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    Monsanto-"Microsoft der Gentechnik"? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 17.04.99 15:04:00 von
    neuester Beitrag 24.04.99 14:30:00 von
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      schrieb am 17.04.99 15:04:00
      Beitrag Nr. 1 ()
      Monsanto scheint langsam die Luft auszugehen.Hier ein Artikel aus der taz.
      Was meint Ihr .verkaufen oder halten?
      Gruß Riddick
      Weltweit steht der US-Gentech-Multi unter Druck: Widerstand gegen Produkte durch Bauern und Verbraucher. Die Aktien des Unternehmens gehen in den Keller
      Berlin (taz) - Gentechnik-Aktivisten aus aller Welt haben eine Lieblingsfirma: Monsanto. Mit global days of action wollen sie den Gentechnik-Multi vom 15. bis 30. April das Fürchten lehren. Die Aktionstage werden das "Microsoft der Gentechnik" wohl nur wenig beeindrucken: Es geht ihnen auch jetzt schon richtig schlecht. Als "größte PR Katastrophe seit Brent Spar" bezeichnete die Financial Times die Einführung von Monsantos Gentech-Soja in Europa, und der stellvertretende Monsanto-Chef Hendrik Verfaille erkannte: "Greenpeace und Konsorten machen einen erheblich besseren Job als wir."
      Die letzte Hiobsbotschaft für Monsanto kam Anfang der Woche von den führenden US-Großhändlern ADM und A. E. Staley. Sie werden keinerlei Mais aufkaufen, der nicht in der EU zugelassen und Gentech-frei ist. Verträge über 200 Millionen Dollar gingen den US-Händlern im vergangenen Jahr im Streit um den Gen-Mais verloren.
      Seit drei Wochen wenden sich nicht nur EU-Bürokraten, sondern auch eine Allianz von europäischen Supermärkten mit einem Gesamtumsatz von über 200 Milliarden Mark gegen die Gentech-Industrie. Auch in Brasilien, dem zweitgrößten Soja-Exporteur der Welt, haben Monsantos Wunderbohnen, die gegen das hauseigene Pestizid Roundup unempfindlich sind, derzeit schlechte Karten. Die längst erwartete Zulassung wird vom Umweltministerium bekämpft. Der größte Soja-Staat des Landes, Rio Grande del Sul, hat sich zur "gentechnikfreien Zone" erklärt und gedroht, die Monsanto-Anpflanzungen zu verbrennen.
      Verbrannt sind auch die meisten Test-Felder von Monsanto in Indien, wo der Konzern mit Gentech-Baumwolle Fuß fassen will. Man habe Monsanto eine Woche Zeit gegeben, das Land zu verlassen, erklärte der Führer des 10 Millionen Mitglieder zählenden Bauernverbandes KRRS. Nach Ablauf der Frist legten die Bauern Feuer. Besonders verübelt wird Monsanto hier das Saatgut mit "Terminator"-Technologie, dessen Ernte durch einen gentechnischen Trick unfruchtbar ist.
      Die Schwierigkeiten scheinen den Konzern auch zu Hause einzuholen. Konnte eine biodynamische Torte im Gesicht des Monsanto-Chefs Bob Shapiro Ende letzten Jahres noch als Einzeltat abgetan werden, so ist die Ankündigung von US-Landwirtschaftsminister Dan Glickman, seine Behörde verfolge mit Sorge den fortschreitenden Konzentrationsprozeß auf dem Agrarmarkt, erheblich ernster zu nehmen. Nach wie vor fehlt Monsanto die Genehmigung für den letzten Großaufkauf des Saatgutunternehmens "Delta and Pine Land", der den Konzern an den Rand der Marktbeherrschung bei Mais und Baumwolle brächte.
      Daß dem Unternehmen auch das Geld ausgehen könnte, befürchten schließlich die Auguren der Wall Street. Nach einem Jahresverlust von 250 Millionen bei 8,6 Milliarden Dollar Umsatz 1998 und einer gescheiterten Fusion mit "American Home Products" gingen die Aktien in den Keller. Monsantos Kreditwürdigkeit wurde deutlich zurückgestuft. Derzeit stößt der Konzern große Teile seines Imperiums ab und entläßt 1.700 Mitarbeiter.
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      schrieb am 24.04.99 14:30:00
      Beitrag Nr. 2 ()
      aus der Frankfurter Rundschau

