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    "Na ja, wenn`s der Wahrheitsfindung dient." - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 15.01.04 14:17:20 von
    neuester Beitrag 15.01.04 16:50:08 von
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      schrieb am 15.01.04 14:17:20
      Beitrag Nr. 1 ()
      ANARCHISTEN

      Der Clown mit der Schrotflinte

      Von Bruno Schrep

      Anfang der Siebziger war Fritz Teufel populär wie ein Popstar. Nun ist die erste Biografie über den Till Eulenspiegel der Studentenbewegung erschienen.



      Schon der Familienname schien Programm: Teufel, Vorname Fritz. Und als eine Art Leibhaftiger fuhrwerkte er Ende der sechziger Jahre durch die Gerichtsflure und die Hörsäle der alten Bundesrepublik, stets bereit, einen Skandal auszulösen, einen Polizeieinsatz zu provozieren, Autoritäten lächerlich zu machen. Den einen galt er als furchtloser Bürgerschreck, als originellster Spötter seit Till Eulenspiegel. Für die anderen war er nicht viel mehr als ein unverschämter Provokateur.
      Er lieferte der Boulevardpresse Schlagzeilen wie heute Dieter Bohlen oder Boris Becker, war zeitweise populär wie ein Popstar - und geriet trotzdem noch zu Lebzeiten in Vergessenheit. Der heutigen Studentengeneration sagt sein Name nichts.

      Jetzt ist die erste Biografie über Fritz Teufel erschienen. Der Hamburger Journalist Marco Carini schildert in seinem neuen Buch den Lebensweg dieses widerborstigen, unangepassten Deutschen, der heute, inzwischen 60 Jahre alt und krank, zurückgezogen in einer kleinen Berliner Mietwohnung lebt.

      Herausgekommen ist dabei zwangsläufig auch die Geschichte der westdeutschen Studentenbewegung - einer Epoche, die heute, wo an den Universitäten Ruhe und Ordnung herrscht, unendlich fern erscheint.

      Autor Carini, ein ehemaliger "taz"-Redakteur, Jahrgang 1962, macht aus der Sympathie für seine Hauptfigur kein Geheimnis, beschreibt seinen Protagonisten liebevoll, aber mit wenig Distanz.

      Mit offenkundigem Vergnügen schildert er dessen Streiche, fast entsteht der Eindruck, er wäre gern dabei gewesen und hätte mitgemacht. Detailliert beschreibt er auch Teufels berühmte Dialoge mit Richtern und Staatsanwälten, zitiert ausführlich aus Urteilen, lässt Zeitzeugen zu Wort kommen. Zu Teufels späterer Hinwendung zum Terrorismus findet Carini jedoch kein kritisches Wort.

      Weil Teufel selbst über seine frühen Jahre nicht mehr redet ("Keine Lust"), forschte der Autor bei Familienangehörigen, entdeckte bislang unveröffentlichten Briefwechsel, fand Fotos, die den späteren Provokateur als brav gescheitelten Pennäler inmitten seiner fünf Geschwister zeigen.

      Teufels Bruder Otto schilderte Carini, welche Verwirrung und Verzweiflung die Eskapaden des jüngsten Bruders Fritz in der gutbürgerlichen Familie auslösten. Eltern und Geschwister wurden beschimpft und bedroht, im baden-württembergischen Ludwigsburg, wo Fritz Teufel aufwuchs, wurde Auflehnung gegen die Obrigkeit noch nie goutiert.

      "Wir waren nicht glücklich über das, was Fritz gemacht hat", wird der Bruder im Buch zitiert, "aber wir haben ihn nie verdammt. Er gehörte selbstverständlich zu uns - trotz allem."


      Dabei fällt der schmächtige Abiturient, der 1963 zum Studium der Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaften nach West-Berlin übersiedelt, zunächst kaum auf. Die Professoren schätzen Intelligenz und Schlagfertigkeit dieses Studiosus aus der Provinz.
      Damit ist es vorbei, als der Student Teufel einen gewissen Rudi Dutschke vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) kennen lernt. Der charismatische linke Theoretiker, der Marx und Rosa Luxemburg auswendig zitieren kann, trifft mit seiner ätzenden Kritik an den Verhältnissen im Nachkriegsdeutschland den Nerv junger Leute wie Teufel, der im Buch mit dem Satz zitiert wird: "Mir fiel`s zentnerweise wie Schuppen von den Augen."

      Es ist die Zeit der Auschwitz-Prozesse, die Westdeutschen würgen an ihrer Vergangenheit. Im Justizapparat, an den Schulen, in der Verwaltung und in den Schaltzentralen der Politik in Bonn - überall sitzen noch ehemalige Parteigenossen, in den Amtsstuben herrscht noch überwiegend der Kommandoton des alten Obrigkeitsstaates.

