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    Roland Koch reconsidered - mal nicht nur anhand der Spendenaffäre. - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.08.01 13:43:18 von
    neuester Beitrag 16.08.01 22:02:35 von
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      schrieb am 06.08.01 13:43:18
      Beitrag Nr. 1 ()
      http://www.welt.de/daten/2001/08/06/0806de272835.htx

      Koch gibt die Richtung vor

      Mit seinem Vorstoß zur Sozialhilfe gelangt der Wiesbadener Regierungschef einmal mehr in die Offensive

      Von Hans-Jürgen Leersch

      Geld am Bankautomaten ziehen kann er nicht. Roland Koch bekommt von seiner Frau "Taschengeld, bar ausgezahlt". Aber in der Union gibt der hessische Ministerpräsident immer häufiger die Richtung vor. Insgeheim gilt der Hesse, der seinen CDU-Landesverband mit straffen Zügeln führt, schon als der Schatten-Chef der Christenunion für die Zeit nach Angela Merkel.
      Bereits 1999 hatte sich der ein Jahr zuvor zum Chef der Hessen-CDU gewählte Koch bundesweit einen Namen gemacht. Er führte im Landtagswahlkampf gegen den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) eine Kampagne gegen die von der rot-grünen Koalition geplante doppelte Staatsbürgerschaft. Die von der CSU empfohlene, in der CDU aber umstrittene Unterschriftenaktion wirkte. Knapp gewann Koch die Wahl und wurde mit Hilfe der FDP neuer Regierungschef in Wiesbaden.

      Am 8. Februar des vergangenen Jahres erreichte der einstmalige Shooting-Star der CDU seinen politischen Tiefpunkt: Er musste im Zusammenhang mit der hessischen CDU-Spenden- und Finanzaffäre eingestehen, falsche Angaben gemacht zu haben. So hatte er bereits vor Weihnachten 1999 von einem Geheimkonto seiner Partei erfahren und auch die Tarnung von Schwarzgeld als "Privatkredit" gebilligt. Koch trat die Flucht nach vorn an und gab den Fehler zu. Damit hatte er vermutlich seine politische Existenz gerettet, aber seine bundespolitischen Ambitionen waren zunächst dahin. Kenner der CDU-Szene sind sich weitgehend einig, dass ohne das hessische Spenden-Debakel heute Koch - und nicht Frau Merkel - die CDU führen würde.

      Doch der Hesse meldete sich jetzt wieder auf die politische Bundesbühne zurück. Bei einer USA-Reise entdeckte Koch, dass man nicht nur von den Bayern, sondern auch von den Amerikanern lernen kann. In Wisconsin, einem US-Bundesstaat, von dem die meisten Bundesbürger noch nie etwas gehört haben dürften, erfuhr Koch, wie die Sozialhilfe umgebaut werden kann. Wieder in Wiesbaden, erhob er die die Forderung nach einer "Experimentierklausel" für sein Bundesland, um die Zahl der Sozialhilfempfänger in Hessen halbieren zu können.

      Was schwebt Koch vor? Sozialhilfeempfänger sollen eine Art Vertrag mit dem Staat schließen. Sein Sprecher Dirk Metz erläutert das System am Fall eines alleinerziehenden Vaters von drei Kindern. Das Sozialamt würde in diesem Fall versuchen, den Mann bei Erziehung und Betreuung zu entlasten. Somit könne der bisherige Sozialhilfeempfänger einer geregelten Arbeit nachgehen. Wichtigster Bestandteil des Hessen-Projekts sei die individuelle und flexible Betreuung jedes einzelnen.

      Doch ohne Druck wird es auch bei Koch nicht gehen: "Bisher greifen unsere Sanktionen nicht", sagte Koch dem Nachrichtenmagazin "Focus" mit Blick auf Arbeitsunwillige. In Deutschland sei man zu weich beim Zwang und zu schlecht bei der Hilfe. Wer arbeitsfähig sei und sich dem Beschäftigungsprogramm verweigere, der müsse sich auf ein "sehr bescheidenes Leben bis hin zur Wohnunterkunft einstellen", so Koch.

      Allein mit seiner hessischen Landtagsmehrheit kann der CDU-Mann jedoch nichts ausrichten. Er müsste sich vom Bundesrat und Bundestag die "Experimentierklausel" beschließen lassen. Damit hat er die Chance, das Thema in die Debatten der Länderkammer und des Bundestages einzubringen und Rot-Grün in Zugzwang zu bringen. Gerhard Schröder und seine Mannen kämen in eine unangehme Situation: Würden sie Kochs Vorstoß mit ihren Mehrheiten blockieren, läge der Schwarze Peter bei Rot-Grün. Würde Koch die Experimentierklausel genehmigt und der Hesse könnte ans Werk gehen, würde das von CDU und FDP regierte Land im Falle eines Erfolges als Vorbild glänzen. Egal wie die Sache ausgeht: Koch gewinnt immer.

      Bisher hatte die Opposition mit ihren Vorstößen in Sachen Sozialhilfereform weniger Erfolg. In CDU-Kommissionen wurde der Vorschlag entwickelt, Sozial- und Arbeitslosenhilfe zusammenzulegen, um Missbrauch zu verhindern und Arbeitslosen durch bessere Koordinierung der Arbeit der Ämter schneller wieder zu einem Job zu verhelfen. Doch Schröder, unabhängig von früheren eigenen Positionen, griff den Ball auf und lässt die Forderung seitdem von seinem Arbeitsminister Walter Riester vertreten. "Im Bundestagswahlkampf", meint eine führende CDU-Frau empört, "brauchen wir mindestens ein gutes Thema in der Hinterhand, weil Schröder das erste von uns übernimmt."

      In den CDU-Gremien ist Koch inzwischen beliebter als die bisher von Erfolgen nicht gerade verwöhnte Parteivorsitzende. Koch schaffte bei den Kommunalwahlen im März dieses Jahres trotz nicht vergessener Spendenaffäre einen Zugewinn für die CDU. Ob dagegen bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Hamburg und Berlin Erfolge für die CDU herauskommen, die sich Frau Merkel in ihr Erfolgsbüchlein schreiben könnte, ist ungewiss. Zumindest in Berlin sieht die Lage für die CDU gar nicht gut aus.

      Und Koch hat - im Unterscheid zur CDU-Chefin - Macht. Unterstützt von einer gut arbeitenden Staatskanzlei und den Ministerien seiner Landesregierung kann er der rot-grünen Koalition stets gut vorbereitet entgegentreten. Frau Merkel muss sich dagegen auf das personell ausgedünnte Adenauer-Haus in Berlin stützen. Auf Hilfe vom Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz - die Folgen des Doppelspitzenstreits wiegen noch schwer - kann sie sich nicht verlassen.

