Ursprünglich hatte die Initiative Verkehrswirtschaftliche Energiestrategie (VES), der zum Beispiel die Unternehmen Aral, BMW, DaimlerChrysler, RWE, Shell und VW angehören, geplant, bis 2020 ein flächendeckendes Netz von rund 2000 öffentlichen Wasserstoff-Tankstellen zu installieren. Die Kosten für dieses Mammutprojekt können bislang nur recht vage geschätzt werden. In jüngsten Berichten war von bis zu 120 Milliarden Euro Infrastruktur-Investitionen die Rede.

      Die immensen Kosten haben auch den zuvor noch recht optimistischen Ausblick der Enquete-Kommission "Mobilität und Verkehr" des Bundestags deutlich getrübt. Galt diesem Gremium bislang das Jahr 2020 als realistisch, um Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit Wasserstoff als Kraftstoff auf breiter Basis einzuführen, wird seit wenigen Wochen ein neues Datum genannt: 2050.

      Denn neben der Entwicklung von serienreifen Brennstoffzellen für den Einsatz in Fahrzeugen und neben dem Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoffversorgung muss vor allem das Problem gelöst werden, wie der Wasserstoff überhaupt gewonnen wird. Um nämlich den in der Natur allgegenwärtigen Stoff in seiner elementaren Form zu erhalten, ist zunächst ein enormer Energieaufwand nötig.

      Vor einer wirklichen Energiewende freilich kann man nur sprechen, wenn auch der elektrische Strom, der zu Wasserstoff-Gewinnung nötig ist, aus regenerativen Quellen stammt: Am besten also aus Wasser-, Wind- oder Solarkraftwerken. Nur dann kann es gelingen, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen zu reduzieren. Käme die Energie zur Wasserstoffgewinnung aus konventionellen Kraftwerken, würden die Kohlendioxid-Emissionen lediglich von den Auto-Auspuffen zu den Kraftwerken hin verlagert - die Gesamtbilanz jedenfalls würde sich kaum verbessern.

      In Frankreich wird deshalb über den Einsatz von Atomstrom zur Herstellung von Wasserstoff debattiert. Dort arbeiten der Autohersteller PSA, zu dem die Marken Citroën und Peugeot gehören, in einem Brennstoffzellen-Projekt mit der staatlichen Atomenergiebehörde zusammen.


      bezüglich der treibhausgase und ozonschicht kommt auch noch ein interessanter artikel. erstes ozonloch ist schon über hamburg gesichtet worden. mal sehen ob ich den artikel noch finde.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 08.02.02 12:59:54
      Beitrag Nr. 136 ()
      Hamburger Abendblatt vom 08.02.02

      Ozonfinger bis Hamburg

      Fingerförmige ozonarme Schichten und Miniozonlöcher reichen vom Äquator bis nach Mitteleuropa hoch. Im Januar zogen sie selbst bis nach Hamburg. Bei dem Phänomen handelt es sich nach Auskunft ESA um einen rassanten Zerfall der Ozonschicht in rund 20 Kilometer Höhe. Vor allem im Winter kann man wandelnde Miniozonlöcher beobachten. Bislang waren sie aber nur im Äquatorraum bekannt.
      Jetzt endeckten Experten der ESA auf Sattelitenaufnahmen Ende Januar viele fingerförmige Ozonlöcher über Südspanien, Frankreich und Deutschland. In diesen Regionen sei bis zu 30% mehr schädliche UV - Strahlung, die Krebs fördert, durch die Athmosphäre gelangt, teilte die ESA gestern mit.

      naja dann man lichtschutzfaktor 50 und mehr für die sonnigen zeiten!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 27.02.02 19:56:04
      Beitrag Nr. 137 ()
      Computer-Abfall bedroht Umwelt in Asien+++Alte PCs aus den USA verschmutzen Südost-China

      Verfasser: Silke Landwehr


      Seattle (pte, 25. Februar 02) - Alte Computer, PC-Teile und anderer Elektronikschrott bedrohen die Umwelt in Südost-China. Ein heute, Montag, veröffentlichter Report des Basel Action Network (BAN) http://www.ban.org zeichnet ein düsteres Bild: tonnenweise lagern die zum Teil hochgiftigen Altgeräte aus den USA entlang von Flussufern und auf Feldern. Der Transfer von gefährlichen Abfällen wurde 1989 durch die Basler Konvention verboten. Die USA haben das Vertragswerk aber nicht ratifiziert. "Ich habe viel verschmutzte Plätze in Ländern der Dritten Welt gesehen, aber dies übersteigt alles bisher dagewesene", so Jim Puckett von Basel Action Network, das von Seattle/Washington aus operiert. Das Netzwerk hofft auf zahlreiche internationale Berichte, um damit Druck auf die großen Unternehmen und die amerikanischen Politiker zu machen. Der Report spricht davon, dass Elektronikschrott zum größten Müllproblem der Welt heranwächst. Besonders gefährlich sind in Elektronikbauteilen enthaltene Substanzen wie Blei, Cadmium und Quecksilber, die dann unmittelbar in der Umwelt landen. Eine internationale Expertengruppe hat im vergangenen Dezember die "wilden" Abfalldeponien in Guiyu nahe von Hongkong besucht, wo Menschen ohne Schutzvorrichtungen die Computer zerlegen, zum Teil verbrennen um so Gold und Silber herauszuholen. Dabei werden giftige Dämpfe in die Luft geblasen und das Wasser mit Schwermetallen verunreinigt. Die Campaigner berichten auch, dass westlicher Elektronikschrott nicht nur in China, sondern auch in Indien und Pakistan deponiert wird. Dort passiere im Grunde die gleiche ökologische Katastrophe wie in China, so ein Sprecher von BAN.

      Der Report berichtet auch, dass 80 Prozent des amerikanischen Elektronikschrotts außer Landes gebracht wird. Es gebe zwar auch in den USA Recycler für alte PCs und Rechner, doch sei der Weg in Länder der dritten Welt wohl billiger. Die Basel Action Network befürchtet, dass durch die jährlich Millionen neuen Geräte die Menge an Schrott zum internationalen Umweltproblem werden könnte. "Jeder weiß, was da läuft, aber sie wissen nicht, was sie damit tun sollen", so Ted Smith, Chef der Silicon Valley Toxics Coalition http://www.svtc.org . "Am liebsten würden sie das ganze Problem aber ignorieren", so Smith.

      tja so ist das mit der "globalisierung" da werden die armen leute schon früh mit der hightechmaschinerie vetraut gemacht ;)

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 06.03.02 08:51:00
      Beitrag Nr. 138 ()
      hai zusammen!

      hier eine der gravierensten wettbewerbsverzerrungen im deutschen umweltmarkt. doch es ist abzusehen, dass das monopol des dsd wankt.


      Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen: Mehr Wettbewerb bei der Verpackungsentsorgung

      Die Verpackungsentsorgung ist nach Auffassung des Umweltrates reformbedürftig. Die Umweltsachsverständigen halten die Vorgabe von starren Verwertungsquoten gegenüber einer vollständigen Anlastung der mit der Erzeugung, Verwendung und Entsorgung von Verpackungen verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten generell nur für eine zweitbeste Lösung. Sofern der Verordnungsgeber an dieser zweitbesten Lösung festhält, sollte zumindest dafür Sorge getragen werden, dass die Erfüllung der Quoten in einem wettbewerblichen Umfeld erfolgt. Obwohl die Verpackungsverordnung im Prinzip einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Systembetreibern ermöglicht, bestehen gravierende Marktzutrittsschranken, die bislang der DSD AG eine Monopolstellung garantieren:
      Die Zulassung eines Systembetreibers ist nach § 6 Abs. 3 VerpackV nur dann möglich, wenn er ein flächendeckendes haushaltsnahes Erfassungssystem in mindestens einem Bundesland vorhält. Kleine und mittelständische Anbieter werden hiermit von vornherein ausgeschlossen, und auch für größere Anbieter, die über die entsprechende Kapitalkraft verfügen, ist ein "kleiner Anfang" mit anschließendem Wachstum, wie auf "normalen" Märkten möglich, nicht realisierbar.
      Zusätzlich ist der Versuch, eine Zulassung als Systembetreiber zu erlangen, mit einem erheblichen Investitionsrisiko verbunden, denn selbst bei Erfüllung der formalen Zulassungskriterien besteht aufgrund vielfach unbestimmter Rechtsbegriffe in § 6 Abs. 3 VerpackV ein behördlicher Auslegungsspielraum, so dass trotz getätigter Investitionen eine Ablehnung des Zulassungsantrags nicht ausgeschlossen ist.
      Eine zusätzliche Marktzutrittsschranke ergibt sich daraus, dass das Symbol "Grüner Punkt" nur auf solchen Verpackungen verwendet werden darf, für die Lizenzgebühren an die DSD AG abgeführt werden. Dies hat zur Folge, dass die Verwender von Verpackungsmaterialien nicht in der Lage sind, verschiedene Entsorger zu beauftragen, denn in diesem Fall wären getrennte Verpackungs-, Distributions- und Vermarktungslinien für Verpackungen mit und ohne den "Grünen Punkt" erforderlich.
      Der Umweltrat ist davon überzeugt, dass durch einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Systembetreibern noch erhebliche Kostensenkungspotentiale aufgedeckt und technische beziehungsweise organisatorische Innovationen angestoßen werden können. Ein Beispiel hierfür ist das Konzept der Landbell AG, bei dem sich die materialspezifische Trennung der Abfallströme stärker als beim DSD-Konzept an den technisch-ökonomischen Charakteristiken der verfügbaren Verwertungsverfahren orientiert, wobei ohne wesentliche ökologische Nachteile erhebliche Kosteneinsparungen realisiert werden können. Solche Verfahren können sich jedoch nur dann durchsetzen, wenn der Markt für den Wettbewerb zwischen konkurrierenden Systembetreibern geöffnet wird.
      Für die Einführung wettbewerblicher Strukturen in der Entsorgung und Verwertung von Verpackungsabfällen bestehen verschiedene Optionen, wobei ein Zertifikatsystem nach britischem Vorbild nach Einschätzung des Umweltrates die größten Effizienzpotentiale aufweist. Hierbei können die an der Verpackungskette beteiligten Unternehmen ihre Verwertungspflicht individuell oder durch Beitritt zu einem der miteinander konkurrierenden "Compliance Schemes" erfüllen. Zum Nachweis der erbrachten Verwertungsleistungen dienen handelbare Verwertungszertifikate, deren jeweiliger Marktpreis eventuelle Unter- bzw. Überkapazitäten auf dem Verwertungsmarkt widerspiegelt und damit entsprechende Anpassungsprozesse auslöst.

      Das britische Zertifikatsystem belegt nach Einschätzung des Umweltrates, dass die Erfüllung national vorgegebener Verwertungsquoten für Verpackungsabfälle nicht zwangsläufig die Errichtung einer monopolistischen Struktur erfordert, sondern bei sachgerechtem institutionellen Design auch in einem von Wettbewerb geprägten Umfeld möglich ist. Neben der starken Wettbewerbsorientierung besteht ein weiter Vorteil des britischen Systems in der weitgehenden Austauschbarkeit von Verwertungsleistungen zwischen den verschiedenen Materialfraktionen und Verpackungstypen, die zu einer insgesamt kostenminimalen Realisierung der angestrebten Verwertungsquoten führen.

      Kritisch anzumerken ist gegenüber dem britischen Ansatz, dass die Quotenerfüllung in Großbritannien derzeit insbesondere aufgrund unzureichender Systeme zur getrennten Erfassung von Verpackungsabfällen nicht gewährleistet erscheint. Vor dem Hintergrund erfolgreich arbeitender Erfassungssysteme in Deutschland wäre dies jedoch kein grundsätzliches Argument gegen die Übernahme eines Zertifikatsystems nach britischem Vorbild. Schwerer wiegt, dass aus Großbritannien auch verschiedentlich Vollzugs-, Monitoring- und Trittbrettfahrerprobleme berichtet werden. Vor der möglichen Einführung eines solchen Systems in Deutschland wären deshalb noch zahlreiche Gestaltungsfragen zu lösen.
      Avatar
      schrieb am 10.03.02 22:01:57
      Beitrag Nr. 139 ()
      hallo haispeed,

      schön, dass du hier weiter schreibst!

      zu #137:
      ob das wirklich alles alter computerschrott ist?? oder ob auf diese weise nicht auch die viel zu hohen lagerbestände für neugeräte `abgebaut` werden, für die es keinen markt gibt, was jenseits des atlantiks gerade zu grosser euphorie über die konjunkturdaten führt? es gab mal einen artikel in der `zeit`, wo ausführlich die entsorgung nagelneuer u.s.-pc`s in england geschildert wurde. die wurden demnach letztes jahr dort containerweise angeliefert und geschreddert.

      asien als müllplatz für hightech-schrott ist natürlich auf dauer billiger. vor jahren wurden m.w. schon unsere ersten gelben säcke nach china verschifft und dort verbrannt (mit entsprechender gesundheitsgefahr durch plastikdämpfe), die wir in deutschland mühsam vom hausmüll getrennt und gesammelt haben. (verwaltungen und recyclingwerke hatten mal wieder den deutschen sammelfleiss unterschätzt.)

      das ist nur ein verdacht, aber ich finde ihn nicht so unrealistisch.

      grüsse
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 09:57:46
      Beitrag Nr. 140 ()
      hallo cabinda,

      der verdacht ist lange bestätigt. auch in indonesien wurden gelbe säcke "verwertet" und zwar TÜV Reihnland zertifiziert.
      ging vor jahren auch mal durch die presse. der TÜV hatte per ferndiagnose die verwertung in indonesien tatsächlich mit testat versehen.

      aber was mit und durch das dsd und dem müll alles so passiert sehen wir ja aktuell in kölle, wo trinikens aber auch alles abgeschmiert hat was auch nur im entferntesten mit dem bau der müllverbrennung und dem wirken in der abfallwirtschaft und der politik zu tun hat.

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 10:02:20
      Beitrag Nr. 141 ()
      hallo haispeed,

      `verdacht` bezog sich darauf, ob nicht nur alter high-tech-schrott, sondern evtl. auch neugeräte, die der markt nicht aufnehmen kann, auf diese weise entsorgt werden...
      in eile
      schönen gruss
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 13:56:59
      Beitrag Nr. 142 ()
      ah ja! ich hatte das auf die gelben säcke bezogen.

      aber die vernichtung von neuware ist ja gang und gebe um die preise stabil zu halten.

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 17.03.02 21:31:11
      Beitrag Nr. 143 ()
      hier etwas zu meinem lieblingsthema:

      der marktorientierte umweltschutz ist im kommen. von 2005 an will die eu den handel mit CO2-rechten einführen. wie funktioniert der handel mit luft?

      Geschäfte mit der Luft
      ----------------------
      Der Handel mit Verschmutzungsrechten kann die Kosten des Klimaschutzes drücken. Es entsteht ein neuer Markt - geschaffen durch die Politik

      von Fritz Vorholz


      Treibhausgasemissionsberechtigungen. Ausgerechnet dieser Bandwurm, enthalten im Richtlinienvorschlag 2001/581 der Europäischen Kommission, steht für eine neue Ära der Umweltpolitik. Sie soll Mensch und Natur mehr Klimaschutz bescheren, und zwar - der Clou der Angelegenheit - für weniger Geld. Eben dank jener "Treibhausgasemissionsberechtigungen"; genauer: dem Handel mit denselben.

      Auf den Markt der Zukunft, der nicht nur in Europa, sondern wegen des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz sogar weltweit entstehen soll, bereiten sich Broker, Banken und Börsen bereits vor: darunter die Chicago Board of Trade, die International Petroleum Exchange in London - und auch die Deutsche Börse in Frankfurt. Weltweit rund 60 Milliarden Dollar soll das Geschäftsvolumen nach Schätzung der Deutsche Bank Research betragen, der Management-Dienstleister Accenture GmbH rechnet sogar mit bis zu 250 Milliarden Dollar. Wie mit Gold oder mit Sojabohnen wird demnächst wohl mit den Lizenzen zur Umweltverschmutzung gehandelt - nur in viel größerem Umfang. Womöglich werde "Das neue grüne Spiel" eines Tages sogar zum größten Warenmarkt der Welt, mutmaßte das US-Magazin Newsweek bereits. Die Prognos AG rät derweil zu einem frühzeitigen Einstieg in den Markt für Emissionsrechte. Er verspreche vor allem eines: "langfristig hohe Gewinne".

      Besagter Markt für Emissionsrechte ist in den Köpfen von Ökonomen entstanden. Doch bevor das große Geschäft daraus werden kann, müssen noch die Politiker Hand anlegen - und sich gegen massive Widerstände aus der Wirtschaft durchsetzen (siehe Kasten). Auf dem Marktplatz der Zukunft soll schließlich gehandelt werden, was heutzutage, mangels Knappheit, gar nicht marktgängig ist, wofür deshalb bisher niemand etwas zahlen muss: Luft, um es salopp auszudrücken.

      Selbstverständlich handelt es sich um keine ganz normale Luft, sondern um solche, die etwas mehr jener Gase enthält, die für die Erderwärmung verantwortlich gemacht werden, vor allem Kohlendioxid (CO2). Es entfleucht Abgasrohren und Schornsteinen immer dann, wenn Kohle, Erdöl oder Erdgas verbrannt wird. Rund 23 Milliarden Tonnen CO2, das entspricht mehr als 6 Milliarden Tonnen reinen Kohlenstoffs, pustet die Menschheit derzeit jährlich in die Atmosphäre und sorgt auf diese Weise für allerlei Übel: für einen steigenden Meeresspiegel und für Wetterkapriolen mit meist unerfreulichen Konsequenzen - bis hin zu besseren Lebensbedingungen für Krankheitserreger. Soll der Klimawandel noch in Grenzen gehalten werden, müssen die Treibhausgasemissionen sinken - und zwar drastisch, damit der wachsenden Weltbevölkerung das Schlimmste erspart bleibt.

      Methode "Billiger Jakob"

      Die Umstellung auf eine klimaverträgliche Ökonomie wird vermutlich langfristig viel Geld kosten. Damit es nicht zu viel wird, soll mit den Emissionen gehandelt werden dürfen. Mithilfe von Emissions Trading (ET), so die neudeutsche Bezeichnung, lasse sich nämlich "mit den geringsten Kosten der höchste Umweltnutzen" erzielen, sagt Olav Hohmeyer, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Flensburg. Um bis zu 90 Prozent, so das Ergebnis eines Pilotprojektes in Hessen, könnten die Kosten der Emissionsminderung dank Emissionshandel sinken. Armin Sandhövel, Leiter der Umweltmanagement-Abteilung bei der Dresdner Bank, spricht davon, dass ET "ökologische Treffsicherheit" garantiere und gleichzeitig ein "Höchstmaß an unternehmerischer Freiheit" gestatte.

      Wie das? Weil die Kosten für die Vermeidung von CO2 von Land zu Land, von Fabrik zu Fabrik und von Haushalt zu Haushalt unterschiedlich sind - und weil der Emissionshandel dafür sorgt, dass genau dort die Umweltbelastung reduziert wird, wo dies die geringsten Kosten verursacht. Cap and trade - deckeln und handeln, heißt der Mechanismus, der dafür sorgt. Deckeln, weil der Staat jedem Emittenten ein Verschmutzungskontingent zuteilt, eine genau definierte Lizenz zur Inanspruchnahme der Umwelt; das gewährleistet, dass das Ökoziel erreicht wird. Handeln, weil die Lizenzinhaber ihre Verschmutzungsrechte verkaufen können - und dies auch tun werden, wenn der erwartete Erlös daraus höher ist als die Investitionen zur Verringerung der Umweltbelastung. Als Käufer treten jene Emittenten auf, die es billiger kommt, zusätzliche Lizenzen zu erwerben, als selbst ihren Schmutzausstoß zu verringern. Ergebnis: Effektiver Umweltschutz zu minimalen Kosten - der Markt macht`s möglich.

      Erfunden hat das Konzept der Amerikaner John Harkness Dales schon vor einem Vierteljahrhundert. Inzwischen rühren viele die Trommel für den Umweltschutz nach der Methode des billigen Jakob: Hierzulande entsteht gerade der Bundesverband Emissionshandel und Klimaschutz, eine Initiative von jungen Wissenschaftlern unter anderem vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim und vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA). Ziel des Vereins sei unter anderem die "Information der Politik und Öffentlichkeit über die Zweckdienlichkeit des Emissionshandels", heißt es im Satzungsentwurf.

      Wie zweckdienlich ET ist, haben vor allem die Amerikaner schon bewiesen. Um den sauren Regen zu bekämpfen, teilte die US-Regierung 1995 den Kraftwerksbetreibern handelbare Verschmutzungsrechte für den Schadstoff Schwefeldioxid (SO2) zu. Bis Ende des Jahres 2000 wurden mehr als 40 Millionen Emissionsrechte über je eine Tonne Schwefeldioxid gehandelt. Der Giftausstoß sank drastisch, während die Kosten weit unter den ursprünglich prognostizierten vier Milliarden Dollar blieben. Das Programm habe die "Praktikabilität von Zertifikatsystemen in der Umweltpolitik auf breiter Grundlage unter Beweis gestellt", heißt es in einer Analyse der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

      Ein Ölmulti macht`s vor

      Fast noch eindrucksvoller wirkte cap and trade bei der Bewirtschaftung der Heilbuttbestände vor der Küste Alaskas: Um die bedrohten Fischschwärme vor der Ausrottung zu schützen, hatten die Behörden zunächst nur eine Fangquote verhängt. Weil die Quote aber nicht den einzelnen Fischern zugeteilt war, startete ein heilloser Run auf die Meeresressource; jeder wollte sich eben einen möglichst großen Anteil sichern. Am Ende war die jährliche Fischereisaison auf ganze zwei Tage geschrumpft. 48 Stunden reichten aus, um die gesamte freigegebene Fischmenge zu fangen - und zwar bei jedem Wetter. Deshalb gab es Tote, havarierte Fischerboote - und fast ganzjährig keinen Frischfisch. Weil das Angebot an den beiden Fischereitagen zudem immens war, waren zu allem Übel die Preise in den Keller gerutscht. Erst nachdem 1995 die Behörden den einzelnen Fischern individuelle Fangquoten zugeteilt und ihnen erlaubt hatten, diese Quoten untereinander zu handeln, besserte sich die Lage. Schon im ersten Jahr des neuen Regimes konnte die Fangsaison wieder auf acht Monate ausgeweitet werden. Die amerikanische National Academy of Science lobte das neue System fast überschwänglich.

      Die große Zeit des marktorientierten Umweltschutzes kommt indes erst noch: Dann nämlich, wenn es gilt, die Erderwärmung zu bekämpfen. Von 2005 an will die EU den Handel mit CO2-Rechten eröffnen. Und vom Jahr 2008 an, so steht es im Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz, sollen diverse solch "flexibler" Instrumente sogar weltweit zum Einsatz kommen. Während die Finanzwelt, die Hersteller energieeffizienter Geräte und die Produzenten vergleichsweise umweltverträglicher Energien wie Erdgas ein Riesengeschäft wittern, treten die Lobbyisten der Verliererbranchen, beispielsweise Kohle, nach Kräften auf die Bremse. Trotz dieses besonders in Deutschland ausgeprägten Widerstands kann sich kaum jemand dem Charme des marktnahen Ökoinstruments verschließen. ET wird deshalb bereits vielerorts kräftig geübt.

      1999 kaufte der kanadische Energieversorger Ontario Power Generation CO2-Emissionsrechte in Höhe von 2,5 Millionen Tonnen von dem US-Unternehmen Zahren Alternative Power Corporation (ZAPCO); ZAPCO erzielte die Einsparungen durch die Entgasung von Mülldeponien, Hauptgeschäftsfeld des Unternehmens. Nach dem Motto "Cash for carbon" kam ein Konsortium unter Führung des ebenfalls kanadischen Versorgers Transalta mit Farmern ins Geschäft, die auf ihren Äckern mit speziellen Bewirtschaftungsmethoden für weniger Treibhausgase sorgen. Auch mit den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) handelte Transalta bereits.

      Zu einiger Berühmtheit hat es bereits der unternehmensinterne Emissionshandel beim Ölmulti BP gebracht. Verbrieft in Zertifikaten, wird jeder der weltweit 140 Geschäftseinheiten seit Anfang 2000 ein jährlich sinkendes Emissionsziel in Tonnen CO2 zugeteilt. Wer durch den Einsatz effizienter Technik mehr CO2 vermeidet als gefordert, kann die überschüssigen Erlaubnisscheine an Kollegen anderer Geschäftseinheiten verkaufen und dabei Geld verdienen; wer weniger findig ist, muss Zertifikate zulasten des Gewinns zukaufen. BP-Vize Peter Knoedel äußert sich hoch zufrieden über die Erfahrungen mit dem System. Die Kosten des Klimaschutzes ließen sich dadurch drücken - und die eingesparte Energie lasse sich obendrein gewinnbringend verkaufen. "Seit Anfang 2000 entspricht das schon dem Wert von einer halben Milliarde Dollar", sagt Knoedel.

      Erfahrungen sammeln auch andere: darunter Shell und eine Hand voll Unternehmen in Australien und in den USA. In Kürze probt sogar eine ganze Nation die neue Art des Klimaschutzes: Während in Deutschland noch der Kampf der Ideologen tobt, startet in Großbritannien im April ein landesweites Emissionshandelssystem - zunächst auf freiwilliger Basis und gefördert mit Subventionen für die Teilnehmer. Es sei eine weltweite Premiere, verkündet der britische Umweltminister Michael Meacher stolz - und werde der Industrie "unschätzbare Erfahrungen" vermitteln. Eben für den Markt der Zukunft.

      aus: die zeit, wirtschaft 12/2002


      @haispeed
      #142 - ja, leider!!

      gruss
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 13:46:02
      Beitrag Nr. 144 ()
      na was da wohl am ende der verbraucher zu spüren bekommt ist sicher abzuwarten. er steht ja immer am ende der kette.
      wenn sich bei dieser art "resurcenhandel" monopole bilden (und das ist ja abzusehen) werden in der wirtschaft wieder starke bereinigungen (sprich pleiten)statt finden. der mittelstand wird es in den betroffenen ländern dann am meisten spüren, denn er wird sich seine "Emissionsschecks" oder lizenzen bei den großen holen müßen. zu deren preisen.
      wie beim öl förderquote runter preise rauf, dann künstliche lizenzverknappung preise rauf.

      dieser handel mit lizenzen an resurcen und produktions - oder privaten abfällen zb. ist auch schon im gespräch. auch für deutschland.
      in england gibt es zb. schon den handel mit verwertungslizenzen für verkaufsverpackungen.

      aber solange wir die luft nicht in tüten bekommen ist ja noch alles in butter

      ;) haispeed
      Avatar
      schrieb am 14.07.02 12:54:53
      Beitrag Nr. 145 ()
      Avatar
      schrieb am 13.04.03 19:36:16
      Beitrag Nr. 146 ()
      Robert Kurz:

      Die weltweiten Überschwemmungen des Sommers 2002 werden in die Geschichte der Naturkatastrophen als trauriger Rekord eingehen. In einem Ausmaß wie noch nie seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen in der Neuzeit wurden gleichzeitig in Europa, Afrika, Asien, Süd- und Nordamerika riesige Gebiete überflutet. Extrem starke Regenfälle mit bis zu 600 Litern pro Quadratmeter, Erdrutsche und über die Ufer tretende Flüsse zerstörten die Infrastrukturen ganzer Provinzen, vernichteten die Ernte, forderten zehntausende von Todesopfern und machten Millionen von Menschen obdachlos. In Ostdeutschland hat eine "Jahrhundertflut" fast das gesamteWirtschaftsleben lahmgelegt. Genau umgekehrt wurden gleichzeitig andere Regionen, oft innerhalb desselben Landes, von entsprechenden Dürrekatastrophen heimgesucht. So standen einerseits in Norditalien ganze Landstriche unter Wasser und die Weinernte dieses Jahres wurde zum größten Teil durch Unwetter vernichtet, während sich andererseits die Leute im ausgedörrten Süditalien nicht mehr duschen können und die Mafia das Wasser flaschenweise verkauft.







      Jeder weiß, dass es sich bei den Katastrophen um keine reinen Naturphänomene handelt
      Entweder die Sintflut oder gar kein Wasser mehr: Diese Disproportionalität hat Methode. Wie die großen, global tätigen Versicherungsgesellschaften melden, steigen die Schäden durch Unwetter und Überschwemmungen von Jahr zu Jahr an: In Europa haben sie sich nach Angaben des Allianz-Konzerns allein im ersten Halbjahr 2002 vervierfacht. Schon längst weiß jedes Kind, daß die "höhere Gewalt" dieser Katastrophen nicht von den Göttern kommt; ebensowenig handelt es sich um reine Naturprozesse, die der menschlichen Gesellschaft äußerlich wären. Vielmehr haben wir es mit gesellschaftlich produzierten Veränderungen der Natur zu tun, vor denen die Ökologen schon seit Jahrzehnten vergeblich warnen. Das Resultat sind "gesellschaftliche Naturkatastrophen", die sich irreversibel ausbreiten. Warum wird die längst vorhandene Einsicht in ökologische Zusammenhänge gesellschaftlich derart stur ignoriert? Das Problem des Verhältnisses von sozial-ökonomischen und natürlichen Prozessen muß offenbar grundsätzlich neu formuliert werden.





      Der Mensch greift immer in die Naturabläufe ein











      Damit dieser Prozess nicht destruktiv wird, muss die Gesellschaft vernünftig organisiert werden
      Gesellschaft hat eine andere Qualität als Natur. Obwohl es keine chinesische Mauer zwischen den Lebewesen gibt, unterscheiden sich doch Menschen grundsätzlich von Pflanzen und Tieren, worin auch immer das Wesen dieser Differenz liegt und wo auch immer die Schwelle des Übergangs zu suchen sein mag. Marx sagte, was den schlechtesten Baumeister von der besten Biene unterscheide, sei die Tatsache, daß das menschliche Werk "zuerst durch den Kopf hindurch muß", also nicht selber unmittelbar Naturprozeß ist, sondern Umgestaltung der Natur mittels des entkoppelten Bewußtseins. Dadurch entsteht ja erst ein Verhältnis von Natur und Kultur oder von Natur und Gesellschaft. Dieses Verhältnis enthält eine Spannung, die sich destruktiv entladen kann. Da gesellschaftliche und natürliche Prozesse nicht identisch sind, können sie kollidieren. Kein Mensch kann einfach "im Einklang mit der Natur leben", wie es die grüne Ideologie fordert. Sonst wäre er selber bloß Natur, also ein Tier. Gesellschaft ist nicht unmittelbar Natur, sondern "Stoffwechselprozeß mit der Natur" (Marx), also Umgestaltung und "Kulturalisierung" der Natur (Kultus bedeutete ursprünglich Ackerbau). Damit dieser Prozeß nicht zu katastrophalen Friktionen führt, ist eine vernünftige Organisation der Gesellschaft erforderlich. Vernunft heißt in dieser Hinsicht nichts anderes als eine Reflexion der Naturzusammenhänge im Bewußtsein und ein entsprechendes Verhalten bei der gesellschaftlichen Umgestaltung der Natur, das sinnlosen Raubbau und destruktive Nebenwirkungen vermeidet.







      Alle bisherigen Gesellschaften agierten "unvernünftig"
      Eine vernünftige Organisation der Gesellschaft kann sich aber nicht allein auf den "Stoffwechselprozeß mit der Natur" beziehen. Vernunft ist unteilbar. Ohne eine vernünftige, das heißt die sozialen Bedürfnisse befriedigende Beziehung der Gesellschaftsmitglieder untereinander kann es auch keine Vernunft in der Umgestaltung der Natur geben. Wie Horkheimer und Adorno in ihrer "Dialektik der Aufklärung" gezeigt haben, bedingen sich eine irrationale, destruktive, unreflektierte "Herrschaft über die Natur" und eine ebensolche "Herrschaft des Menschen über den Menschen" wechselseitig. Insofern müssen alle bisherigen Gesellschaften als unvernünftig gelten, weil sie von der Irrationalität der Herrschaft nicht losgekommen sind. Auch gesellschaftliche Katastrophen wie Kriege oder Hungersnöte und Naturzerstörung bedingen sich wechselseitig. Herrschaft ist immer destruktiv, weil sie ein unreflektiertes Gewaltverhältnis darstellt.









      Erst die modernen Gesellschaften betreiben die Zerstörung im großen Stil
      Als Verhältnisse von Herrschaft und Unterwerfung auf der Ebene der sozialen Beziehungen kannten die vormodernen Agrargesellschaften auch die damit verbundene Zerstörung von Naturzusammenhängen. Die Verkarstung der einstmals bewaldeten Ufer des Mittelmeers war bekanntlich eine Folge des rücksichtslosen Verbrauchs von Holz durch die antiken Mächte, vor allem das römische Imperium. Eine große Rolle spielte dabei der Bau von Kriegsflotten. Aber diese Naturzerstörung beschränkte sich auf einzelne Aspekte der Biosphäre, sie nahm noch keinen systematischen und umfassenden Charakter an. Erst die wunderbare Moderne hat eine Dynamik entfesselt, die zur Bedrohung für das irdische Leben überhaupt geworden ist und jene "gesellschaftlichen Naturkatastrophen" im großen Maßstab hervorbringt; und zwar mit umso größerer Wucht, je mehr sich die moderne Gesellschaft zu einem planetarischen Gesamtsystem entwickelt. Es wäre zu billig, die Dynamik der modernen Naturzerstörung allein der Technik zuzuschreiben. Gewiß sind es technische Mittel, die direkt oder indirekt in die Naturzusammenhänge eingreifen. Aber diese Mittel stehen nicht für sich, sondern sie sind Ergebnis einer bestimmten Form der gesellschaftlichen Organisation, die sowohl die sozialen Beziehungen als auch den "Stoffwechselprozeß mit der Natur" bestimmt. Das moderne warenproduzierende System, das auf der Verwertung von Geldkapital als Selbstzweck beruht, erweist sich dabei in doppelter Weise als irrational: nämlich sowohl auf der Makro-Ebene der Volks- und Weltwirtschaft als auch auf der Mikro-Ebene der Betriebswirtschaft.



      Auf der Makroebene sind der ökonomische "Zwang" zu Wachstum und Kostensenkung der Grund für Armut, Arbeitslosigkeit und Naturzerstörung
      Die Makro-Ebene, also die gesellschaftliche Summe aller Verwertungs- und Marktprozesse, bringt den Zwang zu einem permanenten abstrakten Wachstum der Wertmasse hervor. Das führt zu destruktiven Formen und Inhalten der Produktion und der Lebensweise, die weder mit den sozialen Bedürfnissen noch mit der Ökologie der Naturzusammenhänge vereinbar sind (Individualverkehr, Zersiedelung, Landschafts-Verbrauch, Bildung von städtischen Monster-Agglomerationen, Massentourismus usw.). Auf der betriebswirtschaftlichen Mikro-Ebene führen die Zwänge von Wachstum und Konkurrenz zu einer Politik der "Kostensenkung" um jeden Preis, egal ob der Inhalt der Produktion an sich sinnvoll oder destruktiv ist. Aber die Kosten werden größtenteils nicht objektiv gesenkt, sondern lediglich nach außen verlagert: auf die Gesamtgesellschaft, auf die Natur, auf die Zukunft. Diese "Externalisierung" von Kosten erscheint dann einerseits als "Arbeitslosigkeit" und Armut, andererseits als Verunreinigung von Luft und Wasser, Auslaugung und Erosion der Böden, destruktive Veränderung der klimatischen Bedingungen usw. Die zerstörerischen Auswirkungen dieser irrationalen Produktionsweise auf das Klima und die Biosphäre schienen zunächst eine bloß theoretische Frage zu sein, weil sie sich im planetarischen Maßstab erst über lange Zeiträume hinweg manifestieren.



