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    `Arbeit` und Heinrich Bölls ... - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 26.05.01 13:16:54 von
    neuester Beitrag 23.06.01 16:39:36 von
    Beiträge: 7
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      schrieb am 26.05.01 13:16:54
      Beitrag Nr. 1 ()
      Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral von Heinrich Böll

      In einem Hafen an einer westlichen Küste Europas liegt ein ärmlich gekleideter Mann in seinem Fischerboot und döst. Ein schick angezogener Tourist legt eben einen neuen Farbfilm in seinen Fotoapparat, um das
      idyllische Bild zu fotografieren: blauer Himmel, grüne See mit friedlichen schneeweißen Wellenkämmen, schwarzes Boot, rote Fischermütze. Klick. Noch einmal: klick, und da aller guten Dinge drei sind und sicher
      sicher ist, ein drittes Mal: klick. Das spröde, fast feindselige Geräusch weckt den dösenden Fischer, der sich schläfrig aufrichtet, schläfrig nach seiner Zigarettenschachtel angelt; aber bevor er das Gesuchte gefunden,
      hat ihm der eifrige Tourist schon eine Schachtel vor die Nase gehalten, ihm die Zigarette nicht gerade in den Mund gesteckt, aber in die Hand gelegt, und ein viertes Klick, das des Feuerzeuges, schließt die eilfertige
      Höflichkeit ab.

      Durch jenes kaum meßbare, nie nachweisbare Zuviel an flinker Höflichkeit ist eine gereizte Verlegenheit entstanden, die der Tourist - der Landessprache mächtig - durch ein Gespräch zu überbrücken versucht. "Sie
      werden heute einen guten Fang machen." Kopfschütteln des Fischers. "Aber man hat mir gesagt, daß das Wetter günstig ist." Kopfnicken des Fischers. "Sie werden also nicht ausfahren?" Kopfschütteln des Fischers,
      steigende Nervosität des Touristen. Gewiß liegt ihm das Wohl des ärmlich gekleideten Menschen am Herzen, nagt an ihm die Trauer über die verpaßte Gelegenheit, "Oh, Sie fühlen sich nicht wohl ?" Endlich geht der
      Fischer von der Zeichensprache zum wahrhaft gesprochenen Wort über. "Ich fühle mich großartig", sagt er. "Ich habe mich nie besser gefühlt." Er steht auf, reckt sich, als wolle er demonstrieren, wie athletisch er
      gebaut ist. "Ich fühle mich phantastisch." Der Gesichtsausdruck des Touristen wird immer unglücklicher, er kann die Frage nicht mehr unterdrücken, die ihm sozusagen das Herz zu sprengen droht: "Aber warum
      fahren Sie dann nicht aus ?" Die Antwort kommt prompt und knapp: "Weil ich heute morgen schon ausgefahren bin." "War der Fang gut ?" "Er war so gut, daß ich nicht noch einmal auszufahren brauche, ich habe
      vier Hummer in meinen Körben gehabt, fast zwei Dutzend Makrelen gefangen..." Der Fischer, endlich erwacht, taut jetzt auf und klopft dem Touristen beruhigend auf die Schultern. Dessen besorgter Gesichtsausdruck
      erscheint ihm als Ausdruck zwar unangebrachter, doch rührender Kümmernis. "Ich habe sogar für morgen und übermorgen genug", sagt er, um des Fremden Seele zu erleichtern. "Rauchen Sie eine von meinen?" "Ja,
      danke." Zigaretten werden in die Münder gesteckt, ein fünftes Klick, der Fremde setzt sich kopfschüttelnd auf den Bootsrand, legt die Kamera aus der Hand, denn er braucht jetzt beide Hände, um seiner Rede
      Nachdruck zu verleihen.