      Macht und Erfolg sind die Garanten für den Aufstieg in der CDU. Koch hält gute Kontakte mit den anderen Ministerpräsidenten der sogenannten Südschiene der Union - mit dem Bayernfürsten Edmund Stoiber ohnehin, aber auch mit dem Baden-Württemberger Erwin Teufel und mit dem Thüringer Bernhard Vogel. Ein Wahlergebnis beim Bundesparteitag der CDU würde heute viel besser aussehen als die nicht gerade üppigen, aber durch die Spendenaffäre erklärbaren 66 Prozent beim Essener Parteitag.

      Und Koch hat Erfolg. Punkt für Punkt hat er die Koalitionsvereinbarung mit der FDP in Wiesbaden umgesetzt. 335 Millionen Mark wurden in neue Lehrerstellen investiert, 3500 neue Lehrkräfte eingestellt. Hessen sei auf dem Weg zum "Bildungsland Nummer eins", so Koch. Auch bei der inneren Sicherheit gibt es Fortschritte: Die Zahlen bei Wohnungseinbrüchen, Autodiebstählen und Raubüberfällen gingen spürbar zurück.

      Kenner der Union bescheinigen Koch darüber hinaus eine besondere Fähigkeit: Selbst in schwierigster Lage gelang es ihm, den Koalitionspartner bei Laune und vor allem auf Linie zu halten. Selbst als die hessische FDP-Chefin Ruth Wagner von der liberalen Bundesführung unter schwersten Druck gesetzt wurde, das Bündnis mit der CDU zu verlassen, hielt Frau Wagner durch. In Berlin, wird dagegen vor allem von süddeutschen Abgeordneten immer wieder kritisch angemerkt, tue die CDU-Führung zu wenig, um die jetzt vom eher sozialliberal orientierten Westerwelle geführte FDP an ihrer Seite zu halten.

      Noch greift Koch nicht nach seinem nächsten Ziel, dem CDU-Bundesvorsitz. Es gibt zwar in Unionskreisen Notfallpläne, die eine Wahl Kochs auf dem Parteitag im Dezember zum Chef vorsehen, falls bei der CDU ein heftiges Sommerthater ausbrechen und die beiden Landtagswahlen verloren gehen sollten. Koch selbst hält sich bedeckt. Immer wenn Streit um Frau Merkel aufkam, forderte er Loyalität mit der Parteivorsitzenden.

      Auch die Kanzlerkandidatur kommt für den Hessen 2002 nicht in Frage. Er will als vorrangiges Ziel erst die nächste Landtagswahl im Jahre 2003 gewinnen. Den CDU-Vorsitz, falls man ihn als Nothelfer rufen würde, würde er nicht ablehnen, aber eine Kanzlerkandidatur steht frühestens für 2006 in Kochs Kalender, selbst wenn sich die beiden heutigen Aspiranten Merkel und Stoiber weiter zieren sollten.

      In den USA achtet man schon auf Koch. Adam Myerson, Vizechef der konservativen Heritage-Stiftung, hält den Hessen für eine der "kommenden Führungsfiguren".

      MfG
      Ingmar (KCD)
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 13:52:17
      Beitrag Nr. 2 ()
      Das nenn ich mal ein interessantes Modell in Deutscher Traition - und so wie es aussieht könnte es zurück nach Hause kommen :):):):)


      http://www.welt.de/daten/2001/08/06/0806de272837.htx

      "Wisconsin Works" schaffte die Sozialhilfe ohne Gegenleistung ab

      Der Modellversuch eines "mitfühlenden Konservativismus"

      Von Uwe Schmitt

      Die Erinnerung an die Einwanderungswellen der Deutschen Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts, darunter etliche politische Flüchtlinge der Revolution von 1848, mag bei den meisten Amerikanern verblasst sein. Doch in Wisconsin, dem nördlichen Grenzstaat zwischen Mississippi und Lake Superior, wird man das Erbe dieser halsstarrigen und trinkfesten Liberalen nicht los.
      Die Deutschen bestanden auf ihrer Sprache, ihren Brauereien - zum Entsetzen puritanischer Temperenzler - und ihren Ideen von einem effizienten Regierungsapparat und Bildungswesen. Wisconsin und Michigan bereiteten 1854 der Republikanischen Partei den Boden und gaben in ihr der einflussreichsten Immigrantengruppe Heimat, die sich in ihrer Verachtung der Sklaverei kaum übertreffen ließ. In dieser sozialreformerischen Tradition stand Wisconsins überragender Gouverneur Robert LaFolette um 1900.

      Demselben progressiven Eigensinn, der den kleinen Staat mit seinen 5,2 Millionen Einwohnern zum idealen Versuchslabor macht, war seit seiner Wahl 1986 (bis zu seinem Wechsel in Bushs Kabinett als Gesundheitsminister) der republikanische Gouverneur Tommy Thompson verpflichtet. Thompson senkte die Steuern, warb um die Ansiedlung von IT-Industrien und setzte "Schulgutscheine" durch, die es Eltern erlauben, ihren Steuerbeitrag zu den Bildungsausgaben des Staates für ihre Kinder auf eine Schule ihrer Wahl zu übertragen und so marode öffentliche Schulen in einen Wettbewerb zu zwingen.

      George W. Bush übernahm das Modell für seinen Wahlkampf. Doch sein Gesetz zur Bildungsreform, das zurzeit im Vermittlungsausschuss der beiden Kongresskammern blockiert ist, verzichtete auf die "school vouchers", weil die Demokraten und die Lehrergewerkschaft das "Ausbluten des öffentlichen Schulsystems" nicht dulden wollen. 1992 führte Gouverneur Thompson, ausgestattet mit einer ungewöhnlichen Machtfülle, ein Berufsausbildungsprogramm nach deutschem Vorbild ein, das seinesgleichen in den USA sucht.

      Zum Modellversuch eines "mitfühlenden Konservativismus" stieg Thompsons Staat 1995 auf, als das Programm "Wisconsin Works" (bekannt als "W-2") die klassische Sozialhilfe ohne Gegenleistung abschaffte. Arbeit, und sei es ein Hilfsjob im "community service", wurde in Stufen in Wisconsin zur Bedingung für Zahlungen der öffentlichen Hand. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger sank innerhalb eines Jahrzehnts um 91 Prozent. Zugleich aber investierte Thompson die eingesparten Gelder des Sozialetats in Erziehungsbeihilfen, Stipendien, Ausbildungsförderung und verpflichtete sich, für jeden eine Stelle im öffentlichen oder privaten Sektor zu finden. Vier von fünf einstigen Wohlfahrtsempfängern haben einen Job (Arbeitslosenquote: 3,4 Prozent), die meisten immerhin zum Mindestlohn.