      Die Globalisierung der letzten beiden Jahrzehnte hat den Zerstörungsprozess auf die Spitze getrieben
      Vorbereitet wurde dieser Zerstörungsprozeß in zwei Jahrhunderten der Industrialisierung, forciert in der Entwicklung des Weltmarkts nach 1945 und auf die Spitze getrieben in der Globalisierung der letzten beiden Jahrzehnte. Die in immer kürzeren Abständen sich wiederholenden Flut- und Dürre-Katastrophen, die sich auf immer mehr Weltregionen ausweiten, kündigen die absolute ökologische Grenze dieser Produktionsweise an, ebenso wie die wachsende globale Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut ihre absolute sozialökonomische Grenze markieren. Sintflut und Dürre lassen sich präzise als Verhältnisse von Ursache und Wirkung aus der destruktiven Logik von Weltmarkt und Betriebswirtschaft erklären. Im großen kontinentalen und transkontinentalen Maßstab werden die anormalen extremen Unwetter und Regenfälle ebenso wie umgekehrt der anormale extreme Wassermangel durch klimatische Veränderungen hervorgerufen, die ihrerseits Resultat der ungehemmten betriebswirtschaftlichen Emmission von sogenannten Treibhausgasen (Fluorkohlenwasserstoffen) sind. Diese Gase, von denen die Erdatmosphäre langfristig künstlich aufgeheizt wird, werden bei der Produktion und beim Betrieb fast aller wichtigen industriellen Waren freigesetzt, obwohl es auch andere technische Möglichkeiten gäbe.



      Auf der Mikroebene wurden die Unwetter durch Bodenversiegelungen oder Flußbegradigungen zu Flutkatastrophen
      Im kleineren regionalen Maßstab sind es eine ganze Reihe von marktwirtschaftlichen Eingriffen in die Natur, die dazu führen, daß sich die neue Qualität von Unwettern zu großflächigen Flutkatastrophen steigert: In den Flußtälern werden die Böden industriell versiegelt, die Auwälder vernichtet und als Gewerbe-Gebiete und Bauland vermarktet, die Flüsse selbst "begradigt", ausgebaggert und in "Wasser-Autobahnen" verwandelt. Einerseits konzentriert also der markt- und betriebswirtschaftlich erzeugte Wandel des Klimas die Regenfälle, die früher gleichmäßiger verteilt waren, massiv auf bestimmte Zonen; andererseits können dort die Wassermengen ebenfalls aufgrund rücksichtsloser markt- und betriebswirtschaftlicher Praktiken in viel geringerem Maße als in der Vergangenheit abfließen und versickern.



      Ökologische Kritiker wie Greenpeace oder die Grünen haben nie die verursachenden ökonomischen Prinzipien in Frage gestellt
      Die ökologischen Kritiker haben zwar diese Zusammenhänge aufgezeigt und vor den Katastrophen gewarnt, die sich jetzt real manifestieren. Aber sie haben es stets vermieden, das verursachende ökonomische Prinzip als solches in Frage zu stellen. Ökologische Theoretiker und Publizisten, "grüne" Parteien und NGOs wie Greenpeace haben sich allesamt auf die "ewigen" Prinzipien des Kapitalismus vergattern lassen. Sie wollten nie etwas anderes sein als eine Art "Lobby der Natur" im Rahmen genau der Logik, von der die Biosphäre zerstört wird.

      Die ganze Debatte über die sogenannte "nachhaltige Entwicklung" ignoriert den Charakter des abstrakten Verwertungs- und Wachstumsprinzips, das keinerlei Sensorium für stoffliche, ökologische und soziale Qualitäten besitzt und deshalb auch völlig unfähig ist, diese zu berücksichtigen. Vollends absurd ist das Konzept, der Betriebswirtschaft die Kosten der Naturzerstörung, die sie ausgelagert hat, wieder in ihre Bilanzen hineinrechnen zu wollen. Das Wesen der Betriebswirtschaft besteht ja gerade darin, systematisch Kosten zu externalisieren, die schließlich von keiner Instanz mehr bezahlt werden können. Wenn sie damit aufhören soll, wäre sie auch keine Betriebswirtschaft mehr und die gesellschaftlichen Ressourcen für den "Stoffwechselprozeß mit der Natur" müßten in einer qualitativ anderen Form organisiert werden. Daß aber die Betriebswirtschaft selbst ihr eigenes Prinzip verleugnen soll, ist eine Illusion. Der Wolf wird nicht zum Vegetarier, und der Kapitalismus nicht zum Verein für Naturschutz und Menschenfreundlichkeit.









      Inzwischen ist die Bereitschaft zu ökologischen Eingriffen in die Ökonomie sogar zurückgegangen
      Wie nicht anders zu erwarten, sind sämtliche Gipfelkonferenzen über Klimaschutz und Nachhaltigkeit von Rio über Kyoto bis Johannesburg kläglich gescheitert, nicht zuletzt am "nachhaltigen" Widerstand der USA, die sich ihren Weltmacht-Konsum nicht vermiesen lassen wollen. Weil die durchaus mögliche Umrüstung auf andere Technologien das betriebswirtschaftliche Kalkül belasten und die Gewinne schmälern würde, wird sie verweigert und weiterhin Treibhausgas in großen Mengen emittiert; ebenso geht der Landschaftsverbrauch ungebremst weiter. Inzwischen ist die Bereitschaft zu ökologischen Eingriffen in die Ökonomie sogar drastisch zurückgegangen, weil das Ende des Finanzblasen-Kapitalismus die Weltkonjunktur abzuwürgen droht und deshalb Natur- und Klimaschutz nur noch als "Luxus" erscheinen, der zuerst gestrichen wird. Unter dem Eindruck der ökonomischen Krise bekennen sich auch immer mehr ehemalige prominente Öko-Aktivisten als Kinder des Kapitalismus, die von einer Beschränkung der Betriebswirtschaft nichts mehr wissen wollen. Einer von ihnen ist der Däne Björn Lomborg, der zum Liebling der Wirtschaftspresse wurde und als gut bezahlter Wanderprediger der Industrie herumreisen darf, weil er die Klima-Katastrophe ins Reich der Phantasie verweist und behauptet, daß mit Hilfe der globalen Marktwirtschaft alles immer besser werde und auch die Natur geradezu aufblühe. Aus Begeisterung über diese dreiste Verfälschung der Tatsachen widmete die "Wirtschaftswoche", das Zentralorgan des deutschen Neoliberalismus, den Thesen Lomborgs eine ganze Serie. Pünktlich zum letzten Teil dieser Serie kam die große Flut. Übereinstimmend stellten Meteorologen und Historiker fest, daß es in Mitteleuropa derartige Unwetter und Fluthöhen seit Jahrhunderten nicht gegeben hat. Die Veränderung des Klimas war dabei direkt sinnlich zu spüren, denn es handelte sich um Stürme und Wolkenbrüche ohne Abkühlung, wie sie sonst nur aus tropischen Gegenden bekannt sind. Die anschließende Flutkatastrophe hat in Deutschland, Tschechien und Österreich ähnlich wie in Asien Milliarden-Schäden verursacht. Da die Staatskassen leer sind, mußte Bundeskanzler Schröder den Stabilitätspakt der EU in Frage stellen. Die Flut nimmt finanzpolitische Dimensionen an. Es wird immer deutlicher: Ökonomische Krise und ökologische Zerstörungen verschränken sich zu einer einzigen Gesamtkatastrophe. Die physikalischen Gesetze lassen sich nicht statistisch manipulieren, und die "realistischen Pragmatiker" des globalen Marktsystems saufen buchstäblich ab in Dreckwasser und Schlamm.
      Avatar
      schrieb am 16.04.03 15:32:26
      Beitrag Nr. 147 ()
      wer ist robert kurz?
      Avatar
      schrieb am 25.04.03 21:49:40
      Beitrag Nr. 148 ()
      hi, ihr zwei -

      ihr schreibt hier noch :eek:

      eben erst gesehen. schönes thema fürs wochenende, werde dann mal lesen.

      danke und liebe grüße
      :)
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 15:54:26
      Beitrag Nr. 149 ()
      Dieser thread hatte nur ein kleines Zwischentief - das hema Umwelt kommt bald mit voller Wucht zurück!http://www.eurosolar.org/new/de/downloads/FR-Doku_28-03-03.p…
      Avatar
      schrieb am 07.05.03 15:49:52
      Beitrag Nr. 150 ()
      wir haben schon tolle themen gehabt aber im moment klauen uns halt kriege und staatsverfall die show.
      :D

      obwohl... das hat ja auch immer mit umwelt zu tun!
      Avatar
      schrieb am 08.05.03 13:38:53
      Beitrag Nr. 151 ()
      3000 Mrd. € Subventionen.

      3000 Mrd. € ist hochgerechnet die Subventionssumme, die für alle deutschen
      Jobs anfallen würde: 40 Mio x 75 TEUR)


      EU-Kommission genehmigt Beihilfe für deutschen Steinkohlenbergbau in Milliarden-Höhe

      Brüssel - Die Europäische Kommission hat heute ein Beihilfepaket für
      den deutschen Steinkohlenbergbau in Höhe von 3,3 Mrd. € für das laufende Jahr gebilligt.
      Fast der gesamte Anteil geht an die Essener RAG AG.
      Der so genannte Kohlekompromiss von 1997 legt fest, dass die staatlichen
      Finanzspritzen von Jahr zu Jahr sinken müssen und 2005 nur noch 2,7 Mrd €
      bei 36 000 Beschäftigten betragen sollen.
      Derzeit gibt es noch 10 Steinkohle-Zechen mit 44 000 Beschäftigten in NRW und im Saarland.

      3,3 Mrd € für 44.000 = 75.0000 € je Arbeitsplatz, dafür das wir
      - ca. 10 % an deutscher CO2 –Erzeugung (Treibhauseffekt !)
      - in reinen Stromkraftwerken mit geringem Wirkungsgrad erzeugen.
      - und das Geld in eine absterbende zukunftslose Technologie & Wirtschaft pumpen.

      Bei 40 Mio Arbeitsplätzen in Deutschland macht das (40 Mio x 75.000 €;) 3.000.000.000.000 Mrd € = 3.000 Mrd.€
      Avatar
      schrieb am 19.05.03 14:17:35
      Beitrag Nr. 152 ()
      das wäre doch genug kohle um das sogenannte "tittitainment" zu organisieren :D

      nur noch die unerlässlichen jobs werden besetzt mit den "zur arbeit geborenen" und der rest macht just for fun einen drauf. pro kopf (bei ca. 82 mio EW) könnte das ca. 35.000 Euro ausmachen, das wäre für eine dreiköpfige durchschnittsfamilie mehr als nötig.

      mensch das wäre ja, ts... ne, doch man, die ideale verpflechtung von kapitalismus und kommunismus.



      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 14.06.03 18:55:59
      Beitrag Nr. 153 ()
      umwelt

      Die ewig Zukünftigen

      Kaum ist die SPD-Linke verstummt, kritisieren die Umweltschützer aus allen Parteien die Agenda 2010. Ihr Vorwurf: Der Bundeskanzler vergesse die Ökologie – zum Schaden der Ökonomie

      Von Fritz Vorholz

      Der Streit um die Agenda 2010 kostete die SPD ein paar tausend Mitglieder. Er bescherte ihr aber auch einige neue Genossen. Zum Beispiel Jörg Tremmel. Der 32-jährige Diplomkaufmann und Politologe schloss sich fast demonstrativ den Sozialdemokraten an – nicht trotz, sondern wegen Schröders Agenda 2010: ein „kleines Zeichen gegen die Besitzstandswahrer in unserem Land“, wie er sagt. Auf diese Spezies ist Tremmel nicht gut zu sprechen. Er beharkt sich sogar beruflich mit ihnen – als Geschäftsführer eines Think Tank namens Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRzG) mit Sitz im Taunus-Städtchen Oberursel.

      Schröder und die Seinen sollten sich über Tremmels demonstrativen Akt allerdings nicht zu früh freuen. Zwar bemüht der Kanzler gern die „Gerechtigkeit zwischen den Generationen“, um für seine schmerzhaften Reformen zu werben. Doch Schröders Zukunftszugewandtheit, sagt Tremmel, „geht mit Sicherheit nicht weit genug“. Am meis-ten stört den SPD-Novizen, dass die Agenda 2010 zu wenig „grün“ sei. Dass in dem Reformpaket beispielsweise kein Wort über die Weiterentwicklung der Ökosteuer verloren werde, sei geradezu „absurd“.

      Tremmels Ansicht mutet angesichts von beinahe 4,5 Millionen registrierten Arbeitslosen reichlich exotisch an. Sie ist es aber nicht. Viele – jung und alt, grün, rot oder gar schwarz – treibt das ungute Gefühl, die Regierung verpasse gerade die einmalige Chance, die Sanierung der Staatsfinanzen und der Sozialsysteme mit der ökologischen Modernisierung des Landes zu verknüpfen. Die heimliche Koalition der Zweifler reicht von dem umweltbeseelten SPD-Parlamentarier Ernst Ulrich von Weizsäcker über den grünen Querdenker Winfried Hermann bis hin zu Wolfgang Schäuble, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion. Selbst in den Reihen der bayerischen Konservativen regt sich Unmut. Die fehlende ökologische Orientierung ihres Reformprogramms sei die „offene Flanke der Regierung“, sagt Josef Göppel, Förster und CSU-Bundestagsabgeordneter aus dem fränkischen Herrieden.

      Die Urheber der Agenda sind bekennende Ökoskeptiker

      Unversehens hat sich neben Gewerkschaftern, Linken und „Traditionalisten“, die Schröders Reformen als ungerecht zurückweisen, ein zweites Lager von Unzufriedenen gebildet, die sich kaum als Ewiggestrige brandmarken lassen. Sie stört vor allem, dass Schröder es versäumte, sein Reformprogramm mit einer Vision vom besseren Leben zu versehen. Tatsächlich begründet der Kanzler seine Agenda „Zwanzigzehn“ meist mit dem Hinweis, sie sei schlicht „ohne vernünftige Alternative“. Zuweilen strapaziert er auch das Wort Nachhaltigkeit, um für die Einschnitte ins Sozialsystem zu werben. Allerdings ist Schröders Beliebigkeit im Umgang mit dem zentralen Begriff der Ökologiedebatte kaum zu überbieten. So gilt ihm seit ein paar Monaten die Lockerung des Kündigungsschutzes als nachhaltig; als Schröder sich vor gerade mal einem Jahr im Parlament über „Zukunftssicherheit durch Nachhaltigkeit“ ausließ, lobte er sich und seine Regierungsmannschaft noch dafür, den Kündigungsschutz „wieder hergestellt“ zu haben.

      Vor allem die Ökoszene nervt Schröders Gutsherrenart bei der Berufung auf das Prinzip der Nachhaltigkeit. Nach ihrem Verständnis besteht der Kern des Konzepts darin, zukünftigen Generationen nicht nur geordnete Finanzen und eine florierende Wirtschaft, sondern vor allem eine intakte Umwelt zu hinterlassen. Genau davon, sagt Ernst Ulrich von Weizsäcker, „steht in der Agenda 2010 aber nichts drin“. Wie sollte es auch? Die Urheber der Agenda – neben Schröder vor allem Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt – sind bekennende Ökoskeptiker. Die Erkenntnis ergrünter Sozis, die ökologische Modernisierung sei „ein strategischer Hebel für Wachstum und Beschäftigung“, verbannten die Regisseure des SPD-Sonderparteitags vor zwei Wochen prompt in den so genannten Perspektivantrag. Bis zum nächsten Treffen im November darf nun eine sozialdemokratische Arbeitsgruppe offiziell neu nachdenken.

      Solche Verdrängung und Vertagung können sich die Grünen kaum leisten. Sie sollten gefälligst Schröders Agenda „entscheidend begrünen“, fordert Angelika Zahrnt, die Vorsitzende des Ökoverbandes BUND. Schließlich hätten die Grünen „eine besondere Verantwortung, damit auch die SPD diese Aspekte stärker in ihre Parteipolitik aufnimmt“, ermahnte Zahrnt sämtliche Delegierten des bevorstehenden Grünen-Parteitages schriftlich.

      Tatsächlich wollen die Grünen, die Schröders Reformkurs bisher fast klaglos unterstützt haben, am kommenden Wochenende in Cottbus per Beschluss kundtun, dass ihnen die ökologische Blindheit der Agenda 2010 nicht passt. „Ausdrücklich kritisieren wir, dass eine klare Ausrichtung der Reformen am Ziel einer nachhaltigen Entwicklung fehlt“, heißt es in dem vom Parteivorstand abgesegneten Leitantrag. „Hier sehen wir dringenden Ergänzungsbedarf.“ Allerdings bleiben die Nachbesserungswünsche reichlich nebulös. Viel mehr als das „Abschmelzen der Eigenheimzulage“ will die grüne Parteispitze dem Koalitionspartner an konkreten Forderungen nicht zumuten.

      Dabei hatte sich bereits vor Wochen eine Gruppe von 32 grünen Mandatsträgern – unter ihnen die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn und Reinhard Loske, der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion – auf sieben Thesen samt zehnseitiger Begründung geeinigt, in der sie Partei und Regierung vor „richtungsloser Wachstumsorientierung“ warnen. Stattdessen soll nach Auffassung der grünen Querdenker mehr Umweltschutz die notwendigen neuen Jobs schaffen, die Sanierung der Sozialsysteme befördern und dazu beitragen, die maroden Staatsfinanzen wieder ins Lot zu bringen.

      Tatsächlich greift das Bemühen der Reformertruppe um Schröder, die betrieblichen Personalkosten zu senken, zu kurz. Laut amtlicher Statistik machen Löhne und Lohnnebenkosten nicht einmal 22 Prozent der Gesamtkosten von Industriebetrieben aus. Ein anderer Posten schlägt viel stärker zu Buche: der Energie- und Materialverbrauch mit 41,5 Prozent. Einsparungen beim Ressourcenverbrauch entlasten die Betriebe mithin fast doppelt so stark wie um den gleichen Prozentsatz sinkende Personalkosten. Als das Bundeskabinett vor 14 Monaten die nationale Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedete, hieß es denn auch noch, dass mehr Effizienz beim Verbrauch von Rohstoffen und Energie nicht nur ein Gebot „der ökologischen, sondern auch der ökonomischen Vernunft“ sei. In der Agenda 2010 fehlt indes jeder Hinweis auf die „Effizienzrevolution“, ohne die sich „sowohl Umweltzerstörung als auch Arbeitslosigkeit zuspitzen“ werden, wie der SPD-Fraktionsvize Michael Müller immer wieder predigt. Erhört wurde er bisher nicht.

      Das ist freilich nicht das einzige Manko, das die grün gesinnte Gemeinde verärgert. Laut OECD sind mehr als 35 Prozent der vom Bund gewährten Subventionen „potenziell kontraproduktiv, was ihren ökologischen Nutzen angeht“. Dennoch und obwohl Finanzminister Hans Eichel damit bei seinem Bemühen um Haushaltskonsolidierung geholfen wäre, fehlt in der Agenda 2010 jeder Hinweis zum Subventionsabbau – geschweige denn zum vorrangigen Kürzen besonders umweltschädlicher Begünstigungen wie der Steinkohleförderung oder der Mehrwertsteuerfreiheit von Auslandsflügen. Nicht einmal der grüne Parteirat wollte sich Anfang vergangener Woche dazu durchringen, eine von vier Spitzengrünen präsentierte Subventionsstreichliste formell zu beschließen. Ganz zu schweigen von Schröder und Clement: Der bekannte gerade – von wegen „Neues wagen“, wie der Kanzler gern verspricht –, sogar über das magische Jahr 2010 hinaus den hoffnungslos unwirtschaftlichen Steinkohlebergbau mit Steuergeld fördern zu wollen.

      Auch die Verkehrspolitik wäre ergiebig, wollte die Regierung zum Nutzen zukünftiger Generationen ernsthaft die Schuldenlast und den Umweltverbrauch begrenzen. Dennoch legte der zuständige Minister Manfred Stolpe kürzlich den Entwurf eines Verkehrswegeplans vor, der zahlreiche teure, überflüssige und obendrein ökologisch umstrittene Vorhaben enthält. Als habe es im vergangenen Jahr nach der verheerenden Elbeflut keine Debatte über Bodenversiegelung und Gewässerausbau gegeben, will Stolpe Deutschlands Flüsse weiter kanalisieren. Der Saale, auf der zurzeit nicht mehr als ein Schiff pro Woche verkehrt, will er beispielsweise für 80 Millionen Euro einen Seitenkanal verpassen. Dass die brandenburgische Stadt Schwedt für 25 Millionen Euro einen Grenzübergang nach Polen bekommen soll, halten Umweltschützer für ebenso überflüssig. Tatsächlich existiert drei Kilometer südlich des geplanten Übergangs bereits ein modernisierter Grenzposten. Die zusätzliche Passierstelle werden nach Angaben des Ministeriums im Jahr 2015 nicht mehr als 214 Fahrzeuge pro Tag benutzen. In seiner „Sinnlosigkeit“, urteilt der BUND, schlage das Projekt alle anderen Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans.

      Einen Patzer leistete sich die Regierung auch bei ihrer Operation Tabaksteuer. Ursprünglich noch als Antirauchermaßnahme verbrämt, wurde die geplante Steuererhöhung um einen Euro mittlerweile in drei Stufen gestückelt, damit ja nicht zu viele Raucher von ihrem Laster ablassen. Deutlicher hätten Eichel und Schmidt kaum zeigen können, dass es ihnen nicht um Senkung der Gesundheitskosten durch Prävention geht, sondern ausschließlich um das Geld der Raucher, mit dem sie in Zukunft Leistungen wie das Mutter- oder Schwangerschaftsgeld finanzieren wollen. Dass die Regierung für Anfang nächsten Jahres ein „Präventionsgesetz“ angekündigt hat, lässt angesichts dieses Fauxpax nichts Gutes hoffen. Dabei könnten die Kassen mittel- und langfristig viel Geld sparen, wenn Krankheitsprophylaxe tatsächlich ernst genommen würde. Harald Seidler, Ohrenarzt im saarländischen Neunkirchen und Präsident des Deutschen Schwerhörigenbundes, berichtet beispielsweise von der beängstigenden Zunahme lärmbedingter Krankheiten wie Tinnitus oder Hörstürzen. Überraschen kann das nur Ignoranten; fehlende Normen erlauben selbst bei Kinderspielzeug wie Plastikgewehren oder blechernen Knackfröschen Schallpegel, die weit über den zulässigen Arbeitsplatzwerten liegen.

      Ein persönlicher Brief an Schröder

      Kanzler und Minister ist dies wohlbekannt. „25 bis 30 Prozent der heutigen Gesundheitsausgaben könnten durch vorbeugende Maßnahmen vermieden werden“, haben sie vor gut einem Jahr in ihre nationale Nachhaltigkeitsstrategie geschrieben; nun erschöpft sich die vermeintliche Gesundheitsreform weitgehend im Eintreiben von Geld und in Leistungskürzungen. Auch viele andere Versprechungen aus dem mehr als 300-seitigen Zukunftsplan sind in Vergessenheit geraten.

      Schröders Problem: Er hat in der Vergangenheit mit flotten Sprüchen Erwartungen geweckt, denen er jetzt keine Taten folgen lässt. Der Kanzler selbst hatte sogar einst verkündet, dass es in Sachen Nachhaltigkeit hierzulande „weniger ein Konzeptions- als ein Umsetzungsdefizit“ gebe.

      Genau darauf nagelt ihn seine kritische Gefolgschaft jetzt fest. Zum Beispiel Rolf Kreibich, seit 42 Jahren in der SPD und Chef des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). In einem vierseitigen persönlichen Brief an den Kanzler beklagt er sich bitter darüber, „dass mit der Agenda 2010 nicht an die Nachhaltigkeitspolitik angeknüpft wird“. Das Manko erscheint dem altgedienten Sozialdemokraten so gravierend, dass er sich in seinem Kanzlerbrief sogar zu den Thesen der 32 Grünen bekennt. Volker Hauff, ebenfalls Genosse des Kanzlers und von Schröder vor zwei Jahren zum Vorsitzenden des Nachhaltigkeitsrates auserkoren, gab seine Enttäuschung bereits öffentlich zu Protokoll. „Man war mit der Nachhaltigkeitsstrategie schon einmal konzeptionell deutlich weiter“, ließ er sich kürzlich zur Agenda 2010 aus.

      Strom aus Wind und Sonne hat 130000 Jobs geschaffen

      Immer mehr Beobachter des rot-grünen Reformtreibens fragen sich, warum die Regierung das Land wider besseres Wissen mit unvollständigen Rezepten in Schwung bringen will – statt aus der Not eine Tugend zu machen. Konrad Ott, Philosophieprofessor aus Greifswald und Mitglied des Umwelt-Sachverständigenrates, rät den Regierenden beispielsweise, die Sparzwänge „auf innovative Weise“ mit der Nachhaltigkeitsstrategie zu kombinieren. Auf den Prüfstand gehörten unter anderem der Bundesverkehrswegeplan und der Transrapid. Zwei ökologisch gesinnte Ökonomenvereine sammeln dieser Tage Unterschriften für ihre „Heidelberger Erklärung“; darin fordern sie, Nachhaltigkeit endlich „auch in der Praxis voranzubringen“. Selbst Wolfgang Schäuble führt die Regierung vor: Es sei doch „fast schon paradox, wie sehr ökologische Gedanken in den Hintergrund getreten sind“, sagt der stellvertretedende Vorsitzende der Unionsfraktion.

      Unter den grün Gesinnten jeglicher parteipolitischer Couleur ist die Verzweiflung mittlerweile groß. Ende Juli will sich deshalb ein Teil der Unzufriedenen in einem bayerischen Wasserschloss versammeln. Einziges Thema: wie der Politik vielleicht doch noch eine ökologische Perspektive verpasst werden könnte. Sozialdemokraten, Grüne und Unionspolitiker wollen sich darüber austauschen, dazu Aktivisten und die Chefs der obersten Umwelt- und Naturschutzbehörden. „Wir haben Öko-Gutachten ohne Ende, aber in der Praxis tut sich gar nichts mehr“, klagt einer der Organisatoren des Treffens.

      Mehr Umweltschutz, mehr Arbeitsplätze und weniger Krisengejammer – manche Erfahrung spricht für die Forderungen der grün beseelten Drängler. Die Förderung von Strom aus Wind und Sonne hat nach Angaben der Unternehmensberatung Murphy & Spitz 130000 Jobs geschaffen. Die Ökosteuer sei besser als ihr Ruf und müsse weiter entwickelt werden, erklärte neulich Norbert Walter, der Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Und selbst Geschäftsführer von Handwerkskammern wie Jans-Paul Ernsting aus Hannover bekennen sich längst zum Umwelt- und zum Klimaschutz – weil sie sich davon Aufträge versprechen.

      Auch Schröder, meinen seine Kritiker, hätte eine Sorge weniger, zeigte er mehr Verständnis für ihre Vorschläge. Seine Agenda verursacht schließlich Schmerzen – die besser auszuhalten wären, wären sie mit der Vision einer besseren Zukunft verbunden. Vision? Das klingt nach Abschied von dem Bemühen um schnelle Erfolge. Die verspricht freilich auch der Kanzler längst nicht mehr. Und schließlich, gibt sein Parteifreund Ernst Ulrich von Weizsäcker zu bedenken, sei auch das Apollo-Programm einst mit einer Vision gestartet: „Ein paar Jahre später waren die Amerikaner auf dem Mond.“


      (c) DIE ZEIT 12.06.2003 Nr.25
      Avatar
      schrieb am 13.12.03 10:10:36
      Beitrag Nr. 154 ()
      Dem deutschen Wald geht es nach Erholungsphase schlechter

      Trockenheit im Sommer verschärft die Situation vor allem bei Laubbäumen / Agrarministerium empfiehlt Bahnfahren

      Dem deutschen Wald geht es wieder schlechter: Nur noch knapp ein Drittel aller Bäume ist gesund. Nach dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Waldzustandsbericht der Bundesregierung sind 31 Prozent aller Bäume ohne sichtbare Schäden. Vor einem Jahr waren noch 35 Prozent gesund.






      Sp geht es dem Wald (FR-Infografik)


      Berlin · 11. Dezember · dpa · Der Waldzustandsbericht erreicht fast wieder den Negativrekord von 1992. Die Erholung in den 90er Jahren macht dabei auch die extreme Trockenheit im vergangenen Sommer zunichte. "Das sind sehr schlechte Nachrichten", sagte Agrar-Staatssekretär Matthias Berninger (Grüne). Umweltschützer forderten eine "ökologische Wende" in der Verkehrs- und Agrarpolitik.

      23 Prozent aller Bäume zeigen jetzt deutliche Schäden, zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Massive Beeinträchtigungen gibt es vor allem bei Eichen und anderen Laubbäumen. "Die Schädigung des Waldes hat enorm zugenommen", sagte Berninger. Dafür verantwortlich sei vor allem die Belastung durch Stickoxide, Ammoniak und Ozon. Aus finanziellen Gründen hätten private wie öffentliche Waldbesitzer das Kalken des Waldbodens stark reduziert. Dadurch habe die Übersäuerung weiter zugenommen. Neben der Landwirtschaft seien vor allem Schadstoffe durch den Verkehr für den negativen Trend verantwortlich. "Es macht Sinn, dem Wald zuliebe ab und an die Bahn zu benutzen", sagte Berninger.

      Die Folgen der massiven Trockenheit in diesem Sommer werden sich laut Ministerium erst im nächsten Jahr voll auswirken. Dann sei mit einer weiteren Verschlechterung zu rechnen. Bund und Länder müssten schnell handeln, auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln müsse "unideologisch" gehandhabt werden, sagte Berninger.

      Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) wies auf den Zusammenhang zwischen Waldschäden und Klimawandel hin. Der trockene Sommer habe die Situation verschlechtert. Der Verband der Waldbesitzer forderte die Regierung auf, die privaten Eigner stärker beim Schutz von Wald und Trinkwasser zu unterstützen. Der Naturschutz- Verband BUND forderte: "Der Waldschadensbericht darf nicht zu einem jährlichen Ritual ohne Folgen verkommen."





      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau online 2003
      Dokument erstellt am 11.12.2003 um 17:49:03 Uhr
      Erscheinungsdatum 12.12.2003
      Avatar
      schrieb am 14.12.03 14:28:19
      Beitrag Nr. 155 ()
      Wann hört dieser Öko-Horror eigendlich mal auf. 1980 waren die Hälfte unserer Wälder betroffen, es wurde vorausgesagt, Deutschland würde in den 90er-Jahren über keine Wälder mehr verfügen, es gäbe nur noch Steppenlandschaften.
      Heute sind 23 Prozent der Wälder geschädigt. Nach diesem HEIZEN Sommer 2 Prozent mehr als im letzten Jahr.
      Kommentar Berninger:

      " Die Schädigung des Waldes hat ENORM zugenommen.

      Kommentar des Herrn Trittin:

      ""Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) wies auf den Zusammenhang zwischen Waldschäden und Klimawandel hin.""

      Deshalb läßt er Windmühlen bauen und AKW abschalten!!??


      Kommentar Naturschutz-Verband BUND:

      " Der Waldschadensbericht darf nicht zu einem jährlichen Ritual ohne Folgen verkommen."


      Kommentar Naturschutz-Verband BUND in Ostfriesland:

      " " " " " " Klage ist abgesichert

      Bund (für Umwelt und Naturschutz) will gegen Windräder vorgehen

      Dornum/MG - Eine mögliche Klage gegen die in der Gemeinde Dornum geplanten 38 Windkraftanlagen ist mitlerweile finanziell abgesichert. Das teilte Uilke van der Meer vom Bund für Naturschutz (BUND) mit.
      Wie berichtet, planen mehrere Naturschutzverbände juristische Schritte gegen die Windräder. Insgesamt etwa zehn Bürger hätten ihre finanzielle Unterstützung inzwischen zugesichert, um die Turbinen zu verhindern, betonte van der Meer. " Sie sind bereit, die erforderliche Summe in Schritten abzudecken." Dies werde nun auch schriftlich festgelegt. Damit könne der Rechtsweg, falls notwendig, bis in die höchste Gerichtsinstanzen beschritten werden, sagte der BUND-Vertreter. Die umweltschützer hatten wie berichtet eine Fachanwältin eingeschaltet, die Akteneinsicht genommen hatte. Sie gab grünes Licht und bestätigte, dass eine Klage gute Chancen hätte." " " " "



      Der Oko-Horror wird bald aufhören, die Ökolüge wird sich aufklären. Dafür sorgen die Grünen selber!!

      Gruss winhel!
      Avatar
      schrieb am 31.12.03 16:24:41
      Beitrag Nr. 156 ()
      Ja winhel, wann hört der Öko-Horror endlich auf?
      Jedenfalls nicht bevor Typen wie Du zu Durchblickern werden!

      DIE ZEIT

      02/2004


      Interview

      „Wir haben 30 Jahre verloren“

      Mehr Schulen, weniger Autos: Der Forscher Dennis L. Meadows sagt ja zu Wachstum – aber ohne die Erde auszubeuten

      die zeit: Professor Meadows, seit Sie 1972 Ihr Buch über die Grenzen des Wachstums veröffentlicht haben, gelten Sie als Apostel des Nullwachstums. Fühlen Sie sich wohl in dieser Rolle?

      Dennis L. Meadows: Dieses Etikett ist mir und den anderen Autoren des Buches zu Unrecht angehängt worden. Wir haben damals geschrieben, dass eine Volkswirtschaft in mancher Hinsicht fast unbegrenzt wachsen kann – in anderer Hinsicht aber nicht. Dem Energie- und Rohstoffverbrauch setzt die Umwelt nun einmal Grenzen. Wenn Sie mir also unbedingt ein Etikett verpassen wollen, nennen Sie mich Apostel des qualitativen Wachstums. Oder Gegner eines stupiden Wachstums.

      zeit: Sie haben die Menschheit mit der Botschaft konfrontiert, dass Wachstum ins Verderben führt.

      Meadows: Nein, nein, wir haben etwas anderes getan. Wir haben mit unseren Computermodellen rund ein Dutzend möglicher Szenarien für die nächsten hundert Jahre entwickelt. Manche davon führen zum globalen Kollaps, andere nicht. Wir haben ganz bewusst nicht prognostiziert, wie sich die Welt tatsächlich entwickeln wird. Im Übrigen zeigten selbst unsere negativsten Szenarien, dass Wachstum bis in die frühen Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts möglich ist. Wachstumsgrenzen in Folge der Verknappung von Rohstoffen machen sich nach unseren Modellen erst vom Jahr 2030 an bemerkbar.

      zeit: Dass viele Rohstoffe, einschließlich des Öls, heute billiger als vor 30 Jahren sind, irritiert Sie nicht?

