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[White House 2000]

Donnerstag, 3. Februar 2000

Amazon.com – jetzt wird abkassiert!

So langsam dürfte es für die Kritiker von Amazon.com schwierig werden, an ihren düsteren Zukunftsprognosen festzuhalten. Abgesehen von den schier lächerlichen Äußerungen einzelner Experten, die den eCommerce-Giganten mit einem Telefonbuch vergleichen oder den extremen Kurszielen bis herunter zu 10 Dollar, hatten in den letzten Wochen auch angesehene Analysten bezweifelt, ob es Firmenchef Bezos jemals gelingen wird, sein Lebenswerk Amazon.com in die schwarzen Zahlen zu führen.

Nach den gestern veröffentlichten Quartalszahlen und den neu ausgegebenen Perspektiven von Bezos werden einige der Dauerpessimisten ihre Meinung ernsthaft überdenken müssen. Zwar fiel der Verlust von Amazon.com im vierten Quartal 1999 mit 0,55 Dollar um 7 Cents höher als erwartet aus, der Umsatz hingegen lag mit 676 Millionen Dollar über den erwarteten 650 Millionen Dollar.

Besonders erfreulich ist, dass die Buchsparte den Sprung in die schwarzen Zahlen geschafft hat und auch im gesamten laufenden Jahr profitabel bleiben wird. Zudem, so Bezos, sei das abgelaufene Quartal in vielerlei Hinsicht historisch: Der Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorquartal war mit 90 Prozent so hoch wie noch nie in der Firmengeschichte. Gleichzeitig stieg die Zahl der Kunden auf nunmehr über 17 Millionen. Damit nicht genug, zur Freude der Analysten fügte Bezos hinzu, das vierte Quartal 1999 war der Höhepunkt, was die Verluste der Firma betrifft. In den kommenden Quartalen werden die Verluste spürbar zurückgehen, sowohl in absoluten Zahlen, als auch im Verhältnis zum Umsatz. Der Fokus von Amazon.com wird von nun an darin liegen, in allen Geschäftsbereichen die Profitabilität anzustreben.

Von entscheidender Bedeutung ist auf diesem Weg der Begriff „platform leverage“. Dahinter verbirgt sich das Modell, anderen eCommerce-Anbietern gegen Bezahlung seine Plattform und seine Kunden zur Verfügung zu stellen. So hat Amazon.com allein im letzten Quartal mit NextCard, Ashford.com, Greenlight.com, Audible und living.com eine ganze Reihe von Partnerschaften an Land gezogen, die in den kommenden fünf Jahren für garantierte 500 Millionen Dollar Umsatz sorgen werden. Weitere Kooperationen werden in den kommenden Wochen folgen. Besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass Amazon.com bei allen diesen Unternehmen strategische Beteiligungen eingeht. Diese haben mittlerweile zusammen einen Wert von über einer Milliarde Dollar (!).

Einige der Beteiligungen (z.B an Drugstore.com) hält Amazon.com bereits länger und es haben sich einige Buchgewinne angehäuft. Vorsichtig geschätzt dürften diese allein im vierten Quartal über 200 Millionen Dollar betragen und damit den operativen Verlust des Quartals von 185 Millionen Dollar mehr als ausgeglichen haben. Na also, wenn man unbedingt will, dann hat Amazon.com die Gewinnschwelle bereits erreicht. Der Sprung in die operative Gewinnzone wird Amazon.com aber wohl erst im nächsten Jahr gelingen. Denn schließlich will man auch zukünftig weiter wachsen und neue Geschäftsfelder eröffnen – und das geht bekanntlich nicht kostenlos.

Dennoch, das abgelaufene Quartal ist für Amazon.com durchaus eine Art Wendepunkt. Von nun an will man parallel zum aggressiven Wachstum die Verluste herunterfahren. Dies werden die Amazon-Pessimisten nicht so gerne hören. Für einige könnte es sogar ganz schön teuer werden, nämlich für alle die, die bei Amazon.com auf fallende Kurse gesetzt haben: Insgesamt sind derzeit 31,9 Millionen Anteile leerverkauft worden, in der Hoffnung, sie bei tieferen Kursen wieder zurückkaufen zu können. Diese Zahl war selten so hoch und entspricht über 15 Prozent aller frei handelbaren Aktien. Bei einem starken Kursanstieg, von dem nach diesen rosigen Perspektiven auszugehen ist, werden sich viele dieser Leerverkäufer gezwungen sehen, ihre Aktien teurer wieder zurückzukaufen. Kurzum, sowohl fundamental als auch technisch ist bei Amazon.com in den kommenden Tagen mit einem wahren Kursfeuerwerk zu rechnen. Aber auch langfristig verdient die Aktie eine komplette Neubewertung.

Ich bleibe dabei, unter 100 Dollar ist Amazon.com ein klarer Kauf, unter 80 Dollar ist die Aktie ein Geschenk.


In diesem Sinne

Ihr

Alfred Maydorn

[merger1]

so ist es!

gruss merger1
http://www.winterreiseN.de