      Thompson sorgte dafür, dass Familien, die über der Armutsgrenze keinen Anspruch an das staatliche "Medicaid" stellen konnten, krankenversichert sind. Billig ist "W-2" nicht, aber es funktioniert. Als Bill Clinton 1997 "das Ende der Sozialhilfe, wie wir sie kannten", ausrief, hatte Wisconsin das Vorbild geliefert. Ob allerdings der neue Gesundheitsminister seinem eigenen Modell auf nationaler Ebene nacheifern kann, ist ungewiss.
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 13:53:08
      Beitrag Nr. 3 ()
      Da braucht es wirklich keinen Propheten! Nachdem Schröder
      mit `ruhiger Hand` das Schiff auf die Klippen gesteuert hat
      und es bis 2006 nicht wieder flott kriegt, kommt der Roland Koch.
      Wer sonst? Merkel oder März :laugh:
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 13:53:38
      Beitrag Nr. 4 ()
      ".hält den Hessen für eine der "kommenden Führungsfiguren.."

      In was ? In tragenden Vorführfilmen für jungpubertäre, wie man seine Pickel nicht ausdrückt ?


      Stani
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 15:32:17
      Beitrag Nr. 5 ()
      Neue Nachrichten über Koch gibt es auch hier.
      Schaut mal nach! https://www.jaxx.de/cgi-bin/WebObjects/JaxxApp.woa/212/wo/Ga…

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      Avatar
      schrieb am 06.08.01 15:44:24
      Beitrag Nr. 6 ()
      @Ingmar: Kochs Äusserungen sind purer Populismus. Eine Bundesratsinitiative seitens Hessens hat nur wenig Chancen.
      Hessen hat keinerlei Kompentenz zur Umsetzung solcher Planspiele.
      Koch wäre auf die Zustimmung der Sozialhilfeträger - Landkreise und kreisfreie Städte - angewiesen.
      Das weiss Koch auch und so entlarvt sich sein "Vorstoss" als billige Stimmungsmache. ;)

      Gruss
      dick :)
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 15:46:33
      Beitrag Nr. 7 ()
      ALter Kaffee Rofle und ales schon lange geklärt und als bodenlose Unverschämtheit enttarnt... Verdammte Axt, hat der Koch ein Privatkonto in deR schweiz? Hab ich glaub ich auch. naja dann werd ich wohl auch mit drin hängen :laugh::laugh::laugh::laugh:

      An die lieben 68er ;)
      Schmeißt nur weiter undifferenziert mit Dreck, in der Hoffnung, daß irgendwas hängen bleibt. Das wird euer großer Fehler sein. Bei allen Verfehlungen, die sich Koch geleistet haben mag. So, wie jetzt gegen ihn vorgegangen wird, überziehen es die Gegner maßlos. Damit tun sie sich keinen Gefallen :):):):)

      MfG
      Ingmar (KCD)
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 16:19:48
      Beitrag Nr. 8 ()
      Aber aber Dick, nix da billige Stimmungsmache! ;)

      Es ist richtig, daß Kommunen bei der Asugestaltung von Sozialhilfe Gestaltungshoheit haben. Diese Gestaltungshoheit wird allerdings durch Gesetze bestimmt.

      Diese sind wiederum nur zu gestalten mit Zustimmung von Bundesrat und Bundstag. Angenommen, die entsprechenden Rahmen würden gesetzt, kannst du dir sicher sein, daß sich genug Kommunen nicht nur in Hessen finden werden, die dieses Prinzip umsetzen. Was soll denn daran billige Stimmungsmache sein, wenn man einen guten Vorschlag macht? Jetzt kann die SPD und Herr Ultrapopulist Schröder ("Ich rette die Übertragung der Bundesliga!") mal zeigen, was hinter den Worthülsen wie "Es gibt kein Recht auf Faulheit" usw. steckt. Kann ja wohl nicht dein Ernst sein; einerseits wirfst du der Oposition vor, sie entwickle keine eigenen Konzepte, andererseits, wirfst du ihr "billige" Stimmungsmache vor, wenn sie welche vorstellt, weil sie mit der derzeitigen Mehrheit nicht umsetzbar sind... :eek::rolleyes: Attacke Genossen! :D:D:D:D:D:D:D

      MfG
      Ingmar (KCD)
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 16:21:33
      Beitrag Nr. 9 ()
      Wer einmal lügt dem glaubt man nicht
      und wenn er auch die Wahrheit spricht

      (aus dem HOTZENPLOTZ :D)

      Im Übrigen seh ich in Koch schon lange vor seinem Wahlsieg in Hessen den nächsten "starken" Mann der CDU.
      Wahlsieg 2006, der wird sich nicht auf einem Sonderparteitag in diesem Jahr verbraten lassen, dazu weiß er zu gut, dass die 2002er-Wahl verlorengeht und die Spendenaffaire noch nicht lange genug her ist. Danach kommt seine Zeit, da geh ich jede Wette ein.
      Avatar
      schrieb am 06.08.01 17:37:02
      Beitrag Nr. 10 ()
      Ei nu gucke mal!!
      :D
      mfg
      perkins
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 07:57:44
      Beitrag Nr. 11 ()
      Die Antworten der Verbände u.a. sprechen für sich. ;)

      Gruss
      dickdiver

      Aus Spiegel-online

      P L Ä N E Z U R S O Z I A L H I L F E

      Koch erntet harsche Kritik

      Auf Sozialhilfeempfänger soll künftig mehr Druck ausgeübt werden - zumindest, wenn es nach den Vorstellungen des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) geht. Seine Pläne einer Sozialhilfe nach US-Vorbild stößt aber vielfach auf harsche Ablehnung.


      REUTERS

      Hessens Regierungschef Roland Koch

      Berlin - Das Bundesarbeitsministerium wies die Vorschläge als überholt zurück. "Ministerpräsident Koch ist zu spät", sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums. "Seine Vorschläge enthalten nichts Neues. Alles, was er will, ist schon im Bundessozialhilfegesetz umgesetzt oder im Job-Aktiv-Gesetz vorgesehen", das im Herbst im Bundestag beraten wird. Als Beispiel nannte die Sprecherin Eingliederungspläne für Arbeitslose, die zu einer schnellen und passgenauen Vermittlung führen sollen. Zudem habe die Bundesregierung 29 Modellprojekte für eine verbesserte Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialämtern begonnen.
      Koch hatte im Deutschlandfunk gesagt, man müsse in Deutschland weg von der Haltung einer "durchaus nennenswerten" Zahl von Sozialhilfeempfängern, die vom Staat finanzielle Unterstützung einforderten, aber ganz nach ihren eigenen Vorstellungen leben wollten. Durch Druck und gleichzeitige Unterstützung bei der Arbeitssuche solle die Zahl der Sozialhilfeempfänger drastisch gesenkt werden. Es sollten nur Menschen unterstützt werden, die tatsächlich dauerhaft nicht arbeiten könnten, betonte Koch. Er hält es für möglich, in zwei bis drei Monaten eine entsprechende Bundesratsinitiative einzubringen.