      Meadows: Immerhin steigen die Öl- und Gaspreise doch langsam. Wir haben aber ohnehin nie geglaubt, dass Preise gute Indikatoren für die Verfügbarkeit von Rohstoffen sind. Preise werden politisch gemacht. Regierungen verzerren sie durch Subventionen oder Steuern; die physische Verfügbarkeit eines Rohstoffes ändern sie damit nicht. Benzin zum Beispiel ist in den Vereinigten Staaten viel billiger als in Europa. Wollen Sie daraus etwa die Schlussfolgerung ziehen, Benzin sei in den USA reichlicher vorhanden als in Europa? Natürlich nicht. Starren Sie also nicht so sehr auf die Preise. Tatsächlich sind Rohstoffe in den vergangenen 30 Jahren knapper geworden. Wir brauchen heute mehr Energie und Kapital, um sie zu entdecken, auszugraben und zu verarbeiten.

      zeit: Trudelt die Menschheit ihrem Ruin entgegen?

      Meadows: Haben Sie etwa einen anderen Eindruck? Die meisten Naturwissenschaftler sind davon überzeugt, dass die Menschheit das Klima ändert. Viele Fischbestände der Ozeane sind bereits verschwunden. Die Wälder, die Binnengewässer, der fruchtbare Boden – auf sämtlichen Kontinenten der Erde wird all das heruntergewirtschaftet. Obendrein wird die Kluft zwischen Arm und Reich größer. Wenn Sie also optimistisch in die Zukunft blicken, verraten Sie mir bitte den Grund dafür.

      zeit: In den Industrieländern sind Luft und Wasser sauberer geworden, der Rohstoffverbrauch hat sich vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt, und die Wachstumsrate der Weltbevölkerung ist gesunken.

      Meadows: Ich bin wirklich scharf auf gute Nachrichten. Aber Ihre Beispiele überzeugen mich nicht. Sie haben zwar Recht: Besonders in Europa sind Luft und Wasser sauberer geworden; aber in anderen Ländern hat sich die Lage gleichzeitig verschlechtert. Und manchmal haben die reichen Länder ihre Probleme einfach nur exportiert. Der Verbrauch von Öl oder Stahl sinkt zwar pro erwirtschaftetem Dollar oder Euro; aber in Litern oder Tonnen gemessen steigt der Verbrauch weiter. Und allein ein Land wie China auf das Niveau der Industrieländer zu hieven wird katastrophale Folgen haben. Schließlich die Weltbevölkerung: Richtig, deren Wachstumsrate sinkt. Absolut ist die Zahl der Menschen im Jahr 2000 aber trotzdem stärker gestiegen als 1972, als wir unser Buch veröffentlichten. Es gibt also überhaupt keinen Grund zur Entwarnung. Selbst der World Energy Council, der weltweite Klub der Energiemanager, hält es nicht mehr für ausgeschlossen, dass wir die Erde unbewohnbar machen.

      zeit: Haben die Politiker ihre Warnungen nicht ernst genommen?

      Meadows: Anfangs, in den siebziger Jahren, hatten sie durchaus Interesse an unseren Untersuchungen. Inzwischen feiert aber das Wachstumsdenken ein Comeback…

      zeit: …weil Wachstum als aussichtsreichste Medizin gegen die Arbeitslosigkeit gilt.

      Meadows: Das halte ich für einen Irrglauben. Warum grassiert denn die Arbeitslosigkeit? Weil die Wachstumspolitik nicht funktioniert hat. Die neunziger Jahre waren weltweit eine Dekade spektakulären Wachstums. Ausgerechnet in dieser Zeit ist aber die Arbeitslosigkeit zum Problem geworden. Bilde sich doch niemand ein, mehr Wachstum werde das Problem nun lösen.

      zeit: Wollen Sie tatsächlich behaupten, Wachstum schaffe keine Jobs?

      Meadows: Kurzfristig schon. Aber wie dauerhaft diese Jobs sind, hängt davon ab, was wächst. Wächst beispielsweise das Bildungs- oder das Gesundheitssystem, entstehen viele Jobs, ohne dass der Planet Schaden nimmt. Wächst aber die Stahlproduktion oder die Autoherstellung, wächst nur das Problem.

      zeit: Lehrer und Ärzte müssen bezahlt werden – und zwar aus dem Verkauf von Autos, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben.

      Meadows: Das behaupten die Wachstumsfanatiker. Wenn wir aber das Wachstum durch vermehrten Energieverbrauch ankurbeln, beschleunigen wir den Klimawandel – und der wird uns eines Tages gigantische Beschäftigungsprobleme bescheren.

      zeit: Das beantwortet noch nicht die Frage, wie Jobs in jenen Sektoren entstehen, deren Wachstum Sie für unbedenklich halten.

      Meadows: Zugegeben, das ist auch nicht einfach. Wir müssen ein ganz neues Konzept des Wirtschaftens entwickeln, eines, in dem die Menschen weniger daran interessiert sind, materielle Dinge anzuhäufen. Nur dann lässt sich nachhaltiges Wachstum erreichen.

      zeit: Glauben Sie wirklich, dass Regierungen, die miteinander um Investoren konkurrieren, Schritte in diese Richtung unternehmen können?

      Meadows: Kaum. Nachhaltiges Wachstum anzupeilen, beispielsweise mithilfe von Umweltstandards oder Ökosteuern, ist heute schwieriger als noch vor 30 Jahren. Deshalb halte ich die Integration der Weltwirtschaft, die Globalisierung, für einen äußerst negativen Trend. Der Weltmarkt zwingt alle Nationen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.

      zeit: Sie bereiten gerade die dritte Auflage des Buches über die Grenzen des Wachstums vor. Haben Sie neue Erkenntnisse?

      Meadows: Wir haben vor allem die Daten auf den neuesten Stand gebracht und damit unsere Computermodelle gefüttert.

      zeit: Und?

      Meadows: Die wichtigste Erkenntnis daraus ist, dass die Menschheit 30 Jahre verloren hat. Wenn wir in den siebziger Jahren begonnen hätten, Alternativen zum materiellen Wachstum zu entwickeln, könnten wir heute gelassener in die Zukunft blicken.

      zeit: Immerhin wird mittlerweile allerorten von nachhaltiger Entwicklung geredet.

      Meadows: Auch ich halte das für eine gute Vision. Aber viele, die den Begriff im Munde führen, tun genau das Gegenteil.

      zeit: Was ist denn nachhaltig?

      Meadows: Erstens dürfen nicht-erneuerbare Ressourcen, beispielsweise die Ölvorräte in der Erdkruste, nicht schneller verbraucht werden, als sich erneuerbare Alternativen wie Sonnenenergie entwickeln. Zweitens dürfen Gewässer, Luft und Boden nicht dermaßen verschmutzt werden, dass sie sich nicht regenerieren können. Und drittens muss für mehr Gleichheit in der Welt gesorgt werden. Solange die Kluft zwischen Arm und Reich so immens wie heute ist, wird es keine nachhaltige Entwicklung geben.

      zeit: Was muss geschehen?

      Meadows: Das Wichtigste ist, den Zeithorizont von Politikern, Managern und Bürgern zu erweitern. Die Leute müssen die langfristigen Konsequenzen ihres Tuns und Lassens begreifen – so, wie es in den meisten Familien schon heute der Fall ist. Eltern bringen Opfer, damit ihre Kinder eine bessere Zukunft haben. Diese Einstellung muss in sämtlichen Lebensbereichen Platz greifen.

      zeit: Indem ein wohlmeinender Diktator oder eine zentrale Planungsbehörde verordnet, was zu tun und zu lassen ist?

      Meadows: Überhaupt nicht. Die Geschichte hat doch gezeigt, dass es so nicht funktioniert. Ich setze darauf, dass die Menschen sich vernünftig verhalten, wenn sie über die Konsequenzen ihrer Entscheidungen wirklich informiert sind…

      zeit: …und deshalb beispielsweise weniger Auto fahren. Nur: Wie entstehen dann die dringend notwendigen Jobs?

      Meadows: Es geht doch nicht um Jobs. Die Menschen wollen eine ordentliche Behausung haben, Nahrung, Wärme, Respekt, Unterhaltung und so weiter. Unglücklicherweise sind moderne Gesellschaften so organisiert, dass all das nur bekommt, wer einen hoch bezahlten Job hat. Das muss aber nicht so sein.

      zeit: Also viel mehr Umverteilung als heute. In Wirklichkeit sind Sie doch ein Optimist, oder?

      Meadows: Ich hoffe immer das Beste – und rechne mit dem Schlimmsten.


      Mit Dennis L. Meadows sprach Fritz Vorholz
      Avatar
      schrieb am 31.12.03 18:01:43
      Beitrag Nr. 157 ()
      OKomma007,
      wenn ich deine beiden Anfangssätze lese muss ich davon ausgehen, dass du dich bereits zu den Durchblickern zählst.

      Es wird dich aber überraschen, der gute Herr Meadows hat im Großen und Ganzen Recht. Uns geht es zu gut, niemand will was abgeben, niemand will verzichten, vor allen Dingen die jüngeren Generationen wollen Spass usw. usw. Verzichten soll immer nur der andere. Er hat vollkommen Recht, dass es so nicht weiter gehen kann. Das kann ich als älterer Mensch voll unterstreichen.

      Wir müssen in gewissen Dingen, auch bei der Energiegewinnung gegen lenken. Wir müssen dabei aber aufpassen, dass wir nicht übersteuern, nicht ins Schleudern kommen und gegen die Wand fahren.
      Denn genau das wird nach meiner Meinung bei uns passieren.

      Anstatt in vernünftiger, realistischer Art und Weise auf einen langsamen Umbau in Richtung reg. Energie hinzusteuern, wird zur Zeit mit staatlicher Unterstützung genau das Gegenteil in Angriff genommen. Denn ein solcher Umbau ist nur in einem funktionierenden Gesamtgefüge möglich. Und dazu gehört eine verlässliche Energieerzeugung, ohne Energie läuft gar nichts.
      Und deshalb bleibe ich bei meiner Meinung, innerhalb von ein oder zwei Jahrzehnten auf die zwar gefährliche, aber ansonsten saubere Energie aus AKW zu verzichten, nicht so funktionieren wird, wie das gewisse Leute immer wieder behaupten.
      Und um es mal gelinde auszudrücken, diesen GESCHÄFTSLEUTEN, die zur Zeit unsere Energieerzeugung der Zukunft in Händen halten, trau ich eine Veränderung im Sinne des Herrn Meadows überhaupt nicht zu. Es wird viel von der eigentlich guten Idee reg. Energie kaputt gemacht werden.

      Gruss winhel!
      Avatar
      schrieb am 01.01.04 12:29:51
      Beitrag Nr. 158 ()
      Ich ein Durchblicker? - Ja, was die Einsicht in eigene und externe Grenzen angeht!
      Avatar
      schrieb am 01.01.04 12:38:43
      Beitrag Nr. 159 ()
      winhel, einversranden (#157) - es geht natürlich nicht weiter so. Ich habe dich wohl zunächst "falsch interpretiert" oder Du hast Dich in #155 möglicherweise etwas undeutlich augedrückt. Auch im Wandel gibt es Unzulänglichkeiten und Profiteure. Aber die Richtung stimmt! Bei AKW`s sollte weiter geforscht werden. Da wird das Pendel auch in D bald zurückschlagen. Spätestens beim nächsten Regierungswechsel. Das Know-How der Konzerne wächst an anderen Standorten (Siemens, China etc.) Die aktuellen Kisten möchte ich jedoch nicht in meiner Nähe stehen haben.
      Avatar
      schrieb am 02.01.04 09:17:10
      Beitrag Nr. 160 ()
      Lieber Winhel

      Also ich werde den Eindruck nicht los, das Du für das Deutsche Atomforum e.V. oder ähnliches arbeitet. Wenn hier in Deutschland so etwas wie Tschernobyl passiert, dann kannst du deine Zukunft einpacken und nach Sibirien auswandern. Das "Deutsche" Atomkraftwerke sicher sind, wird ja dadurch bewiesen, wie deutsche Spitzenfirmen die Autobahn-Maut in den Griff bekommen.
      Mag sein, das Kernfusion sicher ist, aber wann bitte schön, wird die rentabel gegenüber Solarstrom ? In hundert Jahren, in Zweihundert ?

      Ne mein Lieber, für Deine und meine Vorstellungen über die Zukunft der Energieversorgung ist nicht genug Platz in dieser Welt. Deshalb erstmal ein bisschen Klimaerwärmung mehr und dein Friesland hat Land unter.:laugh:
      Avatar
      schrieb am 02.01.04 21:48:05
      Beitrag Nr. 161 ()
      Mitnichten axtionaer, ich arbeite nicht für ein solches oder ähnliches Forum, ich habe auch genau wie du nicht all zu viel mit dem Atom am Hut, würde auch gerne im Sinne meiner Kinder und Enkelkinder darauf verzichten. Nur wir haben sie nun mal und sind auf deren Grundversorgung angewiesen, und man hätte was besseres daraus machen können, als diese Kraftwerke in einem solch kurzen Zeitraum fast im Alleingang abzuschalten. Das wäre eine europäische Angelegenheit gewesen, schließlich wird doch auf der anderen Seite auch immer vom europäischen Verbundnetz gesprochen.
      Mir geht es lediglich um die Sache, um eine verlässliche Energieerzeugung, denn wenn diese nicht mehr gegeben ist, kannst auch du getrost auswandern. Oder willst du in der Zukunft auf unseren Wohlstandsstaat;) -oder soll ich besser Armenhaus Europas sagen - verzichten?

      Wie gesagt, ich würde gerne auf die AKW verzichten, ich würde auch mit den vielen Windmühlen leben wollen bzw. müssen. Der Punkt ist nur, sie sind von der Natur, vom Wind abhängig. Als ich mich heute hier im zentralen ostfriesischen Küstenraum bewegte, mußte ich wieder einmal feststellen, dass die vielen hundert Mühlen sich gerade mal drehten bzw. standen, und wenn ich mir den Wetterbericht anschaue, ist zur Zeit an der ganzen Nordseeküste nicht viel mit Windenergie. Das mag bei den niedrigen Prozentzahlen was Windstrom angeht noch funktionieren, aber bei 20, 30 oder noch mehr Prozente Windstrom?

      Was macht dich übrigens so sicher, dass die Windmüller wirkliche Spitzenfirmen sind, dass die vielen Studien, die Ökogutachten über die reg. Energie besser sind, als was wir in den letzten Wochen und Monaten in anderen Bereichen mit Kopf schütteln in den Medien vernehmen mussten.
      Wenn ich von den Befürwortern der reg. Energie hier immer wieder lesen muss, die Grundlast der deutschen Energie kann durch Wasserkraft, Bioanlagen und Speicherkraftwerken erzeugt werden, kann einem wirklich bange werden um unsere Zukunft. Auch dein Kostenvergleich zwischen Kernenergie und Solarstrom spricht Bände, genau so wie dein Hinweis auf die Erderwärmung, denn bezüglich deiner vermeinlichen Überschwemmungen bewirkt die Kernenergie genau das Gegenteil. Im übrigen, diese Überschwemmungstheorie ist auch wieder eine dieser Horrorvorstellungen von einigen Selbstdarstellern gewesen. Es wird auch die These vertreten, dass eine Erderwärmung genau das Gegenteil bewirkt: Durch die Erwärmung gibt es zwar mehr Niederschläge, diese fallen natürlich aber auch als Schnee in den riesigen Gebieten der Arktis und der Antarktis nieder. Und ob dort im ewigen Eis zum Beispiel Temperaturen von minus 40 oder minus 38 Grad herrschen, ist vollkommen uninteressant, der Schnee bleibt liegen und wird nach und nach zu Eis. Die immer wieder vorgezeigten Abbruchkanten sind nur ein geringer Teil, die Masse der Niederschläge bleib über Jahrzehnte und Jahrtausende liegen. Also werden wir auch weiterhin vor den Deichen in Ostfriesland ( nicht Friesland) keine nassen Füße bekommen.

      Gruss winhel!
      Ach noch was, worüber ich mich sehr gewundert habe, letzlich aber wieder einmal beweist, welche Fuscher da am Werk sind. Es geht um die Nevest, um die Biodieselanlage. Da hätte ich doch wirklich gedacht, dass man zumindest einen kleinen Teil etwas sauberer Energie zuverlässig herstellen könnte. Was waren da für Rechenkünstler am Werk? Dass man steuerfreien Spritt jederzeit bei der großen Nachfrage verkaufen kann, ist schon klar. Aber haben die vorher nicht den Absatzmarkt des Glyzerins gekannt. Also wirklich, da wo man es am wenigsten erwartet hat, wird Insolvenz angemeldet und viele sind ihr Geld los. Hätte ich eher bei den Windmüllern erwartet oder bei den Biobastlern, aber was noch nicht ist, kann ja noch kommen.
      Avatar
      schrieb am 03.01.04 15:05:43
      Beitrag Nr. 162 ()
      Lieber winhel,

      ich glaube nicht daran, dass Friesland wegen der Klimaerwärmung untergeht, sondern ich wünsche es mir, damit dein konservierendes Gejammer endlich verstummt. Mensch reiß dich doch zusammen und sei bitte nicht so weinerlich, wir werden doch noch innerhalb der nächsten zwanzig Jahre einen Umbau der Energieversorgung hinbekommen. In der Zeit wurden schließlich auch die Pyramiden mit Hilfe von Bronzewerkzeugen gebaut.
      Avatar
      schrieb am 03.01.04 17:43:19
      Beitrag Nr. 163 ()
      Oh, das ist nix gut axtionaer, Ostfrieslnad unter Wasser?? Dann würden die vielen Mühlen nasse Füsse bekommen und es wäre nix mit Strom. Na ja, zum anderen könnten wir dann behaupten, wir hätten Offshoreanlagen. Wäre ein schönes Vorzeigeobjekt der Grünen.
      Ich bin mir sicher, dass noch einige "jammern" werden, besonders die Anhänger der Projektierer. Das sind Auslaufmodelle, die werden verschwinden, wie auch das eingebrachte Geld verschwunden sein wird. In Zukunft spielt sich die Windstromproduktion nur noch zwischen den Betreibern und den Herstellern ab, na ja, solange es noch interessierte Betreiber gibt, denn irgendwann kommen atraktivere Geldanlagen, schließlich geht es um Knete und nicht um die an und für sich gute Sache regenetative Energie. Denn wäre da auf Dauer wirklich was zu verdienen, hätten die Großen den kleinen Krautern nicht den Markt überlassen.
      Ne ne Axtionaer, für mich gib`s keinen Grund zum Jammern, viele Dinge sind in den letzten Jahren logischerweise eingetroffen, zeigt auch die Börse auf. Und in diesem Jahr, spätestens im nächsten Jahr ist Schluss mit Lustig, dann fließen keine Gelder mehr im Überfluss, dann herrscht reale Marktwirtschaft, dann werden Nägel mit Köpfen gemacht werden müssen, dann reichen keine Naturereignisse mehr aus, die gewisse Selbstdarsteller so bitter nötig hatten.

      Gruss winhel, und schönen Sonntag!
      Avatar
      schrieb am 09.01.04 11:23:08
      Beitrag Nr. 164 ()
      @ winhel

      leider hast du recht!

      windenergie, biogasanlagen, solarkraftwerke, verbrennungsanlagen für ersatzbrennstoffe sind alles alternativen und sollten sein, doch irgendwann sollten die gewinne nicht nur subventionsgewinne sein sondern echte zugewinne.

      und die erderwärmung kommt nicht durch die industrialisierung sondern ist ein normaler prozess den die erde schon oft wehrend ihres bestehens durchgemacht hat. aber sie taugt eben für die stimmungmache.

      sicher hat die industriealisierung der welt starke probleme in bezug auf die umwelt gebracht, dass will ich nicht beschönigen aber irgendwann muß ökologie auch mit ökonomie zusammen gehen.

      deutschland ist da mit vorreiter in allen belangen des umweltschutzes. das sollte man bei aller lust alles noch besser zu machen auch mal so hinnehmen und nicht immer weiter und immer weiter die gesamte gesellschaft mehr belasten.

      nur meine meinung, die sicher die gutmenschen wieder angreifen werden, die immer glauben, dass sie die einzige weisheit und wahrheit für eine "saubere" zukunft gepachtet haben.

      nur was ich nicht verstehen werde ist warum sie in einem börsenboard ihren gerechten kampf fechten, kann das mal jemand erklären? hier sind doch nur "böse geldgeier" :D am werk die sich bereichern wollen.

      wohl wegen der missionierung!

      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 12.01.04 16:30:31
      Beitrag Nr. 165 ()
      @haispeed

      dann geh doch nach drüben (z.B. zu den Sport & Motor Forum) und lass uns hier in Ruhe über Umwelt faseln.

      @alle

      hat einer Informationen über Beteiligungsmöglichkeiten in geothermische Energie?
      Avatar
      schrieb am 12.01.04 18:13:17
      Beitrag Nr. 166 ()
      Siegeszug ohne Gewinner?

      Thorsten Stegemann 12.01.2004
      Eine Studie des Worldwatch-Instituts behauptet: Der westliche Lebensstil macht reich und dick, aber nicht glücklich

      Der Fall des Eisernen Vorhangs hat nicht nur weite Teile des real existierenden Sozialismus beseitigt, sondern auch den Glauben an eine Alternative zu den offenbar überlegenen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen nachhaltig erschüttert. Gleichwohl darf bezweifelt werden, dass der Kapitalismus westlicher Prägung, der sich die Welt - ohne ernstzunehmende Gegenwehr - seit bald 15 Jahren untertan macht, berufen oder geeignet ist, die globalen Probleme dauerhaft zu lösen.

      Der neueste State of the World"-Bericht [1] des renommierten Worldwatch-Instituts [2] legt jedenfalls den Verdacht nahe, dass der grenzenlose Konsum selbst in den Ländern, die jahrzehntelang auf ihren historischen Siegeszug hingearbeitet haben, allenfalls äußerlich zu einer Steigerung der Lebensqualität führt.

      Nach Angaben des Instituts zählen aktuell 1,7 Milliarden Menschen zur sogenannten "consumer class", in der deutlich mehr Güter gekauft werden als zur Befriedigung der Grundbedürfnisse notwendig wären. In den Vereinigten Staaten gehören 84% der Gesamtbevölkerung zu dieser Gruppe, in Deutschland sind es sogar 92% und in Japan 95%. Aber auch China steuert mittlerweile 240 Millionen Käufer zur "consumer class" bei und stellt zusammen mit Indien zahlenmäßig mehr Konsumenten als ganz Westeuropa. Allerdings unterscheidet sich die finanzielle Leistungsfähigkeit erheblich, denn die 12% der Weltbevölkerung, die in Amerika und Westeuropa leben, sind für 60% des Verbrauchs verantwortlich, während ein Drittel ebendieser Weltbevölkerung in Südasien und großen Teilen Afrikas nur 3,2% konsumiert und 1,2 Milliarden Menschen ohnehin in völliger Armut leben müssen.

      Worldwatch hat errechnet, dass jährlich 75 Milliarden Dollar für Luxusgüter wie Make Up, Parfüms, kulinarische Vorlieben, Kreuzfahrten oder Eiscreme ausgegeben werden, während für die Gesundheitsvorsorge von Frauen, die Beseitigung von Hunger und Unterernährung, sauberes Trinkwasser, die Impfung von Kindern und den Kampf gegen den Analphabetismus "nur" 47,3 Milliarden nötig wären.

      Über diese Zahlen kann man trefflich streiten, aber noch beunruhigender als die globale Schieflage ist ohnehin der rasante Anstieg des Gesamtumsatzes für immer größere, bessere und schönere Autos, Häuser oder Kühlschränke. Seit 1960 haben sich die Ausgaben für Verbrauchsgüter auf über 20 Billionen Dollar vervierfacht, der Verbrauch von Kohle, Öl und Gas ist seit 1950 um das Fünffache gestiegen, und immer mehr Wälder, Feuchtgebiete und andere naturbelassene Regionen müssen Straßen, Einkaufszentren oder neuen Häusern weichen.

      Die USA sorgen als Vorreiter dieser Entwicklung für einige besonders obskure Zahlen. Denn davon abgesehen, dass US-Bürger alljährlich fast 100 Milliarden Plastiktüten wegwerfen, haben sich amerikanische Kühlschränke und Häuser in den letzten rund 30 Jahren um 10% bzw. 38% vergrößert. Außerdem übersteigt die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge die der Führerscheininhaber. Die Frage, wie 4,5% der Weltbevölkerung für ein Viertel aller Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich sein können, ist also relativ schnell zu beantworten.

      Doch obwohl die Amerikaner Konsumweltmeister sind und geschätzte 65% ein mehr oder weniger sichtbares Übergewicht mit sich herumtragen, hat die Zufriedenheit offenbar nicht zugenommen. Nur ein Drittel der US-Bürger gab an "very happy" zu sein, so viele wie 1957, als der Wohlstand nur halb so groß war. Die Amerikaner gehören zu den Menschen, die am meisten unter Zeitdruck stehen, weil sie für ihren Konsum auch am meisten arbeiten: angeblich 350 Stunden oder 9 Arbeitswochen mehr als der Durchschnittseuropäer.

      Das ungebremste Konsumverhalten geht nach Ansicht des Worldwatch-Instituts weit über das hinaus, was der Planet ertragen kann. Dessen Präsident, Christopher Flavin, warnt deshalb vor dem "beispiellosen Verbraucherappetit, der die natürlichen Lebensgrundlagen unterhöhlt, von denen wir alle abhängen und es für die Armen noch schwieriger macht, auch nur ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen." Brian Halweil, der zusammen mit Lisa Mastny als Projektdirektor des "State of the World"-Berichtes tätig war, will westliche Wirtschaftsprinzipien trotzdem nicht vorschnell und grundsätzlich verurteilen:


      Die fast drei Milliarden Menschen, die weltweit mit weniger als 2 Dollar am Tag auskommen, müssen ihr Konsumverhalten steigern, um ihre Grundbedürfnisse - Nahrung, sauberes Wasser, hygienische Bedingungen - befriedigen zu können. Und in China stimuliert der Versuch, den Nachfragen der Verbraucher zu entsprechen, nicht nur die Wirtschaft, er schafft auch Jobs und zieht ausländische Investoren an.

      Das Worldwatch-Institut plädiert deshalb für grundlegende ökologische Steuerreformen, welche die Hersteller zwingen sollen, für die durch ihre Produkte entstandenen Umweltschäden und für deren sachgerechte Entsorgung aufzukommen. Außerdem müssten Produktionsmethoden entwickelt werden, die sehr viel schonender mit den natürlichen Ressourcen umgehen. Nach Ansicht von Christopher Flavin können positivere Zukunftsaussichten erst dann gestellt werden, wenn es der Menschheit gelingt "den Konsum zu kontrollieren, anstatt dem Konsum zu erlauben, uns zu kontrollieren."


      Links

      [1] http://www.worldwatch.org/pubs/sow/2004/" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">http://www.worldwatch.org/pubs/sow/2004/
      [2] http://www.worldwatch.org
      Avatar
      schrieb am 14.01.04 15:19:18
      Beitrag Nr. 167 ()
      @Inhalator

      bischen viel inhaliert oder warum so gereizt? :D

      ich habe in diesem thread schon gepostet, da wußtest du wohl noch garnicht das es wallstreet-online gibt.

      aber du bist sicher auch so einer mit dem man nur "grün" reden darf und für den ökonomie gleichbedeutend mit "kapitalistischer gierwirtschaft" ist.
      wahrscheinlich hast du das was ich geschrieben habe garnicht verstanden sonst würdest du nicht solch einen scheiß schreiben.

      dein haispeed
      :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 14.01.04 18:06:37
      Beitrag Nr. 168 ()
      Nun lieber Haispeed,

      die Intention bei meiner an dich gerichteten Bemerkung war, das du, wenn du nicht in Umweltaktien investieren willst, hier ja auch nicht rummäkeln brauchst.

      Aber von Winhel habe ich ja den Tipp mit der "Shut up"-Taste bei Wallstreet-Online, die mich von nun ab vor fruchtlosen Diskussionen schützt.
      :laugh: :laugh:
      Also Tschüss

      PS: Kennt denn nun jemand Unternehmen, die in Geothermie investieren ?
      Avatar
      schrieb am 16.01.04 15:19:06
      Beitrag Nr. 169 ()
      Interview zu Änderungen erneuerbare Energien unter :
      http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID2843628…

      Meiner Meinung nach sehr interessant :

      tagesschau.de: Gibt es auch Gewinner der vorliegenden Neufassung?

      Lackmann: Sehr gut platziert ist die Geothermie-Branche, also die Erdwärme - aus meiner Sicht eine sehr hoffnungsvolle Branche. Geothermiker gehen davon aus, dass das Potenzial in Deutschland so groß ist, dass man 25 bis 30 Prozent des Strombedarf damit decken könnte und dieser Hoffnung steht der neue Entwurf nicht entgegen.
      Avatar
      schrieb am 18.01.04 14:40:08
      Beitrag Nr. 170 ()
      inhalator,

      wann wo und wie ich poste behalte ich mir dann schon selbst vor. ich habe auch nur meine meinung wiedergegeben, die du natürlich werten kannst wie du willst. das ist mir völlig egal!

      schalte ab oder bleib dabei, ist mir auch egal.

      wenn ich mir meine berechtigung zum posten mit umweltaktien erkaufen soll, nein danke! oder wie wäre es mit einem tip einer aktie die nachhaltig bewiesen hat, dass sich das geschäft wirklich lohnt!

      ich bin gespannt!




      übrigens haben cabinda, andere und ich mal über themen zur umwelt und deren auswirkungen z.b. auch durch die globalisierung gepostet. leider ist das ein wenig eingeschlafen. war eine interessante runde anfangs. ´threads zu umweltaktien sind ja reichlich im board. deswegen finde ich es schade das dieser thread einschläft.
      Avatar
      schrieb am 25.02.04 17:28:07
      Beitrag Nr. 171 ()
      Droht China der ökologische Selbstmord?
      Der wirtschaftliche Boom in China hat eine gefährliche Schattenseite: Große Umweltprobleme und neue Krankheiten bedrohen Land und Menschen.

      Hamburg (vv) - Der ansteigende Konsum nach westlichem Vorbild wird die negativen Folgen für die Umwelt weiter verstärken und globale Konsequenzen haben. Das berichtet das Wissensmagazin "National Geographic Deutschland" in seiner März-Ausgabe.

      In fast allen großen Städten Chinas herrsche heute ernsthafte Wasserknappheit. Außerdem gelangten große Teile der Abwässer immer noch ungeklärt in Flüsse und Seen. Die extrem schlechte Atemluft in den Städten und auf dem Land habe zu einer beängstigenden Zunahme zahlreicher Lungenerkrankungen geführt, ebenso würden immer häufiger Tumore aufgrund verunreinigter Abwässer diagnostiziert. Chinas Reichtum habe dem Land viele Probleme gebracht, die auch den Rest der Welt bedrohten: So fegen jedes Frühjahr Stürme über chinesisches Ackerland und wirbeln eine Staubwolke auf, die Schadstoffe aus den Städten mit auf ihre Reise mitnimmt. 2001 erreichte diese Wolke sogar die Ostküste der USA.

      Besorgniserregend sind schon jetzt die Treibhausemissionen der Volksrepublik. Sollte aber der Autobesitz je amerikanisches Niveau erlangen, würde es auf Chinas Straßen 600 Millionen PKW geben. Das wären mehr als auf der restlichen Welt. Die Luftverschmutzung und Kohlendioxid-Belastung würden ungeahnte Ausmaße erreichen. Aufgrund der großen Wasserprobleme drohen schlechte Getreideernten. Wenn China mit seinen 1,3 Milliarden Menschen den Bedarf an Lebensmitteln mit Importen decken müsste, würde das die Preise auf dem Weltmarkt stark in die Höhe treiben.

      Das ökologische Gewissen in China regte sich, als 1988 der Jangtse über seine Ufer stieg und 4000 Menschen ums Leben kamen. Die Regierung habe der Umweltfrage inzwischen zwar einen hohen Stellenwert eingeräumt und Abholzungsverbote erlassen sowie Programme zur Wiederaufforstung eingerichtet. Vielfach gebe es aber Gesetzeslücken oder einen zu laschen Umgang mit Umweltsündern. Immerhin sei sich auch die staatliche Umweltbehörde sicher, dass die ökologische Frage die Stabilität und den Wohlstand des Landes und der Menschen in China entscheidend beeinflussen würde.
      Avatar
      schrieb am 25.02.04 17:51:16
      Beitrag Nr. 172 ()
      Statt den mörderischen Wassermangel auf der Erde zu bekämpfen, was mit ein paar Mrd. Dollar machbar wäre, suchen wir nach Wasser auf dem Mars.
      Avatar
      schrieb am 29.02.04 19:41:51
      Beitrag Nr. 173 ()
      dieser thread lebt ja immer noch - da staun ich jetzt aber! :)

      hallo haispeed, #164, 167, 170

      grüss dich! und lass dich hier nicht anmachen! :) dies war nie ein pessimistischer thread, sondern insbesondere wir beide haben uns immer bemüht, umweltfragen differenziert zu betrachten. und du hast an anderer stelle immer gesagt: `alles wird gut.`.;)

      meine interessen haben sich gewandelt, und ich kann auch leider nicht mehr viel im board schreiben. aber heute stieß ich auf einen artikel, der in seiner provokativen art gut zu uns und unserer kontroversen diskussion passt. oder?

      ***********


      Unbeeindruckt singt
      die Mönchsgrasmücke
      Eine Anstiftung zum Optimismus
      Von Dirk Maxeiner
      und Michael Miersch


      " Wie können Sie in DIESER Welt nur optimistisch sein?" , lautet eine der meistgestellten Fragen unserer Leser. Zerknirscht und schuldbewusst fragen wir uns selbst: Wie konnten wir überhaupt auf diese schiefe Bahn geraten?Es gibt beispielsweise geborene oder unverbesserliche Optimisten, die haben mildernde Umstände. Auch die vielen Management-Gurus mit ihren Think-positiv-Botschaften können nicht voll für ihr Tun verantwortlich gemacht werden, weil es ja meist Amerikaner sind. Nein zu denen gehören wir nicht, wir haben unseren Optimismus hart erarbeitet. Motto: Wer die Welt in einem etwas besseren Licht sehen will, der sollte sich möglichst lange in der Dunkelheit aufgehalten haben. Dies haben wir als ehemalige leitende Redakteure des deutschen Umweltmagazins " Natur" in ausreichendem Maße getan. Monat für Monat wurde auf den Seiten unserer Zeitschrift der dräuende Weltuntergang beschworen, der Tod war unser ständiger Begleiter. Waldsterben und Robbensterben, Insektensterben und Vogelsterben, ja sogar ein Spermiensterben schien unmittelbar bevorzustehen.
      Zum Glück weigerte sich das richtige Leben hartnäckig der redaktionellen Linie zu folgen. Zu einem besonders eklatanten Fall von Insubordination kam es während einer Redaktionskonferenz Anfang der neunziger Jahre. Es war Frühling und durch das geöffnete Fenster drang mitten in der Stadt das romantische Lied einer Mönchgrasmücke an unsere Ohren. Was ein junger Praktikant mit der vollkommen unpassenden Bemerkung quittierte: " Da pfeift schon wieder eine eurer ausgestorbenen Vogelarten."