      Die Radikalen unter den Berliner Studenten wollen ein für allemal aufräumen mit diesen Verhältnissen. Vorlesungen werden gesprengt, Erlasse missachtet, Professoren mit faulen Eiern beworfen. Neue Protestformen werden ausprobiert: Sit-ins, Go-ins, Happenings.

      Fast immer dabei, meistens vorneweg: Fritz Teufel. Der Jüngling aus der Provinz ist eine der Symbolfiguren des Studentenprotests geworden. Sein Konterfei mit der runden Nickelbrille und dem Vollbart taucht immer öfter auf den Titelseiten der Zeitungen auf, sein Studium hat er zum Kummer seiner Eltern längst geschmissen.

      Mit sieben jungen Frauen und Männern aus dem SDS gründet er die Kommune 1, die berühmteste und berüchtigtste Wohngemeinschaft der Republik. Deren Mitglieder haben sich neben der "Abschaffung des Privateigentums" auch die Förderung des "Lustprinzips" zum ehrgeizigen Ziel gesetzt, wollen zur Lösung sexueller Probleme den "zwanglosen Partnerwechsel" einführen - ein für die damalige Zeit unerhörter Tabubruch.


      Daneben legt sich Teufel immer wieder mit den verhassten Respektspersonen an. Er schmeißt Gesetzbücher auf Staatsanwälte, reißt Polizisten die Mütze vom Kopf, bringt Uni-Professoren mit Klamauk zur Weißglut - und ergötzt sich an den oft hilflosen Reaktionen seiner Opfer, die auf die gezielte Verletzung ihrer heilig geglaubten Spielregeln zunächst keine Antwort wissen.

      Lächerlichkeit tötet, lautet sein Konzept. Um Polizei und Justiz zu verhohnepipeln, setzt er sich im Gerichtssaal schon mal einen Adventskranz auf den Kopf oder posiert mit Barrett und Robe als vermeintlicher Bundesanwalt.

      Berühmt wird er jedoch wegen eines einzigen Satzes: Vor Gericht aufgefordert, doch gefälligst aufzustehen, erhebt sich der Angeklagte Teufel mit den Worten: "Na ja, wenn`s der Wahrheitsfindung dient."


      Der Satz wird in viele Sprachen übersetzt und gilt seither als einmalig elegante Entlarvung sinnentleerter Rituale. Zeitungen wie "The Guardian", "Le Monde" und die "New York Times" berichten ausführlich über diesen ungewöhnlichen Deutschen.

      Dessen Leben nimmt jedoch eine verhängnisvolle Wendung: Der Spaßvogel der Bewegung, dessen beißender Witz seine schärfste Waffe ist, entschließt sich zum bewaffneten Kampf. "Der Clown Teufel ist tot", verkündet er vor Fernsehkameras - dann taucht er ab. Aus der Spaßguerilla wird die Stadtguerilla, die im Terror der "Roten Armee Fraktion" und der "Bewegung 2. Juni" mündet.

      Als Fritz Teufel im September 1975 festgenommen wird, trägt er eine durchgeladene Pistole im Hosenbund und eine abgesägte Schrotflinte vom Typ "Fusil rapid" in einer Plastiktüte. Auf Menschen geschossen hat er damit nicht. Verurteilt wird er wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wegen Bankraubs, Urkundenfälschung und unerlaubten Waffenbesitzes.


      Über acht Jahre sitzt Teufel zwischen 1970 und 1980 im Knast, als er entlassen wird, hat er sich gründlich verändert. Aus dem quirligen Aktionisten ist ein früh gealterter Mann geworden, der in Ruhe gelassen werden will.

      Die Öffentlichkeit, die er früher gesucht hat, meidet er jetzt. Gibt er doch einmal Interviews, dann predigt er so enthusiastisch über die Vorzüge des Fahrradfahrens wie früher über die Weltrevolution. Fahrrad fahren ist seine neue Leidenschaft.

      Bis zu seiner Erkrankung fährt er selbst als Kurier durch Berlin, über Politik will er nicht mehr reden. Dass sein Name längst in Vergessenheit geraten ist - es scheint ihm recht zu sein. Sein Urteil über die Biografie: "Interessante Lektüre".


      Der SPIEGEL


      Und hat dieser Mann in seinem Leben irgendetwas sinnvolles erreicht? Dieser Studienabbrecher, der nur Klamauk gemacht hat und dann auch noch ein Terrorist wurde ist ja wohl der Loser schlechthin. Mittlerweile bereut er wohl, daß er sein gesamtes Leben verpfuscht hat.
      Avatar
      schrieb am 15.01.04 14:26:39
      Beitrag Nr. 2 ()
      Naja, vielleicht wird er ja Aussenminister wenn Fischer nach Brüssel geht. Schröders Loser-Truppe lechzt doch nach so einer Knallcharge.
      :(
      Avatar
      schrieb am 15.01.04 14:39:24
      Beitrag Nr. 3 ()
      2, farniente:

      M.(ädchen), du bist aber heute wieder direkt! Q.
      Avatar
      schrieb am 15.01.04 16:28:33
      Beitrag Nr. 4 ()
      ..klar hat er was erreicht...und nicht nur Schlechtes.