      Der CDU-Politiker hatte sich nach einer USA-Reise in der vergangenen Woche lobend über das System des hessischen US-Partnerstaates Wisconsin geäußert. Dort sei die Zahl der Sozialhilfeempfänger um 90 Prozent auf 6000 zurückgegangen.

      Wohlfahrtsverband geht auf Distanz

      Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte Kochs Vorschläge als ungeeignet. Damit könne die Zahl der Empfänger nicht entscheidend gesenkt werden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Sozialverbandes, Ulrich Schneider. Koch verteidigte seine Pläne. Unterstützt wurde er dabei von den CDU-Sozialausschüssen (CDA). Die CSU-Mittelstands-Union schlug vor, auch in Bayern ein entsprechendes Modell zu erproben.

      Schneider kritisierte Kochs Ziel, die Zahl der Sozialhilfebezieher "wenigstens zu halbieren". Koch lasse außer Acht, dass nur in etwa einem Drittel der mit Sozialhilfe unterstützten Haushalte überhaupt arbeitsfähige Menschen lebten. In den übrigen rund 900.000 unterstützten Haushalten lebten meist alte und kranke Menschen, die auch beim stärksten Druck dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen könnten.

      Runde: Stammtisch-Forderungen

      Hamburgs Erster Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) sagte: "Die beste Politik zur Senkung der Zahl der Sozialhilfeempfänger ist eine aktive Arbeitsmarktpolitik und die gezielte Qualifikation von Sozialhilfeempfängern für den Arbeitsmarkt." Die Äußerungen von Koch würden aber nur den Ansprüchen an Stammtischen gerecht
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 08:00:08
      Beitrag Nr. 12 ()
      Aus der Fr. Rundschau von heute.

      Gruss
      dickdiver

      Kochs Sozialhilfe-Vorstoß lässt hessische Praktiker den Kopf schütteln

      Viele Landkreise erproben bereits Modelle individueller Betreuung / Bundesarbeitsministerium: "Überflüssig und verspätet"

      Von Matthias Bartsch (Wiesbaden)

      Die Vorschläge des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) zu Änderungen bei der Sozialhilfe werden von der Bundesregierung abgelehnt. Auch Praktiker in Hessen schütteln den Kopf: Was Koch erreichen wolle, sei schon lange möglich und werde in vielen Städten und Landkreisen seines eigenen Bundeslandes praktiziert, sagt Dirk Rost, Sozialreferent des Hessischen Landkreistages: "Alles nichts Neues, sondern nur populistisch verpackt."

      Um die Hälfte wolle er die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Hessen verringern, erzählte Koch (CDU) am Montag noch einmal in ein halbes Dutzend Fernsehkameras. In Hessens Partnerstaat Wisconsin in den USA habe er gesehen, wie das gehe. Wer zum Sozialamt komme und um Geld bitte, dem müsse "vom ersten Tag an klargemacht werden, dass wir dafür eine Gegenleistung erwarten: Arbeit." Wenn ein Arbeitsfähiger sich dem verweigere, müsse er sich "auf ein sehr bescheidenes Leben einrichten", bis hin zur "Wohnunterkunft". Andererseits dürfe der Sozialhilfeempfänger aber erwarten, dass ihn der Staat bei der Arbeitssuche unterstütze - notfalls sogar auf Staatskosten sein Auto reparieren lassen, wenn er es für den Weg zur Arbeit brauche.

      "Überflüssig und verspätet", kommentierte das Bundesarbeitsministerium. Die Vorschläge enthielten nichts Neues, sagte eine Sprecherin in Berlin. Sie seien entweder im Bundessozialhilfegesetz oder im "Job-Aktiv-Gesetz" enthalten, das im Herbst auf den Weg gebracht werden solle. Dass die Zahl der Sozialhilfeempfänger aber damit halbiert werden könne, wie Koch behaupte, sei unwahrscheinlich.

      Selbst Hessens Sozialministerin Marlies Mosiek-Urbahn (CDU) musste einräumen, dass viele hessische Landkreise seit Jahren mit solchen Modellen experimentierten. Was konkret in einer Bundesratsinitiative noch verlangt werden soll, wusste sie ebenso wenig zu sagen wie Koch selbst. Die Ministerin sagte der FR: "Ich will erst mal selbst nach Wisconsin reisen und schauen, welche Nuancen dort anders gehandhabt werden als bei uns."

      Koch solle lieber mal in seinem eigenen Land die Augen aufmachen, bevor er in die USA reise, findet Erich Pipa (SPD), Sozialdezernent des Main-Kinzig-Kreises. Wer in diesem Landkreis bei Frankfurt Sozialhilfe beantragt, wird bereits seit zehn Jahren zunächst zu einem ausführlichen Gespräch über die persönliche Lage eingeladen. An dessen Ende steht die Unterzeichnung eines für beide Seiten bindenden "Hilfeplans". Ziel ist es, dass der Antragssteller so schnell wie möglich eine Arbeit bekommt. Der Kreis finanziert bei Bedarf einen Sprachkurs oder "im Einzelfall auch mal einen Führerschein", so Pipa. Gemeinsam mit dem Bundesarbeitsministerium sei zudem ein Modellversuch für eine "fusionierte" Sozial- und Arbeitsbehörde unter einem Dach geplant.

      Wird ein Jobangebot trotz aller Hilfe abgelehnt, kürzt das Sozialamt im Kreis die Sozialhilfe beim ersten Mal um 20 Prozent, beim zweiten Mal um die Hälfte. Beim dritten Mal wird sie ganz gestrichen.

      Doch bei vielen Sozialhilfeempfängern wirkten solche Mechanismen nicht, weil sie nicht vermittelbar seien, meinen Experten. So schätzt der Paritätische Wohlfahrtsverband, dass nur ein Drittel der Hilfsempfänger arbeiten könnte. Die anderen seien alt, krank oder hätten, wie Asylbewerber, keine Arbeitserlaubnis.

      Kochs Vorstoß stieß auch in den meisten anderen Bundesländern auf ein negatives Echo, ausgenommen Bayern und Baden-Württemberg.