      Das Lachen entfaltete eine subversive Wirkung und die Mönchgrasmücke begann ganz leise an unsere Überzeugungen zu rupfen. Wir veröffentlichten einen Report über die erstaunliche Anpassungsfähigkeit vieler Tiere, die sich mittlerweile in den Städten wie zuhause fühlen und prächtig vermehren. Als artenreichstes Biotop der Stadt Frankfurt stellte sich ausgerechnet eine Gebrauchtwagenhalde heraus, auf der sich seltene Pflanzen und Insekten angesiedelt hatten.

      Die Natur entpuppt sich immer wieder als Weltmeister der Anpassung, Veränderung ist ihre tägliche Geschäftsgrundlage. Unterstützt von praktischem Umweltschutz feiert sie mitunter in Atem beraubendem Tempo ein Comeback. Das gilt nicht nur für Mücken sondern auch für Elefanten, die sich in vielen Ländern Afrikas prächtig erholten. Bedauerlicherweise wurde unsere Begeisterung für dieses Phänomen von unseren Lesern überhaupt nicht geteilt.

      Statt dessen lernten wir eine neue Erscheinung kennen, die uns seit damals begleitet: Einst wurde der Überbringer schlechter Nachrichten geköpft oder endete im Kerker. Mittlerweile ist es umgekehrt. Schlechte Neuigkeiten scheinen ausgesprochen willkommen zu sein, gute Botschaften lösen Verdacht aus. Die Nachricht " Der Rhein ist vergiftet" wird mit einer gewissen Genugtuung aufgenommen, die Nachricht " Der Rhein wird sauberer" dagegen mit höchster Skepsis. Das Faktum " Der Wald lebt und wächst " führt gar zu ausgesprochener Verärgerung.

      Als Überbringer solch guter Botschaften wurden wir zwar nicht geköpft, aber die erregten Natur-Leser kündigten reihenweise ihre Abonnements, warum wir alsbald auf die rote Liste der gefährdeten Redakteure gerieten. Da unser Ruf ohnehin ruiniert war, entschlossen wir uns 1993, unseren Abschied zu nehmen und es fortan ganz ungeniert zu treiben. Wir schrieben das Buch " Öko-Optimismus" , eine Bestandsaufnahme der zahllosen positiven Entwicklungen im Umweltschutz: Von regenerierten Rhein bis zum blauen Himmel über der Ruhr, vom Rückgang des Bevölkerungswachstums bis zur Rückkehr verloren geglaubter Tierarten.

      Das Buch entwickelte sich zum Bestseller, was unseren Optimismus naturgemäß beflügelte, mancherorts aber nicht so gerne gesehen wurde. Die Verbindung der Worte " Ökologie" und " Optimismus" wurde von den Hohepriestern des Ökologismus als reine Blasphemie empfunden. Der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland, wollte das Wort daher " noch nicht einmal in den Mund nehmen" . Optimismus empfand er wohl irgendwie bedrückend. Der österreichische Philosoph Günther Nenning witterte gar " einen Dolchstoß ins grüne Auge" und rief uns auf einem Podium erregt zu: " Ihr müsst widerrufen!" Unsere amüsierte Nachfrage beim heiligen Vater ergab: Das war tatsächlich ernst gemeint.

      Unsere erste Fernsehdebatte bestritten wir dann in optimistischer Unschuld beim Bayrischen Rundfunk, der eigentlich noch nie durch besonders kritische Berichterstattung aufgefallen ist. Aber Optimismus geht dann selbst in Bayern zu weit. Die Sendung hieß (nomen est omen): " Life aus dem Schlachthof" . Schon während des Vorfilms wurde uns rasch klar, dass die Redaktion gedachte, dem Namen der Talkshow alle Ehre zu machen. Die Thesen aus Öko-Optimismus wurden mit Bildern von Tankerkatastrophen und Erdbebenopfern, von Chemieunfällen und Hungersnöten unterlegt. Und dann wischte ein Schwamm über die Kamera, wisch und weg, alles wird gut, hier kommen die Gesundbeter vom Dienst. Zur Einstimmung des Publikums trug dann noch eine junge Frau von der " Deutschen Autofahrerpartei" bei. Sie versicherte, selbst den Weg zum Zigarettenautomat grundsätzlich mit ihrem BMW zurückzulegen, womit sie uns nicht wirklich einen Gefallen tat. Die Botschaft an das Publikum war somit komplett: Öko-Optimisten fahren mit dem Auto zum Zigarettenautomat, na bitte.

      Wir waren zwar mit der Straßenbahn zum Schlachthof gefahren, und besitzen auch keinen BMW. Aber prinzipiell ist Optimisten natürlich alles zuzutrauen. Fünf Jahre später können wir sagen: Anfangs tut es manchmal weh, aber mit der Zeit macht Optimist sein richtig Spaß. Wer in einer Diskussionsrunde deutscher Kulturpessimisten darauf hinweist, dass die wichtigsten Indikatoren für das Wohlergehen der Menschheit sich immer besser entwickelt haben, der erzielt eine durchschlagende Wirkung. So etwa wie jemand, der in einem katholischen Gottesdienst ein Präservativ aufbläst. Beides hält jung, befördert allerdings nicht das Sozialprestige.

      Je schlechter jemand über die Welt und seinen Mitmenschen berichtet, desto besser ist er angesehen. " Das schlimmstmögliche Szenario für wahrscheinlich, ja wahr zu halten, egal ob es sich um Hunde, Rinder oder ertrunkene Kinder handelt, gilt als Ausweis des kritischen Bewusstseins" , schreibt die Publizistin Katarina Rutschky, " mit einer gewissen moralisch, aber auch intellektuell gefärbten Wollust lassen sich deshalb alle gern über den desolaten Zustand der Welt informieren." Wer besonders schlechtes erwartet ist stets auch auf der sicheren Seite. Man verzeiht dem falschen Propheten, wenn es besser kommt als er es vorausgesehen hat.

      Bei dieser Gelegenheit wollen wir ein wenig die Fakten streifen. Dem Optimisten kommt dabei zu Pass, dass er sich heute im Internet antiquarische Bücher besorgen kann. 1972 prophezeite Paul Ehrlich, einer der prominentesten Alarmrufer und Warner aus den USA (" Die Bevölkerungsbombe" ), wie die Zukunft aussehen wird, in der wir heute leben. Um es kurz zum machen: die Welt wäre bereits so gut wie untergegangen. Ehrlich sagte allen Ernstes voraus, dass die Hälfte der 3,5 Milliarden Menschen, die 1972 auf der Erde lebten, verhungern werden. Den biologischen Tod aller Meere datierte er auf 1979. Außerdem würden kaum noch Pflanzen wachsen, weil das Sonnenlicht nicht mehr durch die verschmutzte Luft dringen könnte. Die Lebenserwartung in USA werde 1980 auf 42 Jahre sinken. Ab 1974 muss das Wasser in Nordamerika rationiert werden und Seuchen breiten sich aus. Da fällt das gleichzeitige Aussterben fast aller Tierarten eigentlich kaum noch ins Gewicht.

      Und Ehrlich war keine Ausnahme: " Global 2000" , die von US-Präsident Carter in Auftrag gegebene Zukunftsstudie, prophezeite, die Preise für Nahrungsmittel werden bis zum Jahr 2000 weltweit zwischen 35 und 115 Prozent ansteigen. In Wirklichkeit sind sie um 50 Prozent gefallen. In seinem berühmten Report " Die Grenzen des Wachstums" verkündete Dennis Meadows im Auftrag des " Club of Rome" 1972, das Ende der globalen Erdölvorräte zur Jahrtausendwende. Jeder kann sich heute bei der Tankstelle seiner Wahl vom Gegenteil überzeugen.

      Die Zeitungen gaben dem deutschen Wald Anfang der achtziger Jahre noch fünf bis zehn Jahre Lebenszeit. Heute ist klar: Als fast die gesamte Nation an den nahen Untergang des Waldes glaubte, nahm der Wald in Deutschland und Europa zu. Und zwar sowohl auf der Fläche (also mehr Wald), als auch im Volumen (also kräftigere Bäume). Die Schäden blieben auf bestimmte Gebirgslagen konzentriert.

      Wer mit seinen Prognosen so meilenweit daneben lag wie Ehrlich, Meadows und Co., wird nicht mehr sonderlich ernst genommen - sollte man meinen. Weit gefehlt! Die meisten Apokalyptiker von gestern dominieren mitsamt ihrer Thesen bis heute in den Talk- und Expertenrunden. Sie zeigen keinen Hauch von Selbstkritik und schieben - wie die Zeugen Jehovas - den Weltuntergang immer um ein paar Jahre weiter nach vorne. Das Jahr 2050 ist derzeit ein ganz heißer Tipp. Schon Karl Valentin wusste: " Die Zukunft war früher auch besser" .

      Die Unberechenbarkeit der Zukunft und die Wandelbarkeit der menschlichen Gesellschaften kommen in Szenarien der Berufs-Pessimisten nicht vor. Erfindungsreichtum ersetzt Ressourcen und erweitert die Spielräume. Viele Umweltproblem wurden schneller gelöst, als die Ideologen es gebrauchen können. Ausgerechnet die westliche Ich-Gesellschaft heilte im Zeitraffertempo die ökologischen Verheerungen des sozialistischen Biotops namens DDR. Dabei hätte die nach Ansicht der Ideologen eigentlich ein ökologisches Paradies sein müssen: Keine Flüge nach Mallorca, keine Kiwis aus Neuseeland, eingeschränkter Individualverkehr, kein McDonalds, Konsumverzicht allenthalben. Doch heraus kam eine gigantische Sondermülldeponie.

      Apokalyptiker und Kulturpessimisten betrachten den Menschen immer nur als Verbraucher und Verursacher und nie als Problemlöser und Erschaffer. Der Mensch wird nur noch als Krebsgeschwür und Belastung der Natur verachtet - wie will man mit diesem Denken Zukunft meistern? Der sich ökologisch gebende Zeitgeist pflegt die Geschichte der Wissenschaft und der Industrialisierung gerne als Verfallsgeschichte darzustellen. Welch merkwürdige Sichtweise. Man schaue sich doch nur die jüngste Vergangenheit an: Fortschritt ist eine messbare Tatsache. Er misst sich an Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, Alphabetisierung, Nahrungskalorien pro Kopf, Durchschnittseinkommen und vielen anderen Indikatoren. Welchen davon man auch immer nimmt, alle sahen vor 25, 50 oder vor 100 Jahren schlechter aus als heute. Die Welt ist besser geworden, entgegen aller Prognosen von Endzeitpropheten und kulturpessimistischen Intellektuellen.

      Die Luft ist reiner geworden in vielfacher Hinsicht, nicht nur, was Schadstoffe, sondern auch, was die Politik anbetrifft. So waren vor wenigen Jahrzehnten Osteuropa, Spanien und Portugal noch Diktaturen, Afrika und Ostasien größtenteils noch Kolonien. Sowohl in relativen wie in absoluten Zahlen sinkt die Zahl der unterernährten Menschen seit Jahren, die Lebenserwartung steigt auch in den armen Ländern steil an. Ausnahme sind einzig einige korrupte Diktaturen in Afrika und planwirtschaftliche Systeme wie Nordkorea. Amartya Sen, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, weist in seinem Buch " Ökonomie für den Menschen" nach , dass es in einer Mehrparteien-Demokratie mit freier Presse noch nie eine Hungersnot gab.

      In den letzten 200 Jahren hat sich die Lebenserwartung in Europa verdoppelt und diese Entwicklung wird in den weniger entwickelten Ländern mit einer Zeitverzögerung nachgeholt. Das Wachstum der Weltbevölkerung ist nicht darauf zurückzuführen, dass Frauen immer mehr Kinder bekommen, sondern darauf dass immer mehr Kinder überleben. Weltweit liegt heute die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau bei 2,7. Das ist der niedrigste Stand in der gesamten Menschheitsgeschichte. Bei einer Kinderzahl von zwei flacht der Bevölkerungszuwachs ab und pendelt sich schließlich auf einem gleich bleibenden Niveau ein. In Deutschland liegen wir etwas darunter, was prompt wieder zur Schreckensnachricht befördert wird: " Sterben die Deutschen aus?" oder: " Vergreist die Gesellschaft?" .

      Aus der Lösung alter Probleme werden immer neue entstehen, es wird kein Weltwochenende geben. Die Welt mag nicht so sein, wie sie idealerweise sein sollte, aber trotz aller Missstände ist sie global betrachtet auf einem guten Weg. " Wir sind entsetzt wie viel Menschen heute noch an Hunger sterben müssen" , sagt Umberto Eco, " noch mehr sollte uns aber die Zahl der Verhungerten in vergangenen Jahrhunderten erschrecken. Insbesondere wenn man die Zahl der Weltbevölkerung von einst gegenüberstellt." Und was die Verantwortlichen für Kriege und Blutbäder des 20. Jahrhunderts angeht, so werden diese zumindest nicht mehr, wie ihren mittelalterlichen Vorgänger, mit Denkmälern geehrt oder in der Kunstgeschichte verherrlicht. " Alles in allem haben wir eine Vorstellung dessen gewonnen, was gut und was böse ist," zieht Eco eine positive moralische Bilanz, " dank dieser neuen Werte sind viele von uns noch am Leben, während in vergangenen Epochen ein mächtiger sie einfach um die Ecke gebracht hätte."

      Kurzfristig mögen die Pessimisten immer mal wieder recht bekommen, aber langfristig haben bislang immer noch die Optimisten besser gelegen. Deshalb ist es höchste Zeit mit dem " Fünf vor Zwölf" -Gedröhne aufzuhören. Die Menschheit schreitet stolpernd voran und wird auch weiterhin Fehler machen um (manchmal) klüger aus ihnen zu werden. Aber ist es deshalb beständig " Fünf vor Zwölf" ? Viel wahrscheinlicher ist einfach nur zwölf vor fünf.

      Dennoch zieht sich durch alle Großdebatten der letzten Zeit ein ängstlicher Zukunftspessimismus. Warum flackert kaum noch ein positives Zukunftsbild auf? Warum ist es allgemein üblich, so niedrige Erwartungen an die Zukunft zu stellen? Der Katastrophen-Konsens eint die Deutschen wie kein zweites Thema. In ihrer Rolle als schreckliche Optimisten saßen die Autoren dieser Zeilen schon prall gefüllten Bürgersälen gegenüber, in denen ihnen eine überwältigende Mehrheit aus ambitionierten Weißweintrinkern in gepflegter Abendgarderobe vorwarf, den desaströsen Zustand der Welt zu verharmlosen und dem so genannten " mainstream" nach dem Munde zu reden. Die offensichtliche Tatsache, dass es weder im Saal noch sonst wo auch nur den Hauch eines optimistischen " mainstream" gab, spielte dabei nicht die geringste Rolle. Die ganz große pessimistische Mehrheit hält sich erstaunlicherweise stets für eine einsame, aber tadellose Minderheit. " Das kritische Bewusstsein der kulturkritischen Bildungselite ist zum volkstümlichen Konsumgut geworden, nicht anders als der Weißwein in der Eckkneipe oder der Anspruch auf Authentizität in jeder anderen Hinsicht," schreibt Katharina Rutschky und fragt: " Traditionell war das kritische Bewusstsein immer negativ - vielleicht müssen wir nun, wo es zum Volksport geworden ist, eines ausdenken, das positiv ist?" Dem möchten wir aufs schärfste zustimmen: Nichts ist heute subversiver als Optimismus.

      **************

      viele grüße an alle alten & neuen threadteilnehmer!
      ich freu mich, wenn diese bunte kleine nische weiterhin von allen umwelt-interessierten genutzt wird, die offen und neugierig geblieben sind.
      cabinda
      Avatar
      schrieb am 01.03.04 11:28:23
      Beitrag Nr. 174 ()
      Nun Cabinda, um die Natur mach ich mir wenig Sorgen, die wird sich innerhalb einer Million Jahre wieder erholt haben.
      Aber ich möchte keine Zukunft, in der ich Dreck fressen muß. Als was anderes kann man die Industrienahrung, die du da als preiswert zitierst nicht bezeichnen.

      Dann laß uns doch mal optimistisch an die Zukunft gehen und dieses Land total umgestalten, denn das braucht es, so sehr wie es im Arsch ist. Komm mir aber nicht mit den Leistungsträgern und Fortschrittsverhinderern von der Wirtschaft. Die kriegen ja nicht mal sowas wie Bezahl-Autobahn hin.
      Avatar
      schrieb am 01.03.04 16:59:47
      Beitrag Nr. 175 ()
      So jetzt mal was produktives zu dem Thema:

      Sollte John F.Kerry Präsident der USA werden, glaube ich dass das für die Solar-, Brennstoffzellen- und ähnliche Aktien einen Schub gibt (füramerikanische Unternehmen). Wenn die USA dem Kioto-Protokoll beitritt, ist dies damit ratifiziert und dürfte einen Schub für die regenerativen Energien auslösen, in Deutschland selbstverständlich nicht.

      In Deutschland halte ich die Geothermie für einen möglichen Gewinner. Die sieht keiner, weil sich alles in einem tiefen Loch abspielt, ergo kann sich auch kein Landschaftsästhet daran stören. Außerdem ist sie auch für größere Einheiten machbar, was den Betonköpfen von RWE und EnBW sicher gefallen wird.

      Windenergie wird Off-Shore kommen, ob in Deutschland im großen Stil ist fraglich. Standorte im Binnenland (BaWü) sind zwar noch reichlich vorhanden, politisch aber nicht gewollt. Dort gibt es jetzt aber eine Stiftungsprofessur für Windenergie (Stuttgart) - nicht alle Unternehmer in Deutschland sind visionslos.

      Die Chemische Industrie mit ihrer Umweltproblematik wird sich von selbst erledigen - nicht wegen der scharfen Umweltgesetze in Deutschland - in China kostet der Mitarbeiter 150€ im Monat - da wird Deutschland sauberer werden.

      Bis das alles soweit ist werde ich mir ein Stück der Plutoniumanlage in Hanau kaufen - damit die Chinesen sie nicht bekommen. Mehr Informationen unter http://www.hanauselberkaufen.de/
      Avatar
      schrieb am 02.03.04 12:20:11
      Beitrag Nr. 176 ()
      hallo cabinda

      danke für dein statement. wie du am letzten posting des athemlosen inhalators sehen kannst hat er es immer noch nicht begriffen was wir eigentlich wollten! schade! aber ich wünsch dir alles gute und

      bis irgendwann!
      haispeed

      inhalator ich möchte dir gern mal einen tip geben. ob du ihn annimmst oder nicht ist natürlich dir überlassen.
      versuchs mal mit gemütlichkeit und nimm den bösen unterschwelligen groll aus deiner art zu schreiben... vieleicht kann man dann ja mal diskussionen führen, die entspannter ablaufen.

      ich wünsch dir einen schönen tag!
      Avatar
      schrieb am 03.03.04 09:39:44
      Beitrag Nr. 177 ()
      Jungs, ich hab schon begriffen was ihr wollt. Aber ich will was anderes. Z.B. euch vermitteln, das die Gegenwart schon so Kacke ist, das es in Zukunft besser werden muß.

      Wie die Heren der Deutschen Bank in Ihrer letzten Analyse schon festgestellt haben, die Deutschen sind wohlhabend, träge und arbeitscheu.:laugh:

      Mein Hinweis, sich mal amerikanische Umweltwerte anzusehen, halte ich nicht für verdammt clever, aber könnte erfolgversprechend sein. Die Amerikaner haben genau wie die Europäer, ihre Energieversorgung auf Abschreibung gefahren. Eine Erneuerung ist dringend notwendig. Wenn Bush gewählt wird, gibts Atomkraftwerke, bei Kerry andere Lösungen. Hinter dem Mann steht ein engagierte Umweltschützerin, mit 520 Mio$ Vermögen, da kann er nicht anders :laugh: .
      Avatar
      schrieb am 03.03.04 11:37:51
      Beitrag Nr. 178 ()
      ooohh welch gnade das du uns nichts sehenden etwas "vermittelt" hast. danke danke danke! ;)

      die gegenwart ist nicht so schlecht wie sie oft gemacht wird.
      sogar die selbstmordrate unter den verzweifelten birkenf...stockträgern sinkt wieder. ist wie mit der wende......das "feindbild" muß sich ändern.

      es ging uns nicht um werte und aktien und mögliche invstitionschancen in diesem thread, sondern rein um umweltthemen die seltener beachtet werden. mit tips für umweltanlagemöglichkeiten gibt es genug threads.

      die nummer mit der "Mönchsgrasmücke" z.B. war so ein beitrag der mir dazu gut gefallen hat.

      also dann "bis bahald"

      :)
      Avatar
      schrieb am 03.03.04 11:57:46
      Beitrag Nr. 179 ()
      Bitte schön.
      Was aber sind Birkenf...stockträger Birkenfeigenstockträger ?

      Tut mir leid, aber ich fress kein Müsli:laugh: ! Bin ich zu alt zu, die Dritten usw:cry: .
      Avatar
      schrieb am 05.03.04 12:36:47
      Beitrag Nr. 180 ()
      Wie fit ist Umweltschutzweltmeister Deutschland?

      Nachdem der Umweltschutz in den 80er und frühen 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sowohl auf der politischen Agenda als auch im öffentlichen Bewusstsein der Deutschen ganz weit oben rangierte, sind in den letzten Jahren Themen wie wirtschaftliche Entwicklung, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Konjunkturpolitik zu Ungunsten der Umwelt in den Fokus gerückt. Die Medien beschwören das langsame Einschlafen des nationalen Umweltbewusstseins und verweisen darauf, dass besonders in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen eine Informations- und Bewusstseinslücke klaffe.

      Dabei erscheint das Umweltbewusstsein der Deutschen im internationalen Vergleich nach wie vor stark ausgeprägt. Die Ansprüche an die politisch Verantwortlichen sind hoch, die Identifikation mit den Zielen der Nachhaltigen Entwicklung nimmt zu, der Wunsch und Wille zur Nutzung beispielsweise neuer Energiequellen ist groß, und die Bereitschaft zur Unterstützung von Umweltschutzorganisationen steigt.

      So zeigt als ein Beispiel die Jahresbilanz von Greenpeace für 2002, dass immer mehr Menschen aktiv für den Umweltschutz eintreten. Die Zahl der Greenpeace-Förderer in Deutschland stieg im Vergleich zum Vorjahr um 11.600 auf 522.000. Die Einnahmen erreichten im gleichen Zeitraum mit knapp 39 Millionen sogar den höchsten Stand seit der Gründung von Greenpeace Deutschland 1981.

      Hohe Akzeptanz erneuerbarer Energien

      Laut dem VA-Newsletter der Bauer Verlagsgruppe vom Juni 2003, einer speziell aufbereiteten Untersuchung der jährlich publizierten VerbraucherAnalyse, sind 18 Prozent der Bundesbürger, also mehr als 15 Millionen Personen bereit, für umweltfreundlichen Strom, der beispielsweise durch Wasser- oder Windkraft anstelle von Kernenergie gewonnen wird, mehr zu bezahlen. Dieser Personenkreis ist überdurchschnittlich gut gebildet und lebt generell umweltbewusster als der Durchschnittsbürger. Doch das soziale Engagement hat durchaus seine finanzielle Grenze: 54 Prozent derjenigen, die für umweltfreundlich gewonnenen Strom mehr Geld ausgeben würden, setzen ihr Limit bei einer maximalen Erhöhung von fünf Prozent.

      Den Trend pro Ökostrom bestätigt auch eine aktuelle emnid-Umfrage für den Fernsehsender n-tv: 73 Prozent aller Befragten sprechen sich für die weitere staatliche Förderung von Ökostrom aus. Jeder Zweite meint, die Bundesregierung solle versuchen, in Zukunft unseren Energiebedarf vor allem durch erneuerbare Energien wie Sonne, Wind- und Wasserkraft sicherzustellen. Etwas knapper fällt das Meinungsbild aus, wenn der Wirtschaftlichkeitsfaktor hinzukommt. Für die Aussage: „Die Windkraft sollte unabhängig von ihrer Wirtschaftlichkeit gefördert werden“, votierten 46 Prozent der Bundesbürger.

      Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) konstatiert hier einen Bewusstseinsvorsprung der Bevölkerung vor zahlreichen Politikern. Die Menschen wüssten inzwischen, dass der Klimawandel nur durch ein Umsteuern in der Energieversorgung aufzuhalten sei. Hitzewellen, Sturmschäden und Überschwemmungen machten die Brisanz des Treibhauseffekts deutlich. Die Investition in erneuerbare Energien helfe „eine Energieversorgung aufzubauen, die die Umwelt schont und langfristig von Energieimporten unabhängig macht“, so BEE-Sprecher Milan Nitzschke.

      Im Zweifel sparen statt Umweltschutz

      So weit, so gut … doch offenbar können sich nicht alle Deutschen umweltbewusstes Handeln immer leisten. Wer zwischen Sparen und Umweltschutz wählen muss, entscheidet meist fürs eigene Portemonnaie. Das belegt unter anderem der bereits erwähnte VA-Newsletter der Bauer Verlagsgruppe: Nur noch 43 Prozent der Bundesbürger wollen dieser Untersuchung zufolge für umweltfreundliche Produkte mehr Geld bezahlen, während dazu 1998 noch 54 Prozent bereit waren. Dies bedeutet einen Rückgang von 20 Prozent innerhalb von vier Jahren. Bei den 14- bis 29-Jährigen sei der Anteil derjenigen, die zu Gunsten der Umwelt tiefer in die Tasche greifen, sogar um 30 Prozent gefallen. Konkret zeige sich das gesunkene Interesse am Umweltschutz auch beim Autokauf: 1996 sei „hohe Umweltfreundlichkeit“ das viertwichtigste von 18 Auswahlkriterien gewesen, heute sei dieses Merkmal auf den zwölften Rang abgerutscht.

      Die Abfrage bestimmter Verbrauchereinstellungen ergab auf Basis der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren folgendes Bild: „Von Firmen, die die Umwelt verschmutzen, kaufe ich nach Möglichkeit keine Produkte“, dieser Einstellung stimmten 1996 ganze 62 Prozent, 2003 nur noch 54 Prozent der Befragten zu. Die Aussage: „Ich verwende bevorzugt umweltschonende Haushaltsreiniger und Waschmittel“, bejahten 1996 drei von vier Deutschen, während es 2002 nur noch 61 Prozent waren. 1996 gaben 75 Prozent der Befragten an, „möglichst Umwelt- und Recyclingpapier“ zu kaufen, 2002 waren dies noch 63 Prozent.

      Bei der Betrachtung der Ergebnisse dieser und anderer Untersuchungen fällt auf, dass das Erkenntnisinteresse und die Vorerwartungen der Auftraggeber von Studien das Bild wenn auch indirekt, so doch maßgeblich beeinflussen. Es leuchtet ein, dass das Meinungsbild variiert, je nachdem welche Fragen und wie sie gestellt werden. Einen gemeinsamen Nenner weisen jedoch fast alle Untersuchungen auf: das mangelhafte Umweltwissen der Bevölkerung, insbesondere das defizitäre Umweltbewusstsein der jüngeren Generation der Unter-30-Jährigen, sowie ein wachsendes Interesse der Deutschen für Fragen des Klimaschutzes.


      mein fazit könnte platt erscheinen aber was hat uns die grüne politik gebracht, wenn das umweltbewustsein abgenommen hat statt sich weiter zu verfestigen?
      ist grüne politik wirklich besser für die umwelt?




      die grünen und ihre art der politikmache ist ganauso schlecht wie die der anderen. sie haben ihren bonus geopfert um "macht" zu kaufen.


      grüße haispeed
      Avatar
      schrieb am 06.03.04 14:38:14
      Beitrag Nr. 181 ()
      Interessante Postings Haispeed und Cabinda , danke dafür!

      Gruss winhel!
      PS: Für die meisten hier auf WO ist Umweltschutz (leider) gleich bedeutend mit dicken Aktiengewinnen. Aber sie werden sich noch wundern!!
      Avatar
      schrieb am 08.03.04 12:12:28
      Beitrag Nr. 182 ()
      Na Haispeed,

      für Deutschland gilt immer noch, dass die Unfähigkeit in der Regierung ist und die Dummheit in der Opposition. Die negativen Folgen der Gentechnik, wenn es schief geht, kann man ja an Merkel, Merz und Westerwelle sehr gut einschätzen. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 08.03.04 12:42:03
      Beitrag Nr. 183 ()
      Das mangelhafte Umweltwissen der unter 30-jährigen ist der gegenläufige Pendelschlag zur Hysterie der 68er. Das Thema wird stark aber realistischer zurückkommen, denn die Probleme sind nicht gelöst.

      Die nächste Generation muss und wird wieder aktiv sein, durch "die normative Kraft des Faktischen".
      Avatar
      schrieb am 08.03.04 21:56:45
      Beitrag Nr. 184 ()
      Sei dir da nicht so sicher, denn solange der kleine Steuerzahler den Umweltschutz bezahlen muss und der besser Verdiener sich sein Geld mit Gewinn wieder über die Steuer zurückholt, werden sich die Probleme nicht lösen lassen.
      Gruss winhel!
      Avatar
      schrieb am 09.03.04 11:58:56
      Beitrag Nr. 185 ()
      winhel

      du hast recht, leider ist das so. ich hab es schon x-mal geschrieben aber solange der einklang auch zwischen ökonomie und ökologie nicht hergestellt wird ist ungerechtigkeit in der gesellschaft und in der wirtschaft die folge dieses falschen wirkens.

      stormy

      die rebellen von einst haben es wirklich nicht verstanden ihre gedanken so in die köpfe der leute zu bringen, dass sie wirklich veränderung wollen. da sie wie maskierte kämpfer mit der waffe in der hand den frieden prädigen sind sie oft nicht glaubwürdig
      Avatar
      schrieb am 09.03.04 15:45:47
      Beitrag Nr. 186 ()
      Junge wat willst du denn eigentlich. Das dein 68`er Papi dich lobt, weil du den Müll trennst oder das er dich verhaut, weil du es nicht machst ? Auf jeden Fall scheint es dir um Zuwendung zu gehen.

      Also ich lobe dich jetzt mal:

      Lob !

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 09.03.04 16:06:53
      Beitrag Nr. 187 ()
      #182 von inhalator 08.03.04 12:12:28 Beitrag Nr.: 12.364.637 12364637
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Na Haispeed,

      für Deutschland gilt immer noch, dass die Unfähigkeit in der Regierung ist und die Dummheit in der Opposition. Die negativen Folgen der Gentechnik, wenn es schief geht, kann man ja an Merkel, Merz und Westerwelle sehr gut einschätzen.
      ...................................................

      Du wirst aber doch wohl zugeben müssen, dass die Dummheit und die Unfähigkeit vom Volke gewählt wird!!

      Gruss winhel!:)
      Avatar
      schrieb am 10.03.04 11:04:29
      Beitrag Nr. 188 ()
      winhel

      genau


      inhalator

      mein papie ist ein 36´er und schon sorgenfrei!
      alles klar!?
      Avatar
      schrieb am 10.03.04 11:14:44
      Beitrag Nr. 189 ()
      Gene oder Umwelt? Falsch, Gene mal Umwelt

      Seit Jahren steigt der Intelligenzquotient der Menschen. Der Entdecker dieses erstaunlichen Effekts weiß jetzt, warum

      Jochen Paulus

      Seit einem guten Dutzend Jahren leben die Intelligenzforscher mit einem beunruhigenden Paradox. 1987 wies der neuseeländische Professor James Flynn in einer großen Studie nach: In sämtlichen untersuchten Nationen steigen die Intelligenzquotienten der Bevölkerung von Generation zu Generation beträchtlich an. Die Deutschen etwa verbesserten sich von 1954 bis 1981 um 17 Punkte. Die 1982 durchgetestete Truppe holländischer Rekruten schlug die Jahrgänge ihrer Väter um glatte 20 IQ-Punkte - wobei 30 Punkte weniger einen normal Begabten bereits an den Rand des Schwachsinns befördern.

      Was immer dieser enorme Zugewinn bei Tests fürs praktische Leben bedeuten mochte, eines war sofort klar: Der so genannte Flynn-Effekt konnte nur durch Umwelteinflüsse zustande kommen. Der Genpool ändert sich allenfalls in weitaus längeren Zeiträumen.

      Dummerweise war aber unter Experten längst gesichert, dass IQ-Unterschiede hauptsächlich auf Erbfaktoren zurückgehen. Diese Erkenntnis hatten die Forscher trotz gelegentlicher Prügel - weil sie bei der Gelegenheit Farbigen unterlegene Gene bescheinigten - erarbeitet, und sie steht bis heute. Eine Expertenkommission der amerikanischen Psychologenvereinigung Apa veranschlagt die Erblichkeit des Intelligenzquotienten auf drei Viertel.

      Wie kann dann die Umwelt die IQs so in die Höhe treiben? Für dieses Rätsel präsentieren Flynn und der Ökonom William Dickens von der Washingtoner Brookings Institution jetzt eine mathematisch ausgefeilte Lösung. Zunächst rechnen sie das Paradoxon noch einmal in seiner vollen Pracht vor: Die nachgeborenen holländischen Schlau-Rekruten müssten der herkömmlichen Statistik zufolge in einer intelligenzfördernden Umgebung aufgewachsen sein, wie sie weniger als ein Zehntel ihrer Väter genießen durfte - kaum glaublich. Doch jetzt kommt der Trick: Dies gilt nur, wenn die geheimnisvollen Umweltfaktoren ihr Werk, unabhängig von der angeborenen Intelligenz, vollbringen müssen, also auf große und kleine Talente gleich wirken.

      Genau das aber bezweifeln Dickens und Flynn. Ihrer Ansicht nach profitieren von einer intelligenzfördernden Umgebung vor allem diejenigen, die ohnehin schon mehr Begabung mitbringen. Sie erläutern das Phänomen erst einmal am ideologisch weniger heiklen Beispiel Basketball.

      Auch da sind dramatische Zuwächse des Könnens zu verzeichnen - in den USA ist dieser Trend ungefähr seit der Einführung der Fernsehübertragungen zu verzeichnen. Haben die Amerikaner also vom eifrigen Glotzen Basketball spielen gelernt? Kaum, aber gerade der talentierte Nachwuchs hat womöglich trotzdem profitiert. Weil Basketball nun populärer ist, dribbelt der Papa eher ein paar Runden mit seinem begabten Söhnchen. Das wird ein bisschen besser, gewinnt Spaß an der Sache, geht vielleicht in einen Verein, lernt da neue Finten, und so nimmt der sportliche Fortschritt seinen immer schnelleren Lauf. Allerdings kommt es dazu nur, wenn der Knabe begabt ist - andernfalls gibt er schnell wieder auf.

      Begabtere Kinder suchen oder schaffen sich eine förderliche Umgebung, das ist die Pointe - der so genannte Multiplikationseffekt. Bei einer klassischen Vererbungsstudie, etwa mit Zwillingen, würde jedoch die ganze Ballkunst aufs Konto der Gene gebucht. Das ist nicht völlig falsch, aber übersieht etwas Entscheidendes: Wichtig für den Erfolg ist auch die Umwelt, und sei es die Glotze.

      Welche Umweltfaktoren diese Rolle für die IQ-Explosion spielen, weiß niemand. Dickens und Flynn tippen auf die Folgen der industriellen Revolution: nahrhafteres Essen, weniger Krankheiten, bessere Schulen, mehr Aufmerksamkeit in kleineren Familien von weniger überarbeiteten Eltern. Dazu kommen geistig anspruchsvollere Jobs und nicht minder herausforderndes Techno-Spielzeug wie im Prinzip programmierbare Videorecorder.