      "Ich will mich ja nicht in Ihre persönlichen Angelegenheiten mischen", sagt er, "aber stellen Sie sich mal vor, Sie führen heute ein zweites, ein drittes, vielleicht sogar ein viertes Mal aus und Sie würden drei, vier,
      fünf, vielleicht gar zehn Dutzend Makrelen fangen...stellen Sie sich das mal vor." Der Fischer nickt. "Sie würden", fährt der Tourist fort, "nicht nur heute, sondern morgen, übermorgen, ja, an jedem günstigen Tag
      zwei-, dreimal, vielleicht viermal ausfahren - wissen Sie was geschehen würde ?" Der Fischer schüttelt den Kopf. "Sie würden sich in spätestens einem Jahr einen Motor für Ihr Boot kaufen können, in zwei Jahren ein
      zweites Boot, in drei oder vier Jahren könnten Sie vielleicht einen kleinen Kutter haben, mit zwei Booten oder dem Kutter würden Sie natürlich viel mehr fangen - eines Tages würden Sie zwei Kutter haben, Sie
      würden...", die Begeisterung verschlägt ihm für ein paar Augenblicke die Stimme, "Sie würden ein kleines Kühlhaus bauen, vielleicht eine Räucherei, später eine Marinadenfabrik, mit einem eigenen Hubschreiber
      rundfliegen, die Fischschwärme ausmachen und Ihren Kuttern per Funk Anweisung geben. Sie könnten die Lachsrechte erwerben, ein Fischrestaurant eröffnen, den Hummer ohne Zwischenhändler direkt nach Paris
      exportieren - und dann...", wieder verschlägt die Begeisterung dem Fremden die Sprache. Kopfschüttelnd, im tiefsten Herzen betrübt, seiner Urlaubsfreude schon fast verlustig, blickt er auf die friedlich hereinrollende
      Flut, in der die ungefangenen Fische munter springen. "Und dann", sagt er, aber wieder verschlägt ihm die Erregung die Sprache. Der Fischer klopft ihm auf den Rücken, wie einem Kind, das sich verschluckt hat.
      "Was dann ?" fragt er leise. "Dann", sagt der Fremde mit stiller Begeisterung, "dann könnten Sie beruhigt hier im Hafen sitzen, in der Sonne dösen - und auf das herrliche Meer blicken." "Aber das tue ich ja schon
      jetzt", sagt der Fischer, "ich sitze beruhigt am Hafen und döse, nur Ihr Klicken hat mich dabei gestört."

      Tatsächlich zog der solcherlei bekehrte Tourist nachdenklich von dannen, denn früher hatte er auch einmal geglaubt, er arbeite, um eines Tages einmal nicht mehr arbeiten zu müssen, und es blieb keine Spur von
      Mitleid mit dem ärmlich gekleideten Fischer in ihm zurück, nur ein wenig Neid.

      P.S.:
      Ich fühle mich heute bei diesem tollen Wetter wie dieser elende, arbeitsscheue Fischer! Ist das nicht schrecklich für einen Deutschen? ;) Verachtet Ihr mich oder legt Ihr Euch heute nachmittag auch mal zum Nichtstun auf die faule Haut? ;)
      Ciao, Leute!
      Bye, Auryn
      Avatar
      schrieb am 26.05.01 13:23:03
      Beitrag Nr. 2 ()
      schün
      Avatar
      schrieb am 26.05.01 13:54:04
      Beitrag Nr. 3 ()
      @Auryn
      Du fauler, fauler Deutscher ! Verachtenswert !
      Nein, die Geschichte (die ich fast schon vergessen hatte) passt heute super - auch bei mir ! Eigentlich müsste ich heute durcharbeiten, morgen auch, aber jetzt sage ich "sch... drauf" und gehe raus.
      Danke für´s posten :)

      Gruß
      r5t5

      P.S. Schönes Wochenende
      Avatar
      schrieb am 20.06.01 10:42:26
      Beitrag Nr. 4 ()
      Kaum sitze ich nach überstandener Konjunktivitis in meiner kleinen Lieblings-Uni an meinem Lieblings-PC, schon muß die liebe Sonne vor mir schon wieder dasselbe Gefühl auslösen wie am Beginn dieses Threads. Schämt Ihr Euch wenigstens genauso wie ich?
      ;)
      Avatar
      schrieb am 20.06.01 10:44:40
      Beitrag Nr. 5 ()
      Seufz :)

      Minolta

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      Avatar
      schrieb am 23.06.01 16:27:04
      Beitrag Nr. 6 ()
      Ich gehe jetzt an den Strand und fordere alle `Besonnten` auf, mir zu folgen! Begründung: Siehe Anfang!
      Avatar
      schrieb am 23.06.01 16:39:36
      Beitrag Nr. 7 ()
      gute Idee....ich bin dann auch mal weg.

      Schönen Tag noch,

      Saarnuss


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