      Siehe auch das FR Top-Thema



      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
      Dokument erstellt am 06.08.2001 um 21:12:17 Uhr
      Erscheinungsdatum 07.08.2001
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 08:43:38
      Beitrag Nr. 13 ()
      So unterschiedlich sind die Wahrnehmungen ;)

      Ich glaub, weder die Welt noch die FR schreiben aus der nötigen Distanz - die einen himmeln bereits ihren potentiellen Helden an, die anderen fürchten ihn bereits ordentlich.
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 08:59:20
      Beitrag Nr. 14 ()
      Auf Dauer könnte das so ablaufen, wie bei der Reform des Ausländergesetzes. Wie sich hier die Parteien in den letzten Monaten angenähert haben, ist schon beinah unheimlich. Vor allem die SPD hatte sich hier bewegt. Kein Wunder, wo Schily ja innenpolitisch strammen CDU-Kurs fährt. Bei der Sozialhilfe könnte ich mir ähnliches vorstellen. Genau wie da möchte aber auch hier die SPD nicht zugeben, daß sie hier Positionen übernimmt, die vor 20 Jahren und noch 10 Jahren mal als Manchester-Kapitalismus und Sozialabbau gegeißelt wurden. Inzwischen wird vieles von dem, was Koch vorschlägt, in vielen Gemeinden, sowohl Unions- als auch SPD-geführt, umgesetzt. Staat nach Wisconsin könnte man einfach mal in die verschiedenen Kreise reisen. Vor allem sollten die Gemeinden, die noch nach dem alten Schema wirtschaften, die Ideen der sparsameren Gemeinden übernehmen. Eine Senkung der Sozialhilfeempfängerzahl um 50% ist natürlich illusorisch. Dazu ist unser Lohnniveau zu hoch. In Wisconsin mag man das Problem schon für gelöst halten, wenn jemand 900 $ im Monat macht. In Deutschland wäre aber jemand mit 1500 DM brutto ganz sicher noch nicht wieder integriert.
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 10:21:58
      Beitrag Nr. 15 ()
      @ Neemann, obgleich ich Potagonist deS Helden bin (:D)...

      Wo du recht hast, hast du recht, obgleich ich die Welt noch für seriöser halte, als die FR (siehe unten). :)


      @ Dickdiver:

      Zu deinem ersten Posting. Naja, die Quellen sprechen da ja für sich was sollen die auch anderes Sagen. Auf den Wahrheitsgehalt werde ich anhand des zweiten Postings eingehen. Und bei den "Verbänden" handelt es sich nur um den Arbeitslosensupportverein no. 1 und das Arbeitsministerium (ein Verband :confused::confused::confused::confused:) und einen linksaußen Bürgermeister eines Stadtstaates (auch ein Verband :confused:)

      Der Unterschied zur Welt ist bei der Frankfurter Rundschau, daß die Frankfurter Rundschau mit hübscher Regelmäßigkeit wissentlich Unwahrheiten verbreitet - (nicht nur Ansichten, sondern auch Fakten). Zitat (aus dem Artikel):

      "Wird ein Jobangebot trotz aller Hilfe abgelehnt, kürzt das Sozialamt im Kreis die Sozialhilfe beim ersten Mal um 20 Prozent, beim zweiten Mal um die Hälfte. Beim dritten Mal wird sie ganz gestrichen."

      Mein lieber Herr Gesangsverein, du weißt genausogut wie ich, daß der letzte Schritt in diesem Land deJure unmöglich ist un auch nirgendwo stattfindet. Da kann die FR schreiben soviel sie wil - es ist einfach FALSCH. Auch Gutscheine sind weiterhin Sozialhilfe.

      Desweiteren ist es der blanke Hohn, zu erzählen, die Vorschläge von Koch wären hier bereits umgesetzt. (Siehe dazu den Artikel, den ich hier reingestellt habe über das System in Wisconsin). Diese Beispielgeschichte mit dem "bindenden Hilfeplan" ist ja haarsträubend. Was kann den deJure hinter so einem "bindenden Hilfeplan" stecken? Im Zweifelsfall 50% sozialhilf Kürzung. Defacto geht es dabei aber um die Ablehnung zumutbarer Arbeit. Wenn die vorerst nicht in Sicht ist, ists weder was mit Arbeiten noch mit Sozialhilfe kürzen. Der Unterschied bei Koch (und dass ist das neue, was er plant und wofür er den Bundestag braucht): Das Zumutbarkeitsniveau soll gesenkt werden und der Staat soll übergangsweise als Arbeitgeber in die Bresche springen (Unkrautjäten oder so). OK das mit dem Arbeitgeber, wird sehr eingeschränlt auch teilweise in D schon praktiziert, aber dann kommen wir wieder an die Zumutbarkeitsklausel.... (OK fang jetzt bitte nicht mit Reichsarbeitsdienst an ;)). Die Quintessenz ist doch, Möglichkeiten bestehen durcchaus in Deutschland, jemanden, der es unbedingt will, wieder in Brot und Lohn zu bringen, das hat nie jemand bestritten... Wir haben zwar ein stupides Kündigungsgesetz und lustige Vorschriften, die Arbeitsplatzaufbau verhindern wie z.B. Flächentarifverträge und dumme Gewerkschaften (Jungs, nehmt euch mal ein Beispiel an Holland;), aber das Arbeitsamt hat durchaus Möglichkeiten, etwas für Job Suchende zu tun.
      Der Gestaltungsspielraum was den Druck auf Sozialhilfeempfänger angeht, ist per Gesetz einfach zu wenig effizient ausgestaltet. Da kann man von lustigen Beispielen aller Art berichten - ich gebe auch zu, daß es hier und dort Abwanderungsbewegungen von Sozialhilfeempfängern in Landkreise gibt, die mit grüner Beteiligung regiert werden :laugh:. In meiner Kommune kommt ein Gutscheinmodell spätestens nach meinem Einzug in den Kreistag wenigstens auf die Tagesordnung :-D (wait for september). Letztendlich bleiben dem wirklich Arbeitsunwilligen aber immer noch viel zu viele Möglichkeiten sich zu drücken.