      "Jeder wird natürlich seine eigene Liste mit bevorzugten Auslösern aufstellen", kommentieren die Autoren. Entscheidend für die Theorie ist nur eines: Genetisch intelligentere Menschen suchen und finden häufiger eine Umgebung, die ihre Fähigkeiten aufblühen lässt. Begabte Kinder sind zu Beginn vielleicht nur ein bisschen besser in der Schule als andere. Aber sie werden gelobt, büffeln deshalb mehr, leihen fleißig schlaue Bücher aus der Schulbibliothek und päppeln ihren Intelligenzquotienten so immer weiter.

      Die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet: Was sagt der IQ über die Intelligenz aus?

      Auch weniger begabte Kinder aus benachteiligten Elternhäusern profitieren nach dieser Logik, wenn sie in eine Förderschule verpflanzt werden. Wie Studien zeigen, klettert ihr IQ tatsächlich rasch. Doch wenn das Förderprogramm endet, geht die Intelligenz allmählich wieder zurück. Dickens und Flynn können dies mit ihrer Theorie gut erklären: Anders als traditionelle Förderstrategen glauben sie nicht, dass sich die Intelligenz ein für allemal in die Höhe treiben lässt. Sie steigt nur, solange die Kinder anspruchsvolleren Betätigungen nachgehen, als sie oder ihre Familien ansonsten verrichten würden. Der Rückschlag nach dem Ende der Förderung ließe sich jedoch vermeiden. Man müsste den Kindern rechtzeitig beibringen, sich auch dann noch geistig zu fordern, wenn sie wieder auf sich gestellt sind, empfehlen die beiden Forscher.

      Die Autoren verstehen ihre Theorie vom Wechselspiel der Gene mit der Umwelt als Vorschlag zur Güte, auf den sich Vererbungsdenker ebenso einlassen können müssten wie die Anhänger von Umwelteinflüssen. Die grundlegende Frage allerdings lassen Dickens und Flynn für diesmal links liegen: Ist der IQ wirklich das Maß aller geistigen Fähigkeiten? Flynn bestritt dies vor 14 Jahren vehement - eben wegen des nach ihm benannten Effekts. Andernfalls müsse etwa Holland gerade "eine kulturelle Renaissance erleben, die unmöglich übersehen werden kann", spottete er.

      Inzwischen gibt Flynn auf Anfrage der ZEIT jedoch zu bedenken, dass die "IQ-Gewinne auf einen Zuwachs von Fähigkeiten deuten, die sich in der wirklichen Welt bemerkbar machen". Doch der Intelligenzquotient ist in seinen Augen nach wie vor nicht ein Spiegel aller geistigen Fähigkeiten. Daher warnt Flynn weiter vor der Hoffnung, nun würden alle Kinder superschnell begreifen und geistige Behinderungen aus der Welt verschwinden - da sind offenbar noch andere Faktoren im Spiel. Was aber ist dann genau jene ominöse Intelligenz, die der Intelligenztest misst? Darüber darf weiter gezankt werden.


      ein altes sprichwort lautet doch:

      "Die Umwelt formt den Menschen"

      ist das geschriebene denn nun so neu?

      Haispeed
      Avatar
      schrieb am 10.03.04 12:23:56
      Beitrag Nr. 190 ()
      Deshalb schreiben die ganz schlauen ihre Steuererklärung auch auf Bierdeckel.
      Leider sinkt der IQ der deutschen Schulabgänger seit einigen Jahren wieder. Er liegt meines Wissens bei durchschnittlich 98. Das reicht gerade mal so für den Führerschein :laugh: .
      Avatar
      schrieb am 10.03.04 16:22:00
      Beitrag Nr. 191 ()
      hast du denn einen führerschein? ;)
      Avatar
      schrieb am 10.03.04 17:55:14
      Beitrag Nr. 192 ()
      Ne hab ich nicht :laugh: !
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 11:50:05
      Beitrag Nr. 193 ()
      Wenn die Umwelt zum Risiko wird
      Gerling, ABB und andere: Asbestklagen gefährden die Konzerne
      Von H.-J. Luhmann
      Der technische Fortschritt bringt neue Produkte und zerstört die ökonomischen Nischen der überkommenen Produkte. Diese „schöpferische Zerstörung“ ist so intendiert. Nicht intendiert dagegen sind die Nebenfolgen. Von ihnen geht die Sage, dass die Urheber der Produkte, die Unternehmen, sie regelmäßig „nicht voraussehen konnten“. Ob diese Aussage wahr ist, ist nicht die Frage – jedenfalls ist sie deutlich interessengeleitet. In Deutschland glaubt man den Unternehmen und hat die Haftungsverpflichtung auf diesen Glauben abgestellt. In den Vereinigten Staaten dagegen ist die Haftung für dieses angebliche Unvermögen zukunftsträchtiger und gerechter geregelt – und auch weiser: Menschliche Klugheit beginnt bekanntlich erst da, wo man sich auch das als seine Taten zurechnen lässt, was man nicht wollte.

      Die großen Rechtsanwaltskanzleien, die an spektakulären Prozessen schwer verdienen, sind als Lobby in Washington so potent, dass sie die regelmäßigen Versuche der Unternehmenslobby, die Haftung – und damit auch die Welle von Prozessen – zu beschränken, jedes Mal zu torpedieren vermögen. Money makes the world go round kann eben auch anders herum gelten, wenn die Produktion von Schadensersatz zu einer Art Industrie geworden ist.

      Gegenwärtig ist in dieser Industrie der Schaden durch Asbest aktuell. Jahrzehntelang wurde Asbest bedenkenlos als Isoliermaterial verwendet, heute lässt seine Opferbilanz die Börsenkurse taumeln. Dass Asbest auch in Europa wieder ein Thema ist, hat viel mit dem Kauf von US-Unternehmen durch europäische Firmen zu tun.

      Bei einer Übernahme werden die Bücher des Kandidaten unter hohem Zeitdruck auf verborgene Risiken hin durchkämmt. Diese so genannte due diligence-Prüfung führen Rechtsanwälte und Finanzspezialisten durch, die auf die bei Firmenkäufen typischerweise zu erwartenden Risiken spezialisiert sind – aber eben auch nur auf diese. Gerade in der Spezialisierung, die Risiken erkennen soll, liegt also ein Risiko. Siehe Asbest: Unter Technikern und Umweltschützern seit bald 20 Jahren ein alter Hut, ist Asbest für die due diligence-Spezialisten erst seit kurzem kein Fremdwort mehr. Die Asbest-Haftungsrisiken in den Büchern von Übernahmekandidaten wurden lange Zeit und reihenweise übersehen. Auf insgesamt 250 Milliarden Dollar wird der Schaden durch die neu entdeckten Asbestfälle inzwischen geschätzt – wohlgemerkt nur der, für den zu haften ist. Der kumulierte Schaden durch den bedenkenlosen Einsatz von Asbest ist viel höher.

      Der international tätige Kraftwerksbauer Asea Brown Boveri (ABB) zum Beispiel übernahm 1990 die amerikanische Combustion Engineering Inc. – und tappte prompt in die Asbestfalle. Heute beziffert ABB die Anspruchssumme auf 3 Milliarden Dollar. Noch schlimmer erging es Rolf Gerling, dem Chef des gleichnamigen Kölner Versicherungskonzerns. 1998 übernahm Gerling den US-Rückversicherer Constitution Re – und übersah in den Büchern die erheblichen Ansprüche wegen zahlreicher Asbestklagen. Heute kämpft der Gerling-Konzern ums Überleben. Und Rolf Gerling hat das väterliche Vermögen verloren.

      Insgesamt 54 Milliarden Dollar haben amerikanische Unternehmen bis Ende 2000 als Schadenersatz an 600000 Asbestgeschädigte gezahlt. Ein Mehrfaches, so eine Untersuchung der Rand Corporation, ist für die Zukunft zu erwarten: Nochmals 200 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die staatliche Entwicklungshilfe sämtlicher Industriestaaten liegt bei 50 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Schäden durch Naturkatastrophen, die materiellen allerdings nur, liegen ebenfalls pro Jahr in der Größenordnung von 50 bis 100 Milliarden Dollar. Das heißt: Produkt- und Umweltrisiken sind Vermögensrisiken existenziellen Ausmaßes. Binden wir sie nicht ein in ein Risikomanagement, welches dem für klassische Finanzrisiken entspricht, werden Unternehmen weiterhin reihenweise in den Abgrund sausen – unintendierte Nebenwirkungen eben.
      Wie es beim Umgang mit dem Asbestrisiko als Finanzrisiko anders zugehen kann, hat der Schweizer Industrielle Stephan Schmidheiny vorgemacht. Der hatte ursprünglich ein starkes Standbein in der Baustoffindustrie. Dann begann das deutsche Umweltbundesamt (UBA) in Sachen Asbest zu ermitteln, mit dem Ziel, dessen Einsatz mindestens zu reduzieren – es kam schließlich zu einem Verbot. Schmidheiny berichtete einmal, wie es ihm gelungen ist, sich frühzeitig und deshalb – für ihn – verlustfrei aus seinen Beteiligungen an Asbestminen und weiterverarbeitenden Betrieben zu lösen. Zunächst habe er reagiert wie alle Lobbyisten: mit Abwehr – er sah schließlich seine Produkte und damit seine Unternehmen durch die Umweltschützer in Gefahr gebracht. Doch dann sei ihm eines Tages klar geworden, in welche privilegierte Situation ihn seine frühe Kenntnis der Entwürfe der UBA-Untersuchungen gebracht habe.

      Umweltwissen kann, als Wissen über zukünftige Risiken und zukünftige Einschränkungen der Produktpalette, eben eine im positiven Sinne wertbildende Funktion haben – tendenziell allerdings zulasten der „Dummen“.


      wer sind wohl wirklich die "dummen"?

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 18.03.04 11:09:22
      Beitrag Nr. 194 ()
      Verbraucher kann Fischbestände schützen

      Freiwillige Zertifizierung gegen Überfischung
      "Es gehören zwei dazu", antwortete Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft auf die Frage, wer für die Erhaltung der Fischbestände verantwortlich sei. Die Fischereipolitik reguliere beispielsweise die Fangquoten und die Anforderungen an Netze, der Verbraucher sei jedoch ebenso gefordert, Politik mit dem Einkaufskorb zu machen, sagte Künast auf einer Talkrunde in Berlin.

      Als Orientierung für den täglichen Einkauf haben der World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland und die Verbraucherzentralen Bremen und Hamburg den "Einkaufsführer Fisch" herausgegeben. Neben Informationen zum gesundheitlichen Wert und der Kennzeichnung von Fisch enthält er für die wichtigsten Meeresfische und -früchte eine ökologische Bewertung, erläuterte Alfred Schumm, vom WWF.

      Das MSC-Label (Marine Stewardship Council) als freiwillige Zertifizierung soll helfen, die Zukunft der Fischbestände langfristig zu sichern. Das MSC-Siegel für verantwortungsvollen Fischfang wurde vom WWF zusammen mit dem Lebensmittelkonzern Unilever initiiert.Ebenso wie das Naturland-Zeichen für biologisch erzeugten Fisch aus Aquakulturen werde die Einhaltung der Richtlinien einmal jährlich überprüft, erläuterte Schumm.

      aid, Sven Krüger


      manches macht schon sinn.

      haispeed
      Avatar
      schrieb am 13.04.04 17:58:52
      Beitrag Nr. 195 ()
      Schüler sollen Unterricht im Angeln erhalten

      Potsdam (ddp-lbg). Brandenburger Schüler sollen künftig Unterricht im Angeln erhalten. Am Samstag unterzeichnen der Landesanglerverband und das Bildungsministerium eine Vereinbarung über außerschulischen Angelunterricht, der an ausgewählten Gesamtschulen angeboten werden soll. Die jungen Teilnehmer erfahren darin das Wichtigste über Fische, Angelgeräte, gesetzliche Bestimmungen und Umweltschutz, wie der Verband am Dienstag in Potsdam mitteilte. Zudem können die Schüler ihre Erkenntnisse praktisch ausprobieren. Programm und Lehrkräfte stellt der Verband.

      Die Vereinbarung ist nach Angaben des Anglerverbandes deutschlandweit einmalig. Angelschul-Unterricht gibt es in Brandenburg bereits seit mehreren Jahren. Der erste Kurs wurde im Jahr 2000 an einer Gesamtschule in Neu-Seddin gestartet


      LIEBER DEN "FISCH" IN DER HAND ALS DIE TAUBE AUF DEM DACH!?
      Avatar
      schrieb am 11.05.04 11:03:36
      Beitrag Nr. 196 ()
      Umweltgutachten

      Rot-Grün bekommt schlechtes Ökozeugnis

      Mangelhafte Noten hat der Umweltrat der Bundesregierung ausgestellt. Die Umweltpolitik von Rot-Grün gerate wegen der schlechten Wirtschaftslage immer stärker ins Hintertreffen. So habe die Regierung beim Klimaschutz eine historische Chance vertan.
      Berlin - Die rot-grüne Umweltpolitik habe spürbar an Dynamik verloren, heißt es im diesjährigen Umweltgutachten, das heute in Berlin veröffentlicht wurde. Scharfe Kritik äußerten die Sachverständigen unter anderem am Kompromiss zum Emissionshandel und an der Untätigkeit der Regierung beim Lärmschutz.

      So sei nichts geschehen, seit ein "ohnehin unzureichender Gesetzentwurf" von Bundesumweltminister Jürgen Trittin zum Fluglärmschutz vor drei Jahren im Kabinett scheiterte. Das Gesetz sei seit 1971 nicht geändert worden. Dabei sei Lärm eine wichtige Ursache von Gesundheitsstörungen, und viele Menschen fühlten sich erheblich belästigt.

      Beim Emissionshandel zum Klimaschutz habe die Bundesregierung die "historische Chance einer klimaverträglichen Kraftwerkserneuerung" vertan. Die Kraftwerke seien derart großzügig mit Verschmutzungsrechten ausgestattet worden, dass die Lenkung hin zu klimafreundlicher Technik und Brennstoffen "in dramatischem Umfang abgeschwächt" worden sei. Da fast jedes zweite Kraftwerk in den kommenden 15 Jahren stillgelegt oder erneuert werde, müsse Deutschland langfristig die Weichen hin zu weniger schädlichen Anlagen stellen.

      Insgesamt sieht der Rat von sieben Umweltsachverständigen, der die Regierung beraten soll, ein zunehmendes Problem in der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Beim Natur- und Gewässerschutz verhindere diese, dass Vorgaben der Europäischen Union schnell genug umgesetzt werden. In beiden Feldern gebe es erhebliche Defizite. Der Umweltrat schlägt vor, dem Bund dabei die Hauptverantwortung zu übertragen. Keinesfalls dürfe im Rahmen der Föderalismusdiskussion den Ländern hier mehr oder gar die alleinige Gesetzgebungskompetenz zugestanden werden.

      Sorge macht den Sachverständigen weiter der rasante Flächenverbrauch in der Bundesrepublik. Derzeit werde die Fläche von etwa 150 Fußballfeldern täglich neu versiegelt. Die Gutachter verlangen deshalb Anreize, schon genutzte Flächen umzuwidmen, also zu "recyclen". Helfen könnte aus Sicht des Rats eine "Neuversiegelungsabgabe". Die Einnahmen sollten zur Beseitigung von Altlasten verwendet werden, was die erneute Flächennutzung einfacher machen würde.

      Lob erhielt Agrarministerin Renate Künast für ihre Gesetzesvorlage zur grünen Gentechnik. Dieser trage den Erfordernissen weitgehend Rechnung, erklärte der Rat. Hauptanliegen für die Umwelt sei es, dauerhaft gesetzlich sicherzustellen, dass gentechnisch veränderte und herkömmliche Pflanzen nebeneinander existieren können, ohne dass es zu "Auskreuzungen" komme.

      Ambitionierteres Vorgehen fordern die Sachverständigen auch von Künast bei der Umsetzung der Agrarreform. Hier müsse ein größerer Teil der Subventionen daran gekoppelt werden, dass die Natur gepflegt und geschont werde. Zu viel Geld werde auch nach der EU-Reform ohne Zweckbindung vergeben.


      die grünen vielflieger und fahrdienstnutzer sollten zugeben, dass sie schon lange weg sind von ihren idealen und verkommene machtgeile schwätzer sind!
      Avatar
      schrieb am 11.05.04 12:09:40
      Beitrag Nr. 197 ()
      AHHHHH !

      Frau Ferkel, Herr Roiber und Guido (Fallschirmfalschfalter) Westerwelle sind ja die moralische Offensive für Deutschland.

      Dann doch lieber mit Rot-Grün untergehen , aber nicht ansehen müssen, wie am vergangenen Wochenende, der notorische Gesetzesbrecher Helmut Kohl von der CDU hoffiert wird.
      Avatar
      schrieb am 12.05.04 19:34:54
      Beitrag Nr. 198 ()
      so wird es endlos weitergehen:

      NRW stellt Bedingungen für Castor-Transport

      12. Mai 16:24

      Im Streit um den Transport von Atommüll aus dem sächsischen Rossendorf ins Zwischenlager in Nordhrein-Westfalen bleibt die dortige Regierung hart: Nur ein Transport - und der möglichst auf der Schiene.

      Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat einen Kompromissvorschlag des sächsischen Umweltministers Steffen Flath (CDU) im Streit um den Transport von 951 verbrauchten Kernbrennelementen aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf ins Zwischenlager nach Ahaus in Nordrhein-Westfalen (NRW) abgelehnt.

      Die Landesregierungen von Sachsen und NRW streiten um die Zahl der geplanten Transporte und um die Frage, ob der Transport auf der Schiene oder der Straße erfolgen soll. Die nordrhein-westfälische Landesregierung bevorzugt einen Transport mit der Bahn, weil dies weniger Kosten verursachen würde als ein Transport auf der Straße.

      Kosten tun Sachsen «richtig weh»

      Sachsen wollte die Brennelemente mit ursprünglich 18 Straßentransporten nach Ahaus schaffen. Für den Transport über die Straße sind allerdings für jeden Castor spezielle Stoßdämpfer notwendig, von denen Sachsen bisher nur einen Satz besitzt. Ein Satz kostet 150.000 Euro.

      Sachsen hat sich nun bereit erklärt, fünf weitere Sätze zu kaufen. Zwar tue das Sachsen «richtig weh», sagte eine Sprecherin der Landesregierung, aber damit würde sich die Zahl der benötigten Straßentransporte auf drei mit jeweils sechs Castor-Behältern verringern.

      50 Millionen für die Sicherheit

      Nordrhein-Westfalens Regierung hält aber weiter an ihrer Forderung fest, nur einen Transport durchzuführen. Sie rechnet mit Kosten von 50 Millionen Euro pro Transport, weil zur Sicherung der Transporte Tausende Polizeibeamte benötigt würden. Es würden massive Proteste von Atomgegnern erwartet, hieß es.

      Widerstand angekündigt

      Diese haben bereits mit verstärktem Widerstand gegen die geplanten Transporte gedroht. Die Bürgerinitiative «Kein Atommüll in Ahaus» fürchtet, dass die ersten Transporte bereits Pfingsten stattfinden könnten. Von NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück forderten sie eine verbindliche Zusage, dass kein weiterer Atommüll nach Ahaus kommen werde.

      Sachsens Umweltminister Steffen Flath (CDU) und der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) wollen in den kommenden Wochen in persönlichen Gesprächen über eine Einigung beraten. (nz) www.netzeitung.de

      Warum behalten die Sachsen ihren "Dreck" nicht :confused:
      50 Millionen Euro nur für die Sicherheit des Transports, und das bei leeren Kassen!
      Avatar
      schrieb am 13.05.04 14:51:07
      Beitrag Nr. 199 ()
      inhalator

      genau in die riege können sie sich doch auch stellen. da passen sie doch schon lange rein.

      egal welche farbe politiker haben ob rot braun schwarz gelb rosa oder grün. sie sind ihrer selbst erlegen, weil sie glauben ihr handeln sei legitimiert aber nicht mehr der rechenschaft unterlegen.

      untergehen mit rot grün? vieleicht die bessere abschlußparty wenn schwarzgelb die musik macht dazu!

      ich glaube auch die feiern härter!

      "Meine Herren, es war mir eine Ehre mit Ihnen zu spielen!!!"

      Gluck gluck wech war sie !!!
      Avatar
      schrieb am 03.08.04 11:47:18
      Beitrag Nr. 200 ()
      Einführung









      Intro





      Die Einführung ist in sieben Abschnitte gegliedert: Das Kapitel beginnt mit einem kindlichen Zeugnis ökologischen Gewissens, das bereits die grundlegenden Elemente enthält, die Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind (1). Im Anschluß daran wird der erst vor einem Vierteljahrhundert entstandene, inzwischen jedoch fast schon inflationär benutzte Begriff des Umweltbewußtseins beispielhaft an einem zeitgeschichtlichen Ereignis kritisch reflektiert, das vor wenigen Jahren einige Wochen lang für nationale Aufregung sorgte (2). Ein Blick auf die Geschichte der weltweiten Umweltbewegung trägt zum besseren Verständnis des Status Quo der gesellschaftlichen Diskussion bei (3). Die gegenwärtige Reflexion der ökologischen Krise offenbart mindestens drei Strömungen: Dabei ist die Haltung der sog. Öko-Optimisten durch Zuversicht (4) und die der sog. Öko-Pessimisten durch Fatalismus (5) geprägt. Eine dritte Gruppe bemüht sich um einen pragmatischen Realismus (6), hierzu sind die meisten wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu zählen, wie das Beispiel des Club of Rome zeigt. Basierend auf dieser allgemeinen Bestandsaufnahme werden Ausgangsthese, leitende Forschungsfragen und die Konzeption der Arbeit vorgestellt (7).





































      1. Einführung







      "Alle wirklich wichtigen Fragen sind solche, die auch ein Kind versteht. Es sind Fragen, auf die es keine Antwort gibt."



      Milan Kundera, Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins







      (1) "Kinder an die Macht!"



      "Warum zerstören die Menschen den Planeten Erde?" - jeden Tag erhält die Umweltschutzorganisation Greenpeace durchschnittlich etwa 40 Briefe von Kindern, in denen viele Fragen gestellt werden. Die Kinder schreiben sich "ihre Erschütterung von der Seele" und bringen "ihre Hoffnung auf Greenpeace als Helferin für die bedrohte Umwelt zum Ausdruck" (Bachmann 1996, S.113). Autorin des folgenden Briefes ist ein siebenjähriges Mädchen aus Berlin (vgl. Abb. 1):



























































      In diesen wenigen Zeilen ist im Grunde alles enthalten, worum es in der vorliegenden Arbeit geht. Meike ist anscheinend ein sehr aufmerksames Mädchen: Zusammen mit ihren Freunden hat sie eine "Umweltschutzbande" gegründet ("Prinzip Verantwortung"), sie macht sich über Mitmenschen große Sorgen, die "sehr umweltunfreundlich" sind ("Prinzip Angst") und wendet sich schließlich hilfesuchend an Greenpeace ("Prinzip Hoffnung") - mit anderen Worten: Meike hat ein lebendiges "Ökologisches Gewissen", das sich in ihrem engagierten Eintreten für die Umwelt offenbart. Würden alle Menschen so denken und handeln wie Meike, die Welt sähe mit Sicherheit anders aus. Doch Meike gehört wie alle Kinder auf der Erde zu den machtlosesten unter den Menschen.



      Angst, Hoffnung und Verantwortung sind die Schlüsselbegriffe des ökologischen Gewissens, wie es hier wissenschaftlich untersucht wird. Hintergrund der Studie ist die weltweite Umweltzerstörung, wie sie am Ende des 20. Jahrhunderts in exponentieller Art und Weise im Gange ist. Auch wenn diese Tatsache heute allgemein kaum bezweifelt wird, gibt es doch unterschiedliche Auffassungen über das Ausmaß und den Umgang mit der Katastrophe. So stellen sich aus sozialwissenschaftlicher Perspektive u.a. die folgenden Fragen: Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen? Ist dieser Prozeß überhaupt noch aufzuhalten? Wenn ja, wie? Weitgehende Einigkeit scheint darüber zu bestehen, daß die globale ökologische Krise keine Krise der Natur, sondern eine Krise des gesellschaftlichen Naturverhältnisses - also ein "Gesellschaftsproblem" - ist (Böschen 1996, S.3).



      Wie reagiert die globale Gesellschaft auf ein Problem, das sie selbst hervorgerufen hat und dessen Teil sie ist? Wie reagiert die Wissenschaft auf ein Problem, das sie selbst mitzuverantworten hat? Und wie reagieren Kinder und Jugendliche auf ein Problem, mit dem sie im Laufe ihres Lebens in Zukunft möglicherweise immer öfter konfrontiert werden? Insbesondere die letztgenannte Frage steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Kinder und Jugendliche werden als die einzige "soziale Kategorie" gesehen, die noch kaum Gelegenheit hatte, die Umwelt zu zerstören (Heid 1992, S.25). Aufgrund ihrer "Unschuld" kann davon ausgegangen werden, daß sie mit ihrer Wahrnehmung wertvolle Seismographen für die Gesellschaft sein könnten. Sind Kinder und Jugendliche unser ökologisches Gewissen?



      In der Realität scheint es allerdings eher so zu sein, daß Kindern neuerdings eine ganz andere Last aufgebürdet wird. Statt von ihnen zu lernen und uns für eine lebenswerte Welt einzusetzen, die auch zukünftigen Generationen Überlebenschancen bietet, hinterlassen wir den Kindern nicht nur eine "grausame Hypothek" (Petri 1991, S.109), sondern wälzen unsere Verantwortung auch zunehmend ab. So kann in den letzten Jahren eine Tendenz beobachtet werden, nach der die Lösung der Umweltprobleme von Politik und Wirtschaft auf die Erziehung übertragen wird (vgl. Lehmann 1996). Auch wenn Familie und Schule zu den wichtigsten Sozialisationsinstanzen gehören, besteht kein Grund, von einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung abzusehen. Ein Beispiel für den derzeitigen Umgang unserer Gesellschaft mit dieser Verantwortung wird im nächsten Abschnitt illustriert. Wie "umweltbewußt" sind wir eigentlich? Sind wir überhaupt "umweltbewußt"? Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen setzt eine begriffliche Reflexion voraus.





      (2) "Brent Spar": "Umweltbewußtsein haben oder umweltbewußt sein?"





      Wie Gamm (1988) bemerkt, ist der Begriff der "Umwelt" seit einiger Zeit dabei, dem älteren der "Natur" den Rang abzulaufen. "Umwelt" avancierte im Verlauf der siebziger und achtziger Jahre zu einem Schlüsselbegriff und stand im Zentrum öffentlicher Diskussion. In den neunziger Jahren wird "Um-Welt" als ein "Schlüsselbegriff der Postmoderne" diskutiert. Die Begrenzung der Naturreserven wird als Zeichen der Endlichkeit des Fortschritts als Motor der Moderne aufgefaßt (vgl. Schurig 1994). Folgende Überlegungen sprechen dafür, sich verstärkt mit dem Umweltbegriff zu beschäftigen: "Im Gegensatz zu dem der Natur ist jener nicht nur der politischere Begriff, an dem die gesellschaftlichen Interessengegensätze aufeinanderprallen; er enthält darüber hinaus auch den wirksamen Zwang zur Interdisziplinarität; er ist der theoretisch differenziertere Begriff, weil er von Anbeginn an das Gegenüber, das Korrelat einer gesellschaftlichen Praxis einbezieht, vermittels dessen allein ein weiter ausgespannter Begriff von dem, was ist, entwickelt werden kann" (Gamm 1988, S.182).



      Nichtsdestotrotz sollte der Mensch "im Verdrängungswettbewerb der Begriffe" (Gamm 1988, S.175) nicht vergessen, daß er ein "Naturwesen" ist und bleibt (Seel und Sichler 1993). Als Menschen sind wir Geschöpfe der Natur (lat. natura = Geburt), wir existieren stets in ihr und niemals außerhalb von ihr. Unsere Abhängigkeit von der Natur kann bei der Verwendung des Umweltbegriffs leicht übersehen werden. Meyer-Abich (1990) plädiert daher für den Begriff der "Mitwelt". Historisch gesehen ist der "Naturverlust in der Moderne" bezeichnend: "Das Ziel der Menschheit war und ist es, die Gefahren der Naturgewalten, wie sie sich am nachhaltigsten im Ereignis des Todes symbolisieren, zu bannen. Auf diesem Wege haben wir uns selbst Gefahren geschaffen, die alles übersteigen, was die Natur für uns Menschen als Bedrohung bereithält. Nun ist nicht mehr nur das eigene individuelle Leben in Gefahr, sondern das der gesamten Spezies" (Preuss 1993, S.216). Die Autorin befürwortet eine Perspektive, die das Bewußtsein der menschlichen Außenwelt ("Umweltbewußtsein") mit dem Bewußtsein für die menschliche Innenwelt ("Naturbewußtsein") verbindet - gemäß dem Credo: "Wir können uns nicht nicht-ökologisch verhalten" (Preuss 1993, S.221).



      Umweltbewußtsein wird in einem Umweltgutachten von 1978 definiert als "Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe" (Eulefeld 1981). Fast zwanzig Jahre später ist ein zu nichts verpflichtendes Umweltbewußtsein heute selbstverständlich: Nach einer Repräsentativumfrage fühlen sich 44% der Deutschen der Gruppe der "Umwelt-bewußten" zugehörig, so viele wie zu keiner anderen Personengruppe (Ernst 1994, S.3). Fragt man die Bevölkerung allerdings danach, in welchem politischen Bereich es zur Zeit die meisten Probleme gibt, rangiert "Umweltschutz" im Jahre 1996 nur an zwölfter Stelle, weit hinter den Bereichen Arbeitsmarkt, Asylanten, Rentenpolitik, Steuern und vielen anderen Problemen. Thilo Bode, Vorsitzender von Greenpeace international, konstatiert: "Mit atemberaubender Geschwindigkeit ist in Deutschland der Umweltschutz von der Tagesordnung der Politiker verschwunden. In der Debatte um die Reform des Wohlfahrtsstaates entpuppt sich das hochgelobte Umweltbewußtsein der Deutschen als Schönwetterveranstaltung" (Bode 1996, S.159).



      Viele Menschen scheinen bei Greenpeace in einer Form von modernem "ökologischen Ablaßhandel" (Menke-Glückert 1995, S.64) ein gutes Umweltgewissen zu kaufen. Als ein Musterbeispiel für diese These sei an die nationale Aufregung rund um die geplante Versenkung der Ölplattform "Brent Spar" in der Nordsee im Sommer 1995 erinnert. Der Energiekonzern "Shell" hatte nach einem wochenlangen Boykott seiner Tankstellen - mit Bombendrohungen und Brandstiftungen - beschlossen, die Ölplattform nicht zu versenken. Kurz darauf stiegen die Spendeneinnahmen von Greenpeace, die den Widerstand organisiert hatte, kräftig an (mittlerweile stammt ein Drittel der Gesamteinkünfte der internationalen Organisation aus Deutschland), und als die Bundesbürger im Herbst 1995 gefragt wurden, ob sie Greenpeace wählen würden, wenn Greenpeace eine Partei wäre, antworteten 28% der Befragten mit "ja", weitere 33% der Befragten mit "vielleicht" - wobei Anhänger aller Parteien ihre Zustimmung offenbarten. Mehr als zwei Drittel aller Befragten schließlich schlagen Greenpeace für den Friedensnobelpreis vor (Spiegel special 11/95, S.8).



      Ist "Brent Spar" nicht geradezu beispielhaft für ein überragendes Umweltbewußtsein der Deutschen? Aus soziologischer Perspektive scheint es sich eher um ein Lehrstück zu handeln, das über die Selektion von Risikothemen Auskunft gibt. Nach Renn (1996) ist weder der Rekurs auf statistisch gegebene Wahrscheinlichkeiten im Rahmen der probabilistischen Risikoanalyse, noch das griffige Modell der Interessenmaximierung einzelner Gruppen in der Lage, soziale Risikowahrnehmung hinreichend zu beschreiben bzw. zu erklären: "Warum z.B. die Öffentlichkeit mit einem Boykott von Shell auf eine potentielle Ölverschmutzung von rund 100 Tonnen reagiert, während das achtlose Wegkippen von Öl von Schiffen die Meere jährlich mit ca. 10 Millionen Tonnen Öl belastet, ohne daß sich jemand nennenswert darüber aufregt, ist nur unter Heranziehen psychischer und sozialer Aspekte zu verstehen" (Renn 1996, S.42).



      Wie sehen die psychologischen und politischen Dimensionen von "Brent Spar" aus? Nach Beck (1996) handelt es sich bei diesem symbolisch inszenierten Massenboykott um eine "Fallstudie globaler Subpolitik": "Im Sommer 1995 hat der moderne Held für eine gute Sache, Greenpeace, zunächst erfolgreich den Ölmulti Shell dazu gebracht, eine abgewrackte Bohrinsel nicht im Atlantik zu versenken, sondern an Land zu entsorgen; dann hat dieser multinationale Aktionskonzern für gezielte Regelverletzungen den französischen Staatspräsidenten Chirac öffentlich an den Pranger gestellt, um so die Wiederaufnahme französischer Atomtests zu verhindern" (Beck 1996, S.138). Die tiefere Ursache dieser "ökologischen Selbstjustiz" liege darin, daß die entstandenen Zweckbündnisse (Umweltschützer nicht nur mit Autofahrern, sondern sogar mit dem Bundeskanzler in einem Boot) moralisch niemanden ausschloß. Eine solche "Politik ohne Gegner und Gegenwehr" sei umso einfacher, je weniger Kosten das Protesthandeln für den einzelnen verursache und je leichter das eigene Gewissen dadurch entlastet werden könne - um gegen Shell zu demonstrieren, reichte es aus, "moralisch gutes" Benzin bei der Konkurrenz zu tanken.



      Unter Anspielung auf Fromm (1990) kann hier festgehalten werden: Zwischen "Umweltbewußtsein haben" und "umweltbewußt sein" besteht ein großer Unterschied (Wiedrich 1996). Trotz der Scheinheiligkeit des ökopolitischen Engagements breiter Bevölkerungsschichten ist es aber dennoch erstaunlich, wie sich die ökologische Bewegung in nur wenigen Jahrzehnten entwickelt hat: "Henry David Thoreau und Mahatma Gandhi hätten ihre Freude, denn Greenpeace inszeniert den weltweiten zivilen Massenwiderstand im und mit den Mitteln des Medienzeitalters" (Beck 1996, S.142). Ein Blick auf die Geschichte der Umweltbewegung ist daher die Grundlage einer Einordnung des Status Quo.





      (3) Die Geschichte einer Bewegung





      "Als Ökologiebewegung bezeichnen wir zum einen die Gesamtheit der Proteste, deren Ziel eine Verbesserung des Umweltschutzes ist, und zwar aus der Perspektive der Akteure der Bewegung. (...) Zur Ökologiebewegung gehören sowohl Proteste organi-sierter Gruppen als auch Proteste nicht organisierter Einzelpersonen, etwa in der Form der Teilnahme an einer von Gruppen organisierten Demonstration" (Opp 1996, S.351).