      Für die Sorgen der kleinen Leute zeigt der weltweite Marktführer Verständnis: Aus Sicht der Konsumenten in Spanien, Deutschland oder Frankreich sei die Biotechnologie ein neues Feld, räumt er ein. Vor diesem Hintergrund könne er die Zurückhaltung nachvollziehen, "auch wenn Monsanto auf diesem Gebiet bereits über 20 Jahre Forschungserfahrung verfügt". Warnungen, der Konzern hole mit seinen Erbgut-Manipulationen Frankensteins Futter in die Küche, halten die Manager in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri für Horrorphantasien: "Transgene Pflanzen und gentechnisch veränderte Lebensmittel sind für Mensch, Tier und Umwelt ungefährlich." Solch schlichte Behauptungen stoßen in Europa, anders als in den USA, zunehmend auf Mißtrauen. Diesmal führen nicht die als notorische Angsthasen verschrieenen Deutschen die Front der Neinsager an. Diese Rolle haben die Briten übernommen, die innerhalb kürzerster Zeit von Anhängern der grünen Gentechnik zu Kostverächtern mutiert sind. Ausgerechnet die Briten, mögen die Amerikaner denken, haben ihr Herz für die Öko-Nische entdeckt. Waren nicht sie es, die ihre international ohnehin umstrittene Speisekarte als erste in Europa um Ketchup aus matschfreien Tomaten bereicherten? Und genossen nicht sie das billigere Rindfleisch mit besonderer Wonne, als nach der BSE-Krise die Preise sanken? Nun aber wetteifern die Londoner Zeitungen, wer die schaurigsten Gruselstories findet - und die Portemonnaies der Verbraucher bleiben für den Fortschritt verschlossen.

      Richtig in Gang kam die Debatte im Königreich durch den Wirbel um den Wissenschaftler Arpad Pusztai. Der streitbare Schotte und gebürtige Ungar wurde von seinem Arbeitgeber, dem staatlichen finanzierten Rowett-Institut, vor die Tür gesetzt. Offizielle Begründung: Er habe ohne Erlaubnis und verfrüht Forschungsergebnisse publiziert. Doch in der Öffentlichkeit hält sich die Überzeugung, daß den Chefs die Resultate der Studien nicht ins Konzept paßten: Pusztai hatte in einer Versuchsreihe Kartoffeln mit einem Pflanzengen gekreuzt und damit Ratten gefüttert. Die Tiere kamen dabei zu Schaden, worauf der Wissenschaftler folgerte: "Hätte ich die Wahl, würde ich gentechisch veränderte Lebensmittel sicherlich nicht essen." Ob voreilig oder nicht: Diese Aussage drückte das Vertrauen der Briten in die Segnungen der Bio-Küche auf einen Tiefpunkt. Die Händler haben auf den Stimmungswandel reagiert. Mit Ausnahme des Marktführers Tesco verpflichteten alle großen Ketten ihre Lieferanten, bei den Hausmarken auf gentechnisch veränderte Rohstoffe zu verzichten.

      Das gleiche will in Europa ein länderübergreifendes Zweckbündnis bedeutender Handelsgruppen durchdrücken - und auch hier haben sich die Insulaner an die Spitze gesetzt. Mit von der Partie sind Sainsbury und Marks & Spencer, zudem Migros aus der Schweiz, Carrefour aus Frankreich, Delhaize Le Lion aus Belgien, der italienische Verbrauchermarkt-Filialist Esselunga und Superqinn aus Irland. Nach deutschen Unternehmen sucht der Konsument vergeblich. Für Greenpeace steht damit fest, daß sich der Handel in der Bundesrepublik "so ungeniert über das Votum der Verbraucher hinwegsetzt" wie in keinem zweiten Land in Europa. Laut einer Umfrage der Lebensmittelzeitung reichen die hiesigen Branchengrößen den Schwarzen Peter an die Politiker weiter, die sie zum Handeln auffordern. Oder sie beteuern, wie die Kölner Rewe, das schwierige Thema nicht als Marketingvehikel ausschlachten zu wollen. Der britische Einzelhändler Iceland kennt solche Skrupel nicht. Er meldet einen zehnprozentigen Umsatzschub, seitdem er gentechnisch veränderte Ware aus den Regalen verbannte.

      Dennoch bleibt umstritten, ob selbst die geballte Nachfragemacht führender Einzelhändler die Revolution auf den Feldern stoppen kann. "Wir dürfen nicht blauäugig sein", räumt Alfredo Schiliro ein. Der Sprecher von Migros, dem Schweizer Vertreter im Bündnis gegen die künstlichen Mutationen, kennt die Entwicklung insbesondere in den USA, dem wichtigsten Agrarlieferanten für Europa. Dort, auf den riesigen Feldern des Mittleren Westens, breiten sich die neuen Mais- und Sojasorten aus wie Schimmelpilz im feuchten Keller. "Unserer Philosophie ist ein Solang-wie-möglich", sagt Schiliro. Solange es Alternativen gibt, wird der eidgenössische Branchenführer die gentechnischen Erzeugnisse nicht in seine Läden aufnehmen. Wenn er es doch eines Tages muß, weil auf den Weltmärkten nichts mehr anderes zu bekommen ist, will er seinen Kunden Ausweichmöglichkeiten einräumen. Bei Maisstärke dürfte der Ernstfall bald eintreten. Als Ersatz werde Migros dann "Reisstärke" anbieten.