      Überhaupt nicht zugkräftig finde ich den Einwand, daß 50% aller Sozialhilfeempfänger nicht abreitsfähig sind. Selbst wenn das stimmt, bleiben immer noch 50% weitere Prozent, für die sich entsprechende Maßnahmen lohnen würden. Außerdem werden arbeitsunfähige Sozialhilfeempfänger meines Wissens nach auch noch anders kategorisiert, falls damit auf die möglichen 90% angespielt werden sollte... (OK OK, jetzt sind wir bei Statistik und "glaube keiner...", war übrigens geil die Klausur gestern :))

      MfG
      Ingmar (KCD)
      Avatar
      schrieb am 07.08.01 11:19:21
      Beitrag Nr. 16 ()
      Man sollte übrigens anfügen, daß selbst in Wisconsin nur 50% der vormaligen Sozialhilfeempfänger wieder voll in den Arbeitsmarkt integriert sind. 40% sind zwar aus der Sozialhilfe herausgefallen, aber weiterhin unterhalb des Armutsniveaus. Und ob man mit dem Modell wirklich Geld spart, wird man erst in einigen Jahren wissen. Dort ist man schon nicht mehr bedürftig, wenn z.B. eine Frau mit 3 Kindern ein Familieneinkommen von ca. 17000$ pro Jahr hat. Nach Kaufkraft wären das vielleicht 28000 DM pro Jahr. In Deutschland wäre das deutlich unter Sozialhilfeniveau. Um anständig zu leben, braucht eine solche Familie in New Jersey mindestens 24000$. In Wisconsin lebt man etwas billiger, aber mit 17000 $ hat man ein kärgliches Auskommen. Von der Seite her sehe ich Probleme bei der Übertragbarkeit des Modells von Wisconsin. Allzuviel sollte man also von der Koch-Initiative nicht erwarten. Manche Städte aber könnten sich davon einiges abschneiden. In Köln z.B. kannte ich einen Sozialhilfeempfänger, der schwarz einen Computerwartungsdienst betrieb, wo aber selbst die Anzeige beim Sozialamt keine Konsequenzen hatte.
      Avatar
      schrieb am 13.08.01 07:54:44
      Beitrag Nr. 17 ()
      *lol*, Du bist lustig, Ingmar. ;) Die "Welt" und seriös? :laugh:

      Ein interessanter Artikel zum Thema.

      Gruss und schönen Wochenanfang
      dick :)


      Spiegel-online 13. August 2001
      T I T E L

      Vorbild Wisconsin?

      Hilfe und Härte: Der US-Staat geht ungewöhnliche Wege in der Sozialpolitik.


      Es ist der Blick, der sie unterscheidet. Die Hilfesuchenden im Dr. Martin Luther King Jr. Drive, Hausnummer 1915, gucken weg. Dieser Versuch, jeden Augenkontakt mit dem Gegenüber zu vermeiden, ist eine Überlebenstechnik, die man sich offenbar aneignet, wenn man lange am Rande der Gesellschaft lebt.

      Auch Yolanda Thompson hat noch diesen seltsam scheuen Blick. Dabei gibt sie sich alle Mühe, einen gefestigten Eindruck zu machen. Yolanda sitzt an einem großen Konferenztisch von YW Works, einer der fünf Fürsorgeagenturen in Milwaukee für die Armen der Stadt, um Dankbarkeit zu bekunden, Dankbarkeit dafür, dass ihr der Staat Wisconsin von einem Tag auf den anderen alle finanziellen Beihilfen strich.

      Die Geschichte, die Thompson erzählt, ist zunächst die Geschichte einer typischen US-Sozialhilfekarriere: Schulabbruch, da ist gerade das erste Kind unterwegs; ein paar Gelegenheitsjobs als Kassiererin und als Küchenhilfe bei McDonald`s - das Übliche eben für junge schwarze Frauen ohne vernünftige Ausbildung.

      Seit sie in Milwaukee lebe, sei sie 15mal umgezogen, sagt Thompson. Denn natürlich habe das Geld, das ihr der Staat überwies, nie bis zum Monatsende gereicht. So blieb sie die Zahlungen für Licht und Wasser schuldig, manchmal auch die Miete, und bevor sie jemand belangen konnte, zog sie mit den Töchtern halt ein paar Straßen weiter, in eine andere Ein-Zimmer-Wohnung, genauso schäbig, genauso feucht wie die vorherige.


      DER SPIEGEL

      Fünf Jahre ging das so, bis zu dem Tag, an dem ihrem Scheck ein kleines Begleitschreiben beilag, das sie davon in Kenntnis setzte, dass von nun an andere Regeln gelten würden in Wisconsin. "W-2" hieß das neue Sozialhilfeprogramm, das im September 1997 anlief, eine Abkürzung für "Wisconsin Works", und so wie Thompson es verstand, bedeutete es das Ende jeglicher Zahlungen - ein "furchtbarer Schock", der sie zunächst in eine tiefe Depression stürzte.

      Doch Yolanda Thompsons Geschichte ist auch eine Erfolgsgeschichte, und wenn man den Verfechtern von W-2 glauben kann, sogar eine ziemlich typische: Die heute 31-Jährige hat ihren Schulabschluss nachgemacht, sie arbeitet wieder, und an den Wochenenden lernt sie für einen College-Abschluss.

      Denn plötzlich gab es da Einrichtungen wie YW Works, die zwar kein Bargeld ohne Gegenleistung mehr anboten, dafür aber Beratung und persönliche Hilfe: bei der Job- und Wohnungssuche wie bei der Frage, wie man am besten zur Arbeit kommt oder wo man in der Zwischenzeit die Kinder lässt.

      "Ending welfare" lautet das Motto der republikanisch geführten Regierung in Wisconsin. Und auch wenn sie ihr Ziel, die staatlich organisierte Wohlfahrt auszutrocknen, noch nicht ganz erreicht hat - sie ist ihm schon ziemlich nahe gekommen. Von den 5,2 Millionen Einwohnern des US-Staats erhalten heute nur noch 7500 regelmäßig direkte finanzielle Hilfen - im Jahr 1997, zu Beginn der neuen Regelung, lag die Zahl der Sozialhilfeempfänger bei über 40 000.

      Tatsächlich ist dieser Rückgang um über 80 Prozent selbst für amerikanische Verhältnisse so spektakulär, dass Wisconsin zu einer Art Pilgerstätte geworden ist, und das gilt nicht nur für Konservative wie den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, der sich kürzlich von der zuständigen Ministerin Jennifer Reinert alles im Detail erklären ließ. Einrichtungen wie die Fürsorgeagentur YW Works haben einen eigenen, florierenden Beratungszweig eröffnet.

      Seit Bill Clinton Mitte der neunziger Jahre das "Ende der Sozialhilfe, wie wir sie kennen", wahr machte, haben alle US-Staaten den Gesetzesanspruch auf staatliche Alimentation gestrichen. Doch kein Bundesstaat ist dabei so rigide vorgegangen wie Wisconsin. Nur wer arbeitet, und sei es als Pförtner oder städtischer Müllmann, hat dort ein Anrecht auf staatliche Unterstützung.

      Arbeit, so die feste Überzeugung von Sozialreformern wie Reinert, ist der Schlüssel zu einem "selbständigen, erfüllten Leben" - allein eine regelmäßige Beschäftigung sichert einem den Platz als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft.

