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    FTD +++ AMERIKA TANZT AUF DEM VULKAN +++ - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 31.03.01 13:03:11 von
    neuester Beitrag 31.03.01 13:21:45 von
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      schrieb am 31.03.01 13:03:11
      Beitrag Nr. 1 ()
      Aus der FTD vom 30.3.2001
      Kommentar: Amerika tanzt auf dem Vulkan
      Von Thomas Fricke, Berlin

      Selbst wenn die USA der Rezession jetzt entkommen sollten: Die gefährlichen Exzesse der Boomjahre wirken nach. Amerikas Konjunktur ist auf Talfahrt, und doch herrscht Zuversicht unter den Auguren. Die Wende zum Besseren stehe unmittelbar bevor.

      Mancher Prognose zufolge wird die US-Wirtschaft schon kommendes Jahr wieder um vier Prozent wachsen - als wäre nichts gewesen. Dass es gelingen könnte, die Rezession dieses Jahr zu verhindern, ist nicht auszuschließen. Die Notenbank hat ihre Zinsen seit Januar um 150 Basispunkte gesenkt. Kurios aber ist die Zuversicht, dass Amerika damit schon wieder zu alter Stärke zurückfindet. Die Gefahr ist groß, dass der neue Aufschwung, wenn er denn tatsächlich kommt, von kurzer Dauer bleibt.

      Nach optimistischer Lesart steckt hinter dem jüngsten konjunkturellen Absturz lediglich die Reaktion auf ein paar Überkapazitäten. Die Unternehmen haben demnach die Nachfrage nach ihren Produkten etwas überschätzt und müssen nun eine Zeit lang auf Lager produzieren. Schon im zweiten Halbjahr werde es wieder bergauf gehen, heißt es - zumal die Zinssenkungen dann zu wirken beginnen müssten.



      Rekordhohe Verschuldung


      Das Problem an einem solchen Szenario ist: Es würde zwar kurzfristig die Konjunktur retten, aber wenig ändern an den negativen Begleiterscheinungen des vergangenen Booms. Amerikas Verbraucher haben zuletzt Monat für Monat mehr ausgegeben, als es ihre Einkommen erlaubten. Die Sparquote sank auf minus ein Prozent. Zugleich ist der Abhängigkeitsgrad der Unternehmen stark gestiegen. Die Selbstfinanzierungsquote erreicht nur noch 74 Prozent, in den 90ern waren es 83,4 Prozent.


      Insgesamt liegt der laufende Finanzierungsbedarf der Privaten derzeit bei sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nur der Staat gibt weniger aus, als er einnimmt. Per saldo heißt das: Amerika leistet sich seit Jahren mehr, als es selbst produzieren kann. Das Leistungsbilanzdefizit erreicht 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Auch das hat es in der US-Geschichte noch nie gegeben.


      Eine baldige konjunkturelle Wende ist möglich - allerdings nur dann, wenn die US-Verbraucher ihren Konsum erneut stärker erhöhen als ihre laufenden Einkommen. Und das würde bedeuten, dass sich die Sparquote bestenfalls auf Rekordtief stabilisieren würde. Die Unternehmen müssten sich weiter verschulden, um mehr zu investieren. Auch das hohe Leistungsbilanzdefizit bliebe.


      Nun muss dies nicht unbedingt in eine Krise führen, sagen Optimisten. Und das ist im Prinzip auch richtig. Bislang scheint jenseits konjunktureller Skepsis das tiefer liegende Vertrauen in die neuen Kräfte der US-Wirtschaft ungebrochen. Der Dollar bleibt stark, die Anleger aus Japan oder Europa scheinen bereit, das hohe Leistungsbilanzdefizit nach wie vor zu finanzieren.


      Noch wirken auch die Börsengewinne der vergangenen Jahre nach. Statt aus den laufenden Einkommen zu sparen, haben die US-Verbraucher bis zuletzt offenbar auf den kursbedingt gestiegenen Wert ihrer Vermögen vertraut. Fraglich ist nur, ob all dies wirklich anhält.



      Sparquotenrückgang lässt sich erklären


      Zwar lasse sich ein Großteil des Sparquotenrückgangs durch den Vermögenseffekt erklären, sagt Hubert Strauss vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Der Rest aber scheint Folge eines übertriebenen Konsumrauschs zu sein. Bei einem Dow-Jones-Stand von 10.000 Punkten müsste Strauss’ Rechnungen zufolge die Sparquote eigentlich bei ein bis zwei Prozent im Plus liegen.