      Das Tempo der Veränderungen in den Vereinigten Staaten überrascht selbst Experten. Gerade fünf Jahre ist es her, daß die inzwischen von Monsanto geschluckte Firma Calgene die ersten Tomaten mit manipuliertem Erbgut in die Supermärkte brachte. 1998 bauten die amerikanischen Farmer auf über zehn Millionen Hektar Gensoja an - das ist die dreifache Fläche des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Den Marktanteil schätzt die American Soybean Association in diesem Turnus erstmals auf über die Hälfte. Bei Mais sagen Fachleute den Sprung von 26 Prozent über die Marke von 40 Prozent voraus. Monsanto-Präsident Hendrick Verfaillie sieht den Zeitpunkt kommen, an dem in den USA "quasi alle große Getreidesorten genetisch verändert sind".

      Jahre nach dem Durchbruch bei Arzneimitteln feiern die Biowissenschaften damit auf den Äckern ihren zweiten großen kommerziellen Triumph. Die in ihren Labors entwickelten Samen, Knollen und Früchte dürften nach vorsichtigen Schätzungen schon in einer Dekade einen Umsatz von 72 Milliarden Mark pro anno abwerfen. So viel erlösen alle Pestizidverkäufer auf dieser Welt zusammen.

      Riesenprofite winken den Pionieren, zu denen neben Monsanto Dupont aus den USA, Novartis aus der Schweiz, die Hoechst-Tochter Agrevo sowie das britische Unternehmen Zeneca zählen. Der Schlüssel zu den Milliarden liegt unter der Erde: Wer beim Saatgut das Sagen hat, kontrolliert das Geschäft. Ein Landwirt, der das Saatgut Roundup Ready bei Monsanto bestellt, ordert besser das dazugehörige Herbizid Roundup gleich mit. Denn mit den Angeboten der Konkurrenz kann er wenig anfangen. Den Pflanzenschutz gibt es daher direkt im Kombipack mit den kleinen Körnern der Hausmarke.

      Diesen Mechanismus bekommen die Chemieriesen zu spüren, die den konventionellen Methoden die Treue hielten und in der Agrobiotechnologie den anderen das Feld überließen. BASF etwa sprang erst auf den fahrenden Zug auf, als die Pestizidumsätze in Nordamerika zum Erschrecken und Erstaunen der Manager einbrachen. Nun umwerben die Ludwigshafener gemeinsam mit den Wettbewerbern die noch nicht vergebenen Saatguthersteller wie Fußballvereine Nationalspieler aus Brasilien. 18 Milliarden Mark ließ Dupont für Pioneer Hi-Bred, die globale Nummer eins, springen. Bis zum Sechzigfachen des Jahreserlöses wurde für kleinere Firmen schon gezahlt.

      Auch BASF investiert kräftig, weil die Deutschen in der zweiten Runde des lukrativen Spiels dabei sein wollen. Zu Beginn bastelten die Forscher fast ausschließlich an den Anbaueigenschaften der Pflanzen, verpaßten ihnen die nötige Widerstandsfähigkeit gegen die Herbizide der Auftraggeber. Nun feilen sie an Inhaltsstoffen, reichern Hafer oder Weizen mit Vitaminen an oder züchten Baumwolle in jener Rot-Schattierung, die auf den Laufstegen gerade angesagt ist. Das Färben können sich die Modefirmen dann sparen.

      Trotz des ökonomischen Interesses der großen Konzerne glaubt Christoph Then von Greenpeace an die Chance der EU, sich vom neuen Zeitalter auf den Feldern jenseits des Atlantiks abzukoppeln und einen eigenen Weg zu gehen. Seit einem Jahr hat kein Mitgliedsland mehr eine Gensorte zugelassen. Die französische Regierung verhängte ein Moratorium von 24 Monaten für den kommerziellen Anbau von Raps und Zuckerrüben, da diese Pflanzen Kreuzungspartner bei den einheimischen Wildkräutern haben. "Das kommt faktisch einem Zulassungsstopp für die Europäische Union gleich, da die EU-weite Zulassung über Frankreich beantragt worden war." Solcher Widerstand schrecke auch die Amerikaner auf. Einer der größten US-Getreidehändler, die Archer Daniels Midland, nimmt den Bauern nur noch Mais ab, der in die EU exportiert werden kann, weil er von den hiesigen Behörden zum Anbau und Verzehr freigegeben ist.

      Über kurz oder lang werden die Umwälzungen auch Europa erfassen, hält Gerd Spelsberg von der Verbraucher Initiative in Bonn dagegen. Zu groß ist nach seiner Einschätzung der Druck der Amerikaner. Spätestens wenn die Agrarmärkte weiter geöffnet und die Einfuhrquoten etwa für Raps und Mais aufgehoben werden, prognostiziert er, werden die US-Billigimporte den Alten Kontinent überschwemmen.


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