      Über diejenigen, die sich dem neuen Programm verweigert haben, existiert in Wisconsin keine Statistik. Sie sind aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, irgendwo gestrandet in den Scherbenvierteln von Milwaukee, wo niemand eingeworfene Fenster ersetzt, wo ganze Ladenzeilen mit Holzplatten verrammelt sind und das nächste Lebensmittelgeschäft die Tankstelle ist, ein zu einer Art Hochsicherzeitszone umgerüsteter Mini-Supermarkt, in dem die Angestellten von den Kunden durch fingerdicke Glasscheiben getrennt sind.

      Die Gegenleistung freilich, die Wisconsin den Willigen bietet, ist umfangreicher als der eingängige Arbeitsappell "Wisconsin Works" vermuten lässt. So haben die Initiatoren des Programms ein ausgeklügeltes, mehrstufiges System entwickelt, das auf die Fähigkeiten der Hilfsbedürftigen abgestimmt ist.

      Viele der ehemaligen Wohlfahrtsempfänger sind seit Jahren keiner geregelten Arbeit mehr nachgegangen und müssen erst mühsam lernen, wie man Bewerbungen abfasst oder einen Computer bedient. Stets hilft einer der so genannten Case-Manager, die maximal 50 Fälle betreuen. Zudem existiert ein tief gestaffeltes System von Beihilfen, das kostenlose Bustickets ebenso umfasst wie Lohnzuschüsse oder Stipendien.

      Es ist eine sehr amerikanische Mischung aus Hilfe und Kontrolle, die Leute wie Reinert ersonnen haben: Für jede Fehlstunde setzt es Abzüge bei den Gratifikationen. Die Lebensmittelkarten der Bedürftigen sind so kodiert, dass niemand dafür Zigaretten oder Alkohol bekommen kann. Wer öfter als dreimal der Arbeit oder einer Schulung fernbleibt, erhält Hausbesuch von zwei freundlichen Herren, die mal nach dem Rechten sehen.

      Tatsächlich spart das neue Sozialprogramm dem Staat kein Geld, im Gegenteil. Zwar ist die Zahl der direkten Zuwendungen, wie nicht anders zu erwarten, deutlich gesunken, von 300 Millionen Dollar jährlich auf nunmehr 60 Millionen.

      Doch weil gleichzeitig die Ausgaben für Fortbildung, Sozialarbeit und Kinderbetreuung genauso deutlich gestiegen sind, haben sich die Gesamtkosten um gut 20 Prozent auf 490 Millionen Dollar pro Jahr erhöht. Und immerhin: Vier von fünf ehemaligen W-2-Teilnehmern haben heute einen Job, wie eine Studie vom vergangenen Jahr ergab.

      Dass die meisten dabei nur wenig mehr als den Mindestlohn von derzeit 5,15 Dollar die Stunde verdienen und deshalb weiterhin auf Lebensmittelmarken oder Mietbeihilfen angewiesen sind - das, sagt Ministerin Reinert, sei doch eher ein Ansporn. Sie glaubt, sie hofft: "Dem ersten Job folgt der nächste."

      JAN FLEISCHHAUER
      Avatar
      schrieb am 13.08.01 08:25:31
      Beitrag Nr. 18 ()
      Wer nicht arbeitet, soll auch nicht Essen (Stalin)
      Avatar
      schrieb am 13.08.01 17:24:03
      Beitrag Nr. 19 ()
      Ich hoffe inständig, dass das Wahlvolk kein
      kurzes Gedächnis mehr hat und nicht wieder einen dieser
      korrupten Schwarzhemden an die Regierung lässt.

      @ingmar
      Sollte dein Wunsch in Erfüllung geben, dann werden wieder
      die "afrikanischen Geschäftsmethoden" herschen.
      In CDU-Hessen ist Korruption anscheinend eine Bagatelle !
      Ob Deutschland das ein zweitesmal übersteht bezweifle ich.

      HG
      Avatar
      schrieb am 16.08.01 07:51:04
      Beitrag Nr. 20 ()
      Sebst innerhalb der CDU ist Kochs Sozialhilfevorschlag umstritten. ;)

      Aus der FR von Heute.

      Gruss
      dick :)

      Böhr verteidigt Sozialhilfesystem

      CDU-Politiker widerspricht Hessens Regierungschef Koch

      Von Michael Grabenströer

      Einen "differenzierten Umgang" mit der Frage der Sozialhilfe hat der rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende und Leiter der Wertekommission der Bundes-CDU, Christoph Böhr, angemahnt. "Ein Sozialhilfeempfänger häuft keinen Luxus an", sagte Böhr der FR. Das vom hessischen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch propagierte "Wisconsin-Modell", nach dem Sozialhilfeempfänger arbeiten müssen, lehnt Böhr ab, auch "weil es mehr kostet als das deutsche System".

      MAINZ, 15. August. Einen "Kahlschlag im untersten sozialen Bereich" dürfe es nicht geben, wenn man sich gleichzeitig in der Senkung der Spitzensteuersätze überbiete, sagte Böhr der Frankfurter Rundschau am Mittwoch in Mainz. Ein System zur Sicherung des Existenzminimums sei notwendig. Der CDU-Politiker widersprach Verallgemeinerungen über Sozialhilfeempfänger und sagte, er wolle falsche Sichtweisen auch in der Union zurechtrücken. So werde die Sozialhilfe nur in Einzelfällen missbraucht, diese würden aber leicht verallgemeinert und immer mit dem Schlagwort "Faulenzer" verbunden.

      Häufig würden für Sozialhilfeempfänger Einkommensbeträge von 3500 oder 4000 Mark genannt und argumentiert, diese Summen würden jede Lust auf Arbeit sofort zunichte machten. Allerdings seien dabei nur die geringsten Bestandteile, knapp über 1000 Mark, "originäre Sozialhilfe", mit der man nur mit Anstrengungen über die Runden käme. Das übrige Geld seien politisch gewollte Zuschläge für Kinder. Nach dem Eindruck des Christdemokraten ist es nicht wahr, dass es bei den Empfängern der staatlichen Stütze keine Neigung gibt, aus der Sozialhilfe herauszukommen. "Der Drückeberger ist nicht der Durchschnittstyp", plädiert Böhr für eine Versachlichung der Diskussion. Und der Sozialhilfeempfänger sei in der Regel "kein bösartiger Mensch, der nur die Absicht hat, den Staat auszubeuten".