      Von ihm wird man noch lange nach seinem Tod sprechen, durchaus auch mit Achtung und Bewunderung. Währnend viele der "immer-nur-funktionierenden" dann längst vergessen sind....


      Allein schon, dass hier ein Thread über ihn eröffnet wird, 30 Jahre später, zeigt dass er was erreicht hat.
      Avatar
      schrieb am 15.01.04 16:36:17
      Beitrag Nr. 5 ()
      ..und er scheint sich selbst treu geblieben zu sein, ohne dabei irgendwann "stehenzubleiben" - auch was, was bei weitem nicht jeder von sich behaupten kann.

      Die einen verkaufen ihre Seele für den Traum vom Daimler-Benz, die anderen bleiben mit 30 in der Entwicklung stehen und glauben, sie wüssten eh schon alles...und die Schlimmsten kombinieren beides miteinander.

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      schrieb am 15.01.04 16:40:35
      Beitrag Nr. 6 ()
      xylophon

      Da bin ich nicht Deiner Meinung.
      Wenn ich über Jack the ripper einen thread eröffne ist das per se nicht etwas Gutes.

      Und wenn die "unkonventionelle Methode" das Ziel ist, dann sind alle Normalos abartig ?

      Nein Danke, ich war selbst 68 ff. an deutschen Unis. Ich kann den Glorifizierungswahn wegen Leuten die mal auf einen Richtertisch geschissen haben nicht nachvollziehen.
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 15.01.04 16:50:08
      Beitrag Nr. 7 ()
      Was hier aber auch immer für eine Panik herrscht,
      bei Leuten , die ein Unterscheidungsvermögen besitzen,
      grossmaschig wie ein Scheunentor......:rolleyes:
      ...ein schöner Terrorist ist das , der Pudding und
      Mehlbomben
      als Wurfgeschosse verwendet..., da kenn ich
      aber andere ,die sich anderer Kaliber bedienten....
      Deshalb verstehe ich die Hektik in #1 auch nicht über
      den Terroristen....

      Fritz Teufel
      (* 17. Juni 1943 in Ludwigsburg ) wurde als
      Spaß-Revoluzzer während der Studentenbewegung bekannt.
      Mit Gleichgesinnten war Fritz Teufel einer der Begründer
      der Kommune 1 , die vor allem durch ihre Aktionen
      bundesweite Aufmerksamkeit erregte.
      Teufel und andere wurden Anfang 1967 festgenommen, als sie
      beim Werfen mit Tüten beobachtet wurden. Die
      Polizei und die Presse schmiedeten daraus ein
      Attentatsversuch auf den damahligen US-Vizepräsidenten
      Hubert H. Humphrey . Die weltweite Blamage war groß, als
      sich die Wurfgeschosse als Pudding- und Mehlbomben entpuppten.
      Am Tag nach dem Besuch Humphreys wurden die Attentäter
      wieder freigelassen. Am 2. Juni 1967 wurde Fritz Teufel
      wegen eines angeblichen Steinwurfs während der
      Demonstration gegen Schah Reza Pahlewi verhaftet und saß
      bis zum Verhandlungsbeginn im November in
      Untersuchungshaft . Während den Verhandlungen fiel Fritz
      vor allem durch seine Respektlosigkeit auf. "Wenn`s der
      Wahrheitsfindung dient"
      war sein Kommentar auf die
      mehrmalige Aufforderung, sich bei Gericht zu erheben. Er
      wurde freigesprochen. Zwei Jahre Gefängnis brachte ihm das
      Herstellen von Brandsätzen ein, welche in einem Münchner
      Gericht gefunden wurden. Selbst die Presse sprach von
      einem Fehlurteil, da keine Beweise für eine Beteiligung
      Teufels vorlagen. Fritz Teufel tauchte ab in die
      Illegalität. Er wurde erneut angeklagt und am 13. Oktober
      1980 verurteilt, als führendes Mitglied der
      Bewegung 2. Juni an der Entführung des Berliner CDU
      Vorsitzenden Peter Lorenz mitgewirkt zu haben. Erst nach
      fünf Jahren legte Teufel ein Alibi vor, welches bewies,
      dass er zur Tatzeit in einer Essener Fabrik unter falschem Namen Klodeckel herstellte......:laugh:
      Zwei große Lieben prägten sein weiteres Leben: als freier
      Mitarbeiter der taz und als Fahradkurier, worin er zu den
      besten in Berlin gezählt wurde. Einer Krankheit wegen
      mußte er diese Tätigkeit aufgeben. Heute lebt er
      zurückgezogen mit Lebensgefährtin und Freunden in
      Wedding .

      http://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Teufel


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