      Die Geschichte der Ökologiebewegung erzählt Durrell (1987) unter dem Titel "Noahs Gefolgschaft". Nach Ansicht des Autors fordert diese Gruppe "die etablierte Gesellschaft zum Abschied von einer langgehegten Vorstellung auf, zum Abschied von dem Glauben, es stünden unbegrenzt Ressourcen zur Verfügung, in deren Besitz wir jederzeit entweder durch neue Erfindungen oder durch ein noch tieferes Vordringen in die Natur gelangen können; folgerichtig wird eine grundlegende Änderung unseres Lebensstils und der staatlichen Politik verlangt" (Durrell 1987, S.185). Interessant ist der Tenor der Beschreibung, der die Umweltbewegung als eine "Bewegung von unten" charakterisiert. Ob dies dem gegenwärtigen Zustand entspricht, kann bezweifelt werden, allerdings scheint eine historische Betrachtungsweise darauf hinzudeuten. Durrell weist darauf hin, daß die frühesten Aufzeichnungen über bewußte Bemühungen von Menschen zum Schutz der Umwelt schon mehrere Jahrtausende zurückdatieren. Landesweite Bewegungen unter Einbeziehung breiter Bevölkerungskreise sind jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu beobachten. Durrell sieht in der Gründung des ersten Nationalparks Amerikas ("Yellowstone") ein Geburtsdatum der Umweltschutz-bewegung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Umweltbewegung in "Gandhis Geist, vereint mit dem Geist Martin Luther Kings" (Bittorf 1995, S.138), wobei die historischen Wurzeln des zivilen Ungehorsams bis zur Französischen Revolution und Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zurückverfolgt werden können. Als ein bedeutender Vordenker gilt auch Henry David Thoreau.



      Wichtige "Meilensteine der Umweltschutzbewegung" sind Abb. 2 zu entnehmen. Die Zusammenstellung hat einen eigentümlichen Charakter: Sie enthält einerseits Ereignisse "von oben", wie z.B. Konferenzen (Stockholm 1972 etc.) oder Organisationsgründungen (u.a. Gründung des WWF 1961), andererseits aber auch Ereignisse "von unten", wie z.B. aufsehenerregende Publikationen (zuletzt Thea Colborn 1996) oder kulturelle Festivals ("Band Aid" 1985), die ebenfalls im Medienzeitalter für Furore sorgten. Die Konzentration richtet sich dagegen weniger auf konkrete Umweltschutzmaßnahmen (einzig das Washingtoner Artenschutzabkommen im Jahre 1973 ist hier zu nennen). Dies impliziert nicht, daß es keine derartigen Erfolge zu verzeichnen gäbe. Doch sucht man nach entsprechenden globalen ökologischen Gewinnen in den vergangenen Jahrzehnten, dann scheint der größte Erfolg in einer allgemeinen Bewußtseinserweiterung zu bestehen. Vermeintliche Erfolge erweisen sich dagegen allzuoft als "Pyrrhus-Siege". Beispielsweise enthält der Mitte der 90er Jahre beschlossene internationale Ausstieg aus der FCKW-Produktion für einige sog. Entwicklungsländer (u.a. China und Indien) die Ausnahmeregelung, Fluorchlorkohlenwasserstoffe noch bis Mitte des nächsten Jahr-hunderts weiter produzieren zu dürfen, so daß Zweifel aufkommen, ob der Ernst des Problems erfaßt wurde.



      Als "Mutter" der modernen Ökologiebewegung gilt die Biologin Rachel Carson, die 1962 mit ihrem Buch "Silent Spring" erstmalig die Gefahren des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft ins Bewußtsein rief. Carson verglich den Krieg gegen die Natur mit dem Krieg der Nazis gegen die Juden - in beiden Fällen würden dieselben Chemikalien verwendet (Cramer 1990). Das Buch galt damals als "Bibel" der sich gerade entwickelnden Bewegung. Anfang der 70er Jahre erlebte die Ökologiebewegung ihren Durchbruch mit der Gründung von Greenpeace, der ersten Veröffentlichung des "Club of Rome" und der Stockholmer Umweltkonferenz der Vereinten Nationen. In den 80er Jahren wurden viele der heute anerkannten Umweltprobleme überhaupt erst entdeckt und einem breiteren Publikum bekannt gemacht. Zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen entstanden, als "Vater" dieser "NGO`s" gilt der deutsch-schwedische Publizist Jakob von Uexküll, der jährlich einen alternativen Nobelpreis an Graswurzel-Bewegungen in aller Welt vergibt. Anfang der 90er Jahre richteten sich viele Hoffnungen auf die Weltumweltkonferenz in Rio de Janeiro, doch diese wie auch einige Nachfolge-Konferenzen (u.a. Berlin 1995, auch Gegenstand der empirischen Untersuchung) kamen über bloße Absichtserklärungen nicht weit hinaus. Es entstand die "Idee der nachhaltigen Entwicklung", die auf den ersten Blick nicht gerade originell anmutet, bedenkt man, daß bereits vor über 20 Jahren die "Grenzen des Wachstums" erkannt wurden. Zu den bemerkenswertesten Veröffentlichungen der letzten Jahre gehören das Buch "Earth in the Balance" des US-amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore (1992), der einen "Ökologischen Marshallplan" fordert, und das Buch "Our stolen future" der Biologin Thea Colborn (1996), die auf die Gefahr der wachsenden menschlichen Unfruchtbarkeit aufmerksam macht, die sie auf die Zunahme von Umweltgiften zurückführt.



      Soziologisch wird die Ökologiebewegung in westlichen Demokratien als Teil einer umfassenden Kategorie oder "Familie neuer sozialer Bewegungen" verstanden (Kriesi und Giugni 1996). Zu den weiteren Bewegungen zählen u.a. die Studentenbewegung, die Frauenbewegung, die Friedensbewegung, die Solidaritätsbewegung mit der "Dritten Welt", Menschenrechtsbewegungen, Hausbesetzer, städtische Autonome sowie eine Vielzahl von Bewegungen diskriminierter Minderheiten. Innerhalb der neuen sozialen Bewegungen deckt die Ökologiebewegung ein relativ heterogenes Feld von Akteuren, Aktionen, Diskursen und Organisationen ab, deren gemeinsamer Nenner als Versuch bezeichnet werden kann, das Gleichgewicht zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umwelt zu bewahren. In der westlichen Ökologiebewegung lassen sich grundsätzlich drei Strömungen unterscheiden (vgl. Diani 1988): eine Naturschutz-Bewegung mit überwiegend defensivem Charakter; eine stärker auf unkonventionelle, direkte Aktionen und Massendemonstrationen setzende Bewegung der politischen Ökologie (als prototypisches Beispiel ist die Anti-Atomkraftbewegung zu nennen) und eine Umweltschutz-Bewegung im engeren Sinne, einer eher pragmatischen Strömung. In den 80er Jahren kam schließlich mit der globalen Ökologie (Finger 1992) noch eine vierte Strömung auf, die durch transnationale Umweltschutzorganisationen vertreten wird, allen voran durch Greenpeace.

      Als auslösende Faktoren für die heutigen Ökologiebewegungen sieht Rucht (1994) die Expansion des Wissens, Umweltkatastrophen und Skandale sowie umweltpolitische Regierungsinitiativen an. Umfragen in Europa und in den USA zeigen, daß das Mobilisierungspotential der Ökologiebewegung heute erstaunliche Ausmaße erreicht (Dunlap 1992, Mitchell 1984). So sympathisieren Bevölkerungsmehrheiten mit den Zielen der Umweltbewegung. Insbesondere konzentriert sich die Mobilisierung nach Kriesi (1993) in den neuen Bildungsschichten und in der Gruppe der sozial-kulturellen Professionellen, d.h. in dem Teil der Mittelschicht, der im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie in der sozialen Wohlfahrt beschäftigt ist. Dieses Segment teilt am ehesten die Werte, welche von den neuen Bewegungen im allgemeinen und von der Ökologiebewegung im besonderen artikuliert werden und die als postmaterialistisch (Inglehart 1977), bzw. als links-libertär (Kitschelt 1990) oder als antiautoritär und emanzipatorisch (Kriesi 1993) beschrieben werden.



      Die Ergebnisse diverser Studien zur Organisationsstruktur der Ökologiebewegung lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß die Bewegung in den 90er Jahren einen hohen Professionalisierungsgrad erreicht hat. Verglichen mit den Organisationen anderer sozialer Bewegungen ist die Ökologiebewegung stark institutionalisiert und verfügt nicht selten über einen privilegierten Zugang zu den politischen Entscheidungsarenen. Als Kehrseite ihrer Integration in politische Netzwerke verliert die Ökologiebewegung allmählich ihren urspünglichen Charakter, so daß die unkonventionelle Art des sozialen Protests immer seltener anzutreffen ist. Hierzu tragen sicherlich auch die Grünen Parteien bei, die eine Intergration der Ökologiebewegung in das politische System beschleunigen. Anstatt die Problemlösefähigkeit des Staates in Frage zu stellen, versucht die Ökologiebewegung mit ihrer Sensibilität für Umweltprobleme, ihrem Wissen und ihrer Legitimität in der Öffentlichkeit heute zunehmend zur Lösung dieser Probleme beizutragen (vgl. Kriesi und Giugni 1996).



      Neben der Verlagerung der außerparlamentarischen in die administrativen Arenen und dem Wandel von Konflikt- zu Kooperationsstrategien konstituiert sich mit der öffentlichen Kommunikation zusätzlich eine eigenständige dritte Arena, die in modernen Gesellschaften für die Austragung gesellschaftlicher Konflikte zunehmend an Bedeutung gewinnt. Musterbeispiel hierfür ist wiederum Greenpeace, eine Organisation, die Konflikte mit Vorliebe "in aller Öffentlichkeit" austrägt. Greenpeace hat eine Strategie entwickelt, die sich dadurch auszeichnet, bei der die Mehrheit der Mitglieder sich auf finanzielle Beiträge beschränkt und kleinen professionellen Teams die Ausführung radikaler Aktionen überläßt. Dieses Phänomen der Delegation von Militanz, von Kriesi und Giugni auch als "stellvertretende Radikalität" (1996, S.337) bezeichnet, trägt ebenfalls zu einer Mäßigung der Ökologiebewegung bei.



      Das zahlenmäßig nach wie vor relativ ausgeprägte Potential der Ökologiebewegung in Deutschland ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, daß durch die öffentliche Resonanz "Fakten" zu "sozialen Problemen" werden und als solche wahrgenommen werden. Demgegenüber fristet die Ökologiebewegung in Frankreich nur ein Schattendasein (vgl. Duyvendak und Koopmans 1995). Dennoch ist auch in Deutschland ein Rückgang der Aktivitäten zu verzeichnen. Opp (1996) konstatiert zur Zeit zwei gegenläufige Entwicklungen, die sich möglicherweise ergänzen: Während die Umweltorganisationen immer mächtiger (d.h. vor allem finanzkräftiger) werden, gehen die Anzahl der Umweltproteste und die Teilnehmerzahlen "eindeutig" zurück. Dies könnte in Zukunft dazu führen, daß der Druck auf die entsprechenden Organisationen wächst (vgl. dazu den Beitrag "Die Öko-Schnorrer", Simon 1996).



      Bilanzierend ist die Rolle der Ökologiebewegung, insbesondere auch der Antiatomkraft-Bewegung zu würdigen, innerhalb der Demokratie nimmt sie eine wesentliche Funktion ein. Wie Rucht bemerkt, ist es wohl "historisch einmalig, daß es oppositionelle Bewegungen vermochten, eine Forschungs- Technologie- und Industriepolitik, die zunächst von einem allseitigen Konsens getragen war und bei der es um gigantische Investitionssummen ging, nachhaltig zu beeinflussen und einen tiefgreifenden Prozeß des Umdenkens einzuleiten. Dies ist um so erstaunlicher, als die Bewegungen über keinerlei der im üblichen politischen Prozeß eingesetzten Machtmittel verfügen" (Rucht 1994, S.472). Nach diesen scheinbaren Erfolgen stellt sich die Frage, ob die Ökologiebewegung überhaupt noch gebraucht wird bzw. ob das Thema Umweltschutz nicht bereits genügend Resonanz in der Gesellschaft gefunden hat.





      (4) Die Zuversicht der Optimisten





      "Arbeitsplätze statt Öko-Wahn" - diese Worte waren auf einem Transparent zu lesen, das protestierende Fischer an der Nordseeküste im Jahr 1996 von ihrem Schiff aus entrollten. Möglicherweise werden in Zukunft deratige Meinungsäußerungen häufiger in der Öffentlichkeit zu vernehmen sein. Einen Trend "vom Umweltschutz zum Öko-Wahn" konstatiert "Der Spiegel" Mitte der 90er Jahre in einer Titelgeschichte mit der Überschrift "Feldzug der Moralisten" (Spiegel 39/95). Broder diagnostiziert in Deutschland eine Krankheit namens "Ökochondrie" als Vorboten einer viel breiteren Volksbewegung. Umweltängste und Öko-Hysterien hätten sich in den letzten Jahrzehnten in Analogie zu den Aktivitäten der Umweltbewegung zu einem nationalen "Öko-Fieber" entwickelt: "Edel sei der Deutsche, hilfreich und allzeit bestürzt, daß sie nicht so ist, wie sie sein sollte: friedlich, solidarisch und FCKW-frei. Soll an deutschen Wesen wieder einmal die Welt genesen?" (1995, S.35).



      Im Zuge derartiger Diskussionen ist in jüngerer Zeit häufig von "political correctness" die Rede. Ist damit etwa eine Anpassung an den "Zeitgeist" gemeint? Wenn dies der Fall sein sollte, so drängt sich jedoch der Eindruck auf, daß es gegenwärtig politisch korrekt ist, politische Korrektheit in Zweifel zu ziehen. Hierfür gibt es einige Indizien, die Gegenstand des folgenden Abschnitts sind. Geht man davon aus, daß bestimmte gesellschaftliche Strömungen in Zyklen kommen und gehen, ist der Status quo wenig überraschend. Vielmehr ist anzunehmen, daß spätestens mit der nächsten großen Katastrophe die Grundstimmung wieder umschlagen könnte. Zur Zeit scheint allerdings eher Optimismus angesagt zu sein, der manchmal in eine "grenzenlose Zuversicht" mündet (Preuß 1996, S.27).



      Besonders auffällig in diesem Zusammenhang ist die "schöne grüne Welt der Werbesprüche" (Finck 1993, S.31). Die Public Relations-Abteilungen in den Industrien und in den Planungsabteilungen der großen politischen Parteien tragen den ökologischen Entwicklungen auf ihre Weise Rechnung, wie Cramer bemerkt hat: "In Wasch- und Spülmaschinen wurden `Öko-Tasten` installiert. Die Farbe `grün` erfuhr in der Werbung zunehmende Beliebtheit. Mit einem grünen Touch ausstaffierte Produkte werden seitdem `der Natur zuliebe` angeboten. Ähnlich reagierten die politischen Parteien, indem sie psychologisierende Umweltrhetoriken aufbauten und ihre Symbolik, etwa auf Wahlplakaten, auf Naturliebe und Umweltfreundlichkeit umstellen" (1993, S.38). Doch die Konsumenten sind keineswegs immer so umweltbewußt, wie es neuerdings vorausgesetzt wird. Selbst prominente Umweltschützer lieben einen hedonistischen Lebensstil und schrecken auch nicht mehr davor zurück, ihn in der Zeitschrift "natur" öffentlich zu proklamieren: "Ich bin ein Öko-Schwein!" ("Umweltschützer outen sich", natur 1/96).



      Zur Illustration der These, daß es in erster Linie der Optimismus ist, der derzeitig Konjunktur zu haben scheint, sei nachfolgend auf drei "Bestseller" der 90er Jahre hingewiesen: "Der Menschen törichte Angst vor der Zukunft" (von Hassler 1990), "Wie man die Welt rettet und sich dabei amüsiert" (Schneider & Fasel 1995) und "Öko-Optimismus" (Maxeiner & Miersch 1996). Insbesondere auf die letztgenannte, programmatische Publikation ist etwas ausführlicher einzugehen. Alle Bücher stammen aus der Feder von Journalisten.



      Von Hassler verfolgt dabei einen Ansatz, der zunächst erstmal sehr pessimistisch anmutet. Nach der Durchsicht zahlreicher Studien zum Thema Umweltzerstörung kam der Autor schon in den 80er Jahren zu dem Ergebnis, daß die menschliche Zivilisation vor einer Reihe von ökologischen Katastrophen steht ("Wenn die Erde kippt", von Haßler 1981). Dieser "Zusammenbruch" wird jedoch zehn Jahre später eher positiv bewertet, da er die Menschheit näher an das "Reich Gottes" führe. Dies sei Anlaß zu Optimismus und Freude, denn es gebe viele Möglichkeiten, die "apokalyptische Gegenwart" zu überwinden: "Was spricht dagegen, daß wir einer Zukunft entgegengehen, die uns nicht reich macht, aber heiter? (...) Was spricht dagegen - außer den falschen Propheten irdischen Heils -, daß man sein Brot im Schweiße seines Angesichts essen und gleichzeitig unendlich fröhlich sein kann?" (von Hassler 1990, S.160). Im Gegensatz zu vielen sehr religiösen Menschen ist der Autor zwar bereit, sich realen Problemen zu stellen, trotzdem besteht die Tendenz zu einer Weltflucht, die absolut zynische Züge trägt, wie der Kommentar zum Ende des "Kalten Krieges" zeigt: "Eigentlich schade. Der totale Atomkrieg wäre eine zu schöne Bestätigung für die menschliche Hybris gewesen" (von Hassler 1990, S.31).



      Eine ganz andere Form des Öko-Optimismus vertreten Schneider und Fasel mit ihrem Buch "Wie man die Welt rettet und sich dabei amüsiert" (1995). Obwohl auch diese Autoren von einem drohenden ökologischen Ruin der Menschheit ausgehen, beruhen ihre Hoffnungen auf irdischen Auswegen. Plädiert wird für ein vollelektronisches Heim im Medienzeitalter. Mit dem französischen Philosophen Blaise Pascal wird die Einsicht geteilt, alles Unglück der Menschen sei eine Folge davon, daß sie nicht in Ruhe in einem Zimmer bleiben könnten. Im Zentrum des Buches findet sich folgender Beleg: "Als 1965 in der Region New York einen ganzen Abend und die ganze Nacht lang der Strom ausgefallen war, stieg neun Monate später die Zahl der Geburten drastisch an: Klar, wenn man den Leuten den Fernseher vorenthält, machen sie Kinder. Versorgt man dagegen die Menschen lückenlos mit Strom und Flimmerbildern, so entfernt man gleich beide Zünder aus der Kombi-Bombe: Sie produzieren weder Waren für die Raffgier noch Babys für die Bevölkerungsexplosion. Mit dem Konsumrausch zusammen erlischt der Zeugungswahn" (Schneider & Fasel 1995, S.48). Das Buch kann als kulturoptimistische Antwort auf den Medienkritiker Neil Postman ("Wir amüsieren uns zu Tode", Postman 1988) verstanden werden. Schneider dagegen geht es um die ökologische Verträglichkeit des passiven Medienkonsums: "Die Zukunft gehört dem Stubenhocker: ihm, der keinen Autofriedhof und keine Giftmüllhalde produziert, kein Ozonloch, keinen Ölteppich und keine Algenpest" (Schneider 1995, S.158).



      Nach diesen beiden recht ungewöhnlichen Argumentationen für eine optimistisch zu beurteilende ökologische Zukunft folgt nun ein aus wissenschaftlicher Sicht etwas ernstzunehmenderer Ansatz. Nicht aufgrund religiöser oder technischer Heils-erwartungen, sondern aufgrund der Erfolge der Umweltbewegung blicken Maxeiner und Miersch (1996) ökologisch optimistisch in die Zukunft. Beide Autoren waren früher selbst in der Ökologiebewegung aktiv. "Öko-Optimismus" gilt als "das erste umfassende Werk bekennender Renegaten unter den Ökopaxen der achtziger Jahre" - die Botschaft lautet: "Revisionismus pur" (Mohr 1996, S.228). Die Autoren sind der Ansicht, daß ökologische Untergangsszenarien immer weniger mit der Wirklichkeit übereinstimmen und pflichten dem amerikanischen Umweltphilosophen Baird Callicott bei: "Da macht sich ein Gefühl breit, daß die Umweltschützer vielleicht doch etwas übertrieben haben. Die Welt ist ja noch nicht untergegangen. Das Geschrei nervt mittlerweile" (Maxeiner & Miersch 1996, S.10). Das Gebot der Stunde sei daher "Öko-Optimismus (...), das Umweltbewußtsein der Zukunft" (S.12), der "ökologische Anklagejournalismus" werde bald der Vergangenheit angehören: "In vier bis fünf Jahren werden junge Leute ohne 68er-Biographie die Tonlage wohltuend verändern" (S.30).



      Angeklagt wegen "öffentlicher Panikmache" (S.63) wird in dem Buch von Maxeiner und Miersch dagegen die Ökologiebewegung, wobei den Titulierungen für Umweltengagierte keine Grenzen gesetzt sind, wie eine kleine Auswahl illustriert: "Grüne Gesinnungspolizisten" (S.70), "Ökopharisäer" (S.72), "Öko-Heilige" (S.75), "Umweltengel" (S.86), "Ökofundis" (S.133), "Ökoromantiker" (S.142), "Ökoapostel" (S.143), "Ökopäpste" (S.163), "Kassandra-Kartell" (S.174), "Ökopriester" (S.188), "Öko-Kampagneros" (S.202) und "Ökoimperialisten" (S.228). In einem Kapitel über "Endzeitpropheten und Öko-Stalinisten" werden u.a. Erich Fromm, Herbert Gruhl, Hoimar von Ditfurth, Rudolf Bahro und Hans Jonas genannt. Diesen "wortgewaltigen Apokalyptikern" und "zornigen alten Männern" raten die Autoren: "Ein Mann sollte eigentlich auch wissen, daß sein eigener Lebensabend nicht unbedingt mit dem Weltuntergang identisch ist" (S.118).



      Am Ende ihres Buches fragen sich Maxeiner und Miersch schließlich, wie weit unsere Verantwortung für künftige Generationen eigentlich gehen soll. Die Sorge um zukünfige Generationen gehöre gegenwärtig einfach "zum guten Ton": "Künftige Generationen werden für sich selbst sorgen, wie wir auch, da sind wir ganz optimistisch. (...) Wir machen uns deshalb ein bißchen viel Sorgen um künftige Generationen und ein bißchen wenig um die gegenwärtigen. Sehr salopp gesagt: Wir machen uns Sorgen um ungelegte Eier" (Maxeiner und Miersch 1996, S.312/3).







      (5) Der Fatalismus der Pessimisten





      In diesem Abschnitt kommen die "zornigen alten Männer" zu Wort, die von den Autoren des "Öko-Optimismus" als "Endzeitphilosophen" bezeichnet werden. In der Tat haben die hier vorgestellten Öko-Pessimisten ihre Hoffnung auf eine Verhinderung der ökologischen Katastrophe aufgegeben. Ihnen vorzuwerfen, sie würden ihr eigenes Lebensende mit dem der Menschheit verwechseln, zeugt allerdings von mangelndem Respekt. In der Regel handelt es sich bei den Öko-Pessimisten um Philosophen, die versucht haben, ihre Erkenntnisse in die Gesellschaft einzubringen, um zu verhindern, daß ihre düsteren Prognosen Wirklichkeit werden. Angesichts der Tatsache, daß die meisten Mahner und Warner heute nicht mehr leben, scheint es umso notwendiger zu sein, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen.



      Zu diesen "Apokalyptikern" gehören u.a. Günther Anders (1956,1980) und Hans Jonas (1979), Herbert Gruhl (1975,1992) und Rudolf Bahro (1987), sowie Hoimar von Ditfurth (1985, 1989) und in neuerer Zeit Gregory Fuller (1996). Da Anders und Jonas im Rahmen dieser Arbeit eine besondere Rolle zukommt und sie später noch ausführlich vorgestellt werden (Kap. 6), wird auf diese Philosophen an dieser Stelle nicht eingegangen. Nachfolgend einige kurze Anmerkungen Gruhl und Bahro. Als einzigem Nichtphilosophen wird von Ditfurth etwas mehr Raum eingeräumt, um schließlich mit Fuller einen der wenigen Vertreter aus der jüngeren Generation zu präsentieren, die sich dem Thema auf eine radikale Art und Weise nähern.



      Herbert Gruhl und Rudolf Bahro gehören beide zu den Mitbegründern der "Grünen" Partei. Gruhl war in den 70er Jahren Mitglied des Deutschen Bundestages und Umweltsprecher der CDU/CSU-Fraktion, bevor er sein Mandat aufgab und die Partei wechselte. Mit der Veröffentlichung des Buches "Ein Planet wird geplündert" (1975) stand Gruhl im Widerspruch zu allen Parteien. Kurz vor seinem Tode leistete Gruhl seinen endgültigen ökologischen Offenbarungseid: "Himmelfahrt ins Nichts - Der geplünderte Planet vor dem Ende" (1992) endet in einem rabenschwarzen Pessimismus: "Längst laufen anschauliche Filme darüber, wie unsere Welt untergehen wird. Auch das ist ein Geniestreich des Menschen, der vor hundert Jahren noch nicht ausgedacht war. Nach jedem Film gehen die Zuschauer wie gewohnt schlafen und ändern nichts - so wenig wie dieses Buch etwas ändern wird. Viele ernsthafte Leute hoffen, daß es sich nur um Irrtümer handelt. Sagte nicht schon der dänische Philosoph Sören Kierkegaard, daß die Welt untergehen werde unter dem Jubel der witzigen Köpfe, die da meinen werden, es sei ein Witz?" (Gruhl 1992, S.378).



      Nicht ganz so fatalistisch ist Bahro gestimmt, der mit dem Buch "Logik der Rettung -Wer kann die Apokalypse aufhalten? Ein Versuch über die Grundlagen ökologischer Politik" (1987) sein opus magnum vorgelegt hat. Es handelt sich dabei um ein "sprachgewaltiges Werk, eine Zusammenschau von sinnlicher Erfahrung, von Lektüre und Analyse, eine Anthropologie, eine Theorie der Gesellschaft und ihrer fundamentalen Veränderung" (Schnibel 1988). Die Einschätzung von Bahro zur gegenwärtigen Situation der Gattung Mensch geht von einer Selbstausrottung des homo sapiens aus. Grundlage sei vor allem die Normalität des Industriesystems, dessen materielles Wirtschaftsvolumen Bahro für unvereinbar mit einer ökologischen Stabilität hält. Im Gegensatz zu Gruhl geht Bahro theoretisch von der Möglichkeit eines dramatischen, rettenden Entwicklungssprungs aus und entwirft eine eigenwillige Staatskonstruktion, die wie eine Mischung aus Platons Staat und einer Öko-Diktatur anmutet. Dennoch scheint Bahro selbst wenig Hoffnung auf eine Realisierung seiner Ideen zu haben: "Wir haben immer noch ganz andere Sorgen, als mit der Selbstmord-Vorbereitung aufzuhören oder uns wenigstens bewußtzuhalten, womit wir alltäglich hauptbeschäftigt sind" (Bahro 1987, S.83).



      Der Psychiater und Neurologe von Ditfurth beginnt sein Buch "So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen - Es ist soweit" unter der Überschrift "Endzeit?" mit den Worten: "Es steht nicht gut um uns. Die Hoffnung, daß wir noch einmal (...) davonkommen könnten, muß als kühn bezeichnet werden. Wer sich die Mühe macht, die überall schon erkennbaren Symptome der beginnenden Katastrophe zur Kenntnis zu nehmen, kann sich der Einsicht nicht verschließen, daß die Chancen unseres Geschlechts, die nächsten beiden Generationen heil zu überstehen, verzweifelt klein sind. Das eigentümlichste an der Situation ist die Tatsache, daß fast niemand sie wahrhaben will. Wir werden daher (...) als die Generation in die Geschichte eingehen, die sich über den Ernst der Lage hätte im klaren sein müssen, in deren Händen auch die Möglichkeit gelegen hätte, das Blatt noch in letzter Minute zu wenden, und die vor dieser Aufgabe versagt hat. Darum werden unsere Kinder die Zeitgenossen der Katastrophe sein und unsere Enkel uns verfluchen - soweit sie dazu noch alt genug werden" (von Ditfurth 1985, S.7).



      Im Gegensatz zu den zitierten Öko-Optimisten hat sich von Ditfurth offensichtlich sehr ernsthafte Gedanken um kommende Generationen gemacht, wie es für einen evolutionstheoretisch ausgerichteten Naturwissenschaftler wohl selbstverständlich ist: "Wir haben bei unserer Geburt deshalb eine bewohnbare Erde vorgefunden, weil alle Generationen vor uns mit den `Zinsen` ausgekommen sind, die das Kapital der lebenden Natur laufend abwirft. Wir sind die erste Generation in der gesamten Geschichte, die sich daran nicht mehr hält. (...) Wir haben begonnen, das Kapital selbst anzugreifen. Niemand scheint sehen zu wollen, daß wir damit die Quellen zukünftiger Produktion zerstören. Daß wir den kommenden Generationen ihre Überlebenschancen auf fundamentale Weise beschneiden. Daß wir, wie ein französischer Biolologe es vor einigen Jahren ebenso drastisch wie treffend formulierte, dabei sind, unsere Enkel zu ermorden" (von Ditfurth 1985, S.158).



      Wenige Jahre später, kurz vor seinem Tode, spitzte von Ditfurth in einer persönlichen Bilanz ("Innenansichten eines Artgenossen", 1989) seine düsteren Zukunftsprognosen noch zu: "Schon in wenigen Jahrzehnten wird es nicht mehr um Luxus und Bequemlichkeit gehen. Dann geht es bloß noch um das nackte Überleben in einer Welt, deren lebenserhaltende Potenzen wir, den Blick unbeirrt auf Wirtschaftswachstumsraten, Exportquoten und Bundesbanküberschüsse gerichtet, schlicht verpraßt haben" (S.408). Den gegenwärtigen "Tanz auf dem Vulkan" beschrieb Ditfurth mit den Worten: "Es ist so, als hätte der Kapitan der `Titanic` nach dem Zusammenstoß mit dem Eisberg den Befehl ausgegeben weiterzufeiern, als ob sich nichts geändert hätte - und alle, die behaupteten, daß das Schiff sinke, als Miesmacher anzuschwärzen und ihnen die Megaphone wegzunehmen" (S.393).



      Der Vermutung, daß apokalyptische Visionen ein "Privileg" hohen Alters seien, kann ein Essay des Philosophen Fuller, der 1948 in Chicago geboren wurde, entgegengestellt werden - Titel: "Das Ende" (1996). Fuller vertritt die Auffasung, daß die Menschheit unaufhaltsam einer selbstverschuldeten Katastrophe entgegentreibe und dabei die Umwelt ohne Rücksicht auf das Wohlergehen kommender Generationen in einem Maße zerstöre, das nicht mehr rückgängig zu machen sei. Im Zentrum des Buches steht die Frage nach der psychischen Gestimmtheit im Angesicht des kollektiven Untergangs. Der Autor nimmt dabei Bezug auf Montaignes moralische Akzeptanz der Dinge. Der Untertitel - "Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe" - verrät, daß seine Reaktion eher positiv ausfällt. So gesehen könnte Fuller auch zu den Öko-Optimisten gerechnet werden. Allerdings ist die Diagnose von Fuller in ihrer Radikalität noch pessimistischer als alle anderen zuvor referierten Ansätze.



      Während von Ditfurth (1985, S.367) sein "Apfelbäumchen" mit dem Satz "Es ist soweit" beschließt, beginnen die Ausführungen bei Fuller mit dem Satz "Es ist zu spät" (1996, S.23), sie enden mit den Worten "Es ist bereits aller Tage Abend" (S.126). Auf den gut einhundert Seiten dazwischen wird die ökologische Katastrophe als unabwendbar erklärt: "Man weiß nur nicht, wann es soweit sein wird. Zyniker schlössen Wetten ab, wäre ihnen nicht klar, daß niemand da sein wird, den Gewinn einzukassieren. Die ökologische Lage ist nicht ernst. Sie ist verzweifelt" (S.86). Für Fuller neigt sich der "Tanz auf dem Vulkan" bereits dem Ende zu: "Jedes Individuum muß von neuem lernen, den Tod zu akzeptieren, damit es Friede finde vor dem Abgang. Beim Gattungstod verhält es sich nicht anders, nur daß der Lernprozeß ein kollektiver ist. Wir haben die Verhältnisse zum Tanzen gebracht, und nun ist ausgetanzt. (...) Es naht die Stunde des Abschieds" (S.95). Fuller empfiehlt, diesen Tanz mit mit dem "Prinzip Akzeptanz", einer "Art Ataraxie der Postmoderne" ausklingen zu lassen (S.97), denn "ganz gleich, was wir tun, es eilt nicht mehr" (Fuller 1996, S.111).





      (6) Der Pragmatismus der Realisten





      Was ist real? Wenn es eine "ökologisch realistische Tagesschau" gäbe, müßte der Sprecher nach Ansicht des TV-Journalisten Franz Alt Abend für Abend sagen: "Auch heute starben 100 bis 200 Tier- und Pflanzenarten aus, verschwanden 55000 Hektar Tropenwald, dehnten sich die Wüsten um 20000 Hektar aus, bliesen wir weltweit 100 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft" (Bölsche 1995, S.13). Die Antwort auf die Frage, warum es eine solche Sendung nicht gibt, liegt nach Auffassung des postmodernen Philosophen Peter Sloterdijk in der katastrophischen Gegenwart selbst begründet: "Die Apokalypse macht heute von selber auf sich aufmerksam wie die Leuchtschriften am Broadway. Mit trockener Professionalität erstellt sie ihren eigenen Ankündigungstext. (...) Das aktuelle Alternativbewußtsein zeichnet sich durch etwas aus, was man als pragmatisches Verhältnis zur Katastrophe bezeichnen könnte. Das Katastrophische ist eine Kategorie geworden, die nicht mehr zur Vision, sondern zur Wahrnehmung gehört. Heute kann jeder Prophet sein, der die Nerven hat, bis drei zu zählen. Ohnedies bedarf die Katastrophe weniger der Ankündigung als der Mitschrift, sie hat sprachlich ihren Platz nicht in apokalyptischen Verheißungen, sondern in den Tagesnachrichten und Ausschußprotokollen" (Sloterdijk 1992, S.181).



      Wissenschaftliche Einrichtungen überall auf der Welt sind heutzutage damit beschäftigt, diesen "Wahnsinn der Normalität" (Gruen 1989) zu dokumentieren. Von ihnen soll in diesem Abschnitt kurz die Rede sein. Es handelt sich dabei um Institutionen, denen die einseitige Verbreitung von Optimismus oder Pessimismus kaum zu unterstellen ist. Zu ihnen gehören international u.a. der "Club of Rome" oder das "Worldwatch Institute" und in Deutschland z.B. das Wuppertaler "Institut für Klima, Energie und Umwelt" sowie das Berliner "Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung". Rolf Kreibich, Leiter der letztgenannten Institution faßt den gegenwärtigen Forschungsstand wie folgt zusammen: "So gut wie alle Institute der internationalen Zukunftsforschung gehen davon aus, daß die Welt mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 90 Prozent im nächsten Jahrhundert in die Katastrophe treibt, wenn wir mit unserer Produktions- und Konsumptionsweise weitermachen wie bisher. Dann ist spätestens Mitte bis Ende des nächsten Jahrhunderts die Tragekapazität der Erde erschöpft. Die Schäden werden so irreversibel, daß es uns Menschen nicht mehr möglich sein wird, auf der Erde zu leben" (Kreibich 1996, S.17).