      Entsprechend groß ist der Korrekturbedarf beim Konsum; zumal sich auch die jüngsten Kursverluste an den Börsen bald auswirken dürften - wenn auch mit einiger Verzögerung, wie sich aus ökonometrischen Tests ableiten lässt. Das Aktienvermögen der Amerikaner ist allein vergangenes Jahr um 1000 Mrd. $ gesunken.


      Bezweifeln lässt sich auch, ob die Unternehmen bald wieder so kräftig investieren wie in den vergangenen Jahren. Dagegen spricht die Tatsache, dass die Kapazitätsauslastung in der Industrie zuletzt auf den niedrigsten Stand seit der Rezession 1990/91 gefallen ist. Der Rückgang der Preisindizes für Computer hat sich deutlich verlangsamt, das Innovationstempo lässt nach. Dies spricht dafür, dass sich der Bedarf an stets neuer Hightech-Ausrüstung spürbar verlangsamt - zumal auch die US-Banken vorsichtiger geworden sind. Der Anteil der Institute, die derzeit bedacht sind, die eigenen Margen wieder zu erhöhen, liegt laut Umfragen mit fast 60 Prozent auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren. Auf dem Niveau der letzten Rezession bewegt sich auch die Summe der Rückstellungen für drohende Verluste im Kreditgeschäft.


      Spätestens wenn die Börsen noch einmal deutlich absacken - oder längere Zeit stagnieren - werden die US-Verbraucher ihre Konsumlust einschränken, um ihre Ersparnis aufzubessern. Und: Jeder Anstieg der Sparquote um einen Prozentpunkt würde eine Verringerung des Konsumwachstums um ebenfalls einen Punkt bedeuten.


      Wenn sich herausstellt, dass die hehren Annahmen über Amerikas Wachstumspotenziale überhöht waren, droht zudem das US-Leistungsbilanzdefizit zum Problem zu werden. Dann würde passieren, was Ökonomen seit langem befürchten: ein Abstürzen des Dollar, begleitet von steigenden Zinsen.



      Szenario des Wurzelzeichens


      Es mag Länder geben, denen es in der Vergangenheit gelungen ist, ein hohes Leistungsbilanzdefizit zu halten oder auf sanfte Art abzubauen. Dazu allerdings müsste jetzt der Rest der Welt - und vor allem Europa - über längere Zeit schneller wachsen als die USA. Die US-Importe müssten langsamer, die Exporte deutlich schneller zulegen. Das ist auf Anhieb nicht absehbar.


      Was folgen kann, haben Schwellenländer wie Mexiko erlebt: Der Abbau eines Defizits von sieben Prozent des BIP wurde 1995 begleitet von einer Währungsabwertung um fast 50 Prozent und einer Rezession, in der das BIP um mehr als sechs Prozent schrumpfte. Ein solcher Mechanismus gilt grundsätzlich auch für Amerika: Das US-Leistungsbilanzdefizit stieg Mitte der 80er Jahre auf fast 3,5 Prozent; erst 1991 ergab sich wieder ein Überschuss. Dazwischen lag eine Abwertung des Dollar um fast die Hälfte gegenüber der Mark - und eine (wenn auch relativ milde) Rezession.


      Unter den derzeitigen Bedingungen lässt sich schwer vorstellen, dass Amerika in Kürze wieder zu Wachstumsraten von vier Prozent zurückkehrt. Das spricht gegen die viel diskutierte Version eines Konjunkturverlaufs im V-Format - mit raschem Abstieg und ebenso raschem Wiederanstieg. Was Amerika bevorstehen könnte, ist vielmehr eine Art spiegelverkehrtes Wurzelzeichen - mit deutlichem Abstieg von hohem Wachstum, gefolgt von einer Phase mit relativ bescheidenen Zuwächsen. Ob mit oder ohne Rezession: Die Gefahr ist groß, dass die USA auf kurz oder lang zur Anpassung ihrer Ungleichgewichte gezwungen werden.



      © 2001 Financial Times Deutschland
      Avatar
      schrieb am 31.03.01 13:21:45
      Beitrag Nr. 2 ()
      @the canadien
      danke für deine postings,sehr aufschlußreich.
      schönes wochenende.mfg.wangert;)


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