      Wichtigste Voraussetzungen für das von Koch propagierte teure "Wisconsin-Modell", das Sozialhilfe nur Empfängern bezahlt, die auch arbeiten, seien genug Arbeitsplätze, sagte Böhr. Zugleich mahnte Böhr seine Parteifreunde, Sorgen des Mittelstandes zu berücksichtigen. Es dürfe nicht sein, dass gemeinnützige Arbeit bei einer schon jetzt nach den Gesetzen möglichen Arbeitsverpflichtung in Parks und öffentlichen Anlagen zu Lasten privater Gärtnereibetriebe gehe und sich als mittelstandsfeindlich erweise.

      Zu bedenken gab Böhr auch, dass man nicht ausgerechnet wieder bei den Kindern kürzen könne, weil sie die Ursache für das sprunghafte Ansteigen der Sozialhilfe seien. Ein einkommensunabhängiges Familiengeld von 1200 Mark für jedes Kind an Stelle des jetzigen Kindergeldes nannte Böhr einen richtigen Ansatz.

      Wer seriös über Sozialhilfe diskutieren wolle, der müsse natürlich auch von den Tabu-Themen der Nicht-Qualifizierbaren oder denjenigen reden, die bei jeder angebotenen Arbeit die passende Krankschreibung von ihren Ärzten erhielten, sagte Böhr. Aber selbst diese Fälle erforderten keinen radikalen Systemwechsel, sagte der Christdemokrat.

      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
      Dokument erstellt am 15.08.2001 um 21:16:52 Uhr
      Erscheinungsdatum 16.08.2001
      Avatar
      schrieb am 16.08.01 08:12:01
      Beitrag Nr. 21 ()
      Ja, einem abgehalfterten Kohl-Gefolgsmann steht eine solche Bedenkenträgerei gut an. Letztlich schlägt Böhr nur eine Fortsetzung des Status quo bei Erhöhung der Staatsquote vor. Diesen Unsinn braucht man nicht zu diskutieren, entspricht aber leider dem sozialdemokratischen Bewußtsein bei vielen älteren Parteimitgliedern, die sich um Geißler, Blühm, aber auch Hejo Arentz scharen.

      Wenn man herausstellt, daß viele Sozialhilfeempfänger nicht arbeitsfähig sind, muß man auch nachfragen wieso. Ich lebte zeitweise über einem Sozialhilfeempfänger, der schwarz einen Computerservicebetrieb hatte. Wegen einer "Klaustrophobie" brauchte er eine 64 qm Wohnung. Das wird normalerweise einer mindestens 3-köpfigen Familie zugestanden. Wegen seiner "Klaustrophobie", vielleicht auch wegen seiner Vorstrafen ;), gilt er als nicht arbeitsfähig. Sein Auto war auf eine Freundin geschrieben, ebenso die Computer und Werkzeuge in seiner Wohnung, die bei angemeldetem Besuch vom Sozialamt zeitweilig ausgelagert wurden.

      Nach Beobachtung einer Verwandten bei der Kasse eines der Kölner Bezirksämter gaben etwa ein Fünftel der Sozialhilfeempfänger Verdachtsmomente für Schwarzarbeit. Offiziell gelten viele von diesen wegen irgendwelcher Erkrankungen als nicht arbeitsfähig. Nur in Einzelberatungen und mit Zwang könnte man hier die Arbeitsfähigen herausfiltern.

      Eines ist klar: ein am Beispiel Wisconsins angelehntes Modell ist teurer als die gegenwärtige Sozialhilfe. Es geht darum, allgemein wieder mehr Gerechtigkeit und Antriebe für Arbeit herzustellen, nicht darum, noch ein bißchen mehr einzusparen.
      Avatar
      schrieb am 16.08.01 13:26:05
      Beitrag Nr. 22 ()
      Ja ich werde nächstes Mal den Roland Koch wählen (leider
      bisher nur SPD). Endlich mal ein Poliker, der versucht
      neue Gedanken in die Diskussion zu bringen, um
      endlich das festgefahrene deutsche leistungsfeindliche
      Sozialsystem aufzubrechen. Es war abzusehen, dass die
      meisten Politiker, die das total reformbedürftigte
      deutsche Sozialsystem verbockt haben, versuchen, jeden
      geäußerten Reformvorschlag abzuschmettern. Deshalb
      geht bei uns überhaupt nichts voran.
      Avatar
      schrieb am 16.08.01 14:10:29
      Beitrag Nr. 23 ()
      das letzte Jahr, in dem ich nicht in Wisconsin war, war 1988.
      Seitdem fliege ich mindestens 1x im Jahr hin und erlebe aus dem Blickwinkel des Gastes die Entwicklung des Staates.

      Schon der südlichste Zipfel des Staates, gerademal 15 Meilen von der Stadtgrenze Chicagos entfernt, ist ländlich geprägt und höchstens auf der Interstate erahnt man die Nähe der Metropole.

      Bereits 1997 hatte WI eine Arbeitslosenquote von 1,1% und die Hauptstadt Madison wurde der Nation als Vorbild wirtschaftlicher Entwicklungsfähigkeit vorgeführt.

      Ähnlich wie die CSU in Bayern haben die Republikaner dort die absolute Mehrheit. Mit dieser Machtfülle ist man behutsam umgegangen und hat Andersdenkende nicht ausgegrenzt.

      Ca. 9 von 10 Sozialhilfeempfänger hat man in den letzten Jahren Jobs zu akzeptablen Bedingungen verschafft. Und von denen sind widerum fast 90% zufrieden mit Ihrer persönlichen Entwicklung.

      Hinzu kommt, daß auch die schwarze Bevölkerung integriert ist und mehr als anderswo in den USA als gleichberechtigte Partner eingegliedert sind.

      Die Frankfurter Rundschau behauptet in ihrem Artikel, daß die Maßnahmen, die in WI umgesetzt werden, in Hessen längst angewandt werden.
      Wisconsin hat innerhalb von 3 Jahren die Zahl der Sozialhilfeempfänger um 90% reduziert.
      Schenkt man der FR Glauben, so konnte hier unter trotz vergleichbarem Instrumentarium der Sozialbehörden LEIDER KEINE Senkung erreicht werden:laugh:
      Avatar
      schrieb am 16.08.01 22:02:35
      Beitrag Nr. 24 ()
      @greenbay
      Ich halte die Regelungen in Sachen Sozialhilfe in Wi
      vorbildlich !!
      Wie die Vorschläge von Koch in der heutigen Sendung
      Monitor als Populismus etc. zerissen wurden, war
      nicht nachvollziehbar;offenbar, da ein Politiker, der mal gelogen
      hat, keine sinnvollen Politikvorschläge mehr machen kann.
      Wenn ich mir vorstelle, was andere Poliker so daher lügen,
      da ist der Koch dagegen der reinste Waisenknabe !!!


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      Roland Koch reconsidered - mal nicht nur anhand der Spendenaffäre.