      Typisch für diese Art der Gegenwartsanalyse sind Aussagen in "wenn-dann"-Formulierungen. Die Katastrophe wird dabei weder negiert, noch als unausweichlich hingenommen. Die weltweit wohl bekannteste Einrichtung in diesem Zusammenhang ist der "Club of Rome". Die im Jahre 1969 gegründete Gruppe unabhängiger Denker setzt sich zur Zeit aus einhundert Mitgliedern aus 53 Ländern zusammen, die eine Vielfalt von Kulturen, Berufen, Ideologien und Wissenschaftszweigen repräsentieren und die durch die gemeinsame Sorge um die Zukunft der Menschheit miteinander verbunden sind. Die erste Veröffentlichung - "Die Grenzen des Wachstums" - erschien 1972 als Bericht an den Club. Die in Auftrag gegebene Studie wurde durch ein internationales Forschungsteam des Massachusetts Institute of Technology (MIT) erstellt. Es handelte sich um den bis dahin eimaligen Versuch, die Wechselwirkungen einer Reihe quantifizierbarer Elemente der Weltproblematik darzustellen.



      Der erste Bericht des Club of Rome löste erstmals eine große, globale Debatte über Wachstum und Gesellschaft aus. Der Bericht erreichte eine Auflage von rund zehn Millionen Exemplaren, wurde in über 30 Sprachen übersetzt und hatte ein beachtliches politisches Aufsehen. Die Studie begann mit einigen einführenden Worten des damaligen UNO-Generalsekretärs U Thant: "Ich will die Zustände nicht dramatisieren. Aber nach den Informationen, die mir als Generalsekretär der Vereinten Nationen zugehen, haben nach meiner Schätzung die Mitglieder dieses Gremiums noch etwa ein Jahrzehnt zur Verfügung, ihre alten Streitigkeiten zu vergessen und eine weltweite Zusammenarbeit zu beginnen, um das Wettrüsten zu stoppen, den menschlichen Lebensraum zu verbessern, die Bevölkerungsexplosion niedrig zu halten und den notwendigen Impuls zur Entwicklung zu geben. Wenn eine solch weltweite Partnerschaft innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht zustande kommt, so werden, fürchte ich, die erwähnten Probleme derartige Ausmaße erreicht haben, daß ihre Bewältigung menschliche Fähigkeiten übersteigt" (Meadows et al. 1973, S.11). Alle in diesem Forschungsbericht durchgerechneten Szenarien enden in einer Katastophe.





      Im Mai 1977 forderte der damalige US-Präsident Jimmy Carter den amerikanischen Kongreß auf, die voraussichtlichen Entwicklungen der Umwelt auf der Erde bis Ende des Jahrtausends zu untersuchen und über das Ergebnis als Grundlage einer langfristigen Planung zu berichten. Auf Wunsch des Präsidenten machten sich Tausende von Wissenschaftlern amerikanischer Universitäten und staatlicher Forschungseinrichtungen ans Werk. Drei Jahre später, im Jahre 1980, legten sie das Resultat ihrer Anstrengungen vor - Titel: "Global 2000. Der Bericht an den Präsidenten". Das Autorenteam faßte den über tausendseitigen Report wie folgt zusammen: "Die Schlußfolgerungen, zu denen wir gelangt sind, sind beunruhigend. Sie deuten für die Zeit bis zum Jahre 2000 auf ein Potential globaler Probleme von alarmierendem Ausmaß. Der Druck auf Umwelt und Ressourcen sowie der Bevölkerungsdruck verstärken sich und werden die Qualität menschlichen Lebens auf diesem Planeten zunehmend beeinflussen". Angesichts der Dringlichkeit und des Ausmaßes der Gefahren sei eine globale Zusammenarbeit notwendig, wie es sie in der Geschichte noch nie gegeben habe, da die zur rechtzeitigen Abwehr der ermittelten Gefahren notwendigen Veränderungen die Möglichkeiten jeder einzelnen Nation übersteigen. Was geschah mit diesem Bericht? Der Präsident - inzwischen hieß er Ronald Reagan - nahm die Antwort auf die Frage, die sein Amtsvorgänger gestellt hatte, nicht zur Kenntnis. Er ließ sie im Archiv begraben.



      Im Jahre 1992, also wiederum etwa zehn Jahre später, meldeten sich erneut zahlreiche Wissenschaftler zu Wort, wie die Nachrichtenagentur AP meldete: "Nur noch wenige verbleiben den Menschen nach Ansicht von 1575 Wissenschaftlern, darunter 99 Nobelpreisträgern, den gegenwärtigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde zu stoppen und ein langfristiges Überleben zu sichern. (...) Erfolge nicht weltweit eine Umkehr im Umgang mit der Natur, drohe ein düsteres Szenario aus Verteilungskriegen und Massenwanderungen, von Elend und Verheerung. Als dringendste Probleme wurden unter anderem genannt: Überbevölkerung, Zerstörung der Ozonschicht, Luftverschmutzung, Verschwendung von Trinkwasser, Giftmüllbelastung der Weltmeere und Rodung der Urwälder" (Der Tagesspiegel, 18.11.1992).



      Seit den ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Zustand der Erde ist nun ein Vierteljahrhundert vergangen - und wir leben noch immer, möchte man meinen. Der amtierende Prädident des Club of Rome bilanziert die gegenwärtige Lage der Menschheit wie folgt: "Vielleicht mit Ausnahme der atomaren Bedrohung sind die Gefahren, welche die Menschheit bedrohen, heute vermutlich größer und näher gerückt als 1972" (Diez-Hochleitner 1991, S.8). Wie beurteilen die Autoren von damals die Situation von heute? Die Hochrechnungen der Systemanalyse auf der Basis aktueller Daten und modernster Technik werden als Bestätigung der früheren Prophezeiungen interpretiert: "Die Menschheit hat ihre Grenzen überzogen; unsere gegenwärtige Art zu handeln läßt sich nicht mehr lange durchhalten" (Meadows 1993, S.12). Wenig später heißt es jedoch etwas hoffnungsvoller: "Eine dauerhaft existenzfähige Gesellschaft ist technisch und wirtschaftlich noch immer möglich. (...) Dazu ist mehr erforderlich als nur Produktivität und Technologie; gefragt sind Reife, partnerschaftliches Teilen und Weisheit" (1993, S.13). Abschließend ruft das Forschungsteam die Menschheit nach der agrarischen und industriellen zu einer dritten großen Revolution in ihrer Geschichte auf: zur "Umwelt-Revolution" (1993, S.278).





      (7) Ausgangsthese und Forschungsfragen





      Rekapitulieren wir den bisherigen Gang der Überlegungen: Ausgehend von der Beobachtung, daß Kinder heutzutage Fragen stellen, die von existentieller Bedeutung für das Überleben der Menschheit sind, wurde dafür plädiert, Kinder ernst zu nehmen. Es wurde die Auffassung vertreten, daß angesichts einer weltgesellschaftlichen Entwicklung, die suizidale Züge trägt, die sensible Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen eine wertvolle seismographische Funktion für die Gesellschaft haben kann. Das gegenwärtige nationale "Umweltbewußtsein" wurde - beispielhaft am Fall "Brent Spar" - einer kritischen Reflexion unterzogen. Weiterhin wurde mit Wiedrich (1996) angenommen, daß zwischen "Umweltbewußtsein haben" und "umweltbewußt sein" ein entscheidener Unterschied besteht. Ein Rückblick auf die Geschichte der Ökologiebewegung rief die rasante Entwicklung dieser sozialen Bewegung, deren grundlegendes Charakteristikum in einer fortschrittskritischen Haltung gesehen werden kann, insbesondere seit den 70er Jahren dieses Jahrhunderts in Erinnerung. Der gegenwärtige Zustand der Bewegung scheint durch eine gewisse Stagnation gekennzeichnet zu sein. Ursachen hierfür sind sowohl im mittlerweile allgemein hohen Professionalisierunggrad der entsprechenden Organisationen als auch im Einzug des ökologischen Gedankenguts in die Parlamente zu suchen. Die führte zu der Frage, ob die Umweltbewegung in der Gesellschaft überhaupt noch gebraucht wird.



      Der Status Quo des gesellschaftlichen Umgangs mit der Umweltzerstörung wurde mit Hilfe von drei Strömungen beschrieben: Die sog. Öko-Optimisten gehen dabei generell von einem positiven Ausgang der ökologischen Krise aus, sofern sie überhaupt als solche wahrgenommen wird. Demgegenüber nehmen die sog. Öko-Pessimisten eine fatalistische Haltung ein, nach der sich die Menschheit bereits jenseits eines "point of no return" befindet, sodaß alle potentiell einzuleitenden Rettungsmaßnahmen an der Tatsache einer Katastrophe letztlich nichts mehr verändern können. Schließlich konnte eine dritte Gruppe von "Öko-Realisten" ausgemacht werden. Sie beschönigen den Zustand der Erde nicht, sondern weisen auf wissenschaftliche Warnungen in Form von "wenn-dann"-Aussagen hin. Mit Hilfe dieser Formulierungen bleibt der Ausgang der ökologischen Krise offen.



      Die Ausgangsthese dieser Arbeit sieht sich in der Tradition der dritten Gruppe zuhause. Die These lautet (vgl. Abb. 3): "Ohne die Ausbildung eines individuellen und kollektiven ökologischen Gewissens wird die ökologische Krise in eine ökologische Katastrophe münden". Positiv formuliert liegt in dieser These die Hoffnung verborgen, daß mit einer Mobilisierung des individuellen und kollektiven ökologischen Gewissens die Chance besteht, eine dauerhaft lebenswerte Zukunft zu erhalten. Hinzuweisen ist, daß die These keine Wahrscheinslichkeitsaussage enthält. Sie geht jedoch davon aus, daß es keine deterministische Antwort auf die Frage des Ausgangs der ökologischen Krise gibt. Diese Annahme hat die nicht unerhebliche Konsequenz, daß, solange theoretisch noch eine Möglichkeit zur Verhinderung der Katastrophe besteht, ein ökologisches Gewissen wirksam werden kann.



      An dieser Stelle sei die Konzeption der Arbeit, über die bereits im Vorwort vorgestellten Überlegungen hinaus, kurz erläutert. Die Arbeit gliedert sich in drei große Bereiche: Theorie (I, Kap. 1-6), Methoden (II, Kap. 7-10) und Ergebnisse (III, Kap. 11-20). Sie umfaßt 20 Kapitel, die sich wiederum in 100 Subkapitel unterteilen. Alle 20 Kapitel beginnen mit einem "Intro" (blaue Seiten) und enden mit einem "Summary" (gelbe Seiten). Im Summary ist mit jeweils mindestens einem Satz der wichtigste Befund jedes Subkapitels zusammengefaßt. Auf diese Weise ist es relativ leicht möglich, den gesamten Untersuchungsgang mitsamt der einzelnen Erkenntnisse jedes Abschnittes im Zeitraffer zu verfolgen.



      Abb. 3 dokumentiert die beiden wesentlichen aus der Ausgangsthese abgeleiteten Forschungsfragen der Arbeit. Auf der Suche nach den Realisierungschancen eines ökologischen Gewissens werden zwei unterschiedliche Perspektiven eingenommen, eine "Vogelperspektive" und eine "Froschperspektive". Zum einen geht es um sog. theoretische Außenansichten ("Warum zerstören wir wider besseres Wissen unsere natürlichen Lebensgrundlagen?"), zum anderen um empirische Innenansichten ("Wie erleben Kinder und Jugendliche die globale Umweltzerstörung?"). Die Arbeit beginnt mit einer wissenschaftlichen Rundschau, in der exemplarische Ansätze des Umgangs mit der ökologischen Krise in verschiedenen Disziplinen analysiert werden. Ausgehend von den zu erwartenden Erkenntnissen wird eine empirische Untersuchung theoretisch vorbereitet, methodisch operationalisiert und auf vielfältige Art und Weise ausgewertet.



      Der theoretische Teil der Arbeit umfaßt sechs Kapitel. Nachdem in Kap. 2 bestimmte wissenschaftliche Perspektiven multidisziplinärer Ansätze zur ökologischen Krise aufgezeigt werden, geht es in Kap. 3 um die Frage, ob das das Konzept des Gewissens, das in der Menschheitsgeschichte eine lange Tradition aufweist, auch heute Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung ist. In Kap. 4 steht dann das Subjekt der Arbeit, Kinder und Jugendliche, im Mittelpunkt. Analysiert wird die Beziehung zur Ökologie. Aktuelle Ansätze zum ökologischen Erleben und Handeln werden in Kap. 5 behandelt, um auf dieser Basis einige Forschungsthesen abzuleiten. In Kap. 6 wird schließlich ein heuristisches Modell zum ökologischen Gewissen entwickelt, das die philosophischen Prinzipien der Angst, Hoffnung und Verantwortung umfaßt.



      Der Methodenteil besteht aus vier Kapiteln. Er beginnt mit einigen wissenschafts-theoretischen Überlegungen (Kap. 7). Sie dienen als Ausgangspunkt für die Idee einer "Patchwork-Methodik" (Kap. 8). Die Vorstellung der 600 Personen umfassenden Gesamtstichprobe sowie der aus 20 Gruppen bestehenden Substichproben von nationalen und internationalen Öko-Aktiven und Öko-Passiven ist Gegenstand von Kap. 9, die Vor-stellung der quantitativen und qualitativen Instrumente sowie weiterer Erkenntnisquellen (u.a.. Aktionsforschung) wird in Kap. 10 vorgenommen.



      Die Ergebnisse verteilen sich auf zehn Kapitel: In Kap. 11 geht es zunächst um die Festlegung der Auswertungsstrategien. In Kap. 12 wird das Modell des ökologischen Gewissens empirisch überprüft. In den folgenden Kapiteln wird das Ökologiethema aus unterschiedlichen Perspektiven qualitativ und quantitativ ausgewertet: Lebensalter (Kap. 13), Entwicklung (Kap. 14), Geschlecht (Kap. 15), Politik (Kap. 16), Kultur (Kap. 17), Zeitgeschichte (Kap. 18) und Biographie (Kap. 19). Das Schlußkapitel (Kap. 20) faßt alle Ergebnisse der Arbeit zusammen und reflektiert sie hinsichtlich ihrer Konsequenzen.
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      schrieb am 19.12.04 13:21:48
      Beitrag Nr. 201 ()
      DIE ZEIT


      51/2004


      Deutschland im Fieber

      Äpfel mit Sonnenbrand, Palmen an der Deutschen Bucht: Die Erderwärmung ist in der Bundesrepublik längst spürbar. Beweisaufnahme in einem überhitzten Land

      Von Fritz Vorholz

      Ludwig Ries hat den wohl spektakulärsten Arbeitsplatz Deutschlands. Er erreicht ihn weder zu Fuß noch mit dem Auto, sondern schwebend. Der 50-Jährige musste extra den Seilbahnführerschein machen, bevor ihn sein Arbeitgeber, das Umweltbundesamt, auf Posten im Zugspitzmassiv schickte. Dort, im Schneefernerhaus, 2650 Meter über Normalnull, hat der Naturwissenschaftler zwar nur ein schmuckloses Büro, dafür aber eine grandiose Aussicht: das Alpenpanorama, bei gutem Wetter mit Blick bis nach Italien.

      Das Fernsehen hat Ries schon zu Besuch gehabt, den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) ebenso wie Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Lust auf ein kleines Abenteuer lockte Reporter und Politiker auf den Berg, aber auch Neugier auf das, was Ries dort oben treibt. Der Beamte führt Buch über die Folgen des industriellen Lebensstils.

      Nirgendwo in Deutschland geht das besser als auf der Zugspitze, weit weg von Autos und Fabriken. Unverfälscht durch lokale Abgasquellen lässt sich hier oben beobachten, wie sich die Erdatmosphäre verändert. Genau das registriert Ludwig Ries, unterstützt von einer Armada maschineller Helfer.

      Ries merkt zum Beispiel, wie die Erde atmet. Im Sommer, wenn die Bäume nördlich des Äquators Blätter tragen und per Fotosynthese Kohlenstoff in Sauerstoff verwandeln, misst er regelmäßig niedrigere Kohlendioxidwerte als im Winter, wenn viele Pflanzen ruhen. Allerdings beobachtet Ries auch eine andere, beängstigende Regelmäßigkeit: Jahr für Jahr, sommers wie winters, entdeckt er mehr Kohlendioxid in der Zugspitzluft – mehr von jenem an sich ungiftigen Gas, das Auspuffrohren, Kaminen, Schornsteinen entweicht, sich in der Atmosphäre ansammelt und maßgeblich für die globale Erwärmung sorgt. Davon sind jedenfalls die meisten Klimaforscher überzeugt. Ries auch.

      Alle fünf Minuten wertet sein sensibles Labor, eine Spezialanfertigung, ein Quäntchen Zugspitzluft aus. Ries berechnet daraus Halbstundenwerte, Tageswerte, Monatswerte, schließlich einen Jahreswert, ermittelt aus mehr als 100000 Einzelmessungen. Es sind winzige Zahlen, mit denen sich Ries beschäftigt, sein Interesse gilt der dritten, vierten Stelle hinter dem Komma, Millionstel Anteilen Kohlendioxid in der Luft. Die unverkennbare Tendenz: Es werden immer mehr Millionstel. Im Oktober 1999, kurz nachdem Ries mit dem Messen anfing, spürte er 365 auf; im Oktober 2004 war der Wert auf 376 geklettert.

      11 Millionstel mehr – Laien mag das wenig erscheinen, Experten wie Ries nicht. Luftbläschen im ewigen Eis haben Forschern verraten, wie viel Millionstel CO2 früher in der Luft waren, bevor die Menschen anfingen, Kohle, Öl und Gas in großem Stil zu verbrennen: 280. Seitdem haben die Hinterlassenschaften von Fabriken, Häusern und Autos die CO2-Konzentration um rund 100 Millionstel steigen lassen, 10 Prozent davon allein während der vergangenen fünf Jahre. Weshalb sich Ries unwidersprochen »Buchhalter des Wahnsinns« nennen lässt.


      11000 Flugkilometer südwestlich der Zugspitze, in der argentinischen Hautstadt Buenos Aires, beschäftigt der Wahnsinn in diesen Tagen eine Heerschar Diplomaten und Minister. Vereint sind Abgesandte jener Länder, die der Klimakonvention, dem weltweiten Vertrag zum Klimaschutz, beigetreten sind. 189 Nationen, große und kleine, arme und reiche, genügsame und unbescheidene, haben das getan und sich damit auf etwas Einmaliges geeinigt: Auf das Versprechen, die Konzentration von Treibhausgasen in der Erdatmosphäre – sprich: den Verbrauch von Kohle, Öl und Gas – auf einem Niveau zu stabilisieren, auf dem »eine gefährliche Störung des Klimasystems verhindert wird«.

      Verhindert wird? Die Klimakatastrophe findet längst statt. Im Kino, wie in dem Hollywoodfilm The Day After Tomorrow. In Büchern, wie in Frank Schätzings Ökothriller Der Schwarm. In den Arbeiten von Forschern, die wachsende Wüsten, schmelzende Pole, im Meer versinkende Inseln prophezeien. In der Bild-Zeitung, die neulich schrieb: »Wir räumen unser Wohnzimmer auf – aber wir verwüsten die Welt, in der unser Haus steht.« Im Bewusstsein der Deutschen, die mehrheitlich meinen, der Treibhauseffekt sei »äußerst« oder »sehr gefährlich«, für jeden Einzelnen und seine Familie.

      Alles nur Einbildung? Nur Science Fiction? Nur vage Prognosen? Alles nur Panik? Oder findet der Klimawandel doch schon statt – und zwar nicht nur in den Köpfen der Menschen?


      Wenn Ludwig Ries aus seinem Arbeitszimmer schaut, fällt sein Blick auf das Überbleibsel vermeintlich ewigen Eises: auf den sterbenden Schneeferner. Einst bedeckte der Gletscher 300 Hektar, inzwischen ist er auf weniger als 50 geschrumpft. In spätestens 25 Jahren wird er verschwunden sein, aufgeleckt von der sommerlichen Sonne: ein Opfer des Klimawandels.

      Früher, zwischen 1961 und 1990, während der letzten so genannten klimatologischen Normalperiode, maßen die Beobachter des Deutschen Wetterdienstes auf dem Zugspitzgipfel sommerliche Durchschnittstemperaturen von 1,5 Grad. Der Schneeferner schrumpfte, aber die winterlichen Schneefälle ließen Eis nachwachsen. Es schneit auch heute noch auf der Zugspitze, aber die Eisverluste im Sommer macht der Neuschnee im Winter längst nicht mehr wett: 2,2 Grad zeigte das Thermometer im Sommer 1999, in den Jahren darauf 2,3, dann 2,4, schließlich 3,2, im vergangenen Jahr gar 5,2 Grad. Das allein kostete mehrere Meter Eis – und lässt die Tourismusmanager der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG nichts Gutes ahnen: Ihr Kapital schmilzt dahin.

      Seit einiger Zeit schon versucht die Betreiberin der Seilbahnen und Skilifte zu retten, was vom Schneeferner vielleicht noch zu retten ist: mit Plastikfolien. Sie sollen das Gefrorene vor der sommerlichen Sonne schützen. Ein Sessellift musste gleichwohl vor zwei Jahren schon aufgegeben werden; seine Stützen, einst im Gletscher verankert, hatten sich im schmelzenden Eis gelockert und den Betrieb unmöglich gemacht. Der still gelegte Lift hieß »Neue Welt«.


      Schöne neue Welt. Weltweit ist die Durchschnittstemperatur im vergangenen Jahrhundert um 0,7 Grad gestiegen, in Deutschland um 0,9 Grad. Zwischen Flensburg und Garmisch beträgt der Normalwert jetzt fast 8,3 Grad, Tendenz steigend. 2000 war das wärmste Jahr seit fast 250 Jahren; auf den Plätzen dahinter folgen 1994, 1999, 2002 und 2003. 2002 ereilte den Osten und den Süden Deutschlands verheerendes Hochwasser, 2003 eine ebenso verheerende Dürre. Der Schaden ging jeweils in die Milliarden. Ungewöhnliche Jahre. Alles Zufall?

      Klimaforscher wissen, dass schon kleine Veränderungen meteorologischer Mittelwerte extreme Wetterereignisse um ein Vielfaches wahrscheinlicher machen. Nach Feststellung des Deutschen Wetterdienstes wird Deutschland zum Beispiel deutlich häufiger als früher von so genannten Troglagen heimgesucht, einer Wetterlage, die dem Einzugsgebiet der Elbe vor zwei Jahren die heftigen Niederschläge und das verheerende Hochwasser bescherte. Derweil hat der Frankfurter Meteorologe Christian-Dietrich Schönwiese errechnet, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Hitzesommers à la 2003 in den vergangenen zwei Jahrzehnten um das Zwanzigfache gestiegen ist.

      »Wir spüren die Auswirkungen der globalen Klimaänderung immer deutlicher«, heißt es im jüngsten Naturkatastrophen-Report der Münchener Rückversicherung. Die Hitze des vergangenen Jahres kommentiert das Unternehmen mit den Worten: »Die Zukunft hat bereits begonnen.«


      Die Vögel, die Lieblingstiere der Deutschen, haben sich auf die wärmeren Zeiten am Standort D längst eingestellt. Peter Berthold, Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie, studiert das Leben der Vögel schon seit 50 Jahren – und hat erstaunliche Veränderungen festgestellt. »Rückgang des Zugvogel-, Zunahme des Standvogelverhaltens«, fasst der Forscher seine Erkenntnisse zusammen.

      Stare, Singdrosseln, Rauchschwalben und Mauersegler brechen mittlerweile bis zu sechs Wochen später in ihre Winterquartiere im Mittelmeerraum auf und kehren früher nach Deutschland zurück. Die Bonner Amselkolonie überwintert geschlossen am Rhein. Graugänse, die es früher bis nach Spanien zog, beenden ihre Reise in Holland, Störche in Spanien statt in Nigeria. Das Treibhausklima erspart ihnen den Interkontinentalflug.

      Mediterrane und nordafrikanische Vogelarten zieht es derweil gen Norden: Silberreiher, Wüstengimpel, Felsenschwalben, Bienenfresser fühlen sich hierzulande schon heimisch. »Es werden immer mehr«, beobachtet Berthold. Er rechnet sogar damit, bald Papageien zu sichten – und zwar im Schwarzwald.

      Auch Pflanzen- und Meeresforschern bleiben die Zeichen des Klimawandels nicht verborgen. Eine Palmenart, die chinesische Hanfpalme, überlebt bereits in hiesigen Gärten bis hinauf zur Deutschen Bucht – während sich in der Nordsee Lebewesen tummeln und vermehren, die eigentlich die Wärme lieben: Sardellen, Sardinen und pazifische Austern zum Beispiel, wie der Koblenzer Umweltgutachter und Meeresbiologe Stefan Nehring berichtet.


      The Day After Tomorrow? Katastrophen wie der im Kino vorgeführte Untergang New Yorks fühlen sich anders an als die schlichte Veränderung von Lebensräumen. »The Day After Tomorrow« – dennoch beginnt der jüngste Klimastatusbericht des Deutschen Wetterdienstes mit diesen Worten. Klimawandel habe es immer gegeben, heißt es im Vorwort des Reports. Heute aber sei unsicher, ob sich Natur und Mensch schnell genug anpassen können.

      Den Vögeln ist die Anpassung bisher gelungen, den Menschen macht sie zu schaffen. Ihre Arbeitsproduktivität sinkt, ihre Aggressivität steigt. Nicht zuletzt, weil sich an heißen Tagen 18 Prozent mehr Verkehrsunfälle als an kühlen Tagen ereigneten, hinterließen Hitzewellen »ihre Spuren auch in der Volkswirtschaft«, berichtet die Münchener Rückversicherung.

      Manche Menschen sterben gar den Hitzetod. Eine epidemiologische Untersuchung in Baden-Württemberg entdeckte einen engen Zusammenhang zwischen Hitzewellen und erhöhter Mortalität; es seien keineswegs »nur« ältere Menschen, die der thermische Stress dahinraffe, heißt es im Klimastatusbericht des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Laut Gerd Jendritzky, Gesundheitsexperte in Diensten des DWD, erlagen im vergangenen Jahr in Deutschland rund 7000 Menschen verschiedener Alterschichten der Hitze, »konservativ geschätzt«. Gemessen an Mortalitätsziffern sei dies hierzulande die größte Umweltkatastrophe seit mehr als 500 Jahren gewesen.

      Das Umweltbundesamt hat untersuchen lassen, ob ein wärmeres Klima den Menschen auch mehr Infektionskrankheiten beschert. Was die Gutachter des Bonner Instituts für Medizinische Parasitologie herausfanden, sind vor allem erschreckende Erkenntnislücken. Dennoch, Jochen Süss, Leiter des Nationalen Referenzlabors für durch Zecken übertragene Krankheiten, gibt »Brief und Siegel«, dass die Gefahr wächst: Neben den traditionellen Infektionsherden in Bayern und Baden-Württemberg seien neuerdings die thüringischen Kreise Saale-Holzland, Saale-Orla und Hildburghausen Zecken-Risikogebiete. Es traue sich nur noch niemand zu sagen, erklärt Süss, dass der Klimawandel an der Ausbreitung der Plage schuld sei.


      Jahrzehntelang gedeihten am Bodensee gute deutsche Äpfel: Cox Orange. Bis die Obstbauern vor rund zehn Jahren merkten, dass ihre Bäume keine ordentlichen Früchte mehr trugen. Immer häufiger wurden die Cox zu groß und zu weich und ließen sich deshalb nicht mehr gut lagern, was schlecht für’s Geschäft war.

      Der Niedergang der Cox Orange ging einher mit wärmerem Wetter. Immer öfters maß Peter Triloff, der Pflanzenschutzberater der Marktgemeinschaft Bodenseeobst, ungewöhnlich hohe Junitemperaturen; in den vergangenen 14 Jahren lagen sie durchschnittlich drei Grad über dem langjährigen Normalwert. Es musste etwas geschehen – und es geschah etwas: Die Apfelbauern rupften ihre Cox-Orange-Bäume aus dem Boden und pflanzten stattdessen neuseeländische und japanische Apfelbäumchen, Braeburn und Fuji. Nun gehen die Geschäfte wieder besser, abgesehen davon, dass die Bodenseesonne inzwischen auch den wärmeliebenden Äpfeln mitunter zu heiß ist. Immer häufiger ernten die Bauern deshalb Früchte mit Sonnenbrand. »Bratäpfel«, wie Triloff sagt.


      Zum Tross der deutschen Delegation, die sich zur Klimakonferenz nach Argentinien aufgemacht hat, gehört auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel. Vermutlich ist Göppel der einzige unter den Deutschen, der um den Klimawandel nicht nur aus Büchern weiß. Der Mann ist Förster, und wenn er am Wochenende durch die Wälder seiner fränkischen Heimat streift, fällt ihm so einiges auf. Zum Beispiel Überbleibsel von Eichenblättern, abgefressen von Schwammspinnern, einem Insekt, das es eigentlich hierzulande gar nicht gibt; jedenfalls hat Göppel das vor 30 Jahren auf der Forstschule so gelernt. Göppel hat auch bemerkt, dass Borkenkäfer jetzt schon im März schwärmen und nicht erst, wie früher, im April. Er fürchtet deshalb um die Fichte, den wichtigsten Wirtsbaum des Schädlings, der wegen seines geraden Wuchses auch der »Brotbaum« der hiesigen Waldbauern ist.

      Tatsächlich denken Forstleute längst intensiv über den Umbau des Waldes nach. Das klimatische »Superjahr 2003« werde nicht lange außergewöhnlich bleiben, wer sich der unaufhaltsamen Klimaerwärmung nicht anpasse, »muss weichen«, warnt die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).

      Nicht nur der Wald, die Landschaft insgesamt wandelt sich unter dem Einfluss des Treibhauseffekts. Flüsse führen beispielsweise weniger Wasser, mit der Folge, dass mangels Kühlmedium Kraftwerke gedrosselt werden müssen. Der Karlsruher Stromkonzern Energie Baden-Württemberg rief die Verbraucher im vergangenen Jahr deshalb bereits zur Sparsamkeit auf. Wenig beruhigend ist auch, dass sich inzwischen tropische Algen in hiesigen Gewässern verbreiten. Wissenschaftler haben eine Art namens Cylindrospermopsis raciborskii in der Scharmützelsee-Region aufgespürt, samt des von ihr produzierten Giftes. Der Berliner Wasserversorger Veolia und Fachleute diverser Forschungseinrichtungen untersuchen nun, wie der Einwanderer nach Brandenburg kam – und welche Gefahr womöglich von ihm ausgeht.

      »Die meisten Leute«, sagt Manfred Stock, »begreifen die Klimaänderung als etwas, was in ferner Zukunft passiert.« Stock, Physiker, arbeitet im Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und wundert sich über diese Ignoranz – allenfalls erklärbar aus dem Umstand, dass die meisten Deutschen in Städten leben, dort, wo die Signale der Natur kaum wahrnehmbar sind.

      Baufirmen, Wasserwerke, Hersteller von Düngemitteln, Versicherungen und viele andere wettersensible Unternehmen melden sich jedoch immer öfters bei Stock, um zu erkunden, was mit der Warmzeit auf sie zukommt. Zum Beispiel Dürren. Schon heute sickert auf drei Viertel des ohnehin trockenen Brandenburgs merklich weniger Niederschlag ins Grundwasser als noch während der sechziger Jahre. Mancherorts streiten Möhrenzüchter, Fischer und Viehbauern bereits um das kostbare Nass. Auch die Schifffahrt könnte Probleme bekommen, schwant Stock. Er mahnt deshalb zur Zurückhaltung beim Ausbau der Havel. Selbst große Heuschreckenplagen, den Deutschen bisher nur aus dem Fernsehen bekannt, hält Stock für ein »potenzielles Szenario«. Allerdings kennt er auch Gewinner des Wandels. Tatsächlich sprießt mittlerweile in Brandenburg, was dort schon lange nicht mehr gedieh: Wein, Werderaner Wachtelberg. Die englische Königin bekam den Tropfen kredenzt, als sie neulich in Deutschland weilte – unter anderem, um eine deutsch-britische Klimakonferenz zu eröffnen.


      »Wenn die kalte Zeit da ist, bleibt oft der Niederschlag aus«, sagt Manfred Huber. Huber findet das nicht besonders bedauerlich, schließlich steht er in Diensten des Unternehmens TechnoAlpin – und das verkauft Schneekanonen. Die Geschäfte laufen gut. »Kein deutscher Liftbetreiber«, sagt Huber, habe nicht schon mit dem Gedanken gespielt, sich eine Beschneiungsanlage anzuschaffen. Kein Wunder. In Deutschland wird es nicht nur wärmer, es schneit auch nicht mehr, jedenfalls nicht zur rechten Zeit. Früher, berichtet Wolfgang Seiler, Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen, sei der Schnee im Dezember und im Januar gekommen, heute fällt er eher im März oder April, dann, wenn die Ferien vorbei sind und sich aus dem Schnee kein Geschäft mehr machen lässt. Den Wintersportmanagern hilft da nur Kunstschnee – oder die Erschließung neuer Einnahmequellen. Der Tourismusverband Oberbayern wirbt bereits auch mit dem Motto: »Winter ohne Ski«.

      Selbst das österreichische Kitzbühel, traditioneller Treffpunkt der Reichen und Schönen, hat nach einer Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) seine besten Jahre als Wintersportort hinter sich. Big Business im Schnee war gestern, der Klimawandel, so Unep-Direktor Klaus Töpfer, beschere eben nicht nur armen Ländern Ungemach, sondern auch Wohlhabenden.

      Die baden-württembergische Regierung hat bereits reagiert: Der Klimawandel erfordere es, Investitionen auf »zukunftsfähige Schneesporträume in den schneesicheren Lagen« zu konzentrieren, ließ der Wirtschaftsminister des Landes neulich wissen – nachdem die Deutsche Sporthochschule Köln ihm vorgerechnet hatte, wie rasant die Zahl der schneesicheren Tage im Schwarzwald schwindet: Im Süden des Mittelgebirges um 0,92, im Norden um 0,68 Tage pro Jahr.


      Deichgraf oder Deichhauptmann heißt im Norden Deutschlands der ehrenamtlichen Vorsitzende eines Deichverbandes. Michael Schirmer ist solch ein Hauptmann, in Bremen zuständig für die Uferbefestigungen der rechten Weserseite, da, wo die schmucke Altstadt steht. Hauptberuflich lehrt Schirmer an der Universität, obendrein koordiniert er ein Projekt, mit dem ihn die Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn beauftragt hat. Es trägt den etwas hölzernen Titel Klimaänderung und Unterweserregion, kurz Klimu.

      Auch das ist eine Folge des Klimawandels: Mancherorts wappnen die Deutschen sich bereits gegen die große Flut, im Binnenland wie an der Küste. Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf dekretierte kürzlich, dass bei Neuplanungen von Hochwasserschutzanlagen ein »Klimafaktor von plus 15 Prozent« einzurechnen sei. Der Generalplan Küstenschutz der schleswig-holsteinischen Landesregierung sieht vor, die Nord- und Ostseedeiche um bis zu 50 Zentimeter zu erhöhen. Und auch den Niedersachsen rät Schirmer, nicht so zu tun, als gäbe es den Klimawandel nicht: »Er wird uns ziemlich kräftig erwischen«, prophezeit er.

      Pech: Während der Meeresspiegel langsam steigt, rund zehn Zentimeter während des vergangenen Jahrhunderts, senkt sich, tektonisch bedingt, die deutsche Küste. Beide Effekte zusammen könnten Land und Meer binnen 50 Jahren rund 55 Zentimeter näher aneinander rücken lassen, schätzt Schirmer – mit dem Effekt, dass große Fluten wahrscheinlicher werden: Statt alle 2500 Jahre, wie derzeit, drohe die Katastrophe in Zukunft alle 250 Jahre. »Ein nicht mehr akzeptables Risiko«, sagt Schirmer.

      Schirmer glaubt zwar, ziemlich exakt vorhersagen zu können, um wie viel Zentimeter der Meeresspiegel steigt. Doch vielleicht irrt er, irgendwann wird man das wissen, in 10, in 20, in 30 Jahren. Nur wird es dann zu spät sein, sich vor der Flut zu schützen. Deiche, niemand weiß das besser als ein Deichhauptmann, lassen sich schließlich nicht von heute auf morgen verstärken. »Wir brauchen Platz, wir brauchen Geld, wir brauchen Kleiboden«, sagt Schirmer – und hofft im Stillen auf die nächste Flut. Darauf, dass Kommunal- und Landespolitiker wenigstens aus Schaden klug werden.


      Am anderen Ende Deutschlands, im Schneefernerhaus, misst derweil Ludwig Ries seine CO2-Millionstel und sagt, dass er beschlossen habe, »zum Lager der Optimisten zu gehören«. Anlass dafür gibt es bisher wenig – abgesehen davon, dass einmal pro Jahr der Klimaschutz ganz oben auf der internationalen Agenda steht. So, wie gerade im fernen Buenos Aires, wo sich die meisten Diplomaten darüber freuen, dass demnächst endlich das Kyoto-Protokoll in Kraft tritt.

      Bislang allerdings hat das Protokoll kaum etwas dazu beigetragen, den Trend zur Warmzeit zu stoppen. Plus 1,4 Grad während der nächsten 100 Jahre erscheint den meisten Forschern unvermeidlich.

      Papageien, willkommen im Schwarzwald!
      Avatar
      schrieb am 25.03.05 20:57:23
      Beitrag Nr. 202 ()
      hallo,

      ich bin zwar hier sonst nicht mehr aktiv, aber ab und zu laufen mir themen über den weg, die im board nirgends platz finden und doch - hier - festgehalten werden sollten. das erste wäre eines, was wir schon mal angeschnitten haben: öl aus sand.

      das zweite gibt einen mehr übergeordneten denkanstoß für verknüpfungen zwischen biologie und technik, der uns evtl. auf lange sicht weiterbringt: bionik - ich widme dieser grundidee ein eigenes posting, das gleich folgt.

      vielleicht meldet sich ja ab und zu jemand von den alten mitstreitern in sachen umwelttechnologien! :)

      >Ölsand-Aufbereitung wird lukrativ

      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…

      Von Dirk Heilmann, Handelsblatt

      90 Jahre ist es her, dass die Ölsände der kanadischen Wildnis zum ersten Mal kommerziell genutzt wurden. Um die Transportkosten zu senken, muss der Rohstoff vor Ort aufbereitet werden. Dabei sind viele Produktionsschritte nötig, um aus dem stinkenden Matsch raffinierbares Öl zu machen.



      LONDON. 90 Jahre ist es her, dass die Ölsände der kanadischen Wildnis zum ersten Mal kommerziell genutzt wurden. Sidney Ellis, ein Ingenieur der Bundesbehörde für Bergbau, transportierte mit großem Aufwand Tonnen der zähen, schwarzen Masse per Schlitten, Boot und Zug ins 500 Kilometer entfernte Edmonton, um dort eine Straße zu teeren. Ellis war klar: Um die Transportkosten zu senken, muss der Rohstoff vor Ort aufbereitet werden. Und er fand heraus, wie: Mit heißem Wasser trennte er die Ölsände in ihre Hauptbestandteile Bitumen, Sand und Wasser.

      Heißes Wasser ist auch heute noch das wichtigste Arbeitsmittel in den Ölsandminen Albertas. Doch die Konzerne, die hier die Landschaft umpflügen, haben in den vergangenen Jahren für etliche Milliarden Dollar anspruchsvolle technische Prozesse aufgebaut und erweitern nun eilig ihre Produktion. Das Öl in den Wäldern Albertas zu finden, ist kein Problem: Es sickert im Sommer förmlich aus dem Boden. Es zu bergen, kostet aber weit mehr, als konventionelles Rohöl aus unterirdischen Lagerstätten zu pumpen. Schließlich müssen zwei Tonnen Sand bewegt werden, um ein Barrel (159-Liter-Fass) Öl zu erzeugen.

      Viele Produktionsschritte sind nötig, um aus dem stinkenden Matsch raffinierbares Öl zu machen. Zunächst wird die ölhaltige Erde in gigantischen Minen, ähnlich dem Braunkohletagebau in Deutschland, Schicht für Schicht abgebaggert. Dann werden die im größten Teil des Jahres tief gefrorenen Brocken in mehreren Schritten zerkleinert, wobei heißes Wasser hinzukommt, um die Erdbrocken aufzulösen. Im Separator trennen sich dann die drei Hauptbestandteile: Der Sand sinkt nach unten, darüber ist Wasser, und auf dem schwimmt der Bitumenschaum. Sand und Wasser werden in Auffangbecken gepumpt, der Schaum wird weiter aufbereitet. Eine Anlage zerkleinert die Bitumen-Moleküle immer weiter, wobei als Abfallprodukte Schwefel und Nitrogen entstehen. Das gewonnene synthetische Rohöl wird in Raffinerien in Treibstoffe umgewandelt.

      In der Startphase hätten die Produktionskosten 30 kanadische Dollar je Barrel betragen, erzählt Clive Mather, Chef von Shell Canada, über die Ölsandmine des Konzerns am Athabasca River. Inzwischen hätten sie sich halbiert – während der Weltmarktpreis für Rohöl gleichzeitig auf über 50 Dollar pro Barrel stieg. Kurzfristig ist das ein glänzendes Geschäft, doch nur ein Fünftel der Ölsandvorräte lassen sich im Tagebau gewinnen.

      Für den größeren Teil der Vorräte, die unter einer tieferen Schicht ölfreier Erde liegen, haben die Ölkonzerne das so genannte In-Situ-Verfahren entwickelt. Dabei wird durch Bohrlöcher Wasserdampf in die Lagerstätten gedrückt. Die Hitze weicht die teerartige Masse auf, nach einigen Wochen des Einweichens kann sie durch die Bohrlöcher hoch gepumpt werden.Alternativ zum Wasserdampf haben die Ölkonzerne mit Feuerstößen, Lösungsmitteln, Ultraschall, Elektrizität und Mikrowellen experimentiert, ohne jedoch eine bessere Methode zu finden. Vorteil der In-Situ-Technik: Die Landschaft muss nicht quadratkilometerweise umgegraben werden. Allerdings werden nur ein bis drei Viertel des Öls gewonnen, während der Tagebau 90 Prozent erreicht.

      Wegen des hohen Verbrauchs an Wasser und Erdgas zum Erhitzen des Wassers ist Peter Gerling von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe skeptisch, wie stark die Ölkonzerne tatsächlich auf Treibstoff aus Ölsand setzen werden. 175 Milliarden Barrel Öl – das entspricht dem weltweiten Bedarf von fast sechs Jahren – könnten die Firmen in Kanada gewinnen. „Ölsände werden nicht die absehbare Rohölknappheit abwenden“, warnt Gerling vor zu hoch gesteckten Erwartungen. Sie würden nur den Abfall der weltweiten Förderkurve bremsen, deren Höhepunkt etwa um das Jahr 2025 erwartet wird.<
      Avatar
      schrieb am 25.03.05 21:00:36
      Beitrag Nr. 203 ()
      was ist bionik?

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      >1. Lernen von der Natur ?



      "Von der Natur lernen!" Diesen Slogan hört und liest man heutzutage immer häufiger. Schon gibt es Forderungen nach Lehrstühlen für "Ökologisches Konstruieren"! Sind dies Wünsche, und werden sie es bleiben? Die belebte Welt, von der man gerne lernen will, wird von den biologischen Disziplinen erforscht und beschrieben, unsere zivilisatorische Welt von den technischen Disziplinen. Von der Natur lernen bedeutet, Wissen von den Konstruktionen und Verfahrensweisen der Natur auf die Technik zu übertragen. Da liegt denn auch der Hase im Pfeffer. Es kommt entscheidend darauf an, wie man das macht, wie man vorgeht, wie man von dem vorwissenschaftlichen Schritt der bloßen Naturkopie wegkommen und das tatsächlich unendlich große Reich der "Natürlichen Konstruktionen" (so die Kurzbeschreibung des DFG-Sonderforschungsbereichs 230 - Stuttgart/Tübingen/Saarbrücken) für die Technik nutzbar machen kann.



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      2. Keine Blaupausen für die Technik!


      Gleich eingangs sei es gesagt: Die bloße Kopie, die Meinung, die Natur würde Blaupausen für die Technik bereitstellen, die man nur ausführen müßte, führt in die Sackgasse. Was man übernehmen kann, ist eine Fülle von Anregungen, die auf ihre Übertragungsmöglichkeiten untersucht werden müssen. Sie können entscheidende Impulse für technisches Gestalten geben, doch das Letztere muß lege artis nach den Gesichtspunkten der Ingenieurwissenschaften erfolgen. Es hat einer langen Entwicklung bedurft, bis diese im Grunde selbstverständlichen Aspekte klar erkannt worden sind, doch haben bereits frühe Beispiele der Wissenschaftsgeschichte den richtigen Weg gewiesen. Eines der ersten - und wissenschaftshistorisch bekanntesten - geht auf Leonardo da Vinci zurück1. Er hat den Flügelschlag der Vögel untersucht und danach - mit den Mitteln seiner Zeit - Schlagflügel vorgeschlagen. Damit hat er bereits "Technische Biologie" betrieben (nämlich biologische Grundlagenforschung unter physikalischen Gesichtspunkten) und Bionik (nämlich Übertragung des Gefundenen in die Technik).



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      3. Technische Biologie als Basiswissenschaft


      "Technische Biologie" betreiben bedeutet also, die Natur erforschen und beschreiben unter Einbringung der technischen Wissenschaften, insbesondere der Technischen Physik. Wenn man - um das Leonardo`sche Beispiel weiterzuführen - erforschen will, wie ein Vogel fliegt, bedient man sich mit großem Vorteil des technischen Knowhows der Aerodynamik. Wer analysiert, warum ein Oberschenkelknochen beim Abfedern nach einem Hochsprung nicht bricht, wird Kräfteverteilungen im Knochen betrachten müssen und damit auf die Kenntnisse der Technischen Statik zurückgreifen und so fort. Es gibt eine Fülle von biologischen Fragestellungen, die durch Einbringung technisch-physikalischer Kenntnisse adaequat formulierbar, erforschbar und beschreibbar werden. Die Erforschung fordert also unabdingbar eine Grenzüberschreitung. Würde man diese nicht durchführen, ergäbe sich eine Todsünde der naturwissenschaftlichen Forschung, nämlich bewußter Wissensverzicht2. Hiermit ist die Frage nach der Grenzüberschreitung zwischen den Disziplinen bereits beantwortet: "Technische Biologie" kennt solche Grenzen nicht, lebt geradezu von deren Überschreitung.



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      4. Bionik als weiterführende Disziplin


      Der Begriff "Bionik" wurde auf einem Kongreß 1960 in Dayton/Ohio von dem amerikanischen Luftwaffenmajor J. E. Steele geprägt. Gemeint war damit sinngemäß ein "Lernen aus der Natur für die Technik". Der Begriff war neu, nicht aber die Verfahrensweise. Vom 16. Jahrhundert bis in unsere Zeit zieht sich eine Kette von Versuchen, gerade diesen Weg zu gehen. Selten haben diese Versuche zum direkten Erfolg geführt. Ein Kopieren der Natur im Extremfall ein Nachbau im 1 : 1-Verhältnis, kann eben nicht funktionieren. Das hat im übrigen auch mit Wissenschaft nichts zu tun. Nimmt man die Natur dagegen zur Anregung für technologisch eigenständige Entwicklungen, so können sich erstaunliche Ergebnisse zeigen.



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      5. Bionik ist keine Naturkopie


      So hat E. Reif vom Palaeontologischen Institut der Universität Tübingen eigenartig geriefte Schuppen bei Haien beschrieben. Strömungsmechanisch wurden die aneinanderschließenden Mikroriefen als Grenzschichtdukte interpretiert. Die Firma 3 M hat danach analoge, eng geriefte Klebefolien entwickelt. D. Bechert von der Deutschen Forschungsgesellschaft für Luft- und Raumfahrt/Berlin und Mitarbeiter haben solche Riefenkonstruktionen im Strömungskanal untersucht und Reibungswiderstands-Vermin-derungen bis um etwa 8 % gemessen 3. Die Airbusindustrie Toulouse hatte einen mit solchen Folien beklebten Airbus A 320 fliegen und fand Gesamtwiderstands-Verminderungen um rund 1,5 %; bis zu 3 % können im Idealfall erwartet werden. Dies ist ökonomisch und ökologisch äußerst bedeutsam. Es würde, umgerechnet auf mittlere Flugzeiten der Einzelmaschine und der gesamten Luftflotten, eine immense Menge an Flugbenzin einsparen und derjenigen Fluggesellschaft, die dieses Vorgehen technologisch weiterentwickelt und absichert, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen.
      Es handelt sich dabei um eine analoge Übertragung einer "Erfindung der Natur", nicht um Naturkopie: Bionisches Vorgehen par excellence, wie ich meine.



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      6. Bionik-Definitionen und Anregungen durch Bionik

      Beispielen dieser Art folgend habe ich den Begriff der Bionik wie folgt definiert:


      "Lernen von der Natur als Anregung
      für eigenständiges technologisches Gestalten"



      Im Jahr 1993 hat das VDI Technologiezentrum "Physikalische Technologien" auf meine Anregung hin in seiner Reihe "Analysen und Bewertungen zukünftiger Technologien" eine Tagung veranstaltet, auf die die Relevanz der Bionik für zukünftige Technologien herausgearbeitet worden ist. Ihren publikatorischen Niederschlag hat die Tagung in einem Berichtsband "Technologieanalysen Bionik"4 gefunden. In diesem findet sich die folgende allgemeine Definition:

      "Bionik als wissenschaftliche Disziplin befaßt sich mit der
      technischen Umsetzung und Anwendung von Konstruktions-, Verfahrens- und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme".



      Demnach ist die Bionik eine klar formulierbare Disziplin und Vorgehensweise. Sie führt die durch die Vorgehensweise der "Technischen Biologie" entdeckten und erforschten Aspekte der Biologie einer technischen Umsetzung und Anwendung zu. Dies kann sich auf drei Komplexe beziehen, nämlich auf Konstruktionen der Natur ("Konstruktionsbionik"), Vorgehensweisen oder Verfahren der Natur ("Verfahrensbionik") und deren Inforamtionsübertragungs-, Entwicklungs- und Evolutionsprinzipien ("Informationsbionik"). Bionische Vorgehensweise kann also in viele technische Ansätze mit hineinspielen, die zukünftige Technologien entscheidend beeinflussen werden5. Dazu einige detaillierte Angaben.




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      7. Ansatzmöglichkeiten in der Bionik


      Einige Ansatzmöglichkeiten zu bionischen Vorgehensweisen seien genannt, die den Einsatz und die Produktpotentiale der Technischen Biologie und Bionik kennzeichnen können.



      Materialbionik. Biologische Materialien entstehen entweder in einem einmaligen "Gußvorgang", etwa Diatomeen- und Radiolarienskelette oder in schichtenweisem Aufbau, wenn Substanzen von Zellen und Zellschichten (Epithelien) abgegeben werden. Sie sind sehr unterschiedlich zusammengesetzt, von den Silikatstrukturen der genannten Kleinlebewesen über biochemische Laminatsstrukturen bei horn- oder chitinartigen Substanzen bin hin zu hydroxylapatitbelegten elastischen Fasern beim Knochen. Dies und die Tatsache, daß die Materialien stets aufs feinste auf die mechanischen Anfordernisse abgestimmt sind, ergeben vielfältige Vorbilder für die Technik. Dazu kommt ihre bisher nicht oder kaum erreichte Autoreparabilität und ihre totale Rezyklierbarkeit.



      Werkstoffbionik. Materialien bilden die Basis für Werkstoffe, so daß auch das Studium biologischer Materialien zu neuartigen Werkstoffen führt, die sich durch die obengenannten Eigenschaften auszeichnen. Vor allem auch die Mehrkomponentenbauweise biologischer Materialien und Stoffe, in denen beispielsweise zug- und druckfeste Elemente trajektorisch angeordnet sind, können Vorbilder abgeben, wie überhaupt im makromolekularen und im Mikrobereich eine Vielzahl von Anregungen und Umsetzungsmöglichkeiten gegeben sind.



      Aus Werkstoffen werden Konstruktionen hergestellt. Die Konstruktionsbionik oder Strukturbionik untersucht, beschreibt und vergleicht biologische Strukturelemente. Sie betrachtet die Eignung vorgegebener Materialien für spezielle Zwecke. Formbildungsprozesse im biologischen Bereich bieten weiter unkonventionelle technische Vorbilder.



      Aus Konstruktionselementen setzen sich Geräte zusammen. Diesbezügliche bionische Ansätze führen zur Entwicklung von Gesamtkonstruktionen nach Vorbildern aus der Natur. Besonders im Bereiche der Pumpen- und Fördertechnik, der Hydraulik und Pneumatik finden sich vielfältige Anregungsmöglichkeiten.



      Bionische Prothetik. Die Entwicklung von Prothesen für den behinderten Menschen wird in Zukunft einen wesentlichen Teil der Medizintechnik ausmachen. Die Prothesen werden sich nicht auf mechanischen Gliedersatz beschränken, sondern beispielsweise als Seh- und Hörprothesen direkt in die Sensorik eingreifen. Entscheidend wichtig wird sein, inwieweit es gelingt, die Informationsleiter der Biologie und der Technik - Neurone und Kabel - zu verbinden; hierfür gibt es hoffnungsvolle Ansätze. Aber auch das Abgreifen von Potentialen an Muskeln von Extremitätenstümpfen und die Ansteuerung von muskelähnlichen Stellgliedern in der Prothese steckt erst in den Kinderschuhen. Die direkte Interaktion "Mensch" und "Maschine" (im weitesten Sinn) gehört hierzu.



      Bionische Robotik. Roboter arbeiten heute meistens mit Stellgliedern, die genau, aber ruckartig positionieren. Die Natur arbeitet ganz anders: Nichtlineare Stellglieder (Muskeln) positionieren die Extremitätenspitze nicht von Anfang an präzise, werden aber bis zum Erreichen des Kontaktpunkts in eigentümlicher Weise - an ihre Nichtliniaritäten angepaßt - nachgesteuert. Die Nachahmung dieser natürlichen Technologie in einer bionischen Robotik steht noch ganz am Anfang; sie könnte speziell im Zusammenhang mit dem vorhergenannten Punkt sehr wesentlich werden.



      Klima- und Energetobionik. Passive Lüftung, Kühlung und Heizung sind wesentliche Gesichtspunkte. Das Studium natürlicher Konstruktionen und die Analyse sogenannter primitiver Bauten beispielsweise in Zentralamerika und Nordafrika können zu unkonventionellen Anordnungen und Einrichtungen führen. Dazu gehört die Idealausrichtung zu Sonne und Wind, Dachformen, Einnischungen in die Erde, ideale Unterkellerung und Luftführung vom kühlen Erdreich in die sommerwarmen Räume, Luftumwälzung mit Gasaustausch unter Verwendung poröser Materialien, Energiespeicherung in wärmeaufnehmenden Systemen. Mit der Übernahme solcher natürlicher Prinzipien, wie sie beispielsweise die Termiten verwirklichen, können bis zu 80 % der elektrischen Energie zur sommerlichen Kühlung und 40 - 60 % der Energie zur Winterheizung gespart werden.



      Baubionik. "Natürliches Bauen" bedeutet zum einen eine Rückbesinnung auf traditionelle Baumaterialien, die auch in der Biologie verwendet werden (beispielsweise Tonmaterialien mit ihren baubiologisch interessanten Eigentümlichkeiten). Andererseits gewinnt man aus dem Studium biologischer Leichtbaukonstruktion Anregungen für temporäre technische Leichtbauten. Solche Anregungen können beispielsweise kommen von Seilkonstruktionen (Spinnenetzen), Membran- und Schalenkonstruktionen (biologischen Schalen und Panzern), schützenden Hüllen, die Gasaustausch erlauben (Eischalen, Etagenbauten, Integration abgehängter Einheiten, wandelbare Konstruktionen), Konstruktionen mit stärker rezyklierbaren Matrialien als die Technik das bisher kennt, ideale Flächendeckungen (Blattüberlagerungen) und Flächennutzungen (Wabenprinzip). Wichtig sind Abstimmungen von einzelnen Wohnelementen in der Gesamtfläche und in ihrer Ausrichtung zu Sonne und Wind in Analogie zu Blattüberdeckungen und Blütenkonstruktionen.



      Sensorbionik. Fragen der Monitorierung von physikalischen und chemischen Reizen, Ortung und Orientierung in der Umwelt gehören zu diesem Bereich. Das Problem, chemische Substanzen beispielsweise im Körper des Menschen (Stichwort: Zuckerkrankheit) oder bei großtechnischen Konvertern (Stichwort: Biotechnologie) zum monitorieren wird immer wichtiger. Sensoren der Natur, die für alle nur denkbaren chemischen und physikalischen Reize ausgelegt sind, werden verstärkt nach Übertragungsmöglichkeiten für die Technik abgetastet.



      Bionische Kinematik und Dynamik. Laufen, Schwimmen, Fliegen sind die Haupt-Lokomotionsformen im Tierreich. Fluidmechanisch interessante Interaktionen zwischen Bewegungsorganen und umgebenden Medien finden sich im Bereich kleiner bis mittlerer Reynoldszahlen (Mikroorganismen, Insekten) ebenso wie in der Region sehr hoher Reynoldszahlen, die an den Re-Bereich von Verkehrsflugzeugen heranreichen (Wale). Fragen der Strömungsanpassung bewegter Körper, des Antriebsmechanismus von Bewegungsorgangen und ihrer strömungsmechanischen Wirkungsgrade stehen im Vordergrund. Auch Fragen der funktionsmorphologischen Gestaltung beispielsweise von Flügeln oder Rümpfen können interessante Anregung geben. So ziehen beispielsweise die Oberflächenrauhigkeiten von Vogelflügeln infolge der Eigenrauhigkeit des Gefieders in bestimmten Bereichen positive Grenzschichteffekte nach sich. Man kann dies auch bei der Verbesserung der Wirkungsgrade und der Laufruhe sowie der Lärmreduktion von Lüftern und Pumpen einsetzen.



      Neurobionik. Datenanalyse und Informationsverarbeitung unter Benutzung intelligenter Schaltungen befinden sich in einer stürmischen Entwicklung. Insbesondere die Verschaltung von Parallelrechnern und die Entwicklung "neuronaler Netzwerke" können weiter Anregungen aus dem Bereich der Neurobiologie und der Biokybernetik bekommen. Da sich dieses Gebiet auch im Bezug auf die biologische Grundlagenforschung rasch weiterentwickelt, ist in den nächsten Jahren mit einer verstärkten Interaktion zum Nutzen beider Disziplinen zu rechnen.



      Evolutionsbionik. Evolutionstechnik und -strategie versucht, die Verfahren der natürlichen Evolution der Technik nutzbar zu machen. Insbesondere dann, wenn die mathematische Formulierung bei komplexen Systemen und Verfahren noch nicht so weit gediehen ist, daß rechnerische Simulierung möglich wäre, bleibt die experimentelle Versuchs-Irrtums-Entwicklung als interessante Alternative. Diese hat heute bereits selbstverständlichen Einzug in die Entwicklung beispielsweise von Schiffen und Flugzeugen, Verkehrsleitsystemen und im Maschinenbaubereich gehalten.



      Prozeßbionik. Nicht nur natürliche Konstruktionen kann man auf ihre technische Verwertbarkeit abklopfen, sondern mit besonderem Vorteil auch Verfahren, mit denen die Natur die Vorgänge und Umsätze steuert. Eines der wesentlichsten Vorbilder ist die Photosysthese im Hinblick auf eine zukünftige Wasserstofftechnologie. Weiter können Aspekte der ökologischen Umsatzforschung mit großem Gewinn untersucht werden im Hinblick auf die Steuerung komplexer industrieller und wirtschaftlicher Unternehmungen. Schließlich sind die natürlichen Methoden des praktisch totalen Rezyklierens, des - fast vollständigen - Vermeidens von Deponiematerial, wert, in allen Details auf eine Übertragbarkeit untersucht zu werden.



      Organisationsbionik. Komplexes Management ist heute immer noch nicht in der Lage, vorausschauend allen Anforderungen eines auch nur mittleren Industriebetriebs gerecht zu werden. Im Gegensatz dazu laufen Organisationsfragen im Bereich der belebten Welt, sei es im Einzelorganismus (die Gesamtkomplexität einer Fliege ist größer als die der gesamten deutschen Volkswirtschaft!) als auch in Organismensystemen und schließlich in ökologischen Systemen äußerst störungsarm ab. Die funktionellen Querbeziehungen von Ökosystemen, beispielsweise des Waldrands, sind bereits komplexer als die eines größeren Industriebetriebs. Aus der Art und Weise, wie die Natur Informationen organisatorisch benutzt, läßt sich in analoger Übertragung vieles für Technik und Verwaltung lernen. Dieser Punkt ist sehr zukunftsträchtig, wird aber zur Zeit erst zögernd aufgegriffen.



      Mir scheinen die Gesichtspunkte der Verfahrensbionik die wesentlichsten bionischen Ansätze überhaupt zu sein. Es sei deshalb gerade auf diesen Punkt noch etwas eingegangen.



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      8. Technikbestimmende Verfahrensbionik als wichtigste Facette


      Woran unsere heutige Technik krankt, das sind ja ihre klassischen Verfahrensweisen, die nicht selten direkt zur Selbstzerstörung führen. Dem so uneleganten Prinzip der Resourcenentnahme und Abfallanhäufung hat die Natur das Prinzip der totalen Rezyklierung gegenüber gesetzt. Dem technischen Prinzip der Energieerzeugung unter Abfallanhäufung und Umweltzerstörung steht das Naturprinzip der zerstörungsfreien totalen Sonnenenergienutzung gegenüber: Photosynthese und alle darauf aufbauenden Sekundärschritte. Die in Volkswirtschaft wie Industrie nicht in den Griff zu bekommenden Schwierigkeiten beim Management komplexer Systeme sind in der Natur vollendet gelöst.



      Wenn Bionik tatsächlich technikbestimmend werden soll, darf man sich nicht auf Konstruktionsbionik alleine beziehen. Der Schlüssel des Überlebens liegt sicher in Aspekten der Verfahrensbionik. Lernen von der Natur, wie man Abfälle vermeidet, wie man die Sonnenenergie nutzt und komplexe Systeme managen kann: diese drei Komplexe der Verfahrensbionik enthalten den Schlüssel für das Überleben. Es sind gleichzeitig die drei größten Herausforderungen, denen sich die Menschheit jemals gegenüber gesehen hat. Sie anzugehen, umzusetzen und letztendlich einzubauen in eine Technologie, die unserer derzeitigen Steinzeittechnik eine bionisch orientierte Höchsttechnologie entgegensetzt, wäre von entscheidender Wichtigkeit. Der Weg dahin ist schwierig und erfordert mindestens die gleichen Anstrengungen, die die Menschheit bisher in das Zerstörungspotential der Kriege investiert hat. Der VDI hat die Vorgehensweise beim Einbringen bionischer Anregungen in die Technik in der ebengenannten Studie4 nach Art der Abbildung 3 graphisch verdeutlicht.



      Man sieht, daß bionisches Denken, Argumentieren, Forschen und Entwickeln mehr ist als gelegentliches Lernen von der Natur. Bionik ist darüberhinaus eine forscherisch-technische Lebenshaltung, die Technik und Biologie - die vom Menschen geschaffene Umwelt und die der Natur - zusammenkettet, nicht auseinanderbringt.



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      9. Organisatorisches; Tagungen und Ausbildungsmöglichkeiten


      Die aufblühende Bedeutung der bionischen Sichtweise hat zur Gründung einer "Gesellschaft für Technische Biologie und Bionik" geführt. Sie steht jedem Interessenten offen (Informationsmaterial vom Sekretär der Gesellschaft, Herrn Knut Braun, Fachbereich Biologie, Bau 6, Universiät, 66041 Saarbrücken) und informiert dreimal jährlich durch Rundschreiben über neue Entwicklungen und Tendenzen. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Organisation von Bionik-Kongressen in zweijährigen Abständen. Der erste fand 1992 in Wiesbaden statt6, der zweite 1994 in Saarbrücken7; der dritte zusammen mit einer groß angelegten Bionik-Ausstellung 1996 am Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim8. Bisher konnte man an der TU Berlin bei I. Rechenberg (Fachgebiet Bionik und Evolutionstechnik) als Ingenieurstudent Bionik als Nebenfach studieren. Seit kurzem gibt es an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, die Möglichkeit, Technische Biologie und Bionik als Ausbildungsrichtung zu studieren, die zum Biologie-Diplom führt (4 allgemeine Vorsemester, 4 Fachsemester, Diplomarbeit). Die Ausbildungsrichtung wurde auf Empfehlung und in Abstimmung mit der Sachverständigen-Kommission "Forschung und Technologie im Saarland" (1989), der Sachverständigenkommission des Wissenschaftsrats (1993) und dem Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes geschaffen. Es wird hiermit versucht, einen Zweig der Biologieausbildung auf die technisch-industriellen Erfordernisse der Zukunft abzustimmen.




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      10. Zusammenspiel Technische Biologie - Bionik - Technik


      Technische Biologie allein zu betreiben bedeutet letztlich, Grundwissen anzuhäufen. Bionik kann man gar nicht allein betreiben, sie beruht auf diesem Grundwissen der Technischen Biologie.



      Die Technische Biologie hält den Kontakt zur Biologie, die Bionik den Kontakt zur Technik. Mit der Verzahnung der Technischen Biologie und Bionik verzahnen sich auch Biologie und Technik.



      Es besteht demnach heutzutage kein Grund mehr, Grenzen zwischen den Disziplinen weiter aufrecht zu erhalten. Die interessantesten Dinge geschehen im quirligen Grenzgebiet, in dem sich Disziplinen berühren und verzahnen. Oft sind solche Verzahnungen allerdings in der Praxis nicht leicht zu sehen. Häufig werden erst in einem mehrstufigen Prozeß Erkenntnisse herausgearbeitet.



      Bisher existierten die "Welt der Natur" und die "Welt der Technik" ohne sonderliche Querverbindungen parallel nebeneinander. In Zukunft kann und soll die Biologie nicht nur mit Hilfe der Technik lernen, ihre Teilsysteme besser zu verstehen ("Technische Biologie"), sondern sie soll und wird naturnahe Ideen in den Problemlösungsgang der Technik einspeisen ("Bionik"). Es bleibt zwar beim bewährten Entwicklungsgang lege artis der Ingenieurwissenschaften, doch wird dessen technisches Ergebnis anders ausfallen als ohne derartige Quereinflüsse.



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      11. Wege in eine Überlebenstrategie


      So clever unsere momentane Technologie aussieht: In vielen, jedenfalls in allen grundlegend wesentlichen Aspekten ist sie unausgereift, ja steinzeitartig unangemessen dem Potential, das in unseren Hirnen steckt. Ich spreche deshalb gerne von einer "Steinzeittechnologie", einem "technologischen Tal", aus dem man herauskommen muß. Dies geht aber nur dadurch, daß man diese Technologien (so komplex sie sein mögen und so stolz die heutigen Techniker darauf sind) durch noch bessere, noch intelligentere Techniken ersetzt: Der Weg aus dem Technologietal führt nur über Höchsttechnologien, und dazu gehört auch die Biostrategie9! (Das schließt "low tech" dort, wo sie sinnvoll ist, natürlich nicht aus.)



      Höchsttechnologien bedürfen aber dreierlei Basen: der Ideenreichtum und das Forschungspotential unserer Gehirne muß gekoppelt werden mit den Möglichkeiten einer hochentwickelten Industrie; der gemeinsame Kitt muß politischer Wille sein. Gegen die Industrie kommen wir überhaupt nicht weiter und damit auch aus dem momentanen Engpaß nicht heraus, wohl aber mit einer Industrie, die ihr gesamtes Potential in eine Technologie der Umweltverträglichkeit und der Menschlichkeit steckt. Auch und gerade damit ist viel umzusetzen und viel zu verdienen, wie die steigenden Umsatzzahlen der sich entwickelten Umwelttechniken zeigen. Wo aber politischer Wille nicht die Zielrichtungen und Maßstäbe setzt, wird kein Umdenken möglich sein, die Zwangsläufigkeiten des Eingefahrenen sind zu stark.



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      12. Literatur


      1 Giacomelli, R. (1936): Gli scritti di Leonardo da Vinci su il volo. Bardi, Roma.

      2 Nachtigall, W. (1972): Biologische Forschung. Aspekte, Argumente, Aussagen, Quelle und Meyer, Heidelberg

      3 Bechert, D.W., Bruse, M., Mayer, W., van der Hoeven, J.G.Th., Hoppe, G.: Experiments on drag reducing surfaces and fluid optimization with adjustable Geometry. Experiments in fluids (in Vorber.).

      4 Neumann, D. (ed) (1993): Technologieanalyse Bionik. Analysen + Bewertungen zukünftiger Technologien. VDI Technologiezentrum, Physikalische Technologien, 40239d Düsseldorf, Graf Recke-Str. 84

      5 Nachtigall, W.(1987): La nature réinventée. Plon. Paris

      6 Nachtigall, W. (ed) (1992): Technische Biologie und Bionik 1. Berichtsband über den 1. Bionik-Kongreß. Wiesbaden 1992. BIONA-report 8, Akad. Wiss. Lit. Mainz; Fischer, Stuttgart etc.

      7 Nachtigall, W. (ed) (1994): Technische Biologie und Bionik 2. Berichtsband über den 2. Bionik-Kongreß. Saarbrücken 1994. BIONA-report 9, Akad. Wiss. Lit. Mainz, Fischer, Stuttgart etc.

      8 Nachtigall, W., Wisser, A. (eds) (1994): Technische Biologie und Bionik 3. Berichtsband über den 3. Bionik-Kongreß. Mannheim 1996. BIONA-report 10, Akad. Wiss. Lit. Mainz; Fischer, Stuttgart etc. (in Vorber.)

      9 Nachtigall, W. (1983): Biostrategie. Eine Überlebenschance für unsere Zivilisation. Hoffmann und Campe, Hamburg<

      http://www.uni-saarland.de/fak8/bi13wn/wabionik.htm


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